Forum > Fan-Fiction Allgemein
Schweinehunde unter sich (NCIS/Star Trek/Stargate)
CaptainCalvinCat:
Kapitel 9
Funken sprühten aus der Brust des Mannes.
„Du willst Captain Stones Frau einen Besuch abstatten?“
Die samtweiche Stimme Agatha Silverbirds klang extrem ungläubig. Dann schaute sie den grinsenden Mann an und merkte, wie ihr Herz schneller schlug. Dieses jungenhafte Lächeln war das, was sie an Äußerlichkeiten an ihm liebte.
Als er sich dann zu Wort meldete, sorglos mit den Schultern zuckte und mit einem „Warum nicht?“ die Hände hinter dem Rücken verschränkte, wusste sie, dass es mal wieder eine der Phasen war, die man bei Cal einfach akzeptieren musste. So war er einfach. Zwar war es ein wenig nervig, dass er so sein konnte, aber… sie hatte gelernt, sich damit zu arrangieren. Es gab beim Captain eben die „Ich will mit dem Kopf durch die Wand“-Phase und damit musste sie sich abfinden. Zumal Cal traditionell nicht nur durch eine, sondern gleich durch eine ganze Armada von Wänden brechen wollte. Und wo keine Probleme waren, schaffte es der Captain in der Regel, sich noch mehr zu machen, als eigentlich notwendig.
Aber – nun gut, das war etwas, womit man im Laufe der Jahre gelernt hatte, umzugehen. Also schaute sie ihn an, verschränkte die Arme vor der Brust und legte den Kopf schief, sodass ihre roten, langen Haare die rechte Schulter kaskadengleich herunterfielen.
„Cal, die Frau hat gerade erst ihren Mann verloren. Ich halte es für keine gute Idee, bei ihr aufzuschlagen.“
„Aber, Schatz, der NCIS wird sie sowieso verhören und da müssen wir vorher vorbeischauen und sie – vorbereiten.“
Die Frau schaute ihn an: „Und was genau hast Du vor?“
„Das wirst Du dann sehen.“, sagte Cal und stockte.
Agatha schaute ihn an: „Darling, was ist los?“
„Ich weiß nicht.“, erwiderte der Captain, „Ich habe nur das Gefühl, das ich beobachtet werde.“
„Du spinnst.“, sagte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter, „Wer sollte uns hier beobachten?“
„Naja, jeder der zwei gesunde Augen sein Eigen nennt und unseren Köpper vom 10-Kilometer-Brett in einer Rettungskapsel beobachtet hat.“, grinste der Captain schief und schaute sich um. Die grünen Augen seiner Freundin widmeten sich ebenfalls kurz dem Terrain, dann fokussierte sie sich wieder auf ihn und er fühlte sich wie von ihr hypnotisiert.
„Sch… Schatz, du machst mich unsicher. Könntest Du bitte wo anders hingucken?“
Agatha grinste. Was keiner von beiden ahnen konnte, war, dass der Captain Recht hatte. Von dem anderen Ufer des Anacostia Rivers, genauer gesagt aus Sektion C aus, wurden Captain und XO tatsächlich beobachtet. Dort kniete, mit seinem Scharfschützengewehr im Anschlag und Blick durch das Zielfernrohr, Ari Haswari.
Private First Class Riker sah die hübsche Frau ein wenig verdattert an, ehe er einen Schritt zur Seite trat. „Bitte, bitte“, sagte er und versuchte, seine Gestalt ein wenig imposanter zu machen. Ziva seufzte. Eigentlich passierte ihr das recht häufig, dass die Männer versuchten, in ihrer Umgebung ein wenig interessanter zu wirken, als sie es eigentlich waren. So auch hier und es wunderte sie nicht. Irgendwie waren Männer recht einfache Geschöpfe. Da brauchte man nur mal zu blinzeln oder nur mal an der richtigen Stelle die Stimme ein wenig rauchig werden zu lassen – schon war es um den armen Kerl geschehen. Und da sagte man, Frauen wären das schwache Geschlecht. Guter Witz.
Als sie Riker ansah, glaubte sie sofort, alles über ihn zu wissen. Das Gesicht so, wie man es für normalerweise als recht ansehnlich erachtete, die Augen eisblau, der Körperbau muskulös – es würde sie nicht wundern, wenn er nicht auch im College dieses Ballspiel gespielt hätte, nachdem man hierzulande so verrückt war. Wie hieß es gleich? Baseball? Oder war es doch eher Rugby? Nein – Rugby hieß es hier nicht. Hier nannte man es Football.
Vermutlich war der Mann, der vor ihr stand der geborene – wie hieß es gleich? Halfback? Thirdback?
Nein, sie würde ihren Partner, Tony, nicht fragen – nicht nachdem er sie heute schon ein paar Mal versucht hatte, auf den Arm zu nehmen. Aber es hatte sie eigentlich gar nicht großartig verblüfft – schließlich hätte sie von Tony nichts Anderes erwarten können.
Sie hätte ihm nie erzählen dürfen, was ihr Verdacht war – und ausserdem gab es keine Außerirdischen. Nichtsdestotrotz – der Gedanke, dass es so etwas wie Außerirdische gäbe, der Gedanke, dass diese Wesen existierten… das war unheimlich.
Es war unheimlich, wie sich Ziva in den letzten Stunden verhielt. Tony hatte, schon als sie bei PFC Riker geklopft hatte, festgestellt, dass sie absolut nicht bei der Sache war. Das hatte doch wohl nichts mit der kleinen Neckerei zu tun, die er sich mit ihr erlaubt hatte – denn das hatte sie ihm ja auf Dollar und Cent zurückgezahlt. Zugegeben: Das Sprichwort hieß „Ich zahle es Dir auf Heller und Pfennig zurück.“.
Dieses Sprichwort hatte Tony vor knapp vier Jahren gehört, als er auf der Sicherheitskonferenz in Düsseldorf / Deutschland weilte. Da hatte er drei Freunde beobachtet, die sich unterhalten hatten. Einer von ihnen, ein knapp 24-jähriger Mann hatte sich ein paar Euro geliehen und gesagt: „Anna, das zahle ich dir auf Euro und Cent zurück.“
‚Anna’, eine hübsche Blonde, hatte die Augen gerollt und der dritte, ein Mann von knapp 2 Metern hatte gelacht: „Peter, das heißt ‚Auf Heller und Pfennig zurückzahlen’!“
„Ja“, hatte der Angesprochene gegrinst, „Aber wo zahlt man heute noch in Heller und Pfennig?“
Die Szenerie mit der Alien-Invasion im NCIS-Hauptquartier, das war ein gelungener Streich. Und warum Ziva sich nun so verhielt, verstand er nicht.
Doch der Fakt, dass dieser Typ, PFC Riker Ziva so eindeutig ansah, ließ seinen Blutdruck kochen. Eingebildeter Affe. Hatte er keine Freundin, musste er sich ausgerechnet seine…
Tony schüttelte den Kopf. Das war doch albern, was ihm da gerade durch den Kopf ging. Klar – er empfand Ziva nicht nur als süß, sondern auch als ziemlich sexy, aber er würde es sich niemals einbilden so deutlich mit ihr darüber zu reden. Warum nicht? Ganz einfach – sie würde es, ohne mit der Wimper zu zucken, gegen ihn einsetzen, genau so wie sie seinen Alien-Scherz gegen ihn eingesetzt hatte. Nein, nein, so fing er mal gar nicht erst an.
Stattdessen beschränkte er sich darauf, dem PFC einen bitterbösen Blick zuzuwerfen und, in seiner bekannten, ihm sehr eigenen Art, das Gespräch an sich zu ziehen.
Grau.
Die Augen der Frau waren tatsächlich grau – oder zumindest blau, mit einer Spur ins Gräuliche. Offenbar war heute ihr legerer Tag, denn als Tony an der Wohnungstür von PFC Troi geklopft hatte, stand ihm ein blonder, fleischgewordener Männertraum gegenüber, der in ziemlich wenig die Tür aufmachte. Die Bauchmuskeln waren durch das verschwitzte Tank-Top deutlich zu erkennen. Lächelnd betrachtete Tony die Kurven der Frau, ehe er sich direkt an sie wandte. „Sie sehen nicht wie ein Matthew aus.“, sagte er und schaute die Frau an, die sanft lachte und den Kopf schüttelte. „Nein, ich bin Diana Troi – Matthew ist mein Mann. Was wollen Sie von ihm?“
Damit ließ Tony die ID-Marke aufschnappen und Diana holte erschrocken Luft.
„NCIS?“, fragte sie und schaute den Italiener aus grauen Augen sorgenvoll an: „Ist… ist meinem Mann etwas zugestoßen?“
Sowohl das Gespräch mit Riker, als auch das mit Troi, das eine vorher, das andere nachher geführt, war nicht sonderlich ergiebig. Beide konnten sich nicht erinnern je den Bastardhänder gesehen zu haben, mit dem Stone umgebracht worden war, beide wussten nicht, warum man ihnen, oder Turner etwas anhängen wollte, kurz – man war nicht klüger als vorher. Irgendwie nervte es Tony allerdings nicht so sehr, wie er gedacht hatte, dass es ihn nerven würde.
Warum eigentlich nicht?
Sollte es tatsächlich an seiner Begleitung, der atemberaubenden Ziva David, liegen? Nein, das… wenn er sich überlegte, dass sie vor ein paar Monaten noch mit Ray zusammengewesen war… er konnte bei ihr keine Wunden aufreißen. Das schickte sich einfach nicht.
So gern er sich … er spürte, wie ihre Nähe ihn angenehm beeinflusste und wollte sich dem hingeben, aber er erachtete es wegen der aktuellen Situation als einfach nicht schicklich.
Und wenn er wollte, konnte er tatsächlich so was wie ein Gentleman sein.
Wenn er wollte, und sich die Situation anbot, konnte Leroy Jethro Gibbs ein Gentleman sein. Bei einer Situation, die sich wie folgt darstellte, war er es gerne. Ein Boot, offene See, eine hübsche Frau mit langen, roten Haaren – da war er versucht, den Gentleman zu geben, der er als Navy-Offizier sowieso war. Doch die Situation war anders gelagert. Er war in einem Verhörraum, ihm gegenüber saß ein Mann und er versuchte, einen Mord aufzuklären. Also gab Gibbs dem zweiten B in seinem Namen, das, wie er selbst gerne sagte, vom Begriff „Bastard“ kam, die Gelegenheit, sich zu entfalten.
„Reden Sie!“, zischte er zu dem inzwischen ein wenig verunsichert dreinblickenden PFC William Turner. Noch vor ein paar Minuten war der Mann extrem selbstsicher gewesen und hatte Tony angegriffen – das war auch schon mal ein Grund, weswegen Gibbs seinem inneren Bastard Freilauf gönnen wollte.
Ein weiterer Grund war der Fakt, dass er dem Direktor Resultate liefern musste – Resultate liefern wollte. Auf dem Navy Yard – beziehungsweise in der Nähe – hatte es einen Mord gegeben, das konnte er nicht auf sich sitzen lassen.
Auch wenn er wusste, dass er nicht Superman, nicht Allmächtig war und nicht überall gleichzeitig sein konnte, hatte er das Gefühl, versagt zu haben.
‚Verdammt’, schoss es dem Grauhaarigen durch den Kopf, als Turner ihn verunsichert anblickte: ‚Ich muss ihn versuchen, zu kriegen.’
Und um dieses Ziel zu erreichen zog der Mann in dem grauen Sakko wirklich alle Register. Die grauen Augen fixierten Turner, ehe Gibbs die Stimme erneut erhob, auf die Fotos von Stone deutend: „Dieser Mann ist in direkter Umgebung des Navy Yard ermordet worden. Meine Forensikerin sagt, an der Tatwaffe sind Ihre Fingerabdrücke. Nun reden sie, wie kommen die da hin?“
Turner stockte, schaute auf die Fotos der Leiche und schluckte dann.
„Ich… weiß es nicht.“, sagte er dann und suchte den direkten Blickkontakt der Ermittlerlegende. Als die eisblauen Augen Gibbs seinen Blick trafen, erkannte er, dass der Andere die Wahrheit sagte.
William Turner hatte tatsächlich keine Ahnung, wie genau Captain Stone ermordet wurde. Also konnte es nur einer der beiden anderen gewesen sein.
„Kennen Sie die PFCs Riker und Troi?“, fragte Gibbs daher und Turner nickte.
„Wir… Rikers Frau und unsere beiden Freundinnen trainieren zusammen. Wir haben uns mal zum Grillen getroffen… so’n Zeug halt.“
„Und warum denkt dann jemand, dass Sie der ideale Sündenbock für den Mord an Stone wären?“
Turner schwieg, schaute zu der Kamera, versuchte, sich darauf zu konzentrieren, nichts zu sagen.
„Turner.“, sagte Gibbs plötzlich, mit einem Tonfall, der dem PFC nicht geheuer war, „Marines lügen nicht.“
Der Mann schluckte, schaute zu Gibbs und beugte sich dann vor.
„Wir… Wir sind mit dem Wagen rumgefahren – haben den dicken Mann markiert. Dabei is’ dann was passiert. Wir haben ne Dummheit gemacht. Kleinen Unfall – nichts schlimmes, wir sind Stone hinten auf den Wagen draufgefahren. Kleiner Sachschaden, aber…“
Turner brach ab, kurz könnte man meinen, dass etwas wie innere Zerrissenheit von ihm Besitz ergriff, ehe er tief Luft holte und offenbar beschloss, mit der Sprache herauszurücken.
„Stone“, setzte er an und sprach dann schneller, „Stone war… er war angepisst. Ich verstehe schon, weswegen, aber er musste es übertreiben. Er war ein Schleifer – hat uns richtig hart rangenommen, wenn Sie mich verstehen.“
Gibbs schaute ihn ausdruckslos an, nickte dann und sagte, in ebensolchem ausdruckslosen Tonfall: „Und da dachten Sie, sie machen ihn mal einen Kopf kürzer.“
„NEIN!“, sagte Turner eine Spur lauter, als es notwendig gewesen wäre, „wir … wir haben nichts …“
Nun wurde der Mann leiser und blickte zu Boden: „Wir … ich … wir haben nichts getan. Ehrlich nich’.“
„Marines lügen nicht.“, sagte Gibbs noch mal und Turners Kopf ruckte hoch: „Das ist keine Lüge.“
„Und was sagst Du zu der Sache?“, fragte der Italiener seine hübsche Begleitung, die nachdenklich den Kopf schief legte, „Ich weiß nicht. Die Indizien sprechen gegen sie und es wäre nicht das erste Mal, dass jemand uns eiskalt angelogen hätte, aber aus irgendeinem Grund glaube ich ihnen.“
Tony war verblüfft: „Wie kommst Du darauf, Zivaaa?“
Erneut ließ er dieses langgezogene A erklingen, dass sie so hasste und an dem frechen Grinsen, das seinen Mund umspielte, ließ sie ahnen, dass er es liebte, sie zu necken.
Sie warf ihm aus ihren dunklen Augen einen wütenden Blick zu, ehe sie beschloss, die Sache zu übergehen.
„Die beiden wirkten ehrlich.“, sagte sie, ging einen Schritt schneller, sodass er nur noch ihre langen, lockigen Haare sehen konnte. Das hatte den weiteren, unschätzbaren Vorteil, dass er nicht sah, dass auch sie lächeln musste.
Eigentlich fand sie ihn ja auch nett und anziehend, aber sie würde nie sagen, dass dem so war. Schließlich hatte sie schon einmal den Fehler gemacht, ihm zu sagen, was sie bewegte und was war das Resultat gewesen? Er hatte sie vor Abby versucht, lächerlich zu machen.
„Oh, Zivaa, du wirst empathisch?“, fragte der Italiener und sie stoppte: „Was heißt hier ‚du wirst’?“
Damit trat sie näher an ihn heran, schaute zu ihm hoch und sagte: „Du magst mich für eine kaltherzige Attentäterin halten, aber ich weiß, wie Menschen kicken.“
„Ticken, Ziva. Nicht kicken. Das ist was Anderes.“, verbesserte Tony sie und die hübsche Frau rollte genervt mit den Augen. „Wie oft…“, setzte sie an, beschloss dann aber, die Frage nicht zuende zu stellen. Sie wusste ohne hin, wie er antworten würde.
Allein schon dieses freche Grinsen, das er gerade auf den Lippen hatte, konnte sie schon wieder in Wut versetzen. Dann küsste er sie.
Was hatte ihn nur bewogen, zu tun, was er gerade tat?
Das fragte sich Agatha Silverbird in dem Moment, in dem der Mann, dem sie gefolgt war, ihr Captain, ihr Kommandant, dieses große Gebäude betreten hatte.
Die XO war verwirrt. Gerade hatte der Captain ihr das Kommunikationsgerät abgenommen, sich selbst ebenfalls des Dings befreit und beide in den Anacostia-River geworfen.
Dann war er losmarschiert.
Sie waren gerade dem Verlauf einer Straße, die ein Schild als New Jersey Avenue SE auswies, gefolgt. Sie mussten dieser Straße – laut ihrem in den Tricorder eingebauten Navigationsgerät – ein paar Kilometer folgen, bis sie in eine weitere Straße abbiegen mussten, um nach ein paar weiteren Kilometern bei Captain Stones Frau auf der Matte zu stehen.
Offenbar war dieser Weg dem Captain zu weit, denn Cal wandte sich plötzlich nach links und sagte zu ihr: „Hast Du Durst?“
Dann betrat er das große Geschäft, das Agatha im ersten Moment nicht als das erkannte, als was ihr Tricorder es auswies. Eine Kaffeerösterei.
Seufzend folgte die rothaarige XO ihrem Kommandanten und hatte ihn an der Theke eingeholt. „Was tust Du hier eigentlich?“
Die Stimme einer jungen Blonden in einem adrett-wirkenden Outfit unterbrach die Unterhaltung, bevor sie angefangen hatte: „Bitte sehr, ihre weiße Schokolade mit Sahne.“
Damit stellte sie dem Captain einen durchsichtigen Plastikbecher mit einer milchig-weiß-gelben Flüssigkeit auf den Tresen, ehe sie sich an Agatha wandte: „Und was kann ich Ihnen bringen?“
Die Rothaarige blinzelte verblüfft, öffnete den Mund und wollte etwas sagen, als der Captain ihr dazwischen fuhr: „Sie nimmt einen Kaffee mocca ohne Sahne, mit Milch und Zucker.“
Damit war das Gespräch abgehakt, Cal griff sie bei der Hand und zog sie – nicht so stark, dass es unangenehm wäre, aber stark genug, um sie zu verblüffen – zu einem Sitzplatz, von dem er die Straße im Blick hatte.
Nun war es offiziell: Der Captain verhielt sich paranoid.
So kannte sie ihn gar nicht.
„Was ist los mit dir?“, fragte sie ihn leise. Cal legte beide Hände auf um den Plastikbecher, beugte sich vor und senkte seine Stimme ebenfalls, sodass sie einen verschwörerischen Klang bekam.
„Ist es dir nicht aufgefallen?“, fragte der Kommandant der Dragonfly und Agatha runzelte fragend die Stirn: „Was?“
„Das etwas nich stimmt?“
„Wie bitte?“, fragte die hübsche erste Offizierin. Den Becher abstellend blickte Cal zuerst nach links, dann nach rechts, ehe er sich weiter vorbeugte und ihr schnell einen Kuss stahl.
„Ich weiß, du hältst mich vor bescheuert.“, sagte er dann und verfiel wieder ins Raunen: „Aber – was meinst Du, wie Traceless von der Dragonfly geflohen ist? Ich vermute, er hatte einen Helfer.“
„Ach, erzähl keinen Blödsinn. Das sind deine besten Freunde, wer sollte da auf Tracys Gehaltsliste stehen?“, zischte Agatha ihm zu und zuckte zusammen, als man ihr einen weißen Pappbecher auf den Tisch stellte. Erschrocken legte sie sich die linke Hand auf die Brust und schaute die Kellnerin an. Neben ihr brach Cal in ein leises Lachen aus, das stoppte, als sie ihn böse ansah. Dann sagte der Kommandant: „Tschuldige Schatz, aber… seit wann bist Du so schreckhaft?“
„Und seit wann bist Du so paranoid?“, gab sie zurück.
Das saß.
Der Captain lehnte sich zurück und dachte über ihre Worte nach.
Er wusste nicht, was diese Leute gegen sein neues Opfer hatten, er wusste nur, dass er einen Auftrag erhalten hatte und diesen erledigen musste. Danach konnte er sich an Gibbs und seinem Team rächen – inklusive Ziva, die ihn verraten hatte. Warum diese Person auf der Abschussliste seiner Auftraggeber stand, war ihm unverständlich, aber Auftrag war Auftrag.
Ari Haswari konzentrierte sich wieder auf die Stirnpartie seines Ziels, spähte durch das Zielfernrohr und war sich sicher, nicht einmal einen Laserpointer zu benötigen, um es zu treffen. Sein Finger krümmte sich um den Abzug.
„Ich bringe Sie zur Tür, Miss McConnaugh.“, sagte der Mann und Laura lächelte sanft: „Ich heiße Laura.“
Er antwortete, in dem er ebenfalls freundlich, sanft und offen lächelte: „Tim.“
McGee war sich, aus irgendeinem Grund, sicher, dass die Theorie, die man gerne „Cherchez la Femme“, also „sucht die Frau“ nannte, in diesem Fall nicht zutraf. Darauf wiesen verschiedene Zeichen hin – wenn man zum Beispiel beachtete, dass in ihren Augen ehrliches Bedauern über den Tod von Captain Stone zu lesen war, konnte er sich einfach nicht vorstellen, dass sie den stabilen Bastardhänder genommen und ihn Stone in den Rücken gerammt hätte. Nein – sie konnte diese Tat nicht begangen haben.
Als sie den Verhörraum verließen und durch den engen, orange-farbenen Korridor gingen, schaute er zu ihr und lächelte sie an: „Also – Sie schreiben diese verrückten Doktor-Who-Fanfictions, in denen Nummer 11 mit Rose anbandelt?“
„Ich finde, die beiden passen perfekt zu einander. Sie hatte sich ja schon in 10 verliebt.“
„Ja“, setzte McGee das Fachsimpeln an, als sie gerade den Bullpen betraten, „Aber Rose hat doch den Meta-Crisis-Doktor bekommen.“
„Aber das ist doch kein richtiger Timelord.“, widersprach McConnaugh und merkte, wie sie sich in McGees Nähe entspannte, als dieser plötzlich stehen blieb und mit einem verdutzten Gesichtsausdruck in ihre Richtung starrte.
„Was ist?“, fragte sie – doch als sie die Frage gestellt hatte, spürte sie, dass er nicht sie anstarrte, sondern an ihr vorbei.
Sie drehte sich um und ihr Blick fand ein angeschaltetes Computer-Terminal.
„Ich hatte ihn ausgeschaltet.“, erklärte der Bundesbeamte und ging auf den Bildschirm zu, nur um verwundert die Augenbrauen zu heben.
Als Laura neben ihn trat und ihm die Hand auf die Schulter legte, drehte er sich um, starrte sie kurz unverwandt an, taumelte einen Schritt nach hinten und schaute sie dann erneut an: „Ich… Du musst mich kurz entschuldigen. Ich… ich muss zu Gibbs.“
Damit rannte er in Richtung der Verhörräume.
McConnaugh drehte sich um, schaute ihm verblüfft hinterher, hörte ein Geräusch und sah Blitze.
„Boss?“, unterbrach McGee den Gedankengang des grauhaarigen Mannes, als er in den Verhörraum kam. Gibbs schlug wütend auf den Tisch, stand auf und starrte seinem Gegenüber mit kaltem Blick in die Augen: „Regel 22, McGee?“
Der Junior-Field-Agent stoppte, überlegte kurz und rezitierte: „Störe Gibbs niemals während eines Verhörs.“
Und in vorauseilendem Gehorsam schlug er sich selbst mit der flachen Hand auf den Hinterkopf.
„’Tschuldige, Boss.“
„Gibt es sonst noch was, McGee?“, fragte der leitende Ermittler in seinem ihm typischen Sprachduktus – inklusive der kleinen Atempause, bevor er jemanden anredete. Sie war nicht lang – maximal eine Millisekunde, wenn es überhaupt messbar war, aber, wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte, wusste man, das es da war. Wie man eigentlich immer, bei Sachen, von denen man selbst wusste, dass sie da waren, nur wusste, dass sie da waren, wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte.
„Ja.“, setzte der jüngere Agent an und räusperte sich: „Ich… ich habe eine Nachricht auf meinem Rechner gefunden, die mich stutzig machte.“
„Nachricht?“, echote Gibbs und schaute zu McGee herüber, der nickte und hinter sich deutete: „Ich bin mit Laura… also… Petty Officer McConnaugh zum… also ich wollte sie zum Aufzug bringen. Da fiel mir auf, dass mein Computer noch angeschaltet war – dabei hatte ich ihn ausgeschaltet. Und auf dem Monitor stand eine merkwürdige Nachricht. Ich las sie und… erinnerst Du dich an… seltsame Ereignisse?“
Die Ermittlerlegende stockte kurz und schaute den jungen Mann an. Dann schüttelte er den Kopf und ging zur Tür des Verhörraumes.
Als Gibbs und McGee den Bullpen betraten, staunte der jüngere Ermittler nicht schlecht.
Laura war verschwunden.
Verblüfft blickte er sich um, sein Mund stand für einige Sekunden offen, ehe er ihn schloss, tief Luft holte und dann zu seinem Chef blickte.
„Ähm, Boss, sie … sie war bis gerade eben noch hier.“
„Und sie ist es immer noch.“, sagte Gibbs, was ihm einen verblüfften Seitenblick von McGee eintrug.
Mit geschultem Blick deutete die Ermittlerlegende auf den Boden vor dem Computer.
Die Flüssigkeit, die er dort sah, die dort den Teppich tränkte, erkannte er im Schlaf.
Blut.
McGee hatte, dass sah der leitende Chefermittler, die Blutspur ebenfalls gesehen, sein Blick folgte der Spur bis zu dem Raumteiler, hinter den er nicht blicken konnte.
Vorsichtig schritt der junge Agent näher, als das Licht ausfiel.
„Verdammt.“, fluchte McGee, trat näher an den Computer heran, las die Zeilen, die auf dem Monitor erschienen waren, erneut. Wie aus weiter Ferne nahm er den Rest war – da war dieser rote Punkt, der an seinem Körper hochwanderte, bis er auf Höhe seines Herzens war. In dem Moment, in dem er verstanden hatte, was los war, hörte er ein raues „Vorsicht“ und spürte einen heftigen Schlag, der ihn zu Boden gehen ließ.
Sein Kopf kollidierte mit der Abtrennung zwischen dem Bullpen, an dem er gestanden hatte, und seinem eigenen und während er fiel, sah er in die leeren, toten Augen McConnaughs.
‚Verdammt’, schoss es ihm durch den Kopf und vor seinem inneren Auge blitze die Nachricht auf, die auf dem Monitor gestanden hatte.
--- Zitat ---
Tony, Ziva, McGee, Gibbs,
reicht euch das Versteckspielen?
Als amüsant erachte ich es immer noch.
Cal versucht euch zu helfen. Putzig.
Er – der nicht mal in der
Lage ist, sein Raumschiff fehlerfrei zu kommandieren.
Er sollte sich vorsehen – da haben
Schon ganz Andere versucht, mich zu fassen.
Sie sind gestorben.
--- Ende Zitat ---
Dann schlug er auf und absolute Dunkelheit umfing ihn.
Gibbs sah den roten Punkt in dem Moment, in dem sich Tim über den Monitor gebeugt hatte und brauchte zwei, drei Millisekunden um zu realisieren, was da gerade geschehen war.
Verdammt, offenbar wurde er alt – früher hätte er nur Nanosekunden gebraucht. Aber es war deutlich zu erkennen, was dort passierte – jemand zielte mit einem Scharfschützengewehr auf seinen Untergebenen.
Schnell warf er sich vor McGee, verpasste ihm einen Stoß und spürte in dem Moment den Stich in die Schulter. Man musste kein Genie sein, um herauszufinden, was da passiert war. Die Kugel, die eigentlich für McGee bestimmt worden war, hatte ihn getroffen.
„Entschuldige, Jethro.“, lächelte der Mann am anderen Ende des Gewehres und stand auf.
Eine gewisse Enttäuschung ergriff von ihm Besitz, denn eigentlich hatte er es sich vorgenommen, Gibbs, den Bastard, erst zum Schluss zu töten.
Aber – gut – auch wenn er eigentlich Perfektionist war, musste man ein paar Kompromisse eingehen. Und warum auch nicht? Die Reihenfolge, in der er seine Beute tötete, war eigentlich egal – nur… er wollte seine Halbschwester ebenso tot sehen. Sie hatte sich mit dem Feind verbündet.
Ari Haswari legte das Gewehr weg, steckte es in die Sporttasche und verließ den Anacostia Park.
Cal ließ den Schluck kalter weißer Schokolade durch seine Kehle rinnen und seufzte genüsslich.
„Schatz“, sagte er und seine braunen Augen funkelten lebhaft, „Die in diesem Shop wissen, wie man kalte, weiße Schoki macht. Da kann unser Replikator nicht gegen angehen.“
Er lächelte, lehnte sich zurück und schaute seine Freundin an. Draußen war es dunkel geworden, Regen setzte ein und die Beleuchtung im Shop bestand aus etlichen kleinen LEDs, die angenehm, neutrales Licht erzeugten.
„Lenk nicht vom Thema ab, Liebling.“, grinste Agatha und nahm einen Schluck Kaffee, „Wie kommst Du darauf, dass Traceless einen Kontakt auf der Dragonfly hat?“
„Nicht nur einen, Schatz, da bin ich sicher, nicht nur einen.“
„Aber wie kommst du darauf?“
Der Captain trank erneut einen Schluck, machte einen genießerischen Laut und rollte mit den Augen. „Diese weiße Schokolade…“
„Cal!“, schnitt ihm Agatha das Wort ab – sie spürte, wie die Wut in ihr zu kochen begann: „Du beschuldigst einige deiner besten Freunde, denen Du sonst, ohne jegliches Zögern dein Leben in die Hände legen würdest, Dich zu verraten und gemeinsame Sache mit Traceless zu machen. Da hab ich vier einfache Worte, die ich von dir Hören will: Wie kommst Du darauf?“
Vielleicht war es nur die Beleuchtung, vielleicht waren es wirklich nur diese farbtemperaturneutral-weißen LEDs, auf die man in dieser Zeitperiode so versessen war, das man die Glühlampe verbot, um sie zuerst durch quecksilberhaltige Leuchtmittel zu ersetzen und anschließend mit LED-Lampen aus dem Gebüsch zu kommen, aber – der Captain wirkte plötzlich um etliche Nuancen bleicher.
„Ich“, setzte er an und schaute seiner Freundin in die Augen.
Agatha merkte instinktiv, dass er die Wahrheit sagte – seine Augen waren mit einem Schleier von Tränen benetzt. Kurs schloss er die Augenlider und sofort rannen Tränen seine Wangen herunter.
Von einer Sekunde zur anderen fühlte Agatha sich Elend. Offenbar hatte ihr Freund selbst ein schlechtes Gewissen, seinen Kolleginnen und Kollegen zu misstrauen, und sie rieb noch Salz in die Wunde.
„hey“, machte sie aufmunternd, strich sanft mit ihrer linken Hand über seine Wange und schaute ihn sanft lächelnd an: „Hey, Schatz, es ist alles in Ordnung. Du kannst mit mir reden.“
Die braunen Augen ihres Captain schauten sie plötzlich ganz ernst an – das normalerweise vorhandene, leicht amüsierte Flackern, das eigentlich immer da war, und auch sonst normalerweise allerhöchstens heruntergedimmt war, war aus seinen Augen verschwunden.
„Ich habe … Korrespondenzwechsel gesehen.“, sagte er und Agatha legte den Kopf schief: „Ja, und?“
„Jemand hat mit jemandem auf der Dragonfly gesprochen. Und dieser jemand war Traceless.“
Erneut runzelte Agatha die Stirn: „Und wie kommst Du darauf?“
„Nenn es ein Gefühl. Ich weiß, wenn ich Briefe von Tracy-Boy lese.“
„Und hast Du auch den entsprechenden Empfänger?“
Cal schüttelte den Kopf: „Wenn ich ihn hätte, glaubst Du im ernst, ich würde hier unten rumturnen? Da würde ich doch oben, auf der Draggy, die große Actionheldennummer abziehen, da wäre John McLane doch ein Waisenknabe gegen mich.“
Sie grinste: „Zumindest solange, bis du in die falsche Tür reinstürmst, und von einem unserer weiblichen Crewmitglieder für einen Spanner gehalten und dann verprügelt wirst.“
„hey“, machte der Captain, „das ist bisher einmal vorgekommen.“
„Drei mal.“, korrigierte sie ihn, „Du bist auch mal bei mir reingeplatzt, als ich in Unterwäsche dastand.“
„Sicher, dass das ein Unfall war?“, fragte er mit einem hintergründigen Grinsen und trank einen Schluck weiße Schokolade. Und gerade als Agatha ihm die entsprechende Antwort geben wollte, ertönte ein lauter Knall.
Zusammenzuckend stieß der wackere Captain gegen seinen Becher mit weißer Schokolade, die sich über den Tisch ergoss.
„Frak!“, fluchte er. Dies brachte seine XO dazu, lauthals und hell zu lachen.
Voller Verblüffung schaute der Captain zu Agatha herüber, die, immer noch grinsend, sagte: „Cal, mein Schatz? Das ist lediglich ein Gewitter.“
Die Flecken von seiner Hose wischend, schaute der Offizier zum Fenster, an dem, von jetzt auf gleich, ein Wolkenbruch herniederging.
Der Regen fiel mit der donnernden Wucht eines Wasserfalls auf die Stadt nieder. Von jetzt auf gleich und so brilliant getimed, als hätte ein Regisseur genau diesen Moment ausgewählt, um sie beide auf die Knochen zu durchnässen.
Wie gut, dass es nur noch ein paar Meter waren, die Ziva und Tony zurückzulegen hatten und ausserdem, wenn er bedachte, das sie ihn zwar anfangs ein wenig merkwürdig angeschaut hatte, er es dann doch geschafft hatte, ihr Pflichtbewusstsein soweit zu mindern, dass sie, statt ins Hauptquartier zu fahren, kurz davor waren, bei ihm in der Wohnung zu landen… es war diesen Preis wert.
Ziva lächelte mit der Wildheit einer Raubkatze zu Tony herüber, griff ihn und zog ihn ganz dicht an sich, um ihn erneut zu küssen.
Mit der linken Hand fingerte der italienisch-stämmige Mitarbeiter des NCIS nach dem Wohnungsschlüssel, während er die hübsche Israelin mit seinem Körper zwischen Haustür und sich selbst festklemmte.
Sie konnte seine Erregung spüren, die von Minute zu Minute zunahm, während er immer noch – ein wenig ungeschickt wirkend – versuchte, den richtigen Schlüssel ausfindig zu machen.
„Nicht so ungeduldig.“, sagte sie mit einer sanften, rauchigen Stimme, „Niemand hetzt uns.“
‚Niemand, ausser Gibbs, der vermutlich in genau diesem Moment mit unserem Bericht rechnet.’, schoss es DiNozzo durch den Kopf, just zu dem Zeitpunkt, als er den richtigen Schlüssel erwischt hatte.
‚Bitte, lass mich vergessen, dass wir eigentlich jetzt zu Gibbs müssten.’, sandte er ein Stoßgebet gen Himmel, als sich Zivas Zunge mit der seinigen ein leidenschaftliches Duell lieferte und – als ob seine Gebete erhört würden – hatte er, in dem Moment, als er den Schlüssel ins Schloss steckte tatsächlich allen Diensteifer vergessen.
Wie trunken taumelten die beiden NCIS-Agenten die Treppe zu Zivas Appartement hoch und öffneten die Tür. Die Wohnungseinrichtung ließ gewisse Rückschlüsse auf Zivas Lebensweise zu. Besonders fiel Tony die Präsenz von Bildern auf, was ihn ein wenig überraschte. Fotos von Rivkin, Fotos von Ray, Fotos ihres Vaters – für jemanden, der wusste, dass man seine Lieben dadurch leichter ausfindig machen konnte, ging sie beinahe schon leichtfertig mit diesen Bildern um. Nicht, dass sie sie schlampig behandeln würde – im Gegenteil, sie waren in feinsten Kristallschliffglasbilderrahmen für die Ewigkeit aufbewahrt, oder zumindest solange bis Sonneneinstrahlung und Verfall des Fotopapiers aus dem knackenscharfen Bild ein gelbstichiges Etwas gemacht haben würden - aber der Fakt, dass sie diese Bilder so offen zeigte, verrieten, dass sie diesem neuen Appartement eine Identität geben wollte. Diese neue Wohnung sollte aussagen: „Hier wohnt Ziva David, Tochter von Eli David, Mossad- und NCIS-Agentin.“. Nach Tonys kurzem Blick auf die Inneneinrichtung gelang ihr dies absolut. Dann hatte sie ihn wieder gepackt, ihm einen Kuss auf den Mund gedrückt, der ihm den Atem raubte und ihn ins Schlafzimmer dirigiert.
Der Mann mit der Sporttasche – Ari Haswari – schlenderte durch die Straßen Washington D.Cs. Die rotverklinkerten Bauten, die er passierte, interessierten ihn nicht sonderlich, zumal seine Laune sowieso nicht die Beste war. Ja, er hatte Gibbs erschossen, ja, er hatte damit seine Rache bekommen, aber – was nun? Ein Blick in eine Zeitung, die ein Passant vor ihm in den Papierkorb geworfen hatte, hatte ihm den Boden unter den Füßen weggezogen.
27. September 2011? Das konnte nicht stimmen. Er hatte doch allerhöchstens eine Stunde geschlafen, nachdem man ihn von seinem ersten Anschlag auf Gibbs Leben weggeholt hatte. Gut – er wollte ehrlich sein, zumindest sich selbst gegenüber. Wenn man schon nicht zugeben konnte, dass man Kate Todd liebte und sie nur deshalb getötet hatte, damit sie nicht mitbekam, wie ihre Freunde litten und gequält worden wären, dann musste man wenigstens sich selbst gegenüber eingestehen, dass es durchaus eventuell möglich sein könnte, dass die Drogen, die man ihm injiziert hatte, so stark gewesen waren, dass sie ihn einen kompletten Tag ausser Gefecht hätten setzen können. Aber – Jahre?!
Er hätte ja beinahe fünf Jahre schlafen müssen, um …
Nun stockte er, als er einen weiteren Blick in die Zeitung warf. Was war denn da los? Wirtschaftskrise? Die USA und Europa waren beinahe pleite?
Nun kam zu der schlechten Laune auch noch Verwirrung: In was für einer Zeit war er gelandet? Unterbewusst hörte er ein protestierendes „HEY!“, dann ein „Fick dich doch, Omma!“ und ein „AU! Verdammt, Du Wichser, das tut weh!“ ehe er mitbekam, was passiert war. Direkt neben ihm hatte ein junger Vertreter der „ich trage meine Hose knapp unter den Kniekehlen“-Generation einer älteren Frau die Handtasche entreißen wollen. Vollkommen geistesungegenwärtig hatte Ari diesem Kind eine Ohrfeige verpasst, worauf hin die ältere Dame dem Kind die Handtasche wieder abnehmen konnte.
„Danke, junger Mann.“, sagte sie und schaute ihn über den Rand der viereckigen Brille an. Ari lächelte schief: „Oh, kein Problem.“
Damit riss er sich in die Gegenwart zurück, bedachte den Jungen mit einem Blick, der nichts anderes als Verachtung aussagte und wandte sich dann an die ältere Frau: „Die jungen Hüpfer sollen nur nicht denken, dass man hier alles machen kann.“
„Wie recht sie doch haben.“, sagte die Frau und machte sich auf den Weg. Der Junge war wieder auf den Beinen und rannte davon, allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Vermutlich wollte er zu seinen Kumpels, damit sie ihn, Ari, aufmischten.
‚Kommt nur’, dachte er, ‚erstens stecke ich euch locker in die Tasche und zweitens, selbst wenn nicht – hier hält mich doch eh nichts mehr.’
Und damit warf er erneut einen Blick auf die Zeitung, dorthin, wo ihm ein Bild seines Vaters entgegenglotzte, der gerade lächelnd irgendeine Auszeichnung in Empfang nahm. Nicht einmal Eli konnte den Anstand haben, in den letzten Jahren gestorben zu sein.
Seufzend wollte er sich gerade auf den Weg machen, als sein Handy klingelte.
Verblüfft schaute der Mann das Gerät an, ließ es aufschnappen und las eine Nachricht.
„K Street NW, Ecke North Capitol Street, NW. Kommen Sie sofort.”
Verblüfft klappte der Mann aus Israel sein Handy wieder zu und rief sich ein Taxi.
Autsch!
Leroy Jethro Gibbs öffnete die Augen, richtete sich auf und tastete nach seiner Schulter. Als Marine hatte er Erfahrung damit, angeschossen zu werden und der Fakt, dass er keinerlei Schmerzen verspürte und keinerlei Blut aus der Schulter troff, ließ ihn stumm den Kopf schütteln. Es war einfach nicht möglich. Dann fiel sein Blick auf den hingestreckten Körper der jungen Frau, der ihn mit leeren, toten Augen anblickte.
Verdammt! , schoss es dem Agenten durch den Kopf, warum musste sie sterben?
Das leise Stöhnen McGees riss ihn aus seinen Gedanken. Schnell war er neben ihm, schaute ihn an, als der Mann sich aufrichtete und nach seinem Kopf tastete.
„Bist Du okay, McGee?“, fragte Gibbs, was Tim dazu brachte, ihn kurz verwundert anzuschauen, zu nicken und dann die Hand auf seine Stirn zu legen: „Autsch. Das gibt eine Beule.“
„McGee, an was erinnerst Du dich?“
Der junge Special Agent schaute seinen Boss verwundert an, legte den Kopf schief und sagte dann: „Nun – Du hast mich geschubst, ich bin mit dem Kopf gegen den Raumteiler geknallt und…“
Er stockte und Gibbs konnte sehen, wie die Gesichtszüge des Mannes eine Metamorphose durchlebten. Keine wirkliche, aber eine Metamorphose der Emotionen. Von ehrlicher Verwirrung, die sich in den Augen spiegelte, mit tief gezogener, gerunzelter Stirn, als denke er über die Frage nach, über einen kurzen Moment der Kontemplation, mit glatter Stirn und klar, fokussierten Augen, die in die Ferne reichten, bis hin zu tiefer Sorge, mit weit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen reichte das Spektrum, das der junge Agent gerade durchlebte.
„Laura.“, atmete er leise und schaute in die Richtung, in der er sie in Erinnerung hatte.
Sein Blick suchte und fand ihren leblosen Körper.
„N… nein.“, machte der Romancier, starrte fassungslos und geschockt zu ihr herüber, als Gibbs plötzlich seine Schulter griff und ihn zu sich umdrehte.
„Schau mich an.“, sagte er leise, doch mit einem befehlenden Unterton, „Schau mich an und konzentriere dich auf deine Wut.“
„B… Boss, wer tut so was?“
Immer noch war Fassungslosigkeit in McGees Blick zu erkennen. Und da er Gibbs gut kannte, konnte er sehen, dass auch an seinem Boss dieser Anblick nicht spurlos vorbeigegangen war.
„Ari“, sagte Gibbs und McGee stockte: „Was? A… aber Ari ist tot.“
„Ich weiß. Aber dennoch – niemand anderes tut so was.“
Dann schaute er zu McGee und – als habe er seine ganze Fassungslosigkeit mit einem Schulterzucken abgetan – übernahm er wieder die Kommandantenrolle: „Ruf Ziva und Tony an. Sie sollen so schnell wie möglich ins Hauptquartier kommen.“
Anthony DiNozzo junior war momentan in andere Sachen vertieft. Verloren in dem Blick der braunäugigen israelischen Schönheit, lief er quasi auf Autopilot. Er wusste nicht mehr, wie lange er ihren nackten Körper bewunderte, wie lange er sich ihren Küssen ergab und wie lange die Beiden das absolut Irrationalste taten, das ihnen je in den Sinn gekommen wäre, aber er wusste, dass er nicht wollte, das es endete.
„Du bist so schön.“, seufzte er, während seine Hände über ihren nackten Rücken strichen. Sie schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln, zog ihn zu sich und küsste ihn so hart und verlangend, dass er sich ihr hingab. In seinem Geist hatte momentan sowieso nicht unbedingt der rationale Mensch, sondern das Verlangen, der Trieb, das Sagen. Die Übermacht der Sehnsucht, die er in den letzten Jahren nach der Berührung durch diese Frau gehabt hatte, der sensorische Overload, als sich ihre beiden nackten Körper tatsächlich berührten, hätte ihn beinahe vor Freude aufjohlen lassen und als sie sich tatsächlich einander hingaben, war es, als wäre er im Himmel. Dann klingelte das Handy.
Das Seufzen Zivas, das die Situation anfangs noch zurückhaltend, dann immer lauter und wolllüstiger untermalt hatte, klang nun frustriert und der Gedanke, der sich in Tony DiNozzos Gehirn als Erster formte war: „Wer auch immer jetzt anruft, er ist des Todes.“
„Es brennt besser der halbe NCIS.“, sagte er, als er einen Blick auf die Anrufer-ID warf und abnahm: „Ja, McInter…net, was gibt es?“
Eigentlich hatte er „McInterruptus“ sagen wollen, aber ein warnend-amüsierter Blick von Ziva hatte ihn abgehalten.
„Tony“, kam die Stimme McGees aus dem Handy und der Italiener fragte sich, ob sie schon immer so quäkend geklungen hatte, oder ob es nur daran lag, dass der Computerexpertenagent es gerade gewagt hatte, ihn mitten in Leidenschaftsbekundungen mit Ziva zu stören.
Die nächsten Worte, die der Mann am anderen Ende sagte, ließen ihn den Boden unter den Füßen verlieren. „Alles klar, wir sind auf dem Weg.“, sagte er mit einer leisen, fast tonlosen Stimme.
Er drehte sich zu Ziva um, die ihn verwundert und besorgt ansah.
„Zieh dich an. Es hat einen Anschlag auf den NCIS gegeben.“
Dann griff er nach seinen Boxershorts, zog sich an – er dachte nicht einmal daran, Ziva dabei zuzusehen, wie sie ihren wunderschönen Körper verhüllte, denn in seinem Kopf klingelte eine ferne Sorge. Er hatte plötzlich eine Szenerie im Kopf.
Tony schaute die Rothaarige an: „Gegenfrage – warum sollte sie es tun? Warum sollte die Zeugin lügen?“
Pause.
Sein Gegenüber schaute zur Decke, wiegte abwägend den Kopf hin und her und zog die Stirn kraus. Dann fixierte sie ihn mit einem Blick aus diesen unglaublich grünen Augen: „Vielleicht hatte sie ein Verhältnis mit Captain Stone und hat ihn umgebracht, weil sie verrückt ist?“
Tony runzelte seinerseits die Stirn und schüttelte dann den Kopf: „Ich glaub nicht, dass sie Gaga ist.“
Die Rothaarige grinste: „Das heißt, die Zeugin, die uns gesehen haben will ist nicht Stefani Joanne Angelina Germanotta?“
„Bitte?“, blinzelte Tony überrascht und schaute sie an, ein einziger Ausdruck des Unglaubens, „Bitte wer?“
„Na, Sie sagten doch, die Zeugin, die mich belasten will, ist nicht „Gaga“. Na, wie viele Gagas kennen sie denn? Mir ist nur eine bekannt. Und das ist Stefani Joanne Angelina Germanotta – alias Lady Gaga.“
Der NCIS-Agent starrte sie verblüfft an und schüttelte dann den Kopf. Er wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich aus dem Nachbarraum drei Schüsse zu hören waren.
Die Rothaarige schaute entsetzt zu Tony, der starrte entsetzt zurück – im Nu waren beide auf den Beinen und hechteten zur Tür. Eigentlich wollte er noch stehenbleiben und ihr sagen, dass sie nicht mitkommen dürfte, doch da war sie schon bei der Tür, öffnete sie und rannte, mit wehenden roten Haaren zur Quelle der Geräusche. Tony folgte ihr – hoffentlich war Ziva nichts passiert. Was war da wohl geschehen?
Er erreichte die Tür, die Rothaarige stand dort, die Augen entsetzt aufgerissen und er sah auch den Grund. In der Tür lag jemand.
Einen Blick auf die Schuhe werfend stellte er fest, dass es nicht Zivas Dienstschuhe waren – die hatten einen leichten Absatz, diese hier waren flach. Gerade als er die Tür erreicht hatte, merkte er, wie ihm schlecht wurde.
Die Leiche vor ihm lag in einer Lache aus Blut, die Augen, die er oft genug gesehen hatte, starrten blick- und leblos in die Ferne und das braune Jackett, das er trug, war blutbesudelt.
„ Nicht er!“, schoss es Tony durch den Kopf, „ Alles, nur nicht er!“
Ziva kniete neben dem Mann, tastete nach seinem Puls, doch Tony war klar, dass die hübschen, braunen Augen der Israelin sich gleich mit Tränen füllen würden, so wie er spürte, dass es seine grünen Augen ebenfalls taten. Hart schluckte er und warf dann einen Blick zu dem Mann, der die Waffe in der Hand hielt und sich gerade vom Boden aufrappelte.
„Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da getan haben.“, knurrte er, versuchte, seine Beherrschung zu waren. Der Mann nickte. „Ja, ich habe gerade ihren Mörder umgebracht.“
„G… Gibbs“, stammelte DiNozzo plötzlich und Ziva, die gerade ihr Shirt über ihren Oberkörper gezogen hatte, schaute ihn besorgt an: „Ist etwas mit Gibbs passiert?“
Tony schluckte, schüttelte den Kopf und schaute sie dann an: „Ich … ich sah gerade Gibbs vor mir. Er… war tot.“
Das Gesicht der hübschen Israelin war plötzlich nur noch eine Maske des Entsetzens: „Was?“
„Er…“
Weiter kam er nicht. Er sah etwas auf sich zufliegen, hörte ein lautes Pfeiffen und spürte, wie etwas seine Brust traf.
Ari war an der ihm genannten Stelle angekommen. Warum man ihn ausgerechnet hier treffen wollte, entzog sich nun wirklich seiner Erkenntnis. Da war eine rotverklinkerte Kirche, von deren Baustil der Israeli nun wirklich keine Ahnung hatte, da war ein großer Platz, der ihn irgendwie an einen Schulhof erinnerte ein modernes, mit Spiegelglasfenstern ausgestattetes Gebäude auf der linken Seite der Capitol Street Northwest, auf der rechten Seite ein Gebäude, das ebenfalls rotverklinkert war und ihn an eine Art Rathaus oder so erinnerte. Warum er sich ausgerechnet hier einfinden sollte, verstand er einfach nicht.
Dann hielt der Wagen vor ihm. Ein großer, schwarzer Ford LTD mit schwarz-verspiegelten Fenstern, von dem eines gerade herunterglitt und ein Mann, mit schwarzer Sonnenbrille und schwarzem Anzug zu ihm schaute. „Einsteigen.“
Ari erkannte den Ton – es war ein knapper Befehl, so, wie sein Vater oft zu ihm gesprochen hatte, als er im Mossad als Doppelagent ausgesucht wurde. Und dafür hatte man ihn auf eine Schule geschickt, die ihn zu gebildeter Konversation befähigte. Tse.
Aber, der Attentäter fügte sich seinem Schicksal, öffnete die Tür des Fonds, legte zuerst die Sporttasche in den Wagen und stieg schließlich selbst ein.
Allerdings hatte er nicht viel Zeit, sich mit dem Inneren des Fahrzeuges vertraut zu machen, denn er spürte einen Stich im Nacken und dann nichts mehr.
Als Agatha mit Cal das Café verließ, war sie unendlich froh darüber, dass Starfleetuniformen eine doch recht interessante Stoffart verwendeten. Da konnte man einen Tauchgang durch einen See unternehmen, die Haare lagen danach klatschnass am Körper an, die Uniform aber blieb, trotz Nässe, in Form. Weiterhin fror man auch nicht so, da die Uniform irgendwie wärmte. Sie wusste nicht, wie es funktionerte und, wie es so bei den segensreichen Erfindungen der Zeit ist, in der man lebt, wollte sie es nicht wissen. Es sollte einfach funktionieren, das reichte doch. Auch, wenn sie bei Cal einen leichten Funken Enttäuschung in den Augen sah, dass die Uniform sich nicht noch mehr an ihren Körper geschmiegt hatte.
Zwischendurch war der Captain einfach eine kleine Drecksau. Und das meinte sie durchaus positiv, schließlich waren die beiden ja ein Paar. Dennoch musste sie ja nicht alles, was er dachte und sagte tolerieren. Sie wandte sich an Cal und grinste. „Und wo geht es nun hin?“
Mit der Lässigkeit des großen Erforschers griff der Captain nach seinem Tricorder und ließ ihn aufschnappen.
Schon damals auf der Academy hatte Cal Captain Kirk für die Lässigkeit bewundert, mit der dieser den Kommunikator immer hatte aufschnappen lassen. In der modernen Zeit war dieses Kommunikationsgerät allerdings nur noch eine Brosche, auf die man tippen musste, das nahm – so hatte der Captian ihr mal gesagt – dem ganzen Akt des „Kontakt mit dem Schiff aufnehmen“ die komplette Coolness. Aber immerhin konnte er das noch mit dem Tricorder machen – ihn cool aufschnappen lassen. Oder was immer er dafür hielt.
„T.A.S’s Haus ist die Straße 2 Kilometer runter und dann nach links abbiegen, weitere dreihundert Meter und dann noch mal rechts.“
„Und du möchtest den Weg laufen?“, fragte sie verblüfft.
Cal grinste: „Schatz, wat is? Schon ausse Puste?“
Sie schüttelte den Kopf: „Ich nicht – du weißt, ich bin auf der Akademie im Dauerlaufteam gewesen. Ich halte n paar Kilometer Entfernung aus. Du hast dich doch immer um den Sport gedrückt, wo es nur ging. Ich erinnere Dich nur mal an das Schwebebalkendesaster auf der Akademie.“
„Hey, du hast mich aufgefangen.“
„Du bist auf mich gefallen.“, korrigierte sie ihn, grinsend.
„Und dann hast Du mir eine geknallt.“
„Weil Du meintest, ich sei so weich.“
„Bist Du doch auch.“
Sie rollte mit den Augen: „2 Kilometer die Straße runter, ja?“
Und machte sich auf den Weg.
Als Ari Haswari die Augen öffnete, lag er auf einem Dach. Hinter ihm stand jemand und sagte Zahlen an.
Verwirrt rieb der Mann aus Israel die Augen und griff dann, in einem einfachen, jahrelang eintrainierten Automatismus, zu dem Gewehrkolben, der vor ihm lag.
Kurz blickte er über seine Schulter und schaute den Mann, der die Zahlen ansagte, an. Es war der Anzugtyp, der ihm befohlen hatte, ins Auto zu steigen.
„Beim nächsten Mal wär es schön, wenn Sie mir sagten…“
„Neuestes Gewehr.“, sagte der Mann im Anzug, in einem gelangweilten, fast schon mechanischen Duktus. Er spähte durch ein Fernglas: „Das sollten Sie sich vielleicht ansehen.“
Damit reichte er den Stecher an Ari weiter.
Dieser nahm das Gerät, blickte durch und verzog angewidert das Gesicht.
Tony DiNozzos nackter Oberkörper war zu sehen und gerade, als er sich fragte, warum er ihn beobachtete, tauchte ein dunkelbrauner Lockenkopf aus den Kissen auf.
Aris Blut gefror.
„Das ist…“, setzte er an und Anzugtyp sagte, in dem selben gelangweilten Sprechrhythmus: „Ihre Halbschwester. Korrekt.“
Ari griff nach dem Gewehrkolben und legte an.
In diesem Moment ließ Tony von Ziva ab, ging zu einem Handy und sprach mit jemandem.
Es war nicht schwer, zu erraten, mit wem.
„Noch nicht.“, sagte Anzugtyp und Ari schaute ihn verblüfft an: „Worauf soll ich noch warten?“
„Drei Sekunden.“
Innerlich zählte Ari bis 23 und drückte ab. Dann beobachtete er verwundert die Wirkung seiner Kugel. Tony wurde getroffen, ja. Aber es war kein Blut zu sehen.
Funken sprühten aus der Brust des Mannes.
CaptainCalvinCat:
Kapitel 10
Ziva beugte sich vor und tastete nach Cals Puls.
„Hast Du sie erreichen können, Mcgee?“, fragte ein ungeduldiger Leroy Jethro Gibbs seinen Untergebenen, der gerade einen traurigen Blick auf die Bahre warf, auf der Petty Officer Laura McConnaugh gerade aus dem NCIS-Hauptquartier getragen wurde.
Er hatte nicht einmal mehr Gelegenheit gehabt, sie näher kennen zu lernen.
Seufzend drehte er sich zu Gibbs um und schüttelte den Kopf: „Es ist so sinnlos, Boss. Ich verstehe es nicht. Warum sollte jemand Laura erschießen wollen? Sie hat doch niemandem etwas getan.“
Die eisblauen Augen Gibbs bohrten sich in seine Seele. Einerseits stand Mitgefühl in ihnen und zum anderen, quasi als Widerspruch, Wut auf ihn. Warum dem so war, bemerkte er erst jetzt. Gibbs hatte ihn etwas gefragt.
„Oh.“, riss er sich in die Jetztzeit zurück, „ Ich… ja, ich habe sie vor knapp 3 Minuten angerufen.“
„Na, dann versuchs nochmal.“
Die Ungeduld in Gibbs Stimme wurde immer deutlicher.
„Agatha? Ist es noch weit?“, fragte der Sternenflottenoffizier, was bei der hübschen Frau ein Gefühl, tiefsten, inneren Triumphes auslöste. Ein Lächeln bildete sich auf ihren vollen Lippen und sie wandte sich ihrem Freund und Captain zu: „Ich dachte, Du wolltest die Strecke zu Fuß bewältigen.“
„Ja, aber… ist es noch weit?“
„Eigentlich…“
Weiter kam sie gar nicht, als sie ein vertrautes Geräusch hörte. Ein lautes Fauchen, das sie schon ein paar Jahre nicht mehr vernommen hatte. Unangenehme Erinnerungen stiegen in ihr auf.
„Wir können die Position nicht länger halten, Commander!“, schrie die Stimme des älteren Herren, der sein Phasergewehr hob und versuchte, dem Commander Deckungsfeuer zu geben. Dies funktionierte nur suboptimal, denn eine der heranrasenden Entladungen riss ihn von den Beinen und ein weiterer Schuss beendete das Leben des Commanders.
Vollkommen verängstigt kauerten sich das 16-Jährige Mädchen und der apathisch wirkende 17-Jährige Mann in die Ecke, als direkt vor ihnen die Decke herunterkrachte und den Commander, sowie den anderen Offizier, beziehungsweise deren Leichen unter sich begrub.
Es war dunkel und in der 16-jährigen Agatha Silverbird kam der Gedanke hoch, das es das war. Sie spürte, wie ihr Herz raste, als plötzlich der apathische Cal, neben ihr, begann, sich zu regen. „Es… es ist so dunkel hier.“, begann er und Agatha, die die Hand ihres Freundes griff, merkte, dass sie sich kalt und klamm anfühlte. Sie war keine Ärztin, aber sie befürchtete, dass er einen Schock erleiden würde. Mit dieser Vermutung korrespondierten die klamme Haut, und die nächste, sie erschreckende Frage: „Gathy-chan, wo sind wir?“
„Cal“, raunte sie, mit aller ihr zur Verfügung stehenden Ruhe und Gelassenheit – was aufgrund der Situation nicht gerade einfach war - , „Wir sind auf der Starfleet Academy, erinnerst Du dich?“
„J … Ja.“, kam es gedämpft vom Teenager, „Aber, warum ist es so dunkel hier?“
Von draußen waren Schritte zu hören. Breen?
In einer schnellen, geistesgegenwärtigen Reaktion packte Agatha den Kopf Cals und presste ihm die Hand auf den Mund, was dieser durch ein lautes Schreien quittierte. Allerdings wurden diese Schreie durch die Hand auf dem Mund des jungen Mannes gedämpft.
„Wenn Du leben willst, hältst Du die Klappe.“, raunte sie ihm zu und neigte sich zu ihm: „Cal, wir wurden angegriffen. Erinnerst Du dich?“
Er schüttelte den Kopf, wurde unruhiger und der Fakt, dass sie draußen hörte, wie sich immer mehr Polaronengewehre – oder womit auch immer die Breen und Jem’Hadar so feuerten - entluden und die Antwort aus deutlich erkennbaren Föderationsphaserfeuerstößen bestand, lies auch sie mit der Ruhe ringen. Sie hörte die Schreie der Offiziere, die draußen ihr Leben gaben, um die Sternenflottenakademie vor den Invasoren aus dem Gamma-Quadranten zu beschützen und fürchtete, dass es ihnen nicht viel bringen würde. Wenn die Breen einen so starken Überraschungsangriff auf die Sternenflottenakadamie – auf Sektor 001 – auf die Erde – auf den innersten Kern der Föderation starten konnten und ihnen niemand im Weg zu stehen vermochte, dann waren sie wirklich verdammt.
Der immer schwächer werdende Widerstand Cals riss sie aus den Gedanken. Er wehrte sich nicht mehr gegen ihre Hand auf seinem Mund und wenn sie ehrlich war, tat er fast nichts mehr. Sein Kopf sank nach vorne, der Körper schien immer schwerer zu werden und dann sackte er gegen ihre Brust.
Und gerade, als sie ihm dafür eine knallen wollte, bemerkte sie, dass er das Bewusstsein verloren hatte.
„Mein Held.“, murmelte sie. Doch kaum, dass sie diesen Gedanken gefasst hatte, merkte sie, wie auch sie selbst eine nahezu unwiderstehliche Müdigkeit überkam. Das musste entweder der Schock sein, denn sie bezweifelte, dass sie von all diesen Ereignissen um sie herum komplett unbeeindruckt gewesen wäre, oder aber die Sauerstoffausbeute in diesem „Gefängnis“ war nicht gerade die Beste. Sie rollte die Augen, als sie hörte, das draußen das Phaserfeuer nachgelassen hatte. Nun vernahm sie vereinzelte Stimmen.
„Hier ist jemand.“, rief einer, nur um im nächsten Moment die Meldung zu machen, dass dieser jemand tot sei.
„Verdammte Monster.“, hörte Agatha die Stimme eines Mannes, die sie schon häufiger wahrgenommen hatte. William T. Riker.
Vorsichtig ließ sie Cals Kopf in ihren Schoß sinken und hämmerte dann mit beiden Fäusten gegen die Decke: „HIER SIND WIR!“
„Commander.“, erklang von draußen die gedämpfte Stimme einer Frau, „Ich empfange Lebenszeichen hinter dieser Decke.“
„JA!“, schrie Agatha, „WIR SIND HIER!“
„KÖNNEN SIE MICH HÖREN?!“, schrie Riker von draußen, „KLOPFEN SIE EINMAL , WENN SIE UNS HÖREN KÖNNEN!“
„JA!“, schrie Agatha , schaute sich nach etwas um, womit sie gegen die Decke hämmern konnte. Schließlich zog sie eines ihrer langen Beine an und dann den Schuh aus, um damit gegen die Decke zu hämmern.
„Sir, hinter dieser Decke sind die Lieutenants Agatha Silverbird und Calvin Nathan Cat verschüttet.“, erklang die leidenschaftslose Stimme des Androiden, den die Flotte als Data kannte und Agatha merkte, wie ihr, in Hinblick auf die baldige Rettung, Tränen über die Wangen rannen. Dann ergriff die Müdigkeit Besitz von ihr und sie sank in sich zusammen.
Sie öffnete die Augen, als sie das Geräusch von Steinen hörte, die gegeneinander rieben. Benommen öffnete sie die Augen und schaute sich um. In diesem Moment verschwand die Decke, die als ganzes herunterklappt war, von schneeweißen Händen getragen. Agatha blinzelte kurz gegen das grelle Licht an und atmete erleichtert aus, als sie die vertrauten Gestalten der Enterprise-E-Crew sah.
„Schatz?“, riss die Stimme Cals sie aus ihren Gedanken und sie schaute ihn verblüfft an: „Was?“
„Hast Du das gerade auch gehört?“, fragte ihr CO, die Augen zugekniffen und sie anschauend. Die Commander nickte: „Ja – ich glaube es war ein Phasergewehr.“
„Wer ballert im 21. Jahrhundert mit einem Phasergewehr rum?“, fragte der CO – und schaute sich überrascht um, als er einen lauten, frauenhaften Schrei hörte.
„Wo… kam das her?“, fragte er.
Agatha merkte, wie ihr Herz schneller schlug, als sie den Schrei hörte, zuckte zusammen und versuchte, die Quelle des Geräusches ausfindig zu machen. Es konnte nur aus diesem Gebäude kommen, vor dem sie gerade standen. Sie überlegte kurz, tippte Cal auf die Schulter und sagte: „Ich glaube von hier.“
Dann drehte sie sich um, las anhand der Klingelknöpfe, wer dort lebte und merkte, wie ihr übel wurde.
Temporale Paradoxie.
„Oh Gott, bitte nicht. , schoss es ihr durch den Kopf.
Es war eigentlich nicht Zivas Naturell zu schreien, doch sie merkte erst, dass er es getan hatte, als er es getan hatte.
Die Angst um den vor ihr ausgestreckten DiNozzo raubte ihr den Atem. Verblüffender weise floss zwar kein Blut aus dem durchtrainierten Körper des Halb-Italieners, aber die Gestalt lag hingestreckt dort und gab kein Lebenszeichen von sich.
„Verdammt.“, fluchte sie, ging neben ihm in die Knie und tastete nach seinem Puls. Er war vorhanden, aber er raste, wie ein ICE auf freier Strecke.
„Verdammt, DiNozzo, tu mir das nicht an.“, knurrte sie und…
In diesem Moment krachte die Tür aus den Angeln und mit schussbereit gemachten Waffen standen zwei Personen im Raum. Ein Mann und eine Frau – beide kamen ihr bekannt vor.
„Wer…“, setzte sie an und fand sich im nächsten Moment von ihm angesprungen und auf den Boden gepresst wieder.
„Agatha, Ziel sichern…“
Weiter kam der Mann nicht, in diesem Moment hatte Ziva einen Kampfschrei ausgestoßen und ihr Knie in die Lendenregion des Mannes gestoßen.
Dieser reagierte so, wie sie es von einem Mann vermutet hatte.
Er gab ein „GNNNNGH“ von sich, lies sich von ihr fallen und hielt sich die schmerzende Region.
„Ungh.“, machte er, „Das tat… weh.“
Cal rollte sich auf den Rücken, die Hände in in Schutzhaltung auf die nun vor schmerz pochenden Körperteile gelegt und staunte nicht schlecht, als plötzlich die dunklen Augen Ziva Davids – die er eigentlich nur hatte Schützen wollen – mit Amüsement, Schalk und einer Spur Mißbilligung funkelten, während sie die Waffe, die man durchaus auch als Baretta hätte identifizieren können, griff und sie auf ihn richtete.
„Eine Frau einfach so zu Boden zu reißen? Ganz schlechter Stil, Mister.“, sagte sie mit einem Hauch von Spott in der Stimme.
Jetzt, wo sie jemanden hatte, an dem sie ihre Agressionen ausleben konnte, war die Sorge um DiNozzo zwar noch vorhanden, aber das Gefühl der Ohnmacht, das sie empfunden hatte, war verschwunden.
Und dann, als sie Cal und Agatha anschaute, grinste sie ironisch.
„Sie sind … dieser Verrückte, oder?“
Cal schluckte.
„Sag mal.“, räusperte er sich dann und wandte sich, obwohl er auf den Lauf der Waffe blickte, an Agatha, „Hast Du ihnen nicht die neue Binford 4600 Amnesiegranate verpasst?“
Die angesprochene Frau lachte: „Schatz, offenbar ist Zivas Geist sehr – widerstandsfähig.“
„Man kann auch Stur sagen.“
„Okay,“, sagte Ziva, hob die Waffe und richtete sie auf Cals Stirn, „Captain, was zum Scharfrichter passiert hier?“
Hörbar schluckend schaute der Captain der USS Dragonfly zu Ziva herüber und die hübsche Israelin hatte das Gefühl, dass dieser Blick leicht gehetzt wirkte, als wüsste er nicht, was er ihr sagen könne, oder dürfe, aber der Gedanke „Wenn Sie mir nicht den Kopf wegblasen soll, lass ich mir besser eine glaubwürdige Erklärung einfallen“ war definitiv in diesem Blick zu erkennen. Dem gegenüber stand der Blick, den die hübsche Rothaarige dem Mann zuwarf, wenngleich dieser ihn nicht wirklich sehen konnte, da er ja Augenkontakt mit der Frau aus Israel hielt.
„Miss David.“, begann Cal und versuchte ein Lächeln, das aber mehr in Richtung „Karikatur“ ging, „Ich… ich weiß, dass Sie sich um Mister DiNozzo sorgen, aber – glauben Sie mir, es wird sich alles aufklären.“
Damit presste Ziva dem jungen Mann die Mündung des Phasers gegen die Stirn. „Ich warte.“, knurrte sie, mit zu Schlitzen verengten Augen.
„Er… er ist nur betäubt.“, sagte der Mann, der sich ihr als Cal vorgestellt hatte, hastig , „Er wird in einer Stunde wieder aufwachen.“
„Wollen Sie mich verarschen?“, zischte die Frau, packte ihn am Kragen und zog ihn mit sich auf den Boden: „Tasten Sie nach seinem Puls.“
Verwundert blickten die braunen Augen des jungen Mannes in ihre, was sie dazu nötigte, ihrer Forderung mit mehr Druck und einer größeren Lautstärke nahe zu kommen: „ TASTEN SIE NACH SEINEM PULS!!!“
„Agatha?“, fragte der Mann, dem sie die Waffe gegen die Stirn hielt, mit einer Stimme, die nichts Befehlsgewohntes mehr an sich hatte und die Frau, die im Türsturz stand und mit etwas in der Gegend herumfuhrwerkte, das sie von der Größe an eine Zigarettenschachtel erinnerte, zuckte mit den Schultern. Ohne aufzublicken sagte sie: „Vermutlich ist sie gerade gedanklich in ihrem Mossad- Ablauf. Was erwartest Du, wenn man vor ihren Augen ihren Freund abknallt?“
Mit zitternden Händen tastete der junge Mann nach dem Puls Tonys und schaute sie dann an: „F… für einen Phasertreffer ist dieser Puls vollkommen normal. M… meiner würde auch so rasen.“
„Beweisen sie’s.“
Cal schaute die Frau an: „Bitte?“
„BEWEISEN SIE’S!“, donnerte die Frau und Cal zuckte zusammen. Wenn sie deutlich hinsah, könnte Ziva schwören, dass in seinen Augen sogar kleine Tränen schillerten. Ob sie nun aus Angst, Zorn, oder Trotz dort auftauchten, wusste sie nicht.
„Okay, okay.“, machte der Mann, stand auf und ging zum Bett, drehte sich zu Agatha um und nickte: „Mach mal.“
„Bist du verrückt?“, war die Frage der hübschen Rothaarigen und der Captain zwinkerte ihr zu: „Ja - und?“
„Okay, auf deine Verantwortung. Du bist der Chef.“
Damit hob sie den Phaser und zielte auf seine Brust.
„Schatz?“, sagte er und lächelte schief: „Ich liebe dich.“
„Ich dich auch.“
Damit drückte sie ab.
Kaum, dass Cal von der Wucht des Treffers auf das Bett gefallen war, war Ziva auf den Beinen und tastete nach dessen Puls.
Agatha schüttelte den Kopf und lächelte: „Der Mann ist echt bekloppt.“
Dann fixierte sie Ziva: „Und, was sagen Ihre medizinischen Kenntnisse, Agent David?“
„Sein Puls rast.“
„Sagt er doch.“, meinte Agatha, steckte die Waffe weg und ging auf den am Boden liegenden Tony zu. Dann kniete sie sich neben ihn, tastete nach seinem Puls und nickte. „Japp – Phaserbetäubung, Stärke Drei. In knapp 40 Minuten wird er wieder wach werden – dann hat er zwar einen mordsmäßigen Kater, aber – es wird sich alles auflösen.“
Dann ging sie zu Ziva, tastete nach dem Puls des bewusstlosen Captains und lächelte befriedigt: „Sein Puls rast genau so – ich würde sagen, in spätestens einer Stunde kann ich mit ihm hier abhauen.“
Ziva schaute sie an: „Mo… moment mal, Sie können nicht einfach so abhauen. Wieso schießt jemand auf Tony und warum betäubt er ihn für eine Stunde?“
Agatha zuckte mit den Schultern: „Da fragen Sie mich was.“
„Ich bringe DiNozzo um.“, murmelte Leroy Jethro Gibbs, als er zum – zumindest gefühlten 10.000sten Mal versuchte , seinen Special Agent zu erreichen. Immer wieder lautete die Ansage, die die elektronische Stimme von sich gab: „The person, you have called, is temporally not available.“
Es gab weiß Gott genug Möglichkeiten, Gibbs zu nerven, und diese Bandansage gehörte definitiv dazu.
„Ich bring ihn um.“, sagte er zum wiederholten Male und schaute zu McGee herüber, der über seine Tastatur gebeugt stand und versuchte, eine Ortung des Handys DiNozzos zubekommen.
Als sein Computer die Meldung ausspuckte, dass das Handy Tonys in Zivas Wohnung war, konnte sich der Schriftsteller denken, wieso das Handy sich in der Wohnung befand.
Die Augen McGees wurden kurz beinahe untertassengroß, dann versuchte er, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Momentan kam er sich vor wie Q aus James Bond, wenn er wieder nach einem Auftrag per Satellit oder Kamera nach James Bond suchen sollte, der sich mit dem aktuellen Love Interest gerade durch die Kissen wühlte. Meistens schaltete dann Q die Übertragung ab, schob es auf einen technischen Defekt und – genau das wollte McGee nun auch tun. Er drückte eine Taste, die Meldung erlosch und er räusperte sich.
„Erm… Gibbs?“
Der Mann im Sakko drehte sich zu ihm um, seine eisblauen Augen fokussierten den Romancier und er musste kurz schlucken.
Er weiß, wenn ich lüge. Er weiß es immer., schoss es McGee durch den Kopf, Er weiß, wann ich schlafe, er weiß, wenn ich wach bin, er weiß, ob ich gut, oder böse gewesen… moment mal, das ist ein Weihnachtslied.
Und mit den Klängen zu „You better watch out“ im inneren Ohr –, nicht zu verwechseln mit dem Innenohr, ich meine sowas wie das Innere Auge – räusperte er sich erneut.
„Ich… meine Suchanfrage… sie war nicht erfolgreich. Ich glaube… Ich glaube Tony hat sein Handy ausgeschaltet.“
Der Special Agent fixierte ihn mit einem Blick, der bei McGee Herzrasen auslöste.
Verdammt, er weiß es. Er weiß es einfach. Ich kann ja auch meinen Chef nicht anlügen. Was denk ich mir dabei?
„Dann versuch wenigstens, Ziva zu erreichen.“, grummelte Gibbs und McGee nickte: „Geht klar, Boss.“
Damit ließ er sein Handy aufschnappen.
Gibbs ging ein paar Meter, stieg in den Aufzug ein und schloss die Tür, ehe er den Kopf schüttelte:
Denkt McGee eigentlich, ich bin komplett aus dem Mußtopf? Es ist ja wohl klar, dass Tony bei Ziva ist. Die beiden arbeiten vorzüglich miteinander und es würde mich nicht wundern, wenn er und sie einander nicht sogar attraktiv fänden. Wenn die beiden wirklich miteinander geschlafen haben, verstoßen sie zwar gegen eine meiner Regeln, aber – es gibt ja immer noch Regel 51. Manchmal liegst Du falsch, alter Hund.
Und damit fuhr er in den Keller, zu Ducky.
„Sie gehen nirgendwohin.“, sagte in diesem Moment Ziva zu der hübschen Frau, die sich ihr gegenüber zwar nicht vorgestellt hatte, von der sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund aber wusste, dass sie Agatha hieß.
„Kein Problem.“, lächelte diese, „Ich muss sowieso noch eine Stunde warten, bis er aufwacht. Oder glauben Sie im Ernst, ich schnapp ihn mir und schlepp ihn durch die Gegend? Der wiegt mindestens ne Tonne.“
„Danach sieht er aber nicht aus.“, stellte Ziva fest, was Agatha erneut zum Lächeln brachte: „Jedenfalls ist er schwer. Und wenn er bewusstlos ist, kann er mir nicht helfen, das heißt, ich muss sein ganzes Gewicht tragen, und – obwohl ich seinerzeit in der Academy gute sportliche Leistungen erbracht habe – das schaff ich nicht.“
„Ich kenn das.“, grinste Ziva nun, „Ich glaub auch nicht, dass ich Tony mal eben so anheben und wegtragen könnte.“
„À prospos Tony. Ist es schon soweit, ja?“,
Zivas Stimmung kippte. Von freundlicher Aufgeschlossenheit wandelte sich die Stimmung nun in leichtes Mißtrauen: „Ist es schon wie weit?“
Dies zu fragen, und dabei die Augen zu Schlitzen zu verengen, war für Ziva eine Handlung und Agatha zuckte mit den Schultern.
„Naja… den… wievielten haben wir denn heute?“
„Warum fragen Sie?“
„Naja“, machte Agatha, schaute sie an und legte den Kopf schief, „Ich meine nur – mir… ist als würde…“
Nein, sie konnte es nicht weiter aussprechen. Das würde nur das komplette Raum-Zeit-Gefüge durcheinanderbringen.
„Als… würde was?“, fragte die hübsche Israelin und Agatha schaute sie an: „Erm… naja… als würde es heute noch ein schöner Tag werden.“
„Nein, nein, nein, Sie haben etwas Anderes fragen wollen.“
Agatha seufzte und schaute ihr in die Augen.
„Nein.“, sagte sie mit entschlossener Bestimmtheit, „Ich habe nichts Anderes sagen wollen, und sie haben auch nichts gehört.“
„Natürlich habe ich.“
Innerlich schüttelte die hübsche Rothaarige über sich den Kopf. Bei Cal konnte sowas funktionieren, aber doch nicht bei dieser willensstarken Person.
Und gerade, als sie sich innerlich dazu bereit machte, Ziva entweder zu hypnotisieren – was sie bei Gina gelernt hatte, aber bezweifelte, dass Zivas Geist durch sowas zu beeinflussen wäre, oder erneut eine Binford-Amnesia zu zünden, klingelte Zivas Handy.
In einer gekonnten Bewegung ließ sie das Gerät aufschnappen.
In knapp 10 Minuten würden Gibbs und McGee hier sein, hatte der leitende Chefermittler sie wissen lassen und dabei hatte er alles andere als glücklich geklungen.
Mit einem Blick auf den bewusstlosen Halbitaliener stellte Ziva fest: „Vielleicht sollten wir ihm doch einen angenehmeren Liegeplatz zuteilen, oder, was meinen Sie?“
Agatha lächelte: „Ich hab das Gefühl, wir werden uns noch häufiger begegnen. Nenn mich ruhig Agatha.“
Damit hielt sie ihr die Hand hin, die die Israelin ergriff und das Lächeln mit einem „Ich bin Ziva“ beantwortete.
Das „Ich weiß“ schluckte Agatha schneller herunter, als sie es hätte aussprechen können.
Beide Frauen beugten sich nun vor, griffen je einen Arm des ohnmächtigen Halbitalieners und zogen ihn in eine stehende Position.
Während Agathas Hand über die festen Muskeln des rechten Oberarms DiNozzos glitt, stellte sie fest, dass sich sowas bei Cal nicht abzeichnete.
Lächelnd schaute sie zu Ziva herüber und dachte daran, dass diese Frau in knapp 4 Jahren diesen Mann heiraten und glücklich werden würde. „Glückskind“, dachte sie und half dann der attraktiven Israelin, ihren ohnmächtigen In-ein-paar-Jahren-Ehemann auf die Couch zu verfrachten, wo er wieder in sich zusammen sackte.
„Stur is er auch noch, hm?“, fragte Agatha fest und Ziva grinste: „Oh, Du hast ja keine Ahnung.“
„Kenn ich – meiner ist genau so.“, lachte die hübsche Rothaarige und warf einen Blick zurück ins Schlafzimmer: „Und was machen wir jetzt mit ihm? Ich meine – unsere Anwesenheit hier sollte nicht unbedingt…“
„Ich weiß, ich weiß… nicht unbedingt an den Großglockner gehängt werden.“
„… die großen Glo…“, setzte Agatha an, zu korrigieren, doch sie schüttelte den Kopf. Irgendwie klang es sogar richtig niedlich, wie Ziva mit den Idiomen kämpfte.
„Nun“, riss die Israelin die hübsche Deutsche aus den Gedanken, „Wir könnten ihn ja…“
Gibbs war nicht amüsiert.
Da lag einer seiner Top-Ermittler auf der schwarzen Couch Zivas, schlief den Schlaf der Gerechten und Ziva hatte nichts Besseres zu tun, als ihn zu fragen, ob er Tee wollte?
Vor ein paar Minuten waren sie eingetroffen, hatten geklingelt und Ziva hatte die beiden, freundlich lächelnd, empfangen.
„Gibbs, es ist schön zu sehen, das es Dir gut geht.“, sagte sie und deutete hinter sich: „Komm doch rein.“
Der Chefermittler und McGee betraten die Wohnung, schauten sich um und sahen dann DiNozzo, der auf der Couch lag.
Kurz war ein leichtes, amüsiertes Funkeln in Gibbs Augen wahrnehmbar.
Sein komplettes Team hielt ihn wohl für so alt, verkalkt und blind, dass er nicht mitbekam, wie seine Teammitglieder sich ineinander verliebten.
„Ich nehme an, er hat hier mit Dir einen Kaffee getrunken?“, fragte der Special Agent mit einem Hauch von Ironie in der Stimme, „Ich meine, eigentlich solltet Ihr direkt nach der Befragung der PFCs Turner, Riker und Troi wieder zurück zum Navy Yard kommen.“
Ziva merkte, wie ihr Herz aussetzte.
Ja, richtig – die Befragungen. Das hatte sie in dem Moment, in dem Tony mit der attraktiven Blonden, der Frau von Mister Troi, geflirtet hatte, komplett vergessen und eigentlich hatte sie ihm nur eine kleine Lektion erteilen wollen, in dem sie auf der Fahrt zum Yard mit ihm geflirtet hatte.
Das er so darauf einstieg, hatte sie überrascht und dann… dann gab es kein Halten mehr.
Es war, als habe sich ein Schleuse geöffnet und alle Emotionen, die sie für Tony empfand, wären von jetzt auf gleich in ihr Herz geflossen. Beinahe so, als wäre sie von den Wogen der Aufkeimenden Lust davon gespühlt worden – was ja mehr oder weniger auch zutraf.
Sie würde auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren, sie würde…
Und dann sah sie Gibbs Blick.
Ja, er war enttäuscht – persönlich, menschlich, tief verletzt. Aber, wenn sie Gibbs-Blicke in den letzten Jahren richtig zu deuten gelernt hatte, lag es weniger an dem Fakt, dass sie miteinander geschlafen hatten, sondern mehr daran, dass sie eine Ermittlung dafür unnötig in die Länge…
Bamm
Ziva hörte, wie etwas aus dem Inneren ihres Schlafzimmers klopfte.
Sie rollte mit den Augen, als Gibbs und McGee erschrocken herumfuhren und mit gezückten Waffen ins Schlafzimmer vorrückten.
So langsam kam sie sich übers Ohr gehauen vor. War heute Tag der offenen Tür?
Wieder klopfte es aus ihrem großen Kleiderschrank.
„Hast Du noch mehr Besuch, Ziva?“, fragte McGee und klang verunsichert, amüsiert, Vielleicht auch eine Spur neidisch. Wer weiß, was er sich gerade ausmalte. Einige nackte Models, die sich gerade… Oh Gott, ich verbringe zu viel Zeit mit DiNozzo. , schoss es Ziva durch den Kopf, zumal sie ja wusste, was…
In diesem Moment hatte Gibbs die Schranktür aufgeschoben und hatte gebrüllt: „Bundesbehörde, kommen Sie aus dem Schrank heraus.“
Just, als er das gesagt hatte, merkte er, wie dämlich das klang.
„Nicht schießen.“, erklang eine angenehme Frauenstimme und die hübsche Rothaarige, die sich Ziva als Agatha vorgestellt hatte, verließ den Schrank. Es schien, als hielte sie etwas fest.
„Hände hoch.“, sagte Gibbs und Agatha gehorchte schnell, nur um sich für diese Handlung den Bruchteil einer Sekunde später zu verwünschen.
Cal kam ihnen entgegengefallen, knallte mit dem Gesicht auf den Boden und blieb liegen.
„Hallo.“, lächelte die hübsche Rothaarige, „Ich nehme an, Sie erinnern sich an uns?“
Gibbs steckte die Waffe weg: „Sie sind Agatha Silverbird.“
„Die Technik der Sternenflotte ist wirklich nicht mehr das, was sie mal war.“, seufzte die Frau und schaute zum am Boden liegenden Cal, der sich zu allem Überfluss nun auch noch auf die Seite drehte und mit der linken Hand Agathas Wade umschloss.
„Manchmal kann er echt peinlich sein.“, stellte die Frau fest.
McGee nickte.
„Commander Silverbird.“, räusperte sich Gibbs in diesem Moment, „was ist hier los?“
Die junge Dame richtete ihren Blick zum grauhaarigen Chefermittler und lächelte ihn harmlos an: „Wir… wollten einfach mal Agent David besuchen?“
„Und verstecken sich dafür in ihrem Kleiderschrank.“, gab McGee zu bedenken, was ihm einen genervten Blick von Gibbs eintrug. Dies mit einem „’Tschuldige, Boss“ quittierend, schaute er zu Ziva, die gerade den Eindruck erweckte, vor Scham im Boden versinken zu wollen. Irgendwie war das klar. Man musste nur einmal bedenken, was dies für einen Eindruck machte.
„Gehörst Du etwa zu dieser Gruppe?“, sprach McGee dann auch prompt den Gedanken aus, den Gibbs hatte und Ziva befürchtete und Agatha zu einem Grinsen brachte.
„Aaber sicher.“, sagte die hübsche Rothaarige in einem Tonfall, den Cal grinsend als „von Jack O’Neill abgeguckt und kultiviert’ bezeichnet hätte, „Ihr Dienstrang ist ja auch nicht „Agent David“, sondern Captain David von der U.S.S. River Song .
Verblüfft blickte Tim zu Agatha herüber: „River Song?“
„‚Hello, Sweetie’.“, grinste der Rotschopf und Gibbs warf einen Blick zu seinem Agenten: „McGee? Rede mit mir.“
„Ahm“, holte der Angesprochene Luft und setzte sein berühmtes „Ich-erklär-mal-eben-die-simpelsten-Zusammenhänge-mit-möglichst-vielen-Fremdworten“-Gesicht auf, ehe er sich an Gibbs wandte: „Erm… es ist eine Fernsehserie.“
„Doctor Who“, schoss Ziva dazwischen und Agatha grinste: „Der Klassiker unter den Science-Fiction-Serien.“
„Das schaut man auch in der Zukunft noch?“, fragte McGee.
„Klar“, grinste die hübsche Rothaarige, „Es gibt eigene Holodeck-Programme für… sekunde mal, woher wissen Sie, dass wir aus der Zukunft kommen?“
Der Agent zuckte mit den Schultern, holte kurz Luft und schaute dann ein wenig uninspiriert in der Gegend herum – vielleicht um sich ein wenig Hilfestellung von Gibbs oder Ziva zu holen.
„Ich… habe keine Ahnung, aber ich glaube, dass diese Granate, die Sie Tony auf den Schreibtisch gelegt haben, etwas damit zu tun hatte.“, sagte McGee und der grauhaarige Chefermittler schaute Agatha an – mit einer Mischung aus Neugierde und Wut: „Granate?“
„Eine Binford 4600 Amnesia-Granate.“, erklärte die hübsche Rothaarige, „Sie … eigentlich sollte es Ihr Gedächtnis löschen und den Tag zurückspulen, aber… irgendwie hat es nicht funktiuoniert.“
Damit schaute sie entschuldigend in die Runde: „Tut mir leid – niemand sollte mehr über seine eigene Zukunft wissen, als absolut notwendig.“
Grelles Licht fiel in Aris Augen und er wunderte sich, wo er nun wieder war.
Er erinnerte sich daran, dass er auf Tony DiNozzo geschossen hatte und dass die Munition einen merkwürdigen Effekt auf den Körper des Halbitalieners gehabt hatte. Er war mit Funken, die aus der Brust gestoben waren, kollabiert. Niemand kollabierte mit Funken, die aus der Brust stoben. Aber, gerade, als er sich an Anzugtyp hatte wenden wollen, hatte dieser eine Art Waffe auf ihn gerichtet und abgedrückt.
Der Fakt, dass er nicht tot war, ließ sich nur dadurch erklären, dass der Anzugtyp eine Betäubungsmunition verwendet haben musste. Was er nicht verstand, war, warum jemand das tun sollte. Es war sinnlos. Und vor allem war es unprofessionell. Ein Auftragskiller wie er hätte, wenn er selbst für die Tat nicht einstehen wollte, einen Sündenbock verwendet, den er dann so unauffällig wie möglich selbst ausser Gefecht gesetzt hätte. Eventuell hätte er einen solchen Sündenbock betrunken gemacht und dann dafür gesorgt, dass die schöne englische Redewendung „To take the fall“ nicht nur eine Redensart gewesen war. Betrunken wäre er über die Dachkante gestürzt und ein paar Meter tiefer, mit gebrochenem Genick aufgefunden worden.
Aber nein. Sein Auftraggeber war anscheinend nicht unbedingt einer der Hellsten.
Er hatte ihn nicht nur am Leben gelassen, er hatte auch dafür gesorgt, dass er – Ari – seinen Auftraggeber im Zweifelsfall identifizieren könnte.
So jemand musste nicht unbedingt mit großer Intelligenz gesegnet sein, aber – solange er ihm half, Rache am NCIS-Team und vor allem an Gibbs zu nehmen, war ihm das eigentlich egal.
Es gab Schlimmeres, als für jemanden zu arbeiten, der das kleine Einmaleins der Auftragskiller nicht beherrschte. Solange er wusste, was zu tun war…
Grelles Licht fiel in Tony DiNozzos Augen und er fragte sich, was passiert war.
Vor seinem Inneren Auge sah er die nackten, weiblichen Vorzüge seiner Partnerin Ziva David, ihr hübsches Gesicht, verloren im Taumel der Lust, und…
Ein grelles Licht hatte ihn geblendet.
Was war passiert?
Während er darüber nachgrübelte, spürte er, wie sein Kopf zu platzen drohte.
„Was zum T…“, murmelte er, fasste sich an den Kopf und stockte, als er bemerkte, dass er gar nicht mehr in Zivas Schlafzimmer war, sondern auf der schwarzen Ledercouch im Wohnzimmer lag.
Was war denn nun passiert? Hatte er vor Lust das Bewusstsein verloren oder…
Oder war das grelle Licht doch etwas anderes gewesen?
Gerade, als er weiter darüber nachgrübelte, zuckte er zusammen, denn just in diesem Moment beugte sich ein ihm bekannter Mann in sein Blickfeld, mit einem leicht amüsierten Grinsen im Gesicht.
„Na, DiNozzo? Lange genug geschlafen?“
„Boss?!“, keuchte der der Mann auf und wollte sich gerade aufrichten, als er den Blick von Ziva wahrnahm.
Spiegelte sich da Sorge in ihren Augen wieder?
Genau in diesem Moment nahm er sich vor, nachzuforschen, was passiert war. Er wusste es einfach nicht mehr, er erinnerte sich nur daran, dass das, was er wirklich auf dem Schirm hatte, sich wirklich einfach nur gut angefühlt hatte. Aber was danach passiert war…
Das fiel ihm einfach nicht ein. Nur der Kopf schmerzte.
„Ich…“, setzte Tony an und Gibbs warf ihm einen Blick zu, der dem Halbitaliener durch Mark und Bein ging. Verdammt , schoss es ihm durch den Kopf, Er weiß etwas.
„Erzähl es mir später, DiNozzo“, raunte der Grauhaarige und Tony musste – beinahe schon gegen seinen Willen – schlucken. Gibbs warf ihm noch einen Blick zu, der sagte „Ich weiß, was los ist und wenn Du wieder auf dem Dampfer bist, reiße ich Dir den Arsch auf“, dann drehte er sich weg und ging zu einem, ausserhalb seines Wahrnehmungsbereiches stehenden McGee herüber.
Tonys Augen suchten den Raum ab und fanden den, auf ihn gerichteten Blick Zivas. Ihre braunen Augen gaben ihm Mut und Kraft, während er versuchte, ihr mit seinen Augen die simple Frage zu stellen: „Was zum Teufel war passiert?“
Agatha stand, mit hinter dem Rücken verschränkten Händen im Raum, den Rücken gerade durchgestreckt und schaute sich die vor ihr bietende Szene an. Es war das Beispiel – das, man konnte fast schon sagen: Das Stereotyp – einer typischen Szene, wie sie Gibbs und Konsorten erlebten. Die Konfrontation fand statt. Ein leises Lächeln bildete sich auf den vollen Lippen der XO, als sie ein leises Stöhnen hörte.
Mit einem Blick zum auf dem Bett liegenden Cal, der gerade die Augen öffnete und sich anschließend über selbige wischte, stellte sie fest, dass ihr Freund gerade wieder zu sich gekommen war.
„Na, wach?“, fragte sie, ging zum Bett und half ihm in die sitzende Position.
„Schatz, hast Du die Nummer von dem LKW, der mich überfahren hat?“, grinste er, ehe er den Kopf schüttelte: „Junge, der Satz is’ ja mal dermaßen ein Klischee, das ist ja nicht mehr schön.“
Agatha lachte hell: „Ich würde sagen, er hatte die Maße 90-60-90, eine enganliegende Uniform an, feuerrote Haare, grasgrüne Augen und einen Phaser, der dich für eine Stunde ausgeknockt hatte.“
Schief grinsend erhob sich Cal und neigte den Kopf zur Seite: „Wie sieht es aus – haben wir was rausgefunden, was wir rausfinden könnten?“
„Naja“, zuckte die junge Frau mit den Schultern, „Eigentlich nicht viel – nur das Übliche. Was die Beiden nicht wissen – was hier keiner weiß – ist, dass Tony von einem Phasergewehr getroffen wurde. Beziehungsweise von etwas, das so ähnlich gebaut ist, wie ein Phasergewehr.“
Mit schiefgelegtem Kopf schaute Cal der Frau in die hübschen Augen: „W… was bitte schön?“
„Etwas, das ähnlich gebaut ist, wie ein Phasergewehr. Es hat DiNozzo von den Beinen gefegt.“
„Ach komm, erzähl keinen Schwachsinn.“, sagte Cal eine Spur lauter als es notwendig – oder noch besser - als es für ihn und seinen Kopf verträglich gewesen wäre, „Ich meine… wer ballert hier mit einem Phasergewehr rum?“
Agatha zuckte mit den Schultern: „Tracy-Boy?“
„Tracy-Boy?“, echote Cal und schaute sie beinahe schon ungläubig an.
Die XO nickte: „Es wird wohl auf ihn hinauslaufen, meinst Du nicht auch, Schatz?“
Tony schaute in die braunen Augen Zivas – sie hatten einen nachdenklichen, weltfernen Ausdruck und er räusperte sich. Kurz zuckte sie zusammen, blinzelte und schaute ihn an. Der NCIS-Agent lächelte. „Jetzt sag bloß, ich hab dich erschreckt. Dich – Ziva David, eiskalte Killerin des Mossad.“
„Du solltest eher versuchen, mir klar zu machen, wie Du in die Höhle der Löwin gekommen bist, DiNozzo“, hörte er plötzlich die Stimme Gibbs und spürte einen Klaps auf den Hinterkopf.
‚Eine Ohrfeige ist eine Beleidigung. Ein Schlag auf den Hinterkopf ist ein Weckruf’, war die Philisophie seines Chefs und der Italiener rollte mit den Augen. So schmerzvoll war er in den letzten Wochen nie geweckt worden.
„’Tschuldige, Boss.’, sagte er und wandte sich Gibbs zu, „Ich… ich weiß nicht wie ich es Dir erklären soll. Es war einfach…“
Er verstummte.
Er hatte Kismet sagen wollen – aber der Blick, den Gibbs ihm zuwarf, sagte eindeutig, dass, wenn er das sagen würde, Gibbs ihm den Allerwertesten noch weiter aufreißen würde.
Ja – el chefe war wütend. Vermutlich nicht nur ein wenig wütend, sondern so wütend, dass er…
Was? Leute umbringen würde? Vermutlich nicht. Zwar gab es Situationen, in denen Gibbs vor tödlicher Gewalt nicht zurückschreckte, aber dies war keine davon. Vermutlich würde er ihn nur strafversetzen – was auch schon schlimm genug war.
Himmel, er hatte nicht nur gegen eine Dienstanweisung, sondern gleich gegen eine von Gibbs fundamentalsten Regeln verstoßen. Genauso gut hätte er ihm den Kaffeebecher aus der Hand schlagen können.
„Boss“, setzte er an, „ich…“
Weiter kam er nicht.
Cal schaute seine XO an.
„Was willst Du machen? Hast Du einen Knall? Das hast Du doch nicht gelernt.“
„Gina hat es mir damals, nach der Sache auf Kaluna Prime beigebracht.“
„Um Gottes Willen, erinnere mich nicht daran.“
Agatha schluckte. Es war wirklich nicht gerade die Angenehmste, aller Erinnerungen.
Dämlich, dämlich, dämlich, dämlich.
Um sie herum spritzte Dreck auf und der Regen, der von oben kam war auch nicht gerade angenehm.Verdammte Kälte. Sie kroch durch die Kleidung, trotz dieser verdammten Thermounterwäsche und kälteabweisender Uniform.
Verdammt.
Die Explosionen um sie herum waren heiß und der kalte Regen… naja, man könnte sagen, dass rein rechnerisch die Temperatur eine Ausgeglichene war. Aber das war ein alter Witz und absolut nicht zutreffend. Mit erhobenen Phasern drangen Cal und Agatha in das Heiligtum des Priesters vor, der knapp 50 Prozent seiner Crew in seinen Bann geschlagen hatte. Könnte vielleicht daran gelegen haben, dass dieser Priester eine, in extrem sonnennahen Kleidungsstücken herumlaufende Priesterin war.
Agatha rollte mit den Augen.
Cal war doch auf der Erde gewesen – im SGC. Dort hätte er doch eigentlich diese dusslige Akte über die Hathor-Angelegenheit lesen müssen, als die Goa’Uld ihrerzeit das SGC übernommen und die Männer sexuell-willenlos gemacht hatte. Aber nein – offenbar hatte der Captain beschlossen, genau diesen Teil auszulassen.
Die braunen Haare des Captains lagen nun klatschnass am Körper, genau wie die feuerroten Haare der XO, die momentan ein wenig ihrer Leuchtkraft verloren hatten.
„Cal, denkst Du wirklich, dass wir sie kriegen können?“
Der Phaser des jungen Offizieres fauchte kurz auf, die braunen Augen schauten in ihre Grasgrünen und Optimismus funkelte in ihnen.
„Hab ich je aufgegeben? Ich kenn die Bedeutung dieses Wortes nicht.“
„Ich weiß schon, wer zum Geburtstag ein Wörterbuch geschenkt bekommt.“, grinste Agatha schief und dies musste sie wohl so ansteckend gemacht haben, dass auch der Captain grinsen musste.
„Diese Priesterin schnappen wir uns. Keine Sorge.“
Sie schaute ihn an, nickte und fuhr ihm sanft über die Wange: „Ich mach mir keine sorgen um mich. Du bist derjenige, der in ihr Beuteschema fällt.“
„Ach, wie kommst Du darauf. Weil ich der Captain bin? Das Alphamännchen? Weil mir das Schiff gehört?“
„Ich dachte eigentlich eher daran, das jeder andere Kerl ausser Dir gekascht wurde.“, sagte Agatha mit einem extrem trockenen Tonfall. Der junge Mann rollte mit den Augen: „Und was macht Dich sicher, dass sie mich auch kascht?“
„Sie ist gut.“, meinte Agatha nur und deutete auf den Tempel, aus dem gerade, mit schwingenden Hüften und einem extrem knappen Outfit die Priesterin kam.
„Meine Kinder, kommet zu mir.“
Und kaum, das sie dies gesagt hatte, traten, wie ein Mann – und nie hatte dieser Ausdruck besser gepasst – die männliche Crew der Dragonfly hinter ihr hervor.
Cal schluckte und deutete mit der Mündung der Waffe auf die gerade erschienenden Männer: „Okay, now, that is impressive.“
Damit schaute er zu Agatha: „Aber keine Sorge, ich bin nicht so blöd und falle in die Offensichtlichsten der Fallen.“
Agatha lächelte – und stockte plötzlich, als sich im Tempel etwas tat.
Verdammt.
Es war nicht so einfach wie seinerzeit im SGC.
Hier hatte Hathor nur starken Einfluss auf die Männer gehabt und war klug genug gewesen, die Frauen einsperren zu lassen. Aber diese Priesterin war… besser.
Sie hob ihre wohlmanikürte Hand, schnippte einmal und Agatha musste hart schlucken. Jemand näherte sich der Priesterin – Gina Intrupper, die Bordärztin.
Wenn diese Frau auch die Frauen manipulieren konnte, dann…
„Agatha?“, hörte sie die sanfte Stimme Ginas und schluckte hart. Bitte nicht, bitte nicht.
Damals, als sie auf der Academy in einem Zimmer als „Roommates“ genächtigt hatten, hatten sie einander für unterschiedliche Kursthemen herangezogen. Agatha hatte Gina immer wieder darum gebeten, mit ihr Kommandotechniken zu büffeln, während sie der angehenden Bordärztin für Sachen wie Referate in Autogenem Training, Counseling für Fortgeschrittene und eben auch „Hypnose für Anfänger“ geholfen hatte. Das heißt, Gina hatte versucht, sie in Trance zu versetzen, was ihr offenbar auch gelang, denn an einem Tag hatte sie einen ziemlichen Filmriss gehabt, nachdem die beiden miteinander trainiert hatten.
Sie wusste nicht mehr ganz, welches Wort Gina verwendet hatte, sie erinnerte sich nur daran, wie ihr Bewusstsein aussetzte…
Das Nächste, was sie wahrnahm, war die Deckenbeleuchtung der Krankenstation. Die sich über sie beugende Gina lächelte ihr sanft zu.
„Keine Sorge, Süße. Du brauchst keine Angst zu haben, es ist alles wieder in Ordnung.“
Sie richtete sich auf, blinzelte und schaute in die unglaublich nussbraunen Augen ihres Captains, die – leer wirkten.
„Was ist mit dem los?“, fragte Agatha und Gina zuckte mit den Schultern: „Das musst Du schon selbst wissen. Aber eines muss ich ihm lassen. Er hat Scotty mit einem schnellen Schlag auf die Bretter geschickt. Ich musste drei Stunden an seiner gebrochenen Nase rumfuhrwerken.“
„Gina, ich…“, setzte der erste Offizier an und die hübsche Ärztin zwinkerte ihr amüsiert zu: „Keine Sorge, Süße. Ich bin sicher, Cal wird es dir gerne erklären. Wenn Du ihn aus deinem Bann entlässt.“
„Bann?“
Damit wandte sie sich wieder zu dem, träumerisch vor sich hin lächelnden, Captain und rollte mit den Augen: „Naja, sein Versprechen hat er gehalten. Die Priesterin hat ihn nicht bekommen.“
Gina grinste: „Aber Du.“
„Meinst Du?“, fragte die XO, schlang ihre Arme um ihn und küsste ihn: „Komm her, du.“
Der Captain blinzelte mit den Augen, schüttelte den Kopf und streckte sich: „Wow … hey, was ist… was ist passiert?“
„Diese Programmierung funktioniert perfekt.“, flüsterte Gina der XO zu und zwinkerte. Damit verließ sie die Krankenstation und ließ eine grinsende XO und einen verwirrten Cal zurück.
„Du willst die alle hypnotisieren?“, riss die geflüsterte Stimme Cal ssie in die Jetztzeit zurück, „Das ist eine wirklich bekloppte Idee. Und ich hab in unserer Beziehung das Monopol auf die bekloppten Ideen.“
„Nein, das ist eigentlich ein Oligopol. Wir beide haben gern mal bekloppte Ideen.“, grinste Agatha, streichelte ihm über die Wange und hauchte ihm einen Kuss auf das Ohrläppchen.
„Du weißt, dass das bei den Ferengi zu etwas führen würde, das wir ob des Ratings der Fanfiction, in der wir uns befinden, nicht komplett ausspielen dürfen? Eigentlich schade.“ Mit einem liebevollen Lächeln streichelte sie ihm über das andere Ohr und schnurrte: „Ich weiß. Aber: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“
„Was genau ist eigentlich passiert?“, raunte McGee dem grauhaarigen Chefermittler zu, der ihn mit einem genervten Seitenblick zum Schweigen brachte. Gut – „Schweigen“ war eine übetriebene Darstellung der Sachlage. In Wirklichkeit klappte den Mund auf und wieder zu, murmelte ein „’Tschuldigung, Boss“, ehe er sich an Ziva wenden wollte. Mitten in der Bewegung erstarrte er. An der Wand von Zivaas Wohnung erschien plötzlich ein Farbenspiel von unbeschreiblicher Schönheit. McGee hatte keine andere Wahl, als hinzuschauen.
Agatha hielt eine Glasperle vor den Phaser und ließ an der Wand zu Zivas Wohnzimmer ein buntes Regenbogenfarbspiel – sprich, die aufgefächerten Spektralfarben – tanzen.
Genervt rollte Cal mit den Augen, schaute sie an und schüttelte den Kopf: „Lass es.“
„Erste temporale Direktive Cal, es darf sich niemand an unsere Intervention erinnern.“
„Schatz, wir könnten ihre Hilfe brauchen.“
„Erste temporale Direktive, Cal.“, wiederholte die hübsche XO und wandte sich, mit einer ruhigen Sing-Sang-Stimme an die, im Wohnzimmer stehenden Agenten.
„Schaut auf das Licht. Es ist hell, klar, und schön. Je mehr ihr euch auf dieses Licht konzentriert, je mehr ihr versucht, Formen zu erkennen, um so entspannter, um so relaxter fühlt ihr euch. Eure Augenlider sind bleischwer, blei, bleischwer. Ihr werdet Müde und wollt schla…“
Sie stockte, als sie neben sich einen Plumpser hörte. Cal war umgekippt.
„Verdammt.“, murmelte die hübsche XO, ging neben ihrem Freund in die Knie und raunte ein: „Erwache, mein Liebling“ in seine Ohren.
„Was… wassis passiert?“, lallte der Captain, richtete sich auf und schaute zu Agatha herüber: „Ich wollte… ach was solls.“
Ziva räusperte sich, trat auf die beiden Offiziere zu und schüttelte den Kopf: „Was auch immer Du da gerade versucht hast, Agatha, so ganz hat es nicht geklappt.“
„Seh ich auch so.“, sagte Tony, der sich gerade von seinem Sitzplatz erhob und Gibbs, der Agatha amüsiert anschaute, lächelte: „Hypnose?“
„Die Frau ist gut“,grinste Cal, „Schafft es mit einem einzigen Wort – oder Satz – mich auszuschalten..Ich sag es Ihnen, Mister Gibbs, legen Sie sich in ihre fähigen Hände und sie schlafen, wie ein Baby. Ich spreche aus Erfahrung.“
Dann wandte sich der Captain an Ziva: „Aber – um mal etwas Anderes anzusprechen. Könnten… könnten Sie uns zu Misses Stone fahren, Miss David?“
Verblüfft blinzelte Agatha ihren Freund an: „Aber – ahm – Cal, hältest Du das für eine gute Idee? Ich meine… gut, es könnte mir egal sein. Da kann ich mehr üben. Ob ich Ziva nun einmal hypnotisieren muss, oder mehrmals, das macht keinen Unterschied.“
Der Captain zwinkerte ihr zu: „Schatz, du kannst es auch immer wieder an mir ausprobieren.“
Damit traten sie aufeinander zu, sie umrundete ihn und er schaute an ihr herauf und wieder herab. „Später.“, sagte sie, in einem flirtenden Unterton und Cal grinste wie ein Schuljunge.
Dann räusperte er sich und versuchte, die Gedanken, die offenbar in diesem Moment in seinem Kopf auftauchten, anders abzulenken. Er wirbelte um die eigene Achse und schaute wieder zu Ziva herüber. Diese starrte ihn verblüfft an, während er sich grinsend vor ihr aufbaute und begann, in einem rasend-schnellen Duktus zu sprechen: „Wo, war ich? Richtig… Captain Thaddeus Alexander Stones Frau. Was meinen Sie, warum wollen wir zu ihr? Warum wollen wir da…hin?“
„Schatz, wenn Du so sprichst, könnte man dich für Doc 11 halten.“, grinste Agatha und McGee schaute sie an: „Stimmt. Das macht Sie zu River, hm?“
Cal schaute zwischen Agatha und McGee hin und her, grinste und schaute zu Ziva.
„Das macht Sie zu Amy und ihn da“, damit deutete er mit seinem Kopf auf Tony, „zu Rory.“
Damit griff er ihre Hand: „Nun denn, come along Po…“
Weiter kam er nicht, denn Ziva hatte in diesem Moment seine Hand gegriffen, so fest zugedrückt wie sie konnte – was ihn zum Schreien brachte – und verdrehte seine Hand auf den Rücken.
„Ahaaaa“, machte Cal, „Lassen Sie mich los, Miss David.“
„Fassen Sie mich noch einmal an, ohne, dass ich meine Erlaubnis gebe, und ich breche Ihnen alle Knochen.“, zischte Ziva und stieß den Captain von sich weg, Richtung Agatha, die ihn auffing.
„Aua.“, machte der Captain, betrachtete seine Hand und bewegte sie probehalber.
„Und, Gebrochen?“, fragte die XO mit einem sehr trockenen Unterton.
„nee.“, murmelte Cal und sein Gesichtsausdruck veränderte sich von amüsiert zu beinahe-beleidigt. Dann schaute er zu Ziva herüber, wollte einen Schritt auf sie zutreten, aber man konnte ihm ansehen, dass er sich dies offenbar noch zwei bis dreitausend Mal überlegte.
„Könn… könnten Sie uns eventuell zu Captain Stones Witwe fahren?“, fragte der Captain dann dennoch, wenngleich ein wenig kleinlauter.
Tony hatte keine Ahnung, wieviel so ein Mini-Cooper „Spitze“ fuhr, er härte nur das extrem laute, durch Mark und Bein gehende Geräusch, das entstand, wenn der Wagen hochtourig gefahren wurde. Ziva fuhr den Wagen immer hochtourig und in einer Fahrweise, die ihn immer wieder verblüffte.
„Das macht einen an der Existenz von etwas, wie der Straßenverkehrsordnung zweifeln“, gab der Mann, der sich Captain Cat nannte von sich und klammerte sich mit einem Gesichtsausdruck am Sicherheitsgurt fest und er hörte, wie die Frau, die sich Commander Silverbird nannte, amüsiert sagte: „Und die Dinger nanntest Du bis gerade eben noch ‚primitive Rückhaltevorrichtungen’?“
Ein lauter Knall war zu hören, kurz waren alle vier schwerelos, dann gab es einen kräftigen Schlag gegen den Unterboden des Wagens und der Cooper fuhr weiter.
Grinsend wandte sich Tony an Ziva. Er wusste, dass sie in diesem Moment über ein Berliner Kissen – man nannte es auch eine sogenannte „Bremsschwelle“ gefahren war.
„Nur ein toter Polizist.“, erklärte Ziva und Tony sah im Rückspiegel, wie Cal und Agatha einander verdattert anschauten.
„Ein … toter Polizist?“, fragte der Captain mit einer Spur Ängstlichkeit in der Stimme. Tony konnte nicht anders, er musste Lachen: „Sie meint einen „schlafenden Polizisten“.“
„Schlafenden Polizisten?“, echote Agatha, sie und der Captain schauten sich verblüfft an.
Gerade wollte Tony ihr erklären, was damit gemeint war, als es erneut einen heftigen Schlag gegen den Unterboden gab. Dieses mal sprang der Wagen nur nur um ein paar Milimeter in die Luft, sondern gleich um mehrere Meter Dabei hatte Tony plötzlich das Gefühl, dass sich die Welt um sie herum drehen würde – vermutlich würde jeder andere, Aussenstehende, richtig feststellen, dass sich der Wagen überschlug.
„Das war nun kein sleeping policeman’“, stellte Tony fest, als der Wagen auf dem Dach aufsetzte.
Er nahm den Krach wajhr, wie sich die Fahrgastzelle zusammenknautschte, wie Glas splitterte und Metall über den Asphalt schlidderte.
„Verdammt“, schoss es Tony durch den Kopf, als alles mit einem mal wieder Dunkel wurde.
Agatha hatte keine Zeit mehr, sich über den Faux-Pax „Toter / Schlafender Polizist“ zu wundern oder gar zu amüsieren, denn der Wagen hob in diesem Moment regelrech ab. Die Feststellung, dass diese keiner der lebenden, toten, oder schlafenden Gesetzeshüter war, die Tony in diesem Moment traf, war auch ihr klar und eigentlich fragte sie sich, ob der Halbitaliener sie gerade ein wenig für blöd verkaufen wollte, als der Wagen aufschlug.
Dies tat er mit diesem absolut lauten, absolut widerlichen Geräusch, das sie ein paar Mal gehört hatte, wann immer sie in einem Shuttle war, das abstürzte.
Ihr war klar, dass an diesen Geschicken nichts ändern konnte, hoffte nur, dass…
Aua , schoss es Ziva durch den Kopf, als sie wieder zu sich kam.
Á Prospos Kopf – er schmerzte nicht nur, er war auch Näher am Boden, als er es normalerweise sein sollte. Durch ihre langen, lockigen Haare, deren Spitzen nun auf dem Boden – also eigentlich der Unterseite des Daches – lagen, warf sie einen Blick zu den anderen Passagieren, die ebenfalls kopfüber im Auto hingen. Zumindest hoffte sie das.
Kurz warf sie einen Blick zu Tony herüber, der – obwohl er kopfüber und blutend im Sitz hing – komplett friedlich und ruhig wirkte.
„Tony“, krächze sie , „Tony, bist Du in Ordnung?“
„Toller Fahrstil, Zivaaa“, murmelte der Agent und Ziva hatte das Gefühl, dass er ein wenig benommen klang, „Das müssen wir unbedingt widerholen.“
„Ja, aber wenn, dann bitte, ohne das man sich dabei übeschlägt. Knight Rider spielen ist ja okay, aber der Wagen ist leider nicht K.I.T.T.“, kam es von dem Captain, der hinten hing, ehe er einen nahezu entsetzten Blick zur Seite warf. Als Ziva in den Rückspiegel blickte, verstand sie, das Entsetzen des jungen Mannes. Die hübschen Züge der Frau, die sie als Agatha kennengelernt hatte, wirkten ruhig und friedlich, aber waren erschreckend bleich.
„G… Gathy“, keuchte der junge Mann, fummelte an seinem Sicherheitsgurt herum, was darin endete, dass er sich losmachte und – was sie überraschte – nicht mit einem Bauchplatscher aufschlug, sondern es schaffte sich einigermaßen agil aus dieser Affäre zu ziehen. Er öffnete die Tür – die wundersamerweise nicht verzogen war -, umrundete das Fahrzeug und versuchte, die Autotür, die auf der Fahrerseite war, zu öffnen. Dies scheiterte daran, dass diese Tür wirklich verzogen war.
Ziva, die sich ebenfalls aus dem Sicherheitsgurt zu befreien versuchte, hörte das Fluchen des jungen Mannes und die sich immer wieder wiederholenden Versuche, seine Freundin aus dem Wrack, das der Minicooper nun war, zu befreien.
„Verdammt.“, schrie er seine Wut nun heraus und verstummte abrupt, als Ziva Schritte hörte und Füße in schwarzen Slippern sah, die an ihr vorbei gingen.
„Du“, hörte sie Cal knurren. Sie konnte nicht verstehen, was die andere Person sagte oder wie sie reagierte, wohl aber sah sie durch den Aussenspiegel, wie Cal auf das, was die andere Person, die sie nun als Mann identifizieren konnte, tat, reagierte.
Wutumwölkten Blickes ballte der Captain seine Faust und versuchte, in einer schnellen Bewegung diese Faust in das Gesicht des Unbekannten zu treiben.
Zu langsam , schoss es Ziva durch den Kopf und – tatsächlich – fing der Andere die Faust des Captains nahezu ohne großartige Mühe ab.
Erneut konnte sie die Reaktion des Anderen nicht mitbekommen, doch es musste irgendwas gewesen sein, das den Captain noch mehr erzürnte, denn nun warf sich dieser, mit einem Kampfschrei, der einfach nur wütend klang, auf den Unbekannten, Kopf voraus, in der Hoffnung, diesen in den Bauch von Mister X zu rammen.
Prinzipiell war dies eine gute Taktik, die sogar zu einigen Verletzungen bei der anderen Person führen konnte, aber dieser Typ war einfach nur gut.
Die Körperspannung, die er besaß, zeugte von Gelassenheit und mit einer einzigen Bewegung riss er sein Knie hoch. Die Kniescheibe traf das Gesicht des Captains, ließ seinen Kopf hochschnellen und zurücktaumeln. Der Andere setzte nach, trat nach Cals Magengrube, der nun allerdings gewappnet schien. Schnell warf er sich zur Seite, rollte sich ab, stand auf beiden Beinen und begab sich in eine Verteidigungshaltung.
Als sich der Andere nun auf ihn warf, drehte er sich um die eigene Achse, sodass der Fremde an ihm vorbei lief und nach vorne stoplerte.
Cal begab sich wieder in Angriffsposition, lächelte und lief auf den anderen zu, ihm nun die Faust auf den Kopf rammend.
Normalerweise war diese Methode gut genug, um jemandem starke Kopfschmerzen zu bescheren, oder ihn sogar zu betäuben, aber der Andere schüttelte den Kopf und verpasste dem Captain einen Schlag in den Magen.
Dessen Augen traten heraus, er taumelte nach hinten, fiel zu Boden.
Dann wandte sich der Unbekannte dem Wagen zu, hob eine Waffe, die Ziva in Ungefähr an ein Gewehr erinnerte und… in diesem Moment schaffte sie es, sich aus dem Wagen zu befreien. Auch Tony war auf den Beinen, hatte seine Dienstwaffe gezogen und zielte auf den Typen, der sein Gewehr auf ihn richtete und hämisch grinste.
„Tranquilizer, Rohypnol, auch Chloroform. Es ist nichts davon stark genug mich
länger zu bändigen. Ehrlich, ihr macht es euch viel zu einfach. Sollte mich aber auch nicht überraschen, Starfleets ‚Finest’ gibt euch ja Tipps“, sagte er, zielte auf Ziva und zuckte zusammen, als Tony, ohne zu zögern, das Feuer eröffnete. Die Kugel traf die Brust des Mannes. Dieser starrte auf die Wunde, dann verdattert zu DiNozzo, ehe er sein Gewehr hob und auf den Halbitaliener zielte: „Wenn Du zuerst sterben willst, sei es so.“
Erneut gellte ein Schuss, dieses mal aus Zivas Waffe.
Der Fremde schaute verblüfft auf die Brust, in die ihn nun zum Zweiten mal eine Kugel getroffen hatte, dann zielte er auf Ziva und lächelte: „Ihr habt beide Feuer. So mag ich das. Ich glaube, ich werde euch am Leben lassen.“
Damit veränderte er eine Einstellung an seinem Gewehr, riss es wieder hoch und nahm Ziva ins Visier. Diese hatte ihn seinerseits im Fadenkreuz, zielte auf seinen Kopf.
Ein Treffer. Es muss nur ein Treffer sein und das ganze Spiel ist vorbei. , schoss es ihr durch den Kopf. All ihre Mossad-Instinkte waren wieder aktiv. Sie konnte berechnen, wie lange sie brauchte um zu schießen und wie lange er brauchte um zu schießen.
„NEIN!“; hörte er plötzlich die Stimme DiNozzos und ehe sie verstand, was los war, war etwas auf ihr.
Knapp 80 Kilo Halbitaliener trafen sie mit einer gefühlten Geschwindigkeit von 300 km/h – in Wirklichkeit werden es vermutlich eher so 10 km/h gewesen sein – und rissen Sie zu Boden.
Im Vergleich zu einem durchtrainierten NCIS-Special Agent war sie zwar auch eine durchtrainierte NCIS-Special-Agentin und ehemalige Mossad-Offizierin, aber im Vergleich zu ihm war sie zierlich. Wenn ein muskelbepackter Mann mit einem Körpergewicht von knapp 80 Kilo eine muskelbepackte Frau mit einem Körpergewicht von knapp 70 Kilo mit einer Geschwindigkeit von 10 Kilometern in der Stunde trifft und dies in der Absicht zu tun, sie zu Boden zu reißen, dann funktioniert dies auch.
Wenn er dies allerdings in der Absicht tut, sie vor einer Waffe unbekannter Herkunft zu schützen, gelingt dies nur, wenn diese Waffe mit Kugeln schießt.
Ziva wusste nicht, was diese Waffe verschoss, sie wusste nur, dass nun nicht nur sie, sondern auch er getroffen wurden.
Sie war sich sicher, ein aussenstehender Betrachter wäre Zeuge eines verblüffenden Special Effektes geworden. Da würden zwei Personen von einer Art rotem Lichtstrahl getroffen, beide in einen ebenso roten Kokon aus Energie gehüllt und wie hingestreckt erschlaffen. Er würde auf ihr liegen, mit dem Kopf entweder auf Höhe ihrer Brüste oder aber auf Höhe ihrer Schultern, weswegen er mit dem Kopf auf dem Asphalt läge. Sie hätte das Glück gehabt, dass er ihren Kopf, um ihn vor einem harten Aufschlag auf dem Boden zu schützen, in die Hand gebettet gehalten hätte, die die Schusswaffe nicht benutzt hatte.
Als eine dieser Personen konnte sie feststellen, dass es einfach nur unerträglich heiß war und sie sich einfach nicht mehr an viel erinnern konnte. Nur dass der Gedanke „So ein Idiot“ durch ihren Kopf blitzte.
Und dass sie, als sie aufwachte, ziemliche Kopfschmerzen hatte, ungefähr so, als habe sie ein paar Dirty Pair Martinis, oder was immer Juan, ihr Bartender ihres Vertrauens gerne zusammenpanschte, getrunken. Die Augenlider waren bleischwer, doch als sie die Stimme Tonys hörte, die sich durch den dichten Nebel in ihrem Kopf zu ihrem Großhirn vorpreschte, war sie auch wieder ansprechbar.
Kurzzeitig hatte sie eine kleine Vision gehabt, wie sie in einem sündigen Nichts aus Stoff aufwachte, zu Tony blickte und feststellte, dass ihre Tochter ihm in der Nase bohrte und laut forderte „Papa, aufstehen.“
Kurz hatte sie den Namen dieses Mädchens im Kopf, aber genau so kurz wie er auftauchte, war er auch schon wieder verschwunden. Ebenso das Traumbild.
Sie lag nicht auf einem Bett, sie lag auf der Straße. Sie trug auch kein sündiges Nichts aus Stoff, sie trug normale Kleidung, die allerdings – so sagten die Blicke, die Tony ihr zwischendurch zuwarf, eine gewisse erotisierende Wirkung auf die Psyche von Männern – und ganz konkret auf die Psyche Tony DiNozzos hatten.
Vielleicht würde sich da in Bälde etwas ergeben?
Sie wusste es nicht.
Aber die Stimme Tonys riss sie wieder in die Gegendwart und sie blinzelte kurz, benommen, träge.
„Was…“, murmelte sie, rappelte sich auf und sah die kurvenreiche Figur Agatha Silverbirds, die gerade aus dem Wagen krabbelte.
„Das wollte ich dich auch gerade fragen, Ziva.“, lächelte sie und hielt sich die linke Schläfe, auf der eine kapitale Wunde prangte.
„Dich bringen wir erstmal ins Krankenhaus“, erklärte die Israelin und stockte.
Sie blickte sich um und erkannte, ein paar Meter weiter, den leblosen Körper des Captains.
Ziva beugte sich vor und tastete nach Cals Puls.
CaptainCalvinCat:
Kapitel 11
Der grell-rote Lichtstrahl zischte laut auf Angela Stones Brust zu
Du musst doch wirklich einen Schädel aus Stahl haben , war der erste Gedanke, der Agatha Silverbird durch den Kopf schoss, als sie die Augen öffnete. Sie hing kopfüber in dieser Rückhaltevorrichtung, die man „Sicherheitsgurt“ nannte und fragte sich für den Bruchteil einer Sekunde, wie sie dorthin gekommen war, dann aber kam die Erinnerung mit der Wucht einer Riesenwelle zurück. Verdammt, was war passiert?
Wieso hatte der Wagen plötzlich einen so starken Satz gemacht? Waren sie am Ende nicht über einen „schlafenden Polizisten“ gefahren, sondern über einen arglosen Biochemiker, der sich urplötzlich in etwas großes, Grünes verwandelt hatte?
Lächelnd musste sie den Kopf schütteln.
Ich verbringe definitiv zuviel Zeit mit Cal. , schoss es ihr durch das Gehirnskästchen, ehe sie stockte. Verdammt, wo war der wieder?
Sie war sehr gut festgeschnallt gewesen und es bedurfte den Fähigkeiten einer Schlangenfrau, sich durch das Gewirr von lose herumhängenden Sicherheitsgurten zu bewegen. Aber, es hatte Vorteile, wenn man seinerzeit einmal bei einer solchen Schlangenfrau in die Lehre gegangen war, um…
Mein Gott, ich komm mir vor wie eine Mary Sue – im wahrsten Sinne des Wortes. , stellte die XO in diesem Moment fest und versuchte, sich aus ihrem Gefängnis zu befreien.
Zuerst musste sie sich abschnallen – das war das Geringste der Probleme. Dann musste sie versuchen, aus der Fahrgastzelle zu entkommen und da waren die Schwierigkeiten, denn die Tür zu ihrer Seite war verzogen.
Es stand also nur der Ausweg nach Rechts auf dem Plan und dieser war von herunterhängenden Sicherheitsgurten versperrt. Als ob das noch nicht genug wäre, lagen da auch noch Glassplitter herum – und das ziemlich unmotiviert. Wenn sie sich nicht verletzen wollte, oder nicht den Tod durch Stangulation per Sicherheitsgurt sterben wollte, musste sie versuchen, zwischen diesen beiden Hindernissen herauszukommen. Sie holte also tief Luft um den Bauch so flach wie möglich zu machen, bildete ein Hohlkreuz und versuchte, sich irgendwie aus der Falle zu schlängeln, was ihr nach einigen Versuchen auch gelang.
Kurz versuchte sie, sich zu vergegenwärtigen wo sie waren und schaute sich um.
Die Gegend war nicht gerade spektakulär. Es handelte sich um eine kleine Seitenstraße in einem der vielen Industriegebiete Washington D.Cs und Agatha fragte sich, warum Ziva gerade diese Strecke gewählt hatte, als ihr Blick auf die beiden, wie hingestreckt wirkenden Körper fiel.
Verdammt, verdammt, verdammt. Nein, bitte nicht. Bitte seid nicht tot. , flehte sie in Gedanken, trat auf die beiden zu und ging neben ihnen in die Knie, um nach ihrem Puls zu fühlen. Es hatte durchaus Vorteile, wenn man sich mit Gina einen Raum geteilt hatte.
Kurz erlaubte sie sich ein kleines Lächeln – die Beiden waren wirklich nur bewusstlos – und stand auf, schaute sich weiter um.
Wo war Cal?
Und gerade, als sie ihn sah, kamen Tony – und ein paar Sekunden später Ziva – zu sich. Letztere stand auf und lief, so schnell sie ihre Beine trugen zu einer Person, die am Boden lag. Agatha folgte ihr und musste schlucken.
Dort lag, mit mit geschlossenen Augen und einem für seine Verhältnisse verdammt uncharakteristisch ruhigen und ernsten Gesicht, Cal.
Ziva ging neben dem Captain in die Knie und tastete nach seinem Puls.
Kurz schauten sich beide Frauen an und eine Art telepathische Kommuniaktion zwischen beiden fand statt.
„Ist er in Ordnung?“, meinte Ziva in diesem Moment in den grasgrünen Augen der hübschen Frau zu sehen und versuchte mit ihren nussbraunen Augen einen beruhigenden Gedanken an sie zu übermitteln.
„Was ist passiert?“, fragte einige Minuten später ein Leroy Jethro Gibbs, der inzwischen wieder im HQ und auf dem Weg hinunter ins Labor war. Am anderen Ende der Leitung versuchte, ein reichlich benommener Anthony DiNozzo Junior den Sachverhalt darzulegen, wobei er allerdings allein schon an dem Fakt, das er nicht wusste, was sie da getroffen hatte, scheiterte.
Die Tür zum Labor von Abby war immer offen und Gibbs klappte sein Handy zu, als er sah, wie die hübsche Goth vor den Geräten saß und eine Art Kappe trug, die aus Alimuniumfolie zu bestehen schien.
„Was tust Du da?“, fragte er, in einem neutralen Tonfall, mit einer Spur von Amüsement.
„Gibbsman“
Abby fuhr herum, schaute ihn mißtrauisch an und sagte: „Bist du einer von denen?“
„Von wem bitte?“
„Na, von denen.“, sagte die Goth und stand auf. Sie näherte sich ihrem Computer, beinahe so, als habe sie Angst, dass er sie gleich beißen würde. Vorsichtig betätigte sie die Entertaste und auf dem großen Monitor erschien ein Gesicht. Es war oval, hatte keine besonders gut ausgeprägte Struktur, mandelgroße Augen und war in der Hauptsache grau.
„Abs, was sehe ich da?“
„Abs mich nicht, Gibbs. Ich weiß nicht, ob Du nicht Gibbs bist, Gibbs.“, sagte die Labortechnikerin und brachte sich schnell „in Sicherheit“, indem sie hinter dem Labortisch, auf dem der Computer stand, in Deckung ging.
„Abby, ich bin ich. Ich weiß nicht, wie ich es Dir begreiflich machen soll, aber wenn ich nicht in den nächsten 5 Sekunden meine Labortechnikerin wiederhabe, verpasse ich Dir zum ersten Mal in deinem Leben eine Kopfnuss.“
Das schien zu wirken, denn beinahe wie ein Springteufel kam Abby hinter dem Computertisch hochgesprungen.
„Sorry, Gibbs, aber man kann nicht sicher genug sein.“
Damit ging sie auf ihn zu, nahm seine Hand und – ehe Gibbs merkte, was los war, explodierte Schmerz dort, wo sie ihn berührt hatte.
Er ließ seine Mitarbeiter so gut wie selten wissen, wenn er Schmerzen hatte. Das war unprofessionell und brachte nicht viel. Vor allem nicht, wenn man sich den Ruf als knallharter Hund erarbeiten – und vor allem halten – wollte.
Ersteres hatte er geschafft, an letzterem feilte er.
In diesem Moment war ihm sein Plan allerdings sowas von egal. Er verzog sein Gesicht, ließ einen kurzen Laut des Schmerzes los und schaute dann auf seine Hand, die, aus einer kleinen, von Abby mit einem Skalpell beigebrachten Wunde blutete.
„AU!“, machte er also und funkelte die Frau an: „ABBY, bist Du bescheuert?“
Noch ein Novum. Bisher hatte sich der leitende Chefermittler niemals im Ton vergriffen, hatte niemals die Intelligenz seiner Mitarbeiter und besonders nicht die, Abby Sciutos in Frage gestellt. Jetzt allerdings war ihm auch das egal.
Abby ging ein paar Meter zurück, senkte den Kopf und schaute ihren Boss an.
„Es tut mir leid, Gibbsman, aber… ich konnte nicht vorsichtig genug sein.“, sagte die Labortechnikerin und deutete auf das „Gesicht“, das da auf dem Monitor zu sehen war, „Ich wollte sicher sein, dass Du nicht einer von denen bist.“
„Von denen?“, echote Gibbs verständnislos und schaute sie an; „Wer sind Die?“
„Ausserirdische.“, sagte die hübsche Goth und deutete zum Fenster hinaus: „Sie sind hier. Hier in Washington. Ich habe… ich habe da was gesehen.“
„Abby… ich bin wegen den Fingerabdrücken hier, nicht wegen…“
Weiter kam er nicht, denn Abby funkelte ihn an: „Komm mir nicht auf die Idee, mir einfach so in die Parade zu fahren, wenn ich die Welt retten will, Silberfuchs.“
Der Grauhaarige stoppte, schaute Abby dann an und zuckte mit den Schultern.
Dies wertete die hübsche Dunkelhaarige, als Einladung, loszulegen, was es im Grunde auch war.
„Also“, fing sie an, „ich arbeitete gerade an irgendwelchem langweiligen Kram für Agent Phillips, als ich plötzlich diesen Krach hörte.“
Sie stoppte, schaute Gibbs eindringlich in die Augen und sagte: „Erinnerst Du dich an Tims ‚Rocket Man’-Vortrag?“
Das tat er tatsächlich, wenn auch mit Schmerzen.
„Was ist damit?“
So langsam hatte er sich wieder in den Gibbs-Rhtyhmus eingefunden. Kurze, knappe Sätze, kurze knappe Ansagen, denn Zeit war bekanntlich Geld und er war Marine. Es war ihm kein Marine bekannt, der mehr als das sagte, was nötig war. Jedenfalls nicht, im Beruf.
„Ich hab dieses Rauschen gehört und dachte mir, dass sich Tim vielleicht den Raketenanzug aus dem Fall vor knapp zwei Jahren geborgt hätte und nun eine Runde flöge, aber was ich sah war…“
Sie stoppte erneut, breitete die Arme aus und machte dabei Bewegungen, als wollte sie ihre Arme noch weiter ausstrecken, als es anatomisch möglich wäre: „Es war einfach… gigantisch. Einfach nur… gigantisch. Ich sah ein grelles Licht, dass in den Anacostia River fiel.“
Gibbs stockte und schaute sie an.
Ja, heute hatte es im Anacostia-River einen Einschlag von etwas gegeben, was man als „Kleinstmeteorit“ bezeichnete. Er selbst kannte sich mit sowas nicht aus und die Berichte von Menschen, die gesehen haben wollten, wie zwei Lebewesen aus dem Wasser gestiegen waren, erachtete er entweder als Spinnerei oder als Berichte von zwei Lebensmüden, die versucht hatten, den Anacostia zu durchschwimmen. Die These, dass dieser Kleinstmeteorit ein UFO war, aus dem zwei Aliens ausgestiegen waren, hatte es auch gegeben, aber diese wurde sowohl von ihm, als auch von den Leuten, die noch alle Sinne ihr Eigen nannten, als Blödsinn abgetan.
Aber er hätte wissen müssen, dass Abby der Sache eine Extraterristrische Note geben würde und so hatte ihn die Aluminiumkappe auf dem Kopf eigentlich nicht wirklich überrascht.
„Abby“, sagte er sanft, „Es gibt keine Ausserirdischen.“
Kurz stockte er. Wenn seine Erinnerungen an diesen „Captain“ und diese „Commander“ korrekt waren, gab es diese Ausserirdischen schon, aber… warum sollte er Abby noch mehr verunsichern? Am Ende sah sie hinter jeder Sternschnuppe den Angriff einer ausserirdischen Macht, die sie alle versklaven wollte und sich noch mehr von ihr schikanieren zu lassen, als gerade eben war nun wirklich nicht sein Gusto.
„Aber… es gibt diese Kornkreise.“
Gibbs lächelte, nahm sie in den Arm und gab ihr einen väterlichen Kuss auf die Stirn.
„Abs, glaub mir. Wenn es ausserirdisches Leben gäbe, warum hat es sich bisher noch nicht gemeldet?“
„Hast Du mal gesehen, was wir für Signale ins Weltall senden? Das schreit nun wirklich nicht gerade „Kommt her und sagt guten Tag.“ Am Ende müssen die noch ins Dschungel-Camp.“, kam die trockene Antwort Abbys und Gibbs musste zugeben, dass dieser Gedanke gar nicht einmal so dumm war.
Vielleicht musste er mal diesen Captain fragen, ob diese Sendung im 24. Jahrhundert immer noch ausgestrahlt wurde.
Dann fiel ihm auch wieder ein, weswegen er hier war.
Nein, das kann nicht sein. Er darf noch nicht tot sein. , schoss es der Frau durch den Kopf, die gerade ihre Lippen auf den Mund des Mannes presste, Das würde die komplette…
Weiter kam Ziva nicht, denn in diesem Moment hustete der Captain einmal auf, sie zog sich zurück, während er sich aufrichtete, nach der nächstbesten Hand griff – es war die von Agatha – und erst einmal den Kopf schüttelte. Dann schaute er Agatha an und grinste: „Ich wusste, dass Du mich nicht sterben lässt.“
Agatha wollte gerade etwas sagen, da schaute Ziva sie an und schüttelte den Kopf.
Sie hatte die ganze Zeit überlegt, ob sie den beiden sagen sollte, was los war, ob sie ihnen mitteilen sollte, dass das Leben der Israeli mit dem Leben der beiden Sternenflottenoffiziere verknüpft war, aber, sie beschloss, es sein zu lassen. Das würde zu temporalen Paradoxa führen und die hatte sie schon bei Doktor Who nicht verstanden.
Sie hatte überlegt – schon seit ihrem ersten Treffen hatte die hübsche Israeli das Gefühl gehabt, die beiden von irgendwoher zu kennen, und als sich der Wagen übrschlagen hatte und sie kurzzeitig ins Reich der Träume abgedriftet war, hatte sie …
Tony stand neben dem Wrack des Mini-Coopers und betrachtete sich den Schaden.
„Den können wir abschreiben.“, sagte er zu Ziva, die neben ihm auftauchte und die Hand auf die Ölwanne legte. Sanft fuhr sie über den Unterboden ihres Autos und summte ein Lied.
Der Italiener hatte sofort eine gewisse Assoziation im Kopf, aber er konnte nicht sagen, woher er das Lied kannte – wohl aber, was er vor seinem Inneren Auge sah. Eine Ziva, die ein blaues, rückenfreies Kleid trug.
„Woher kenne ich das Lied?“, fragte er sich leise, aber nicht laut genug, damit Ziva es hören konnte – wobei es ihn nicht überrascht hätte, wenn sie auch dazu im Stande gewesen wäre.
Plötzlich waren auch Cal und Agatha wieder am Auto und der Captain besah sich den Reifen.
„Ist der geschmolzen?“; fragte er und beugte sich weiter vor, ehe er sich an Agatha wandte: „Was meinst Du?“
„Vermutlich das selbe wie vorhin bei Tony. Phasergewehr Typ drei. Oder etwas ähnliches.“, meinte die Frau und zuckte mit den Schultern, „Aber ich kann mich natürlich auch irren.“
Cal schüttelte den Kopf: „Nein, eigentlich macht ja nur das Sinn. Der Schütze hat den Reifen aufs Korn genommen und ihn mit einem Phaser ausser Gefecht gesetzt. Daraufhin haben wir uns übrschlagen.“
Ziva wandte sich an ihn: „Und das war auch der Typ, den du da versucht hast, zu stellen?“
„Davon gehe ich stark aus.“, meinte Cal und zuckte mit den Schultern, „Entweder er, oder einer seiner Komplizen.“
Er grinste: „Tracy-boy ist in der Stadt.“
„Und wie kommst Du darauf?“, fragte Agatha, worauf Cal in seine Hosentasche fasste und einen Zettel hervorkramte.
„Den hat er mir in die Tasche gesteckt, kurz bevor er mich mit diesem Intar meinte anschießen zu müssen.“, erklärte er und wandte sich dann an Agatha, um – in einem freundlichen, zwanglosen Plauderton zu sagen: „Ich glaube, ich muss mal bei Jack anrufen. Der lässt diese Intars viel zu liberal verteilen.“
„Ich glaube nicht, dass General O’Neill die Zeit hat.“, grinste die hübsche XO, „Er wird ja wohl viel zu tun haben, als Leiter von Homeworld Security.“
„Ihr meint Homeland Security.“, verbesserte Ziva, was Tony ein überraschtes Augenbrauenheben entlockte. Cal und Agatha schauten einander an und grinsten: „Klar, genau.“
Natürlich konnten die beiden NCIS-Agenten nicht wissen, dass Homeland Security die offizielle Bezeichnung für Homeworld Security war. Während man nach aussen die vereinigten Staaten von Terrroristen und anderen nicht sehr freundlichen Leuten beschützte, sicherte man in Wirklichkeit nicht nur die USA, sondern auch den ganzen Planeten. Damals, als Jack O’Neill noch nicht die Homeworld Security leitete, sondern einfach nur ein einziges Team durch das Sternentor führte, das im Cheyenne Mountain Complex – oder auch Area 52 genannt - in Colorado Springs verborgen lag , hatte Cal, wie er Agatha schon mehrfach erzählt hatte, einige Missionen mit dem legendären SG-1 erlebt.
„Und was hast Du nun?“, fragte Ziva und riss Cal damit aus seinen SG-1-Fantasien.
„Hm?“; machte er, was Agatha dazu brachte, sich den Zettel anzueignen und laut vorzulesen.
--- Zitat --- Tataaa – ihr werdet es nicht glauben.
Richtig – ich geb euch Hinweise.
Aber sie werden nicht leicht sein.
Chancenlos wäret ihr allerdings ohne sie.
Es erfordert eine gewisse Kombinationsgabe.
Lauscht meinen Instruktionen.
Er, der hier Chaos stiftet, wird euch genannt.
Sucht in der Stadt nach meinen Zeichen.
Seht mich auf der Straße.
Tipp: Wir beginnen links.
--- Ende Zitat ---
„Und das soll von Traceless sein?“, fragte Tony und Cal nickte: „Von wem sonst? Sein Schreibstil passt. Und ich glaube ich weiß sogar, was er uns sagen will.“
„Hey, Boss, ich… AU!“,
Der letzte Laut des Satzes war darauf zurückzuführen, dass Abby plötzlich hinter McGee aufgetaucht war und ihm mit dem Skalpell in den Finger geschnitten hatte. Verdattert blickte der Agent erst auf die blutende Wunde, dann auf das Bild auf dem Monitor und schaute die hübsche Labortechnikerin an: „Abby, ich bin kein Silence. Ausserdem können die nur die Gedanken verändern – was sie nicht können, ist das Aussehen anderer Personen an…“
Kurz stockte er.
Damit trat er auf ihn zu, salutierte erneut und sagte: „Captain Calvin Cat, Kommandant der USS Dragonfly, Registriernummer NCC 0815-A.“
Gibbs betrachtete ihn, deutete auf den Stuhl und sagte nur: „Setzen Sie sich.“
Verwirrt blickte der Mann, der sich als Captain ausgab, zu seiner rothaarigen Begleiterin und nickte dann.
Sich setzend, verschränkte er die Arme vor der Brust und schaute sein Gegenüber an.
„Sie erwähnten gerade einen Verbrecher…“
Cal schnellte vor, legte eine Hand auf den Tisch und schaute Gibbs an: „Der Mann heißt Buzz Intrupper. Er ist Wissenschaftler gewesen… Cleveres Kerlchen. Entwickelte so was wie Intelligente Masken.“
Er schaute in die Runde: „Stellt euch eine Karnevalsmaske vor, die mit eurem Kopf verbunden ist. Ihr denkt an ein Gesicht und automatisch verwandelt sich die Maske in das Gesicht, das ihr euch vorgestellt habt. Ihr wollt aussehen wie Michael Wheatherly in ‚Dark Angel’? Kein Problem. Ihr wollt die Lippen von Angelina Jolie haben? Auch kein Thema. Der Geheimdienst hatte ihn … unter Vertrag.“
„Welcher Geheimdienst?“, fragte Gibbs und Cal räusperte sich: „Der Geheimdienst… der… erm…“
Sie hätte nie gedacht, dass sie sich mal wieder Sorgen um ihren Timmy machen müsste. Er war in den letzten Jahren ein so starker, so aktiver Agent gewesen, das, zu sehen, wie er plötzlich und ohne jeglichen Grund erbleichte, in Abby etwas auslöste, was man nur „Welpenreflex“ nennen konnte. Schnell war sie bei ihm, hielt ihn fest und sagte: „Tim? Geht es Dir gut?“
Der Gesichtsausdruck, den der Special Agent in diesem Moment hatte, war einer, den sie wohl bis ans Ende ihrer Tage nicht mehr vergessen würde. Reine Panik stand in ihm geschrieben und er wandte sich an Gibbs: „Boss, ich… ich glaube wir haben ein Problem.“
Leon Vance war nicht wenig überrascht, als sich die Tür, ohne das jemand geklopft hätte, öffnete und Gibbs mit McGee im Raum stand. Es war ein so typisches Verhalten für den ehemaligen Gunnery Sergeant, dass er es zu tolerieren gelernt hatte.
Also schloss er kurz die Augen, biss die Zähne aufeinander und spannte sein Gesicht an, ehe er sich wieder entspannte und seine Augen die Körperhaltung Gibbs und McGees analysierten. Beide wollten etwas und es war garantiert kein Freundschaftsbesuch.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er in seiner typischen dienstlich-verbindlichen Stimme und er nahm sich, in weiser Voraussicht, einen seiner Zahnstocher, um ihn sich zwischen die Zähne zu klemmen.
„Sag es ihm, McGee.“, eröffnete Gibbs rauhe Stimme den Monolog seines IT-Fachmannes, der ohne Punkt und Komma zu reden begann. Von möglichen Angriffen von Ausserirdischen ging der kurze Geschichtsabriss, den der Special Agent ihm lieferte, über formwandelnde Wesen, bis hin zu zwei Offizieren einer Militäreinheit der Zukunft.
Nun legte sich ein Lächeln über die Lippen Vances: „Erzählen Sie mir was, was ich nicht weiß.“
Gibbs war eher selten zu überraschen, aber der Fakt, dass Vance nach einer Geschichte, die er selbst noch vor knapp 24 Stunden als komplette Traumtänzerei abgetan hätte, sagte „Erzählen Sie mir was, was ich nicht weiß“, war etwas, das er sich eigentlich so nie zu Träumen gewagt hatte. Natürlich besaß der Director eine höhere Sicherheitsstufe, aber, dass dieser über die Existenz solch phantastischer Lebewesen wie Klingonen, Borg oder Cardassianer, oder was immer ihm gerade für ein Alienname im Kopf herumspukte, vertraut war, glaubte er nicht so ganz. Da musste etwas anderes …
Kurz hielt er sich den Vortrag des „Captains“ vor Augen und legte den Kopf schief. Seine grauen Augen funkelten amüsiert: „Sie sind Leon?“
Vance hob den Blick und sah lächelnd, wie Gibbs seine Waffe hervorholte. Er traf keine Gegenmaßnahmen. Dafür ließ ihn der Blick, den McGee Gibbs zuwarf, die Augen schließen, kurz und beinahe humorlos auflachen
„He“, machte der Direktor und öffnete seine Augen wieder, zu Gibbs herüberblickend. Mit einer lässigen Geste strich er sich dann seinen Maßanzug glatt, der nach seinem Aufstehen, bevor Gibbs und McGee hereingekommen waren, Falten geworfen hatte, und zuckte mit den Schultern: „Los, sagen Sie es ihm, Gibbs.“
Dieses mal lachte Gibbs humorlos: „Woher sollte er denn wissen, dass es Aliens gibt?“
Damit schaute er zu McGee herüber und formte mit den Lippen nur ein Wort: „Traceless.“
Augenblicklich hatte auch der Computergeek die Waffe gezogen und Vance – oder war es doch Traceless? – ins Visier genommen.
Der Fahrstuhl machte sich gar nicht erst die Mühe, im Stock des Bull-Pens zu halten, er fuhr direkt in die Etage des MTACs und des Büros von Director Vance. Die Tür glitt auf und in einer Geschwindigkeit, die man ihm nicht zugetraut hatte, eilte Calvin Nathan Cat auf die Tür zu, hinter der sich das Vorzimmer, inklusive Cynthia befand.
Mit einem „Sorry, keine Zeit“ eilte er an ihr vorbei, riss die Tür auf und schaute verdattert auf das Bild, das sich ihm bot.
Gibbs und McGee hielten Director Leon Vance in Schach.
„Ich weiß, Sie machen nie Fehler, Mister Gibbs, aber dieses mal…“, setzte Cal an und schüttelte den Kopf, „Das is nich Traceless.“
Damit ging er auf Vance zu und salutierte: „Captain Vance, schön Sie zu sehen.“
„Er ist was?“, fragte Ziva David eine amüsiert dreinblickende Agatha Silverbird, „Unser Chef arbeitet eigentlich für…“
„Die Sternenflotte.“, grinste die junge Rothaarige und zuckte mit den Schultern, „Ist nicht so, dass wir uns das groß ausgesucht hätten, aber… seinerzeit haben gewisse temporale Schwierigkeiten die Einsetzung von Sternenflottenpersonal in diversen Zeitebenen notwendig gemacht.“
Damit schaute sie entschuldigend zu Gibbs. „Es tut mir leid, wenn wir Ihnen das nicht eher sagen konnten, aber… es gibt da sowas, das sich temporale Erste Direktive nennt. Nur gegen die verstößt er hier“, sie nickte in Richtung Cal, „Ja mit großer Vorliebe.“
„Hey, ich hab den temporalen kalten Krieg nicht angezettelt. Und ich bin sicher, auch die Xindi, die Florida angegriffen haben… angreifen werden… angegriffen haben werden worden wollen sein.“
Sofort richteten sich fünf Augenpare auf ihn und in allen war sowas wie Verwirrung zu erkennen.
Sich nachdenklich am Kopf kratzend, räusperte sich der Sternenflottenoffizier und grinste verlegen: „Versucht Ihr mal die korrekten Tempi zu bilden, wenn ihr von etwas sprecht, das aus eurer Sichtweise schon ein alter Hut ist, für andere aber noch Zukunftsmusik.“
Vance schaute ihn an: „Was meinen Sie, Captain, wofür es sowas wie die Temporale erste Direktive gibt. Da wird nicht nur die Zeitlinie gewahrt, auch so schöne Sachen wie die Sprache…“
Tony räusperte sich und schaute Cal abwartend an: „Du sagtest doch, du hättest eine ungefähre Ahnung, was Traceless uns sagen wollte?“
Der Captain nickte: „Stimmt. Also…“
Damit schaute er in die Runde und nahm erneut den Zettel hervor, den Traceless ihm offenbar zugesteckt hatte.
Er räusperte sich und las vor: „Tataaa – ihr werdet es nicht glauben. Richtig – ich geb euch Hinweise.Aber sie werden nicht leicht sein, chancenlos wäret ihr allerdings ohne sie.
Es erfordert eine gewisse Kombinationsgabe. Lauscht meinen Instruktionen. Er, der hier Chaos stiftet, wird euch genannt. Sucht in der Stadt nach meinen Zeichen. Seht mich auf der Straße. Tipp: Wir beginnen links.“
Dann legte er den Zettel wieder hin und schaute erneut in die Runde.
„Zum einen handelt es sich hierbei wieder einmal um einen Ac… Acro… Agatha, wie heißt das Ding?“
Die hübsche Rothaarige seufzte: „Acrosstic, Schatz. Arcrosstic. Hierbei wird die Kernaussage in den ersten Buchstaben einer jeweiligen Zeile getroffen. Es ist eine Visitenkarte des Maskenträgers. Unterstreichen wir die ersten Buchstaben einer jeweiligen Zeile, kommen wir auf den Namen ‚Traceless.’. Das ist seine Signatur.“
„Moment mal.“, sagte in diesem Moment McGee, „Ich habe eine ähnliche Botschaft auf meinem Computer gefunden. Das war … das war kurz bevor wir angegriffen wurden und Petty Officer McConnaugh starb.“
Entsetzt riss Agatha den Kopf hoch: „Laura ist tot?“
„Jetzt sagen Sie bloß, die kennen Sie auch.“, murmelte Tony leise und Cal schaute ihn an: „Klar. Sie ist doch die Nummer zwei unseres anderen Top-Agenten hier. Eben jenes verstorbenen Captain Thaddeus Stone.“
Ja, da war durchaus sowas wie Verblüffung in Zivas Augen zu sehen: „Captain Stone ist ebenfalls ein Sternenflotten-Offizier?“
„Klar, was meinen Sie, mit wem Captain Vance dauernd in Kontakt stand?“, grinste Cal und schaute sie an: „Ach übrigens, bevor Sie sich Sorgen – nein, Sie und Ihre Familie kommen aus dieser Zeit. Ihr Vater ist kein Offizier der Sternenflotte.“
Ziva war sich nicht ganz sicher, wie sie darauf reagieren sollte. Es hätte ja auch eigentlich keinen Unterschied gemacht, welchen Rang Eli nun in der Realität – oder was man so euphemistisch „Realität“ nannte – bekleidete. Wichtig war doch nur, wie er sich ihr gegenüber verhalten hatte und da war es doch schon ein wenig grenzwertig.
Kurz suchte sie Blickkontakt zu Tony, fand ihn und fragte sich, wie es nun weitergehen sollte. Wer würde sich noch als Agent aus dem 24. Jahrhundert herausstellen? Der Präsident? Oder war der gelbe Sportwagen, der regelmäßig vor ihrer Haustür stand, in Wirklichkeit ein ausserirdischer Kampfroboter?
Wer wusste schon, was Realität war.
Sie zuckte zusammen, als McGee plötzlich ein „Hier“ ausrief und dann zu Cal herüberblickte.
Der Captain und die XO traten auf den Computer zu, beugten sich vor und dann tat der Captain etwas, was McGee nicht für möglich gehalten hatte. Er griff sich in die Hosentasche und förderte ein Brillenetui zu Tage, setzte die Brille auf und beugte sich weiter vor.
„Das machst Du doch nur, um clever auszusehen.“, grinste Agatha und Cal zog eine Grimasse: „Du musst immer alles verraten.“
Damit nahm er sich die Brille ab und verstaute sie wieder im Etui.
McGee grinste: „Sie erinnern mich wirklich an den Doctor.“
„Doctor Who?“, fragte Cal, mit einem schelmischen Lächeln, was Agatha dazu brachte, ihm den Finger auf die Lippen zu legen: „Du weißt doch. Silence will fall, when the question is ansewered.“
Ihr zuzwinkernd wandte sich Cal dann wirklich dem Bildschirm zu und las:
„Tony, Ziva, McGee, Gibbs, reicht euch das Versteckspielen? Als amüsant erachte ich es immer noch. Cal versucht euch zu helfen. Putzig. Er – der nicht mal in der Lage ist, sein Raumschiff fehlerfrei zu kommandieren. Er sollte sich vorsehen – da haben schon ganz Andere versucht, mich zu fassen. Sie sind gestorben.“
Kurz verzog er sein Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen: „Ich schaffe es, mein Raumschiff fehlerfrei zu kommandieren.“
„Ach ja?“, grinste Agatha, „Wann denn? Alle Jubeljahre mal.“
„Aber ich schaff es.“, sagte Cal und klang beinahe ein wenig beleidigt. Gerade holte Agatha Luft, um etwas zu erwidern, als sie plötzlich abbremste und sich an den Kopf fasste.
Cal wandte sich zu Gibbs um, der sich hinter ihnen postiert, und ihnen simultan eine Kopfnuss verpasst hatte.
„Hey!“, machte er empört und erntete als Dank gleich noch eine.
Grinsend wandte sich Tony an Agatha: „Fühlt sich nicht toll an, oder?“
Die hübsche Rothaarige schüttelte den Kopf und Gibbs raunte: „Vielleicht sollten wir uns jetzt mal daran machen, herauszufinden, was uns dieser Traceless sagen wollte.“
„Schon klar, Boss.“, machte Cal und schaute knapp danach selbst am Überraschtesten drein: „Hab ICH das gerade gesagt?“
„Ja“, grinste Agatha und gab ihm einen Kuss: „Und jetzt hau rein.“
To be continued
CaptainCalvinCat:
Cal räusperte sich, warf einen bedeutungsschwangeren Blick in die Runde und sagte: „Straßen…AU!“
Agatha wandte sich in seine Richtung und sah, wie Abby Sciuto einen Blick auf das Skalpell warf, es dann abwischte und sich an die XO wandte, die ihr kurz lächelnd, den Arm hinhielt. „Bitte, Miss Sciuto, tun Sie was Sie nicht lassen können.“
Cals Reaktion auf den kleinen tätlichen Angriff der Goth war weniger heldenhaft, denn verständlicherweise, ein wenig angesäuert.
Er drehte sich um, fixierte die Frau wütend und bemerkte dann erst, wen er da anfunkelte.
Anschließend zuckte er mit den Schultern und schaute wieder in die Runde.
„Wo war ich?“
„Straßen… AU!“, wiederholte Agatha seine Worte in exakt der selben Tonmodulation, die Cal auch verwandt hatte, inklusive des leicht protestierenden Geräusches, als Abby ihn gestochen hatte.
Das dies eine große Erheiterung bei den anderen auslöste, war auch verständlich.
Der Captain räusperte sich kurz und schaute dann zu Agatha, die sich ein kurzes Lächeln gestattete, ihn dann aber wieder aufmerksam anschaute: „Ja, Schatz?“
„Ich denke, ich soll reinhauen.“, sagte der Angesprochene, schaute sie ein wenig verständnislos an, was diese mit einem kurzen Schulterzucken quittierte: „Wenn Du dich immer wieder ablenken lässt…“
„Vielleicht würde ich mich nicht so sehr ablenken lassen, wenn meine eigene XO mir nicht in den Rücken…“
Er stoppte, schaute zu Gibbs, der schon wieder einen Schritt in seine Richtung getan hatte. Kurz schluckend, murmelte er ein kleinlautes „Tschuldigung, Boss“ und machte sich dann wieder daran, einen ernsten Blick in die Runde zu werfen.
„Also, Leute. Es ist eigentlich ganz einfach. Straßenkarten…“
Das laute Schellen einer Alarmsirene ließ Cals Kopf hochschrecken und er schaute verdattert in die Runde: „Okay, was in drei Teufels Namen…“
„Das ist der Feueralarm.“, fuhrt Ziva Cal in die Parade, woraufhin Gibbs sich an McGee wandte: „Schau nach, wo es brennt.“
„Bin schon dabei, Boss.“, erklärte der Computerexperte, war an seinem Schreibtisch und hackte in die Tastatur, dass es nur so eine helle Freude war. Dann wandte er sich Gibbs zu: „Nirgends, Boss.“
„Also wird sich jemand einen Spaß erlaubt haben, oder?“, vermutete Cal, doch da stand er schon mit Abby alleine da, die ihn nur anschaute.
„Möchten Sie meine Theorie hören?“
Die Forensikerin schaute ihn an, schüttelte den Kopf und wandte sich um. Das letzte, was sie von ihm sah, war, wie er kopfschüttelnd im Raum stand, dann mit den Schultern zuckte, ehe er die Toilette aufsuchte.
Die Quelle des Krachs war ein gezogener Feueralarm am Ende des Ganges. Als Gibbs und Agatha den Ort erreichten, schaute der Rotschopf Gibbs verdattert an: „Sollte man solche Sachen nicht eigentlich besser schützen, damit sie nicht einfach so zweckentfremdet werden können?“
Gibbs schenkte ihr einen ernsten Blick und sagte nur: „Eigentlich sind sie das.“
William Turner, Private first class war nicht unbedingt begeistert, als Gibbs ihn einfach mitten im Verhör hatte stehen – oder besser gesagt: sitzen – lassen.
Das musste eine neue Verhörtaktik sein. Das Problem war: Er hatte nichts getan, er war nicht schuldig und so traurig der Tod des guten Captain Stones auch war, er war nicht daran schuld.
Daher verstand er auch nicht, warum Gibbs , dieser knallharte Hund, von dem er gehört hatte, ihm immer wieder auf den Kopf zusagen wollte, dass er schuldig wäre. Er verstand es einfach nicht. Er war nicht schuldig – himmel, er war doch er selbst, wer sollte denn besser wissen, wo er, William Turner, Private first class, gewesen war, wenn nicht Willian Turner, private first class?
Langsam, aber sicher empfand er die ganze Sache einfach nur noch als lächerlich.
Man setzte ihn in diesen Raum und hoffte, in dem man sich für gefühlte 10 Stunden rar machte, ihn weichzukochen, was?
Nicht mit mir, meine Freunde. , schoss es ihm durch den Kopf und er beschloss, zu warten.
Kurz ließ er seinen Blick schweifen. Der Raum war dunkel und wenn man ihn als „spartanisch eingerichtet“ beschrieb, war das noch ein krasser Euphemismus. Da standen zwei Stühle, ein Tisch – mehr gab es nicht. Und da war der Spiegel, von dem Turner sicher war, dass es ein Einwegspiegel war, hinter dem gerade Gibbs stand und, süffisant lächelnd, eine Kaffee oder sonst irgendwas trank.
Und da war natürlich die Videokamera, die seine Regungen aufnahm. Sie war nicht unbedingt subtil versteckt, sondern schön sichtbar in der Ecke des Raumes installiert worden und eine kleine, rote Lampe am unteren Gehäuseende zeigte auf, dass sie aufzeichnete. Ihn.
Irgendwann wurde es ihm zu blöd, und er begann, zuerst zu summen, dann lauthals zu singen.
Er wusste nicht mehr, woher er das Lied gehört hatte, er wusste noch nicht mal, wie es wirklich ging, er wusste nur, dass da irgendjemand dem Sänger das wahre Gesicht zeigen sollte. Er hatte keine Ahnung, wieso es ihm gerade jetzt in den Sinn kam, als er sich von dieser Videokamera beobachtet fühlte, er wusste nur, das das Lied passte. Und gerade, als er weiter überlegte, wieso, ging die kleine, rote Lampe aus. Die Kamera zeichnete nicht mehr auf.
Verwundert hob der Private den Blick, als er hörte, wie sich die Tür öffnete.
Ihm war klar, dass nun Gibbs den Raum betreten und andere Saiten aufziehen würde. Gerade wollte er sich umdrehen und dem Special Agent sagen, was dieser ihn mal könnte, als er ein merkwürdiges Geräusch wahrnahm. Und dann spührte er eine sengende Hitze in seiner der Tür zugewandten Schulter und eine ungeheure Kraft, die ihn nach vorne trieb. Er stolperte über den Stuhl, krachte mit dem Bauch auf den gefliesten Boden und fühlte den Schmerz, des Projektils, das sich in seine Schulter gebohrt hatte.
Verdammt, ist Gibbs jetzt komplett durchgeknallt? , schoss es Turner durch den Kopf, als er das Geräusch noch weitere zwei Male hörte und dieses mal konnte er es sogar zuordnen. Schallgedämpfte Schüsse. Jemand schoss auf ihn.
Und dieser jemand – es war in Turner in diesem Moment auf fundamentale Art und Weise klar – war nicht Gibbs.
Die Kugeln bohrten sich in sein Rückgrat und sein rechtes Bein und jedes mal explodierten sengendheiße Schmerzen und rasten schockwellengleich durch seinen Körper.
Er war noch nie angeschossen worden und er hatte eigentlich nie vorgehabt angeschossen zu werden.
Und dann – entgegen seiner Überzeugung und seines eigenen Willens, drehte er sich auf den Rücken.
Eigentlich wollte er gar nicht wissen, wer da nicht einmal die Courage hatte, ihn von vorne anzuschießen, geschweige denn, wer so gut war, sich mitten ins NCIS-Hauptquartier zu begeben und ihn auszuschalten. Vermutlich stand in der Tür eine Monstrosität in einem schwarzen Anzug, mit weißer, nahezu entsetzlich weißer Haut und einer Mischung aus Asgard aus Stargate und „Schrei“ von Munch als Gesicht. Silence will fall. Na, würde sie endlich mal, dann wären ihre Agenten aus dem Weg geräumt und…
Doch die Person, die da die Waffe hielt, war keine Monstrosität.
Im Gegenteil, sie war, nach menschlichen Maßstäben – und welche sollte man sonst ansetzen? – ganz attraktiv und er kannte sie. Es war diese Frau, die ihn zu zugerichtet hatte. Ziva David.
Und sie richtete eine Pistole auf seinen Kopf.
Verdammt.
Tony hatte Ziva verloren – er war eigentlich mit ihr unterwegs gewesen, um herauszufinden, ob noch mehr Alarmanlagen aktiviert worden waren und plötzlich war sie von seiner Seite gewichen. Sie hatte ein „Ich muss nur kurz was überprüfen“ gemurmelt und war dann einfach so verschwunden.
Natürlich war sie alt genug, um auf sich aufzupassen, aber irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl gehabt, als er Ziva aus den Augen verloren hatte.
Woher?
Ein helles Kinderlachen war zu hören und er spürte, wie trotz seines Schultergelenks, das ihn immer wieder einmal schmerzte und seiner Kniescheibe, die die Angewohnheit hatte, mal wieder herauszuspringen, dieses Lachen ihn für alles entschädigte. Er ging in die Hocke und wurde von seinem Widersacher – einem knapp 6-Jährigen Mädchen – von den Beinen geholt, da es ihn ansprang und sich an ihn kuschelte.
„Daddy.“, machte sie und Tony hatte das Gefühl, als würde ihm das Herz überlaufen. Dann warf er einen Blick auf das Buch, das Ziva ihm gegeben hatte. „Ob das so eine gute Idee ist, meiner kleinen Tochter das vorzulesen?“, grinste er die hübsche Israelin an und sie lachte nur: „Sie soll es auch noch gar nicht lesen. Das ist eine Leseempfehlung von McGee.“
Und nachdem er die Kleine ins Bett gebracht hatte, schlug er das Buch auf und runzelte die Stirn: „Ziva – nicht ausgemalte Comics? Für wie alt hält McGee uns?“
Ziva trat auf ihn zu und küsste ihn auf den Mund: „Das ist ein Manga, mein kleiner Pelzarsch. Lies ihn dir durch. Er ist gut.“
Und gerade als er an der Stelle war, in der der siebzehnjährige Schülerdetektiv im Vergnügungspark hinter einigen Kriminellen im schwarzen Anzug herlief, hörte er auf, den Comic/Manga ernst zu nehmen. Dann las er den einen Satz und musste, aus welchem Grund auch immer, schwer schlucken. „Ich hatte das Gefühl, ihn nie wieder zu sehen.“
Er hatte das Gefühl, sie nie mehr wieder zu sehen. Deshalb war sein Herz gerade damit beschäftigt, ihm aus der Brust zu springen.
Verdammt.
Tony drehte sich um und rannte in die Richtung davon, in die auch Ziva verschwunden war.
Die hübsche Israelin lächelte kalt, zielte auf den am Boden liegenden Turner und drückte erneut ab. Es ist an dieser Stelle nicht nötig, genau und explizit zu beschreiben, wo die Kugel traf und ihren tödlichen Dienst tat, es reicht, zu erklären, dass sie es tat. Und in einer Blutlache, mit einem entsetzten Gesichtsausdruck, blieb der Private first class liegen.
Tony erreichte den Ort des Geschehens gerade noch rechtzeitig, um mit anzusehen, wie Ziva mit der Kaltherzigkeit eines Androiden in das Verhörzimmer zielte und abdrückte. Es war eigentlich sinnlos, sich zu fragen, auf wen oder was sie zielte – in dieses Verhörzimmer hatte Tony höchstselbst den Verdächtigen PFC Turner gesperrt. Warum Ziva sich allerdings nun entschlossen hatte, diesen Mann zu liquidieren, das überstieg die Vorstellungskraft des Italo-Amerikaners.
Und ehe er verstand, was passiert war, hatte er sich selbst auch schon rufen hören: „BUNDESBEHÖRDE: ZIVA DAVID, LEGEN SIE DIE WAFFE WEG!“
Die Frau stoppte in ihrer Bewegung, drehte sich zu ihm um und schien tatsächlich für den Bruchteil einer Nanosekunde darüber nachzudenken, die Waffe fallen zu lassen, ehe sich in ihren hübschen Augen bloße Entschlossenheit abzeichnete und sie die Waffe wieder hob. Dieses mal zielte die Mündung genau auf ihn.
Gerade, als er sich aus der Schusslinie warf, gellte die Pistole drei mal auf. Wo die Kugeln trafen, war ihm in diesem Moment egal, er verstand nicht, was los war. Stattdessen ergriff kalter, abgeklärter Automatismus von seinem Körper Besitz.
Er überprüfte seine Waffe – sie war geladen – und warf sich aus seinem Versteck.
Dann rollte er sich über seine Schulter ab, richtete sich auf und feuerte.
Die Kugel traf Ziva in die Brust und die hübsche Frau taumelte ein paar Schritte zurück, ehe sie mit dem Ausdruck bloßen Unglaubens auf die Wunde blickte. Binnen Nanosekunden hatte sich ihr weißes Hemd dort, an der Brust, rot gefärbt und Tony schluckte hart.
Dann hob sie ihren Blick und der Italo-Amerikaner war verblüfft. Eigentlich tat es weh, von einer Kugel getroffen zu werden, aber Ziva schien das nichts auszumachen. Vermutlich lag es daran, dass sie eine ausgebildete und trainierte Attentäterin war und…
„Tony, was geht hier vor“, hörte er plötzlich die Stimme Zivas hinter sich und wirbelte überrascht herum. Dort stand tatsächlich Ziva David und ihr Gesichtsausdruck verriet bloße Überraschung, dann Panik. Mit einem „PASS AUF!“ nahm sie plötzlich Anlauf und riss ihn zu Boden als direkt über ihn Kugeln sirrten.
„Was…“, machte Tony, schaute die hübsche Israelin einfach, wie vor den Kopf geschlagen, an und achtete gar nicht mehr darauf, dass die Doppelgängerin plötzlich los- und weg lief.
Der Italiener schaute die Frau an, es war ihm egal, wo er war, was gerade passiert war, er griff sie und drückte ihr einen Kuss auf den Mund: „Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein.“
Special Agent Beatrice Feldon stand unter der Dusche. Es war ein harter Arbeitstag gewesen und sie wollte sich die Spuren der Tour durch die Washingtoner Kanalisation vom Leib waschen. Also hatte sie sich vom Rest ihres Teams abgesetzt, sich in der Damenabteilung ihrer Kleidung entledigt und war unter die Dusche gestiegen. Das Wasser tropfte warm und herrlich auf ihren schönen Körper und sie wusch sich gerade ihr hüftlanges dunkles Haar, das sie im Dienst zu einem Dutt hochknotete, damit es sie nicht behinderte. Gerade war sie dabei, ihre schlanken, muskulösen Beine mit Duschgel zu bearbeiten, als sie hörte, wie zwei Kabinen neben der Ihren Wasser zu laufen begann und jemand laut und vernehmlich stöhnte.
Das man vor den Leuten, die nicht mal am Arbeitsplatz ihre Finger voneinander lassen können, nicht mal in der Dusche seine Ruhe hat., schoss es ihr durch den Kopf, doch dann hörte sie, dass die Stimme, die dort stöhnte a) männlich war und b) das Geräusch nicht lust- sondern schmerzerfüllt war.
„Hallo?“, fragte sie vorsichtig und wie zur Antwort stöhnte die Person wieder.
Feldon lugte aus der Dusche - den milchigen Vorhang eng gegen ihren Körper gepresst – und erschrak.
Aus der Dusche lief Blut.
Man war auf der Jagd.
Gibbs, Ziva, Tony, McGee, selbst Agatha – die ihren Phaser gezogen hatte – machten sich, einander in perfektem Zusammenspiel Deckung gebend, auf den Weg, der deutlich sichtbaren Blutspur zu folgen, die die Ziva-Doppelgängerin hinterlassen hatte.
Ihr selbst war es ein wenig unheimlich, das jemand mit ihrem Gesicht durch die Gegend lief und die Erklärung, die Agatha ihr gegeben hatte, war nicht annähernd befriedigend.
„Du meinst“, flüsterte sie, als sie nebeneinander pirschten, ihre Waffen erhoben, „dass dieser Traceless sich auch in eine Frau verwandeln kann?“
„Alles schon mal dagewesen.“, erklärte die hübsche Rothaarige schulterzuckend, „Der Typ hat es geschafft, sich als Frau des romulanischen Botschafters auszugeben und ihn so zu erledigen. Ich sage ja, mit ihm ist nicht gut Kirschen essen.“
„Die Spur führt zur Damendusche.“, sagte McGee in diesem Moment und schaute ein wenig ratlos zu Gibbs: „Und was machen wir nun?“
Der grauhaarige Special Agent schaute ihn durchdringend an.
„Okay, wir gehen rein.“, machte McGee, hart schluckend, was Tony zu einem: „Aber halt dir ja die Augen zu, Bambino“, ermutigte.
Kurz darauf zuckte er zusammen, spürte den Schmerz, den die Kopfnuss in seinem Hirn verursachte und murmelte ein „Tschuldigung, Boss“.
Die beiden Frauen, Agatha und Ziva, warfen einander einen Blick zu und rollten mit den Augen: „Männer.“
Damit betraten sie den Raum.
Das laute Plätschern war ohrenbetäubend. Der Raum war gefließt – nicht unbedingt in den hübschesten Farben, aber es ging ja auch nicht wirklich um Ästhetik, mehr um Funktionalität.
Auf den weißen Fliesen war die rote Blutspur deutlich zu erkennen und eine gewisse Anspannung ergriff Besitz vom Team.
Agatha hielt die Luft an, hob den Phaser so, dass sie schießen konnte und spähte um die Ecke.
Erschrocken prallte sie zurück, als ihr jemand entgegenkam.
Die Frau hatte sich ein Handtuch um den Körper gewickelt und ihre hüftlangen, dunklen Haare schwangen frei. Sie kam ihnen entgegen, die Augen weit aufgerissen, wie im Schock und schaute zu DiNozzo: „Da… da braucht jemand Hilfe.“ Sanft griff Tim die Frau und zog sie zur Seite. Er lächelte ihr beruhigend zu: „Keine Sorge, wir kümmern uns darum.“
Die Blutspur führte geradeaus und man konnte durch den milchigen Vorhang nur ungefähre Körperformen der Person erahnen, die dort in der Duschkabine blutete. Aber dazu brauchte Tony nicht viel Fantasie. Er hatte die Ziva-Doppelgängerin, beziehungsweise Traceless, angeschossen, also würde der Wahnsinnige unter der Dusche vermutlich immer noch die vertrauten Formen Zivas spazieren tragen. Nun wissend, dass die Person unter der Dusche nicht Ziva war, wurde der Halb-Italiener von einer unmenschlichen Wut gepackt. Wie konnte dieser Mensch es wagen, ihn, Tony DiNozzo, durch seine eigene persönliche Hölle gehen zu lassen? Allein die Vorstellung, dass er gezwungen war auf Ziva zu schießen, weil diese ihn umbringen wollte, allein die Vorstellung dass Ziva ihn wirklich umbringen wollte, ließ sein Blut kochen und sein Herz bluten. Mit einem wütenden Ruck riss er den Vorhang auf.
„Also, du Mist…“
Die Person, die in der Dusche war, rutschte an den Fliesen herunter und schaute Tony aus nussbraunen Augen an. Dann schaute sie zu Agatha und schaute sie erschrocken an: „Schatz… Hilf mir.“
Calvin Nathan Cats Hand streckte sich nach der Agatha Silverbirds aus.
Die hübsche Rothaarige reagierte schnell und routiniert. Sie trat einen Schritt zurück, hatte den Phaser auf den am Boden liegenden gerichtet und funkelte ihn an.
„Verwandel dich zurück, oder ich knock dich aus.“, zischte sie und der Mann, der in der Duschkabine lag, blinzelte sie verblüfft an.
„Bist du bescheuert, Gathy? Ich bin ich!“
Keinen Sekundenbruchteil später hatte Agatha abgedrückt. Der Mann, der wie Cal aussah, gab ein Geräusch von sich, dass eine Mischung aus Seufzen und überraschtem Brummen darstellte und erschlaffte dann.
„Commander?“, fragte McGee und Agatha steckte die Waffe weg.
Sie schaute zu Tony: „Sie hatten doch auf Agent David geschossen, nicht wahr?“
„Ja, und sie war, nach einem Treffer in die Brust zurückgetaumelt.“, sagte der Halb-Italiener und schüttelte sich vor Grauen, als er sich an die Szene erinnerte.
„Cal blutet aus der Brust“, stellte Agatha fest und deutete auf das Blut, das nun von der Dusche weggespült wurde… ehe sie lächelte.
„Seht Ihr, die Wunde hört auf zu bluten, gleich setzt der Heilungsprozess ein. Das ist Traceless.“, sagte sie mit der Sicherheit, einer großen Detektivin.
Sie trat auf den zusammengesunkenen Körper zu, hob sein Uniformshirt hoch, inspizierte die makellose Haut der Brust, ehe sie die Stirn runzelte.
„Bilde ich mir das ein, oder hat der Captain da eine Platzwunde an der Stirn?“, fragte in diesem Moment auch Ziva, die sich ebenfalls über den Bewusstlosen gebeugt hatte.
Agatha warf ihr einen Blick zu, der ganz eindeutig besagte, dass sie hier nicht nur mit ihrem Latein, sondern auch mit ihrem Altgriechisch, Mandarin, Spanisch, Englisch, Klingonisch, Romulanisch, Borg und was auch immer man sonst noch so für Fremdsprachen lernen konnte, am Ende war.
„Eigentlich dürfte das nicht passieren.“, erklärte sie und schaute dann wieder zum Ohnmächtigen, der in diesem Moment noch etwas in sich zusammensackte.
Ducky blickte von einer seiner Untersuchungen auf, als eine atemberaubende Rothaarige mit einem Mann, der komplett durchnässt war und den sie auf einer Rolltrage vor sich herschob, die Pathologie betrat. Er kannte die Beiden, aber er wusste im ersten Moment nicht, woher und wie er die beiden zuordnen konnte. Als sich die Frau dann räusperte, schaute er sie an und lächelte ihr freundlich zu.
„Ich nehme an, Sie wollen wissen, wie er gestorben ist? Von der bloßen Optik her, den nassen, wuscheligen Haaren und der ebenso nassen Kleidung würde ich sagen, dass er ins Wasser gefallen ist und… wenn Sie mich fragen, ist er noch gar nicht tot. Wenn Sie seinen Kopf überstrecken und dann…“
Die Rothaarige schaute Ducky kurz an und tat dann etwas, das ihn überraschte. Sie ging auf ihn zu, nahm eines der Skalpelle vom Tisch und trat dann wieder zurück an den Tisch, auf dem der Bewusstlose lag.
„Tut mir leid, Liebling.“, sagte sie… und schnitt ihn mit dem Skalpell in den Finger.
Sofort tropfte Blut aus der frischen Wunde und die hübsche Rothaarige betrachtete sie eingehend, berührte mit ihrer Hand die Wunde und verteilte das Blut zwischen ihren Fingern.
Konzentriert starrte sie es an, ehe sie lächelte und sich vorbeugte, um die Lippen des Mannes mit den ihrigen zu berühren.
Er hatte ja schon viel gesehen und viel gehört – er wusste auch, dass es Leute gab, die Blut, Wunden und Narben als sogenannte Anturner empfanden, dass er selbst mal jemandem begegnen sollte, dem dies so ging, hätte er nie gedacht.
Wobei, wenn er so über die zwischenzeitlich durchaus derben Späße nachdachte, die sein Kollege Palmer zwischendurch von sich gab… er hatte ja sogar eine Freundin, die in derselben Branche tätig war, wie er. Vielleicht gab es da ja …
Aber nein. Jimmy Palmer gehörte nicht zu denen, die…
Er räusperte sich und schaute zu der hübschen Rothaarigen, die in diesem Moment ein wenig ertappt wirkend, hochblickte: „Soll ich Sie und Ihren Freund alleine lassen? Ich nehme an, Sie wissen, dass er nicht tot ist?“
„Keine Sorge, ich habe ihn ja selbst schlafen geschickt.“, erklärte sie, „Und jetzt muss er sich ein wenig ausruhen.“
Damit ging sie zum Telefon und wählte eine Nummer.
„Gibbs? Hier…“, sie lächelte, „Hier Walker. Identität Bartowskis Bestätigt.“
Sie legte auf und wandte sich zu Ducky um, der sie kurz verdattert anschaute, sich dann aber fing und sich wieder über die Leiche, an der er gerade arbeitete, beugte: „Wenn Sie mir die Knochensäge reichen könnten?“
„Natürlich, Doktor Mallard.“, hörte er die Stimme der Frau. Als Nächstes vernahm er das Geräusch sich nähernder Schritte und nickte, wieder voll auf die Leiche konzentriert, in die vage Richtung der Knochensäge, als er aus seinen Augenwinkeln etwas aufblitzen sah. In rascher Abwehrhaltung riss er seinen Arm hoch und spürte im nächsten Moment den heiß-weiß-glühenden Schmerz.
Das Telefon klingelte und mit einer knappen, beherrschten Bewegung hatte Leroy Jethro Gibbs den Hörer von der Gabel genommen: „Ja, Gibbs?“
Er lauschte verdattert den Worten und wandte sich, nachdem die Leitung wieder tot war, an sein Team.
„Sagen euch die Namen Bartowski und Walker etwas?“
Aus seinen Augenwinkeln sah er, wie Ziva sich plötzlich die zur Faust geballte Hand vor den Mund presste und er merkte, wie sie ernsthaft versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. Er wandte seine volle Aufmerksamkeit ihr zu: „Ja, Agent David? Wollen Sie uns etwas mitteilen?“
Junge, es gab Momente, in denen kam er sich ganz wie ein Lehrer vor, der seine rebellische vierte Klasse zu bändigen versuchte.
Die braunen Augen Zivas funkelten hell und voller Amüsement.
„Ich nehme mal an, das ist Agatha gewesen?“
Gibbs nickte.
„Sie hat sich ihre Identität wirklich gut ausgesucht. Bartowksi und Walker – das sind beides Serienfiguren. Sarah Walker ist eine unglaublich schöne, unglaublich gefährliche Geheimagentin. Chuck ist auch ein Geheimagent, allerdings ist er eher das, was wir hier ein Pferd nennen.“
„Meinst Du Nerd, Ziva?“, fragte McGee und schaute sie an, als sie nickte: „Ja, einen Computer…“
Sie stockte und Tony musste grinsen. Dann wandte sich der Agent an McGee: „So eine Art McGee, McGee?“
„Mag sein, Casey.“, gab der Romancier zurück, was Ziva dazu veranlasste, erneut kurz aufzulachen: „Wenn er Casey ist, wer bin dann ich?“
Nun schaute McGee sie an und seine Augen wurden untertassengroß.
Ja, gut, wenn Tony den Titelhelden der Serie Chuck mit ihm, Timothy McGee, verglich, und dieser ihm das mit der Identität des Waffennarren John Casey heimzahlte, dann müsste die hübsche Israelin eigentlich…
Offenbar kam Ziva zum gleichen Schluss, sie senkte den Kopf kurz, lächelte, diesesmal eigentlich mehr verlegen, als alles andere und hob dann den Blick wieder.
Sie schaute in die eisblauen Augen Gibbs, in denen Ungeduld stand. Seine komplette Körperhaltung sagte aus, dass sie ihm jetzt besser erklärte, was diese Meldung zu bedeuten hatte, oder er würde ihr eine Kopfnuss verpassen.
Und gerade als sie das tun wollte – ja, sie räusperte sich, um ihm mitzuteilen, dass Walker und Bartowski ein Traumpaar waren, auch wenn sie sich gerade das eher nicht mit McGee vorstellen konnte, aber man musste ja auch nicht, nur weil man wie jemand war, den kompletten Habitus so übernehmen, gerade in diesem Moment kam ein wütend-dreinblickender Donald Mallard auf Gibbs zu.
Ziva hatte Ducky eigentlich noch nie wirklich wütend erlebt und so war der Fakt, dass er dazu in der Lage war, allein schon eine Überraschung. Die nächste Überraschung war der Dresscode des Schotten, denn die Fliege, die er normalerweise immer trug, hatte er um seinen Daumen gewickelt.
Er funkelte Jethro an. Der Grund für diesen sehr gewöhnungsbedürftigen Anblick betrat den Bullpen keine zwei Sekunden später.
„Jethro, wir sind Freunde und ich weiß, dass Du auf Rothaarige stehst“, zischte Ducky und hielt ihm den Finger entgegen, „aber dass diese Frau zuerst Ihren Freund und dann mich schneidet, muss ich mir nicht bieten lassen.“
Tatsächlich tropfte auf den Boden des Bullpens rotes Blut aus der Wunde, die ihm Agatha, die gerade einen sehr schlaftrunkenen Calvin Cat auf einen der Bürostühle sinken ließ, beigebracht hatte. Sie schaute ein wenig zerknirscht zum Schotten herüber.
„Entschuldigung, Doctor Mallard. Aber zwischendurch bin ich ein wenig… sehr impulsiv.“
Vance tigerte in seinem Büro auf und ab, eine immer noch zerknirscht dreinblickende Agatha Silverbird saß am Konferenztisch und hatte einen Arm um den immer noch dösenden Cal geschlungen, denn dieser war, nach dem mehrfachen Versuch, ihn aufrecht hinzusetzen, immer wieder mit dem Kopf auf die Tischplatte geknallt.
„Welche geistige Umnachtung hat sie da geritten, Commander?“, fragte der Director in einem Tonfall, der zwar immer noch zivilisiert war, aber der dennoch von seiner Wut zeugte.
„Von dem da“, damit deutete er auf Cal, der gerade mit seinem Kopf gegen Agathas Busen sank, „sind wir solche Heldentaten ja gewohnt, aber Sie sollten doch wirklich cleverer sein.“
Agatha stand auf, der Kopf des Captains knallte wieder mit einem hörbaren „BAMM“ auf die Tischplatte und diesesmal verzichtete sie darauf, ihn in die sitzende Positon zu bringen.
Sie schaute zu Vance: „Captain Vance, Sir. Bei allem nötigen Respekt, aber Sie wissen, dass wir hier einen Formwandler auf der Basis haben? Er hat gerade William Turner getötet. In der Gestalt eines Ihrer Untergebenen.“
Der Blick des Captains ruhte auf ihr und sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
Auf diese Situation passte der Satz: „Wenn Blicke töten könnten.“
„Ich weiß“, zischte der Director, „Aber das gibt Ihnen nicht das Recht, meine Leute anzugreifen.“
„Captain Vance, Sir. Ich versuchte nur, uns alle zu schützen.“, sagte sie, äußerlich ruhig und gefasst, aber innerlich brodelte es.
Es war zum aus der Haut fahren. Warum wollte der Mann das Problem nicht verstehen?
Am Liebsten hätte sie so laut und effektiv geflucht, dass selbst der gestandendste Seebär rot geworden wäre, als sie plötzlich ein leises, geatmetes Murmeln hörte.
„Müssen schützen…“
Cal kam, anscheinend, wieder zu sich. Schnell war sie bei ihm, packte ihn an der Schulter und drückte ihn wieder in die Sitzende.
Er starrte sie an, versuchte offenbar gerade, seinen Blick zu fokussieren. Das alles tat er mit einem absolut dämlichen, breiten Lächeln auf den Lippen, so dass man auf die Idee kommen könnte, er wäre betrunken. Was auch immer Traceless ihm verpasst hatte, es musste stark genug gewesen sein, um einen Elefanten im Nachhinein vom Sprechen abzuhalten.
„… müssen schützen…“, murmelte er erneut, versuchte, sich am Stuhl in eine aufrecht-sitzendere Position zu bringen, was ihm aber nicht gelang, „… müssen schützen. Captain“, murmelte er, ehe er ein „Stone“ seufzte und dann mit einem Stöhnen in den Stuhl sank: „Mein… Kopf. Hat einer ein Schmerzmittel?“
Die hübsche Rothaarige schaute Cal kurz an, dann ruckte ihr Blick zu Vance hoch, der sie ebenfalls anschaute: „Angela!“
To be continued
CaptainCalvinCat:
Der schwarze Dodge, der in der Tiefgarage stand, erntete einen bewundernden Pfiff der hübschen Rothaarigen.
„Captain, ich muss sagen, der Wagen sieht klasse aus.“
Vance zuckte mit den Schultern.
„Wird vom NCIS gestellt.“, sprachs, öffnete die Fahrertür und stieg ein. Er hörte einen lauten Schlag aufs Dach und rollte mit den Augen. Erneut stieg er aus und schaute zu Agatha herüber, die gerade den benebelten Cal versuchte, ins Auto zu buchsieren. Dabei war er mit dem Kopf auf den mattschwarzen Lack geknallt und Vance fragte sich, wie er das der Versicherung klar machen sollte.
„Wollen Sie ihn nicht lieber hier lassen, Commander?“, schlug er vor und wusste, dass er es ihr eigentlich auch befehlen konnte, aber er war sich sicher, dass sie sich gegen diesen Befehl sträuben würde. Ihre Antwort wies ihn schon darauf hin. Sie lachte bitter auf: „Damit er in diesem Zustand irgendwas ausplaudert? Nein, nein.“
Sie ließ ihn in den Fond des Wagens sinken, stieg ebenfalls ein und schnallte erst ihn und dann sich fest.
„Captain, wir können.“
„Gut.“, sagte Vance, stieg ein und räusperte sich: „Computer, Entparkprotokoll Alpha drei sieben vier aktivieren.“
Agatha schaute ihn verblüfft an, als der Wagen plötzlich ansprang und tatsächlich ein bischen nach vorne rollte.
„Jetzt sagen Sie bloß, sie haben ein Auto, das eigentlich ein Shuttle ist.“
„Ja“, nickte Vance ernst, ehe er grinste und den Kopf schüttelte: „Natürlich nicht. Wo soll ich das denn auch herbekommen. Schon mal was von der obersten Temporaldirektive gehört?“
Und damit dachte er sich: „Wenn Gibbs mich jetzt sehen könnte, er würde vermutlich mich für Traceless halten.“
Er holte sein Navi raus und gab die Adresse Stones ein und, gerade als er losfahren wollte, schaltete sich das Radio an.
Agatha stellte, mit amüsiert funkelnden Augen Blickkontakt mit Vance her: „Ich glaube, ich weiß, wie wir unser Dornröschen wachbekommen.“
Der Direktor schaute in den Innenspiegel und auch in seinen Augen funkelte es amüsiert: „Küssen Sie ihn doch.“
„Hab ich schon gemacht, funktioniert nicht.“
Er grinste, dieses Mal mehr in sich hinein: „Da wäre ich sauer.“
„Bin ich auch. Oder zumindest leicht beleidigt.“
Kurze Zeit schwiegen sie – zumindest so lange, wie Vance benötigte, um den schwarzen Dodger aus der Tiefgarage zu manövrieren. Stille breitete sich aus, von dem Brummen des Motors, dem Klackern der Blinker und dem Geräusch der Scheibenwischer auf der Frontscheibe, das erst zu hören war, als man aus der Tiefgarage heraus in den Regen gefahren war. Es war eine fast schon betäubende, einlullende Stille, die Agathas Kopf umschloss und sie beinahe neben Cal sinken ließ. Doch als Vance sich räusperte, blickte sie auf und schaute ihn durch den Rückspiegel an.
„Also?“, fragte er und begann, auf einem Zahnstocher herumzukauen.
Sie grinste: „Haben Sie rein zufällig ein paar CDs im Auto?“
„Ja“, nickte Vance verwundert, „Meine Frau sammelt Lieder aus den Achtzigern bis zu den Zweitausend-Zwanzigern.“
„Ich wundere mich nur, ob Sie rein zufällig ein bestimmtes Lied an Bord haben.“, lächelte sie, und begann die ersten Takte zu summen.
Vance erwiderte ihr Lächeln. Er kannte das Lied, hatte seinerzeit den Film gesehen, als Vorbereitung auf seinen Aufenthalt hier. Dabei stellte sich heraus, dass der Film als solches eigentlich nicht schlecht war, die Vorbereitung sich allerdings auf eine spätere Variante des Filmes bezog, der erst Ende der sogenannten „Nuller“-Jahre herauskam.
Also fuhr er rechts ran und ging durch seine CDs. Nach ein paar Minuten plärrten die ersten E-Gitarren-Akkorde aus den Lautsprechern und Cal ruckte hoch: „Was, wie, wo? Geht die Welt unter?“
Vance stellte den CD-Player leiser und Agatha küsste ihren Captain: „Na, Schatz, wieder wach?“
„J… Ja“, murmelte Cal verdattert: „Wo… wo sind wir?“
„In meinem Wagen“, antwortete Vance, „Und auf dem Weg zu Angela Stone.“
„Und… was war das gera…de…“, setzte er die Frage an und lauschte dann den Klängen, ehe er breit grinste: „Gathy, da steckst nicht rein zufällig Du dahinter, oder?“
„Hey, ich musste etwas riskieren, um dich wach zu bekommen. Du kannst gewinnen, wenn du etwas riskierst.“, verteidigte sie sich und der dunkelhäutige Captain schaute in den Rückspiegel: „Dann halten Sie beide sich mal fest, wenn ich zu TAS Witwe will, muss ich jetzt ein wenig Gas geben.“
Cal griff nach Agathas Hand und nickte: „Dann mach mal, Leon.“
Ob es nun war, weil er sowieso beschleunigen musste, oder es andere Gründe hatte, wusste nachher keiner zu sagen, Agatha sah nur, wie Cal plötzlich mit hoher Wucht in den Sitz gepresst wurde und hörte, wie der Motor des Autos laut aufheulte. Sie lächelte.
„Seht mich auf der Straße“, murmelte Ziva David im NCIS-Hauptquartier und schaute auf den Acrosstic, den Cal ihnen dagelassen hatte, „Seht mich auf der Straße.“
Sie schaute zu McGee herüber: „Ist das wieder eines dieser Idiome, mit denen mich Tony immer auszieht?“
Tims Kopf ruckte hoch. Er schaute Ziva an, grinste – natürlich hatten sie Tony und Ziva in ihrer Wohnung gefunden und natürlich musste man blind, blöd, oder am Besten beides sein, um die sexuellen Spannungen, die zwischen ihnen zu merken waren, komplett zu ignorieren, und auch wenn es nur ein Beispiel eben dieser Idiome war, der Satz, das Tony sie auszöge – nein, der war ab sofort in Stein gemeißelt. Kurz zuckte ein Lächeln über das Gesicht des Autoren, ehe er sich an sie wandte und sagte:„Aufzieht, Ziva, und – eigentlich nicht. Und wenn es eines sein sollte, gebe ich ehrlich zu, dass ich keine Ahnung habe.“
„Was könnte es denn dann bedeuten?“, fragte die hübsche Israelin und Tim zuckte mit den Schultern, ehe er aufstand, zu ihr herüberging und einen Blick auf den Zettel warf: „Keine Ahnung. Seht mich auf der Straße – Tipp, wir beginnen links.“
Ziva runzelte die Stirn: „Was… was wollte Cal uns eigentlich sagen, bevor es zu diesem Alarm kam?“
Erneut ein Schulterzucken: „Er sagte irgendwas von Straßenka… keine Ahnung, was er mit „ka“ meinen könnte, ausser Karten fällt mir da nicht viel ein.“
Die hübsche Israelin schaute ihn überrascht an. Konnte das sein?
„Straßenkarten, McGee?“, fragte sie und rief per Internet einen Straßenplan von Washington auf. Dann lächelte sie: „Ich glaube, ich habe es.“
Der Autor warf ihr einen Blick zu und runzelte fragend die Stirn.
Sie erwiderte seinen Blick und lächelte: „Straßenkarten, Tim. Die Straßen von Washington.“
„Du meinst, Traceless befindet sich auf den Straßen von Washington?“, fragte der Romancier und Ziva nickte: „Natürlich nicht wortwörtlich, aber…“
Damit gab sie in die Suchmaske ein:
--- Zitat --- T-Street, Washington D.C.
--- Ende Zitat ---
Auf dem Computerbildschirm erschien eine Meldung:
--- Zitat --- Es wurden 4 Treffer gefunden. Meinten Sie: T-Street NW, T-Street SW, T-Street NE oder T-Street SE
--- Ende Zitat ---
„Wie wär es denn hiermit?“, schlug die ehemalige Mossad-Agentin vor und sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück: „Und wie wäre es mit folgender Überlegung. Tipp – wir beginnen links, bedeutet, wir fangen immer bei der Nordwest-Adresse an.“
„Du meinst, dieser Traceless hat an jedem dieser Punkte eine Nachricht für uns hinterlassen?“, fragte McGee und Ziva schaute ihn an: „Naja, es ist einen Versuch wert, oder meinst Du nicht?“
Der junge Agent schaute sie kurz an. Es wäre ja eine sehr einfache Lösung, aber – welche Adresse sollte man nehmen? Man konnte schließlich schlecht die kompletten Straßen abfahren und hoffen, irgendwas Ungewöhnliches zu sehen.
„Die T-Street ist doch eine ziemlich lange Straße.“, sagte er schließlich und schaute sie an: „Woher sollen wir wissen, zu welcher Adresse wir fahren sollen?“
Der Wagen bahnte sich seinen Weg durch die regennassen Straßen Washington DCs und Leon Vance fluchte ausgiebig. Er hasste Regen, besonders, wenn er so dicht fiel, dass die Scheibenwischer kapitulierten und die Sicht auf die Straße nicht unbedingt wirksam freigaben. Die klügste Maßnahme wäre es nun gewesen, rechts heranzufahren und zu warten, bis das Wetter sich ein wenig beruhigt hatte, aber Vance hatte dafür keine Zeit. Schließlich stand das Leben Angela Stones auf dem Spiel. Und das würde ihm vor allem seine Frau nicht vergeben, die mit Angela gut befreundet war. Nein, hier durfte er keine Rücksicht auf die Straßenverhältnisse nehmen. Sein Navigationsgerät führte ihn durch die Straßen und sagte Kursänderungen an. Erst Rechts, dann Links und dann halbrechts.
Das war der Moment, an dem sich Cal von hinten äußerte: „Was, zum Henker, soll Halbrechts sein? Ich meine, ich hab schon viel Blödsinn gehört, aber „halbrechts“ ist ja nicht einmal eine Richtungsangabe, das ist Kundenverarsche.“
Agatha räusperte sich und flüsterte ihm leise zu, das die Richtung „halbrechts“ sehr wohl existierte. Zwar schaute der Captain der Dragonfly danach nicht unbedingt wesentlich intelligenter drein, aber er gab Ruhe. Für Vance war das schon mal etwas.
„Das denkst Du dir aus, was, Zivaaa?“, fragte Tony in einem leicht-gereizt-ätzenden Tonfall und funkelte die hübsche Israelin aus grünen Augen an. Sie lachte kurz und freudlos auf, ehe sie ihn mit ihren Blicken fixierte: „Verrate mir, warum ich das tun sollte, Tony?“
Dabei sprach sie den Namen des Italo-Amerikaners lauter aus, als es für die Situation unbedingt angebracht gewesen wäre.
„Damit du was hast, um vor Gibbs zu glänzen.“, zischte der Mann und wandte sich dann dem Zettel zu, den sie ihm hingehalten hatte. Er überflog die Zeilen, schüttelte den Kopf und schaute sie erneut an: „Das ist doch Blödsinn, Ziva. Wieso sollte der Typ uns sagen, wo er ist?“
„Welcher Typ, Tony?“, erklang die Stimme Gibbs hinter dem Angesprochenen und mit derselben Energie und Schnelligkeit, die er sonst an den Tag legte, kam der grauhaarige Ermittler um die Ecke. Die Köpfe Tonys und Zivas ruckten hoch, die Blicke fokussierten ihn, wie er da stand, in seinem grauen Jackett, der grauen Hose und dem weißen Hemd und sie aus eisblauen Augen abwartend anschaute.
Kurz sagte keiner der Beiden etwas, dann, als Gibbs noch ein „Ich warte“ einschob, holte Ziva Luft, nahm den Zettel und hörte, mit Verärgerung und Wut im Bauch, wie Tony schnell dazwischenschoss.
„Seht mich auf den Straßen, das ist ein Hinweis, Boss.“
Der Kopf der Frau drehte sich so schnell zu ihm um, dass sie beinahe Angst hatte, ihre Nackenwirbel würden sich protestierend äußern, aber das taten sie nicht.
DiNozzo war einfach nur eine falsche Schlange. Wie konnte er ihr einfach so die Ergebnisse stehlen? Und mit diesem Mann stellte sich ihr Unterbewusstsein eine Beziehung vor? Mit diesem Mann hatte sie geschlafen?
Sie schenkte ihm einen ihrer tödlichsten und kaltesten Blicke, ehe sie die Stimme von Gibbs hörte: „Ich werde nur einmal fragen und du hast besser eine Antwort, DiNozzo. Ein Hinweis auf was ?“
Tony holte tief Luft, schien in Gedanken das zu rekapitulieren, was sie ihm erzählt hatte und setzte dann an. Sein erstes Wort war das Wort „Das“, welches er unnötig dehnte. Eigentlich sollte damit vertuscht werden, dass er absolut keine Ahnung hatte, was genau Ziva ihm da gesagt hatte, aber natürlich, wie es oft so ist, bemerkte er den Blick von Gibbs, der gerade noch kälter wurde, als der Eisblick, den Ziva ihm geschenkt hatte.
„Daaaaas… hatte ich gerade noch.“, versuchte er, sich zu retten. Daraufhin ging Gibbs auf ihn zu und verpasste ihm eine Kopfnuss.
„Autsch“, machte der Italiener, während Ziva sich räusperte: „Also, Gibbs, wir haben die Theorie, dass die Nachricht des Verbrechers Traceless nicht nur als Acrosstic zu lesen ist, sondern auch genau sagt, wo er für uns Nachrichten platziert hat. Er verwendet die Buchstaben seines Namens als Hinweise auf Straßennamen. Der erste Hinweis muss auf der T-Street Northwest zu finden sein.“
„Wieso Northwest?“, fragte Tony, ein wenig grummelnd, was ihm erneut einen leicht gereizten Blick von Gibbs eintrug.
„Wir beginnen links, DiNozzo.“, sagte der Grauhaarige dann und schaute zu Ziva: „Gut gemacht.“
Dann verpasste er ihr auch eine Kopfnuss.
Verblüfft schaute sie ihn an.
„Verstoß gegen die Regeln 12 und 15.“, sagte der Mann knapp und Ziva räusperte sich: „Gibbs… es gibt da noch ein kleines Problem. Wir wissen nicht, welche Adresse der Täter in Augenschein nimmt.“
Der Grauhaarige stoppte kurz, schaute sie dann an und sie hatte das Gefühl, dass er sie mit seinem Blick beinahe erdolchte. Das machte sie nervös. Einerseits war dies Gibbs, wie er eigentlich immer war. Sie kannte ihn kaum anders. Zum Anderen war allerdings ein formwandelnder Killer unterwegs, der nicht davor zurückschreckte, Leute mit etwas, das der Captain der Sternenflotte ein „Phasergewehr“ genannt hatte, abzuschießen, und dann war da auch noch der Fakt, dass sich Director Vance ebenfalls als Sternenflottenoffizier herausstellte.
Das alles war ein wenig verstörend.
Der schwarze Dodge erreichte sein Ziel. Es war ein schönes Einfamilienhaus, im Washingtoner Stadtteil „Shepherd Hill“. Vance hatte die Schönheit dieses Ortes schon einige Male gesehen, wenn er mit seiner Frau bei Stones zu Besuch war, doch sie überraschte ihn immer wieder. Gerade griff er nach seinem Handy, als er die Stimme von Cal hörte: „WOW. Schau dir das an, Gathy. Man lebt ja quasi fast im Grünen. Das is mal was anderes, als die Stadt.“
Seufzend schaute die Rothaarige ihren Freund an und Vance hatte das Gefühl, dass sie ein wenig genervt war.
„Ja, aber es ist so weit bis zum nächsten Supermarkt. Und einen Replikator gibt es in dieser Zeitlinie noch nicht. Ich möchte hier nicht leben. Und ausserdem haben wir gerade vollkommen andere Sorgen.“
Stirnrunzelnd schaute Cal zu Agatha herüber: „Was meinst du?“
„Sie meint, dass wir uns erstmal um Angela kümmern müssen.“, sagte Vance und ließ sein Handy aufklappen.
Donald ‚Ducky’ Mallard hatte sich gerade eine neue Bandage um den geschnittenen Finger gewickelt, als Jethro seine Pathologie betrat. Er blickte auf und sah, dass dies mal wieder alles andere, aber kein Freundschaftsbesuch war. Na, das wäre ja auch zu schön gewesen.
„Jethro“, sagte er daher, leicht unterkühlt und schaute den Ermittler an.
„Duck“, antwortete dieser und eigentlich brauchte es nicht mehr. Die Beiden waren seit Jahren Freunde und auf elementarer Ebene war der Schotte sich bewusst, dass Gibbs mit dem Angriff auf ihn nichts zu tun hatte, ihn – im Gegenteil – nicht gut hieß. Vermutlich hätte die Rothaarige, wäre sie ein Mitglied seines Teams gewesen, eine der berühmten Kopfnüsse bekommen. Als Ducky in die eisblauen Augen Gibbs schaute, erkannte er allerdings doch, dass dort, in seinem Blick, eine Art Entschuldigung aufblitzte. Dies brachte ihn dazu, seine Körperhaltung von „Verschlossen“ zu „offen“ zu verändern.
„Was kann ich für Dich tun, Jethro?“, fragte er und Gibbs trat auf ihn zu, ihm einen Zettel auf den Tisch legend.
„Was sind Deine Einsichten, Duck?“
Der Pathologe setzte sich seine Lesebrille auf, murmelte ein „Oh Junge“, beugte sich vor und überflog kurz die Zeilen.
„Was genau möchtest Du erfahren?“, fragte er.
„Das, was ich noch nicht weiß.“, erwiderte Gibbs in seiner für ihn typischen Rätselhaftigkeit, was Ducky zu einem leisen Lächeln veranlasste: „Natürlich.“
Erneut las er die Zeilen.
Dann richtete er sich auf, setzte sich die Brille wieder ab und schaute zu Gibbs.
„Ich nehme an, du weißt, dass dieser Zettel ein sogenanntes Acrosstic oder Akrostychon ist und dass der Autor uns darauf hinweisen will, das wir an den Adressen suchen sollen, die mit einem der Buchstaben seines Namens beginnen?“
Gibbs nickte nicht. Das war auch nicht nötig, in seinen Augen stand die gewisse Ungeduld, die er immer spürte, wenn jemand sich mit nicht-notwendiger Konversation aufhielt oder unnötige Fakten mitteilte.
„Dachte ich mir.“, sagte der Pathologe, atmete tief durch und las erneut, „Der Autor ist sehr von sich überzeugt. Er glaubt zu wissen, allen Anderen überlegen zu sein und in der Regel ist er es auch. Er weiß von sich, das er in der Lage ist, einen anderen Charakter mühelos zu immitieren und hält sich für…“
„Die Nummer eins, Duck?`“, fragte der Chefermittler mit einer Mischung aus Müdigkeit und Neugierde in der Stimme. Der Angesprochene nickte nur. Er wollte Gibbs nicht mit noch mehr Details belasten und vermutete, dass es auch gut so war. Die Körperhaltung der Ermittlerlegende sprach ja Bände. Er war körperlich und geistig ausgelaugt. Zumindest für den heutigen Tag. Bei dem, was im Hauptquartier los war, war dies kein Wunder und normalerweise würde er entweder Gibbs anraten, kürzer zu treten oder dem Director mitteilen, dass sein bester Agent unter normalen Umständen auf ein Burn-Out hinsteuerte. Allerdings gab es verschiedene Faktoren, die Gibbs glücklicherweise zu verbuchen hatte, um nicht an Burn-Out zu erkranken.
Er schaute Gibbs an und sagte dann: „Vermutlich ist es nur nötig, an der Nummer 1 der jeweiligen Straßen nachzusehen.“
„Danke, Duck.“
Damit lächelte er ihm tatsächlich zu und fragte dann: „Was macht dein Finger?“
„Oh, er wird heilen, Jethro.“
„Es tut mir wirklich leid.“
Dieses mal war es am alten Pathologen, zu lächeln: „Das weiß ich doch.“
Regen.
Es passte einfach. Die wasserblauen Augen Angela Stones waren auf das Bild ihres Mannes gerichtet, das nun mit schwarzem Trauerflor verziert war und auf der Kommode stand. Sie hatte ihre Beine an ihren Körper gezogen und mit den Armen umschlungen. Tränen rannen ihr über das hübsche Gesicht. Sie war eine Schönheit, mit Augen blau wie Wasser, einem durchtrainierten, sehr weiblichen Körper und eigentlich einer Aura, die sagte, dass sie wusste wie sie wirkte und was sie war. Einige der Nicht-Berufstätigen Frauen im Block nannten sie hinter vorgehaltener Hand die „Angelina Jolie von Shepherd Park“ – und bildeten sich ein, dass sie dies nicht bemerkte. Dabei hatte diese Tratsch-Community sogar recht. Wie sehr, konnten sie nicht wissen. Sie war tatsächlich mit der Schauspielerin verwandt, sogar eine direkte Nachkommin dieser Frau. Allein schon der Name Angela war, wenn man ihrer Mutter glauben durfte, eine Anspielung auf ihre berühmte Vorfahrin.
„Da fehlt ja nur das In“, pflegte sie immer zu sagen. Ihre Ehe war immer so harmonisch und glücklich gewesen. Natürlich hatte sie nach aussen hin die Wohltäterin gespielt, von der böse Zungen behaupteten, dass sie „ihren Mann gar nicht mehr ran ließe“ – ein Terminus, der sie in den ersten Jahren ein wenig verunsichert hatte. Sowas verwandte man in der Zukunft nicht mehr. Natürlich gab es auch dort Zoten, kleine Späße unterhalb der Gürtellinie und es war auch nicht so, dass sie den Sinn dessen, was gesagt wurde nicht verstanden hätte, es war lediglich die Wortwahl, der sogenannte „Duktus“, der sie irritiert hatte.
Als sie es begriffen hatte, stellte sie fest, dass es ihr egaler gar nicht sein konnte, was diese sogenannten „Nachbarn“ sagten. Sollten sie doch glauben, was sie wollten.
Ihre Ehe war harmonisch und beinahe perfekt gewesen. Wobei es „Perfekt“ nicht gab. Jede Beziehung hat ihre „Hochs“ und „Tiefs“, da gibt es immer irgendwelche Schwierigkeiten.
Beispielsweise als sich dem Ehepaar Stone die neue Sekretärin vorstellte. Laura McConnaugh war hübsch. Nicht, dass sie irgendwas auf Äußerlichkeiten gab, sie wusste, dass ihr Mann sie und nur sie liebte, aber der Fakt, dass dieser Typ mit dieser Frau zusammensaß… es störte sie schon irgendwie.
Vielleicht war sie auch einfach nur zu lange in diesem Jahrhundert gewesen?
Aber nichts von dem war nun mehr wichtig. Thaddeus – ihr Thaddeus – war tot. Feige und hinterrücks erstochen, wie ihr von Leon mitgeteilt worden war. Was hatte sie geritten, diese Position anzunehmen? Warum mussten ausgerechnet sie in die Vergangenheit reisen?
War ihnen das 24. Jahrhundert nicht mehr gut genug gewesen?
Wobei, als sie so darüber nachdachte, was in ihrem eigenen Jahrhundert so alles vorgefallen war – besser hatte sie es als Frau eines Navy-Captains, der im Büro arbeitete, eigentlich nicht treffen können. Das Grauen einer raumfahrenden Spezies, die andere Lebewesen ohne zu fragen „assimilierte“ war noch Lichtjahre weit entfernt. Romulaner, Klingonen, Ferengi – all das war den Menschen unbekannt. Eigentlich war es eine herrliche Zeit.
Dagegen sprachen die Entwicklungen in anderen Ländern, die unterschwellige Terrorangst, die überall in der Welt herrschte und die immer noch brodelnde Wirtschafts-, Immobilien-, Banken-, und Länderkrise.
Sie musste immer wieder den Kopf schütteln, wenn sie las, für welche Länder wie viele Milliarden aufgewendet wurden. Nicht, dass es nicht richtig wäre, diesen Ländern zu helfen, allerdings gab es genügend andere Probleme, selbst in dieser Zeit. Die Erde war schutzlos und es gab diese Lebensformen, die den Menschen Schaden wollten. Sei es, dass sie wollten, dass die Menschen sie als Gottheit anbeteten oder dass sie sich an ihnen Nähren wollten – die Erde schwebte in Gefahr. Und die Menschen ahnten größtenteils nichts.
So wie auch die Nachbarn noch nichts von der Trauer ahnten, die sie gerade durchlebte. Zwar hatten sich Leon und seine Frau schon gemeldet, aber die ach so viel beschworene „Gemeinschaft“ erwies sich natürlich als großer Flop. Am Liebsten hätte sie versucht, mit der Föderation Kontakt aufzunehmen, damit sie sie abholten. Sie musste mit jemandem reden, sie musste dringend…
Ihr Handy klingelte.
Sie ließ es aufschnappen, las den Namen „Vance“ und hielt sich das Gerät ans Ohr.
„Ja?“, schluchzte sie.
„Angela.“
Die Stimme Vances war deutlich und klar zu hören – es war eben doch so, dass man ihnen das Handy in der Zukunft ein wenig aufgemotzt hatte, um besseren Empfang zu haben.
„Leon“, keuchte sie und ließ sich auf die graue Couch sinken, „Leon, wo bist du?“
„Vor der Tür.“
Starfleetcaptains reden nur soviel, wie es nötig war. Ihr Mann war ebenso „gesprächig“, wenn es um den Job oder die Weitergabe von Informationen ging. Logisch, stringent, kalt.
Erneut rannen Tränen ihre hübschen Wangen herunter und sie stand auf.
„Ich lass dich rein. Ich deaktivier das Hammer-Protokoll.“
„NEIN!“, schrie Vance und die hübsche Witwe hatte das Gefühl, ihr würde gleich das Handy aus der Hand fallen. Sie zog die Nase hoch – eine Charaktereigenschaft, die sie sich eigentlich abgewöhnt hatte, aber hier war es notwendig – und fragte: „Was?“
„Rühr dich nicht von der Stelle. Wir sind gleich da.“
Damit war die Leitung wieder tot.
Es war verblüffend.
Es war verblüffend wie einfach es war.
Er wusste zwar nicht, wie sie das immer schafften, aber man hatte ihn wieder gefunden, betäubt und dann hier abgelegt, mit diesem „neuesten Gewehr“. Er – Ari Haswari – war eigentlich sehr unzufrieden mit sich. Dies sei mal verständlich, schließlich hatte man es mehrfach geschafft, ihn zu betäuben und zu benutzen, wie eine Schachfigur. Und das wo er doch eigentlich …
Anzugtyp stand hinter ihm.
Er war sich dessen bewusst und verfluchte sich. Er konnte nichts tun. Er hatte keine Wahl, als den Leuten zu gehorchen, egal wie sinnlos das erschien, was sie ihm sagten.
„Sie können hier so verfahren, wie sie wünschen.“, sagte Anzugtyp in seiner gewohnt-gelangweilten Art. Das ließ sich Ari nicht zweimal sagen. Er nahm sein Gewehr und zielte.
Kurz warf er einen Blick durchs Zielfernrohr und blinzelte verblüfft, als er den attraktiven Körper sah, der da auf der Couch saß. Die langen Beine übereinander geschlagen, in einem dunklen Top und einer blauen Hose, und mit einem Taschentuch bewaffnet, saß die Frau da und telefonierte.
Er blinzelte: „Ich soll Angelina Jolie töten? Sind Sie verrückt? Tomb Raider war einer ihrer besten Filme, neben Mister und Misses Smith. Was kommt als nächstes? Brad Pitt umlegen?“
„Das ist nicht Angelina Jolie.“, sagte Anzugtyp und dieses Mal war sogar eine Spur Irritation in seiner Stimme zu hören. Sehr gut, sehr gut. Also war der Typ doch Lebendig und kein emotionsloser Roboter.
Ari grinste in sich hinein.Vielleicht sollte er ihn noch ein bischen reizen, dann bekäme er mehr aus ihm heraus.
Doch soweit kam es gar nicht. Anzugtyp zog selbst eine Waffe und richtete sie auf Aris Kopf: „Wenn Sie nicht doch sterben wollen, drücken sie ab.“
Was meint der mit ‚doch’?, schoss es Ari durch den Kopf, doch das war plötzlich unwichtig, als Anzugtyp in anschaute und sagte: „Sie haben noch eine Rechnung mit Ziva offen. Erledigen Sie Miss Stone und ich sorge dafür, dass sie sie begleichen können.“
Das stimmte. Die Rechnung war noch offen und musste aus der Welt geschafft werden – am Besten gleich mit seiner Halbschwester, die offenbar nichts Besseres zu tun hatte, als zum Feind überzulaufen. Andererseits, wenn sie wusste, dass er bei der Hamas war, war sie sowieso ein Hindernis und musste eliminiert werden. Und danach würde er Eli eliminieren…
Ganz schlechter Wortwitz. , dachte er sich, nahm die Brust Stones ins Visier und drückte ab.
Der grell-rote Lichtstrahl zischte laut auf Angela Stones Brust zu
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete