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Schweinehunde unter sich (NCIS/Star Trek/Stargate)

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CaptainCalvinCat:
Die groeß Enthüllung unseren guten Vance betreffend, die kommt noch - und japp: Wir haben eine Art "Gründer" rumlaufen. Das wird noch lustig. ^^

CaptainCalvinCat:
Kapitel 5 Eine Leiche in einer Waldlichtung


Die braunen Augen Calvin Nathan Cats blinzelten, als das grelle Licht in sie fiel. Er konnte es nicht fassen, was er direkt vor sich sah. Der Bildschirm zeigte klar und deutlich, wie die U.S.S. RanmaSaotome von mehreren Salven getroffen, förmlich auseinanderplatzte.
„… ich wiederhole, hier ist die U.S.S. ShinichiKudo unter Captain Peterson. Wir sind unter Beschoss von Borg und benötigen Hilfe. Dragonfly , können Sie uns hören?“
„Cal?“, drang die Stimme Agatha Silverbirds an sein Ohr und er schüttelte den Kopf, um sich ins Hier und Jetzt zurückzufinden.
„Bitte?“, fragte er und schaute in die grasgrünen Augen der Frau, die er als erste Offizierin respektierte und als Frau abgöttisch liebte.
Sie schaute ihn an: „Welche Befehle, Sir?“
Das Schiff begann zu beben und Cal schluckte. Auf dem Bildschirm war diese Monstrosität zu sehen, die er so sehr gehofft hatte, nicht sehen zu müssen. Der Würfel befand sich auf Kollisionskurs mit seinem Schiff.
„Mein Gott.“, murmelte er und stand auf, wandte sich dann an seine taktische Offizierin und bellte: „Volle Breitseite.“ Er wirbelte herum, schaute zu Alexander Strange, seinem Steuermann, „Bring uns von hier weg. Kurs egal, Geschwindigkeit egal, Hauptsache weg “
„Sir?“, erklang die Stimme Jill Menacers, seiner taktischen Offizierin und der Captain der Dragonfly wandte sich zu ihr: „Ja?“
„Unsere Waffensysteme sind leer – wir haben keine Phaser und keine Photonentorpedos mehr.“
„Auch unser Antrieb spinnt.“, meldete Alex und dann hörte er das laute Krachen, als der Borgwürfel das so viel kleinere Sternenflottenschiff rammte. Um ihn herum wurde alles weiß und er fand sich in einer Holodecksimulation wieder.

Agatha schaute zu ihm und schüttelte den Kopf: „Soviel zum Thema Kobayashi Maru, Cal. Naja, nicht jeder kann den Test manipulieren.“
„Ich wollte ihn gar nicht manipulieren – bin doch nicht Kirk.“, machte Cal und wirkte tatsächlich ein wenig beleidigt.
Seine hübsche erste Offizierin holte gerade Luft, als aus dem Kommunikator des jungen Mannes die angenehme Stimme der Frau erklang, die er als Jill Menacer kannte.
„Brücke für Captain Cat?“
Kurz zögerte er und betätigte dann das Funkgerät, das Uneingeweihte immer an eine Brosche erinnerte.
„Ja, Cat hier?“
„Wir empfangen einen Ruf von der Erde. Es ist Counselor Troi.“
Verwundert blickte der blonde Captain zu seiner rothaarigen Freundin: „Warum will Deanna uns sprechen?“
„Keine Ahnung, aber Du könntest ihr einen Gefallen tun, wenn Du sie nicht immer mit Deanna ansprechen würdest. Ich glaub, das mag sie nicht unbedingt.“
„Jaja.“, machte Cal und betätigte erneut seinen Kommunikator: „Sag ihr, ich bin gleich in meinem Raum.“
Damit machte er sich auf den Weg. In der Tür drehte er sich noch mal zu Agatha um und lächelte.

Die Liebelei zwischen dem Captain und dem ersten Offizier - oder besser gesagt, die immer wieder angestrebte Liebelei zwischen Captain und erstem Offizier - war schiffsweiter Klatsch, und obwohl Cal es in den ersten Wochen versucht hatte, zu unterbinden, hatte er in den folgenden Wochen die Segel gestrichen und für sich beschlossen, zu akzeptieren, dass sein Schiff mit Klatschonkeln und Klatschtanten besetzt war.
Wobei eine gewisse Portion Klatsch ja auch ihn interessierte - solange sie nicht ihn persönlich betraf.

Das Projekt Teen Squadron war ein Gewagtes gewesen. Die Idee, die dahinter stand, war, dass man ein Raumschiff, bzw. einen Raumschiffrahmen - und von denen gab es ja als Raumschiffwracks nach dem Ende des Dominionkrieges ja zuhauf - wieder zu einem Raumschiff aufbaute, auch in der Zukunft wird Recycling groß geschrieben - ist ja klar, ist ja auch ein Nomen - und dieses neugebaute Schiff mit Teenagern besetzte, beziehungsweise einem verhältnismäßig jungen Personal.
Verhältnismäßig jung meint hierbei das zuerst gesagte, nämlich ein mit Teenagern bzw. Twens besetztes Schiff, sodass man von einer Art Raumschulschiff, ähnlich der Gorch Fock auf der Erde, sprechen konnte.
Natürlich konnte man – wenn man sich die Crew ansah – wirklich eher von Twens sprechen, von Leuten also, die schon einige Jahre in der Sternenflotte gedient hatten. Daher war der Name „Teen Suqadron“ für das Projekt eher sehr euphemistisch, denn es befand sich kein einziger Teen mehr darunter.
Initiatoren dieses Projektes waren die Gebrüder Cat gewesen - Calvin Nathan, der das Schiff auch heute noch kommandiert – und vorher drei Jahre lang auf der Enterprise gedient hatte - , sowie Richard Nathaniel, der sich nach dem dritten Einsatz eher in die Administrative Ebene gezogen fühlte.
Die Crew besetzte man, nach der Erlaubnis der Sternenflotte, mit den Mitschülern des Captains und seines Bruders - und die Ränge nach Fähigkeit und Sympathie.
So hatte Cal zwar die leicht-despotische Ader durchblitzen lassen, und sich selbst zum Captain ernannt, aber die qualifizierteste Person, die darüber hinaus auch seine Freundin war, wurde zum ersten Offizier ernannt, ein Posten, der eigentlich, Richard gehört hätte, wenn er diesen gewollt hätte.

Die ersten Einsätze der Dragonfly waren extrem fordernd, aber im Laufe der Zeit kam man mit der Situation klar und man arrangierte sich mit dem Leben als Teenager, bzw. Twen, und dem damit verbundenen Gefühlschaos, und den Pflichten als seriöser Sternenflottenoffizier.

Mit einem pneumatischen Zischen glitt die Tür zu seinem Bereitschaftsraum auf, der neben der Brücke lag, auf der just in diesem Moment Agatha ihr Hemd über ihrem flachen, durchtrainierten Bauch glattzog und die Position bezog, das Kommando solange zu übernehmen, wie Cal brauchte, um mit der Counselor der U.S.S. Enterprise 1701-E zu sprechen.

Das Allererste, was Cal sah, waren wunderschöne braune Augen. Er lächelte: „Counselor – wie ist das Leben als frischgebackene Ehefrau.
„Danke, es geht gut, Captain Cat – und die Dragonfly?“
Schulternzuckend antwortete Cal: „Och – Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft. – Raumschiff fliegt.“
 „Bitte?“, fragte die hübsche Betazoidin und Cal zuckte mit den Schultern: „Die tschechische Lokomotive. Emil Zátopek. Leicht abgewandelt. Was gibt es denn?“
„Sie haben doch einige Jahre auf der Enterprise gedient, Captain.“, eröffnete Deanna und ihr Gesprächspartner legte den Kopf schief, als er bemerkte, wie in ihren hübschen, braunen Augen Tränen zu sehen waren.
„Deanna“, sagte er dann, ohne auf das Protokoll zu achten, „Was ist los?“

Als sich die Tür zum Captainsbüro wieder öffnete, wirkte der Agatha entgegenkommende Cal ein wenig bleich um die Nase.
„Schatz, ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte die Frau und fing den Captain auf, bevor seine Beine nachgaben.
„Was ist denn los?“, fragte sie und nachdem Cal erzählt hatte, was geschehen war, seufzte auch Agatha schwer.
„Meine Güte…“, brachte sie hervor, „Wann ist das passiert?“
Der Captain holte einmal tief Luft: „Er … hat sich geopfert. Für das Wohl der gesamten Besatzung der Enterprise.“
Kurz verfluchte er sich, als er merkte, wie verräterische Nässe auf seinen Wangen spürbar war, er schüttelte den Kopf und legte seine Hand auf die Agathas. Dann räusperte er sich und sagte, ohne seine taktische Offizierin anzuschauen: „Jill? Schaltung aufs Schiff, bitte.“
Verwirrt nickte sie, sagte nach ein paar Sekunden: „Schaltung ist erfolgt.“
„Hier ist der Captain. Vor ein paar Tagen wurde die U.S.S. Enterprise ins romulanische Imperium entsandt…“
Er unterbrach sich, schluckte hart und schüttelte dann den Kopf.

Weiß.
„Wir haben uns heute hier versammelt, um einem großen Mann die letzte Ehre zu erweisen.“
Weiße Galauniformen. Sie alle trugen sie und einige sahen in ihnen noch schöner aus, als man es je für möglich erachtete.
Es schien richtig , das fast die komplette Sternenflotte anwesend war – auch wenn Jean Luc Picard nicht gedacht hätte, dass er ein solches Medienereignis je gut heißen würde.
Der Captain der Enterprise-E schaute in traurige Gesichter – einige der Anwesenden waren ehemalige Mitglieder der Crew, andere fühlten sich bemüßigt anwesend zu sein, weil man einen wahren Helden zu Grabe trug.
Oder besser zu Grabe getragen hätte, doch die Explosion, die das Leben seines Crewmitgliedes auslöschte, hatte nichts übrig gelassen.
Während sein Schiff im Orbit repariert wurde, hatte man den Fall untersucht und sich für eine symbolische Beerdigung entschieden.
Die große Gestalt, die am Grab stand, schien – zumindest entnahm Picard das den Gesten mancher Besucher – ein Affront zu sein. Wen wunderte es, ähnelte die Person doch der, die da gestorben war, aufs Haar. Bei einem Zwillingsbruder wären die Emotionen vielleicht nicht so gewesen – und hier zeigte sich die Bigotterie der Einstellung, denn, die Person, die am Grab stand war, aus seiner Sicht, ein Zwillingsbruder.
„Lieutenant Commander Data gab sein Leben in selbstloser Pflicht, seinen Kommandanten zu beschützen.“, sagte die Person, die neben dem Grab stand, in das nun – symbolisch – ein leerer Sarg gelassen wurde.
Picard schaute sich um. Deanna Riker-Troi, seine ehemalige Counselor, nun bald als diplomatischer Offizier auf der U.S.S. Titan tätig,  gelang es, ihre eigene innere Aufgewühltheit zusammen, mit der Trauer, die auf sie von allen Seiten einströmte, in sich zu verschließen. Die linke Hand der Betazoidin klammerte sich um die Rechte ihres Mannes, William Thomas Riker, der bald die Titan kommandieren würde. Er fragte sich, wie oft Will eine solche Ansprache noch halten würde und beneidete ihn nicht um diese Pflicht. Er selbst würde – dessen war er sich sicher – solange er Kapitän eines eigenen Raumschiffes war, oft genug solche Reden halten müssen.
Just, als er diesen Gedanken gefasst hatte, schauten ihn zwei Frauen an – die hübsche Betazoidin und seine Chefärztin und beide lächelten ihn aufmunternd an. Deanna, weil sie sein emotionales Chaos gespürt hatte und Beverly Crusher, weil sie ihn einfach kannte. Er lächelte zurück und wandte sich dann, tief durchatmend ab, weil er wusste, dass nun die Kondolenzen kommen würden.

Der Leichenschmaus war so, wie man es erwarten würde… laut.
Da wurden Geschichten ausgetauscht, über Situationen, die man mit Data erlebt hatte, weise Worte, die der Androide irgendwann einmal gesagt und Heldentaten, die er irgendwann begangen hatte. Sich all das anzuhören, lies Deanna Troi ihren Freund Data wieder mehr vermissen.
Als die Kellnerin kam, räusperte sich zwei Plätze neben ihr jemand und sagte: „Entschuldigen Sie… haben Sie frische Erdbeeren?“
„Natürlich, Sir, ganz frisch aus dem Garten.“, flötete die Kellnerin und man konnte den Besitzer der Stimme förmlich lächeln hören: „Dann nehm ich doch welche.“
„Mit Sahne?“
„Natürlich, Ma’am.“, lächelte die Stimme und Deanna wusste genau, wem diese Stimme gehörte. Sie lehnte sich erst nach hinten, doch offenbar hatte sich der Mann gerade nach vorne gelehnt. Also beugte sie sich vor, doch da hatte sich der Mann wieder nach hinten gelehnt und Deanna seufzte.
Die hübsche Rothaarige neben ihr drehte sich zu ihr um, zuckte entschuldigend mit den Schultern und wandte sich dann an den Mann, der da gerade die Erdbeeren bestellt hatte.
„Cal? Da möchte dich jemand sprechen.“
Der angesprochene schaute zuerst verwundert zu Agatha, dann zu Deanna und lächelte. „Schön Sie wieder zu sehen, Counselor.“, sagte er und reichte ihr die Hand, die sie ergriff und kurz, angemessen kräftig schüttelte, „Ich wünschte nur, es wäre zu anderen Umständen gewesen.“
„Ja, doch“, nickte sie, „Das … auf jeden Fall.“
Er schaute sie verträumt lächelnd an, räusperte sich, als er sowohl den Gesichtsausdruck von Agatha, als auch den von Deanna bemerkte und wurde ungefähr so rot, wie die Erdbeeren, die da gerade von der adretten Kellnerin gebracht worden waren.
„Danke.“, lächelte Cal der Frau aus dem dienstleistenden Gewerbe zu und wandte sich dann wieder an Deanna: „Danke auch an Sie, dass Sie uns eingeladen haben.“
„Das erachtete der Captain, nachdem Sie die ersten drei Jahre an Bord der Enterprise-D Dienst getan hatten, auch eigentlich nur für richtig.“
„Dann sollte ich mich gleich beim Captain bedanken.“, meinte Cal und Deanna blinzelte: „Haben Sie das noch gar nicht getan?“
„Nein, ich dachte, Sie hätten mich eingeladen.“
„Och Cal!“, machte Agatha und schüttelte den Kopf, „Da denkt man nach!“
Gerade, als sich der Captain der Dragonfly erheben wollte, um diesen faux-pas auszubügeln, tauchte neben ihm eine junge Frau auf und überreichte ihm ein PADD.
Er blickte in die Runde, kratzte sich verwundert am Kinn und lehnte sich kurz zurück, um zu lesen, was da denn so wichtig wäre.
Mit gerunzelter Stirn gab er das PADD an Agatha weiter und schaute sie dann verblüfft an.
Er stand auf, ging gefassten Schrittes zur Tür, die zu den Nasszellen führte und wusch sich erstmal die Hände, als die Tür aufglitt und Jean Luc Picard im Raum stand.

 Sofort erstarrte Cal, schaute ihn wie geschockt an, schluckte.
„Captain?“, machte er ruhig und lächelte ihm freundlich zu.
„S… Sir“, setzte er an, holte tief Luft und sagte: „Ich … wollte mich entschuldigen, dass ich mich bei Ihnen nicht sofort für die Einladung bedankt habe.“
„Ich verstehe nicht ganz?“, machte Picard und Cal runzelte verblüfft die Stirn: „Sie haben mich über Counselor Troi einladen lassen. Ich bin… Captain Calvin Cat, Sir.“
Nun hob Picard verwundert beide Augenbrauen.
„ Der Calvin Cat?“, fragte er lächelnd, “Der sich schon in der Nachtschicht immer gerne mit Captain Cat hat anreden lassen?”
Cal merkte, wie er leicht errötete: „Ja… der.“
Picard blickte verschwörerisch von links nach rechts: „Ich hab Ihre Karriere beobachtet. Guter Mann.“
Der Captain der Dragonfly riss überrascht die Augen auf: „S… Sie hab… haben…“
Innerlich schüttelte Picard den Kopf. Er könnte ihm jetzt auf den Kopf zusagen, dass er eigentlich befürchtet hatte, das Einzige, was Cal je kommandieren würde, wäre ein Taxi gewesen, aber… er beschloss, es nicht zu machen. Im Laufe der Jahre hatte er gelernt, dass man mit freundlichen, aufmunternden Worten weiter kam, als mit der schmerzhaften Wahrheit. Er hatte seine Karriere beobachtet, das war richtig – oder besser gesagt, die ewigen Versuche, die Lieutenantprüfung zu schaffen. Wenn er mit seinen Freunden damals nicht das Projekt „Teen Squadron“ in Angriff genommen hätte, er wäre nie Kommandant geworden.
„Ja, Sie sind ein leuchtendes Vorbild dafür…“, setzte Picard an und komplettierte den Satz gedanklich mit: „Wie man mit absoluter Inkompetenz an die Spitze einer Kommandohierarchie stolpern kann.“
In der Wirklichkeit setzte er den Satz jedoch anders fort: „… wie man mit harter Arbeit und sehr viel Fleiß in kurzer Zeit riesige Karrieresprünge machen kann.“
„D… danke Sir.“, stammelte der Captain der Dragonfly und schaute zu Picard herüber, ehe er sich dachte: „Warum hab ich gerade das Gefühl, als wäre ich ein Gary-Stu?“
„Was ist ihr nächster Auftrag?“, riss ihn die Stimme Picards aus seinen Gedanken und Cal fing sich: „Oh… ja, der ist gerade reingekommen. Ich muss zum Ewigkeitsplaneten. Einer unserer Beobachter meldet sich nicht.“
„Wie darf ich das verstehen?“, fragte Picard und Cal schaute ihn neugierig an: „Kennen Sie einen Thaddeus Alexander Stone?“
„TAS? Klar. Das ist einer der besten Captains, die ich je gesehen habe. Er kommandierte die Challenger, soweit ich weiß. Ich erinnere mich noch gut an ihn – er hat mir auf Mehetnar seinerzeit das Leben gerettet. Wieso fragen sie?“, erklärte der Kapitän der Enterprise und Cal nickte: „Ja und er hat mich und Agatha mal mitgenommen, als wir zum Konzert von Rihanna wollten. Der Mann arbeitet ja im Navy Yard vor knapp vierhundert Jahren.“
„Ah, er ist dieser Beobachter?“
„Ja… was genau seine Aufgabe ist weiß ich nicht, ich weiß nur, dass ich schnell zum Wächter der Ewigkeit fliegen muss, um herauszufinden, was mit Stone passiert ist.“

Knappe 12 Stunden später war die U.S.S. Dragonfly im Orbit um den Ewigkeitsplaneten.
Zwar murrte der Chefingenieur des Schiffes, da man seine Maschinen so stark beansprucht hatte, aber Cal hatte ihn angeschaut und gesagt: „Sorry, Seb, was sein muss, muss sein.“
Nun beamte man sich herunter auf den Planeten und als sich Cal das erste mal diesem beinahe-Donut-Förmigen Ding gegenübersah, legte er den Kopf schief.
„Sag mal, Schatz“, wandte er sich an Agatha, „An wat erinnert mich dat Dingen gleich noch mal?“

Er starrte wie hypnotisiert in den Lauf einer Stabwaffe.  Einer drei mal verfluchten Stabwaffe an deren anderem Ende sich ein Jaffa befand und bereit war, abzudrücken.
„Noch einen letzten Wunsch, Tau’ri?“, hörte er die Stimme des Goa’Uld, der sich neben dem Jaffa positioniert hatte, um der Exekution des Mannes beizuwohnen.
Cal schluckte und zuckte dann zusammen, als Querschläger von der Rüstung des Jaffa, wie kleine Feuerwerkskörper, abprallten. Verwundert drehte er sich in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren – da stand, mit feuerbereit gemachter Fabrique Nationale P-90, der Standardwaffe, den drahtigen Körper in voller Kampfanspannung gehalten, Samantha Carter und zielte auf den Goa’uld.
„Ja, ich hätte noch einen.“, flachste plötzlich Jack O`Neill, schaute den Goa’Uld aus grauen, amüsiert-funkelnden Augen an und rückte sich seine grüne Kappe zurecht, „Lass uns in Ruhe.“
„Ihr wagt es, mich anzugreifen?“, donnerte das Wesen, das sich für einen Gott hielt und richtete sein Kara’kesh – ein, entfernt an einen Handschuh, mit einem roten Kristall in der Handflächenmitte, erinnerndes Gerät -  auf den Colonel.
Cal ahnte schon, was nun passieren würde. Mit einem „Ich dachte, ich versuch’s mal“ richtete sich Jack auf, nahm Ziel und warf sein Armeemesser zielgenau in die Hand des Ausserirdischen.

„Gut geworfen.“, machte Cal vom Boden her und schaute zu Jack und Sam herüber. Letztere lächelte ihr berühmtes 1000-Watt-Lächeln und der Captain der Dragonfly merkte, wie seine Gesichtsmuskeln die Arbeit aufnahmen und grinsten…
 
„Hey, was grinst Du so?“, riss ihn die Stimme seiner Freundin aus den Gedanken und er schüttelte den Kopf.
„Was, wie, wo?“, machte er, räusperte sich, in die Gegenwart zurückfindend.
Dann nickte er in Richtung des entfernt stehenden „Wächters der Ewigkeit“ und sagte: „Tut mir leid, aber – das Ding erinnert mich an das Stargate. Du weißt ja… früher…“
„Jaja“, machte Agatha und wirkte leicht genervt, „Du hast mir schon ein paar mal erzählt, wie toll es war, mit der großartigen Samantha Carter zusammen Abenteuer zu erleben.“
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Du bist eifersüchtig.“, grinste der Captain frech und als sie ihn ansah, erkannte sie wieder einmal, dass sie eigentlich für diesen Posten viel zu jung waren.
„Naja, es nervt mich schon, dass Du sie immer auf so ein Podest stellst.“, sagte sie und schaute ihn an, als er die Schultern zuckte: „Aber Schatz – ich bin doch wieder zurück zu dir gekommen.“
 „Á prospos ‚gekommen’, Cal, da vorne kommt die Gruppe, die die Ruinen und den Wächter erforscht.“

Damit deutete sie auf die Gestalten, die sich ihnen näherten. Für den Bruchteil einer Sekunde machte sich das Gefühl in Cal breit, in eine Falle gelaufen zu sein. Vier zu zwei – da konnte man, wenn man nur einen talentierten Kämpfer und jemanden hat, der sich schon mit einfachsten Kampfmanövern schwer tut, durchaus von „in der Unterzahl“ sprechen. Aber, da sie auf einem Föderationsplaneten waren… was könnte schon passieren?
„Immerhin“, dachte sich Cal, „ist es ja nicht so, als haben wir gegen Formwandler krieg geführt.“
Natürlich hatte man genau das getan, aber – nach dem Ende des Dominionkrieges war man sich aber eigentlich so ziemlich sicher, dass eine solche Bedrohung nie wieder ins Haus stehen würde. Die Personen, die ihnen entgegen kamen, waren zwei Männer und zwei Frauen. Die Eine war eine Blondine, bei der der Ausdruck „Die Zeit hat es an einigen Stellen ein wenig zu gut gemeint“ durchaus und ohne despektierlich sein zu wollen, zutreffend gewesen wäre. Sie nahm Haltung an und salutierte: „Captain Cat, darf ich mich vorstellen? Ich bin  Svetlana McGarrett. Dies ist meine Crew – Andrea Brennan, Julian Cane und Anthony DiNozzo, der Dritte.“
Letzterer fasste Agatha ins Auge und lächelte: „Tony – meine Freunde nennen mich Tony.“

Sich räuspernd schaute Cal Tony an, legte den Kopf schief und sagte: „Wie wäre es, wenn Sie ihre Hormone wieder in den Gefrierschrank stellen würden? Das is meine Freundin, und ich kann da sehr ungehalten werden.“
Der Ton, den die hübsche Rothaarige neben ihm anschlug, ließ ihn sich überrascht zu ihr umdrehen.
„Cal, ich kann meine Kämpfe alleine ausfechten.“, sagte sie und der Captain blickte sie verdattert an: „Ja… klar, das… äh… wusste ich. Aber… naja, ich dachte… erm… dass … du… äh…“
Seufzend schaute die erste Offizierin ihren Captain an, dessen Gesichtsausdruck verriet, dass er wirklich keine Ahnung hatte, weswegen sie diesen etwas härteren Tonfall angeschlagen hatte. Sie schüttelte den Kopf und machte eine wegwerfende Handbewegung, schaute dann zu McGarrett und räusperte sich: „Können wir dann mal zum Wächter?“

Erneut erinnerte den Captain dieser große Stein mit der annähernd kreisrunden Aussparung in der Mitte ihn an das Sternentor, durch das er selber ein paar mal gegangen war. Er räusperte sich, schaute zu Agatha und … stockte, als er sah, wie einer der Wissenschaftler plötzlich etwas tat, das mit „durchdrehen“ noch extrem euphemistisch umschrieben werden würde. Der Typ zog tatsächlich eine Pistole – eine dieser archaischen Schusswaffen, wie sie James Bond verwandt hatte, und die man ihm auch im SGC zuerst nahegelegt hatte, zu verwenden, aber dann schließlich davon absah. Anthony DiNozzo, der Dritte, Tony, wie ihn seine Freunde nannten, zog urplötzlich eben jene Waffe und begann „rumzuballern“, wie es O’Neill sagen würde. Entsetzt warf sich Cal auf Agatha, als der Schuss losheulte. Seinen Körper als Schutzschild verwendend, presste er sie auf den Boden, griff nach seinem Phaser und wollte auf DiNozzo schießen… doch dieser rannte gerade zum Wächter der Ewigkeit und sprang hindurch.
„Na, da haben wir noch mal Glück gehabt, hm?“, murmelte der Captain, stand auf und klopfte sich den uralten Staub von der Kleidung.
Agatha antwortete nicht, was Cal dazu veranlasste, zu ihr zu sehen: „Oder was meinst Du?“
Dann erstarrte er.
Unter dem kurvenreichen Körper seiner Freundin bildete sich eine Blutlache.

Auf der Krankenstation der Dragonfly ging der Captain in immer schnelleren Abständen immer kürzer auf und ab, stoppte, wandte sich um, drehte sich zur Bordärztin, der blonden Gina Intrupper und ging dann wieder auf und ab.
„Gina, was is nun?“, fragte er und schaute zu ihr herüber.
Die blauen Augen der jungen Ärztin verrieten eine Mischung aus Genervtheit, Sorge und Konzentration: „Ich könnte hier definitiv schneller weiterarbeiten, wenn Du mich nicht alle fünf Minuten stören würdest, Cal.“
Der doch recht scharfe Tonfall ließ ihn zusammenzucken und sie verblüfft anschauen, ehe er sich auf dem nächsten Biobett niederließ.
„’Tschuldigung. Ich bin nervös.“
Gina seufzte, wandte sich kurz zu ihm und nickte: „Kann ich verstehen. Man hat deine Freundin vor deinen Augen angeschossen.“
„Ja“, machte Cal, suchte den Blickkontakt zur schönen Ärztin und zuckte mit den Schultern: „Ich hab mich noch auf sie geworfen…“
Die hübsche Frau grinste: „Du bist nicht Superman. Weder kannst du fliegen, noch dir ‚faster than a speeing bullett’ auf die Stirn tätowieren lassen.“
„Das is auch ganz praktisch, sonst müsste ich mit der Unterhose über der normalen Hose rumlaufen. Und auf Cape hab ich nun wirklich keinen Bock.“, meinte der Captain und merkte, wie er gegen seinen Willen schmunzeln musste. Dieser Spruch von ihr hatte förmlich nach einer blöden Reaktion geschrien und wenn es etwas gab, dem Cal nicht widerstehen konnte, war es seine Freundin – und blöde Kommentare auf diverse Situationen abzugeben.
Dann fiel sein Blick auf die Frau, deren durchtrainierter Bauch frei lag und die von Gina mit einem Hautregenerator behandelt wurde.
Er stand auf, schaute zu Gina, dann zu Agatha und erschrak.
Wie bleich die Frau, die er liebte, gerade wirkte.
„Wird sie es schaffen?“, fragte er und die Ärztin nickte: „Was erwartest Du? Sie ist eine Kämpferin. Meinst Du im Ernst, eine Kugel in den Bauch haut sie um? Zwei Tage Krankenstation und sie ist wieder wie neu.“
„Ein Hoch auf die moderne Medizin.“, meinte der Captain und schaute seine Ärztin dann an: „Aber ich versteh immer noch nicht, weswegen DiNozzo durchgedreht hatte.“
Gina zuckte mit den Schultern: „Ich hab keine Ahnung…“
Er wollte sich gerade noch äußern, da erklang die Stimme seiner Sicherheits- und Taktikoffizierin aus der Brosche, dem sogenannten Kommunikator.
„Brücke für Captain Cat?“
„Ja, Cat hier?“
Er konnte förmlich hören, wie Jill aus dem Kommunikator grinste: „Wir haben eine Spur gefunden. Ich leg sie dir auf den Untersuchungsbildschirm in der Krankenstation.“
„Sekunde mal, woher weißt Du, wo ich bin?“, fragte Cal verwirrt und dieses mal lachte sie: „Cal – deine Freundin ist verletzt worden, sie wird es zwar packen, da sind wir uns alle einig, aber wir alle wissen doch, wie es emotional um dich bestellt ist, wenn sie wieder mal verletzt wurde. Natürlich bist du auf der Krankenstation.“
Der Captain räusperte sich: „Bin ich so durchschaubar?“
„Oh ja.“, machte Gina, deren italienische Wurzeln ausgerechnet in diesem Moment zum sprachlichen Vorschein kamen.
Seufzend wandte sich der Captain zu einem der Bildschirme, auf dem nun etwas erschien.

Es war ein Text.
Ein eigentlich harmloser Text, der offenbar mit einem Phaser in einen der uralten Steine auf dem Ewigkeitsplaneten eingebrannt worden war.


--- Zitat ---Tempus fugit.
Reflecting pool
Anacostia, Potomac,
Capitol.
Es ist wirklich schön hier.
Leider wird mir der Urlaub
Extrem vermiest.
Steine sterben, Fremde sind hier.
Scheidung MMXI

--- Ende Zitat ---

Cal las sich die Nachricht noch mal durch und stellte fest, dass sie absolut keinen Sinn machte. Er konnte zwar einige Landmarken herausfinden – Anacostia, Reflecting Pool Potomac, Capitol – das waren Sehenswürdigkeiten in Washington D.C. aber…
„Steine sterben?“, fragte Agatha und der Captain zuckte zusammen, als er plötzlich ihren Atem in seinem Nacken spürte.
„Hast Du mich erschreckt.“, keuchte er und presste sich die Hand theatralisch auf die Brust, „Mach das nich wieder, oder dein alter Captain kriegt’n Herzkasper, der sich gewaschen hat.“
Sie zwinkerte ihm zu und küsste ihn auf die Stirn: „Du bist nicht alt.“
Dann nahm sie ihn in den Arm: „Danke, das Du mich hast retten wollen.“

Kurz trachtete er danach, ihr zu sagen, dass man sich gerade mal auf diese Botschaft konzentrieren musste, aber die Anwesenheit Agathas brachte ihn völlig aus dem Konzept. Er starrte sie, wie betäubt, hypnotisiert und unter jeder anderen Art der Telegedankenkontrolle an und lächelte: „Schatz… wenn ich kann, werf ich mich immer vor dich. Du kennst mich – für dich mach ich alles, da werf ich mich sogar hinter den fahrenden Zug.“
„Halt die Klappe, Cal.“, grinste sie, packte ihn und drückte ihm einen sinnlichen Kuss auf die Lippen. Als sie sich lösten, starrte er sie an, blinzelte und schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden.
„Erm… ja.“, stammelte er dann und schaute zu ihr: „W… was meintest Du eigentlich gerade?“

Sie grinste.
Hatte sie es wieder einmal geschafft, ihn aus der Fassung zu bringen? Das tat sie wirklich gerne, immerhin liebte sie es, wenn er gerade einen Gedanken ausformuliert hatte, ihn durch eine Geste so fertig zu machen, dass er vergas, was er eigentlich sagen wollte. Es ist zwar nicht nett, das mit jemandem zu machen, der sowieso nie all zu viele Geistesblitze hat, aber – ein bisschen Spaß muss sein. Besonders, nachdem man einen Bauchschuss erhalten hatte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, das sie getroffen wurde, nur daran, dass sie plötzlich knappe 73 Kilo auf dem Rücken hatte und dann merkte sie erst diesen unsäglichen Schmerz in der Seite, der sie langsam, aber sicher das Bewusstsein verlieren ließ.

Sie erinnerte sich nicht an viel, nur daran, das sie immer wieder Cal sah, hörte, spürte, wie er in der Krankenstation auf und ab ging, besorgt nach ihr fragte und sie konnte eigentlich nicht mehr tun als da zu liegen und zwischen Ohnmacht und Wachsein hin und her zu pendeln. Dann erwachte sie endlich, als sie sah, wie Cal sich der Nachricht auf dem Bildschirm widmete, zwinkerte Gina zu und stand auf.

„So“, räusperte sich die Ärztin, „Agatha, du hast deinen Spaß gehabt, leg dich wieder hin. Ich möchte nur noch ein paar Tests machen.“
„Ja, gleich.“, sagte Agatha, beugte sich vor und warf einen Blick auf den Text auf dem Bildschirm.
Cal tat es ihr gleich.
„Was meint der Typ mit ‚sterbende Steine?’“, fragte er und Gina zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, aber – der Schreibstil erinnert mich an meinen Bruder.“
Cal blinzelte sie an: „Du meinst diesen Überflieger, der mit 20 ein besserer Doktor war als Julian Bashir – ohne dabei genetisch hochgewertet zu sein?“
Gina nickte.
„Ja, er versteckte gerne kleine Botschaften in seinen Briefen. Er hatte mal von sogenannten Akrostichons – oder acrosstic.“
Erneut blinzelte Cal: „Wat soll dat denn sein?“
„Erinnert Ihr beide euch an das Symbol der Christen?“, fragte Gina und Agatha nickte: „Das Kreuz, oder?“
„Nein, ich meine den Fisch. Angeblich sollen damals die Urchristen dieses Zeichen verwendet haben, um sich anderen Christen erkennen zu geben.“, erklärte Gina, „Und ich sag euch auch, warum. Der Fisch – zu griechisch „Ichtys“, ist das kurz gefasste Glaubensbekenntnis und erhält den Satz: „Jesus Christus, Gottes Sohn und Erlöser“ – auf Griechisch. Also Iēsous Christós Theoú Hyiós Sōtér.“

Dieses mal blinzelten nicht nur Cal, sondern auch Agatha die hübsche Blonde verdattert an und antworteten wie aus einem Munde. „HÄ?“
Ein Lächeln zierte die vollen Lippen Ginas und sie schaute die XO und den Captain an: „Schreibt man nun Iēsous Christós Theoú Hyiós Sōtér unter einander und nimmt von Iēsous das I, von Christós das CH, von Theoú das Th, von Hyiós das Y und von  Sōtér das S, erhält man das Wort ICHTYS, also Fisch. Und aus diesem Grunde ist, der Legende nach, der Fisch ein Symbol der Christen.“
„Ja, okay, hab ich verstanden.“, meinte Cal und Agatha blickte ihn verdattert an, als wolle sie verschmitzt ein „Das glaube ich nicht, Cal.“ einwerfen, was sie aber nicht tat. Stattdessen räusperte sie sich: „Aber was hat nun der Fisch – oder das Akrostichon mit dieser Nachricht zu tun?“
Gina grinste: „Im Grunde ist es ganz einfach.“
Sie räusperte sich.
„Computer, bitte alle Buchstaben, bis auf die jeweils ersten der Zeile löschen.“
Der Rechner der Dragonfly tat wie ihm geheißen und plötzlich erschien auf dem Bildschirm ein neues Wort.

--- Zitat ---T
R
A
C
E
L
E
S
S

--- Ende Zitat ---

Cal blinzelte verwundert: „Traceless? Aber… was hat der denn hier verloren? Ich meine, operiert er als Dieb, Terrorist und A-Loch extraordinaire nicht eigentlich eher so… ich weiß auch nicht, im Zentrum der Föderation?“
Dann stöhnte er auf, schaute zu Gina und lächelte: „Entschuldigung, ich weiß… er ist den Bruder und… aber… es tut mir leid, er ist ein Verbrecher.“
„Ich weiß.“, knirschte Gina mit den Zähnen, „Das macht es aber auch nicht leichter. Es ist eigentlich so einfach – was er tut ist kriminell, aber… meine Güte, wie kann man von mir erwarten, zwischen der Loyalität zu meinen Freunden und meiner Familie zu wählen?“
Agatha legte ihr lächelnd die Hand auf die Schulter: „Das kann man nicht. Dein Bruder liebt dich, deswegen hat er uns bei der Konferenz auf der Erde seinerzeit verschont.“
„Sprecht da nur für euch.“, murrte Cal, „Mir tat noch zwei Tage lang der Kopf weh, weil er mich ausgeknocked und meine Rolle angenommen hatte.“
Die beiden Frauen grinsten ihn an: „Hätten wir eigentlich merken müssen, da warst Du ja kompetent wie sonst nie.“
„Na danke schön“, machte Cal mit einem leicht genervt klingenden Unterton, grinste aber, ehe er sich räusperte und dann wieder dem Bildschirm zuwandte.
„Okay, wir wissen, das Traceless da war, aber… wir wissen nicht, was er uns sonst noch mitteilen wollte.“
Gina schüttelte den Kopf: „Im Gegenteil, das wissen wir eigentlich sogar sehr konkret.“
„Ach ja?“, machte Cal und dieses mal nickte Agatha: „Jupp. Cal, pass auf, ich zeig es dir.“
Damit wandte sie sich wieder an den elektronischen Datenknecht: „Computer? Bitte den letzten Arbeitsschritt zurücknehmen.“
Sofort erschien auf dem Bildschirm wieder der komplette Text.


--- Zitat ---Tempus fugit.
Reflecting pool
Anacostia, Potomac,
Capitol.
Es ist wirklich schön hier.
Leider wird mir der Urlaub
Extrem vermiest.
Steine sterben, Fremde sind hier.
Scheidung MMXI

--- Ende Zitat ---

Cal legte den Kopf schief: „Okay, Reflecting pool, Anacostia und Potomac, sowie das Capitol lassen ja nun auf D.C. schließen  - soweit war ich auch schon. Er macht also Urlaub in Washington, aber – und jetzt kommt der Caius Kaktus…“
„Casus knacktus.“, murmelte Agatha, was vom Captain aber wohlweißlich überhört wurde, der sich gar nicht stören ließ, und fortfuhr: „Was heißt ‚Steine Sterben, Fremde sind hier – Scheidung MMXI?“
Gina lächelte: „Das weißt Du wirklich nicht? Ich weiß auf jeden Fall schon mal, was mit MMXI gemeint ist.“
„Ach so?“, fragte Cal, „Und was?“
„Römische Zahlen, mein Freund.“, sagte die Italienerin, „Das M steht ja wohl für Tausend, das X für 10 und das I für die Eins. Also Zwei Tausend Zehn und 1 – ergibt 2011.“
Mit nun in die andere Richtung geneigtem Kopf rechnete der Captain nach und nickte: „Ja, wenn Du das sagst, wird das stimmen. Und was meint er mit Scheidung?“
„Buzz hat mir früher immer aus dieser Datenbank vorgelesen… man sagte dazu ja mal ‚Wiki’, aber -  ich nenn es weiterhin „Datenbank“. Also in dieser Datenbank stand, dass ein bestimmter Monat, früher ‚Scheidung’ hieß – auch Herbstmonat, Holzmonat oder Engelmonat genannt.“
„Und welcher Monat soll das sein?“, fragte nun Agatha und Gina grinste: „Der September, meine Liebe. Buzz lässt uns mitteilen, dass er im September des Jahres 2011 ist.“
„Ja, gut okay“, meinte Cal, „Aber was heißt bitte schön ‚Steine sterben’? Ich meine, er wird ja wohl kaum…“
Der Captain stockte und wandte sich dann an Agatha: „Schatz, wie heißt noch mal der Kontrolloffizier, der sich nicht mehr meldet?“
Agatha schaute ihn an: „Thaddeus Alexander…“
„Stone“, komplettierte Cal den Satz: „Er will uns mitteilen, dass Stone stirbt!“
Damit wandte er sich um, griff Agatha bei der Hand und zog sie mit sich, stoppte in der Tür und wandte sich zu Gina um: „Scheint so, als sei dein Bruder doch nicht nur ein A-Loch.“
Die Ärztin räusperte sich: „Ihr geht runter zum Ewigkeitsplaneten, oder?“
„Ja, wieso?“, fragte Cal und wandte sich an Agatha, die sich in diesem Moment wieder den Magen hielt und Schmerzlaute von sich gab.
„Deswegen.“, meinte Gina, „Meine Güte, das Ding ist ein Tor durch Raum und Zeit, da werdet ihr noch ein paar Tage haben, bis sich dein Schatz wieder auskuriert hat, oder?“
„Stimmt.“, lächelte Cal.

Was der Captain nicht wissen konnte, war, dass alle seine Bemühungen, das Leben Captain Stones zu retten, nicht fruchten würden und das am Schluss Petty Officer McConnaugh immer wieder das Endergebnis dieses Kampfes zwischen Raum, Zeit und Planeten sehen würde.
Eine Leiche in einer Waldlichtung .

TBC.

CaptainCalvinCat:
Kapitel 6
Die nussbraunen Augen Ziva Davids rollten in ihren Augenhöhlen nach oben und ihr Körper erschlaffte.

Klirr!
Er hatte, ohne groß darüber nachzudenken, was er getan hatte, gehandelt und sich mit voller Wucht gegen den Mann im grauen Sakko geworfen. Den Ruf seiner Liebsten hatte er gerade in dem Moment vernommen, in dem beide gegen das Fenster krachten und dann …

Bemerkte er, wie er sich im freien Fall befand.
‚Scheiße!’, schoss es ihm durch den Kopf, ‚Wenn ich jetzt unten aufpralle…“
Da hatte der Mann, der das Gesicht von NCIS Ermittlerlegende Leroy Jethro Gibbs spazieren trug, ihn aber schon gegriffen und gegen seinen Kommunikator gedrückt. Mit einer Stimme, die die Cals war, sagte Gibbs plötzlich: „Cat an Dragonfly! Notfalltransport. Beamen Sie uns hoch.“
Und dann – kurz bevor der Aufschlag erfolgte – dematerialisierte er. Dunkelheit umfing ihn.

„Cal!“, hatte sie geschrien und dann war er vor ihren Augen auf Traceless zugestürmt und hatte sich mit ihm aus dem Fenster geworfen. In Sachen „Selbstzerstörungsfreudigkeit“ erinnerte sie das an seinen legendären Einsatz auf Optimus Prime , der nur deswegen Optimus Prime hieß, weil Cal, der den Planeten zusammen mit seiner Crew als Erster entdeckt hatte, ihn im Angedenken an eine Kinderserie, die er offenbar gerne schaute, den Namen gegeben hatte.
Aus diesem Grund fanden sich ab den Tagen, ab denen es der Crew der Dragonfly oblegen hatte, kühn dorthin zu gehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist, Planeten, die Namen wie Ultra Magnus , Thor oder auch Blablawuffwuff in den Sternenkarten und -Atlanten. Man hatte versucht Cal – dem frühen Cal – die Vorliebe für bekloppte Namen auszutreiben, man hatte mit dem Legal Department der Sternenflotte gesprochen, die sich mit Crane, Poole & Schmidt beraten hatten, aber – nein, gegen alte Traditionen kam man halt nur ganz schwer an.

Auf Optimus Prime hatte sich der todesmutige und offenbar intelligenzallergische Cal zusammen mit dem Prime Minister aus einem Hochhaus geworfen, nachdem es auf dem Planeten zu einem Bürgerkrieg gekommen war. Damals waren seine Handlungen von der Sternenflotte genau so gerügt worden, wie sie es jetzt werden würden, wenn der Captain einen Sturz aus einem knapp 5 Meter hohen Gebäude überlebte. Wenn man einen Köpper , also einen Kopfsprung, hinlegte, konnte selbst ein Sprung aus einem Fenster im ersten Stock gefährlich enden.

Ding
Die Tür glitt auf und ein freudestrahlender Cal kam ihnen entgegen. Gibbs war wenig begeistert – und das ist noch ein Euphemismus. „Gute Nachrichten“, grinste der Captain Agatha zu, „Wir haben ihn. Traceless ist gefangen, wir können verschwinden. Fall gelöst, Case closed.“
„… ist eine deiner Lieblingsanime-Serien. Du fühlst dich doch immer noch sehr mit dem Charakter des Shinichi verbunden, hm?“, lächelte Agatha und Cal zuckte mit den Schultern: „Wenn ich ehrlich bin, fühl ich mich in letzter Zeit mehr so wie Kaito KID.“, gab der Captain zurück und schaute sie an: „Aber ich bin ehrlich, wenn ich sage: Wir können uns von hier zurückziehen. Wir haben unseren Mistkerl gefangen, er ist hinter schwedischen Gardinen und atmet auch ohne Feinstaubfilter gesiebte Luft. Zu deutsch: Wir können verschwinden.“
Agatha war verblüfft: „Wie, wirklich?“
„Ja“, nickte Cal bestätigend, „Ich hab ihn selber in der Arrestzelle abgeliefert und – alles ist in bester Butter.“


Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatte es geregnet. Er hatte in einem Auto gesessen, mit seinem Gewehr gezielt und abgedrückt. Er hatte nicht vorgehabt, die Frau, auf die er angelegt hatte, zu töten. Nein, das wäre viel zu simpel gewesen. Wenn er gewollt hätte, dass sie tot wäre – und damit davon zu kommen -  hätte er andere Mittel verwendet, Mittel, die ihn nicht mit diesem Verbrechen in Verbindung gebracht hätten. Es war eine Mitteilung gewesen – eine Mitteilung an den Mann, der ihn tot sehen wollte. Und er hatte diesen Mann ebenfalls tot sehen wollen, da ihn dieser an seinen Vater erinnerte.

Der Mann erinnerte sich deutlich daran, wie verwirrt er sich gefühlt hatte, als seine Auftraggeber ihn von seiner aktuellen Mission abgezogen hatten. Er hatte sie nie gesehen, hatte nur in dem Moment, in dem er in das Haus hatte gehen wollen, um seinem Ziel eine Kugel in den Kopf zu jagen, gespürt, wie man ihn griff, ihm etwas injizierte, das ihn schlafen ließ.

Hier, im Anacostia Park, gegenüber des NCIS, hatte man ihn aus dem Lieferwagen gelassen, ihm ein Gewehr in die Hand gedrückt und „Gute Jagd“ gewünscht.
Und als er erfahren hatte, wer sein Ziel war, hatte sich ein Lächeln auf seine Lippen gelegt.
Sein erstes Opfer war nicht wichtig. Es war ein Offizier, ein gewisser Thaddeus Stone gewesen. Er hatte nicht einmal gewusst, warum seine Auftraggeber gerade diesen Navy-Captain tot sehen wollten, aber er hatte auch nicht nachgefragt.
Neugierig war er eigentlich nie gewesen, das schickte sich nicht.

Stone hatte gejoggt und die Tatsache, dass er ihn, seinen Mörder, so gut wie gar nicht bemerkte, hatte ihn amüsiert. Es war schnell gegangen. In einer einzigen, raschen Bewegung hatte er sein Opfer getötet, das Schwert, dieses lächerlich-lange Schwert präzise dorthin getrieben, wo es den meisten Schaden verursachte und hatte ihn dann zu Boden gehen lassen, auf dass das Schwert schön sichtbar blieb. Hätte er ihn nach vorne fallen lassen, wäre vermutlich einer der Passanten auf die glorreiche Idee gekommen, dass der Mann nur schliefe.
Wenn der Mann jedoch ein Schwert hatte, das aus der Brust ragte, war es schon schwieriger, zu meinen, dass Stone nur schliefe.

Auch, als man die Leiche gefunden hatte, war er in der Nähe geblieben, hatte sich im Gebüsch versteckt, sich auf die Lauer gelegt und immer wieder seinen Widersacher im Auge behalten.
Natürlich waren ihm die anderen Leute aufgefallen, die bei ihm waren. Er hatte sie alle mit Namen gekannt und es schmerzte ihn sehr, zu sehen, mit welcher Selbstverständlichkeit nicht nur sein Widersacher den Dienst tat, sondern auch die Person, von der er es eigentlich nicht erwartet hatte.

Kurzzeitig spielte er mit dem Gedanken, mit einem einzigen Schuss die Sache zu beenden. Es würde so sein, wie bei Kate, nur, dass sie der Tod nicht auf einem Dach, sondern mitten im beschaulichen Anacostia-Park ereilen würde. Das könnte er tun, aber er sträubte sich dagegen. Immerhin waren sie verwandt.
Und Verwandte ermordete man nicht.

Also schwenkte er sein Zielfernrohr wieder zu dem Mann herum, den er hasste und betrachtete die konzentrierten Züge Leroy Jethro Gibbs. Es war eigentlich nur ein kurzes Zucken seines Zeigefingers nötig, um ihn zu eliminieren. Vor seinem Inneren Auge sah er schon, wie der Kopf des grauhaarigen Mannes nach links ruckte, er dann in die Knie ging und dann zur Seite wegsackte.
Es wäre kein Problem – und mit dem Tod Gibbs wäre auch einer der fähigsten Ermittler und derjenige, der ihn zweifelsohne überführen würde können, aus dem Weg geschafft.

Und kurz, bevor er mit dem nötigen Maß an Kraft den Abzug drückte, stand Tony DiNozzo im Schussfeld und die ganze Sache war dahin.
‚Verdammt’, murmelte Ari Haswari und seufzte, ‚Konnte es nicht einfach so funktionieren?’

In den folgenden Stunden hatte er sich mit der Präzision, der Ruhe und der Ausdauer eines Army-Snipers darauf vorbereitet, seinem eigenen, kleinen, persönlichen Vergnügen, dem Töten Gibbs, nachzukommen. Es überkam ihn ein gewisses Gefühl der Melancholie, als er an genau der Stelle seine Position bezog, an der er seinerzeit in das Fenster geschossen hatte, hinter dem die quirlige Forensikerin Abigail Sciuto ihr Labor hatte. Seinerzeit hatte er mit einem gezielten Schuss in dieses Fenster einiges an Chaos verursacht, aber er war sich sicher, dass Gibbs alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um dort Panzerglas zu installieren.

Nun starrte er durch das Zielfernrohr des Scharfschützengewehres in das Büro des NCIS – sah, wie Gibbs vom Büro des Direktors zum Schreibtisch von McGee ging, mit ihm sprach, dann in die Richtung verschwand, in der die Toiletten gelegen waren, dann tauchte eine hübsche Frau neben McGee auf und die beiden redeten miteinander. Worüber konnte er über die Distanz natürlich nicht hören und es interessierte ihn auch nicht. Als dann McGee und die hübsche Frau zusammenzuckten und der Agent in Richtung Verhörräume davon lief, überlegte Ari, an was für einem miesen Tag er aufgetaucht war.

Die größte Überraschung jedoch folgte, als er sah, wie ein junger Mann an Gibbs vorbei ging,  sich dann auf einen zweiten Gibbs warf. Als dann beide aus dem Fenster fielen, lösten sie sich auf, wie Schneemänner in der Sonne.
Verwundert rieb sich Ari die Augen, schüttelte den Kopf und spähte dann durchs Zielfernrohr wieder in das Gebäude. Ein sowieso zerstörtes Fenster bot Möglichkeiten. Wenn eine Kugel zuerst durch Glas brechen musste, um in den Körper einer Person einzuschlagen, würde sie einiges an Moment verlieren. So nicht.
Ari lächelte, zielte auf den Gibbs, der sich gerade verwundert zu Ziva und DiNozzo umgedreht hatte und wollte gerade abdrücken, als die rothaarige Frau, die im Hintergrund besorgt dreingeblickt hatte, plötzlich verwundert guckte und dann der Typ, der gerade aus dem Fenster gefallen war, wieder auftauchte.
Er betrachtete das Profil des Typen, legte den Kopf schief und tastete nach seiner Hosentasche.

Das Foto, das er hervorholte, hatte man ihm geben und gesagt, wenn er diesen Mann je zu Gesicht bekommen sollte, solle er das tun, was er am Besten könne.
Kurz studierte er die braunen Augen, die blonden Haare und den verwegen-mutigen Gesichtsausdruck, der mit der Grenze zur Dämlichkeit flirtete. Ari wusste, hier hatte er es mit einem sogenannten „Spezialisten“ zu tun, jemandem, dessen Handlungsweisen für ihn selbst logisch erscheinen, aber nicht unbedingt für seine Umwelt genau so erscheinen mussten. Aber – waren nicht alle Entscheidungen, die ein Mensch traf, eher der inneren Logik geschuldet, als der, der Aussenwelt?

Dennoch – Auftrag war Auftrag und der Mann, der da gerade den Raum betreten hatte, glich seiner Zielperson aufs Haar. Logik oder nicht – hier hieß es: „Pech gehabt.“.
Und genau mit der selben Abwesenheit von Reue, Schuld und Erbarmen, die er schon bei dem Schuss, der das Leben von Kate Todd beendete, gefühlt hatte, legte er nun auf den jungen Mann an und überlegte, was er nun tun solle.
Ein Schuss in den Kopf?
Nein – das wäre eine billige Widerholung, und diese werden immer im Nachtprogramm gebracht. Seine Taten waren eines Prime-Time-Events würdig, um 20.15 Uhr, bei dem sich die ganze Familie mit Chips und Cola auf der Couch lümmelte und ihm zusah, wie er seine ganz persönlichen Feinde aus dem Weg räumte.
Ein Schuss in den Kopf – nein, das war er nicht wert.

Er sah sich schon in der Talkshow – Ophra, Lettermann, Anne Will, Hart, aber Fair – sitzen und vom Moderator befragt werden. „Warum haben Sie Kate seinerzeit in den Kopf geschossen?“.
Die Antwort war einerseits völlig simpel, andererseits jedoch…
„Kate“, sah er sich mit einer neutralen, um Aufklärung bemühten Stimme sagen, „trug zu diesem Zeitpunkt eine schusssichere Weste. Sie hat sich vor Gibbs geworfen und zwei Kugeln für ihn aufgefangen und selbst mit einer Kate kommt man nicht durch eine schusssichere Weste. Der Kopfschuss ist die einzig logische Alternative.“
Sein Interviewpartner würde ihn kennen – er hätte seine Biografie gelesen, ‚Thoughts of a serial killer’ und würde wissen, wie er zu der Frau stand, die er da ermordet hatte.
„War es nicht auch so, dass sie ihr unnötiges Leid ersparen wollten?“, hörte er Winfrey, Lettermann, Will oder Plasberg fragen und sah sich nicken.
Ja, er hatte Kate geliebt und wollte ihr durch diesen Schuss in den Kopf das Leid ersparen, das bei Treffern in andere Körperregionen eingetreten wäre. Wenn am Schluss der Tod steht, dann sollten die Tode derer, die man im Herzen hat, schmerzlos sein.

Für diesen jugendlichen Typen allerdings empfand er diese Zuneigung nicht – hier konnte er kreativ werden. Ein Schuss in die Brust? Die Kugel dringt – durch das zerstörte Glas ungehindert – in den Brustkorb ein, verursacht dort größtmöglichen Schaden und verlässt ihn dann wieder, um in der Wand hinter ihm steckenzubleiben?
Den Kopf schiefgelegt kalkulierte der Scharfschütze, ehe er Ziel nahm und abdrückte.
„Treffer“, dachte er sich, grinsend.

Das Lächeln, das der Mann, der sich selbst Cal nannte, aufgesetzt hatte, ließ Leroy Jethro Gibbs kalt. Dieser Mann hatte sich einfach – ohne auf Backup zu warten – auf seinen Feind gestürzt und war mit ihm aus dem Fenster gefallen. Ein solcher Plan hätte ‚Cal’ bei ihm eine Kopfnuss eingebracht. Aber – die Mission des jungen Mannes schien, nach dem Grinsen Cals und Agathas zu schließen, erfolgreich gewesen zu sein.
„Ich hab ihn selber in der Arrestzelle abgeliefert und – alles ist in bester Butter.“, erklärte der Mann gerade, als ein leises Sirren, beinahe wie von einem Moskito zu hören war, das langsam immer lauter wurde, bis Cal aufschrie und nach hinten fiel.
Nicht schon wieder! , schoss es Gibbs durch den Kopf und er sah, statt des jungen Mannes plötzlich die mit weit-aufgerissenen Augen daliegende Caitlynn Todd, deren Kopf ein großes Loch aufwies.
„Cal!“, hörte er Agathas entsetzte Stimme, riss sich in die Realität zurück, war bei ihr und gab ihr einen Stoß, der sie zu Boden gehen ließ, ehe er in dem bestem Kommandotonfall, den er gerade aufbringen konnte, ein raues „Alle auf den Boden und in Deckung“ bellte.

Er selbst warf sich direkt am Fenster, dort, wo eine ungefähr 60 Zentimeter hohe Mauer in Backsteinoptik die untere Begrenzung zum mausgrauen Teppichboden bildete, zu Boden und hatte seine Pistole gezogen. Angestrengt lauschte er, horchte in die Ferne, ob erneut ein solches Geräusch erklingen würde, das er selbst oft genug gehört und oft genug verursacht hatte. Irgendjemand feuerte von der Werft – oder dem Anacostia-Park – aus auf das Büro.
Er musste gar nicht lange überlegen, wer für so einen Anschlag verantwortlich zeichnen könnte – er erkannte den modus operandi, erkannte die Signatur und wusste, dass die Kugel, die man aus dem jungen, toten Mann ziehen würde, eine Lapua war, eine, wie er sie benutzt hatte.

Eine Tac-Ops Bravo 51, die Waffe, die Marines eine „Kate“ nannten, hatte er verwendet um, vor knapp 5 Jahren, das Teammitglied Caitlynn Todd zu erschießen. Vor seinen Augen – durch einen Treffer in den Kopf. Er – der Bastard, der Schweinehund. Ari Haswari, der Terrorist, der sich ihnen immer wieder gezeigt, sie immer wieder genarrt hatte und auf den Gibbs einen regelrechten Hass entwickelt hatte. Dieses Gefühl war jedoch gegenseitig, wie Ari damals, als sie sich im Keller gegenüberstanden, erwähnt hatte.

Und hier kam die Crux, hier kam das, was Gibbs nicht verstand.
Er hatte gesehen, wie Ziva Ari erschossen hatte. Er selbst hatte überprüft, ob Ari tot war, oder nicht – und dennoch verwendete jemand, von dem er genau wusste , das es Ari war, die Taktiken des Toten. Wenn es nicht Haswari war, dann ein verdammt guter Nachahmungstäter.

Die Stimme einer Person klingt, wenn diese Person sie selbst hört, überraschenderweise immer anders. Eigentlich sollte man meinen, das man selbst seine eigene Stimme am Besten kennt – aber dem ist nicht so. So konnte sich Agatha Silverbird nur darauf verlassen, wenn Cal ihr sagte, dass sie die für ihn betörendste, bezauberndste und hypnotischste Stimme habe, die er sich vorstellen könne.
Gut, er sagte „Gleich hinter den Sirenen“ und da war sie eigentlich schon wieder versucht, ihn in der nächstbesten Badewanne zu ertränken oder ihn mit Honig zu bestreichen und in den nächsten Bienenkorb zu jagen, aber sie verzichtete darauf.
Jetzt aber klang Agathas Stimme, die ihr Freund – nach eigenem Bekunden - für das Erotischste auf der Welt hielt, eher nach einem kreischenden Affen, denn nach einer schnurrenden Katze.
„CAL!“, schrie sie, als sie das Sirren gehört und gesehen hatte, wie ihr Freund zusammengezuckt und kollabiert war. Sie hatte keine Ahnung, ob er noch lebte, wusste gar nichts, merkte nur in diesem Moment wie ein, in ein graues Sakko gekleidetes Schemen bei ihr war und sie so hart zu Boden stieß, dass sie mit dem Kopf aufschlug und wie durch einen Schleier die Worte „Alle auf den Boden und in Deckung“ wahr nahm.

Dann kehrte die Welt zurück und Agatha wusste nicht, wohin. Die Soldatin in ihr herrschte sie an, dass sie sich in Deckung begeben solle, dem Befehl Gibbs gehorchen und sich in Sicherheit begeben. Die Freundin in ihr hatte das Verlangen, Cal aus der Schusslinie zu holen, auch, wenn sie getroffen würde.
„Verdammt“, murmelte sie, „was…“
Weiter kam sie nicht.

Für Ziva hatte sich der Tag zu einem der wohl verwirrendsten Tage in ihrem Leben entwickelt. Er war so bizarr, bizarrer als ihre Drogenträume damals. Sie erinnerte sich an die Sachen, die sie sich in Somalia vorgestellt hatte, als das Wahrheitsserum, das Saleem Ulman – ihr Häscher -  ihr injiziert hatte, nicht die gewünschten Informationen aus ihr herausgekitzelt und der Terrorist sie mit einem weiteren Serum betäubt hatte. Und das waren schon Träume gewesen, die sie eigentlich niemandem erzählen konnte.
Nun aber hatte sie innerhalb eines Tages erlebt, wie ein Mann, den sie erst für eigentlich ganz vernünftig, dann wahnsinnig und schließlich wieder vernünftig gehalten hatte, sie überwältigt, ihr die Waffe abgenommen, drei Schüsse auf Gibbs – der dann doch nicht Gibbs war, sondern ein sich dauer-maskierender Geisteskranker – abgegeben, sich mit dem falschen Gibbs aus dem Fenster geworfen hatte und zu guter Letzt auch noch angeschossen worden war.
Es gab Tage, an denen man eben lieber im Bett bleiben sollte. Aber als sie ihren Chef hörte, den sie ansah und dessen väterliche Aura sie spürte, dann zuerst einen Blick zu Tony und sich dann auf Geheißen Gibbs in Deckung warf, wusste sie, dass dieser Tag eigentlich nur noch dadurch verrückter werden konnte, wenn aus den grauen Wolken über D.C. ein Raumschiff mit Ausserirdischen herabstieg und sich daran machte, vor dem weißen Haus zu landen. Eigentlich erwartete sie im Moment genau dies. Als sie dann aber sah, was die Rothaarige tat, die da komplett versteinert und erstarrt auf den Punkt hinter ihrem Raumteiler blickte, wusste sie, was sie zu tun hatte. Mit einer schnellen Handbewegung ergriff sie die Rothaarige und zog sie zu sich in Deckung.
Keine Sekunde zu früh, denn erneut hörte man ein Sirren, quasi wie das eines Moskitos und ein paar Sekunden später war in der Wand, vor der Agatha gerade eben noch gestanden hatte, ein Loch.
Die Augen der hübschen Rothaarigen waren in diesem Moment gläsern – sie starrte gerade aus, Ziva an und durch sie hindurch. Der sinnliche Mund war weit offen, das Kinn locker und die israelische Schönheit wusste, was Agatha da gerade erlitt.
Schock.
Extremer Schock – was verständlich war.
Wenn man sich das Aussehen dieser jungen Frau betrachtete, mochte sie nicht älter als maximal 29 Jahre sein. Ziva selbst war drei Jahre älter, hatte aber offenbar ungleich mehr Erfahrung. Agathas Augen waren immer noch gläsern und leer und die Israelin war sich sicher, dass sie noch nie gesehen hatte, wie einer ihrer Kameraden getroffen zu Boden ging.

Erneut sirrte ein Moskito heran und schlug in den Tisch ein, an dem Tony arbeitete. Erschrocken blickte die schöne Frau nun zu ihm, doch der Italiener saß unter dem Tisch, zuckte mit den Schultern und versuchte, aus der Deckung heraus zu Gibbs zu spähen.
„Boss!“, rief er, „bist Du okay?“
„Klappe, DiNozzo.“, hörte er die raue Stimme des Anführers, „wir wissen nicht, ob er keine Wanzen hier versteckt hat.“
Der nächste Moskito ließ die Scheibe über Gibbs klirren, und der Grauhaarige machte sich klein, damit die Scherben ihn nicht verletzten.
„Verdammt.“, murmelte er, „Dieser Schweinehund gibt nicht auf.“

Ziva warf einen Blick an dem Raumteiler vorbei zu Gibbs, in dessen Gesicht etwas geschrieben stand, das sie seit sie sich das erste Mal gesehen hatten, nicht mehr dort erspäht hatte.
Ratlosigkeit.

Damals, als Ari mit einem gezielten Kopfschuss das Leben von Caitlin „Kate“ Todd beendet hatte, war Gibbs in eine emotionale Lage geraten, die ihn dazu brachte, alles Mögliche, was er zu wissen glaubte, zu hinterfragen. Vermutlich hatte es mit den fünf – oder vier – Verdrängungsphasen zu tun, aber es hatte diesen Moment gegeben, damals, als sie Ari im Keller getötet hatte, an dem Gibbs froh gewesen wäre, wenn Ari ihn erschossen hätte.
Das hatte sie an seiner Haltung erkannt.
Manche mochten ihn für einen brillanten Taktiker und Strategen halten – er setzte sich einfach so, ohne selbst Anstalten zu machen, den Tod Kates zu rächen, ohne sich mit dem Zorn eines Superman auf Ari zu werfen, auf diesen Hocker, vor das Gewehr und wartete darauf, dass sie – Ziva – ihren Halbbruder tötete.

Seine neue Vorgesetzte, Jenny Shephard hatte dies als ausserordentlich mutigen Akt der Opferbereitschaft in seiner Dienstakte vermerkt, seine Untergebenen hielten ihn deswegen für einen knallharten Hund. Normalerweise war er das. Das spürte Ziva – nur zu diesem Zeitpunkt war er es nicht gewesen. Es schien ihr damals, als wäre es ihm durchaus recht, wenn die Kugel aus dem Gewehr ihn treffen und töten würde.

Nun sah sie diesen Gesichtsausdruck wieder – zwar flackerte er für den Bruchteil einer Millisekunde über die Züge des Mannes, aber, sie waren zweifelsohne da.
Sie spürte, wie seine Gedanken rasten. „Was kann ich tun, was kann ich tun, was kann ich tun?“ – ein sich immer wieder wiederholendes Mantra.
Dann blickte er zu ihr, kurzzeitig schauten sie sich in die Augen und er nickte.
Der Brustkorb Gibbs hob und senkte sich kurz, in seinen eisblauen Augen stand eine Entscheidung und sie hoffte, dass es nicht die Falsche war. Dann, mit einer Bewegung, als würde es ihm nicht viel Mühe machen, stand er auf- aufrecht, trotz der Bürde, die sich nun auf ihn legte.

Das Gesicht Leroy Jethro Gibbs’ erschien im Fadenkreuz des Gewehres und der junge Mann überlegte nicht lange. Er drückte ab und…

Gibbs wartete.
Wartete darauf, dass die Kugel von jenseits des Flusses auf ihn zusirrte und sein Leben beendete. Wenn er mit seinem Blut den Dämon Ari beruhigt hatte, wenn sein Opfer angenommen würde, dann wäre sein Team in Sicherheit.

Klick , machte es als der Bolzen des Gewehres zuschlug und…

Nichts geschah.
Ein leises, böses Lächeln legte sich auf die Lippen des Mannes, als er sein Gewehr nahm, es in die Sporttasche legte und aufstand.
Nein – dieses Mal wollte er es auskosten. Er wollte Gibbs nicht so schnell töten wie vor ein paar Stunden Kate. Diesen Tod – den schnellen Tod – hatte Gibbs sich nicht verdient, genau so wenig, wie es sein Vater tat. Nein – er würde diese beiden Männer langsam, qualvoll umbringen und sei es dadurch, dass er jeden ins Visier nahm, der für sie arbeitete.
Jeder würde in sein Visier geraten – niemand, der sich loyal zu Gibbs zeigte, verdiente es, zu leben.

Die Kugel, die alles beenden konnte, kam nicht. Stattdessen blitzte es kurz, dann grollte lauter Donner und über der Hauptstadt der USA ging von jetzt auf gleich ein Unwetter nieder.
„So wie damals, als es eigentlich geendet war.“, schoss es Gibbs durch den Kopf und er wandte sich an Ziva, die schon aufgestanden war und der hübschen Rothaarigen wieder auf die Füße geholfen hatte.
„Hol ihr einen Kaffee.“, sagte der leitende Chefermittler und nickte zu der Frau herüber, die sich selbst Agatha nannte.
Wie in Trance ging sie auf den am Boden liegenden jungen Mann zu, der mit geschlossenen Augen ruhig da lag. Auf Brusthöhe hatte sich ein roter Fleck gebildet – unter ihm eine große Blutlache.

Als Ziva an ihr vorbeigegangen war, legte die hübsche Rothaarige ihre Hand auf die Cals, streichelte sanft darüber und hoffte, ihn irgendwie wieder ins Leben zurückbringen zu können, als sie stutzte. Hatte seine Hand gerade gezuckt? Oder hatte sie sich das nur eingebildet.
Sie hatte keine Zeit, großartig darüber nachzudenken, sie hoffte nur, dass sie sich eben nicht getäuscht hatte. Dann richtete sie sich auf, straffte ihre Gestalt und  wandte sich an Gibbs, der sie ansah, mit diesen eisblauen Augen, die derart undurchdringlich waren, dass sie sich fragte, was in seinem Kopf gerade vorgehen mochte.
„Miss Agatha“, setzte er an und schaute ihr in die Augen: „Warum sollte jemand auf Ihren Freund schießen?“

Agatha zuckte mit den Schultern: „Ich habe nicht die geringste Ahnung – ich… kann mir nur vorstellen, dass es wieder Traceless war und er es gar nicht mochte, aus dem Fenster geworfen zu werden.“
„Das war nicht Traceless.“, erklärte Gibbs mit einer Selbstverständlichkeit, die Agatha die Augenbrauen heben ließ.
„Ja, aber Mister Gibbs, das Opfer ist mein Freund.“, erklärte die hübsche Rothaarige, was ihn dazu veranlasste, aus dem Fenster zu blicken, hinüber in den Hafen: „Ja – das mag durchaus sein, aber … ich  habe vor knapp 5 Jahren etwas Ähnliches erlebt und … ich kann ihnen sagen, dass es nicht Traceless ist.“
„Wie kommen Sie darauf?“, fragte Agatha und schaute den Special Agent verblüfft an, als dieser sich umdrehte und einfach ging. Mit gehobener Augenbrauen schaute die Frau ihm hinterher, blinzelte dann verblüfft und schaute zu Tony herüber: „Wissen Sie, was hier los ist?“
Der Italiener nickte: „Oh ja – vor ungefähr 5 Jahren wurde unser aller Leben auf den Kopf gestellt.“

Kaum, das er anfing, zu erzählen, erinnerte sich Anthony „Tony“ DiNozzo an die ganze Geschichte, daran, wie er Kate verloren und Ziva kennengelernt hatte, daran, wie man, hätte man die Ereignisse gefilmt, sicherlich hätte sehen können, dass das Blut, das aus Kates Kopf geströmt war, ihn getroffen und er im ersten Moment gar nicht gespannt hatte, was los war. Auch jetzt, 5 Jahre später, machte er sich Vorwürfe. Vorwürfe, nicht schnell genug reagiert zu haben, Vorwürfe, dass er nicht derjenige war, den Ari hatte töten wollen, Vorwürfe, dass er sie nicht doch noch mit der Pest angesteckt hatte, dann wäre sie eventuell ein paar Tage länger in der Seuchenstation gewesen.

Wie er so erzählte, merkte er, wie die seelischen Narben, die Kates Tod in ihm hinterlassen hatten, rissen und sich die Wunde wieder öffnete.
Er hatte diese Tage, aber heute war einer der Schlimmeren.
Erst, als er den schottischen Akzent des Leichenbeschauers hörte, riss er sich in die Jetztzeit zurück.
„Dann wollen wir mal.“, meinte Ducky, griff die Füße des Mannes, der sich selbst Cal genannt hatte, und verfrachtete ihn mit Palmers Hilfe auf die Bahre, die sie aus der Leichenhalle mitgebracht hatten.
Die hübschen grünen Augen Agathas schauten auf ihn und man konnte ehrliches Mitleid in ihnen sehen.
„Es tut mir leid, dass Sie das durchmachen mussten.“, sagte sie und er schaute sie an: „Miss Agatha, Sie haben gerade ebenfalls einen schweren Verlust erlitten. Meiner ist ein paar Jahre her.“
„Aber er nagt an Ihnen, das sehe ich.“, erklärte sie und griff sich den nächstbesten Stuhl, um sich zu setzen.
„Mister DiNozzo, wenn Sie über das alles reden wollen - … ich weiß, es ist unorthodox, aber…“
Damit griff sie in eine Tasche und gab ihm etwas, das ungefähr die Größe eines Hühnereis hatte, grau-metallisch glänzte und an der Vorderseite einen Schriftzug besaß: „X-11-36.“
„Was ist das?“, fragte Tony und Agatha lächelte ihn freundlich an: „Damit können Sie mich erreichen.“
Dann wandte sie sich zu Ducky und Palmer um, die Cals Leichnam gerade zum Aufzug bringen wollten: „Wäre es nicht besser, wenn Sie den anderen Aufzug nähmen? Ich könnte Ihnen die Leiche ja vorbeibringen.“
„Miss Agatha, das halte ich für keine gute Idee, es könnte die Beweiskette…“, setzte Ducky an, doch er stockte, als die Leiche Cals plötzlich in Bewegung geriet, irgendwelche gemurmelten Worte seinen Mund verließen.
„Ich glaube, er ist noch nicht tot.“, stellte Agatha fest und ging zu ihm, nach aussen sehr beherrscht, innerlich vor Freude springend.
Der Mann öffnete die braunen Augen kurz und hinter offenbar bleischweren Augenlidern. Dann deutete er auf Gibbs, der gerade wieder den Raum betrat.
„…pt…ms…me.“, murmelte er und Ducky legte den Kopf schief: „Bitte was, was war das?“
„…pt…ms…me“, murmelte Cal erneut und Agatha beugte sich vor, um die offenbar unendlich-schwache Stimme ihres Freundes besser verstehen zu können: „Was?“
„O…pti…mus … Prime.“, keuchte der Captain, dann rollten die Augen nach oben die Augenlider schlossen sich wieder und die gesamte Gestalt erschlaffte.
Ducky blickte die hübsche Frau verdattert an: „Was hat er gemeint?“
Nachdenklich kratzte Agatha sich am Kopf: „Keine Ahnung, aber er hat zu Gibbs gesehen – ich vermute, es hat etwas damit zu tun, dass sowohl Optimus Prime als auch Gibbs starke Anführer sind.“
„Aber Gibbs verwandelt sich nicht in einen LKW“, meinte Tony von seinem Platz her und zuckte dann zusammen, nachdem er von dem älteren Mann eine der berühmten Gibbs-Kopfnüsse erhalten hatte, „’tschuldige, Boss. Ich war nur…“
„Ja, Hot Rod?“, fragte Gibbs und schaute ihn an, „Das dauert noch, bis Du die Matrix an Dich nehmen kannst.“
„Hot Rod?“, echote Tony verständnislos und schaute seinen Chef an, als McGee zu ihm schaute: „Der zweite Anführer der Transformers. Nachdem Optimus Prime von Megatron getötet wird, übernimmt erst Ultra Magnus und dann Hot Rod die ‚Matrix of leadership’, die ihn dann in den weiseren Rodimus Prime verwandelt. Sein Führungsstil ist aber dennoch jugendlicher geprägt, als der Optimus Primes, so soll er die intergalaktischen olympischen Spiele eröffnen und sagt nur: „Lets get started“ – oder so ähnlich.“

Tony merkte, wie der Tag im ironischen Sinne immer besser und besser wurde. Da starb Captain Thaddeus Stone, hinterließ eine wunderschöne Witwe, dann wurde Gibbs erschossen, oder auch nicht, der Typ, der ihn erschoss – oder auch nicht – stürzte zuerst mit einem Typen, der aussah wie Gibbs aus dem Fenster, wurde dann später selber erschossen und hinterließ wieder eine wunderschöne Witwe und zu allem Überfluss musste er sich dann auch noch von McDork einen Vortrag über animierte Charaktere anhören.
„Schon gut, McCube. Ich wusste nur nicht, dass die Details zum dritten Film schon draußen sind.“, sagte er dann und lächelte, als McGee verständnislos blinzelte: „Du willst doch wohl nicht die Zeichentrickserie mit diesem Kino-Bombast vergleichen wollen?“
„Aaaah“, machte er und lehnte sich zurück: „Megan Fox… sie ist schon eine Augenwei…“
Erneut stoppte er, als er den genervten Blick Gibbs’ wahrnahm: „’tschuldige Boss.“
Es war nun schon das zweite mal, dass er sich beim Boss entschuldigte und schüttelte verwirrt den Kopf, als er hörte, wie ein leises Ding wieder einmal einen Riss in der Raum-Zeit-Kontinuität verursachte. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie Ducky, Palmer und Agatha zum Aufzug gegangen waren und wie dann Ziva den Dreien entgegen kam. Sie übergab Agatha einen weißen Pappbecher und ging dann, gemessenen Schrittes wieder zu ihrem Platz, ehe sie ihn anschaute: „Ja, Megan Fox ist schon heiß. Aber ich bevorzuge Angelina Jolie.“
Tonys Kinnlade klappte herunter.
Ducky und Palmer standen, zusammen mit Agatha im Aufzug und gerade wollte Palmer den Knopf drücken, der den Aufzug in Bewegung gesetzt hätte, als Agatha intervenierte. Der Zustand des Mannes auf der Trage hatte sich nicht geändert, er schien, in dem Licht, das im Aufzug vorherrschte nur noch immer blasser zu werden.
Die rothaarige Schluckte, wandte sich an Ducky und sagte: „Können Sie mir gleich eventuell noch ein paar Minuten mit ihm lassen? Ich würde mich gerne von ihm verabschieden.“
Mitleidigen Blickes schaute der Schotte sie an und nickte: „Natürlich – das ist doch kein Problem. Mister Palmer, wenn Sie noch mal die Tür öffnen könnten, damit Miss Agatha und ihr Freund ein wenig Intimsphäre haben.“
„Natürlich, Doktor Mallard.“
Damit betätigte Jimmy einen Knopf am silbernen Panel, die Aufzugtür glitt auf und Ducky, sowie Jimmy verließen den Aufzug.

Kaum, dass die Tür sich wieder geschlossen hatte, schaute Agatha verschwörerisch nach links und nach rechts, beugte sich dann zu Cal herunter, streichelte mit einem Finger leicht über die Wange, beugte sich vor und machte „Bsssssssss.“
Dann trat sie zurück.
Sie wusste was passierte, denn von einer Sekunde zur Anderen flogen die Augen des „Toten“ auf, er sprang auf die Beine und schrie in Panik: „Wespe, Wespe, Wespe, Wespe, Wespe, Wespe! Mach Sie weeeeeeeg!“
Die hübsche Rothaarige lächelte, nahm ihn in den Arm und hielt ihn fest: „Hier ist keine Wespe. Das war nur ich.“
Sie hörte, wie der Atem des jungen Mannes sich beruhigte und wie er sie, fast schon in lächerlich-sanfter Stimme fragte: „Wirklich?“
Mit einem Augenrollen quittierte sie diese Worte, drückte ihn von sich weg und sagte: „Also, für einen Sternenflottencaptain bist Du ein ziemlicher Weichkeks.“
„Naja – ich… du kennst mich.“
„Ja, leider, das is ja das Problem, das ich seit knapp 7 Jahren habe. Dummerweise hab ich mich auch noch in das Problem verliebt. Aber – was willste machen.“, sagte sie lächelnd und schaute zu ihm herüber: „Also, ich hab die X-11-36-Amnesia bei Tony gelassen, wenn Du magst, können wir die Bombe sofort zünden.“
Ernst nickte der Captain vor sich hin: „Gut – aber was ist mit Ari? Wird er nicht immer noch versuchen, Gibbs und Co zu töten?“
Nun war es an Agatha, zu nicken. Sie setzte sich neben ihn auf die Bahre, die ihn eigentlich in die Leichenhalle hätte bringen müssen: „Stimmt schon – aber… wir können uns hier nicht einmischen. Dein Vergangenheitstourismus hat uns schon genug Scherereien mit dem Federation Department of Temporal Investigations verursacht.“
„Schatz, Dulmer und Lucsly werden uns sowieso aufsuchen – allein schon deswegen, weil wir hier sind.“, erklärte er grinsend und zwinkerte zu ihr: „Wir machen es einfach wie Sisko und erklären, was los war. Ihn haben sie damals, bei der Sache mit den Tribbles auch nicht verhaftet.“

Dazu muss man wissen, dass jeder Eingriff in die Zeitlinie, von der – wie Will Riker zu berichten wusste, seine damals-noch-nicht-Frau Deanna bei deren Aufenthalt im späten 21. Jahrhundert, im Tequillarauch, als der Erfinder des Warpantriebes sie mit eben diesem alkoholischen Getränk abgefüllt hatte, gelallt hatte ‚Wir haben keine Sseit um über die Sseit ssu sprechen – soviel Sseit haben wir nicht.’ -  vom DTI, also dem Department of Temporal Investigations, der Föderationsbehörde für temporale Ermittlungen, untersucht wurde. Die Agenten, die am Meisten ausgesandt wurden, um solche Untersuchungen zu betreiben, hießen Dulmer und Lucsly und Cal fand es rasend komisch, dass diese beiden Figuren auch noch ein namenstechnisches Anagram von zwei FBI-Ermittlern aus dem Fernsehen waren – Fox Mulder und Dana Scully.
Der Kommandant der Raumstation Deep Space Nine, Benjamin Lafayette Sisko war damals von ihnen besucht worden, nachdem er und ein paar Crewmitglieder mitsamt einem Drehkörper – einem von der Rasse der Bajoraner sehr verehrten Gegenstand – und dem Kriegsschiff USS Defiant in die Vergangenheit geschleudert worden waren. Ein als Mensch getarnter Klingone wollte verhindern, dass sein früheres ich von einer Ikone der Föderation und einer Fußnote der Geschichte enttarnt wurde. Captain James T. Kirk hatte den Klingonen, der sich damals Arne Darvin nannte, als ebensolchen enttarnt, als eine ausserirdische Lebensform, ein sogenannter Tribble, auf ihn äußert feindseelig reagiert hatte.
Dies wollte Darvin nun ändern und hatte dafür einiges geplant – aber natürlich funktionierte es nicht. Die Bombe, die er einem Tribble eingepflanzt hatte, explodierte Meilen entfernt vor Kirk – der von diesem Anschlag auf sein Leben nichts bemerkt hatte.
Sisko hatte den beiden Ermittlern alles erzählt und sie hatten ihn mit einer Verwarnung davon kommen lassen.

So, wollte es auch Cal handhaben und schaute zu Agatha, die ihn nachdenklich anblickte.
„Könnte funktionieren.“, erklärte sie dann und griff dann, in einer von ihm absolut nicht vorhergesehenen Bewegung nach dem Saum seines weißen Hemdes, das vor Blut nur so tropfte. Sie hob das Hemd an und lächelte: „Schusssichere Weste, ja, Cal?“
Der Captain zwinkerte ihr zu: „Natürlich – ich bin doch nich komplett bekloppt. Traceless könnte ja immer noch irgendwo auftauchen. Ich meine, ich hab ihn zwar hinter Schloss und Schokorigel gebracht, aber – der Typ ist doch schlimmer als Houdini. Der is doch schneller weg, als man Quidditch sagen kann.“
Agatha nickte: „Stimmt – aber vielleicht sollten wir uns jetzt wirklich auf die Dragonfly begeben und die Erinnerungen unserer freundlichen NCIS-Agenten löschen?“
„Gute Idee, Schatz.“, sagte er und klopfte auf seinen Kommunikator: „Cat an Dragonfly? Zwei zum Beamen. Energie.“

Davon, dass bald ihre Erinnerungen gelöscht werden sollen, bemerkten die Agenten nichts. Zwar schauten sie etwas verwundert zu Ducky und Palmer, als diese wieder den Aufzug verlassen hatten, aber als Ducky erklärte, dass Agatha sich unbedingt von ihrem Freund verabschieden wollte, nickte Tony.
Zwischendurch warf er einen verblüfften Blick auf die Uhr, fragte sich, wie lange diese Frau wohl brauchte, um sich von ihrem Freund zu verabschieden, aber dann schoss ihm durch den Kopf, dass es – wenn Agatha auch nur halb so gerne redete, wie Abby, Tim oder Ducky, sich die Sache hinziehen konnte.
Zwischendurch fiel sein Blick auf das Hühnerei-große Geschenk, dass Agatha ihm dagelassen hatte und er fragte sich, was er damit wohl tun könne, aber, kurz bevor die Neugierde siegte, schaute er zu Ziva, die das Geschenk ebenfalls verblüfft anschaute: „Was ist das?“
„Keine Ahnung – Agatha hat es mir gegeben und ich glaube, es ist besser, wenn man Verrückte in ihrem Wahn bestätigt, als, wenn man sich mit ihr anlegt.“
„Verrückte, Tony?“
Der Italiener nickte: „Natürlich – mal im Ernst, hast Du tatsächlich daran geglaubt, dass hier jemand herumläuft, der sein Aussehen, ganz wie der T-1000 vollkommen frei verändern kann? Masken – das würde ich den beiden sogar noch abnehmen. Ich erinnere mich da an einen…“
Ziva lächelte: „Fantomas, Tony? Jean Marais, Louis De Funes, Mylène Demongeot 1967?“
“Ich bin verblüfft, Bambina.”, lächelte der junge Mann und Ziva grinste: „Ich habe diese Filme als Kind gerne gesehen. Du hieltest also jemanden für wahrscheinlicher, der …“
Sie stockte, als sie den genervten Blick von Gibbs bemerkte, den der Chefermittler ihnen beiden zuwarf, ehe er aufstand und kopfschüttelnd zu McGee blickte: „Was haben wir?“

McGee schaute ihn verblüfft an: „Boss?“
„Direkt vor unseren Augen wurde ein Mann erschossen! Ich will wissen, woher die Kugel geflogen kam, ich möchte wissen, welche Munition verwendet wurde, ich will wissen, wer der Täter war! Und wir haben immer noch diesen Mord an Captain Stone zu klären!“
Man konnte Gibbs anhören, das je mehr er sprach, er umso wütender wurde.
„Jethro, Ziva und Tony tun zwar so, als ob es sie nichts anginge, aber… glaub mir, sie wollen etwas tun.“
„Ach ja? Davon merke ich nichts.“, zischte Gibbs und schaute dann zu McGee, der gerade wieder dabei war, das zu tun, was er am Besten konnte – auf Tastaturen einhacken und dabei verdammte Wunder vollbringen.
Der junge Bundesbeamte warf dann einen Blick zu seinem Chef: „Erm… Boss… allem Anschein nach kam die Kugel aus dem Anacostia Park…“
Er wollte gerade weitersprechen, als Gibbs ihn giftig anblickte: „Allem Anschein nach, McGee?“
„Entschuldige, Boss – ich hole mir eine Bestätigung.“

Ein paar Minuten später hackte McGee immer noch auf seinen Computer ein, ließ Wahrscheinlichkeitsrechnungen gegeneinanderlaufen, überprüfte Vektorengleichungen und Matrizen und nach einigen weiteren Minuten war er sich sicher, dass die Kugel, die Cal getroffen hatte, nur aus dem Anacostiapark kommen konnte.
„Wenn man Winkel und Höhe des Anacostiaparks, die Fluggeschwindigkeit und Reichweite einer handelsüblichen Lapua berücksichtigt, die von einer ‚Kate’ abgefeuert wird, kann unser Täter nur im Anacostiapark gewesen sein.“, erklärte er dann und schaute zu Gibbs herüber: „Ich…“
Er machte eine kurze Pause, senkte den Kopf, um den Boss quasi von unten heraus anzusehen: „Ich habe mir erlaubt … der Täter verfährt so wie Ari damals und ich habe mir erlaubt diese Faktoren als Berechnungsgrundlage zu verwenden und…“
Erneut stockte der Beamte, als Gibbs ihn mit einem Blick ansah, den er nicht so ganz zuordnen konnte.
Dann hörte er das Geräusch.
Es war erst ein leises Sirren, sodass er befürchtete, dass gleich eine weitere Kugel das Büro treffen würde, dann wurde es lauter, schwoll zu einem tiefen Brummen an und wurde bald so laut, dass es ihm unmöglich wurde, zu denken.
Schon warf er einen Blick zu Gibbs, der sich die Hände auf die Ohren presste, und zu wanken schien. Tim selbst merkte, wie er müde wurde – unendlich müde. Er taumelte zu seinem Sitzplatz und Dunkelheit umfing ihn, noch ehe er sich auf seinen Stuhl gesetzt hatte.

Tony blickte, als das Spektakel losging, verwirrt zu der Quelle des Geräusches. Es war das Hühnerei, das Agatha ihm geschenkt hatte.
Als er sah, wie Gibbs schwankte und McGee kollabierte, wollte er sich erheben und das „Ei“ aus dem Fenster werfen, aber er konnte sich nicht mehr bewegen – es war, als wäre sein Körper lahmgelegt worden. Dann formte sich um das „Ei“ selbst eine Art weiß-transparenter Kugel, die sich von jetzt auf gleich explosionsartig ausdehnte. Tony spürte, wie er getroffen wurde, verwundert sackte er in seinen Stuhl und merkte, wie ihm die Augen zufielen.

Der Krach hatte Leroy Jethro Gibbs nicht sonderlich gestört – eigentlich noch nie. Er war im Krieg gewesen, da hatte er auch in der größten Lärmbelästigung gekämpft – da waren Jets im Tiefflug über ihn gesaust, jeder andere hielt sich die Ohren zu, aber er stand aufrecht und kämpfte weiter.
Doch hier war es anders – dieser Krach, er machte ihn schwindeln.
Und irgendwann war es nicht mehr auszuhalten, er konnte nicht anders. Sich die Hände auf die Ohren pressend, versuchte er, gegen die plötzlich schwankende Welt anzugehen und sah, wie etwas Weißes auf ihn zuraste und…

Ziva hatte sich von allen am Längsten auf den Beinen gehalten. Sogar länger als Gibbs, was sie ein wenig mit Stolz erfüllte. Der Krach, dann das Licht – sie merkte, wie sie getroffen wurde und ihr Körper gegen ihren Willen auf den Stuhl fiel, aber die Augen, die sich immer wieder schlossen… sie schaffte es, dagegen anzukämpfen und sah verwundert, wie um sie herum etwas geschah.
Zuerst öffnete sich die Aufzugstür, dann schoben Ducky und Palmer die Bahre, mit dem Toten darauf wieder an den Platz, von dem sie ihn geholt hatten und legten ihn dort hin, sie merkte, wie sie gegen ihren Willen aufstand, rückwärts in den Aufzug ging und während sie das tat, realisierte sie , was passierte. Noch hatte sie keine Beweise dafür, aber, als sie wiederkam, den Kaffee zurück zur Theke gebracht hatte, von dem sie ihn geholt hatte, und dann, wenig später noch der falsche GIbbs aus dem Gebüsch, das unter dem Fenster lag, wieder in den Raum fiel, merkte sie, dass der komplette Tag – in Ermangelung eines besseren Wortes – zurückgespult wurde. Dann konnte sie sich nicht mehr gegen die unbeschreibliche Müdigkeit, die ihr Bewusstsein in den Schlaf zwingen wollte, wehren.
Die nussbraunen Augen Ziva Davids rollten in ihren Augenhöhlen nach oben und ihr Körper erschlaffte.
TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 7

  Die Augen des Mannes weiten sich im Schock.


Die Finger der hübschen Frau huschten über die Tastatur und sie stieß dabei wilde, arabisch klingende Flüche aus.
„Funktioniert der Computer nicht, Ziva?“, fragte Tony DiNozzo grinsend und betonte das A ziemlich lange – so wie er es immer tat.
Augenblicklich fand er sich ein einer Art Scheinwerferlicht gefangen, denn ihre hübschen braunen Augen schauten ihn an und er war wie gelähmt.
„Ich verstehe den Computer nicht.“, klagte sie mit ihrer angenehmen Stimme, „Er meint, mein Passport sei fehlerhaft.“
`Moment mal`, dachte sie sich und schaute dann zu DiNozzo. Hier stimmte was nicht – sie hatte das Gefühl, als …
„Passwort, Ziva“, riss sie die Stimme ihres Ermittlerpartners aus den Gedanken, „Dein Passwort ist fehlerhaft. Lass mich mal sehen.“
Er klickte auf „Neuen Login“ und versuchte sich selbst an der Arbeitsstation einzuloggen.
„Dinozzo“ gab er als Benutzernahmen ein und wandte sich dann an Ziva: „Wenn Du kurz wegschauen könntest.“
Verblüfft beobachtete sie ihn, machte dann „hmpf“  und kam dieser Aufforderung nach.

Es war merkwürdig, dass sie das Gefühl hatte, als habe sie gerade eben noch etwas anderes gemacht – etwas… sie konnte sich nicht ganz darauf konzentrieren, was genau es gewesen war… es war wie etwas, das im hintersten Winkel ihrer Selbst wahrgenommen wurde, sie aber nicht in der Lage war, sich daran zu erinnern, was genau dieses „Etwas“ war. Kurz erinnerte sie sich daran, dass McGee einmal von einer Science-Fiction-Serie namens „Doctor Who“ gesprochen hatte und dass dort Aliens – die sogenannte „Silence“ – ihr Unwesen trieben. Man sah sie und konnte sie solange wahrnehmen, bis man den Blick abwandte, dann hatte man sie vergessen. So ähnlich, als habe sie gerade eben eine „Silence“ gesehen, fühlte sie sich.
Irgendwie machte ihr dieser Gedanke frösteln.

‚Komisch`, schoss es Tony durch den Kopf, `Ich habe das Gefühl, das hätte ich schon mal erlebt.`
Er drückte die Entertaste und sofort blinkte auf dem Bildschirm eine Nachricht.
„Passwort fehlerhaft.“
Stirnrunzelnd versuchte Tony es erneut, doch an der Bildschirmaussage änderte sich nichts.
„Tony, das würde ich nicht tun.“
Mit diesen Worten betrat Timothy McGee den Bullpen – also ihre Arbeitsstätte – und schaute zu Tony: „Offenbar haben wir einen Hackerangriff hinter uns – sämtliche Daten sind verschlüsselt worden, als wir es bemerkt haben. Jedes Passwort, jedes Kilobyte an Daten kann gerade von irgendwoher abfangen werden.“
„Ein Hackerangriff, McGoogle?“, echote Tony und schaute den Agenten an, „Warum hat uns unsere Firewall nicht davor geschützt?“
„Nun, offenbar hat der Angreifer eine fortschrittliche, sich mehrfach-kodierende Software verwendet, die es einfach macht, in jedes System einzudringen.“, gab der jüngere der beiden Agenten zurück und begann, auf die Tastatur seines Computers einzuhacken.
Das verwirrte Tony.
„Was tust du da, Bambino?“, fragte er, „Ich meine, wenn all unsere Informationen gerade abgezogen werden, ist es unsinnig, dem Hacker weitere Informationen zu geben.“
Er stockte und schaute zu Ziva, dann zu McGee: „Habt ihr…“
Und gerade als Tony die Frage stellen wollte, betrat Leroy Jethro Gibbs den Raum.
„Tony, Ziva, packt eure Sachen. Ein toter Marine im Anacostia-Park, Sektion C.“, sagte er mit der typischen Routine des erfahrenen Chefermittlers, „Ducky und Palmer sind schon vor Ort. Elfenkönig, du kümmerst dich um den Hackerangriff.“
„Verstanden, Boss.“, erwiderte McGee und tippte erneut auf die Tastatur ein, ein Musterbeispiel an Konzentration.

Mit dem Auto bräuchte man normalerweise 4 Minuten um zum Tatort zu gelangen – wohlgemerkt normalerweise, will heißen: Wenn Ziva David nicht fahren würde. Da sie jedoch diejenige war, die am Steuer saß, brauchte man für diese Strecke rund 2 Minuten 15. Zeitersparnisse ließen grüßen. Der Tote hätte es ihnen gedankt, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.

Als sie am Tatort ankamen, war dieser schon großzügig mit jenem gelben Flatterband abgesperrt, dass den Tatort als eben solchen auswies. Gerade, als sie ankamen, lies der Leichenbeschauer, Donald Mallard, der von seinen Freunden nur Ducky genannt wurde, sein Adlerblick über das Schwert streifen.
„Eine sehr interessante Waffe!“, sagte er, mit Blick zu seinem Assistenten, dem Coroner James ‚Jimmy’ Palmer, der zu Füßen des älteren Ducky gerade die ersten Vermessungen vornahm. Typisches Standardprozedere eben.
„Was hast Du für mich, Duck?“
Diese Frage wurde von Gibbs gestellt, der mit langen, gemessenen Schritten über den grünen Rasen auf Ducky und Jimmy zukam, Ziva und Tony im Schlepp, an die er sich nun mit den Worten „DiNozzo, Tatortzeichnungen, David Tatortfotografie!“ wandte.
Sofort machten sich die beiden Agenten an ihre Arbeit.
Gibbs und Ducky kannten sich seit mindestens 10 Jahren und seit genau dieser Zeit war es eine unumstößliche Konstante, mit der der Leichenbeschauer seinen Monolog eröffnete.
Stets verwandte er die Floskel „Nun Jethro“ und er tat es, sehr zu Gibbs innerer Beruhigung, auch dieses mal.
„Nun Jethro“, setzte er also an, „dieser arme Mann wurde von hinten mit einem typischen Langschwert erstochen. Dieses wunderschöne Schmuckstück mißt in der Länge einen Meter vierzig und kann“, er richtete sich auf, „sowohl von nur einer Hand, wie auch als Beidhänder geführt werden – deswegen nennt man es auch Bastardhänder. Weißt du, Jethro, das erinnert mich an die Zeit als junger Student, als ich diesen Fechtkurs bei…“

„Ducky?“, machte Gibbs, ebenfalls nach alter Tradition, um den Älteren in seinem Redefluss zu mindern.
„Unser Opfer wurde von hinten erstochen. Es kann sein, dass er seinen Mörder nie gesehen hatte.“, sagte Ducky und Gibbs schaute ihn an: „Haben wir einen Namen?“
„Haben wir.“, meldete Palmer und hielt den neuen, tragbaren „AFIS“-Scanner hoch, „Unser Toter heißt Captain Thaddeus Stone.“
„Gibt es irgendwelche Zeugen?“, fragte Gibbs und schaute zu Ducky herüber, der auf eine junge Frau deutete: „Ihr Name ist Laura McConnaugh. Sie ist Petty Officer.“

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Mit solchen und ähnlichen Anweisungen, die einem Computerlaien ungefähr so sinnvoll wie “Tschitty-tschitty-bäng-bäng” erscheinen mögen, hackte Timothy “Tim” McGee auf seinen Computer ein.
Er versuchte seit geschlagenen drei Stunden diesem merkwürdigen Hackerangriff Herr zu werden, der da auf den Hauptrechner des NCIS geführt wurde und er merkte, wie wenig er diesem Angriff doch entgegen zu setzen hatte. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er vermuten, dass diese Technik, die dort zum Einsatz kam, fortschrittlicher war, als es der momentane Wissensstand die Informatik betreffend in allen Ländern dieser Erde vereint sein konnte. Jedes mal, wenn er dachte, eine Firewall geknackt zu haben, tat sich eine neue auf und jedes mal, wenn er eine Firewall um den Computer aufbaute, wurde sie binnen Nanosekunden selbst geknackt.
Das war irgendwie komplett unverständlich für den damaligen Leiter der Cybercrime-Abteilung.
Hier stimmte doch definitiv etwas nicht.

Verblüfft versuchte er, diesen Datensätzen entgegenzuwirken, die sich mit dem Computer nicht vertrugen, aber es funktionierte nicht und dann… hatte er das Gefühl, als würde er etwas verpassen.
Er blinzelte mit den Augen, hob den Kopf und erwartete, eine wunderschöne, rothaarige Frau zu sehen, doch – abgesehen von Antonia, der Frau, die die Büropost verteilte, war niemand, auf den auch nur annähernd die Beschreibung „Frau“ passen würde, anwesend.
Schnell griff er zu seinem Handy, wählte die Nummer von Tony und wartete darauf, dass der Italiener abnahm.

Zivas Fahrstil war… wenn man Lust hatte, ein euphemistisches Wort für den Stil zu finden, war ‚rasant’ das Wort der Wahl. Weniger euphemistisch ausgedrückt: „Sie fuhr wie der Henker“. Normalerweise hätte er sich darüber aufgeregt, hätte ihr einen Vortrag darüber gehalten, dass er liebend gerne „lebendig“ am Tatort ankommen würde, wie gefährlich ihr Fahrstil sei – doch heute hatte er andere Gedanken im Kopf.
Hier stimmte was nicht. Schon, als sie den Weg zum Anacostia-Park gegangen waren, hatte er das Gefühl, zu wissen , was sie finden würden und – tatsächlich – lag da eine Leiche, die von einem Schwert aufgespießt worden war. „Das ist …“, brachte Tony hervor, als Ziva ihn verblüfft anschaute: „Was?“
Der Italiener betrachtete die hübsche Frau an seiner Seite: „Hast… hast Du schon einmal das Gefühl gehabt, etwas genau so schon mal erlebt zu haben?“
„Du meinst ein Déjà-vu?“, beantwortete sie seine Frage mit einer Gegenfrage und als er nickte, sagte sie mit der knappsten aller Möglichkeiten, eine Information kurz, prägnant und Präzise zu bestätigen: „Ja.“
Verblüfft blickte er zu ihr und hob beide Augenbrauen: „Was… wirklich?“
„Ja, jedes Mal, wenn ich ins Büro komme, und sehe, wie Du wieder in deinen Magazinen blätterst, oder Tetris an deinem Handy spielst.“
Tony rollte mit den Augen: „Ich meine… Ziva – versprichst Du mir, dich nicht darüber lustig zu machen, oder einen blöden Witz zu reißen?“
Sie lächelte, schaute ihn an, mit ihren braunen Augen, die ihn in ihren Bann schlugen. Nachdenklich legte sie den Kopf schief, nickte dann.
„Ich … ich glaube, wir haben diese Leiche schon mal gefunden.“
Sie schaute ihn an: „Diese Leiche? Bezweifel ich.“
„Nein, wirklich – ich… der Hackerangriff, den McGoogle richten soll, die… die Frau, die gleich von zwei merkwürdigen Personen mit einem Taschenrechner berichten wird… das alles haben wir schon erlebt.“
„Wenn heute der zweite Februar wäre, würde ich dir recht geben, Phil, aber… nein, wir haben den 27. September.“, lächelte Ziva, was Tony dazu brachte, genervt mit den Augen zu rollen: „Du hast versprochen, dass Du keine blöden Witze machst.“
Sie grinste, streckte ihren Zeigefinger aus und stubste ihn kurz auf die Nase: „Was… die Filmreferenz hat dir nicht gefallen, mein kleiner Pelzarsch? Ich dachte, du wolltest darauf hinaus, dass ewig das Stinktier grüßt.“
„Murmeltier, Ziva. ‚…und ewig grüßt das Murmeltier’.“
„Was kann denn aber ich dafür?“, unterbrach Gibbs die Unterhaltung der Beiden und schaute genervt von einem zum Anderen, „Wenn ich gewollt hätte, dass meine beiden Ermittler blöde Witze reißen, hätte ich McGee zum Ausflug mitgenommen.“
Gerade, als Tony antworten wollte, erklang aus Tonys Handy der Refrain von „Heat of the Moment“.
„Moment“, sagte er, „Ich werde angerufen.“
„Das hör ich – geh ran.“, meinte Gibbs.

Der Anruf von McGeek wäre ein wenig merkwürdig gewesen, wenn Tony ihn nicht schon nach den ersten paar Sätzen mit einem „Ach, Du auch?“ abgewürgt und sich dann an Gibbs gewandt hätte.
„Ich weiß nicht wieso – aber wir stecken in einer Zeitschleife.“, meinte er mit der Sicherheit des großen Experten.
„Bitte?“, fragte Gibbs und schaute zu seinem Stellvertreter, „Drehst Du jetzt völlig durch, DiNozzo? Wir haben hier eine Leiche und müssen versuchen, den Mörder zu finden. Also – ich weiß nicht, welchen Film Du jetzt wieder nachspielen willst, aber… mach es in deiner Freizeit.“
Damit gab er ihm noch schnell einen Klapps auf den Hinterkopf und wandte sich dann um.

„Er will mir nicht zuhören.“, stellte Tony fest und schaute zu Ziva, die ihn ungläubig anblickte: „Hat McGee etwa auch…“
Nun schaute er sie an, ihre Blicke trafen sich und er grinste: „Du hast auch das Gefühl, das alles schon erlebt zu haben, oder?“
Sie nickte: „Seit ich heute an der Tastatur gesessen habe… ich weiß auch nicht – Anfangs hielt ich es für Stress… im Beruf, mit Dir, was weiß ich… aber je Näher der Moment kam, an dem wir Captain Stone fanden…“

„Ja, ich weiß, was Du meinst.“, schnitt DiNozzo sie ab und schaute ihr in die hübschen braunen Augen, „ich dachte auch Anfangs, dass ich mich einfach nur irren würde, aber je näher wir dem Anacostia-Park kamen, desto mehr hatte ich das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben.
Ziva erwiderte seinen Blick, suchte in seinen Augen nach Wahrheit und nickte dann: „Ja – als wäre die ‚Silence’ in der Nähe.“
„Die wer?“, fragte der Italiener und Ziva rollte mit den Augen, „Du solltest McGee wirklich mal zuhören – das wäre mal freundlich.“
„Bambina, ich höre Bambino zu – nur die meisten Sachen, die er von sich gibt, machen wenig Sinn.“, lächelte er sein berühmtes Tony-Lächeln. Ziva schüttelte den Kopf: „McGee war doch so euphorisch, weil zu Ostern doch Doctor Who wieder angefangen hatte.“
„Doktor Wer?“
Die hübsche Ex-Mossad-Agentin schaute ihn abschätzig an: „Dir das zu erklären, würde noch ein paar Jahre dauern und die hab ich nicht.“
Nun war es am Italiener gespielt genervt die Augen zu verdrehen, ehe Ziva fortfuhr: „Erinnerst Du dich an den Stromausfall im letzten Jahr?“

„Du meinst den, bei dem es McGoogle geschfft hat, Gibbs zu verärgern, in dem er die Leute, die eine Matrizze bedienen konnten, Brontosaurier nannte?“
„Ja, genau den“, grinste Ziva – einerseits über die Unfähigkeit der modernen Generation, zu der sie auch gehörte, ohne die High-Tech klar zu kommen, andererseits darüber, das es eigentlich mal ganz schön war, „unplugged“ zu arbeiten. Ihr fiel in diesem Zusammenhang ein, wie sie vor knapp 9 Monaten mal wieder im Ruhrgebiet unterwegs gewesen war und den großartigen Volker Pispers auf der Bühne erlebt hatte. Ihre Deutschkenntnisse waren zwar rudimentär genug, sich immer noch mit den Idiomen zu vertun, aber so erging es ihr ja auch mit der englischen Sprache. Aber einen Besuch in einem Kabarett  - gleich welcher Sprache – konnte man nur empfehlen. Sie war auch in amerikanischen Stand-up-Clubs, auch wenn das nicht das selbe war. Volker Pispers hatte jedenfalls einmal gesagt: „Wollen Sie sich so richtig alt fühlen? Packen Sie sich einen 20-jährigen und erzählen Sie ihm aus dem Jahr seiner Geburt.“

Offenbar hatte sie so grinsen müssen, dass Tony sich räusperte und fragte: „Was ist so amüsant?“Sie schüttelte den Kopf, fand in die Realität zurück und schaute zu Tony herüber: „Also – letztes Jahr war dieser große Stromausfall und wir waren doch den Spuren zu einem Container gefolgt. Dort hatte doch McGee erzählt, dass ihn dieser Container and ie Tardis aus Dr. Who erinnerte – du hattest nur wieder einen Film, den du zitieren wolltest.“
„Hey, nichts gegen ‚Lords of War’ – Nick Cage ist klasse in dem Film.“
„Ja, aber darum geht es nicht – McGee ist auf jeden Fall Fan der Serie um diesen Timelord und hat mir ein bischen davon erzählt.“
„Und? Was hat das mit dem Fall zu tun?“, fragte DiNozzo ein wenig verwundert und Ziva grinste: „Nun, wie schon gesagt, zu Ostern ging die neue Staffel los und man zeigte auch gleich den ersten Gegner. Die „Silence“. Du hast doch sicherlich schon mal was von den „Grey“ gehört, oder?“
„Grey?“, fragte Tony und zuckte zusammen, als aus dem Nichts die bekannte Gestalt Gibbs neben ihm auftauchte, „Ich lass euch auch gleich von Ausserirdischen entführen.“, sagte er und schaute die beiden Agenten mit einem durchdringenden Blick an, „Habt Ihr schon Tatortfotos gemacht?“
„Wir sind dabei, Boss.“, berichtete der Italiener und innerhalb von Sekunden war das Gespräch wieder auf „Professionellem“ Level. Man warf sich munter zahlen zu – geschätzte Entfernungen – Ziva fotografierte den Bastardhänder ausgiebig und hatte das Gefühl, zu wissen ,  wie der Mann gestorben war. Aber man hatte ja schon festgestellt, dass sie alle ein Déjà-vu hatten.

„Ziva, was meinst Du mit „Grey“?“, fragte Tony, als die junge Frau den Wagen, in dem er ebenfalls saß, durch den Stadtverkehr lenkte, hupte und fluchte, weil „heute wieder jeder so fährt, wie er will“, wie sie sich auszudrücken beliebte. Dann folgte ein Schwall hebräischer Schimpfworte und anschließend widmete sie ihre Aufmerksamkeit ganz dem Italiener.
„Komm schon, Du lebst in Amerika und hast noch nie von den Grauen gehört? Dabei liest du doch diese Revolverblätter, in denen steht, dass der Mann im Mond in Wirklichkeit Elvis ist.“
„Und?“
Ziva seufzte: „Du liest offenbar nie weiter als bis zum nackten Mädchen auf Seite 2.“
„Seite Drei, Ziva.“, korrigierte Tony und grinste, als sie einen sehr wenig schmeichelhaften hebräischen Fluch ausstieß, „Hey, den kenn sogar ich.“
Die hübsche Frau rollte mit den Augen und schaute dann wieder auf die Straße, ehe sie fortfuhr: „Ich rede von Aliens.Diesen Wesen,die ungefähr kindsgroß sind, schwarze mandelförmige Augen ohne erkennbare Pupillen haben und  eine graue Hautfarbe. Deswegen heißen sie „Greys“.“

Jetzt schaute Tony die junge Frau verblüfft an. Er hatte sie als rationale Frau kennengelernt und nun glaubte sie an Ausserirdische?
„A… Aliens.“, echote Tony und räusperte sich, „Und… was haben Ausserirdische mit unserem Fall zu tun?“
„Naja, dieses Gefühl, etwas schon einmal erlebt zu haben – wie schon gesagt, bei Dr. Who gibt es die Silence, die eben aussehen wie die Grey. Sie manipulieren deine Gedanken, Tony und du vergisst, nachdem Du sie gesehen hast, dass Du sie gesehen hast.“
Er merkte, wie sein Mund trocken wurde und er wusste nicht, was ihm mehr Angst machte – der Gedanke, dass sowas wirklich existieren könnte, oder der Fakt, dass die Frau, die er als so rational kennengelernt hatte, glaubte , das sowas existieren könnte.

Sie erreichten das Hauptquartier und waren keine Sekunde zu früh da, um mitzuerleben wie Abby die Leiche Captain Stones in Empfang nahm.
„Was muss es nur für kranke Menschen geben?“, fragte sie und schaute in die Runde, „Jemanden zu erschießen ist schon fies, jemanden zu vergiften ist einfach nur unmenschlich, aber jemanden mit einem großen, stabilen Schwert von hinten durch den Oberkörper zu stechen … das ist ein ganz neues Level der Unmenschlichkeit.“
In Tonys Augen glitzerte der Schalk.
„Wo wir gerade von Unmenschlichkeit sprechen…“, setzte er an und verstummte kurz, als er Zivas wütenden Seitenblick bemerkte, „hattest Du auch das Gefühl, dass in deiner Wohnung Greys herumlaufen?“
„Ich hab nicht gesagt, dass in meiner Wohnung Greys herumlaufen würden, ich habe nur gesagt, dass ich das Gefühl hatte, dass ich… das…“, Ziva stockte und holte tief Luft, „Ich hatte nur das Gefühl, als hätte ich etwas vergessen. Und das erinnerte mich an die Silence… ich wollte dir nur sagen, wie die Silence aussehen.“
„Ja und du verwendest dafür die Greys ?“, fragte Tony und grinste, doch sein Grinsen verflüchtigte sich, als er Abbys ernsten Blick bemerkte: „Tony… mit so was macht man keine Witze. Wir wissen nichts über die Möglichkeiten extraterristrischen Lebens da draußen… wir wissen nicht, ob sie nicht schon unter uns weilen und aussehen wie Menschen… vielleicht bin ich ja auch nicht mehr Abby, sondern habe sie heut Nacht gefressen und trage ihre Haut als Kleidung?“
Der Italiener schaute sie einen Moment lang skeptisch an und grinste: „Klar, und ich bin George Washington.“
„Tony, die Sache ist weitaus ernster, als Du es dir machst. Kornkreise, Entführungen, all das hat stattgefunden.“
„Haben sich für die Kornkreise nicht schon inzwischen ein paar Leute bekannt?“, fragte Tony, und spürte, wie seine Atemgeschwindigkeit zunahm. So wie sie ihn gerade angesehen hatte… als meinte sie es wirklich ernst. Irgendwie fand er den Gedanken gruselig.
„Aber nur für die richtig miesen.“, holte Abby ihn in die Realität zurück, schaute ihn durchdringend an, „Die Wahrheit ist irgendwo da draußen.“
„O…kay Agent Scully. Dann will ich doch mal nach Oben fahren. Kommst Du mit, Ziva?“, fragte er und stellte fest, dass es ihn tatsächlich erfreuen würde, wenn die Israelin ihm Gesellschaft im Aufzug leisten würde, doch diese schüttelte nur den Kopf: „Nein, ich … muss mit Abby über etwas reden.“
„okay.“, sagte er und ging zum Lift, um in den Besprechungsraum zu fahren.
Als die Tür sich hinter ihm schloss, schaute er sich im Lift um und schüttelte den Kopf: „Es gibt keine Ausserirdischen.“

„Es gibt keine Ausserirdischen.“
Das war in Franz Meyers Glaubensgebäude etwas, das man einfach nicht in Frage stellte. Es gab sie genau so wenig, wie es Kobolde und Feen gab – das heißt, diese Wesen existierten schon, in Film, Funk und im Halloween. Er liebte eine gute Sci-Fi-Show wie jeder andere auch, aber als sein Chef ihm diesen Auftrag gegeben hatte und meinte, die Sache sei ein wenig merkwürdig und Leute haben sich schon über merkwürdige Lichter über dem Firmengelände gewundert, da war Meyers sofort klar, dass seine Frau, die diese Sci-Fi-Serien verschlang, sofort Übernatürliches hineininterpretieren würde.
Diese merkwürdigen Lichter konnten ja nun wirklich allen möglichen Ursprung haben. Sumpfgase, elektronische Funken aus schlecht-gewarteten Kabelanlagen, Reflektionen von Sternen, Flugzeuge, … es kam eine ganze Menge an Gründen zusammen, weswegen man über dem Gebäude merkwürdige Lichter sah und für einen Realisten wie Meyers waren Ausserirdische so glaubwürdig, wie eine zeitpunktgenaue Bedienung des Kredites der Firma, die er nun pfänden sollte. Dieser Zeitpunkt, zu dem der Kredit hätte bedient werden müssen – man sagte nicht mehr „zurückgezahlt“, man sagte seit der großen Banken- und Wirtschaftskrise, das Kredite „bedient“ werden – dieser Zeitpunkt lag schon so weit zurück, dass man, allein um die Zinsen zurückzuzahlen einen neuen Kredit hätte aufnehmen müssen. Und da man für die Firma „Mad Cow Middleton Inc“ kein Rettungspaket schnüren wollte und konnte, war es klar, dass man nun ihn dorthin entsandte um eine letzte Inventur zu machen und noch einmal die Vermögenswerte festzustellen.
Anlage- und Umlaufvermögen, letzteres wurde von fest nach flüssig in der Bilanz notiert und war auch schon im großen Stil liquidiert worden – jetzt ging es daran, die letzten beiden großen Posten zu schätzen. Die Gebäude und natürlich das Grundstück.

Als Meyers seinen Jeep Cherokee auf das Gelände von „Mad Cow“ fuhr, war ihm sofort klar: „Hier wartet Arbeit auf dich.“ „Mad Cow“ bestand aus mehreren großen Lagerhallen, einem großen Hauptgebäude und mehreren – inzwischen leeren – Garagen. Dort hatten früher mal die Firmenautos gestanden. Die waren aber inzwischen komplett – bis auf einen symbolischen Dollar – abgeschrieben worden, hatten also an Wert verloren, auch wenn sie eigentlich noch anstandslos fuhren, aber rein rechnerisch waren die Autos quasi Schrott, konnten also nicht mehr wirklich viel dazu beitragen, die Liquidität von „Mad Cow Middleton Inc.“ wiederherzustellen.
Und wenn man sich das ansah, was randalierende Menschen aus dem einstmals strahlenden Gebäude gemacht hatten, wurde Meyers eigentlich klar, dass man hier einfach nur noch den Anruf zur Vertragsfirma tätigen konnte. Bulldozer-Pete würde sich der Sache schnell und unbürokratisch annehmen und das Gebäude mit seiner fünfzehnköpfigen Mannschaft schneller plätten, als man „Industriekostenrahmen“ sagen konnte.

Kopfschüttelnd warf er einen Blick auf das Gebäude, als ihm etwas auffiel.
Im oberen Stockwerk hatte sich gerade etwas bewegt.
Dämliche spielende Kinder.

Da stellte man schon extra ein Schild auf, dass man hier aus Sicherheitsgründen nicht hindurfte – mit dem schönen Hinweise versehen, das Eltern für ihre Kinder haften – und was ist? Es interessierte die Brut nicht.
Das waren die Momente, in denen Meyers froh war, dass seine Frau sich offenbar wohl nur für den augenzwinkernden Charme des Jack Harkness interessierte, denn für den Körper ihres Mannes. Auch wenn er selber lieber mit seiner Frau ein paar romantische Stunden verbringen wollte, war sie eher daran interessiert, ob Torchwood nun die Daleks schnappte, oder nicht.
Wenn er so über sie nachdachte, fiel ihm dieses Lied ein, dessen Takte er summte, als er sich auf den Weg in das Gebäude machte.
Es gab diesen Chanson, dieses Lied, das er mal gehört hatte, als sein Vater vor knapp zwei Jahren in Deutschland im Krankenhaus lag und sich, als er ihn besucht hatte, im TV die Gala „100 Jahre Heinz Ehrhardt“ angeschaut hatte. Dort hatten einige Schauspieler, die Franz auch aus alten Filmen kannte, ein Lied gesungen.
Bill Ramsay hatte neben Edith Hancke im Bett gelegen und darüber gesungen, dass seine Frau gerne Krimis schaute. Während sie die erste Strophe eingeleitet hatten, war  plötzlich im Fenster neben Bill Ramsey der Schauspieler Jaecki Schwarz aufgetaucht, hatte eine kleine Textzeile gehabt und dann war neben Edith Hancke der Schauspieler Jan Fedder – den Meyers aus der Serie „Großstadtrevier“ kannte – aufgetaucht und hatte sich auch gesangstechnisch eingebracht. Es war ein sehr lustiges, sehr beschwingtes Lied gewesen und Franz hatte nun die Melodie von „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ im Kopf.  Mit schnellen, beschwingten Schritten hastete er die Treppen hoch, stoppte kurz, drehte sich einmal um die eigene Achse und eilte noch ein paar Stufen hoch, als er stoppte.

„Meine Güte“, dachte er sich, „Ich hab als Kind oft genug scheiße gebaut, wie man bei uns sagte, ich hab dafür gerade gestanden und jetzt soll ich diesen Kiddies hier das Spielen verbieten? Ach quatsch.“
Er drehte sich um, als er hinter sich ein Geräusch hörte und sich entsetzt an die Wand presste, als vom obersten Stockwerk etwas direkt am Geländer vorbeigesaust kam und unten auf den Boden krachte.
Verblüfft trat er einen Schritt nach vorne und warf einen Blick über die Brüstung.
Was er da sah, ließ ihn entsetzt die Augen aufreißen.
Im Erdgeschoss lag, ‚splayed out’ wie man hier sagte, also ausgebreitet, aufgefächert oder eben alle Viere von sich gestreckt, mit einem Gesichtsausdruck der seinem glich, ein Mann. Unter ihm bildete sich eine große Pfütze roten Blutes.

Hatten diese Kinder, die sich da oben rumtrieben, etwa gerade einen kaltblütigen Mord begangen?
So langsam, aber sicher überkamen ihn arge Zweifel, ob es sich bei den Personen, die sich da oben rumtrieben, wirklich um Kinder handelte, oder ob diese inzwischen so verroht waren, dass es ihnen egal war, was mit den Menschen, die ihnen begegneten passierte?
Irgendwie erachtete er beides als Möglich. Er beschloss also, seinen Optimismus ein wenig zu dämpfen und auch seine Annäherung nicht mehr so deutlich zu zeigen. Stattdessen schlich er nun.
Sollte er jemanden um Hilfe rufen?
Kurz überlegte er, dann schüttelte der den Kopf. Quatsch. Mit ein paar juvenilen Halbstarken würde er schon noch fertig werden. Selbst wenn sie es schafften, einen Typen über die Brüstung in den Tod zu werfen, wie groß war die Chance, dass sie es bei ihm schafften?
Er wandte sich um und machte weiter. Dann sah er diesen großen Computer, der da mitten auf der Treppe stand und schüttelte den Kopf.
„Das ist doch nicht zu fassen.“, murmelte er, „Und ich dachte, die hätten alle Vermögenswerte vertickt. Offenbar nicht. Na wartet, das gibt eine schöne Strafe.“
Als er näher kam, fielen ihm die merkwürdigen Insignien auf dem Terminal auf.
„Vermutlich japanisch.“, dachte er und beschloss, sich das Ding genauer anzusehen.
Merkwürdiger weise hatte er das Gefühl, als hätten die Wände auf einmal Augen.

„Ach Tony?“, riss McGee ihn aus seinen Gedanken und er schaute verblüfft zu seinem Kollegen herüber: „Ja, McGenius, du wolltest mir doch noch erzählen, ob Du auch das Gefühl hast, in einer Zeitschleife zu stecken.“
„Ja, das auch, aber… ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob Du mir einen Gefallen tun könntest.“
Tonys Augen verengten sich zu schlitzen: „Wie kann ich Dir helfen?“
Seit wann fragte McGee ihn um Hilfe? Hier stimmte doch wieder was nicht.
„Tony… mit so was macht man keine Witze. Wir wissen nichts über die Möglichkeiten extraterristrischen Lebens da draußen… wir wissen nicht, ob sie nicht schon unter uns weilen und aussehen wie Menschen… vielleicht bin ich ja auch nicht mehr Abby, sondern habe sie heut Nacht gefressen und trage ihre Haut als Kleidung?“ , schoss ihm Abbys Stimme durch den Kopf und er schüttelte selbigen. Es gab keine Ausserirdischen.
Aber, nur mal zur Sicherheit schaute er McVerdächtig mal genauer an. War er schon immer so dünn, beinahe spindeldürr, gewesen?
„Was ist, kannst Du mir helfen?“, fragte McGee in einem Tonfall, der Tony auch nicht so wirklich gefiel. Er erinnerte ihn ein wenig an eine Schlange, die den Hasen fragte, ob er ihr mal kurz in die Augen sehen könne, sie habe das Gefühl, ihre Kontaktlinsen seien verrutscht.
Und er hatte oft genug „Der Hofnarr“ gesehen, um zu wissen, dass man Leuten, die hypnotisieren konnten, nicht mal in Ausnahmefällen in die Augen schaute, es sei denn, man wollte den Rest des Filmes an- und ausgeschnippt werden.

Nein, er war sicher, er war unter Freunden, es gab keine Ausserirdischen.
„Natürlich, McGee – wie kann ich dir helfen?“
War das jetzt eine Spur zu freundlich? Tim schaute ihn aufmerksam an und legte dann den Stift, den er gerade noch in der Hand gehalten hatte, ab. War es ein Stift, oder so ein Gedankenverwurschtelblitzdingsi, wie es die Men in Black im Film hatten?
‚Tony, jetzt reiß dich zusammen!’, schoss es ihm durch den Kopf, allerdings – wie hätte er es sonst erwartet – nicht in seiner eigenen Gedankenstimme, sondern in der Stimme seines Vaters. Innerlich seufzend blickte er Mc-potentieller-Alien-Wirt an.
„Ich bräuchte aus der Asservatenkammer die Akte Drei vier Drei.“, sagte McGee und zuckte mit den Schultern: „Ich kann sie auch selber holen, aber – ich dachte, vielleicht… ich würd dir auch einen Kaffee ausgeben.“
So, jetzt war es sicher, das was nicht stimmte. McGeizig gab ihm einen Kaffee aus?
Aber – er würde mitspielen. Wenn es eine Alien-Invasion im NCIS gab, würde er es herausfinden und zu Gibbs gehen und… was wenn Gibbs der Anführer war?
Dann würde er zu Vance gehen und… was wenn Vance der Anführer und Gibbs sein Lieutenant war? Vielleicht sollte er doch noch mal mit Ziva sprechen und… was wenn Ziva nun auch eine Ausserirdische war?
Da brauchte er nicht groß nachzudenken. In dem Fall würde er sich von ihr Fressen lassen. Was sollte das denn?
Wenn er so an die Abenteuer der letzten Jahre dachte, die er mit ihr erlebt hatte, fand er, dass er keine bessere Partnerin finden konnte, als diese Frau. Und wenn sie nun tatsächlich nur noch eine Hülle war – was eigentlich Blödsinn war, es gab keine Ausserirdischen – dann würde er sich nur allzu bereitwillig von ihr in genau so etwas verwandeln, denn… wenn er die Wahl hätte, ohne sie zu leben oder mit ihr tot zu sein… so verdreht es auch schien, er wählte das Letztere. Ohne sie, ohne ihren extrem trockenen Sinn für Humor , konnte er sich das Leben nicht mehr vorstellen.
Und mit dem Mut der Verzweifelten stand er auf und ging zum Aufzug.
Kurz, bevor sich die Aufzugtür schloss, hörte er McJudas Stimme: „Er ist auf dem Weg.“

Die Aufzugtür glitt auf und Tony fand sich in absoluter Dunkelheit wieder.
Was war hier los? Stromausfall?
Das hatte den Vorteil, dass die Tür zur Asservatenkammer, normalerweise elektrisch verschlossen , leicht zu öffnen war. Er drückte die Klinke herunter, die Tür öffnete sich und er betrat die Asservatenkammer.
Mit der Taschenlampe leuchtete er sich den Weg – ein lächerlich kleiner Lichtfinger versuchte sich in dieser großen, großen dunklen Halle bemerkbar zu machen.
Ein Witz.
Das alles war ein Witz – er hatte doch keine Chance. Vielleicht sollte er abwarten, bis der Strom wieder funktionierte?
Schnell griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer von McGee.
The person, you have called is temporary not available. , erklang die Stimme aus seinem Telefon und er verfluchte die extrem miese Empfangssituation, in der er sich gerade befand.
Naja, es nutzte ja nichts, er musste diese Akte finden, wenn er seinen Kaffee haben wollte.
Und es hatte den Vorteil, dass ihm an all dem hier nichts Bekannt vorkam.
Wobei – wenn er ehrlich war, wäre es ihm lieber, wenn von dieser Stelle auch ein Déjà-Vu gehabt hätte.

Klank!
Tony zuckte zusammen.
‚Was ist los mit Dir, DiNozzo? Beruhig dich!’, schalt er sich, dieses mal gedanklich in der Stimme seines Chefs. Er merkte, wie sein Atem sich verlangsamte. Es war doch einfach nur albern. Er war Mitte 30 und fürchtete sich gerade im Dunkeln vor dem, was da im Dunkeln auf ihn lauern könnte.
Und offenbar war da was, denn er konnte hören, wie etwas über den Boden geschleift wurde.
Was es war, wusste er nicht, aber er hatte einen starken Verdacht. Schließlich war das hier der NCIS, hier lagerten Geheimdokumente, hier liefen die geheimdienstlichen Fäden für Gegenspionage, Terrorismusbekämpfung und andere Nettigkeiten zusammen. Das man in den NCIS prima einbrechen konnte, wenn man denen den Strom abstellte, war etwas, was ihm schon damals, als man halb Washington den Strom abgedreht hatte, in den Sinn gekommen war.

Das Schleifen, das er hörte… es musste ein Körper sein, der gerade getötet und nun versteckt wurde.
Ziva!
Sie war hier unten gewesen, zusammen mit Abby. Und hier hatten sie dieses Gespräch geführt und…
Erneut zuckte er zusammen.
Knappe 4 Meter von ihm waren Sachen umgefallen und er hörte ein merkwürdiges Geräusch – ein merkwürdiges schrilles Kreischen. Beinahe wäre er gegen ein Regal gelaufen, als er sich daran erinnerte, wo er das Geräusch schon einmal gehört hatte.

Lorette Taylors Filmnacht.
Das Geräusch war vom Fernseher gekommen und hatte ihnen allen eine Gänsehaut beschert.
„Aliens.“, sagte Tony leise und schüttelte den Kopf: „Schöner Gag, aber… ich fall da nicht drauf rein.“
„Nicht?“, hörte er Zivas sanfte Stimme direkt hinter sich, fuhr herum und erstarrte.
Sie trug einen Hazmat-Anzug, ihre braunen Augen waren gelb, ihre Wange war von silberner Kybernetik verziert und die Beleuchtung des Hazmat-Suits gab ihrer ausserirdischen Erscheinung noch eine Spur mehr… was auch immer.
Er schluckte, ging einen Schritt zurück und merkte, wie hinter ihm jemand stand.
Schnell fuhr er herum und schaute in die roten Augen Abby Sciutos.
„BUH!“; machte sie und Tony … lachte.
Die Forensikerin zog eine Schnute.
„Hat es nicht geklappt, Tony?“
„Bis zu diesem Geräusch hattet ihr mich. Aber dieses Hiya-k-k-k-k, das die Aliens in dem Film machten… das hat euch dann doch verraten.“
Er ging zu Ziva, nahm ihr den Hazmat-Helm ab und grinste: „Darf ich dir was sagen, oh mein Metall-Zombie?“
Die hübsche Israelin griff an ihre Wange, nahm die Verkleidung ab und grinste schief: „Was denn?“
Er beugte sich vor und küsste sie: „Du bist ein wirklich hübscher Alien.“
Ziva grinste: „Hiya-k-k-k-k.“

Franz Meyers rannte. Die Schmerzen in seinem Körper waren silberhell und heiß, aber – was wollte er machen? Er wurde verfolgt – und dann auch noch von etwas, was ihm eher aus einem Albtraum schien, als ein Wesen auf Gottes weitem Erdenrund.
Er wusste nicht was er da gerade gesehen hatte, es war ihm auch vollkommen egal, er wusste nur, dass sein Glaubensgebäude gerade einen dermaßen großen Knacks erhalten hatte, das er als Bergschaden sichtbar sein müsste und man ihn nicht mal mit viel gutem Zureden und einer extra dicken Schicht Spachtelmasse hätte tarnen können.
Verdammt – etwas war hinter ihm her und es sah aus wie das uneheliche Kind des unglaublichen Hulk und einer Küchenschabe.
Groß, grün, eine Menge Antennen und offenbar ein verdammt guter Läufer, so stellte sich das Ding in seiner Gegenwart da und Meyers merkte, wie sein Puls raste.
Und während er rannte, war er sehr geneigt, sich seine Leitmaxime, das Ausserirdische nicht existierten, noch mal durch den Kopf gehen zu lassen.

Er hatte sich fasziniert über diese Konsole gebeugt, die er mitten auf der Treppe gefunden hatte und nicht einmal mehr Gelegenheit bekommen, sich zu bücken, als dieses Ding neben ihm aufgetaucht war und ohne das er großartig etwas dagegen hätte tun können, hatte das Wesen ihn gepackt. Dann hatte es einen enormen Kraftakt betrieben, ohne großartig ins Schwitzen gekommen zu sein, in dem es ihn, einen knapp 2-Meter-Mann, der gut und gerne seine 100 Kilo wog, gegriffen und ihn dann mit einer Leichtigkeit die Treppe heruntergeworfen, die er an den Tag legte, wenn er mal wieder auf Petes Baustelle aushalf und diese schweren Säcke mit Brandkalk über seine Schulter in die Schubkarre warf.
Jetzt wusste er auch, wie sich diese Säcke fühlen müssten, wenn sie dazu in der Lage wären.
Es tat einfach weh, wenn man mit der Seite auf einen harten Boden auftraf und dann in einem Gewirr von Armen und Beinen – so viele, das konnten eigentlich nicht alle seine eigenen sein – die Treppe weiter herunterfiel. Auch die finale Landung auf dem Boden war nicht unbedingt schmerzfrei gewesen und da wusste Franz, was für den Tod der armen Socke, den er beobachtet hatte, verursacht hatte. Das waren keine spielenden Kinder – oh nein.

Und gerade, als er sich aufrappelte, erschien dieses Geschöpf auf dem Treppenabsatz. Groß, grün und extrem angepisst.
Es holte Luft, ging dann in die Hocke führte – wie ein Bodybuilder – die Unterarme in einer Art V-Position zusammen und brüllte herausfordernd, so, dass die Vaterschaft des unglaublichen Hulks eigentlich nicht mehr anzuzweifeln war. Vermutlich saß dieser gerade ganz stolz im Obergeschoss und sagte: „Sohn von Hulk SMASH!“.
Franz Meyers wusste, dass er das Recht hatte, eine Waffe zu besitzen und der Gedanke, eine eben solche Schusswaffe gegen das Ding auf dem Treppenabsatz einzusetzen erschien ihm auch im ersten Moment ziemlich ‚appealing’, wie man hier sagte – sprich „Attraktiv“, „einleuchtend“ – aber… er hatte die Serie gesehen und wusste, dass Schusswaffen nur eine Sache anrichteten: Sie machten den Hulk noch wütender und das wollte er nicht.

Also tat er das, was sein Urinstinkt ihm seit einer knappen Millisekunde Realzeit, aber gefühlten 10 Milliarden Jahren, ins Ohr brüllte. Abhauen.
Auch wenn sein Körper protestierte, auch wenn die Rippen, die offenbar gebrochen waren, schmerzten, auch wenn er selbst kaum noch Luft bekam, er musste rennen. Er musste hier weg.
„Ausserirdische gibt es nicht“ – so ein Blödsinn.
Was war das Ding auf dem Treppenabsatz sonst, wenn nicht Besuch aus einer fernen Welt? Ein mutierter Wissenschaftler, der sich mal wieder aufgeregt hatte?
„Nun werden wir doch mal wieder realistisch!“, schoss es ihm durch den Kopf und er setzte sich in Bewegung – das Ding immer hinter ihm her.
Er hatte eigentlich keine Alternative mehr, als das zu tun, was man ihm geraten hatte, wenn ein wildes Tier auf ihn zukam. Sich hinlegen, tot stellen und das Beste hoffen.
Auch dieser Gedanke gewann mit zunehmenden Schmerzen in Brustkorb und Beinen an Attraktivität und so ließ er sich bei der nächstbesten Möglichkeit einfach fallen.

Und als das Ding auf ihn zukam, ihn anschaute und einmal kurz  - fast schon zärtlich – mit dem Fuß gegen seine Rippen trat und er merkte, wie die Schmerzen in ihm aufquollen, ihren Weg durch Brustkorb und Luftröhre zum Mund bahnten und schließlich in einem Schrei gipfelten, der dem von Hulks Sohn in nichts nachstand… da wusste er, dass er, wenn er hier je wieder rauskommen würde, dem Typen, der ihm diesen Tipp gegeben hatte, mal die Meinung geigen würde.

„Stell dich einfach tot – am Arsch!“, schoss es ihm durch den Kopf, als der Hulk ihn packte und erneut über den Kopf hielt. Dann warf er ihn erneut – dieses mal gegen eine Wand – und angetrieben durch die unglaubliche Kraft des unglaublichen Wesens krachte er durch diese Wand – was wieder ein paar Knochen kostete. Als er aufkam und sich abrollte, war ihm als stünde sein Körper in Flammen.
Und dann sah er es.

Ein Raumschiff.
Es stand mitten in der Fertigungshalle und – war merkwürdig elegant.
„Das hätte ich diesen Biestern nicht zugetraut.“, murmelte Franz und hörte, wie Hulk sich näherte. Dann packte das Wesen ihn an den Haaren, zog ihn nach hinten, sodass Franz’ Körper eine Art C beschrieb, wobei die Beine und die Füße den unteren Teil bildeten – den sogenannten Anstrich , während die Arme, die nach unten baumelten beinahe als Abstrich plus Serife zu erkennen waren. Für Meyers war es eine Tortur.
Aber die wirkliche Tortur kam erst noch.

Das Wesen griff, mit einem grausamen Lächeln – tatsächlich, das Wesen konnte lächeln – zu einem Messer, wobei Messer der Größe und Länge der Klinge nun wirklich nicht mehr gerecht wurde. Aber „Schwert“ war zu groß. Dieses „Messer“ hielt es Meyers an die Kehle und der Deutsche wusste, was los war.

Die Augen des Mannes weiten sich im Schock.

CaptainCalvinCat:

Kapitel 8
Die hübsche Rothaarige riss überrascht die Augen auf.
Es war schon ein Kreuz mit unserer deutschen Sprache.
Jede Faser des Körpers Calvin Nathan Cats wollte das Wort „Shuttle“ in ein Neutrum umwandeln, also „Das Shuttle“ sagen. Mit dieser Regelung war er knappe 28 Jahre gut gefahren, bis zu dem Tag, als ihn die hübsche Brünette in der bajoranischen Uniform, die er auf der Station Deep Space Nine als Major Kira Nerys kennengelernt hatte, korrigierte und meinte, es heiße „der Shuttle“. Seitdem war er sich nicht sicher, zumal auch sämtliche Computerdatenbanken, die er befragt hatte, sich nicht einig sein konnten. Manche sagten „Der Shuttle“, andere sagten „Das Shuttle“. Als Brite war das kein Problem, da hatte man ja nur einen Artikel, nämlich „the“ und musste sich demzufolge solche Fragen gar nicht stellen. Da er aber irgendwann mal im Zuge der Teenagerrebellion beschlossen hatte, sich komplett unbeliebt zu machen, und sich akzenttechnisch im deutschen Sprachraum zu bedienen.
Und nicht nur Hochdeutsch, also so, wie man es aus schlechten amerikanischen Filmen des späten 20. Jahrhunderts kannte, in denen die „Deutschen“ entweder bayrisch sprachen oder zumindest so aussahen und deren einziger Hinweis darauf, das sie Deutsch waren, durch ein eingestreutes „Ja!“ oder „Jawoll!“ war – je nach dem, welche Filme man schaute. Nein, nein, Cal griff ganz tief in die Dialektkiste.
Er verwandte die Syntax eines deutschen Dialektes und trieb mit seinen entsprechenden Übungen seine Eltern in den Wahnsinn. Schließlich brach der Captain, der damals noch kein Captain war, hin und wieder in diesen, sich Dialekt aus, den er sich antrainieren wollte und der seine Wiege in die Nähe der Gegend setzen sollte, in der man seinerzeit nicht arbeiten ging, sondern „auffe Maloche“, die seinerzeit ein Jahr lang Kulturhauptstadt gewesen war und die mit seiner wahren Herkunft, der Stadt London in England nichts gemein hatte. Aber Cal gab sich gerne als Ruhrpottkind, auch wenn er aus dieser Gegend nur vier Sachen kannte – die Kohle, Dortmund, Gelsenkirchen und Bochum.

Warum er die Kohle kannte, war klar – schließlich hatte sich die Region, aus der er so gerne vorgab zu kommen, mit dem Abbau dieses Materials seinerzeit einen Namen gemacht. Die Städte, die Cal kannte, kannte er deswegen, weil diese die seinerzeit bekanntesten Fußballvereine der sogenannten Bundesliga beinhalteten – und das ziemlich geballt.
Mit Fußball konnte man ihn zwar jagen, aber es war schon sehr praktisch, wenn man sich wenigstens ein wenig mit dem befasste, was man gerne sein würde, auch wenn ein echtes Ruhrpottkind vermutlich nicht wirklich diese Affinität zu Kohle zeigte – schließlich gab es schon in den 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, als die ganzen Zechen geschlossen wurden, das große Umdenken, den großen Strukturwandel. Abraumhalden wurden begrünt, Gegenden, die ein deutliches Zeichen dafür waren, dass der Strukturwandel auch Arbeitsplätze forderte (auch wenn dafür andere geschaffen wurden), wurden zur „Industriekultur“ aufgewertet und knappe 100 Jahre nachdem die letzte Zeche geschlossen war, erinnerten allerhöchstens noch ein paar mit Pflanzen überwucherte Abraumhalden daran, das hier mal Kohle gefördert wurde.

‚What is the matter with you, boy?’, hatte ihn eine seiner Lehrerinnen mal gefragt und Cal hatte grinsend geantwortet: “Ach weißte – wennze mich so fragst, is mich so schnarchich, dat kannste maa gar nich glauben, da besteht extremen Bekakelungsbedaaf.“
Natürlich hatte die Lehrerin kein Wort von dem verstanden, was der junge Cal ihr da sagen wollte, also übersetzte er es nochmal ins feinste Oxfordenglisch – was der Lehrerin natürlich auch nicht passte. Ebensowenig übrigens, wie es den Eltern genehm war.

Im Deutschen musste man nun wissen, ob ein Shuttle neutrum oder maskulinum war – also ob es „der“ oder „das“ Shuttle hieß und selbst des Captains geliebtes Ruhrdeutsch brachte ihn nicht weiter. Hin und wieder war es praktisch – so fiel die lästige Frage weg, ob man das „das“ nun in dieser oder jener Situation mit doppel- oder einem einfachen S schrieb, da sagte Cal einfach „dat“ und schon ‚war der Drops gelutscht’, aber bei der Thematik „Shuttle“ war er ‚genau so schlau als wie zuvor’, wie Faust gesagt hätte.

Momentan konnte es dem Captain aber nicht weniger interessieren, welch Geschlechtes nun das Gefährt, in dem er gerade reiste, war – schließlich hatte er gerade nur Augen für die hübsche Rothaarige, die neben ihm saß. Zumindest bemerkte diese, dass er seine Arbeit schleifen ließ und lieber ihr Profil betrachtete.
Agatha Silverbird seufzte genervt-amüsiert: „Cal, du wolltest noch hier bleiben und eine Extra-Runde über die Erde drehen. Also schau aus dem Fenster.“

Kaum, dass sie auf der Dragonfly angekommen waren, hatte die hübsche erste Offizierin geseufzt und gesagt: „So, jetzt eine entspannende Dusche in unserem Quartier und dann bin ich wieder wie neu.“
Doch da hatte der Captain ihren Unterarm schon festgehalten und sie angeschaut: „Schatz, ich weiß ja nicht. Ich möchte lieber noch mal mit der Emscher eine Runde über Washington drehen.“
Verwirrung war in ihren Augen zu lesen gewesen: „Du hast nicht wirklich eines unserer Runabouts in Emscher getauft, oder?“
„Hey, ich bin ein Pottkind.“, hatte er gegrinst und sie hatte den Kopf geschüttelt: „Bist Du nicht – du bist Brite, mit Julian Bashir auf die Schule gegangen, also hör bitte mit deiner Ruhrpott-Nummer auf.“
„Hey, Ruhrpottler sind cool. Sieh dir den späteren Bundeskanzler der Bundesrepublik an. Er hat als Polizist angefangen und sich dann hochgearbeitet. Mit ihm hat die SPD 2030 einen sensationellen Wahlsieg geholt.“
Das war der Moment, an dem Agatha mal wieder beschlossen hatte, Cal seine Illusionen zu lassen.

Nun saßen sie also in der Emscher – es war Agatha immer noch unbegreiflich, wie Cal das Schiff nach einem früher Abwasser führenden Bachkanal, einer sogenannten „Köttelbecke“, benennen konnte, aber es war des Captains Vorrecht, die Shuttles und Runabouts so zu benennen, wie sie wollten. Und Cal hatte zumindest seiner Brückencrew gestattet, einige Runabouts ebenfalls nach eigenem Gutdünken zu benennen.
Agatha taufte eines der Runabouts somit „Oos“, denn dieser Fluss floss durch ihre Heimat, Baden-Baden, während man dank Gina über die „U.S.S. Tiber“ verfügte, der ihre Heimatstadt Perugia durchfloss. Jill – aus San Francisco stammend – benannte das dritte und vorletzte Runabout „Carquinez“, nach der Carquinez-Straße, einer Meerenge im Norden Kaliforniens, die in der Stadt, in der sie geboren und aufgewachsen war, San Francisco, in den Pazifik mündete. Ausserdem hatte man noch die „U.S.S. Main“, die von den meisten Leuten, zunächst englisch gelesen und nicht verstanden wurde.
„Main – und weiter?“, wurde dann meist gefragt, „Mainstream? Mainpower? Mainstreet?“
Das lag daran, dass Cal noch seinem guten Kumpel und besten Freund, Sebastian Middlegate, die Möglichkeit gegeben hatte, ein Shuttle zu taufen. Da dieser, trotz des Nachnamens Middlegate aus Deutschland kam – genauer gesagt aus Frankfurt am Main – war mit „U.S.S Main“ nicht „Mäyn“, wie in Haupt- (Hauptstraße, Hauptstrom, Hauptleitung, Haupstadt), sondern Main, gemeint.

Das leise Zirpen, das der Kommunikator des Captains von sich gab, ließ Agatha wieder in die Jetztzeit zurückfinden. Er traute dem Frieden also nicht. Es gab Momente, in denen hielt die hübsche Frau ihren Freund für einen rettungslosen Paranoiker.
„Menacer an Cat?“, erklang die militärisch-zackige Stimme der blonden Sicherheitsoffizierin aus dem Kommuniaktionsgerät. Agatha wusste aber auch, dass sie durchaus sanftere Töne anschlagen konnte – das hatte Sebastian ihr einmal erzählt.
„Cat hier?“, garagentorquietschte der Captain und Agatha fragte sich, ob er es jemals schaffen würde, sich für eine Stimmlage zu entscheiden.
„Es… es gibt ein Problem.“
Agatha merkte, wie ihr Herz kurz aussetzte und spürte, wie ihr Captain sie anschaute, ehe er fragte: „Ein Problem?“
„Ja, Traceless ist entkommen.“

Die grasgrünen Augen der hübschen Frau schauten verblüfft in die braunen Augen des Captains, dessen Gesichtsausdruck gerade zwischen „verwirrt“ und „entschlossen“ changierte. „Bitte um Erklärung.“, sagte er und hörte, wie die hübsche Blonde sich räusperte: „Nun… Peter brachte dem Gefangenen offenbar sein Abendessen, als dieser…“
„Als dieser … was?“, fragte Cal.
Erneut machte die hübsche Blonde eine Pause, räusperte sich kurz und sagte dann: „Er war verschwunden.“
„Von jetzt auf gleich?“
„Ja.“
Agatha legte den Kopf schief.
Peter – der Wachmann – hatte, wenn Cal Traceless gefangen hatte, präzise Instruktionen erhalten, sich nur von der Stelle zu bewegen, um zum Replikator zu gehen und dem Gefangenen etwas zu essen zu bestellen. Selbst, wenn man großzügig annahm, dass der Replikator im Arrestbereich kaputt war, selbst dann musste man eigentlich nur einem Kollegen bescheid sagen, etwas zu essen zu besorgen. Peter musste seine Position eigentlich nicht verlassen, was nur bedeuten konnte, dass Traceless in der Zelle verschwunden war.
Aber wie sollte das funktionieren?
Im Kopf ging sie alle Möglichkeiten durch, räusperte sich dann und wandte sich an Cal: „Du hast das Kraftfeld um die gesamte Zelle legen lassen, ja? Nicht das einer auf die Idee kommt, Traceless rauszubeamen?“
„Für wie bekloppt hältst Du mich eigentlich?“, antwortete der Captain mit einer Gegenfrage und schaute sie ein wenig missbilligend an: „Ich hab alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen – dennoch ist er einfach so verschwunden. Ich verstehe es nicht.“
Mit diesen Worten gab er den Kurs ein, der die Emscher zurück zur Dragonfly bringen sollte und betätigte eine Taste.
Agatha wusste, dass dies die Taste war, die er selbst einmal mit „Engage“ beschriftet hatte, da er mit diesen ganzen Eingabefeldern zwischendurch ein wenig überfordert war.
Doch kaum, dass er die Taste gedrückt hatte, bebte das Schiff und Cal schaute sie überrascht an: „Das sollte nicht passieren.“
Und dann erschien eine Botschaft auf dem Bildschirm, der zwischen den beiden in eine Mittelkonsole eingelassen war.


--- Zitat --- Teuflisch wird meine
Rache sein, wirfst Du mich einfach so
Aus dem Fenster.
Cal, das tut man nicht.
Eigentlich hätte ich mehr von dir erwartet.
Lass dir das gesagt sein:
Es ist nicht nett, jemanden einfach
So aus einem Fenster zu schmeißen.
So was tut sehr weh.
--- Ende Zitat ---

Die beiden Offiziere sahen auf den Bildschirm, dann sich an und Cal schluckte: „Oh man.“

Leroy Jethro Gibbs hielt den Pappbecher in der Hand, als er das Labor betrat, in dem Abby gerade einen Handstand vollführte.
„Abs?“, fragte er und die hübsche Frau rollte sich ab: „Gibbsman, wurde auch Zeit, dass Du hier unten mal auftauchst.“
Sie lächelte – frech wie immer – und schaute ihn an, als er fragte: „Und, was hast Du für mich Abs?“
„Ein Rätsel.“, erklärte sie und schaute ihn an: „Weißt Du, Tony hat mir erzählt, dass Ziva meint, wir hätten das alles schon mal erlebt … wobei das nicht ganz richtig wiedergegeben ist. Tony meint, wir sind in einer Zeitschleife und Ziva meint, es würden Ausserirdische umgehen. Ich persönlich halte die letztere Theorie für wahrscheinlicher – ich meine, die Lichter, die man in den letzten Wochen über Washington sieht… ich bin mir sogar sicher, eine Art UFO gesehen zu haben, aber Miss Post, meine Vermieterin, glaubt mir genauso wenig, wie Miss Carols, meine Nachbarin. Sie ist das, was man eine „crazy old bat“ nennt, aber – sie weiß alles, was in der Nachbarschaft abgeht. Wenn Sie kein UFO gesehen hat, dann war da auch keines.“
„Abby!“, machte Gibbs und die Frau in den schwarzen Klamotten schaute ihn lächelnd an: „Geduld, oh mein Silberfuchs. Du musst lernen, Geduld zu haben – du kannst nicht mehr so viel Gas geben, wie früher.“
Er schaute sie an, legte den Kopf schief und in seinen Augen konnte sie sehen, dass er einerseits amüsiert, andererseits ziemlich genervt war. Sie hob beide Arme – als ob sie sich ergeben würde.
„Natürlich, oh mein Silberfuchs. Das Schwert.“, sagte sie und ging zum Computer: „Wir haben einen stabilen Bastardhänder. Man kann ihn sowohl mit einer Hand, als auch mit beiden schwingen und Leuten die Köpfe abschlagen und… hat Dir Ducky erzählt, dass er einmal gegen Basil Rathborne gefochten hat? Da war Ducky aber noch jung und Rathbone war schon…“
Erneut stoppte sie, als sie den Blick von Gibbs bemerkte – die Genervtheit überwog langsam und da sie ihr selbstgesetztes Ziel, niemals eine Kopfnuss zu erhalten, nicht verfehlen wollte, sagte sie: „Am Beste ist, du fragst ihn selber. Bei diesem Bastardhänder ist mir etwas Interessantes aufgefallen. Wir haben tatsächlich Fingerabdrücke. Sie sind am Griff des Schwertes und aufgrund dessen, wie sie um den Griff positioniert sind, lassen sie den Verdacht zu, dass die Person, der die Fingerabdrücke gehören, das Schwert gehalten hat. Ich bin auch gerade dabei, die Daten durchs AFIS laufen zu lassen.“
Kaum, dass sie ausgesprochen hatte, gab der Computer ein lautes Piepsen von sich und Abby stockte: „Und wir haben gleich drei Treffer. Offenbar ist das Schwert durch mehrere Hände gegangen. PFC William Turner, PFC Matthew Troi und PFC Andrew Riker sind die drei Glücklichen, die Ihr bald vernehmen dürft.“
Gibbs nickte ihr nur zu und übergab ihr den Becher mit dem Cafpow.
Lächelnd wandte sie sich wieder zu den piepsenden Computern um.

Fluchend wandte sich Agatha dem piepsenden Computer zu.
Das Raumschiff – sie beschloss, es nicht Emscher zu nennen – drehte sich wie verrückt um die eigene Achse und begann nun, zu bocken.
Cal krallte sich an seinen Sessel: „Ich glaub, Traceless spielt mit uns Cranger Kirmes.“
„Ah“, grinste sie, „Dein Lieblingsfahrgeschäft, ja?“
Der Captain wandte sich ihr zu und nickte.
‚Merkwürdig’, schoss es Agatha durch den Kopf, ‚warum sollte Traceless die Emscher in einen Kreisel verwandeln? Das Ganze macht keinen Sinn.’
Plötzlich stoppte das Schiff seine Bewegungen und der erste Offizier, sowie der Captain atmeten tief und erleichtert durch.
„Okay“, sagte Cal und schaute seine Freundin an, „Offenbar – will er noch etwas mit uns spielen.“

In diesem Moment erschien auf dem Monitor, auf dem vorher der Acrostychon aufgetaucht war, das Gesicht von Traceless – sein ‚wahres Gesicht’, also das, das er immer dann trug, wenn er enttarnt worden war. Es handelte sich hierbei um Etwas, das entfernt an rote, vernarbte Haut erinnerte, von dem Agatha aber wusste, dass es einfach nur Latex war, das der Verbrecher in einer bestimmten Art und Weise behandelt hatte.
„Na, noch auf den Beinen?“, reibeiste es aus dem Kommunikator, „Mal sehen, wie lange noch.“
Damit verschwand sein Gesicht wieder und machte einer Digitaluhr platz, die langsam von 01:00 herunterzählte.
„Der hat doch wohl nich wirklich…“, setzte Cal an und Agatha schaute zu ihm: „Eine Bombe angebracht? Du kennst Tracy, darauf kannst Du deinen Hintern verwetten.“
Er lächelte: „Da verwette ich lieber Deinen, der ist knackiger.“
Ein simples Augenrollen war die Antwort, dann schaute sie sich um, sprang auf die Beine, griff seine Hand und zog ihn hinter sich her.
„Wo gehen wir hin?“, fragte er und staunte nicht schlecht, als sie ihn durch das komplette Runabout zog, bis hinüber zu einem Schott, das durchaus auch die Tür zu einer Besenkammer hätte sein können.
„Schatz, unser Runabout fliegt uns gleich um die Ohren. Ich glaube nicht, dass eine Nummer in der Besenka…“
Weiter kam er nicht, die Tür glitt auf, sie schubste ihn herein und betrat dann selbst diese beinahe klaustrophobisch-enge Kammer. Als die Tür zuglitt, war es für den Bruchteil einer Sekunde dunkel – dann aktivierte sich eine blaue Deckenbeleuchtung und illuminierte das kleine Areal.
„Keine Sorge.“, lächelte sie ihm zu, küsste ihn und streckte ihre linke Hand nach einer Konsole aus, die sie betätigte.

Es gab einen kurzen, heftigen Schlag, dann hörte Agatha ein lautes Kreischen und binnen Nanosekunden war die Rettungskapsel, in die sie sich mit Cal begeben hatte, abgeworfen worden.
Die Rothaarige wandte sich an Cal, lächelte zu ihm herüber und zuckte mit den Schultern: „Wie schon gesagt, es wird alles in Ordnung kommen.“
Kaum, das sie das gesagt hatte, spürte sie, wie die Kapsel zu schlingern begann und bockte, wie ein Wildpferd beim Kentucky Derby.
„You were saying?“, fragte Cal und die schöne Frau sah eine Mischung aus Angst und Amüsement in seinem Blick, als die Rettungskapsel noch mehr ins Schlingern geriet.
Sie konnte sich gerade nur vorstellen, was passiert war. Die Rettungskapsel musste sich noch relativ Nah am Runabout befunden haben, als dieses explodiert war und sie dann durcheinander gewirbelt haben, wodurch die kontrollierte Landung auf der Erde sehr unkontrolliert wurde.

Sie spürte, wie Cal seine Arme um sie schlang  und sie an sich zog. Sie tat das gleiche, ihre Blicke trafen sich und sie merkte, wie sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen. Offenbar musste dieses Lächeln ansteckend gewirkt haben, denn nun lächelte auch er und sagte: „War keine schlechte Idee, mit der Emscher zu fliegen.“
Dann gab es einen erneuten, harten Schlag gegen die Kapsel und die Köpfe der beiden Offiziere kollidierten miteinander.
Agatha sah Sterne.

Der schwarze Dodge Charger, der als Dienstwagen fungierte, rollte auf die Einfahrt und kam zum stehen. Tony DiNozzo stieg aus, schloss die Tür des Wagens, sah, dass Ziva auch ausgesteigen war und schloss ab. Dann schaute der Bundesagent zum Gebäude.
Es war ein dreistöckiges Gebäude – es hatte rote Backsteinmauern, eine gelbe Tür und erinnerte ihn, aufgrund der Bauweise, an etwas aus TRON. Dem Klassiker, nicht der Fortsetzung mit Nummer 13 aus Doktor House.

Sie waren an unzähligen Häusern vorbeigefahren – an Doppelhaushälften mit Einfamilienwohnungen darin, von denen man auf die Good Hope Road South East schauen konnte, an einem Waschautomaten-Drive Inn und an einfachen, quadratischen Häusern, die so gar keine Verzierungen hatten, die einfach nur gebaut waren, damit Menschen darin leben konnten. Der Stadtteil Anacostia war so vielschichtig, wie das gute, alte Amerika als Schmelztiegel beschworen wurde.

Tonys Dodger nahm die Einfahrt unter die Räder und augenblicklich hörte die hübsche Israelin neben ihm auf, eine ihm mehr oder weniger bekannte Melodie zu summen.
„Was war das?“, fragte er sie und sie lächelte: „Das geht dich nichts an.“
Damit stieg sie aus, warf einen Blick über ihre Schulter zu Tony herüber und ging, wissend dass er ihr hinterherschaute, mit einem leichten Schwingen in den Hüften zum Haus. Dabei summte sie die Takte von „Temptation“, das sie seinerzeit selbst gesungen hatte.

Tony war verwirrt. Er wusste noch nicht so recht, seit wann er diese Empfindungen hatte, die da sein Bewusstsein vernebelten, seit wann die Anwesenheit der hübschen Frau aus Israel ihn um den Verstand brachte, aber – sie tat es. Wenn er einen Tipp hätte abgeben dürfen, er hätte auf den Zeitpunkt getippt, an dem sie ihn versucht hatte, vor einem Gewehrkolben zu retten – damals in diesem simulierten Einbruch, der eigentlich nur eine Maulwurfsjagd gewesen war.
Nachdem man ihm es erklärt hatte, hatte er sich an den Film „Mission: Impossible“ erinnert. Hier hatte man ihm und Ziva die Rolle des Tom Cruise gegeben und es war für Special Agent Lee nicht sehr glimpflich ausgegangen.
Er seufzte. Damals hatten sie sich im Aufzug unterhalten und es hatte zu nichts geführt. Und als ihm dann die Sache mit Michael Rivkin einfiel – spätestens da wusste er wieder, ab wann er sich wirklich in die Israelin verliebt hatte. Zu dem Zeitpunkt, an dem ihm klar war, dass er …

„Tony, kommst du?“, fragte die Frau in diesem Moment und er riss sich in die Gegenwart zurück: „Ja, natürlich.“

Private First Class William Turner wohnte eigentlich gar nicht mal schlecht.
Eine weiße Wohnlandschaft in den Maßen 237x414x297cm stand im Raum, davor eine weiße Wohnwand, komplett mit Stereoanlage und Fernseher, DVD, Blue-Ray und sonstigen Playern – kurzum ein Entertainmentsystem, das Tony rasend vor Eifersucht werden ließ.
Der Bundesagent räusperte sich: „William Turner, ja?“
Kurz traf ihn ein Blick aus den dunkelbraunen Augen des Angesprochenen. Seine kurzen, naturgelockten Haare machten jede Bewegung mit, als er den Kopf schüttelte und lächelte: „Nein. Kommen Sie mir nicht so. Ich weiß, worauf Sie anspielen – glauben Sie mir, ich habe den Gag oft genug gehört.“
Die grünen Augen Tonys funkelten in stillem Amüsement, als er zu rezitieren begann:
"The only rules that really matter are these: what a man can do and what a man can't do. For instance, you can accept that your father was a pirate and a good man or you can't. But pirate is in your blood, boy, so you'll have to square with that some day. And me, for example, I can let you drown, but I can't bring this ship into Tortuga all by me onesies, savvy? So, can you sail under the command of a pirate, or can you not?" 
Der Private First Class machte eine Kopfbewegung, als habe er diese Worte schon oft genug gehört. Ziva rollte mit den Augen. Sie musste gegen ihren Willen lächeln, es war so typisch von Tony, dass er wo er nur ging und stand mindestens ein  - meist vollkommen unerkenntliches – Filmzitat anbrachte, auch da, wo es nicht passte. Es war eine der Charaktereigenschaften ihres Partners, die sie einerseits in schöner Regelmäßigkeit in den Wahnsinn trieb, andererseits sie erheiterte. So jemand wie Tony war der hübschen Frau aus Israel noch nie begegnet und anfangs hatte sie sich gefragt, ob alle Männer in den USA so waren, wie Tony. Glücklicherweise war dem nicht so. Eine Nation voller Männer, die schönen Frauen hinterherglotzten, sich wie die Vollprimaten benahmen und zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Filmzitate in die erwartungsfrohe Menge feuerten, das wäre nicht unbedingt ein Land gewesen, in dem sie zu leben als erstrebenswert erachten würde.
Aber es war schon irgendwie beneidenswert, wie viel Filmzitate in diesem Kopf Platz fanden. Und da fragte sie sich natürlich, ob er dafür andere Erinnerungen verdrängen musste, schließlich hatte das Hirn nur einen begrenzten Speicherplatz.
Doch sie hatte im Laufe der Zeit festgestellt, dass Tony einfach nur ein Kompendium an unnützem Fernsehwissen war – so wie McGee sich zwischenzeitlich als Lexikon für unnützes Computerwissen herausstellte und Sachen in den Raum feuerte, von denen keiner der anderen Drei auch nur den Schatten einer Ahnung hatte.
 Ziva schaute zwischen den beiden Männern verblüfft hin und her: „Tony, was meinst Du jetzt schon wieder?“
„Fluch der Karibik.“, erklärte der Italiener und schaute Ziva lächelnd an: „You better believe in ghost-stories, Miss Turner. You are in one.“
„I’m afraid of no ghosts”, grinste Ziva und schaute zu Tony herüber, der den Kopf schüttelte: “Komplett falsches Franchise.”
Gerade, als sie etwas sagen wollte, hörten sie eine laute Explosion, die von draußen kam.
„Ah“, machte Turner nur und zuckte mit den Schultern, „Heute ist Dienstag – die Leute werden immer ein wenig merkwürdig, wenn sie den Montag überlebt haben und feststellen, dass es noch 4 Tage bis zum Wochenende sind. Ich würde mir da keine Gedanken machen.“
Das laute Rauschen, das sie hörten, brauchte nun auch Turner dazu, verwirrt dreinzublicken und anzumerken: „Also – das ist bisher noch nie vorgekommen.“

In dem Moment, in dem das Geräusch ertönt war, hatte Ziva reagiert. Ihre Waffe war binnen Nanosekunden gezückt gewesen und sie hatte den Raum mit der Aufmerksamkeit eines Pumas, der nur wissen musste, wo sich seine Beute versteckt hielt, beobachtet.
Als Turner die Sache abtat, merkte sie, wie sie sich entspannte und ihn gerade darauf hinweisen wollte, dass man ihn zum Versterben Captain Stones befragen wollte, als der Mann zugab, das das laute Rauschen ein Klang war, der ihm nicht geläufig war.
„Tony, Du wartest hier, ich schau mir das mal an.“
Und ohne irgendetwas abzuwarten, war sie schon draußen, im Treppenhaus, mit schnellen Schritten, die sie trotz ihrer Schuhe mit leichtem Absatz wunderbar tun konnte.

„Was hat Ihre Kollegin?“, fragte Turner verwundert und Tony schaute ihn an: „Wenn man muss, dann muss man.“
„Jurassic Park 1.“, stellte der Private First Class mit einem Grinsen fest und der italienisch-stämmige Special Agent nickte: „Der Klassiker. Hält sich ja beinahe noch an das Original von Chrichton.“
„Beinahe? Hey, Malcolm stirbt im Buch.“
„Na ja, im zweiten Buch stellt sich raus, er ist nur ins Koma gefallen.“
„Es stand ‚stirbt’ im Buch“, stellte der Private First Class fest und blickte überrascht zu Ziva, die gerade wieder den Raum betrat: „Ich hab keine Ahnung, was es war, aber – es ist wieder weg.“
Tony grinste: „Vielleicht war es ja einer deiner Silence.“
„Bezweifel ich.“, ließ sich Turner vernehmen, „Dann würde sie sich nicht mehr daran erinnern.“
Ziva blickte den jungen Mann an: „Sagen Sie… Sie wissen nicht rein zufällig schon, weswegen wir hier sind, oder?“
„Nein, sie sagten nur, sie seien vom NCIS und ob sie mal rein kommen dürften.“, gab er zurück und die junge Frau aus Israel warf einen Blick zu Tony: „Solltest Du ihn nicht informieren, während ich draußen bin?“
„Davon hast Du nichts gesagt.“
Ziva rollte mit den Augen. Da kündigten sich Kopfschmerzen an.

Die Kopfschmerzen waren da.
Es war nur eine kurze Ohnmacht gewesen, in die sie gefallen war, aber als die Rettungskapsel auf und ab ruckelte, wie auf einer Buckelpiste, da war sie wieder aufgewacht. Um sie herum war es laut. Das wunderte sie nicht, vermutlich rasten sie in genau diesem Moment durch die Atmosphäre und da sie mit einer geschätzten Geschwindigkeit von mehr als  1245 km/h unterwegs waren, würden sie gleich die Schallmauer durchbrechen. Das laute Knallen hörte sie in der Rettungskapsel nur gedämpft – dennoch schmerzte es im Kopf der Frau. Mit einem gequälten Gesichtsausdruck warf sie einen Blick zu dem Mann, der neben ihr lag. Er hatte die Augen immer noch geschlossen, atmete schwach und blutete an der Schläfe.
„Cal?“, fragte sie und griff vorsichtig seine Hand, „Cal, wach auf, bitte.“
In diesem Moment gab es erneut einen heftigen Schlag und Agatha stemmte sich gegen die „Decke“ der Kapsel, um sich nicht erneut den Kopf anzuschlagen.
Dann hörte sie ein leises Rauschen, spürte, wie die Kapsel schaukelte und betätigte schnell einen Knopf an der Konsole. Erneut gab es einen lauten Knall und der „Kapseldeckel“ wurde abgesprengt. Agatha Silverbird sah, wo sie gelandet war. Mitten im Anacostia River – das war nicht gut.

„Private First Class William Turner? Sie sind verhaftet.”, erklärte Ziva David und nahm die Handschellen aus der dafür vorgesehen Halterung. Langsam trat sie auf ihn zu, als sie das verwirrte Funkeln in den Augen des Mannes wahrnahm.
„Tony“, sagte sie, „geh nicht so nah dran.“
Doch es war zu spät.
Einen Kampfschrei ausstoßend schlug der Mann nach dem Kinn des Italieners.

Er hatte es nicht kommen sehen. Vielleicht wurde er auch schon zu alt? Die Faust bemerkte er erst, als sie schon das Kinn berührt hatte und sein Kopf nach hinten gerissen wurde. Die kinetische Energie und natürlich der Fakt, dass Turner einen neuralgischen Punkt getroffen hatte – logisch, der Mann wusste, wie er jemanden ausser Gefecht setzen konnte – riss Tony DiNozzo nach hinten und er landete auf seinem Hosenboden. Er wollte gerade aufstehen, da hörte er einen neuen Kampfschrei, dieses Mal von Ziva. Und von einer Sekunde auf die Andere verwandelte sich die hübsche Frau in einen Wirbelsturm aus Schlägen und Tritten. Er hatte gar keine Gelegenheit, alle Bewegungen zu sehen, die sie machte, aber er wusste – ganz instinktiv – dass sie genau so schnell, wie tödlich waren.

Der PFC versuchte zwar, aus der Reichweite der jungen Frau zu entkommen, aber spätestens, um die eigene Achse wirbelte und ihm per spinning heel kick – also eine Drehung um 360 Grad, an die sich ein Tritt gegen die Schläfe des Gegners anschloss - angriff, taumelte er zurück.
Tony rappelte sich auf, griff seine Waffe und richtete sie auf Turner. Dann schaute er zu Ziva: „Wie hast Du das gemacht?“
„Krav Maga.“, sagte sie nur und lächelte ihm zu, „Hab ich bei der israelischen Armee gelernt.“
Dann trat sie langsam auf Turner zu, der gerade wieder zu sich kam.
„Wir wollen Ihnen nichts tun, aber wir müssen Sie festnehmen. Es gibt Beweise, die sich gegen Sie richten.“
„Beweise?“, murmelte der PFC: „Was genau meinen Sie?“

„Er ist tot?“
Verdattert blickte der Offizier auf das Foto des Mannes, als sie sich im Verhörzimmer des NCIS befanden. Turner hielt sich das Kinn, das ihm scheinbar immer noch Schmerzen bereitete. Dennoch sprach er mit verblüffender Klarheit die nächsten Worte.
 „Wie – seit wann?“
Private First Class William Turner schaute nun mit mehr als nur verdutzter Miene zu Ziva und Tony herüber, in die sich nun auch noch Spuren der Trauer mischten: „Ich… ich gebe zu, ich habe … ich habe ihn nicht unbedingt gemocht, aber… aber an und für sich war … es war eigentlich alles in Ordnung zwischen uns.“
Ziva schaute ihn an und bemerkte – sehr zu ihrer Verwirrung – dass dieser Mann offenbar die Wahrheit sagte. In seinen Augen konnte sie eindeutig lesen, dass er sich fragte, wieso Captain Stone tot war.
„Wir haben seine Leiche heute im Anacostia Park gefunden.“, erklärte Tony und schaute ihn an.
„Hören Sie.“, sagte Turner und blickte erst zum Italiener, dann zu der Frau, die ihn ausgeknocked hatte: „Ich war es nicht, okay?“

„Und wie kommen Ihre Fingerabdrücke auf die Waffe?“, fragte in diesem Moment eine beinahe kalte, raue Stimme, die ihren Ursprung direkt an der Tür hatte. Verblüfft drehe sich Turner um und sah einen Mann dort stehen, der einfach nur grau war. Die Haare, der Anzug, es würde ihn nicht überraschen, wenn auch die Haut einen leicht gräulichen Ton angenommen hätte.
„Ah, Gibbs.“, lächelte DiNozzo und schaute zu Turner herüber: „Jetzt wird es ungemütlich. Kleiner Tipp meinerseits – ich würde reden.“
„Ist das so, DiNozzo?“, fragte der Mann und der Angesprochene nickte: „Ja – ich … steh nicht so auf Folter.“
Es war nicht viel, was Gibbs machte, aber das reichte schon. Kurz schauten sich die beiden Männer in die Augen, der Chefermittler machte eine kurze, beinahe minimalistische Bewegung und Tony nickte: „Ich… werde dann mal mit den anderen Verdächtigen reden.“
Damit schaute er zu Ziva: „kommst Du?“
„Natürlich, Tony.“, lächelte sie und trat noch mal auf Turner zu, streichelte ihm sanft und beinahe liebevoll über die Wange, bis hinunter zu der Stelle, an der sie ihn erwischt hatte. Dann verzog sie ihren hübschen Mund beinahe mitleidig und sagte: „Ohhhh. Sie sollten es kühlen.“
Und dann verließ sie den Raum.

Irgendwie machte der neben ihr ruhig daliegende Körper ihres Freundes Agatha Sorgen. Das mochte nicht zuletzt daran liegen, dass er aus einer Platzwunde an der Schläfe blutete und sich nicht rührte.
„Cal, bitte, wach auf“, meinte sie und rüttelte ihn, „wir müssen hier verschwinden.“
Keine Reaktion.
Sie seufzte, beugte sich wieder über ihn und brummte in sein Ohr, doch auch darauf folgte kein panisches „HILFE!“-Geschreie.
„Verdammt.“, murmelte die hübsche XO und richtete sich gerade wieder auf, als sie ein tiefes Tuten hörte.
Das Geräusch kam ihr bekannt vor und sie hatte ein ungutes Gefühl. Als sie dann über den Rand der Kapsel lugte, sah sie wie keine 500 Meter vor ihr eines der großen Navy-Schiffe auf sie zukam.
„Oh meine Güte.“, murmelte die hübsche Rothaarige, griff ihren Freund bei der Schulter und schüttelte ihn: „Komm endlich zu dir!“

Die eisblauen Augen des Mannes mit den grauen Haaren, der vor ihm saß, schienen ihn zu durchleuchten. Aufgrund einiger Zeitungsberichte über den NCIS hatte PFC Turner schon gewusst, wer der Mann war, der ihn da durch simples Anstarren zu knacken versuchte. Leroy Jethro Gibbs – der Mann, der einem durchgeknallten Scharfschützen ins Visier blickt und auch noch lachte.
Und dieser harte Hund saß nun ihm gegenüber.
Der Private merkte, wie sein Herz schneller zu klopfen begann – schließlich ging die Mär, dass man Gibbs nicht belügen konnte und wenn man ihm einmal ins Blauauge geblickt hatte, waren alle Lügen dem Mann offenbar.
Zugegeben – weder hatte er Captain Stone umgebracht, noch war er sich einer Schuld bewusst, aber der Blick, den der Mann ihm zuwarf, sagte einfach alles.
„Sir, ich…“, setzte Turner an, doch er stoppte, als er den Blick seines Gegenübers wahrnahm.
Mit gewohnter Routine griff Gibbs in die Akte, die vor ihm lag und holte zwei großformatige Fotografien heraus.
Beide zeigten Captain Stone – mit einem Schwert im Brustkorb.
„Ihre Fingerabdrücke sind auf der Waffe.“, sagte Gibbs und starrte ihn an.
Plötzlich merkte der Private, wie sein Mund trocken wurde. Nach aussen hin musste er ein sehr erbärmliches Bild abgeben. Er war unschuldig, er wusste es, er wusste, dass er den Captain nicht umgebracht hatte und trotzdem schaute der Mann ihn an, als wäre er wirklich schuldig.
„Ich… ich war es nicht.“, atmete PFC William Turner kurz aus und schaute zu seinem Verhörpartner herüber. Dieser hatte einen Gesichtsausdruck aufgelegt, der unglaublich schwer zu lesen war. Die Züge des Mannes zeigten gleichzeitig eine solche Vielzahl und ein solches Fehlen an Emotionen, dass Turner beinahe schwindlig wurde.
„Wie kommen Ihre Fingerabdrücke dann auf das Schwert?“
‚Das frage ich mich auch gerade.’, schoss es Turner durch den Kopf und er starrte ratlos zu dem großen Einwegspiegel, hinter dem sicherlich die Frau, die ihn umgehauen hatte, stand und ihn beobachtete.


Das Gebäude war wieder mit roten Backsteinen verziert.
Als Tonys Dodge auf dem Parkstreifen hielt und die Tür öffnete, stellte er fest, dass er offenbar seinen „Tag der roten Backsteine“ hatte, denn das Gebäude, in dem sie PFC Turner aufgesucht hatten, war ebenfalls mit roten Backsteinen verziert gewesen. Jetzt, wo er so darüber nachdachte, kam ihm die Frage: „Ist das Headquarter nicht ebenfalls mit roten Backsteinen verklinkert?“
Die sanfte Stimme Zivas, die erneut dieses Lied vor sich hinsummte, was er irgendwo schon mal gehört hatte, aber nicht ganz zuordnen konnte, riss ihn aus seinen Gedanken. Sie war gerade aus dem Erdgeschoss zurückgekommen, denn sie hatte, als er sie dort abgesetzt hatte, um noch mal eine Runde zu drehen und einen Parkplatz zu suchen, schon mit dem Rezeptionisten gesprochen: „Matthew Troi und Andrew Riker wohnen im dritten Stock.
Riker im Appartement 35, Troi ist sein Nachbar, er wohnt in der 36.“
Tony lächelte: „Nun, dann besuchen wir die Beiden doch mal.“
Damit verließ schloss er sein Fahrzeug ab und folgte der hübschen Frau in das Gebäude, immer noch hörend, wie sie dieses Lied, was ihm bekannt vorkam, summte. Aus irgendeinem Grund schaute er noch mal auf die Gebäudefront. Sie war rot.

Rot.
Inzwischen wies Cals linke Wange eine sehr starke Rottönung auf, was von der dritten oder vierten Ohrfeige herrührte, die Agatha ihrem Freund gerade verabreicht hatte. Das Schiff war inzwischen verdammt nahe gekommen, sie musste nicht mal mehr über den Kapselrand blicken, um den auf sie zukommenden Bug des Schiffes sehen zu können, der das Wasser vor ihm verdrängte, um zu gewährleisten, dass das Schiff sich fortbewegte.
„Verdammt, Cal, wach endlich auf!“
Erneut holte sie aus, da streckte der Mann plötzlich seinen Arm aus, hielt ihre Hand fest und ihre grünen Augen starrten verblüfft in seine Braunen.
„Was ist denn los?“, fragte er benommen und zuckte zusammen, als plötzlich, direkt hinter ihm, ein verdammt lautes Tuten ertönte.
Dann griff etwas die Kapsel und hob sie an und wischte sie beiseite. Agatha packte seine Hand, küsste ihn noch mal und sprang dann, mit ihm aus der Kapsel.
Beide schlugen im Wasser auf, sie begann automatisch in langen, grazilen Bewegungen zu schwimmen, als ihr einfiel, dass Cal es nicht so sehr mit dem nassen Element hatte. Seine Schwimmfähigkeit war mit „bleierne Ente“ noch extrem euphemistisch umschrieben und so wunderte es sie nicht, dass der Mann plötzlich wie ein Stein sank. Sie holte tief Luft, tauchte, griff nach der Hand, die er ihr entgegenstreckte, bevor er – mal wieder – komplett erschlaffte. Sie umschlang seine Hand, zog ihn hoch und stellte fest, dass sie mit ihm noch mal über seine Essgewohnheiten reden sollte. Zwar war man im Wasser ein wenig leichter, wenn man sich treiben lies, aber selbst unter diesen Vorzeichen war Cal einfach nur schwer. Mit schnellen, harten Stößen schwamm sie zum Ufer, den bewusstlosen – und somit noch schwereren – Körper im Seemannsfesselschleppgriff auf dem Rücken neben sich herbewegend.

Als sie das Ufer erreicht hatten, überstreckte die hübsche Frau seinen Kopf, um ihm Luft einzugeben, was auch gelang. Ein Husten lies sie erleichtert zu ihrem Freund blicken, der gerade zu sich kam. „Was…“, lallte er und griff dann nach ihr, als sie gegen ihn sank. Das Adrenalin, das sie beflügelt hatte, diese Aktion durchzuführen, hatte sie, verlassen, ebenso die Anspannung und sie fühlte sich einfach nur matt. Sie lächelte ihm zu, als er sie auffing, kuschelte sich an ihn und schaute ihn dann an: „Das nächste Mal nehmen wir den Transporter.“

Im NCIS-Hauptquartier saß gerade Laura McConnaugh und schaute den sie verhörenden Agenten Timothy McGee ein wenig verblüfft an.
„Sie haben die Leiche gefunden?“, fragte er und McConnaugh hatte keine Ahnung, wie sie auf diese Frage reagieren sollte. Sie räusperte sich, schaute dem Agenten in die Augen und sagte wahrheitsgemäß: „Ja, das ist richtig.“
„Können Sie mir genau erzählen, wie sie die Leiche gefunden haben?“
McConnaughs Blick veränderte sich – Tim merkte, das ihr diese Frage sehr nah ging, aber es gab keine Alternative.
„Ich… er war mir den ganzen Tag schon suspekt.“
„Captain Stone?“
„Ja.“
„Was genau meinen Sie mit Suspekt?“
McConnaugh wiegte den Kopf hin und her: „Nun, ich kann es nicht so genau sagen. Er … ach wissen Sie, ich habe jede seiner Schrullen erkannt… es war eigentlich immer das selbe. Nehmen wir an, er hätte schlechte Laune gehabt – dann wäre er kurz angebunden gewesen, extrem launisch und nicht unbedingt freundlich. Je besser seine Laune, desto freundlicher und wärmer wurde sein Lächeln und desto länger wurden seine Sätze. Aber… hier – es war anders. Stone … also der Captain… er kam rein, sprach kurze, knappe Sätze, aber seine Freundlichkeit wirkte nicht aufgesetzt oder so, wissen Sie? Ich… ich weiß auch nicht, es war als… als wäre seine Identität um 180 ° gedreht worden.“
McGee legte den Kopf schief und – er wusste nicht wieso, aber ihm schoss eine Erinnerung durch das Kleinhirn.
„Der Mann heißt Buzz Intrupper. Er ist Wissenschaftler gewesen… Cleveres Kerlchen. Entwickelte so was wie Intelligente Masken.
Woher hatte der Agent diese Erinnerung? Wieso erinnerte er sich an diesen Satz? Er wusste es nicht, aber er hörte danach in seinem Geist eine weitere Erklärung: „Stellt euch eine Karnevalsmaske vor, die mit eurem Kopf verbunden ist. Ihr denkt an ein Gesicht und automatisch verwandelt sich die Maske in das Gesicht, das ihr euch vorgestellt habt. Ihr wollt aussehen wie Michael Wheatherly in ‚Dark Angel’? Kein Problem. Ihr wollt die Lippen von Angelina Jolie haben? Auch kein Thema. Der Geheimdienst hatte ihn … unter Vertrag.“
„Als… ob man die Identität des Captains um 180 ° gedreht hätte?“, wiederholte der Agent und schaute die junge Frau an, die ernst und bestimmt nickte.
„Können Sie das konkretisieren?“, fragte der junge Mann und augenblicklich beugte sich die Frau vor: „Sie… vermutlich halten Sie mich für verrückt, aber… der Captain war zwar freundlich – nach aussen hin – aber es war… irgendwie… irgendwie fühlte sich seine Aura kalt an.“
„Seine Aura?“
McGee hob überrascht die Augenbrauen, runzelte die Stirn und legte den Kopf schief, als die Petty Officer nickte: „Ja…ich… ich habe nie wirklich daran geglaubt, wissen Sie? Meine Mutter, sie… sie hatte das zweite Gesicht und ich habe das Gefühl gehabt, dass …“

„Ich war ein wenig … unterwegs.“, erklärte er, ging an ihr vorbei zu seinem Büro, während sie ein wenig unintelligent dreinblickend in der Tür stand und sich zu ihm umdrehte.
„Sie waren unterwegs, Sir?“, fragte sie verblüfft, „Knappe zwei Stunden waren Sie unterwegs, ohne bescheid zu geben?“
Stone wandte sich ihr zu – milder Spott funkelte in seinen Augen: „Habe ich irgendwo Ihre Ernennung zu meinem Kindermädchen verpasst?“
In diesem Moment merkte McConnaugh, dass sie nicht nur einen, sondern gleich zwei bis drei Schritte zu weit gegangen war, und nicht nur gegangen, sie war diese drei Schritte gesprungen.
„Natürlich nicht, Sir, es tut mir leid. Ich…“, setzte sie an und Stone lächelte nur: „Ist doch kein Thema. Was gibt es Neues für mich?“
„Nun, Sir“, jetzt war McConnaugh in ihrem Element, „Um 13 Uhr sind Sie mit dem SECNAV zum Mittagessen verabredet, 14 Uhr sollen Sie einen Lehrgang an der Academy abhalten und um 15 Uhr…“
„Bin ich hier weg.“, sagte Stone und schaute sie an, „Ich hab heute noch genug Anderes zu tun.“
DAS war wirklich ein Novum. Normalerweise war Thaddeus Stone ein Musterbeispiel an Pedanterie, nahm jeden Termin beim Wort und beim verabredeten Zeitpunkt, blieb länger, wenn die Arbeit liegengeblieben war, nahm jede, noch so kleine, Gelegenheit war, auf Fortbildungen zu gehen… und eben jener Thaddeus Stone stand nun vor ihr und behauptete tatsächlich, dass er noch Anderes zu tun hätte und eben nicht länger bleiben würde, als unbedingt notwendig – schlimmer noch, er ging einfach so.

Im Psychologiekurs an ihrer High School hatte sie gelernt, dass wenn jemand einen solch starken Charakterwandel durchmacht, dass er seine vertrauten Gewohnheitsmuster ablegte und sich Neue zulegte, eine gewisse Krise von dieser Person durchlebt wird -  zumindest wäre dies eine Möglichkeit, diesen Wandel zu erklären.
Was mochte Captain Stone auf der Seele liegen, das er sich so verhielt? Gab es zu Hause Streit? Was beschäftigte ihren Boss?
Es war eine Frage, mit der sie sich noch einige Stunden beschäftigte, doch um 15 Uhr, als Stone ging, drehte er sich zu ihr um und lächelte ihr zu: „Wissen Sie was? Machen Sie heute auch eher Feierabend. Der Yard ist auch morgen noch da.“
 

Die hübsche Frau schaute McGee an: „Haben Sie eine Ahnung, wie merkwürdig sich das anfühlte? Den Boss zu hören, wie er sich so komplett out of character benahm, wie wir Fanfiction-Autoren sagen?“
Tim schaute sie überrascht an.
„Sie schreiben auch?“, entfuhr es ihm und in diesem Moment biss er sich schon wieder auf die Lippen. Es war ja letztendlich die Sache McConnaughs, ob sie schrieb, oder nicht – aber die Vorstellung, dass diese hübsche Frau ebenfalls eine literarische Ader hatte, ließ sie noch interessanter wirken. Dabei tat sie das ohnehin schon. Sie war hübsch. Er würde natürlich niemals so unbesonnen sein, sie einfach so um ein Date zu bitten – dafür war er zu gut erzogen und sie hatte sehr wahrscheinlich anderes zu tun, als sich mit Agenten des NCIS zu verabreden, aber… es war auf jeden Fall eine interessante Sache.
Und als sie ihn anblickte, lächelte und fragte: „Ach, Sie auch?“ war er kurz davor, ihr zu offenbaren, das er – Timothy McGee der Autor Thom E. Gemcity war.
Aber vielleicht mochte sie diese Art der Literatur ja auch nicht.
„Ja.“, sagte er knapp und merkte, wie sein Herz schneller schlug, als ihr Lächeln eine Spur breiter wurde: „Wirklich? Dann könnten wir uns ja mal treffen und Geschichten austauschen? Ich schreibe auf storiesforfree.org – wenn Sie nach „AntoinetteDubois“ suchen, finden sie mich.“
„Moment mal.“, fragte er, merkte, wie er sich elektrisiert fühlte: „Sie sind aber nicht die AntoinetteDubois, die Doctor 11 und Rose Tyler zusammenpairt, oder?“
McConnaugh nickte, ihr Lächeln wurde eine Spur unsicherer und schüchterner, als McGee zu Boden blickte: „Ich… habe auch ein paar Geschichten dort veröffentlicht – und sogar einige von Ihnen kommentiert.“
„Jetzt sagen Sie nicht, dass sie „DracoMalfoymustdie“ sind.“, sagte sie, leise, sanft, rauchig und als McGee den Kopf schüttelte lachte sie leise.
„Wir reden später darüber, wer ich auch storiesforfree.org bin. Zuerst einmal müssen wir uns um Ihre Aussage kümmern.“, erklärte McGee plötzlich und der Gesichtsausdruck von McConnaugh änderte sich.
Sie seufzte und schaute ihn an: „Wie schon gesagt, er benahm sich ein wenig merkwürdig – aber ich hätte nie gedacht, dass ich ihn dann als Leiche wieder sehe.“
Tim nickte ernst, nahm die Aussage zu Protokoll und schaute ihr in die Augen.
„Alain.“, sagte er dann und sie runzelte verwirrt die Stirn: „Bitte?“
„Ich… ich bin Alain. Auf storiesforfree.“


Die Kälte kroch durch ihre Glieder, als sie die Augen öffnete und wieder zu Bewusstsein kam. Ein Blick nach oben überzeuge sie, dass der Himmel über Washington sich gerade in ein wunderschönes Abendrot tauchte. Über ihr waren schon die ersten Sterne zu sehen und sie musste gar nicht lange überlegen, welchen Stern sie da über sich sah.
Anhand der Rektaszension und der Deklination konnte sie errechnen, dass dies nur Bajor sein konnte. Es würde noch hunderte von Jahren dauern, bis die Bajoraner durch die Hölle der cardassianischen Besatzung gingen und Agatha hoffte, dass gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt auf Bajor das geschah, was das Leben schützenswert machte. Ihre Hand glitt über die braunen, leicht wirren Haare des bewusstlosen Mannes neben ihr und sie glaubte sehen zu können, wie er trotz der Bewusstlosigkeit lächelte.
„Cal?“, versuchte sie ihn anzusprechen, ein Versuch, der auf fruchtlosen Boden fiel. Der Mann, ihr Captain, ihr Geliebter, ihr Freund, blieb bewusstlos.
‚Wen wundert es?’, schoss es Agatha durch den Kopf, ‚Wir haben ja gerade einiges durchgemacht.’
Erneut rüttelte sie ihn, dieses Mal machte er ein protestierendes Geräusch, öffnete dann aber müde die Augen und schaute seine XO an: „Was ist?“
„Schatz, meinst Du nicht auch, dass wir hier ein wenig… ich weiß auch nicht… sehr exponiert liegen könnten?“
Cal blinzelte: „Nein, Schatz.“
Die schönen grünen Augen der jungen Frau wirkten plötzlich ein wenig verblüfft: „Du… du weißt, was ‚exponiert’ heißt?“
„Klar. ‚Gut einsehbar’, ‚freiliegend’. Hast Du gedacht, ich sage ‚Hä? Expowat?’. Ich bitte dich, ein bisschen hab ich auch aufgepasst.“, sagte der Captain der Dragonfly und seine braunen Augen funkelten amüsiert: „Aber, du hast natürlich recht. Wie wär es, wenn wir uns ein bisschen mehr ins landesinnere verziehen würden`?“
„Hast Du auch schon eine Idee, wohin?“
„Klar.“, grinste der Captain, „wir besuchen jemanden.“
„Aber nicht Sam, oder?“
„Nein, keine Sorge. Du wirst sie auch mögen. Was hältst Du davon, wenn wir bei TAS Frau aufschlagen?“

Die hübsche Rothaarige riss überrascht die Augen auf.

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