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Star Trek 13 - Beyond

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VGer:
Es sollte keine große Sache sein, ist es aber dennoch und muss es auch sein - denn wir leben leider noch nicht in einer gleichberechtigten Gesellschaft.

Ich persönlich finde das großartig. Vor allem deshalb, weil es eine gewisse Normalität suggeriert - eine Person, deren Privatleben bisher nicht thematisiert wurde, bekommt mehr Tiefe durch einen Einblick ins Privatleben, bekommt eine Familie in Form eines Partners (der eben zufällig desselben Geschlechts ist) und eines Kindes. Ich finde es schön, dass damit auch der "altbewährte Canon" aufgegriffen wird - Demora Sulus Existenz bedeutet ja nicht, dass Hikaru Sulu unbedingt heterosexuell gewesen sein muss, und falls doch, hey, es ist das Abramsverse wo einiges ganz anders ist (und bisher steht soweit ich weiß auch nicht fest, dass dieses Kind Demora ist - nur, dass Sulu ein liebender Familienvater ist)!

Ich finde das authentischer, als einen neuen Charakter einzuführen, der von Anfang an über "Schaut alle her, er ist hier und er ist queer!" definiert wird, weil man ihn sonst nicht kennt. Es passiert leider zu oft, dass explizit als queer eingeführte Charaktere schlussendlich doch nur wandelnde Stereotypen werden - mit Sulu kann das nicht passieren, denn Sulu ist Sulu, er hatte schon vor diesem "reveal" eine eigenständige Persönlichkeit, die ganz und gar nicht auf "Tunte" reduziert werden kann. Simon Pegg selbst hat das recht treffend ausgedrückt:


--- Zitat ---    It’s unfortunate that the screen version of the most inclusive, tolerant universe in science fiction hasn’t featured an LGBT character until now. We could have introduced a new gay character, but he or she would have been primarily defined by their sexuality, seen as the ‘gay character’, rather than simply for who they are, and isn’t that tokenism?
--- Ende Zitat ---


(Für alle, die mit dem Begriff nicht vertraut sind: Tokenism lässt sich am Ehesten mit "Quoten-[hier Minderheit nach Bedarf einfügen]" übersetzen)

George Takei hat diese Entwicklung (leider) scharf kritisiert, obwohl Pegg & Co. es als "Tribut" an ihn sehen. Einerseits kann ich seine Argumentation schon nachvollziehen ... es ist gewissermaßen "billig", ausgerechnet den Charakter eines Schauspielers, der im echten Leben ein Schwuler und ein LGBT-Aktivist ist, dafür zu nehmen - denn schließlich bedeutet Schauspielern in eine andere Rolle zu schlüpfen, und Takei ist nicht Sulu und Sulu ist nicht Takei. Andererseits sollte gerade Takei als LGBT-Aktivist verstehen, wie wichtig Visibilität ist.

Max:

--- Zitat von: Star am 09.07.16, 09:31 ---Vor zwanzig Jahren wäre das vielleicht mutig und aktuell gewesen (und da war's schon nichts bahnbrechendes), aber heute dürfte zumindest hierzulande kein Hahn mehr danach krähen.

--- Ende Zitat ---
Wer sagt, dass alles immer mutig sein muss, um gesellschaftlich ein Zeichen zu sein?
(Und was man auch sagen muss: Ja, klar, es kommt in dem Sinne spät; aber das kann man NuTrek ja nicht anlasten - da ist dieses Popcorn-Kino, sicherlich auch der Entstehungszeit geschuldet, jedenfalls weiter).

Ich sehe das wie VGer:

--- Zitat von: Star am 09.07.16, 09:31 ---Zumal ich eh annehme, dass dieses Thema nur in einer ganz subtilen Szene nebenbei angerissen wird - man will ja keinen Hillbillies auf die Füße treten.

--- Ende Zitat ---

--- Zitat von: VGer am 09.07.16, 11:40 ---Vor allem deshalb, weil es eine gewisse Normalität suggeriert

--- Ende Zitat ---
Ich finde es auch gut, dass das quasi nebenhei erzählt und nicht zu einem großen Thema gemacht wird. Gerade dadurch gewinnt das an Natürlichkeit.
(Und wer sich an der sexuellen Ausrichtung einer Figur stören will, dem wird auch eine kurze Szene genügen, um auf die Barrikaden zu gehen).



--- Zitat von: VGer am 09.07.16, 11:40 ---(Für alle, die mit dem Begriff nicht vertraut sind: Tokenism lässt sich am Ehesten mit "Quoten-[hier Minderheit nach Bedarf einfügen]" übersetzen)

--- Ende Zitat ---
Ah, danke für die Erklärung! Ich kannte das Wort Token nämlich bislang nur aus einem völlig anderen Kontext!

Oh, und so ergibt im Nachhinein auch der Figurenname Token - für den einzigen schwarzen Schüler in der Klasse - in Southpark aus satirischer Sicht Sinn!  :thumb



--- Zitat von: VGer am 09.07.16, 11:40 ---George Takei hat diese Entwicklung (leider) scharf kritisiert

--- Ende Zitat ---
Ich finde das eine ganz schwierige Sache und ich habe keine Ahnung, was genau da bei Takei mitschwingt.
Es war halt seine Figur, es war womöglich für ihn frustrierend, dass man das Thema Homosexualität früher nicht auf den Bildschirm bringen konnte und jetzt... ...tja, keine Ahnung.

VGer:

--- Zitat von: Max am 09.07.16, 12:04 ---
--- Zitat von: Star am 09.07.16, 09:31 ---Vor zwanzig Jahren wäre das vielleicht mutig und aktuell gewesen (und da war's schon nichts bahnbrechendes), aber heute dürfte zumindest hierzulande kein Hahn mehr danach krähen.

--- Ende Zitat ---
Wer sagt, dass alles immer mutig sein muss, um gesellschaftlich ein Zeichen zu sein?

--- Ende Zitat ---

Vielleicht ist es nicht mutig im Sinne von bahnbrechend und revolutionär. Vielleicht kräht der Hahn nicht danach, einen Boykott auszurufen und einen Lynchmob auf die Straße zu schicken deswegen. Aktuell ist es dennoch.

Es ist nun einmal so, dass trotz weitestgehender gesellschaftlicher Akzeptanz immer noch angenommen wird, ein Charakter (oder auch eine reale Person) sei "straight per default" - es sei denn, es gibt ein explizites "coming out", ab dem Zeitpunkt die sexuelle Identität immer im Vordergrund stehen muss (Nach dem Motto: "Das ist Patrick, mein schwuler bester Freund"). Diese unaufgeregte Herangehensweise, Sulus queere Identität relativ spät und recht natürlich zu thematisieren (und das ohne eine dramatische "coming out" Geschichte daraus zu machen), rüttelt an dieser Perspektive.

Es gibt noch längst nicht überall gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare in Sachen Ehe und Kinderkriegen (im deutschsprachigen Raum z.B. nicht), da setzt es sehr wohl ein deutliches Zeichen, wenn Sulu einen Ehemann und ein gemeinsames Kind hat.

Es gibt immer noch massive Stereotypen, mit denen die LGBT-Community zu kämpfen hat. Eins davon ist, dass queere Männer verweichlicht und hysterisch und was weiß ich was noch seien, jedenfalls nichts positives - Sulu ist jedoch im weitesten Sinne ein Actionheld, das genaue Gegenteil einer "Klischee-Schwuchtel".

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.


--- Zitat von: Max am 09.07.16, 12:04 ---
--- Zitat von: VGer am 09.07.16, 11:40 ---(Für alle, die mit dem Begriff nicht vertraut sind: Tokenism lässt sich am Ehesten mit "Quoten-[hier Minderheit nach Bedarf einfügen]" übersetzen)

--- Ende Zitat ---
Ah, danke für die Erklärung! Ich kannte das Wort Token nämlich bislang nur aus einem völlig anderen Kontext!

Oh, und so ergibt im Nachhinein auch der Figurenname Token - für den einzigen schwarzen Schüler in der Klasse - in Southpark aus satirischer Sicht Sinn!  :thumb
--- Ende Zitat ---

Mehr Infos, siehe hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Tokenism


--- Zitat von: Max am 09.07.16, 12:04 ---Ich finde das eine ganz schwierige Sache und ich habe keine Ahnung, was genau da bei Takei mitschwingt.
Es war halt seine Figur, es war womöglich für ihn frustrierend, dass man das Thema Homosexualität früher nicht auf den Bildschirm bringen konnte und jetzt... ...tja, keine Ahnung.

--- Ende Zitat ---

Ich denke, George Takei (Jg. 1937) hat eine Zeit erlebt und eine Lebensgeschichte durchgemacht, die die meisten von uns jüngeren Mitgliedern der LGBT-Community so nicht nachvollziehen können. Das darf man keinesfalls vergessen, und schon gar nicht wegdiskutieren. Auch wenn er jetzt als Aktivist sehr präsent ist, auch wenn er seit 30 Jahren mit seinem Mann zusammen ist, hatte er erst 2005 sein öffentliches Coming Out und das hatte wohl seine Gründe (über die ich nicht spekulieren möchte). So etwas prägt eine Perspektive wohl ganz entscheidend.

Zachary Quintos Reaktion finde ich da recht passend:


--- Zitat ---"I get it. He has had his own personal journey and has his own personal relationship with this character but, you know, as we established in the first ‘Star Trek’ film in 2009, we’ve created an alternate universe, and my hope is that eventually George can be strengthened by the enormously positive response from especially young people who are heartened by and inspired by this really tasteful and beautiful portrayal of something that I think is gaining acceptance and inclusion in our societies across the world, and should be"
--- Ende Zitat ---

So begeistert ich von der Entwicklung bin, ich finde trotzdem, dass es "billig" ist, ausgerechnet Sulu herzunehmen. So haben sie den "tokenism" einer neuen Figur vermieden, indem sie eine reale Person zum "token" gemacht haben. Kann schon nachvollziehen, dass es für Takei frustrierend sein muss, mit einer plötzlichen Veränderung in einer Figur, die er 50 Jahre lang begleitet hat, klarzukommen, vor allem wenn er sie 50 Jahre lang als "straight" gespielt hat und vermutlich auch stolz darauf war. Kann schon nachvollziehen, dass es frustrierend ist, als "Inspiration Porn" herzuhalten, dass die Figur mit dem Schauspieler gleichgesetzt wird, etc. Es hätte genausogut jemand anderer aus der Crew sein können - Kirk, Spock, Bones, Uhura, Scotty, Chekov (oder wenn es nach mir gegangen wäre: Carol Marcus!  :love ) - hier sind wir wieder beim "straight by default" Problem angelangt.

Max:

--- Zitat von: VGer am 09.07.16, 13:29 ---Es ist nun einmal so, dass trotz weitestgehender gesellschaftlicher Akzeptanz immer noch angenommen wird, ein Charakter (oder auch eine reale Person) sei "straight per default"

--- Ende Zitat ---
Na ja, aber diese Herangehensweise ist auch alles andere als unnatürlich: Rein statistisch gesehen ist die Mehrheit der Menschen schlicht und ergreifend heterosexuell und da geht man einfach von der Prämisse mit der höchsten Wahrscheinlichkeit aus.


--- Zitat von: VGer am 09.07.16, 13:29 ---Es gibt immer noch massive Stereotypen, mit denen die LGBT-Community zu kämpfen hat.

--- Ende Zitat ---
Ich glaube, das ist auch eine große Schwierigkeit praktisch aller Emanzipationsbewegungen: Ich meine, man denke an Alice Schwarzer. Wer sich in einer bestimmten Zeit für Frauenrechte eingesetzt hat, wurde doch sehr schnell in die Männerhasserecke gestellt, weil man sich gegen eine männliche Vormachtstellung richten musste.
Ich spreche da natürlich als Unbeteiligter, aber ich finde zum Beispiel, Events wie der Christopher Street Day helfen in Sachen Gleichberechtigung und Akzeptanz nicht wirklich weiter, weil dadurch eine Gruppe von Menschen sich auch wieder, hmm, bewusst von anderen unterscheiden will und damit eben nicht dokumentiert, dass man eben doch ganz normal ist. Ein Bekannter von mir ist schwul und ich wusste das eine ganz schöne Zeit nicht und es war auch vollkommen egal, weil er einfach ein netter und kluger und normaler Mensch ist und im Freundeskreis akzeptiert ist und seinen Standpunkt auch nicht durch das Tragen von Frauenkleidern untermauert.
Aber das ist ein heikles Thema und ich befürchte, ich rede mich um Kopf und Kragen, weil es klingen könnte, als wäre man gegen Homosexuelle, nur weil man mit dem CSD nichts anfangen kann ;)

Star:

--- Zitat von: VGer am 09.07.16, 13:29 ---Vielleicht ist es nicht mutig im Sinne von bahnbrechend und revolutionär. Vielleicht kräht der Hahn nicht danach, einen Boykott auszurufen und einen Lynchmob auf die Straße zu schicken deswegen. Aktuell ist es dennoch.
--- Ende Zitat ---

Da hast du sicher nicht unrecht. Ich begrüße die Entwicklung auch und finde es gut, dass sich Pegg und Co Gedaken gemacht haben. Aus mir spricht nur die Enttäuschung, denn ich wünschte, so etwas wäre schon vor dreißig Jahren passiert. Soren (der Charakter aus der Serie, nicht der aus dem Film) hätte damals einfach von einem Mann gespielt werden müssen, und, dass alles gleichgeschlechtliche danach nur höchstens zwischen Frauen stattfand war auch wieder so typisch Hollywood, dass es mich einfach ärgert. Star Trek hat hier ganz massiv eine Vorreiterrolle verpasst. Aber ihr habt natürlich recht. Das sollte man Beyond nicht zum Vorwurf machen und besser spät als nie und lieber kleine Schritte als gar keine. :)

In der Trek-Lit ist das aber dennoch ein bisschen ein alter Hut. Dort gibt es schon seit längerem LGBT-Charaktere (ist das die korrekte Abkürzung?). Aber der Film wird garantiert ein größeres Publikum erreichen, was in jedem Falle erfreulich ist. :)


--- Zitat von: Max am 09.07.16, 12:04 ---Oh, und so ergibt im Nachhinein auch der Figurenname Token - für den einzigen schwarzen Schüler in der Klasse - in Southpark aus satirischer Sicht Sinn!  :thumb
--- Ende Zitat ---

[Cartman]Schnauze, Token![/Cartman] ;) :D

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