Heute möchte ich etwas von meinen bisherigen Erfahrungen im Schreiben von Geschichten einfließen lassen - vielleicht bringt´s dem einen oder anderen etwas...
Angefangen mit dem Schreiben habe ich - nachdem ich über drei Jahre nur SF gelesen hatte - im Alter von 16 Jahren, und dass aus nur einem Grund: Es gab kein Buch mit der Geschichte, die ich haben wollte...

Natürlich war die erste Idee viel zu umfangreich für einen ersten Versuch in diesem Alter, also - zuerst einmal keinen dicken Wälzer a la Frank Herbert ( Dune ) sondern etwas von realistischem Umfang; etwas mit dem auch die ganz Großen angefangen haben: Die Kurzgeschichte. ( Eine der besten Shortstories, die ich je gelesen habe stammt aus der Feder von Robert Bloch - der hat \"Psycho\" geschrieben - mit dem Titel: Gestatten: Jack the Ripper )
Der hauptsächliche Vorteil einer Kurzgeschichte ist dass man zuerst einmal weder einen Nebenhandlungsstrang benötigt, noch seinen Protagonisten unnötig aufbauschen muß. Die folgenden fünf Punkte sind dabei kein sklavisches Muss - helfen aber, gerade bei den ersten Versuchen enorm...
1. Verpasst der Hauptperson einen markanten Wesenszug und arbeitet ihn heraus - der sollte natürlich zur Handlung passen und einen wesentlichen Anteil am Verlauf der Geschichte haben. Die Geschichte sollte dabei etwa 5 - 19 DIN A4-Seiten umfassen. ( Word, oder-was-auch-immer... )
2. Ganz wichtig ist die Rahmenhandlung für die Geschichte zu entwerfen - das mit dem Drauflosschreiben ist nur etwas für amtlich beglaubigte Genies - und zwar aus einem sehr wichtigen Grund !! ( siehe Punkt 3. )
3. Der beste Knalleffekt verpufft wirkungslos, wenn man ihn nicht rechtzeitig ankündigt. ( Wer das schonmal beim erzählen eines längeren Witzes vergessen hat, weiß was gemeint ist... ) Außerdem wirkt eine unerwartete Wendung dann unlogisch und lässt den Leser mit einem \"Häää

\" zurück.
Eine kleine Bemerkung auf Seite fünf - ein Nebensatz auf Seite neun ein klitzekleiner Hinweis auf Seite sechzehn und am Ende dann: Der Hammer.
Am Anfang der Geschichte wird noch niemand auf diese kleinen Hinweise achten - sobald dann die Katze aus dem Sack ist wird er sich jedoch daran erinnern und es tritt der wohlige Aha-Effekt ein, der das Lesen einer guten Geschichte erst zum Genuß werden lässt.
4. Verbannt gnadenlos jeden unnötigen Satz und jedes unnötige Wort aus der Geschichte - Betrachtungen über die Vergangenheit oder das Seelenleben des Helden sind sicher interessant, haben aber in einer Kurzgeschichte nichts verloren. Hier gibt man von Anfang an Vollgas und nimmt den Fuß erst vom Pedal, wenn die Geschichte zu Ende ist.
5. Überlegt vor Entwicklung der Rahmenhandlung, ob ihr in der ersten oder dritten Person schreiben wollt - im Allgemeinen braucht man für die Ich-Schreibweise nämlich einiges mehr an Tempo in der Story damit sie spannend wird und bleibt.
Mit der Zeit habe ich dann einen nicht zu verachtenden Nebeneffekt bemerkt: Man kann fast alle fünf Punkte für den Beginn einer großen Story anwenden b.z.w. anpassen.
Zum Beispiel verpasse ich gerne jeder Hauptfigur - davon braucht man auch in den größten Geschichten nur eine Handvoll ( zählt einmal die wirklich genau herausgearbeiteten Protagonisten im Buch: Der Herr der Ringe, das Ergebnis wird verblüffen... ) - eine Angewohnheit, besser noch, eine Marotte, an der man sie leicht wiedererkennt. Zum Beispiel eine Person, welche die Angewohnheit hat, fast alle Sätze mit \"Na, ...\" zu beginnen.
Irgendwann auf Seite 78 lasst ihr ihn einfach nur sagen: \"Na, toll - jetzt sitzen wir in der Tinte!\" und jeder weiß wer es war, ohne dass ihr es erwähnen müsst. Solche Kleinigkeiten machen eine Figur menschlich. Gebt ihnen noch einige alltägliche Fehler und Schwächen und man wird diese Personen lieben ( nicht zuletzt, weil man sich dann viel leichter mit ihnen identifiziert, als mit einem fehlerlosen strahlenden Helden )
Desweiteren schreibe ich mir von jeder wichtigen Person einen Steckbrief in mein schwarzes Notizbuch. ( Beim händischen schreiben entwickelt sich die Figur irgendwie besser als am PC ) Da steht alles drin - von der Haarfarbe, bis zur Schuhgröße, jede kleine Marotte, Stärke, Schwäche, Name, Kinderkrankheit, Geburtstag, Alter - kurz: Alles.
Das hat zwei Vorteile: Man kann sich ein Bild dieser Figur machen und man wiederspricht sich auch nach einem halben Jahr, in dem man diese Figur nicht benötigt hat, nicht selbst.
Den ersten richtigen \"Klopps\" baut man übrigens meistens schon in den ersten drei Sätzen ein. Ein kurzes Beispiel dafür:
>>Es war ein klarer kalter Wintermorgen. Draußen schneite es kräftig. Die Temperatur betrug minus 15 Grad im Schatten.<<
So sehen viele Stories am Anfang aus. ( Mein erster Story-Start war original so aufgebaut

)
Kurze, beschreibende Sätze - hier passiert absolut - - - nichts... Hier wird nur beschrieben und nichts ist so langweilig, wie eine Beschreibung, ohne Handlung. Die bessere, aber leider sehr schwierige Lösung besteht darin die notwendigen Beschreibungen in die Handlung zu integrieren. ( Was sieht der Protagonist, was fühlt, riecht spürt, denkt, hört und vermutet er... ) Lasst ihn einfach sehen hören und riechen was um ihn herum passiert; kleidet ihn pudelwarm und jeder vermutet automatisch dass es draußen lausekalt ist. Lasst ihn lieber auf einen zugefrorenen Teich sehen, statt zu beschreiben dass es einen Teich gibt. Lasst ihn die Schreie der Krähen auf den Bäumen hören, statt zu beschreiben dass es Bäume gibt und Krähen darauf sitzen... Hier hilft sehr viel - und immer wieder - lesen - mit der Zeit erkennt man dann, wie die Profis das lösen und man verbessert seinen eigenen Stil.
Natürlich kann es auch bei der besten Rahmenhandlung - die man mal für \"den Überhammer\" hielt, passieren, dass einen die Muse im Schlaf küsst, man aufwacht und wild entschlossen ist, etwas völlig neues einzubauen. Wenn es nur ein bis zwei Kapitel betrifft und man danach zur eigentlichen Geschichte - dem Roten Faden - zurückkehren kann, ohne dass die Geschichte darunter leidet, bitte sehr - nur zu. Sollte diese Änderung allerdings den Rest der Geschichte komplett verändern sollte man sich fragen: Ist die Idee wirklich so gut und vor allen Dingen auch machbar ( passt sie zu dem was bisher los war ?? ), oder nicht. Sollte Ersteres der Fall sein, ist es eine gute Idee die Rahmenhandlung für den Rest der Geschichte neu zu entwerfen - dabei sieht man dann am ehesten ob die Änderung funktioniert.
Zum Abschluss noch eins: Es gehört Mut dazu eine Geschichte plötzlich zu ändern - aber manchmal noch mehr Mut sie nicht zu ändern, und eine Idee vorerst zu den Akten zu legen. Vielleicht lässt sich mit dieser Idee ja etwas anderes, völlig Neues entwickeln...
