Ich war die letzten 2 Wochen leider ziemlich im Stress, aber jetzt gehts weiter:
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Deck 3 - KrankenstationDer Tag war ruhig, ja beinahe langweilig angebrochen - genau wie es sich Dr. Amelie Cassiopeia Madison gewünscht hatte. Wenn überhaupt Patienten auf die Krankenstation kamen, dann waren es kleinere Unfälle oder Beschwerden, mit denen das medizinische Hilfspersonal locker fertig wurde.
Das gab der schlanken, dunkelblonden Halbrigelianerin die Gelegenheit, unerledigten Papierkram zu bearbeiten, den neuen Dienstplan aufzustellen und sonstige Routineaufgaben zu erledigen.
Während sie grade ein paar Patientenakten durchsah, bebte ihr Schreibtisch.
Ihr Kaffee kippte um und ergoss sich über die Computerkonsole.
Erschrocken fuhr Amelie hoch. Das war mehr als nur eine kleinere Erschütterung, die von einem technischen Defekt herrührte. Es fühlte sich eher an wie das Erdbeben, das die Ärztin bei ihrem letzten Hilfseinsatz in einer abgelegenen Föderationskolonie erlebt hatte.
Ein Film von kaltem Schweiß überzog ihre Handinnenflächen. Das war nicht gut … Gar nicht gut!
Im nächsten Augenblick ging der Alarm los.
Amelie reagierte sofort, wie es sich für eine Sternenflottenärztin mit ihrer Erfahrung gehörte. Ohne lange zu überlegen, schaltete sie ihre Comm-Anlage ein: „An das gesamte medizinische Personal, bitte halten Sie sich für eine Notsituation an Bord einsatzbereit.“
Nichts. Die Leitung war tot.
"Mist!", fluchte sie. Nun musste sie sich wohl oder übel darauf verlassen, dass ihre Kollegen, die nicht im Dienst waren, aus eigener Initiative hier auftauchen würden, wenn sie merkten, dass Not am Mann war.
Die Ärztin war sich sicher, dass hier bald jede helfende Hand gebraucht wurde.
„Wird wohl doch kein ruhiger Tag“, dachte sie mit einem Stoßseufzer.
Eiligen Schrittes verließ sie ihr Büro und stürmte in den Empfangsbereich der Krankenstation.
Gemeinsam mit ihren Assistenten begann sie, die Krankenstation für das Eintreffen von Verletzten vorzubereiten.
Die Schritte, die plötzlich hinter ihr ertönten, klangen fremdartig, mehr wie ein Schlurfen und Trappeln …
Ob das bereits der erste Verwundete war?
Amelie fuhr herum und zuckte leicht zusammen, als sie in die riesigen Facettenaugen von Lieutenant Mosr'anangq'uaig'ht starrte. An das Gesicht der Xindi, die auf den ersten Blick an eine übergroße Ameise erinnerte, hatte sie sich immer noch nicht gewöhnen können. Dabei gehörte Mosr'anangq'uaig'ht – oder Mosq, wie sie kurz und bündig genannt wurde – schon seit zwei Monaten zu ihrem Stab.
„Tut mir leid, Doc“, entschuldigte sich die Xindi mit dem unaussprechlichen Namen. Ihre Stimme setzte nach sekundenlanger Verzögerung ein, während ihre Kieferzangen bereits das typische Klicken und Schnarren von sich gaben, bevor der Universalübersetzer es in verständlichen Tönen wiedergab. „Ich wollte sie nicht erschrecken.“
„Schon gut.“ Amelie rang sich ein Lächeln ab. Das hier war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort für ihre Insektenphobie.
Endlich hatte es Tohan geschafft, die sieben Decks hinter sich zu lassen, und stand vor der Tür der Krankenstation. Trotz ihres ausgezeichneten Trainings war sie leicht außer Atem. Noch ein Schritt trennte sie von der Linderung ihrer rasenden Kopfschmerzen. Sie hatten harmlos angefangen, waren aber durch die anstrengende Kletterei immer schlimmer geworden. Ynarea tat diesen Schritt und die beiden Schotthälften zur medizinischen Abteilung des Schiffes glitten auseinander.
Ein wahres Katastrophenszenario bot sich der jungen Sicherheitsoffizierin. Verwundete Crewmitglieder – blutend und mit Verbrennungen übersät – krümmten sich auf den Untersuchungsliegen. Krankenschwestern, Sanitäter und Assistenzärzte wuselten durcheinander, um die Verletzten so schnell wie möglich zu versorgen.
Angesichts dieses Elends schämte sich die Trill beinahe, mit einer leichten Kopfverletzung hier aufzutauchen. Vielleicht sollte sie sich einfach das nächste Hypospray schnappen, ein Schmerzmittel in ihre Halsschlagader pumpen und weitermachen.
Nur dummer Weise war den Hyposprays, die teils unbeaufsichtigt auf Tabletts mit medizinischer Ausrüstung lagen, nicht anzusehen, was drin war. Es konnte Ynareas Kopfschmerzen verschwinden lassen – oder sie gleich ins Koma versetzen.
„Doktor Madison?“, rief sie. Wo steckte die Chefärztin nur? Vielleicht in ihrem Büro?
Ynarea blickte sie sich suchend um und entdeckte unter den Verwundeten ein Mitglied ihres Teams.
„Lieutenant Craine?“ Die Trill konnte das Entsetzen in ihrer Stimme nicht ganz unterdrücken, denn fast die gesamte rechte Gesichtshälfte des Mannes war verbrannt.
Die Xindi-Assistenzärztin – Ynarea konnte sich den Namen dieses riesigen Insektenwesens beim besten Willen nicht merken – behandelte die Verletzungen mit einem Hautregenerator, Lieutenant Craine wimmerte dennoch vor Schmerz.
„Jacob!“ Mit wenigen Schritten war Ynarea bei ihm und hielt seine Hand. „Das wird schon wieder“, beschwichtigte sie ihn.
Er nickte mit zusammengebissenen Zähnen.
„Melden Sie sich bei mir, wenn Sie wieder diensttauglich sind. Ich kann zur Zeit jede Hilfe gebrauchen“, bat sie ihn sanft aber nachdrücklich.
„Der Chief …“, presste Craine heraus.
Ynarea schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich hab keine Ahnung, wo Commander Harris steckt.“ Oder ob er noch lebt, fügte sie in Gedanken hinzu und ihr Magen zog sich zusammen.
„Lieutenant Tohan?“, ertönte plötzlich die Stimme der Chefärztin hinter ihr.
Ynarea wandte sich um. „Da sind Sie ja, Doc!“ Die Erleichterung war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Endlich würde ihr Schädel davor bewahrt, zu zerspringen! Außerdem war es möglich, dass die Ärztin hilfreiche Informationen von einem ihrer Patienten aufgeschnappt hatte. Vielleicht konnten sie dieses mysteriöse Desaster gemeinsam aufklären.
„Was zur Hölle ist hier passiert?“, fragte Amelie, während sie ihren Tricorder in die Hand nahm und routiniert zu scannen begann.
„Das wollte ich Sie gerade fragen.“ Ynarea lächelte leicht. „Ich brütete gerade über meinem Sicherheitsbericht, da schleuderte mich diese Erschütterung vom Stuhl. Ich habe Cartoonvögelchen gesehen und den Fußboden geküsst und mir dabei das hier zugezogen.“ Sie deutete auf die Wunde an ihrer Schläfe.
Amelie untersuchte die Verletzung bereits. „Das sieht nicht sehr ernst aus …“
„Wenn es nichts Ernstes ist, dann verarzten Sie mich bitte schnell!“, drängte Ynarea.
Die Ärztin warf ihr einen missbilligenden Blick zu. Normalerweise behandelte sie in Krisensituationen die schweren Fälle zuerst und ließ die Leichtverletzten warten.
„Ja, ich weiß, andere hier hat es viel schlimmer erwischt als mich“, fuhr die Trill hastig fort, als hätte sie Amelies Gedanken gelesen. „Aber ich muss dringend zur Brücke und das Schiff sichern … herausfinden, wer da oben noch lebt … im schlimmsten Fall das Kommando übernehmen … Aber dazu muss ich mich konzentrieren, verdammt noch mal! Das kann ich nicht, wenn sich mein Gehirn anfühlt, als würde es eben von innen an die Schädeldecke genagelt werden!“
„Nun mal langsam!“ Dr. Madisons Blick war der einer Lehrerin, die einen zappeligen Schüler zur Ruhe ermahnte.
Die Trill bemühte sich, nicht allzu fasziniert zurück zu starren. Der Kontrast, den diese goldenen Augen zu Amelies jugendlicher Erscheinung boten, bereitete ihr eine leichte Gänsehaut. Obwohl Dr. Madison bereits auf die Fünfzig zuging, zeigte ihr Gesicht kaum Falten oder andere Spuren des Alters, was sie wohl ihrer rigellianischen Hälfte zu verdanken hatte. Doch aus ihren Augen war jegliche Spur von Naivität und Unschuld längst verschwunden. Es waren die Augen einer Frau, die im Laufe ihres bewegten Lebens zu viel Schlimmes gesehen hatte und dies hinter einer Fassade aus sarkastischem Humor zu verbergen versuchte.
Ynarea seufzte ungeduldig.
„Offenbar ist der Bordfunk ausgefallen“, erklärte Amelie, während sie mit Hilfe des Tricorders eine erste Diagnose erstellte. „Haben Sie Symptome wie Schwindel oder Übelkeit?“
Ynarea war etwas irritiert von dem plötzlichen Themenwechsel.
„Ja, mir war etwas schwindelig … Am Anfang. Ich nehme an, das rührte von meinem unvorhergesehenen Rendezvous mit dem Fußboden her. Aber jetzt ist es weg.“
„Gut! Das heißt, Sie haben offensichtlich keine Gehirnerschütterung“, stellte Madison zufrieden fest.
„Fein.“ Die Sicherheitsoffizierin atmete tief durch. „Aber viel mehr interessiert mich, wie der Status Ihrer Abteilung ist und ob Sie Hilfe brauchen oder etwas wissen, was mir weiterhelfen könnte!“
Ynarea hätte die Ärztin am liebsten gepackt und kräftig durchgeschüttelt, als diese scheinbar seelenruhig die Anzeigen von ihrem Tricorder ablas und sich Notizen auf einem Datenpadd machte. Verdammt, begriff die gute Frau den Ernst der Lage nicht oder hatte sie womöglich selbst eins auf den Schädel bekommen?
„Himmel, Doc, wir haben jetzt keine Zeit für medizinische Feldforschung! Ich brauche einen Statusbericht und ich brauche ihn schnell – sonst knutschen wir bald einen 500 Kilometer breiten Asteroiden! Ich fürchte, dass bedeutet richtig Arbeit für Sie und Ihre fleißige Ameise … falls einer von uns den Zusammenstoß überlebt!“
Lieutenant „Mosq“, die Ynareas Wunde verarztete, klapperte ärgerlich mit den Beißzangen.
„Entschuldigung“, erwiderte die Trill zerknirscht. Jemanden, der sie gerade von übelsten Kopfschmerzen befreite, mit einem Krabbeltier von der Erde zu vergleichen, war wirklich nicht nett.
Dr. Madision blickte sie durchdringend an. „Erstens dulde ich keine rassistischen Bemerkungen auf meiner Krankenstation, zweitens bin ich ranghöher als Sie und muss auf Ihren Befehl keinen Bericht liefern. Drittens: So wie es aussieht, weiß ich auch nicht mehr als Sie.“
Ynarea wurde immer wütender. Diese Göttin in Weiß sollte dringend ihr Ego zurücknehmen! In einer Situation, wo es um Leben und Tod ging, auf ihren höheren Rang zu pochen, war ja wohl das Allerletzte!
„Dann berichten Sie mir doch
bitte alles, was Sie mitgekriegt haben, damit ich selbst beurteilen kann, ob Sie tatsächlich keine Ahnung haben, oder ob es
nur so aussieht!“, entgegnete die Sicherheitsoffizierin mühsam beherrscht.
In diesem Moment wurde das Schiff von Achtern erneut durchgerüttelt. Einige Patienten fielen aus ihren Betten und kugelten über das Deck. Ynarea konnte sich rechtzeitig an ihrer Diagnoseliege festhalten, aber Madison stürzte ebenfalls.
„Alles in Ordnung, Doc?“, fragte Ynarea, während sie der Ärztin aufhalf.
„Wie sie schwer übersehen können, haben wir hier gut ein Dutzend Verletzte“, erwiderte Amelie mit finsterer Miene und rieb sich ihren schmerzenden rechten Ellbogen. Zwischendurch wies sie zwei eintreffende Assistenten kurz an, OP 1 und 2 in Bereitschaft zu versetzen. „Schäden auf der Krankenstation wurden mir bisher nicht gemeldet, aber da die Computersysteme teilweise ausgefallen sind und offenbar auch die Kommunikation defekt ist, habe ich natürlich keine Ahnung, wie es im Rest des Schiffes aussieht. Wir haben zwei Patienten in kritischem Zustand, die anderen sind weniger schwer verletzt. Aber auch von denen kann mir keiner sagen, warum sich das Schiff plötzlich in ein Katastrophengebiet verwandelt hat. Ich hoffe, da genügt Ihnen als Statusbericht, Lieutenant. Mehr habe ich leider nicht zu bieten.“
„Es tut mir Leid“, erwiderte die Sicherheitsoffizierin aufrichtig.
Als hätte das erneute Beben ihr Gehirn wieder an die richtige Stelle gerückt, verstand Ynarea mit einem Mal, unter welchen Druck die Ärztin stand und dass ihre aufgesetzte Gelassenheit nichts weiter als ein notwendiger Schutzwall war. In einem solchen Chaos die medizinische Versorgung zu koordinieren, war alles andere als ein einfacher Job. Amelie erledigte diesen Job mit einer Ruhe und Professionalität, die Ynarea sich selbst nicht zutraute.
Hatte sie deshalb diese ungezügelte Wut auf Amelie empfunden? Projektzierte sie womöglich ihre eigene Unsicherheit?
Der Counsellor hätte bestimmt was dazu zu sagen, dachte sie bitter.
Doch er würde es niemals tun, denn er war tot. Bei ihrer Kletterpartie über sieben Decks war sie buchstäblich über seine Leiche gestolpert. Er lag am Boden eines Turboliftschachts mit gebrochenem Genick und starrte sie aus seinen toten Augen beinahe vorwurfsvoll an.
Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken herunter, als sie daran dachte. Sie war kein Freund von Seelenklempnern und hatte mit Counsellor Nils Ericson außerhalb ihrer Pflichtsitzungen zur Mannschaftsbeurteilung fast nichts zu tun gehabt.
Dennoch war der Anblick ein Schock für sie, der sich tief in ihr Bewusstsein eingebrannt und augenblicklich ihre Kopfschmerzen verschlimmert hatte.
Harscher, als es normalerweise ihre Art war, fuhr Dr. Madison fort: „Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass irgendwann jemand vom Kommandostab hier herunter kommt und uns ins Bild setzt. Normalerweise erfahren wir in der Krankenstation immer als letzte, wenn irgendwas passiert.“
„Es gibt noch etwas, dass Sie erfahren sollten.“ Lieutenant Tohan schloss für einen Moment die Augen, holte tief Luft. „Counsellor Ericson ist tot“, stieß sie schließlich hervor.
Amelie rang sichtlich um ihre Fassung, drückte entsetzt eine Hand auf den Mund. „Nils?“, hauchte sie.
„Es tut mir Leid“, erwiderte Tohan nun zum zweiten Mal.
Für die Trill war es hart, aber für Amelie mochte es ein Vielfaches schlimmer sein. Sie und Nils waren befreundet gewesen, sie hatten auch dienstlich eng zusammen gearbeitet.
Die Ärztin wandte sich ab. „Wie geht es ihrem Kopf, Lieutenant?“, fragte sie halb erstickt.
„Bestens, danke“, antwortete die Trill leicht abwesend.
„Gut, Sie sind entlassen. Gehen Sie auf die Brücke und lassen Sie mich hier meine Arbeit machen.“
Ynarea nickte nur und sprang von der Diagnoseliege. Sie beschloss, sich den schnippischen Tonfall Madisons nicht zu Herzen zu nehmen. Die Ärztin galt gemeinhin als etwas launisch, doch unter diesen Umständen hielt sie sich hervorragend.
Jeder hatte das Recht, unwirsch zu reagieren, wenn er gerade einen Freund verloren hatte.
Das Einzige, was Petty Officer Enrico Martinelli sah, waren grüne und rote Punkte. Er hatte sich vom Wissenschaftslabor in Sektion 32 zur Krankenstation geschleppt und jede Orientierung verloren. Seine Lunge brannte, seine Haut brannte und seine Beine fühlten sich wie Pudding an. Er hatte kein Zeitgefühl mehr. Vielleicht war er längst auf der Krankenstation, vielleicht auch in der Hölle.
Er erinnerte sich, wie das Schiff schlingerte. Irgendwo hatte es gerumpelt, dass tat es einen Schlag, eine grelle Explosion löschte sein Augenlicht, betäubte sein Gehör. Martinelle wusste nicht wie lange er ohnmächtig gewesen war. Die Kulisse aus Trümmern und geschäftig herum wuselnden Menschen, die er nur als Schemen ausmachen konnte, zeigte ihm, dass irgendein schweres Unglück das Schiff getroffen haben musste.
Das Plasmalabor, in dem er mit einigen Wissenschaftlern gearbeitet hatte, wurde offenbar von einer Feuerwolke gefressen.
Halb blind auf den Knien kriechend, hatte er direkt in das zerfetzte Gesicht von Lieutenant Taval, des Chefanalytikers, gegriffen. Um den leblosen Körper des Vulkaniers hatte sich eine blutige Lache gebildet. Die Explosion musste Taval mit voller Wucht getroffen haben und Martinelli würgte jedes Mal, wenn er daran denken musste.
Ebenso als er sich erinnerte, wie Lieutenant McDougal, der junge Archäologe, zwischen zwei deformierten Konsolen eingeklemmt lag, von denen eine seine Rippen zertrümmert hatte.
Hoffentlich hatten seine Erste-Hilfe-Maßnahmen ausgereicht, um McDougal am Leben zu halten!
Die Kommunikation war tot, die Luft von Rauch geschwängert. Martinelli spürte eine Hitze von der gegenüberliegenden Korridorwand. Aus den Schiffsplänen wusste er, dass dort Plasmaleitungen verliefen. Sie musste geborsten sein. Ein Brand, der sich langsam über die Labore ausbreitete, schwelte im Geheimen. Entfernt hörte der Hilferufe in verschiedenen Sprachen, die er nur wenig verstand. So schleppte er sich durch den Rauch. Eine Jeffriesröhre hatte ihm geholfen, das nächste Deck zu erreichen.
Zischend öffneten sich die Türen der Krankenstation. Offenbar war dieser Teil des Schiffes nicht so in Mittleidenschaft gezogen worden.
Er hörte Stimmen. Die eine gehörte der Chefärztin, die andere konnte er nicht identifizieren. Er tat zwei unsichere Schritte in den Raum, wankte, hielt sich an irgendeiner Kante fest.
Blind und verwirrt, wie er war, rief er so laut er konnte: „Ist hier jemand? Ich brauche Hilfe! … Deck 2, Plasmalabor … Explosion, Plasmabrand … Lieutenant McDougal verletzt, T’Val ist tot und die anderen … Ich weiß nicht …“
Seine eigene Stimme klang fremd, heiser.
Martinelli konnte den gestammelten Satz nicht vollenden. Sein Bewusstsein trübte sich ein und er spürte nicht einmal mehr, wie seine Beine wegknickten.
Tohan, die die Krankenstation eben verlassen wollte, reagierte sofort und griff geistesgegenwärtig nach den stürzenden Petty Officer. Er fiel ihr direkt in die Arme und Ynarea fing ihn auf. Sie war zwar eine zierliche Frau, hatte aber durch ihr jahrelanges hartes Kampfsporttraining einiges an Körperkraft gewonnen.
Martinelli, der die weichen Arme der Frau spürte und das blumige Parfüm unter dem allgegenwärtigen Gestank von Rauch und Schweiß erschnupperte, schlug für eine Sekunde die Augen auf und lächelte verklärt.
„Belinda, endlich bist du wieder bei mir!“
Dann glitt er erneut in die Dunkelheit.
Behutsam legte Ynarea ihn auf eine der wenigen freien Pritschen und rief nach einem Sanitäter.
Ein gut zwei Meter großer Caitianer eilte sofort herbei. Er hatte Ähnlichkeit mit einem Löwen in Uniform – besonders da er auf allen Vieren lief, um schneller zu ihr zu gelangen. Mit einem eleganten Satz landete er neben der Diagnoseliege. „Ensign P’Lor zu Diensten“, meldete er und richtete sich zu seiner vollen, beeindruckenden Größe auf.
„Danke für die Hilfe, P’Lor.“ Ynarea lächelte, doch dieses Lächeln verblasste, als ihr die gestammelten Worte Martinellis wieder in den Sinn kamen.
„Ensign, gibt es unter Ihren Kollegen jemanden, der etwas von Plasmabrandbekämpung versteht?“
„Hm …“ P’Lor schüttelte seine dichte Mähne. „Ich bin zwar kein Feuerwehrmann, aber ...“ Er sah sich nach der Chefärztin um und entdeckte sie zwei Betten weiter, wie sie den gebrochenen Arm einer Technikerin schiente. „Dr. Madision …“
Die Ärztin reagierte erst, als ihre Patientin ausreichend versorgt war. „Was gibt’s, P’Lor?“
„Das Plasmalabor steht womöglich in Flammen“, antwortete Ynarea anstelle des Caitianers. „Ich würde ja bei den Löscharbeiten helfen, aber - wie gesagt - ich muss zur Brücke. Außerdem wäre es gut, wenn Sie mir einen Sani mitgeben könnten, dort oben gibt es mit Sicherheit auch Verletzte.“
„In Ordnung. P’Lor – Sie begleiten Lieutenant Tohan“, entschied Dr. Madison.
„Und das Plasmalabor?“
Madison überlegte eine Sekunde. „Ich gehe dort hin.“
Tohans Blick wanderte von ihr zu Martinelli, dessen Arme und Brust schwer verbrannt waren.
Zum Glück tauchte der stellvertretende Chefarzt, Dr. Klax, auf und zückte sofort sein Notfall-Medkit.
„Keine Sorge, Lieutenant, ich kümmere mich um ihn“, verkündete der Denobulaner. Gleichzeitig begann er zu scannen. „Plasmaverbrennungen zweiten und dritten Grades, mittelschwere Kohlenstoffmonoxydvergiftung. Dazu eine Schädigung der Sehnerven, die sich aber beheben lässt“, diagnostizierte er knapp und ging mit einem Dermalregenerator ans Werk.
Amelie schnappte sich ein Notfallset und wandte sich zum Gehen. „Tohan, können Sie mir sagen, wie ich am schnellsten zum Plasmalabor gelange, falls die Turbolifte außer Betrieb sind?“
„Klar.“ Tohan nickte. „Sie nehmen Jeffries Röhre AA23 und halten sich immer links. Das Labor ist genau ein Deck über der Krankenstation. Sie können es gar nicht verfehlen.“ Dann lächelte sie flüchtig. „Viel Glück, Doc.“
Der Caitianer tat bereits einen Satz durch die Tür, Ynarea warf einen letzten Blick zurück. Jetzt, da die Behandlung Martinellis in kompetenten Händen lag, konnte sie ruhigen Gewissens auf die Brücke gehen.
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EDIT:
Ich habe T'Val jetzt in Taval umbenannt, weil T'Irgendwas bei Vulknaiern IMO Frauennamen sind

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