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U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – Bereitschaftsraum des Captains:
Persönliches Logbuch, Commander Lejla Katic, Sternzeit 59609.4.
Seit unserem Unfall – oder was immer das war – sind genau vierundzwanzig Stunden ver-gangen. Ein Tag Erdstandardzeit. Mir kommt es vor wie Wochen, Monate.
Als ich heute Morgen aufgestanden bin – nachdem es mir ab 3:00 Uhr nachts endlich ge-lungen ist, ein bisschen zu schlafen, habe ich mich gefragt, wie mein Quartier noch genauso aussehen kann, wie gestern, nachdem so viel Schreckliches passiert ist. Unter der Dusche habe ich noch gehofft, dass alles nur ein Alptraum war.
Ist es leider nicht.
Gestern – das war in einem anderen Leben. Einem besseren Leben, als der Captain, McMeredith, Ericson, Cully und die anderen noch unter uns weilten, als das Schiff nicht von der Taskforce abgeschleppt werden musste und ich nicht plötzlich Kommandantin war.
Möglicherweise für immer – jedenfalls so lange, bis ich kündige, verrückt werde oder die Lyraner mich in Stücke reißen. Admiral Belar hat mir vor zwei Stunden ein Memo geschickt und mich zu einem persönlichen Gespräch gebeten, sobald unser Schiff an seiner Station angedockt hat. Der Admiral will prüfen, ob er mich für geeignet hält, das Kommando über die ESTRELLA zu führen. Er sagt, die endgültige Entscheidung kann sich noch hinziehen, aber es sei nicht einfach, geeignete Kandidaten zu finden.
Also dasselbe Spiel wie beim letzten Mal, nach dem Tod meines Vorgängers. Claire wird wieder Gift und Galle spucken …
Lejla hielt inne und korrigierte sich: „Computer, den letzten Satz bitte löschen.“
Dann nahm sie einen Schluck aus ihrem Wasserglas und fuhr mit ihrem Eintrag fort:
Wir haben insgesamt fünfundfünfzig Crewmitglieder verloren und ich hoffe inständig, dass es nicht noch mehr werden! Dr. Madison hat von ein paar kritischen Fällen auf der Krankenstation berichtet, aber zurzeit ist sie guter Dinge, dass alle überleben.
Anders, als Claire Harris. Sie ist das letzte Opfer, von dem ich erfahren habe.
Womöglich fällt es mir deshalb so schwer, ihren Tod als Realität zu sehen. Im Moment kann ich mich damit noch schwerer abfinden, als mit dem Tod des Captains. Vielleicht liegt es ja daran, dass ich trotz aller Querelen immer gehofft hatte, wir würden uns wieder vertragen, wenn wir nur die Chance dazu bekommen … Aber diese Chance wird es nie mehr geben, und ein Teil von mir weigert sich, das zu akzeptieren.
Dabei sollte es für mich längst Realität sein, den Rick läuft seit dem herum, wie ein Häufchen Elend. Seit gestern scheint er fünf Kilo abgenommen und keine Minute geschlafen zu haben. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um ihn!
Dabei steht noch die Frage im Raum, wer mein Erster Offizier werden soll, falls ich tatsäch-lich befördert werde. Gestern Abend wäre das für mich gar keine Frage gewesen: Rick ist einer der besten Offiziere auf den Schiff, hat Kampferfahrung, kann hervorragend Leute mo-tivieren und schnelle Entscheidungen treffen. Außerdem ist er mein Freund und ich vertraue ihm bedingungslos. Aber zurzeit steht er wirklich neben sich und ich bin nicht sicher, ob ich ihm mit der Ernennung zum XO einen Gefallen tue. Genauso wenig, wie mir Belar mit der Beförderung zum Captain einen Gefallen tut, fürchte ich.
Dann werden wir wohl beide Stammgast beim Counsellor.
Inzwischen hat sich eine sogar Bewerberin für den Posten bei mir gemeldet, eine gewisse Navina Levinoi. Macht einen sympathischen Eindruck und scheint gut qualifiziert zu sein. Das einzige, ws mich stört, sind die telepathischen Superkräfte, die in ihrer medizinischen Akte vermerkt sind. In der Nähe von Telepathen fühle ich mich nicht besonders wohl und ich bin sicher nicht die einzige, der es so geht. Also, mal sehen, wer sich noch auf die Ausschreibung meldet …
Im Grunde brauche ich viel nötiger einen neuen Wissenschaftsoffizier und einen Chefinge-nieur. Mir ist klar, dass die überlebenden Crewmitglieder ihr Bestes geben – doch im Moment reicht unsere Kraft gerade so, um das Schiff zusammenzuhalten. Ohne die ESCORT und die ICICLE wären wir längst am Ende.
Auch wenn die ESTRELLA auf UNITY ONE repariert wird, bleibt immer noch das Rätsel of-fen, wer oder was uns diesen Horror eingebrockt hat. Dafür wäre ein guter Wissenschaftsof-fizier goldgepresstes Latinum wert!
In einer halben Stunde erreichen wir UNITY ONE, ich habe daher für 15:00 eine Bespre-chung mit allen Führungsoffizieren einberufen. Jedenfalls mit allen, die noch übrig sind.
Commander Katic beendete ihren Logbucheintrag und bewegte sich steifbeinig Richtung Konferenzraum. Dr. Madison hatte sie kurz vor Dienstbeginn untersucht und keine Knochen-brüche oder ernsthafte Verletzungen an ihr festgestellt – trotzdem fühlte sie sich immer noch wie durchgeprügelt.
Gedankenverloren blickte sie aus dem Fenster, wo bereits die ersten Asteroiden des Ten-dara-Gürtels vorbeizogen. Lejla schauderte. Der Anblick von Asteroiden würde fortan jedesmal schlimme Erinnerungen wecken.
Die Fensterscheibe spiegelte ihr blasses Gesicht, ihr Haar war zu einem schlichten Pferde-schwanz hochgebunden. Lejla hatte heute weder die Zeit noch die Nerven für eine kompli-zierte Hochsteckfrisur.
Erst als der Türmelder summte, bemerkte sie, dass Tränen ihre Wangen herab liefen.
U.S.S. ESCORT – Brücke :
Die Station UNITY ONE lag im Inneren eines kugelförmigen Asteroidenfeldes, welches das Tendara-System umschloss. Das machte UNITY ONE zu der am besten gesicherten Einrich-tung der Föderation. Selbst die Romulaner und Klingonen, die am Konzept und Bau der Sta-tion mitgearbeitet hatten, konnten nichts Vergleichbares aufweisen. Auf etlichen Gesteins-brocken waren Verteidigungsanlagen installiert, jede der Waffenplattformen besaß eine ei-gene, unabhängige Energiequelle. Einige der größeren Asteroiden unterhielten Jagdge-schwaderstützpunkte, wieder andere verfügten über RCS-Thruster, um die Asteroiden zu lenken, so dass ein Korridor für durchfliegende Schiffe geschaffen wurde. Sobald das Schiff das Asteroidenfeld durchquert hatte, rückten die Brocken wieder an ihren ursprünglichen Platz und machten das Feld nahezu unpassierbar.
Wenn man diesen ersten Verteidigungsperimeter hinter sich hatte, flog man in den Sicher-heitsbereich, wo man von einer Jägereskorte und der Fast Reaction Force in Empfang ge-nommen wurde. Erst danach gelangte man in den dritten Verteidigungsperimeter und das war der beeindruckende Raumkomplex UNITY ONE selbst.
Ed Harris gab den Code ein, der direkt an die zuständige Leitstelle der Station gesandt wurde. Einige Sekunden später fuhren die Waffen in der Umgebung herunter, ein Korridor öffnete sich, durch den die ESCORT, die ICICLE und die ESTRELLA mit halber Geschwin-digkeit flogen, um am anderen Ende von der Jagdeskorte in Empfang genommen zu werden.
Renee betätigte ihren Kommunikator. „O'Connor an Belar. Wir haben UNITY ONE erreicht“ meldete sie.
„Verstanden“, kam die Antwort aus dem Bereitschaftsraum des Admirals. „Docken Sie das Schiff an unseren üblichen Andockplatz. Sagen Sie Lieutenant Ten'ai, dass er die Schäden ausbessern soll, und geben Sie der Crew dann Urlaub. In drei Stunden will ich die Füh-rungscrew, inkl. CAG und MACO-Leader im Konferenzraum sehen. Übermitteln Sie außerdem der ICICLE, dass ich ihren Captain umgehend in meinem Raum auf der Station sprechen will. Ich beame direkt dorthin.“ Bei den letzten zwei Sätzen gewann Belars Stimme zunehmend an Schärfe.
Das wird kein Spaziergang für Dheran, dachte Renee.
U.S.S. ICICLE – Brücke:
Commander Mancharella saß im Sessel des Captains und blickte von Zeit zu Zeit nach-denklich zur Tür von Captain Dherans Bereitschaftsraum. Der Andorianer hielt sich für seine Verhältnisse ungewöhnlich lange dort auf … inzwischen war es eine volle Stunde. Norma-lerweise verbrachte Dheran seine Zeit viel lieber auf der Brücke, manchmal sogar außerhalb seiner Schicht.
Pasqualina machte sich langsam Sorgen, also erhob sie sich, übergab dem leitenden Wis-senschaftsoffizier, Commander Jörn Harling, die Brücke und drückte den Türmelder des Be-reitschaftsraums.
„Herein“, rief der Captain unwirsch.
Wie ein gefangener Tiger marschierte er in seinem Raum auf und ab und warf seiner XO einen finsteren Blick zu. „Gibt es was Wichtiges?“
Die Spanierin kam einige Schritte näher. „Nein, Tar´Kyren. Ich mache mir nur Gedanken, weil du es sonst keine fünf Minuten in deinem Bereitschaftsraum aushältst.“
Die Antennen des Andorianers bogen sich leicht nach innen. „Meinst du, ich sollte deswegen den Counselor aufsuchen?“
Commander Mancharella, die mittlerweile besser mit den Launen Dherans zurecht kam, als noch am Anfang ihrer Dienstzeit auf der ICICLE, hob lediglich ihre Augenbrauen und ver-schränkte die Arme vor der Brust.
Die Haltung des Andorianers entspannte sich etwas. Forschend musterte er Pasqualina und meinte dann: „Du kennst mich bereits ziemlich gut. Daher müsstest du wissen, dass ich die verdammten Regeln gerne mal zur Schwarzen Kreatur der Unterwelt schicke, wenn mir mein Verstand etwas anderes sagt!“
„Dir ist also klar, dass du gegen die Dienstvorschriften gehandelt hast, als du mitten im Ge-fecht die Brücke der ICICLE verlassen hast, um auf der ESTRELLA zu beamen“, bestätigte Mancharella nüchtern.
„Es gibt Momente, da greifen die Vorschriften nicht, Pasqualina“; gab Dheran heftig zurück. „Die ESTRELLA hatte gerade erst ihren Captain verloren, und es war meine verdammte Pflicht, mich davon zu überzeugen, dass Commander Katic die Lage im Griff hat! Auf diesen Gedanken hätte der Getupf...“ Er räusperte sich. „Admiral Belar eigentlich auch kommen müssen!"
Gegen ihren Willen verzogen sich die Lippen der Spanierin zu einem amüsierten Schmunzel. Dieser lustige Spitzname für Belar hatte sich mittlerweile in der gesamten Taskforce ein-gebürgert. Allerdings hätte es den Trill weitaus schlimmer treffen können. „Du stellst doch nicht etwa die Kommandobefähigung des Getupf… des Admirals in Frage?“
„Nein, natürlich nicht“, zischte der Andorianer ungehalten. „Ich sage lediglich, dass auch ein Admiral nicht perfekt ist. Selbst wenn er mir die Antennen abreißt – ich würde es das nächste Mal nicht anders machen. Das Schiff war bei dir in guten Händen, während des ersten Kampfeinsatzes der ICICLE hast du das bewiesen. Andererseits bestand die Möglichkeit, dass Commander Katic unter Schock steht. Wer an Bord der ESTRELLA hätte schon Zeit gehabt, das zu diagnostizieren? Niemand – und deshalb war es meine verdammte Pflicht, dort hin zu beamen, um notfalls das Kommando zu übernehmen. Solltest du irgendwann einmal Captain sein, Pasqualina, wirst du das verstehen. Wenn du die Verantwortung für die Personen trägst, die dir anvertraut wurden, ist es deine erste Pflicht, für die Sicherheit dieser Lebewesen zu sorgen – vor allen Vorschriften!“
Die Spanierin schwieg einen Moment, bevor sie meinte: „Der Admiral ist kein Unmensch, aber er wird dir andererseits diese Eigenmächtigkeit auch nicht durchgehen lassen.“
„Natürlich wird er das nicht“, antwortete Dheran säuerlich. „Und richtig müsste es lauten: Untrill.“ Für einen Moment hielt er den Blick des Commanders fest, bevor er sich ein schiefes Grinsen abrang und sagte: „Danke, für deine Anteilnahme, Pasqualina.“ Seine Gestalt straffte sich. „Komm, die Brücke ruft.“
Während UNITY ONE auf dem Hauptsichtschirm größer wurde, meldete Lieutenant Farok: „Captain, die ESCORT ruft uns.“
„Auf den Schirm“, erwiderte Captain Dheran grimmig. Er ahnte, warum dieser Anruf kam, und sene Ahnung wurde bestätigt, als das Gesicht von Fleetcaptain O´Connor erschien.
„Captain, Dheran. Der Fleetadmiral erwartet Sie direkt nach dem Andockmanöver in seinem Büro.“
„Verstanden.“ Der Andorianer erhob sich geschmeidig und trat einen Schritt auf den Bild-schirm zu. Einen Moment lang nahm er das Abbild seiner Jugendliebe in sich auf, bevor er betont förmlich hinzufügte: „Haben Sie sonst noch etwas für mich?“
Ein Teil von Dheran wünschte sich, sie würde dies positiv bestätigen und ihn in ihr Büro bit-ten – ein anderer Teil, der logische, wusste, dass dies nicht passieren würde.
„Nein, Captain. O´Connor, Ende.“ Der Bildschirm zeigte wieder die Station und das All.
„Sie haben die Brücke, Commander“, sagte Dheran zu Pasqualina und marschierte unver-züglich zum Turbolift. Er wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter sich wissen.
U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – Konferenzraum:
Cer´Zydar Taren erschien als erster zum Briefing und bemerkte, dass sich Commander Katic über die Augen wischte. Obwohl Andorianer nicht weinen konnten, kannte er dieses menschliche Zeichen von Trauer. Er konnte es gut verstehen, dennoch er ging nicht darauf ein, da er seinen Vorgesetzten Offizier nicht beschämen wollte.
Stattdessen begrüßte er die stellvertretende Kommandantin kurz, setzte sich und fragte: „Gibt es Neues vom Oberkommando?“
„Dazu kommen ich gleich“, erwiderte Lejla mit einem knappen Lächeln.
Kurz nach Taren betrat Dr. Madision den Konferenzraum, nickte ihre beiden Kollegen freundlich zu und suchte sich einen Platz. Die Strapazen der letzten Tage waren ihr noch anzusehen, trotz ausgedehnter Ruhepause. Mit einem verständnisvollen Lächeln nickte Katic ihr zu. Die Ärztin hatte viel mitgemacht, genau wie der Rest der Crew.
Am meisten schockierte Lejla jedoch der Anblick von Commander Harris. Als er sich – mit hängenden Schultern und müden Augen – auf seinen Stuhl sinken ließ, bedachte er die an-deren nur mit einem flüchtigen, formellen Gruß. Dann starrte mit leerem Blick aus dem Fens-ter. Als Amelie fragte, wie es ihm ging, antwortete er nicht einmal.
Er legte sein PADD auf den Tisch, nahm seinen schmerzenden Kopf in beide Hände und hoffte, dass diese leidige Besprechung schnell vorbei sein würde. Er wollte nach Hause, zu Esther und Sarah. Die Zwillinge waren alles, was für ihn noch zählte. Das einzige, was ihm von seiner Frau geblieben war.
Als er das Quartier verlassen wollte, hatte sich Sarah an sein Bein geklammert und geweint. „Bitte geht nicht, Daddy, ich habe Angst, du kommst nie mehr zurück“, flehte sie.
Lejla musterte Rick unauffällig von der Seite. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst und sie beschloss, mit ihm zu reden. Nach dem Briefing. Unter vier Augen.
„Schön, dass Sie alle hier sind“, eröffnete sie die Besprechung. „Es ist schade, dass die Technische Abteilung nicht vertreten sein kann, aber Lieutenant Kreutzer liegt leider immer noch auf der Krankenstation und Lieutenant Oestrow hat mich wissen lassen, dass er keinen Mann entbehren kann, wenn die Impulstriebwerke wieder soweit funktionieren sollen, dass wir in einer halben Stunde selbständig das Raumdock von UNITY ONE anfliegen können. Einer der Impulsreaktoren ist immer noch unbrauchbar, ebenso der Warpantrieb. Ansonsten halten sich die Schäden, zum Glück, in Grenzen. Auf UNITY ONE werden unsere Techniker zu-sammen mit der Dockmannschaft das Schiff inspizieren und reparieren. Das dauert nach Einschätzung des Ingenieurkorps etwa zwei Monate.“ Nach einer sekundenlangen Pause fuhr sie fort: „Die Position des Captains ist immer noch offen. Solange das Oberkommando keine definitive Entscheidung getroffen hat, führe ich das Kommando. Provisorisch. Der Captain und alle andere 54 toten Besatzungsmitglieder werden in den nächsten Tagen eine angemessene Verabschiedung bekommen.“ Bei diesen Worten suchte sie den Blick von Harris, aber dieser hielt seine Augen auf die Tischplatte gerichtet. Lejla atmete tief durch. „Die Frage, die uns in nächster Zeit wohl am meisten beschäftigt, lautet: Was zur Hölle ist eigentlich passiert?“ Die anderen nickten zur Bestätigung. „Aber das können wir nur gemeinsam herausfinden. Und wir müssen uns vielleicht mit dem Gedanken anfreunden, dass die Lösung des Rätsels viel Zeit braucht. Fragen?“
Zuerst schüttelten alle den Kopf, denn hob Amelie die Hand. „Was passiert in den zwei Monaten, wenn das Schiff generalüberholt wird? Bekommt die Crew dann Urlaub?“
„Zwei Monate Urlaub sind das mindeste“, erwiderte Katic und Amelie lächelte zufrieden. „Natürlich erst, wenn alle dringenden Aufgaben erledigt sind!“
„Das versteht sich von selbst“, erwiderte Dr. Madison.
Die Pflicht ging natürlich vor, aber eine Auszeit konnten sie alle dringend gebrauchen.
„Wie sieht es mit dem Sicherheitsbericht aus?“, hakte Lejla nach.
Taren blickte kurz zu Harris, der verständlicherweise nicht so wie sonst bei der Sache war, und ergriff die Initiative: „Ich habe mir von den Abteilungs-Chefs eine Bestandsaufnahme der Schäden durchgeben lassen und durch eigene Daten, die ich gesammelt habe, ergänzt.“ Damit schob er Katic ein Padd zu. „Nach meiner Ansicht haben wir unglaubliches Glück ge-habt - wenn das Plasmafeuer im unteren Bereich des Schiffes ausgebrochen wäre, dann würden wir nicht hier sitzen. Dennoch werden wir, nach meiner Schätzung einige Wochen mit der Reparatur des Schiffes beschäftigt sein, Commander.“ Die Miene des Andorianers verfinsterte sich, als er hinzufügte: „Ich halte es immer noch für möglich, dass das Unglück keinen natürlichen Ursprung hat, Sir. Sie sollten, wenn Sie Gelegenheit dazu haben, dem Fleetadmiral diese Bedenken vortragen.“
Katic seufzte. „Das ist ein guter Vorschlag, Lieutenant, aber Belar wird nach Indizien fragen. Dazu bräuchten wir die Sensordaten aus der Zeit unmittelbar vor dem Unfall – die sind nur leider alle vernichtet. Die Computer in der wissenschaftlichen Abteilung sind irreparabel futsch, alle leitenden Wissenschaftsoffiziere sind tot ...“
Rick hatte Probleme der Besprechung zu folgen. Immer wieder sah er Claire vor seinen Augen sterben und seine kleine Töchter weinen. Doch er riss sich zusammen und bemerkte: „Ich stimme Lieutenant Taren zu. Da so kurz nach unseren 'Unfall' ein Angriff der Lyraner erfolgte, bin ich mir sicher, dass es da einen Zusammenhang gibt. Ich werde zusammen mit Lieutenant Tohan eine Untersuchung durchführen.“ Mit einem Blick auf Amelie fügte er hinzu: „Bevor wir nicht alle Crewmitglieder befragt haben, würde ich keinen Landurlaub genehmigen.“
Taren nickte beipflichtend und seine Antennen spreizten sich zur Seite. „Bei diesen Befra-gungen wäre ich gerne dabei, Sir. Vielleicht hat jemand, möglicherweise auch nur unbewusst, etwas bemerkt, oder gesehen, was im ersten Moment nicht wichtig zu sein scheint, aber im Zusammenhang mit allen anderen Aussagen eine taktische Analyse zulässt.“
„Sie sind herzlich eingeladen, sich uns anzuschließen“, stimmte Harris zu. „Und wie meine Regel Nummer neun so schön sagt: Kein Detail ist unwichtig.“
Sein Gesicht war eine Maske und verriet daher nichts über seine Gedanken: "Nur werden Sie nicht dabei sein, wenn wir den Saboteur finden. Dieser Mistkerl gehört mir allein!"
Dr. Madison blickte verwundert zwischen den beiden Männern hin und her. „Sie glauben tatsächlich an die Möglichkeit einer Sabotage?“
„Das habe ich gerade gesagt, Doktor“, erwiderte der Sicherheitschef gereizt. „Auch wenn ich nicht explizit das Wort Sabotage in den Mund genommen habe. Der Angriff der Lyraner so kurz nach unserem Systemausfall war mehr als ein Zufall. Oder wie ich es in meiner Regel acht auszudrücken Pflege: Zufälle sind die Pläne anderer, von denen sie uns nichts erzählen.“
Bei den letzten Worten des Sicherheitschefs sprang Taren impulsiv auf und beugte sich mit vorgestreckten Antennen zu seinem Gegenüber, die Hände auf der Tischplatte gestützt: „Sie sprechen doch nicht etwa von Verrat, Sir?“
„Wir sollten die Möglichkeit nicht ausschließen“, erwiderte der Sicherheitschef ernst. „So ungeheuerlich es auch scheint, gibt es dafür einige Anhaltspunkte. Erstens: Wir wurden nie darüber informiert, dass im Asteroidengürtel Lyraner gesichtet wurden. Hätten wir das ge-wusst, hätte der Captain die Mission abgebrochen. Zweitens: Mitten in dem Feld erwischt uns eine technische Fehlfunktion, deren Ursache wir nicht kennen, die uns aber nahezu sämtliche Hauptsysteme gekostet hat und fast zehn Prozent der Mannschaft. Drittens: Nur wenige Stunden später werden wir von einer lyranischen Streitmacht angegriffen, gegen die wir selbst bei voller Leistungsfähigkeit keine Chance gehabt hätten. Also entweder ist das die unglücklichste Verkettung von Zufällen seit dem Untergang der Titanic – oder da hat jemand was gedreht."
„Dafür haben wir keinerlei Beweise“, konterte Taren verärgert. „Ich halte es für eine Belei-digung der gesamten Crew, dass hier ein solcher Verdacht geäußert wird, solange es keine klaren Anhaltspunkte dafür gibt! Und da heißt es immer, Andorianer wären paranoid ... Sir!“
„Meine Herren!“, fuhr Lejla in strengem Tonfall dazwischen. „Verdächtigungen bringen uns nichts. Wenn wir jedoch die Möglichkeit einer Sabotage generell ausschließen, bereuen wir das womöglich. Lassen Sie uns zunächst die Daten auswerten und dann erst Rätselraten.“
Sie erhob sich und richtete die Augen auf ihren Sicherheitschef. „Rick, du stellst das Ermitt-lungsteam zusammen und legst mir morgen einen Plan für die Befragung der Crewmitglieder vor. Taren, Sie unterstützen Commander Harris und beginnen schon mal mit der Auswertung der taktischen Daten, die uns von der ESCORT und der ICICLE geschickt wurden. Dr. Madi-son, Sie und ihr Team werden eine Autopsie der Toten durchführen.“ Lejla schluckte. „Sofern von ihnen noch was übrig ist. Wenn Sie irgendwelchen Auffälligkeiten entdecken, melden Sie sich umgehend bei Commander Harris.“
„Aye“, erwiderte die Chefärztin.
„Was ist mit der technischen und der wissenschaftlichen Abteilung?“ hakte Taren nach.
„Die technische Abteilung bekommt keine neuen Aufgaben auf den Tisch, bevor die nötigs-ten Reparaturen abgeschlossen sind. Die Wissenschaftler sind bereits mit der Sensoranalyse beschäftigt.“ Aber dabei wird nicht viel herauskommen, fürchtete Lejla.
„Sonst noch etwas?“, fragte Rick.
Katic schüttelte den Kopf. „Sobald wir UNITY ONE erreichen, erhalten Sie neue Instruktionen für die Andockprozedur. Dann verlassen wir alle das Schiff, begeben uns in die Gäste-quartiere, die uns das Stationspersonal zuteilt, und warten auf neue Befehle. Das war’s erst mal. Wegtreten.“
Taren wartete, bis die beiden Frauen außer Sichtweite waren, dann legte er Commander Harris eine Hand auf die Schulter, blickte ihm ernst in die Augen und erklärte: „Ich hatte noch keine Gelegenheit, Ihnen zu sagen, wie sehr ich den Tod Ihrer Frau bedauere, Sir. Wenn ich Sie irgendwie unterstützen kann, dann tue ich das.“
„Danke“, murmelte Rick.
„Aber als Ihr Co-Ermittler bitte ich Sie: Bleiben Sie objektiv, auch wenn es schwerfällt. Las-sen Sie sich nicht von Rachegedanken leiten!“
Rick funkelte den Andorianer wütend an und riss sich los. „Sie haben jetzt zwei Möglichkei-ten, LIEUTENANT“, fauchte er. „Entweder Sie machen Ihren Job als mein Co-Ermittler und helfen mir ganz objektiv herauszufinden, was passiert ist. Oder Sie halten sich da raus – und zwar gänzlich. Kommen Sie mir bloß nicht in die Quere! Und sparen Sie sich diese Counselor-Klugscheiß-Nummer! Sonst war es das letzte Mal, dass ich Sie für irgendeine Aufgabe in meinem Bereich einteile, klar?!“
Er wartet Tarens Antwort gar nicht ab, sondern stürmte davon. „Harris an Tohan, melden Sie sich in fünfzehn Minuten in meinem Büro“, bellte er noch in seinen Kommunikator.
Der Andorianer starrte ihm perplex hinterher. Seine Antennen krümmten sich. Natürlich war Rick durch den Tod seiner Frau, die Anspannung und den Schlafmangel mit den Nerven fertig. Womöglich litt er sogar unter Depressionen. Doch wenn sein Dienst darunter leiden sollte, würde er wohl oder übel ein Wort mit Commander Katic reden müssen.
UNITY ONE – Büro des Fleetadmirals:
Sobald Admiral Belar in seinem Büro materialisierte, nahm er hinter seinem Schreibtisch Platz, setzte eine grimmige Miene auf und wartete auf Captain Dheran. Gleich würde er die-sem blauen Draufgänger ein für alle Mal klarmachen, wer hier der Hecht im Teich war! Belar wäre sicher nicht so wütend, wenn Dheran das erste Mal über seinen Kopf hinweg gehandelt hätte – doch mit diesem Andorianer gab es immer wieder Stress. Gwen meinte, er und der Fleetadmiral wären sich einfach zu ähnlich, da musste es zwangsläufig ab und zu krachen.
Belar runzelte die Stirn. Eigentlich schätzte er Dheran sehr und hatte auch Verständnis für den Drang männlicher Andorianer, sich zu beweisen und ihr Revier abzustecken … solange sie ihm nicht auf der Nase herumtanzten!
Das versuchten einfach zu Viele in letzter Zeit: Sheridan, die Liga, seine angehende Exfrau … nicht zu vergessen, die Front Dominiontreuer Cardassianer, die ihn bei einem Anschlag mit einem synthetischen Virus infiziert hatte, so dass er dem Totengräber nur knapp von den Schippe gesprungen war. In dem Moment, als er dachte, es geht zu Ende, erschien ihm ausgerechnet Q. Noch so ein Quälgeist, der ihm auf der Nase herum tanzte … Wie waren doch gleich seine Worte? „Sie haben eine Bestimmung, Mon Admiral …“
‚Ich brauche dringend Urlaub‘, dachte Belar genervt.
Aber daran war erst einmal nicht zu denken.
Er drehte seinen Stuhl in Richtung des großen Panoramafensters und beobachtete, wie die ESCORT zusammen mit der ICICLE die Tore der Station passierte. Mit etwas Abstand folgte die ESTRELLA, die wieder selbstständig in der Lage war, Impuls zu fliegen.
Als der Türmelder summte, antwortete Belar mit einem überdeutlichen „Herein!“, drehte sich jedoch nicht gleich vom Fenster weg. Mit dem Rücken zu Dheran, genoss er es, den An-dorianern ein kleines bisschen schmoren zu lassen.
Dheran war psychologisch gut genug geschult, um zu erkennen, was dieses kleine Manöver bedeutete. Er machte sich auf einen harten Kampf gefasst, gab sich jedoch äußerlich gelassen.
„Captain Dheran meldet sich wie befohlen, Sir.“
Der Admiral ließ sich noch einen Moment Zeit, bevor er sich betont langsam umdrehte, seine Arme hatte er auf dem Rücken verschränkt und seine Fäuste waren geballt. Als er dem Andorianer in die Augen sah, war sein Blick ausdruckslos und kalt – auf unterschwellige Art bedrohlich. „Nehmen sie Platz, Captain“, forderte er sein Gegenüber auf und deutete auf einen der beiden Stühle vor dem gläsernen Schreibtisch. Er wollte Dheran auf keinen Fall vermitteln, dass er sich hier wohlfühlen oder gar entspannen konnte.
Captain Dheran hielt dem Blick des Admirals reglos stand. Er ließ sich nicht beeindrucken, denn er durchschaute die Absicht des Admirals, ihn mit seinem Verhalten nervös zu machen. Sollte er es versuchen. Dheran hatte während seiner mittlerweile zwanzigjährigen Dienstzeit schon ganz andere Situationen gemeistert.
Für einen Moment war er sogar versucht, die Aufforderung des Admirals zu ignorieren und stehen zu bleiben, doch dann sich auf die vordere Kante des linken Stuhls. So wirkte er per-manent wachsam und angriffsbereit, seine nach vorn gestülpten Antennen verstärkten den Eindruck noch.
Belar beschloss, das Spiel mitzuspielen – nur dass er die Beine übereinander schlug und sich betont lässig zurücklehnte. „Sie wissen warum Sie hier sind?“
„Ich kann es mir denken, Sir“, erwiderte der Andorianer kühl.
„Schön, da wir uns wenigstens in dem Punkt einig sind, will ich zuerst folgendes klarstellen: Wir befanden uns in einer Gefechtssituation – und laut den Statuten der Sternenflotte ist in diesem Fall der Platz eines Captains auf der Brücke. Und zwar auf der Brücke seines eigenen Schiffes!“ Plötzlich verschwand jede Lässigkeit aus Belars Stimme und Haltung. Der Fleet-admiral steigerte sich allmählich in den schärfsten Kasernenton, als er fortfuhr: „Sie mögen ja Ihre Gründe gehabt haben und bezweifle auch nicht, dass Mancharella in der Lage war, Sie als Kommandant der ICICLE zu vertreten. Aber, Sie hatten verdammt noch mal, nichts an Bord der ESTRELLA zu suchen! Ihr Auftritt dort war weder durch die Vorschriften gedeckt, noch hat er irgendjemandem etwas genützt. Im Gegenteil: Sie wollten vielleicht Katic unter die Arme greifen – aber selbst die nettesten Absichten gehen nach hinten los, wenn man den großen Zampano spielt, als würde dort ein Grünschnabel frisch von der Akademie im Kommandostuhl sitzen! Katic hätte es nicht zum Ersten Offizier gebracht, wenn nicht erwiesen wäre, dass sie im Notfall das Kommando über ein Schiff führen kann. Etwas mehr Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Kollegen würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, Captain! Respekt vor den Regeln wäre auch nicht verkehrt. Die Zeiten der Kirks in der Flotte sind vorbei.“ Belar verschränkte die Arme vor der Brust, ließ seine Worte nachhallen und studierte die verkniffene Miene des Andorianers. „Und nun, Captain, bin ich gespannt, was Sie zu sagen haben.“
Dheran hielt sich nur mit Mühe zurück. Er wäre fast vom Stuhl aufgesprungen und entgeg-nete gefährlich leise: „Bei allem Respekt, Sir, ich habe nicht den Fähigkeiten des Commanders misstraut, sondern ihrem gesundheitlichen Zustand! Wie Sie wissen, Sir, hatte Lejla Katic zu diesem Zeitpunkt ein sehr traumatisches Ereignis hinter sich, sie hätte an einem Schock oder anderen Störungen leiden können, die ihre Urteilsfähigkeit beeinträchtigen …“
Obwohl er zugeben musste, dass Dheran nicht ganz Unrecht hatte, verzog Belar die Mundwinkel zu einem ironischen Lächeln. „So? Dann waren Sie also der Meinung, dass die ESTRELLA neben Commander Katic nur von Praktikanten und Zivilisten bevölkert wird? Re-den wir etwa von einem Schulschiff der Akademie? Nein? Dann müsste Ihnen eigentlich klar sein, dass er dort – wie überall in die Sternenflotte – eine Kommandokette gibt. Hätte Katic versagt, wäre Lieutenant Commander Richard Harris an ihre Stelle getreten. Der Akte nach ebenfalls ein fähiger Offizier mit Kampferfahrung aus dem Dominionkrieg. Sehr unwahr-scheinlich, dass er die Nerven verloren hätte.“
„Das nicht, aber wie Sie sicher wissen, befand sich Mister Harris zu diesem Zeitpunkt in ei-nem Shuttle, um den Notruf abzusetzen“, entgegnete Dheran sachlich, obwohl es in seinem Inneren brodelte. „Das bedeutet, wenn Katic nicht in der Lage gewesen wäre, das Kommando zu führen, wäre diese Bürde womöglich an einem unerfahrenen Lieutenant JG oder Ensign hängen geblieben. Mein bester Freund war nach dem Sonneninferno auf der USS ALAMO in der Situation, dass er als Grünschnabel das Kommando übernehmen musste, weil alle Füh-rungsoffiziere tot waren …“
„Soviel ich weiß, hat Ihr Freund diese Aufgabe gemeistert“, konterte Belar.
„Ja, aber es war auch ein gutes Quäntchen Glück dabei“, schoss Dheran zurück. „Bei allem gebotenen Respekt, Admiral: Dort draußen muss man in der Lage sein, schnelle Entscheidun-gen zu treffen! Ich hielt es für geradezu fahrlässig, dass sich niemand vor Ort von Katic‘s Zustand überzeugt hat – und wenn mich das auf eine Stufe mit Captain James Tiberius Kirk stellt, dann sehe ich es als großes Kompliment! Dieser Mann wusste, wie man in kritischen Situationen handeln muss, und wann es gilt, die Vorschriften zur Unterwelt zu jagen!“
Tar´Kyren Dheran musterte in das unnachgiebige Gesicht des Admirals, während sein Ad-renalinspiegel langsam wieder sank, und fügte hinzu: „Wenn Sie mir für mein Verhalten die Antennen abreißen wollen - bitte sehr. Ich gebe auch gern zu, dass meine Anwesenheit auf der Brücke der ESTRELLA unnötig war. Aber das heißt noch lange nicht, dass es falsch war, an Bord zu beamen. Katic war der Bürde gewachsen, darüber freue ich mich – allerdings hätte die Lage auch anders aussehen können. In Krisensituationen sollte man nicht mit dem Wahrscheinlichen rechnen, sondern mit dem Möglichen.“
Belar ließ sich die Argumente des Captains durch den Kopf gehen. Er musste widerwillig zugeben, dass der Andorianer in vielen Punkten Recht hatte – doch am meisten ärgerte ihn sein eigener Lapsus bezüglich der Anwesenheit von Harris im Shuttle. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, als er erwiderte: „Captain, verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe nichts dagegen, wenn ein Kommandant Eigeninitiative zeigt. Im Gegenteil, das finde ich gut und ich sehe sogar ein, dass es notwendig war, an Bord der ESTRELLA nach dem Rechten zu sehen. Aber das hätten Sie mit mir absprechen müssen, verdammt noch mal! Ich hätte überhaupt nichts dagegen gesagt, wenn Sie auf die ICICLE zurückgebeamt wären, sobald Sie feststellten, dass die Crew der ESTRELLA alles im Griff hat. Aber Sie hätten ganz gewissen nicht das GO bekommen, dort im Weg herum zu stehen und die Autorität von Commander Katic zu untergraben!“
Dheran funkelte den Admiral aus seinen blauvioletten Augen zornig an. „Zu Ihrer Information: Ich BIN sofort zurück gebeamt, als mir klar wurde, dass die Crew der ESTRELLA alles im Griff hat. Um zu so einem Urteil zu kommen, braucht es nun einmal länger als zwei Minuten! Außerdem war es niemals meine Absicht, die Autorität der XO zu untergraben, Sir!“
„Ich hätte es an Katics Stelle so empfunden“, erklärte der Admiral freimütig. „Um es noch einmal zu betonen: Ich brauche Captains, die Eigeninitiative zeigen – aber ich brauche auch Captains die sich an Vorschriften halten können und wissen, wann sie zurückstehen müssen! Ehrlich gesagt, hatte ich nach dieser Aktion kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt, Sie auf die ESTRELLA abzuschieben, dort fehlt bekanntlich ein Captain.“ Mit einem Anflug von Scha-denfreude beobachtete der Fleetadmiral, wie sich die Antennen des Andorianers abrupt nach innen krümmten. Doch er verkniff sich ein Schmunzeln. „Allerdings brauche ich Sie in der Taskforce. Sehen Sie es als Schuss vor den Bug.“
„Verstanden, Sir“, brachte der Andorianer heraus und seine Antennen reckten sich nach vorn. „Wenn Sie mir eine Frage erlauben: Was ist ein Zampano?“
Nun schmunzelte Belar tatsächlich. „Das ist ein Spruch von der Erde. Woher er kommt, weiß ich nicht. Mit dem Großen Zampano ist ein Kerl gemeint, der sich gern in Szene setzt und meint, alle Fäden in der Hand haben zu müssen.“
Wieder krümmten sich die Antennen des Captains. Unter der – zu seinem Nachteil - glä-sernen Tischplatte ballten sich seine Hände zu Fäusten.
Belar kam zu dem Schluss, dass alles gesagt worden war. „Wegtreten“, verabschiedete er den Andorianer.
Somit war Dheran frei, irgendwo hin zu verschwinden, wo er seinen Frust abbauen konnte.
UNITY ONE – Gästequartiere:
Mit peitschendem Schwanz und geballten Fäusten marschierte Lieutenant M’Rass in ihrem Gästequartier auf und ab. Sie hatte alles versucht, um sich zu entspannen, aber nichts half.
Vor einer dreiviertel Stunde hatte die DEFENDER auf UNITY ONE angedockt – und noch vor dem Abschluss der Andockprozedur erhielten alle Besatzungsmitglieder die Code-Karten für ihre Quartiere. Man konnte über diese Station sagen, was man wollte – aber der Quar-tiermeister arbeitete äußerst effizient. Organisationstalent war etwas, dass M‘Rass zutiefst be-wunderte – vor allem, da sie selbst nicht allzu viel davon besaß.
Ihre Freunde bummelten jetzt über das Promenadendeck oder belagerten das „Pioneer’s Inn“, aber die Caitianerin hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als in ihrem Quartier zu ver-schwinden, sich sämtlich Kleider vom Leib zu reißen und unter der Schalldusche zu kugeln. Normalerweise wirkte das beruhigend auf sie. Genau wie klingonische Kampfsportübungen.
Diesmal nicht. Sie musste nachdenken. Und das war gar nicht beruhigend, denn je länger sie nachdachte, desto mehr ärgerte sie sich: über Captain Lairis, über die Sternenflotte, ihre eigene Naivität … verdammt, sie konnte es nicht einmal genau benennen!
Vielleicht hatte die Schiffscounselor der DEFENDER Recht und die gescheiterte Beziehung zu Marc war nur eine Ausrede, ein willkommener Vorwand, um das Schiff zu verlassen. Sie liebte ihre Arbeit auf der DEFENDER, ihre Kollegen, ihr Labor, den schwarzen Schlafsessel … aber ihre Schwanzspitze kribbelte und sagte ihr, dass es längst Zeit für eine Veränderung war. Ihr Leben stagnierte seit Jahren und eine solche Existenz war wie ein altes Kratzbrett: vertraut, geliebt, angenehm – aber irgendwann abgenutzt und unattraktiv. Sie war schließlich zur Sternenflotte gegangen, um das Unbekannte zu erforschen. „To boldy where no Man has gone before …“ Nichtsdestotrotz wurde ihr das Herz schwer bei dem Gedanken, die DEFENDER verlassen zu müssen.
Musste sie aber gar nicht, denn Captain Lairis hatte ihren Versetzungsantrag abgelehnt.
Aufgewühlt von diesem Gedanken, ließ sich M’Rass in einen Sessel fallen, ihre Krallen bohr-ten sich tief in die Armlehnen.
Sie war froh, dass sie jetzt kein klärendes Gespräch mit Marc führen musste, denn der In-genieur hatte mit den Reparaturarbeiten auf der DEFENDER alle Hände voll zu tun. M’Rass war weder feige noch konfliktscheu, aber sie hasste es, sich zu entschuldigen. Marc erwartete es wohl von ihr, doch sie fragte sich, was das bringen sollte. Damit machte sie weder ihren Fehler ungeschehen, noch linderte sie damit seinen oder ihren Schmerz. Besser, sie ver-schwand aus seinen Augen.
Ihre Krallen fuhren in zornigem Rhythmus ein und aus. Sie schloss die Augen, dass glatte synthetische Leder schmeichelte ihren Fingern … und ihren Ohren, als es zerriss … ja, das tat richtig gut! Die Krallen in etwas schlagen, fetzen, reißen … Reißen!
M’Rass schreckte hoch und erstarrte für einen Moment, als sie sah, was sie angerichtet hatte: Aus den Lehnen des cremefarbenen Designersessels quoll die Schaumstoffpolsterung, der Stoff hing in Fetzen, der Teppich war mit Wattekrümeln übersät.
Na toll, jetzt musste sie sich wirklich entschuldigen – und zwar beim Quartiermeister von UNITY ONE. Nach einem Stoßseufzer wählte sie den Code für den Zimmerservice. Vielleicht wurde sie ja nicht gleich wegen Zerstörung von Föderationseigentum verklagt und die Lo-gistiktruppe war ebenso effizient darin, ihr einen Kratzbaum zu besorgen.
Die Sache war ihr zutiefst peinlich und um sich abzulenken, loggte sie sich ins Datennetz ein. Vielleicht fand sie ja einen interessanten neuen Artikel über Subraumharmonik oder Temporalmechanik … ein Spiel, mit dem sie sich die Zeit vertreiben konnte, wäre ihr genauso recht gewesen. Stattdessen sprangen ihr die Starfleet-News ins Gesicht: U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA. Der Notruf, den Commander Prescott per Memo an die Besatzung weitergeleitet hatte, kam ihr wieder in den Sinn. Sie überflog den Text der Meldung: Noch immer kein Hinweis auf die Ursache der Katastrophe … Captain ums Leben gekommen … der Erste Offizier, Commander Lejla Katic … Schiff mittlerweile im Reparaturdock von Spacekomplex UNITY ONE … die genaue Verlustliste … Der Wissenschaftsoffizier war tot, ebenso einige wichtige Mitglieder seines Teams.
M’Rass‘ Nacken kribbelte. Selbstverständlich war der Tod von Menschen kein Grund zur Freude, doch was die Caitianerin verspürte, war eher ein Sog: Die Unruhe vor einer wichtigen Mission, das Gefühl, nicht länger warten zu können, die unerträgliche Spannung, bis man endlich loslegen konnte …
Eben das hatte ihr auf der DEFENDER in letzter Zeit gefehlt: Gebraucht zu werden. Seit die letzte Testphase für den Interphasen-Schild abgeschlossen war, betrieb M’Rass ihre Forschungen eher zum eigenen Vergnügen als zum Wohl der Sternenflotte. Am Anfang hatte ihr das gefallen, doch mit der Zeit …
Wie ferngesteuert streifte M’Rass ihre achtlos zu Boden geworfene Uniform über, griff nach dem Kommunikator und kontaktierte Captain Lairis. Dass sie wenige Minuten zuvor den Quartiermeister gerufen hatte, kam ihr erst wieder in den Sinn, als der Türmelder summte.
„Herein“, rief M’Rass und eine hübsche rothaarige Frau betrat den Raum.
„Ich bin Lieutenant Alicia DeWitt, verantwortlicher Logistikoffizier und Quartiermeisterin von UNITY ONE. Was kann ich für Sie tun, Lieutennant?“
„Ich bin Lieutenant M’Rass von der USS DEFENDER und … Kzzzzz …“ Sie deutet verschämt auf den ruinierten Sessel hinter sich.
Alicia DeWitt schmunzelte. „Verzeihung. Wir wussten, dass an Bord der Defender eine Cai-tianerin ist. Leider hatten wir keine Zeit für die Beschaffung artgerechter Möbel.“
M’Rass ließ erleichtert den Schwanz sinken. „Ich bin sehr dankbar, dass Sie mir die Zerstö-rung des Sessels nicht allzu übel nehmen!“
Die Quartiermeisterin winkte ab. „Er fließt in das große materielle Kontinuum zurück, um in neuer Form wiederzukehren. Vielleicht als Kratzbaum.“
„Das Große Materielle Kontinuum?“, hakte M’Rass nach.
„Es sorgt für das Gleichgewicht im Universum.“ Alicia lächelte. „Ich halte es zwar nicht so mit Glaubenssätzen der Ferengi – aber da ist was dran.“
„Vielen Dank, Lieutenant, ich weiß das wirklich sehr zu schätzen“, erklärte die Caitianerin aufrichtig.
Diese Frau versteht wirklich ihr Handwerk, dachte sie im Stillen.
In diesem Augenblick trat Captain Lairis durch die Tür.
DeWitt salutierte und die Bajoranerin blickte sie fragend an.
„Ihr Lieutenant braucht einen Kratzbaum“, erklärte die Quartiermeisterin und lächelte leicht. „Haben Sie zufällig einen an Bord, Captain?“
„Sicher. Bei uns nennt sich das Schiffcounselor“, scherzte Lairis.
Alicia konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.
„Mein Kratzbaum ist leider beim letzten Angriff der Gorn verbrannt“, seufzte M’Rass. „Ja, ich brauche etwas, um meine Krallen daran zu wetzen – und zwar wortwörtlich.“
„Ich dachte, Sie hätten sich mittlerweile eingekriegt“, kommentierte Lairis, nachdem De Witt sich verabschiedet hatte.
„Ich stehe vor schwierigen Entscheidungen“, erwiderte die Caitianerin ruhig. „Ja, Sie haben meinen Versetzungsantrag abgelehnt, Captain, und ich war bereit, Ihre Entscheidung zu ak-zeptieren …“
„Ich würde sagen, Ihnen bleibt nichts anderes übrig“, unterbrach Lairis sie trocken.
„Angesichts der Situation auf der ESTRELLA bitte ich Sie ernsthaft, diese Entscheidung zu überdenken und meinen Versetzungsantrag Admiral Belar vorzulegen“, entgegnete die Cai-tianerin mit fester Stimme.
Zur gleichen Zeit schlenderte Navina Levinoi den Korridor entlang, auf dem Weg zu ihrem eigenen Quartier. Eine seltsame Gefühlwallung ließ sie plötzlich zusammenzucken. Die Emotionen waren fremd, irritierend – und stark genug, ihre Abschirmung zu durchbrechen: Eine eigenartige Mischung aus Rastlosigkeit, Zorn, Frust und Ekstase.
Navina war sich nicht sicher, ob das andere Wesen ihre Hilfe brauchte – doch die Neugier trieb sie an und so stand sie nach einer Minute vor der Tür von Gästequartier 15. Hier befand sich eindeutig die Quelle der Gefühlswallung, die langsam wieder verebbte.
Plötzlich öffnete sich die Tür und Navina stand einer rothaarigen jungen Frau im Rang eines Lieutenant Junior Grade gegenüber.
„Hach, hier geht es ja zu wie im Taubenschlag“, meinte die Rothaarige lachend und musterte ihr Gegenüber flüchtig. „Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?“
„Nein, danke“, brachte Navina heraus.
Diese Frau war nicht die Quelle der heftigen Emotionen. Der weibliche bajoranische Captain, der mit skeptischer Miene neben sie trat, ebenfalls nicht.
Navina nahm augenblicklich Haltung an. Es gab in der Sternenflotte nur eine Bajoranerin dieser Rangstufe: Lairis Ilana, Kommandantin der USS DEFENDER.
„Entschuldigung, Captain!“
Die Bajoranerin hob die Augenbrauen. „Haben Sie sich im Quartier geirrt, Lieutenant?“
Navina hätte die Frage am liebsten bejaht, um dann schnell zu verschwinden und in der einsamen Dunkelheit des Korridors knallrot zu werden. Doch leider war sie von ihrer Betazoid-Mutter zu gnadenloser Ehrlichkeit erzogen worden. In einer Gesellschaft von Telepathen gab es keine Lügen, keine Ausflüchte und keine Geheimnisse.
Also holte sie tief Luft und antwortete: „Nun ja, ich habe zufällig starke Gefühle empfangen … negative Gefühle, um genau zu sein. Ich dachte, ich schaue mal nach, vielleicht muss ich etwas tun … Ich bin Halb-Betazoidin, wissen Sie … und Counselor … Navina Levinoi von der USS ODYSSEE. Normalerweise schirme ich mich gegen die Gedanken und Gefühle anderer Wesen ab – aber wenn ich so intensive Emotionen empfangen, verspüre ich den Reflex, die Ursachen zu ergründen und zu helfen.“
Die Bajoranerin lächelte amüsiert. „Das ist wirklich ehrenwert, Sie Nachwuchs-Troi – aber ich denke, die Sache kriegen wir allein geregelt“, sagte sie und drehte sich zu einem großen schwarzen Katzenwesen um, das eben hinter ihr auftauchte und Navina einen finsteren Blick zuwarf. „Oder, M’Rass?“
M'Rass sträubte ihre Schnurrhaare. Wie kam diese Frau auf die Idee, ihr aus heiterem Himmel Hilfe anzubieten? Und was machte sie überhaupt hier? Alicia DeWitt hatte völlig recht, in ihrem Quartier ging es gerade zu wie im Taubenschlag. Nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hätte – Tauben waren ziemlich lecker.
„Ganz Ihrer Meinung, Captain“, antwortete sie auf die rhetorische Frage ihrer Vorgesetzten.
„Na, also. Wenn jemand Hilfe braucht, Lieutenant, dann ist es dieser bedauernswerte Ses-sel“, beruhigte Lairis die junge Betazoidin.
„Wie Sie meinen, Captain. Trotz allem haben solche Aktionen immer tiefer liegende Ursache. Ich kenne die Hintergründe nicht – aber offensichtlich befinden Sie sich beide in einem Dilemma und müssen noch das eine oder andere klärende Gespräch führen“, entgegnete Le-vinoi, deren Selbstbewusstsein langsam zurückkehrte.
Als sie den Gedanken der Caitianerin auffing, fügte sie mit einem Schmunzeln hinzu: „Stimmt, gegrillte Taubenbrust ist wirklich lecker.“ Dann wandte sie sich zum Gehen.
Plötzlich fuhren stechenden Schmerzen durch ihren Schädel und Navina griff sich stöhnend an die Schläfe. Wenn sie ohne Zustimmung die Gedanken anderer durchforstete, waren Kopf-schmerzen die übliche Folge.
„Alles in Ordnung?“, fragte M'Rass, als sie bemerkte, wie Navina das Gesicht verzog.
„Ja, ja, geht schon wieder“, murmelte diese.
„Ihr Engagement in allen Ehren – aber wenn Sie jemanden suchen, der wirklich Hilfe braucht, dann kümmern Sie sich um die Crew der ESTRELLA. Ich gebe zu, mein Leben ist im Moment nicht ganz einfach, aber das mache ich mit mir selbst ab.“
„Mit sich selbst und Ihrem Kratzbaum“, fügte Lairis mit einem Anflug von Sarkasmus hinzu. „Lieutenant ...“ Sie brauchte eine Sekunde, bis ihr der Name wieder einfiel. „Levinoi, mein Wissenschaftsoffizier und ich führen gerade ein wichtiges dienstliches Gespräch – mit eben dem Ziel, unser Dilemma aufzulösen. Falls Ihre besonderen Fähigkeiten nicht auch Hellsehen einschließen, würde ich an Ihrer Stelle darauf vertrauen, dass wir die Angelegenheit wie zwei vernünftige, erwachsene Frauen regeln. Lieutenant M'Rass hat vollkommen Recht: hier gibt es Personen, die ihre Hilfe wesentlich dringender benötigen, als wir.“
„Das ist genau meine Absicht, Captain. Mein Versetzungsantrag auf die ESTRELLA leigt dem Fleetadmiral vor.“
„Na dann, viel Erfolg“, verabschiedete Lairis die Betazoidin und war froh, als sie ging.
Dann tauschte sie einen abschätzigen Blick mit M’Rass. „Sind Sie immer noch sicher, dass Sie auf die ESTRELLA versetzt werden wollen?“, fragte die Bajoranerin süffisant. „Jedesmal, wenn Sie Ihr Kratzbrett bearbeiten, werden sie sich besorgte Fragen nach Ihrem Seelenzu-stand anhören müssen.“
„Wir Caitianer schütten Endorphine aus, wenn wir unsere Krallen an etwas wetzen. Natürlich reagieren wir damit auch Ärger und Aggressionen ab. Konventionelle Möbel können dabei schnell in Mitleidenschaft gezogen werden, aber das darf man nicht mit echter Zerstörungswut verwechseln“, erklärte M'Rass. Ihre Ohren stellten sich senkrecht auf, als sie fortfuhr: „Diese Navina Levinoi scheint meine Spezies nicht sonderlich gut zu kennen. Das wird sicher spaßig, wenn sie mich therapieren will. Falls ihr Versetzungsantrag genehmigt wird.“
„Und Ihrer“, wandte Lairis ein.
„Dann ziehen Sie also in Betracht, mit dem Admiral zu sprechen?“, fragte M'Rass hoff-nungsvoll.
„Ja, ich rede mit ihm.“ Lairis seufzte. „Ich verliere Sie wirklich sehr ungern, M'Rass, aber ich habe auch eine Verpflichtung der Sternenflotte gegenüber. Allein wegen Ihren Beziehungs-kisten hätte ich die Versetzung nicht genehmigt – aber der Unfall der ESTRELLA rückt die Sache in ein anderes Licht. Ich sehe ein, dass dort ein Wissenschaftsoffizier mit Ihren Fähig-keiten wesentlich dringender benötigt wird, als auf meinem Schiff.“
„Danke, Captain!“ M'Rass' grün-goldene Augen leuchteten freudig auf.
„Freuen Sie sich nicht zu früh“, gab Lairis zu bedenken. „Zuerst muss Ihre Entlassung aus der Taskforce in die Wege geleitet werden, dann Ihre Wiedereingliederung in die normale Sternenflotte, schließlich muss das SFC die Akten sämtlicher Bewerber für diesen Posten prüfen, das letzte Wort hat der amtierende Captain der ESTRELLA. Der bürokratische Rat-tenschwanz, der daran hängt, kann sich über Wochen hinziehen – und Sie müssen sich auf das Worst Case Szenario einstellen, dass Ihre Versetzung vielleicht nicht durchgeht.“
„Arrgh ... das hatte ich befürchtet.“ M'Rass wusste genau, weshalb sie mit Bürokratie auf Kriegsfuß stand.
„Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es tatsächlich nicht klappen sollte, gibt es immer einen Platz auf der Defender für Sie.“ Der Captain lächelte. „Ich verstehe sowieso nicht, weshalb man freiwillig auf eine EXCELSIOR wechseln möchte, wenn man auf einem Pracht-stück wie der DEFENDER Dienst tun und mit einer Interphasen-Tarnvorrichtung spielen kann.“
„Das klingt, als wären Sie kein großer Fan der Excelsior-Klasse“, hakte M'Rass nach.
„Ich hab mal eine kommandiert.“
„Und?“
„Ich habe Sie zu Bruch geflogen.“
„WAS?“
„Es war für einen guten Zweck“, räumte Lairis schmunzelnd ein.
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TBC