"Ja, Sir.", murmelte Jasmine überflüssigerweise, denn der Captain war bereits im Turbolift verschwunden. Sie hatte nicht einmal eine Bestätigung ihres Befehls abgewartet. Jasmine sah ihr blass nach.
Eine taktische Darstellung bekommen, dachte sie entmutigt. Natürlich. Warum auch nicht? Es war ja nicht so, als wären bereits der Wissenschaftsoffizier, der stellvertretende Wissenschaftsoffizier und der Ops-Offizier an der Aufgabe gescheitert, die atmosphärischen Störungen mit den Sensoren zu durchdringen. Da lag es natürlich nahe, dass ausgerechnet sie, die einem ganz anderen Fachgebiet angehörte, diese unmögliche Aufgabe bewältigen würde.
Dein Sarkasmus wird dir jetzt auch nicht weiterhelfen, schalte sie sich selbst. Jasmine beschloss, sich die Sache wenigstens einmal genauer anzusehen. Die meisten hatten auch gedacht, die Durchquerung des Glühofens sei inzwischen unmöglich und Jasmine hatte den Gegenbeweis erbracht. Sie wandte sich wieder ihrer Konsole zu und rief sich alle nötigen Daten auf den Schirm. Zunächst besah sie alles, was M'Rass und Okana bereits unternommen hatten. Nachdem sie im Bilde war, versuchte sie es mit der gleichen Methode erneut - einfach der Gründlichkeit halber.
Sie nutzte die Kurzstreckensensoren für eine Reihe von Beta-Scans unterschiedlicher Stärke, und unter Zuhilfenahme der Azimut- Elevationszielpunkt- und Koordinatenbestimmung, aber auch bei ihr blieb das Ergebnis gleich: Die Sensoren wurden von natürlichen, elektromagnetischen Störungen in der Atmosphäre abgelengt. Zwar erhielt sie ein grobes Bild der Umgebung, aber genaue - und vor allem; zuverlässige - Daten waren unter diesen Voraussetzungen unmöglich zu erhalten. Also griff sie zu den komplexeren Hilfsmitteln und probierte es nacheinander mit EM-Scannung, einem virtuellen Neutrino-Spektrometer und schließlich auch mit den Kurzstrecken-Quarkresonanz-Sensoren.
Nichts.
Keine Veränderung.
Die Daten blieben ungenau.
Jasmine schnaubte und lehnte sich mit zerfurchter Stirn in ihrem Stuhl zurück, aber auch aus dieser Perspektive verrieten ihr die Monitoranzeigen nichts besseres als zuvor. Mit herkömmlichen Mitteln kam sie nicht weiter und sie war keine Expertin für Sensortechnik. Aber sie war Archäologin, also versuchte sie das Problem von der Warte der Archäologie aus zu betrachten. Du hast da etwas, das du haben willst, aber es steckt tief im Boden. Was machst du? Graben. Die Erde beiseite räumen. Aber wie? Gab es vielleicht einen Weg eine Art atmosphärisches Loch zu schaffen? Einen Störungsfreien Bereich, den die Sensoren durchdringen konnten? Vielleicht, aber sie hatte keine Ahnung wie. Mit Kraftfeldern möglicherweise, oder einer ausgedehnten Warpblase.
Nein, dachte sie. Du denkst zu kompliziert.
Du willst das Ding doch gar nicht ausgraben. Du willst nur ein genaues Bild von ihm erhalten. Das macht man natürlich mit einem Scanner, und schon bist du wieder am Anfang des Problems.
Aber vor zwei-dreihundert Jahren hatte man keine Scanner gehabt. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Die irdische Archäologie war nicht immer ein so begünstigter Bereich gewesen wie heute, früher hatte man die Ausgrabungen noch Finanzieren müssen; da hatte es keinen Raum für Fehler gegeben. Man hatte also schon bevor man den ersten Spatenstich setzte, ein ziemlich gutes Bild des Endergebnis haben müssen. Und sie wusste auch, wie die Leute das früher gemacht hatten - mit Ultraschall. Sie hatten einen Radarstrahl in den Boden geschossen, und wenn etwas da war, dass es sich auszugraben lohnte, dann hatten diese Objekte das Radarbild reflektiert.
Dasselbe Prinzip wandte man noch immer an, allerdings wesentlich komplexer, mit starken Energiefeldern. Aber die wurden zerstreut.
Du brauchst also etwas anderes
Sie lehnte sich wieder vor und ihre Finger begannen geschickt über die Tasten zu huschen, kleinen eifrigen Spinnen gleich, und immer schneller. Sie richtete die untere Sensorkuppel so aus, dass sie ein kontinuierliche, harmonische Dissonanzfelder aussandte - die würden von den Störunge nicht betroffen sein. Das war leicht. Aber das alleine brachte noch nicht viel.
Wesentlicher komplizierter war der nächste Schritt. Sie verschaffte sich Zugriff auf die lateralen Sensoren und schloss einige der missionsspezifischen Sensorpaletten zusammen - Palette 1, mit dem Weitwinkel EM-Strahlenquellen-Scanner, Palette 4 mit den aktiven magnetischen Interferometrie-Scannern und den parametrischen Drucksensoren und Palette 6 mit der virtuellen Partikelerfassungskamera und schrieb anschließend ein Programm, mit dem die Paletten nach dem ausgesandten Dissonanzfeldern suchten. Zunächst tat sich nicht viel, also erhöhte Jasmine die Stärke der Dissonanzfelder, schickte ein regelrechtes Bombardement an Dissonanzen auf die Anlage runter. Das zeigte Wirkung. Die Sensoren zeichneten nach kurzer Zeit erfolgreich auf, wie die Dissonanzfelder von Objekten auf der Oberfläche reflektiert wurden.
Alles, was sie jetzt noch tun musste, war, die rohen Daten in eine optische Darstellung umzuwandeln. Nach einigen Minuten erschien vor ihr ein drehbares Gittermodell der planetaren Anlage, und nach und nach rechnete der Computer die verschiedenen Etagen hinzu - je tiefer es ging, desto ungenauer das Bild, aber immerhin. Sie sah, wie sich vor ihr Korridore aufbauten, Räume... ganze Hallen. Mehr als Schematas der Räume würde bei dieser Methode nicht bei rumkommen... Lebensformen konnten mit dieser Methodik nicht identifiziert werden, und kleinere Gegenstände oder technische Einrichtungen erst recht nicht.
Aber darum hatte man sie auch nicht gebeten.
Außerdem, so dachte Jasmine, wirst du auch so schon genug Probleme haben, zu erklären, wie du das hier eigentlich hinbekommen hast. Während der Computer weiterrechnete, sah sie sich kurz auf der Brücke um. Noch war alles ruhig, die Kommandooffiziere abwesend. Ihr Blick glitt nacheinander zur Hauptwissenschaftstation und dann zur Konsole des Ops-Offiziers. Irgendwie hatte sie Angst vor der Reaktion ihrer Vorgesetzten auf ihren kleinen Trick. Das... würde sie definitiv in den Fokus rücken, mit den positivne, wie den negativen Seiten. Jasmine seufzte. So hatte sie sich ihren ersten Tag auf der Brücke auch nicht vorgestellt.