
Jesse dem es endlich gelungen war Socken und Schuhe anzuziehen, stellte ein Glas vor Kadic ab und betrachtete die kleine Kiste, auf die seine Vorgesetzte wies, mit wachsender Neugier.
"Kennen Sie die Quelle? Ich meine wissen Sie ob sie von der Sternenflotte sind?", fragte der Archäologe und nahm die Kiste entgegenen. Sie enthielt einige quietsch-bunte Datanträger, die, soweit es Jesse ersehen konnte, alle in einem sehr guten Zustand waren.
"Sie sind opffenbar sehr gut verschlossen gewesen. Sie zeigen keinerlei mechanische Beschädigungen noch Staubablagerungen", bemerkte er mehr zu sich selbst, als zu seinem Captain.
Die Kommandantin nickte, „Ja, trotz des Alters.“
Sie rutschte auf dem Sofa ein klein wenig nach hinten und überschlug die langen Beine, beugte sich dann leicht vor.
„Sie stammen von der Explorer, NCC-1571. Das Schiff ist 2283 ausgemustert worden. Die Datenchips sind jedoch aus den 50 und 60ern, wie unschwer zu erkennen ist.“
Sie schmunzelte leicht. Das Design der Datenchips war schon ein wenig seltsam, aber in dieser Zeit war das allgemeine Design sowieso anders. Eine andere Epoche nun mal.
„Ich habe damals meine Abschlussarbeit über die Explorer geschrieben. Die Jahre 64 und 65 waren dabei die bedeutungsvollsten. Sollten die Datenchips aus dieser Zeit stammen, sind sicherlich ein paar Interessante Dinge drauf zu finden, um mehr über ihre Mission heraus zu finden.“
Jesse zog grüblerisch die Augenbrauen zusammen. Ihm war das Schiff nicht bekannt. Offenbar gehörte das Schiff nicht zu der Riege an, die mit ihren Missionen so auffällig waren, dass sie dem gewöhnlichen Publikum nicht augenfällig wurden. Das Schicksal, welches viele Schiffe der Flotte mit ihr teilten, wenn man nicht gerade Enterprise oder Voyager hieß.
"Denken Sie da an eine spezielle Mission, Ma'am? In den 2250ern und 60ern gab es eine Menge Dinge, die sich nachhaltig auf die Föderation auswirkten."
Lejla nickte.
„Eher mehrere, es fing mit einer zufälligen Begegnung an und hörte mit einem großen Knall auf, die Entdeckung eines Ausgestorbenen Volkes, genannt Ateivis. Es gibt da viele Vermutungen warum sie ausgestorben sind, vielleicht gibt es hier Hilfe zur Antwort. Ich habe über die 32 Jahre Dienstzeit der Explorer meine Abschlussarbeit geschrieben, daher das große Interesse, Lt.“
"Ateivis?! … Mhmmm. Der Namen kommt mir allerdings bekannt vor", sagte Jesse, stand auf und zog ein kleines gebundenes Buch aus einer Schublade seines Schreibtisches. Er öffnete es und schlug es raschblätternd auf. Als er die Stelle fand, die er offenbar suchte, glätten sich seine Stirnfalten etwas.
"Vor drei Jahren war ich auf einem Symposium. Es drehte sich um eine Reihe von Podiumsdiskussionen für Fachleute. Es ging um die Frage die Behandlung und den Schutz archäologischer Fundstädten in der Föderation. Die lokalen Regierungen melden immer mehr Ansprüche bei der Föderation an. Wenn es darum geht, wie die Ausgrabungsgebiete und Artefakte die sich auf ihrem Hoheitsgebiet befinden wirtschaftlich auszubeuten. Ich erinnere mich noch daran, dass Jemand Fundstätten der Ateivis im Itari-System ansprach, worauf er bei vielen der Anwesenden Verwirrung auslöste. Es war ein Zivilist aus dem Omega Sektor, der beschwor, dass die Fundstädte, die heute auf dem Gebiet des klingonischen Reiches liegt, vom klingonischen Militär ausgebeutet werden. Er bestand darauf, dass die Föderation einen Unterhändler zum klingonischen Hohen Rat schickt, um dem ein Ende zu bereiten. Als er seine Auffassung etwas zu militant vertrat warfen ihn die Sicherheitskräfte raus."
Jesse schüttelte den Kopf: "Ich hatte schon eine Reihe komischer Typen gesehen, aber der war die Krönung."
Der Wissenschaftler ging zu seinem kleinen Replikator und bestellte sich eine Tasse Kaffee.
"Mehr durch Zufall hatte ich das im Anschluss mit einigen Kollegen über das vorgefallene diskutiert. Aber ihnen war der Name Ateivis auch nicht geläufig. Also habe ich recherchiert. Es gibt einige Publikationen über eine Reihe von archäologischen Ausgrabungen bezüglich der Ateivis auf Planeten die heute auf klingonischen Gebiet liegen. Itari 3 zählt zu ihnen. Ich erinnere mich auch dunkel an einige Abhandlungen von Professor Sumatron vom Exobiologischen Institut auf Berinagria und Dr. T'Plok von der exoarchäologischen Fachgruppe der Sternenflotte, die den Namen dieser Spezies in Verbindung bringen. Die stammen aber alle aus dem Zeitraum von 2334 bis heute. Eine Verbindung zur Sternenflotte scheint es bei der Untersuchung der Ateivis nicht zu geben. Aber ich gebe zu ich habe mich jetzt nicht sehr intensiv damit beschäftigt. Es war mehr nur eine berufliche Neugierde. Aber es ist schon seltsam, dass es keine Veröffentlichungen des wissenschaftlichen Zirkels gibt, die davor datiert ist."
Kadics Reaktionen schienen darauf hinzudeuten, dass diese Informationen für sie nichts neues waren. Er deutete auf die kleine Kiste: "Und sie meinen, diese Datenträger enthalten Missionsberichte, die das Gegenteil davon sagen werden. Wurden die Einsatzberichte der Explorer damals Klassifiziert, sodass sie damals nicht zugänglich waren oder es noch sind?"
"Alle Berichte über die Ateivis wurden als geheim eingestuft. Die gesamten Forschungsdaten, sowie Logbücher wurden vom Schiff gebracht. Es rollten sogar ein paar Köpfe, als das ganze beendet war und die Explorer wurde von der einen Grenze an die andere versetzt."
Sie deutete auf die Box.
"Doch wenn wir hier die Forschungsdaten haben, dann würde wir hier die Antwort bekommen die seit vielen Jahrezehnten aussteht."
"Das erklärt so einiges", bemerkte Jesse. Es waren die schlimmsten Aufträge, die man erhalten konnte. Nicht dass sie einem nur Ärger einbrachten. Nein man trug die ganze Verantwortung für die Ambitionen manches Vorgesetzten.
"Muss ich davon ausgehen, das diese Analyse als ebenso Geheim eingestuft wird?", fragte Jesse, der eigentlich die Antwort schon kannte.
Lejla zuckte die Schulter, „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Als ich damals die Abschlussarbeit darüber schrieb gab es zwar ein Menge Infos, aber nichts das wirklich ins Detail ging. Es gab da einfach nichts.“
Sie kratzte sich an der Stirn, „Kann natürlich ein Anzeichen dafür sein das es Geheim ist.“ und schmunzelte leicht, „Bleiben wir erstmal unter uns, besser ist das.“
Jesse nickte zustimmend, wirkte aber verstört: "Ma'am, was ist mit Lieutenant M'Rass. Sie ist schließlich der Chefwissenschaftsoffizier. Müsste sie nicht hiervon informiert werden?"
„Nein, das ist eher eine Private Angelegenheit“, sagte die Kommandantin und dabei hatte sie ja auch recht, es gab weder eine Mission noch einen Auftrag. Sie hatte nur diese Box bekommen und das war‘s. Ihre Neugierde war der Auftraggeber.
Jesse wirkte erleichtert. Nicht, dass er sich darüber freute eine geheime Mission wirkte wie Adrenalin auf ihn. Seit dem Krieg hatte er keine solche Aufgabe mehr gehabt und auch wenn er es nicht zugeben mochte, es fehlte ihm do irgendwie. Aber es hätte Schwierigkeiten bedeutet, alles an M'Rass vorbei tun zu müssen und das wiederum würde Ärger bedeuten, den er letztendlich ausbaden müsste.
"Verstehe. Ich werde mich der Sache annehmen, Captain. Sie hat mich Neugierig gemacht. Als privates Projekt, werde ich es allerdings immer erst nach Dienstschluss angehen können, was die Auswertung nicht gerade beschleunigt. Mal sehen, vielleicht kann ich ja auch einen der Kadetten, einspannen."
"Bisher läuft uns die Zeit nicht weg, Lt. Es reicht wenn sie in ihrer Freizeit sich damit auseinander setzten", nickte die Kommandantin.
„Ich lasse ihnen die Box hier, sollten sie die Datenchips geknackt haben, scheuen sie nicht mich zu rufen, egal welche Uhrzeit.“
Sie lächelte leicht und erhob sich, „Danke für die Hilfe.“
"Ich werde gut darauf aufpassen, Captain", erwiderte Jesse und tat es ihr gleich. Kadic verließ das Quartier und hinterließ einen nachdenklichen MacDougal zurück.
Auch wenn es ihn nun einiges an privater Zeit kostete, es war eine interessante Aufgabe und besser als die Zeit tot zuschlagen bis der nächste Dienst begann. Auch wenn die Estrella ihrer Besatzung in angemessenen Maße Annehmlichkeiten, wie Sporthalle, Holodeck oder Bar zur Verfügung stellte, so blieb sie doch einfach nur eine mit Luft gefüllte Dose im unendlichen Vakuum des Raums. Ein begrenztes Fleckchen Erde, das einen von Punkt A nach Punkt B brachte und dessen täglicher Ablauf komplett durchgeplant war. Auch wenn man den Männern und Frauen an Bord von Sternenflottenschiffen große Abenteuer verhieß, war die Realität dennoch von profaner und äußerst langweiliger Routine angefüllt, die meist den Betrieb des Schiffes betraf. Nichts von der Wild West Romantik eines Trecks zu den Sternen, wie ihn die Prospekte anpriesen.
Jesse setzte sich an seinen Schreibtisch. Hunger hatte er im Moment keinen und schlafen wollte er im Moment auch noch nicht, dafür war er zu aufgekratzt. Neugierig stellte er das Kästchen vor sich hin und begann seinen Inhalt zu untersuchen und zu katalogisieren
Deci und TrekMan Das Rätsel Teil II