<-- Shuttlewerft, Deck 20
Eine gute halbe Stunde verging, ohne das was erfuhr was geschah. Es war still auf dem Flugdeck. Hier und da vernahm man ein leises Surren und Piepen verschiedener Systeme, während das Gebläse der Klimaanlage alles in hinter einem leisen Rauschvorhang verbarg. Die Anspannung der Anwesenden war fast greifbar. Die Piloten unterhielten sich mit gedämpfter Stimme. Philipps Obertechniker lief ständig um die Runabouts, wie eine Löwin um ihre Jungen. Sanchez und ein Helfer saßen auf dem Kotflügel, eines kleines Antigravitationsschlitten, der üblicherweise für den Lastentransport verwendet wurde. Philipp wartete angelehnt die Bordwand eine WorkBy und hörte aufmerksam den Stimmen im Interkom zu. Er hatte schon oft solche Situationen durchlebt und war nicht weniger oft unverrichteter Dinge, wieder an die Routinearbeit zurückgekehrt. Sehr oft nahm er es mit stoischer Ruhe und Dankbarkeit auf, wenn es nicht zu einem Einsatz kam. Mehr als einmal war während des Krieges ein Einsatz der Rettungsshuttle notwendig gewesen und wenn sich nun wieder das Dominion oder einer seiner ehemaligen Verbündeten offen rührte, so konnte das nichts Gutes bedeuten.
Philipp blickte auf seine Uhr. Es war ein Erbstück. Eine Replik einer alten Digitaluhr. Offenbar hatte sich das Außenteam noch immer nicht gemeldet. Entweder sehr ungewöhnlich oder es gab nichts zu berichten, denn es war die Pflicht eines Außenteamleiters alles auffällige zu melden.
Fast überraschend für alle hörte man plötzlich die Stimme des Transporterchiefs, der meldete, dass das Außenteam an Bord gebeamt werden wollte.
Sanchez, die junge Anwärterin kam auf ihn zu: "Was ist jetzt, Sir?"
Philipp, der sich auf die Übertragung konzentrierte, blickte die Junge Frau überrascht an: "Sie kennen doch die Vorschriften, Crewman. Es gilt solange der Alarmzustand, bis er aufgehoben wird. Also wir warten. Der Captain weis mit Sicherheit die Lage einzuschätzen und wird das Richtige tun. Unser erster Offizier, scheint Probleme dort unten gehabt zu haben, sodass Vorsicht angeraten ist."
Der Werkmeister schmunzelte, als er die etwas enttäuscht wirkende Miene der jungen Frau wahr nahm.
"Seien sie froh, dass sie nicht während des Krieges solche Zeiten durchlebt haben. Es gab oft Einsätze von denen die Jungs nicht mehr zurückkahmen. Lieber schlagen wir hier die Zeit tot, als dass wir das Blut vom Deck wischen müssen", bemerkte Philipp und horchte wieder gespannt den Übertragungen des Interkoms. Wer weis schon was jetzt kommen würde.
11:15
Die Zeit verrann ohne das sich was tat. Noch immer blickte es über den Türen und auf allen Anzeigen verräterisch Gelb und Oestrow begann sich zu Fragen, was sich wohl draußen zusammenbraute. Inzwischen waren auch zu ihnen die Nachricht über den Tod eines Besatzungsmitglieds und der kritischen Lage eines zweiten, zu ihnen gedrungen. Solche Nachrichten verbreiteten sich unweigerlich rasch an Bord eines Schiffes. Philipp kannte die beiden Kameraden aus der Sicherheitsabteilung nicht. Aber wie man hörte waren beide kräftige Burschen, die von nur einem Wesen angegriffen wurden. Was das für ein Wesen war, da gab es nur Spekulationen. Man hörte nur ein Gerücht, aber nichts konkretes. Offenbar hatte man sich dazu entschlossen den Deckel noch draufzuhalten. Ein Zeichen für Philipp, des es offensichtlich ernst war.
Philipp, der entspannt an einem Container lehnte und wartete, das weitere Befehle kamen blickte hinüber zur Trinidad. Der Pilot, der die letzte halbe Stunde damit verbrachte unruhig in einem Kockpit auf und abzugehen, war aus gestiegen und inspizierte nun interessiert den Bug des Runabouts. Fähnrich Sanchez, die junge aus Philipps Team, hatte sich aufgerichtet und kniete sich neben den Mann hin, der damit begann eine der Wartungsklappen zu öffnen.
Jetzt richtete sich Philipp auf und bellte quer über das Landedeck: "Sanchez! Was zum Teufel treiben Sie da?"
"Sir", rief die Frau zurück, "Es gibt ein Problem mit dem Backbord Strömungssensor!"
"Verfluchter Mist! Nicht jetzt!", grollte Oestrow leise und rannte los. Dort angekommen wurde gerade der letzte Schaftbolzen entriegelt und die Klappe schwang auf.
Die Frau sah in die Öffnung und wirkte etwas ratlos. Der Pilot schob sie zur Seite um selbst an den Sensor heranzukommen.
Philipp kniete sich neben den jungen Mann und flüsterte ihm ins Ohr: "Fähnrich, wenn sie auch nur versuchen sollten, die Hand da rein zu stecken, werden sie in Zukunft ihre Suppe ausschließlich mit der linken Hand löffeln können!"
Empört blickte ihn der Mann an.
"Sehen Sie zu, dass sie in ihr Kockpit kommen. Noch ist das hier unsere Ausgabe!", fügte Philipp unwirsch hinzu.
Der Mann verschwand erzürnt und Philipp richtete seinen Unwillen nun gegen seine junge Mitarbeiterin. "Sie sind der zuständige Techniker, Crewman. Egal welcher Rang ihnen gegenüber steht. Solange man ihnen nicht die Verantwortung entzieht, haben nur Sie Hand in die Eingeweide des Schiffes zu legen. Ganz besonders, solange es noch hier auf unserem Hangardeck steht. Ist das klar?"
"Ja, Sir", erwiderte die Frau bestürzt. Sie schien niedergeschlagen
Philipp, der sich das Gesicht der Frau sah schmunzelte.
"Machen Sie sich nichts daraus, Sanchez. Ich war in ihrem Alter genauso, bis mir mein alter Lehrmeister einen Hydroschraubenschlüssel nachwarf. Ich habe heute immer noch eine kleine Narbe davon", sagte er und deutete dabei auf seinen Hinterkopf. "Er sagte immer. Du bist solange der Techniker des Shuttles, bis es abgehoben hat. Wenn Du das nicht begreifen willst, dann lasse ich dich solange Beulen ausbessern bis Dir Hämmer an den Fingern wachsen! Er war ein schrulliger, Bär von Bolianer mit Oberarmen, die so Dick waren wie meine Schenkel. Wo der hinlangte wuchs kein Gras."
Das schien die Augen der jungen Frau wieder zum Leuchten zu bringen: "Ich versuche es mir zu merken."
"Will ich auch schwer hoffen… ", grinste Philipp zurück, "…denn Narben stehen ihnen nicht."
Damit sah in die Öffnung und schob schließlich seine hinein. Bereits nach einem kurzen Augenblick zog er sie auch wieder zurück: "Na also. Nichts dramatisches, nur ein loser Kontakt."
"Danke, Sir."
"Nichts zu danken. Sehen Sie sich sicherheitshalber noch mal alle anderen an. Nicht das sich noch einer gelöst hat", erklärte er und schloss die Wartungsklappe wieder.
"Aye."
Philipp stand wieder auf und blickte zum Eingang des Hangars. Über der Tür zeigte noch immer ein Leuchtband die Farbe Gelb. Offenbar gab es mehr offene Fragen zu klären, als Oestrow befürchtete. Mal sehen was als nächstes geschah.
Deck 19, Shuttlerampe 2, 09.08.2381, 09.35 Uhr Die Diagnosesysteme der Trinidad lieferten zufriedenstellende Werte. Energiesysteme, Antriebe, Waffen, Lebenserhaltung, alles meldete nominale Werte, was zu Philipps Zufriedenheit führte. Seine Leute hatten das große Runabouts in wenige als zehn Minuten aufs Flugdeck der Shuttlerampe 2 gebracht. Sie waren sogar schneller als der Bereitschaftspilot, der ziemlich abgehetzt eintraf. Philipp, der mit ihm noch mal die Startvorbereitungen durchging, konnte sich eine kleine Stichelei in seine Richtung nicht verkneifen. Das verkniffene Gesicht des Bolianers, zeigte ihm, dass seine Worte Wirkung gezeigt hatten.
So eben begann man damit das zweite Runabout auf das Flugdeck zu schaffen, als Philipp dem Piloten aufmunternd auf die Schulter klopfte.
"Wir sind so weit, wenn der Captain ein Runabout benötigt sind wir bereit. Haben Sie den Lagebericht gelesen, Fähnrich?"
"Ja, Lieutenant. Planet der Klasse L. Möglicherweise befindet sich ein ehemaliger Außenposten auf dem Planeten, der möglicherweise von unbekannten Kräften bemannt ist. Ein Außenteam befindet sich auf dem Weg, um Genaueres zu erkunden."
"Sehr gut, achten sie auf die obere Atmosphäre. Bei klasse L Planeten kann es dort manchmal ruppig zugehen", bemerkte Philipp der sich an seine Tage als Flugausbilder erinnert fühlte. Der junge Bollianer auf dem Pilotensitz, schien kaum der Akademie entwachsen zu sein und musste wenn es hart auf hart kommt, möglicherweise das Einsatzteam unter Feuer vom Planeten retten.
"Wollen wir hoffen, dass es nur irgendeine verirrte Sandlaus ist, die hier auf unseren Scannern auftaucht und uns diese Abwechslung beschert. Sollte es trotzdem zum Einsatz kommen, erwarte ich von ihnen, dass sie ruhig bleiben. Bleiben sie gelassen. Egal was geschieht. Das kann ihnen und den Leuten die Haut retten. Panik kann zu falschen Reaktionen führen", erklärte der Werkmeister und schmunzelte, als er die Nervosität des jungen Mannes erkannte.
"Ja, Lieutenant."
"Und denken sie daran. Sie sind mir für dieses Baby verantwortlich. Ich will keinen Kratzer. Meine Rache ist schlimmer, als die des Dominion."
Beim letzten Satz hatte er dem Fähnrich auf die Schultergeklopft, ihn finster angesehen und ihn dann angegrinst. Der Bolianer wurde zuerst bleich, erkannte aber dann die beruhigende Freundlichkeit ins Oestrows Worten.
"Gut, lassen sie noch einige Simulationen laufen und machen sich warm für einen eventuellen Einsatz. Hoffen wir beide, dass keiner kommt. Ich sehe nach dem zweiten Shuttle."
"Aye, Sir", erwiderte der Fähnrich, dem er offensichtlich etwas die Anspannung genommen hatte.
Das zweite Runabout, die El Salvador, war startbereit fünf Minuten nachdem das Außenteam auf den Pleneten gebeamt wurde. Philipp blickte auf seine Uhr und schnallste mnit seine Zunge. Seine leute standen im halbkreis um ihn herum und warteten auf weitere Anweisungen. Auch der zweite Pilot hatte das Shuttle übernommen und wartete.
"Sehr gut Leute, wir haben zwei Runabouts in fünfundreißig Minuten abgefertigt. Das ist Record. Ich gebe heute Abend einen Kasten Synthol aus. Ich möchte das Simmons und Sanchesz hier oben bei mir in bereitschaft bleiben, die anderen gehen zurück an ihre Arbeit. Holt mal tief Luft. Hoffen wir, dass ein Start unnötig wird. Noch gibt keinen Lagebericht des Außenteams."
Die Mitglieder der Wartungscrew verabschiedeten sich mir leisem Gemurmel und ließen Philipp alleine.
"Brücke, hier von Oestrow. Shuttlerampe 2 in Bereitschaft. El Salvador und Trinidad stehen zu ihrer Vefügung. Zeit 35.02 Minuten. Achso, ich entrichte einen Gruß den Damenmanschaft der Wissenschaftsabteilung. Jemand von ihnen hat die laterale Sensorenphalanx der Trinidad bei ihrer letzten Übung grob misshandelt. Meine Jungs und ich erwarten, dass wir dafür heute Abend im Casio in Syntheol entlohnt werden."