Forum > Fan-Fiction Allgemein

Libellen und fliegende Teppiche (Star Trek / NCIS / Aladdin)

<< < (3/10) > >>

CaptainCalvinCat:
Kapitel 8 A whole new world
Kapitel 8.1.  


Calvin Nathan Cat sah sich im Haus um. Es gibt ja diesen bekannten Spruch „Wenn Steine reden könnten“ – nun, täten sie es in dieser Unterkunft, sie hätten tatsächlich einiges zu erzählen. Doch leider waren sie nicht unbedingt in Redestimmung und Auskunftsfreude war von den steinigen Gesellen auch keine zu erwarten. Wenngleich er eines feststellte: Wenn der Begriff „Steinerne Miene“ auf irgendjemanden zutraf, dann auf potentiell-redende Steine.
Das plötzlich, aus dem Nichts auftauchende Geräusch kam ihm bekannt vor. Er konnte es nicht wirklich benennen – es klang nach einer Mischung aus Trommelschlag und Keuchen, wurde immer und immer wieder wiederholt. Dieser Klang war dem Captain schon oft an die Ohren gedrungen – oft genug, um es als Herold einer Ankunft zu erkennen. Und tatsächlich, ein paar Meter von ihm entfernt begann etwas zu schimmern. Erst langsam konnte man tatsächliche Konturen erkennen – Konturen die sehr vertraut schienen, vielleicht deswegen, weil Cal sie oft genug gesehen hatte. Der Gegenstand pulste – pulsierte – von irgendwoher direkt in das Wohnzimmer des Hauses, in dem sich der Captain befand und plötzlich war es da. Komplett. Das Pulsen hatte aufgehört, das Geräusch war verschwunden und der Gegenstand war komplett materialisiert. Die Augen des Captains fuhren das Ding entlang, als wollen sie es vermessen, sie registrierten die kleine Plakette an der Tür, die blaue Farbe und schließlich das Schild, das diesen Gegenstand als „Police Box“ auswies.
In seinem Gehirn stellte er eine Verbindung her.
„T.A.R.D.I.S.“, hörte er die Stimme eines Mannes mit deutlich schottischem Akzent sagen, „Das bedeutet ‚Time and relative dimensions in space!“
Ja, genau.
Die Tardis materialisiert – das berühmte Gefährt des Doktors.

Die Erinnerung, wann sie das erste Mal gemeinsam ein Holodeckprogramm dieser Kategorie hatten laufen lassen, entzog sich Cal komplett, aber er erinnerte sich daran, was der Grund gewesen war. Die Vorstellung, mit Agatha zusammen ein Abenteuer zu erleben, bei dem er sich so anstellen konnte, wie er wollte, ohne danach die Krankenstation aufsuchen zu müssen, war nun etwas, das ihm sehr zusagte. Hier konnte er sich heldenhaft vor seine XO werfen, ihren atemberaubenden Körper mit seinem schützen – er würde dabei allerdings weniger auf die Idee kommen, seinem eigenen Körper das Attribut „Atemberaubend“ zu verleihen – konnte in Schlägereien geraten, ohne sich ernsthaft darüber sorgen zu müssen, dass man ihn über den Haufen schießen könnte – kurzum, für einen Hobbyhelden, wie Cal, war das Holodeck nun wirklich eine Lokalität, die ihm gefiel.
Eine gewisse Enttäuschung lag auf den Zügen des Kommandanten, als sie ihm erzählte, welche Rolle er dabei spielen sollte. Die Entität des „Doktors“, also des Mannes, von dem er anfangs dachte, dass er auf den Nachnamen „Who“ hörte, war ihm nicht sonderlich geläufig, was ihm von Agatha die Frage „Was bist Du eigentlich für ein Brite?“ eintrug. Zugegeben, obwohl der Doktor eine britische Nationalikone war, wagte es der Kommandant, leise Bedenken anzumelden, ob es nicht ein unerträgliches Stereotyp sei, zu behaupten, dass nun wirklich jeder Brite die Serie „Doctor Who“ kennen würde. Zumal sie nach Ende der Fernsehserie im Jahr 2283 mehr und mehr aus dem kulturellen Bewusstsein der Welt zu schwinden schien. Und doch konnte sich der Captain nicht helfen, er fragte sich, ob ein Großteil der Briten den Doktor tatsächlich kannten.

Als Agatha ihm dann erklärte, welche Rolle sie spielen würde – River Song, die Frau des Doktors – da war der Captain doch deutlich mehr geneigt, mit ihr gemeinsam dieses Abenteuer zu wagen. Wenngleich er sich an diesem Tag ein wenig überrumpelt vorkam, als Agatha ihm für den Start dieses Programmes erklärte, das sie keine wirklichen Partizipanten waren, sondern nur Zuschauer.


Die Tür der TARDIS öffnete sich und ein Mann taumelte heraus, stolperte über seine eigenen Füße und blieb liegen, ehe er sich aufrappelte. Der Gegenstand in seiner linken Hand, ein ungefähr stiftsgroßes Ding, dessen vorderes Ende eine Art Diodenkopf aufweis, das von einer Art „Kralle“ festgehalten wurde, pulsierte blau, dann rot, dann grün, ehe die „Kralle“ mit einem leisen „Klack“ aufklappte und die Diode freigab, die zwei Zentimeter vorschnellte.
Agatha und Cal sahen einander an, betrachteten das Ding und nickten, wie Weinkenner, wissend, was das war. Der Sonic Screwdriver. Die Person, die gerade die TARDIS verlassen hatte, war der Doktor.

Die Umgebung, in die der Doktor geplumpst war, war sehr dunkel – vermutlich hatten Programmierer und Regisseur der Folge, die sie gerade ansahen –„Death of a Doctor“ – bewusst diese Beleuchtung gewählt, um eine dunkle, unheimliche Stimmung zu erzeugen. Hätte man Cals Blutdruck und seine Herzfrequenz in diesem Moment untersucht, hätte man festgestellt, dass die Beleuchtung den geplanten Effekt durchaus unterstützte.

Der Captain blickte sich um. Hatte in diesem Haus keiner Ohren? Hatte es niemand gemerkt, dass die TARDIS in ihr Wohnzimmer gepulst war? Oder war es ihnen egal? Das konnte ja durchaus auch sein – vielleicht sagten sich manche Hausbewohner: „Ob nun ein Alien, das seine Jahrtausende auf dem Buckel hat, in unsere Wohnung stolpert, ein Polizist, der aus den 2000ern in die 70er versetzt wurde oder ein einfacher Einbrecher – das kommt aufs Gleiche raus – wir rufen eh John Steed an und der nimmt sie sich dann vor – mit Schirm, Charme und Melone.“

Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen richtete sich der Mann, der nur als Doktor bekannt war, auf und wankte, schweren Schrittes zur Treppe, gegen die er sich lehnte und seine Pein herausschrie. Dies zeitigte Wirkung, denn binnen Sekundenbruchteilen war das Treppenhaus hell erleuchtet, als eine weibliche Stimme rief: „Wer ist da?“
In dem Moment, in dem diese Frage gestellt war, klappte der Mann zusammen, was mal wieder ein Beispiel dafür ist, wie zwei Sachen aufeinander folgen können, ohne etwas miteinander zu tun zu haben. Cal und Agatha warfen einander einen Blick zu, betraten dann ebenfalls das Treppenhaus und sahen, wie aus dem ersten Stock, dort, wo der Kommandant das Schlafzimmer vermutete, der Rotschopf herausgeeilt kam, den er als Amelia „Amy“ Pond kannte.
„Ah“, machte der Captain und schaute seine XO an, „Wir sind also in einer der letzteren Regenerationen. Doc Nummer 11, ja? Gespielt von Matt Smith?“
Agatha zwinkerte ihm zu, lächelte und sagte: „Lass dich überraschen, Liebling.“
Amy ging neben dem Doktor in die Knie, schüttelte ihn und flüsterte ein „Nun los, ‚zerlumpter Mann’, lass mich hier nicht hängen.“
„Sie ist ne tolle Schauspielerin, die gute Karen Gillian.“, stellte Cal fest, trat auf das dreidimensionale Abbild zu, ging neben ihr in die Knie und warf dann einen Blick auf den gefallenen Doktor, als das Geräusch nahender Schritte, seine Aufmerksamkeit erregte. Sein Kopf ruckte hoch – wovon seine Nackenmuskeln nicht unbedingt angetan waren und das Ausbrechen in Begeisterungsstürme ausblieb. Stattdessen machten ihm kurze Schmerzexplosionen deutlich, dass diese Handlung mehr als töricht war. Das leise „Au“ konnte er nicht verhindern, verstummte dann aber, als er sah, wer da die Treppe herunterkam.
„Ja, dat is doch wohl…“, grinste der Kommandant, sprang auf und strahlte seine XO an: „Rory ist wieder da. Ich hatte schon befürchtet, dass die Scheidung der Beiden tatsächlich Bestand hätte.“
Agatha trat ihn zu, legte ihm sanft einen Finger auf die Lippen und flüsterte ein „Shhh, Spoilers.“, ehe sie ihre Aufmerksamkeit dem die Treppe heruntereilenden Rory Williams – oder Pond – schenkte, der stehenblieb, Amy anschaute und verblüfft zum Doktor blickte.
„Ist das…“
„Wer soll es sonst sein, du großer Dummkopf?“, fragte sie, wobei sie die Worte „großer Dumkopf“ nicht mit Verachtung, sondern mit Liebe sprach – wie eigentlich immer, wenn Rory etwas tat, das für sie nicht unbedingt clever wirkte, aber sie wusste, dass er ein gutes Herz und ein gutes Selbst hatte. Sie blickte ihn an: „Jetzt hilf mir, ihn auf die Couch zu legen.“
Das Wechselbad der Gefühle, das Rory gerade erlebte, konnte man dem Mann durchaus ansehen, denn sein Mimenspiel zeigte eine Mischung aus kurzzeitig aufblitzender Eifersucht (vermutlich inklusive des Gedankens: „Um mich würde sie sich nie so kümmern“), Angst um den Doktor und der geistigen Feststellung „Toll, es geht wieder von vorne los.“.
Dennoch nahm er die Füße des Mannes, nickte Amy zu, die die Schultern griff und mit gemeinsamen Kräften hoben sie den Zeitreisenden an, um ihn auf die Couch zu verfrachten. Dort blieb er liegen.
„Er sieht anders aus, oder?“, fragte Rory, was Cal dazu brachte, sich zu Agatha umzudrehen: „Ich denke, wir gucken eine Episode mit Matt Smith?!“
Mit den Schultern zuckend, blickte die hübsche, rothaarige XO ihn an und sagte: „Ich hab gesagt, lass dich überraschen.“
„Doll.“, kommentierte der Captain, ehe er sich zur Couch begab und den neuen Schauspieler betrachtete, der den Doktor spielte – doch er zuckte zurück, als der Mann sich plötzlich aufrichtete, einen qualvollen Schrei ausstieß und dann wieder auf die Couch sank.
Überrascht blickte Cal Rory, Amy und zuletzt Agatha an: „Wat war datten?“
„Regenerationskomplikationen, und nun halt die Klappe.“, sagte Amy, was Cal dazu brachte, sie verblüfft anzusehen: „Hä? Kannst Du mich hören?“
Die rothaarige Doctors-Companion blickte auf den leblosen Körper ihres väterlichen Freundes, seufzte tief und wandte sich dann an Cal, ihn explizit ansehend: „Was denkst Du, Captain?“
Der angesprochene Offizier schluckte: „W… was war das gerade?“
„Ich habe dich gefragt, was Du denkst, Cal. Denkst Du tatsächlich, ich merke es nicht, wenn jemand direkt neben mir in die Hocke geht und sagt, dass ich schauspielern könne? Denkst Du echt, ich bekomme es nicht mit, dass du dich an Rory vorbeischlängelst, um einen Blick auf den Doktor zu werfen? Und glaubst Du wirklich, ich würde nicht mitbekommen, dass da hinten eine hübsche Rothaarige steht?“
Damit schaute sie zu Agatha, nickte ihr zu und wandte sich wieder an Cal: „Ich habe auch keine Zeit für 20 Fragen, ich will nur eines wissen. Was wollt ihr hier?“
Amy war während ihrer Antwort sehr leise geworden, hatte das „Was wollt ihr hier?“ beinahe gezischt und es hätte eigentlich nur gefehlt, dass sie dem Captain den Finger gegen die Brust gerammt hätte.
Der Kommandant der DRAGONFLY schluckte erneut, blickte hilflos zu Amy herüber und zuckte dann mit den Schultern: „Ich nehme nicht an, dass ihr glaubt, dass dies alles nur ein Holodeckprogramm ist? Also Ihr seid die Traumgestalten, wir sind real?“
„Oh, natürlich glaube ich das.“, sagte Amy, die Stimme vor Sarkasmus triefend, „Ich glaube jedem Fremden, der in mein Haus einbricht und mich dabei beobachtet, wie ich einem guten Freund helfe – im Nachthemd!“
Agatha räusperte sich: „Du musst zugeben, Cal, sie hat einen guten Punkt.“
„Und ich“, meldete sich in diesem Moment eine Stimme, die tatsächlich immer noch den Matt-Smith-Duktus hatte, „habe eine gute Frage. Nein, eigentlich mehrere Fragen, aber wir fangen ganz langsam an.“
Damit richtete sich der Doktor auf, blickte sich um, tastete an seinem Körper entlang und grinste: „Wie komme ich hier her, was mache ich hier und noch viel wichtiger – wie sehe ich aus?“
„Fantastisch.“, grinste Amy.
„Joa, nicht schlecht.“, murmelte Rory.
„Ziemlich verpixelt“, stellte Cal fest, was ihm einen Stoß in die Seite von Amy und Agatha eintrug. Er wandte sich an die beiden Rothaarigen: „Was denn? Ist doch so.“
Damit wandte er sich an den Doktor: „Muss irgendein Darstellungsfehler sein – sehen Sie, Doc, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber ihre Augen sind deutlich zu erkennen, der Rest ist irgendwie sehr unscharf… und eben etwas pixelig. Aber das hat nichts mit der Story zu tun – ich wollte es ihnen nur sagen.“
„Wer sind Sie?“, fragte der Doctor und Cal grinste: „Nennen Sie mich ‚Den Captain’.“
„Captain… wer?“
Cal strahlte – zumindest solange bis Agatha sagte: „Nein, Schatz wir machen keinen Spin-off davon. Wir schreiben keine Fanfiction und wir drehen keinen Fanfilm.“
Das Grinsen tropfte förmlich von Cals Gesicht, als er seufzte und sich dann an den Doctor wandte: „Ist auch egal, wer wir sind. Nehmen Sie uns einfach nicht wahr. Wir sind gar nicht da, wir sind… weg.“
Damit traten die beiden Offiziere in den Hintergrund und betrachteten die Szenerie vor sich.
Amy blickte den Doktor an, der ihr eine Hand auf die Schulter legte und ein „Ich brauche deine Hilfe“ wisperte.
Cal und Agatha blickten einander an – sie konnten sich nun gar nicht an diese Folge erinnern und irgendwie schien auch der Titel nicht ganz passen zu wollen.
„Alles, Doktor. Wie kann ich helfen.“, sagte in diesem Moment die rothaarige Schottin und schaute ihren Mentor an, der den Sonic Screwdriver hob und ihn gegen ihre Hand presste.
„Es wird nicht wehtun“, sagte er, schloss noch ein „Hoffentlich“ an, ehe er den Knopf des Gerätes drückte. Die Hand leuchtete kurz grün auf, Amy stöhnte schmerzerfüllt und ließ sich dann gegen Rory sinken, der sie auffing und den Mann mit dem Screwdriver wütend anblickte: „Was haben Sie mit ihr gemacht, Doctor?“
„Oh, nichts Ernsthaftes, Rory. Sie hat nur einen kleinen Schock erlitten.“
Damit nahm er den Screwdriver, presste ihn gegen seine Hand und betätigte den Knopf. Auch er leuchtete grün auf, ehe goldenes Licht aus seiner Hand schimmerte und dann – als würde es von einem Magneten angezogen – in den Sonic Screwdriver floss.
Agatha stieß Cal aufgeregt in die Seite, was dieser zuerst mit einem „Hey“ kommentierte, dann verblüfft auf den leuchtenden Screwdriver blickte, dessen Kugeldiode nun in Regenbogenfarben schimmerte und dann einen konzentrierten Lichtstrahl in die TARDIS schoss.
Dann kollabierte der Doktor erneut, Amy rappelte sich auf, trat auf ihren gefallenen Kameraden zu, tastete nach seinem Puls und keuchte entsetzt auf.
„Er ist tot!“, brachte sie hervor und es sah so aus, als würde sie sich gleich übergeben müssen.
Rory nahm sie in den Arm, schloss sie ganz fest in eine Umarmung, ehe sich Amy losmachte, zu Cal blickte und auf ihn deutete „Das ist Deine Schuld!“
„Bitte?“, brachte der Kommandant der DRAGONFLY hervor, trat auf Amy zu und hob abwehrend die Hände: „Ich hab damit nix zu tun. Ich hab das Programm nich geschrieben, ich wollte es eigentlich nur schauen!“
Und woher hatte Amy auf einmal die Pistole?
Sie legte auf Cal an, feuerte und der Captain zuckte zusammen.
Verdammt, das tat weh !
Er wandte sich an Agatha, schrie ein „Die Sicherheitsprotokolle sind deaktiviert!“, ehe eine Kugel seinen Rücken traf und er schmerzerfüllt aufschrie. Doch der Schmerz, den der nächste Schuss brachte, war kein Körperlicher. Die Kugel, die nun aus Amys Waffe kam, raste nicht in den Captain, sondern durchschlug die Brust der XO. Mit weit aufgerissenen Augen fiel sie nach hinten, krachte gegen die Wand und rutschte mit blicklosen Augen an ihr herunter.
Der Captain warf sich herum, schrie ein wütendes „NEIIIN!“, als Amy ihn anblickte – doch der erlösende Schuss kam nicht. Stattdessen hielt sie inne und das Pixelmonster, das der Doctor war, richtete sich auf.
„Du bist schuld.“, sagte er, trat neben Amy und nahm ihr die Waffe ab, „Du hast mich in diese Bar gelockt.“
„Wovon sprechen Sie?“, fragte Cal und zuckte zusammen, als der Doctor die Waffe nachlud: „Ich bin ein neuer Mann. Mein altes ich hätte sich nie so gerächt… ich tus.“
Damit richtete er die Waffe auf Cals Kopf – zielte – und drückte ab.


Mit Kopfschmerzen ist das ein Problem – besonders, nachdem man einen sehr lebhaften Traum gehabt hatte. Irgendwie stellt sich die Frage, ob die Kopfschmerzen durch den Traum kommen oder die Kopfschmerzen diesen Traum ausgelöst haben.
Cals Kopf war kurz davor, zu platzen und als er die Augen öffnete, stellte er sich die Frage, ob er diese beiden seeeehr out-of-character-igen Szenen  des Doctors und Amys tatsächlich erlebt – oder doch nur geträumt – hatte.
Zugegeben, es wäre nicht das erste Mal, dass Amy auf jemanden geschossen hatte, um den Doktor zu beschützen. Cal erinnerte sich in diesem Zusammenhang daran, dass die hübsche, junge Rothaarige – in der Folge „Day of the moon“ -  im Jahr 1969 die Waffe von Canton Delaware genommen, auf einen herannahenden Astronauten gezielt und abgedrückt hatte, um den Doctor vor seinem Schicksal am Lake Silencio zu beschützen. Dort, bei einem Picknick im Jahr 2011 hatte der Doctor – in der Folge „The impossible astronaut“ -  nämlich sein Ende durch die Hand eben jenes Astronauten gefunden. Wobei sich auch hier sehr viel später herausstellte, dass …
Das Geräusch von Schwertern, die gegeneinander geschlagen wurden, verstärkten die Kopfschmerzen des Captains, er stöhnte laut auf und öffnete die Augenlider. Agathas hübsches Gesicht kam in sein Blickfeld, lächelte ihn mitleidig an und küsste ihn auf die Stirn. Cal erhob sich, blickte sich um und merkte, wie sich alles drehte.
Sein Körper tat einfach etwas, ohne, dass er sein tatsächliches, gedankliches Einverständnis dafür gab – er stand auf, schlurfte ans offene Fenster und warf einen Blick auf den Hof des Palastes, in dem gerade Razul und seine Mannen mit Schwertern trainierten, natürlich unter lautstarken Befehlen des großen Kerls.
„RÜCKZUG!“, bellte er nun.
Die drei Palastwachen richteten ihre silbernen Schwerter auf drei Holzbohlen, die in den Boden versenkt waren und gingen, die Waffen auf die „Bedrohung“ gerichtet, rückwärts nach hinten. Ein Sonnenstrahl, von einem der Schwerter reflektiert, fand seinen Weg ins Captainsgesicht und der Offizier gab einen schmerzerfüllten Stöhner von sich, ehe er ebenfalls den Rückzug antrat. 
Er spürte die beruhigende Wärme Agathas Nähe neben sich, griff nach ihrer Talie und bettete seinen Kopf auf ihrer Schulter.
„Ugh“, machte er, „Schatz, ich hab einen tierischen Kater.“
„Du ahnst gar nicht, wie recht Du hast.“
Die Ironie in Agathas Stimme ließ ihn kurz den Kopf heben und irgendwie bereute er es schon in diesem Moment, noch bevor die Kopfschmerzen gegen seine Sehnerven brandeten und Bildpunktexplosionen hervorriefen.
Und dann – nachdem er ein paar Nachbilder weggeblinzelt hatte – starrte er auf das, was sich ihm da langsam näherte.
„Ist das…“, brachte Cal mühsam hervor, ehe das Tier einen eleganten Satz hinlegte und Milimeter vor ihm landete.
Agatha grinste: „Das ist Rajah.“
Jasmins Schoßtiger stubste Cals Gesicht sanft an, legte den Kopf schief und schnurrte dann.
Der Kopf des Captains ruckte zu Agatha hoch: „Das heißt, ich hab das alles nicht geträumt?“
„Nein, wir sind tatsächlich in Agrabah.“
„Und haben Kontakt mit Prinzessin Jasmin und Aladdin aufgenommen?“
„Und Papyrus und Teti“, zählte Agatha auf, „Dem Sultan, dem Genie, Abu, Razul – du hast dich sogar mit Iago, Aladdins Papagei angelegt.“
„Das kann doch echt nich wahr sein.“, murmelte der Captain und bettete sein Gesicht in seine Hände.
TBC   

Kapitel 8.2   

Prinzessin Jasmin hatte sich um so ziemlich alles gekümmert. Ihre Gäste waren untergebracht, wurden sanft gebettet und bewacht. Im Falle des Prinzen Doktor und der Prinzessin River Agatha Silverbird Song hatte sie ihren Schoßtiger Rajah dazu abkommandiert, die Tür zu bewachen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass diese beiden Besucher Ärger bedeuten würden. Und zwar Ärger von der Sorte, der allumfassend, aber nicht beabsichtigt war.

Nun schloss sie kurz die Augen, seufzte und lehnte sich auf ihrem großen Divan zurück. Ihr langes, schwarzes, schweres Haar folgte ihr und fiel wieder in Position. Das musste sie einem der Hoflaboranten lassen – sie wusste nicht, welche Mittel der Mann verwendet hatte, um diese rätselhafte Rezeptur herzustellen, aber sie wusste, dass sie eine gute Arbeit taten. Ihr Haar glänzte, war nicht strähnig, es war, als wäre sie gezeichnet. Und das alles mit Hilfe der Kopfmassage, die ihr die indische Prinzessin seinerzeit beigebracht hatte und die sie Tscha-Puh oder so nannte. Momentan fühlte sich die Prinzessin einfach nur gut, es war, als könne sie nichts aus der Ruhe bringen…
Ein Gefühl, das keine fünf Sekunden später durch einen höllischen Krach gestört wurde.
„War ja irgendwie klar.“, murmelte sie, öffnete die Augen, richtete ihr Outfit und verließ ihr Gemach – nur um sofort wieder auf dem Rücken zu liegen, mit dem vollen Gewicht von Aladdin auf ihrem Körper.
Sie schaute ihn an, ließ kurz ihre Hände über seine Armmuskeln gleiten und stellte fest, dass die fast-täglichen Eskapaden, denen sie alle ausgesetzt waren, seinem Körper gut taten. Vielleicht würde ein Mann feststellen, dass auch ihr Körper von diesen Eskapaden profitierte – sie fühlte sich fitter, stärker und alles in allem besser.
„Aladdin?“, fragte sie mit sanfter Stimme, schaute in die zerknirscht-dreinblickenden braunen Augen des ehemaligen Straßendiebes, „Was war das?“
Ein peinlich-berührtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als der junge Mann lachte, aufstand und ihr half, sich in die stehende Position zu bringen. „Genie“, begann er, blickte kurz nach unten, ihr dann in die Augen, schüttelte den Kopf und streckte die Hände aus… nur um von dem dienstbaren Geist unterbrochen zu werden, der nun ein Schiedsrichteroutfit trug. Kurz blies er – ohrenbetäubend laut – in eine Trillerpfeife, schaute Aladdin und Jasmin an und schrie: „AUS! Der Ball ist im Aus! Der Affe hat den Einwurf!“
„Ball?“, fragte Jasmin und Aladdin schaute sie verlegen an: „Ja – wir… wir haben ein Spiel gespielt, das Genie erfunden hat. Er nennt es Fußball und – uns fehlen drei Mitspieler und…“
„Dann zieh ich mich mal eben um.“, grinste Jasmin und schaute zu dem „Schiedsrichter“: „Genie, wärest Du so nett?“
„Aber natürlich.“, sagte der Geist, richtete seinen massigen blauen Finger auf Jasmin und ließ sie in blauem Glanz erstrahlen.
„Herzlich Willkommen bei einer neuen Ausgabe von Shopping Queen.“, verkündete er dann, schnippte mit den Fingern und die magischen Energien umrundeten den kurvenreichen Körper der Prinzessin.
Der silberne Einteiler, den sie trug, wurde von Genie mit einem Kopfschütteln und einem „Nein, das Outfit geht ja gar nicht.“ Weggeschnippt, ebenso der Anzug, in dem sich Jasmin ein paar Sekunden später wiederfand. „Zu Men in Black.“, urteilte das magische Geschöpf, zauberte, schnippte, maß und einige Sekunden später war er sich sicher. Kurz erleuchtete ein magisches Feuerwerk ihren Körper, dann war anstelle ihres Outfits aus Oberteil und Pluderhosen ein enganliegendes Trikot und eine kurze Sporthose getreten.
„Sie kommt aus Agrabah, ihre Nummer ist die 1 und sie hat eine Tortrefferquote von 55. Prinzessin Jaaaaaaaaas-min!“, verkündete Genie, wobei er sich eines Duktus bediente, der seine Stimme tiefer, voller und dröhnender werden ließ und der einem Zuschauer aus Deutschland vermutlich allein schon deshalb bekannt vorgekommen wäre, weil er klang wie Michael Buffer, wenn er „Henryyyyyyyyyyyy Maaaaaaaaaaaaaaaaaskaaaaaaaaaaaaa“ ankündigte.
Und tatsächlich umschmeichelte das rote Spieleroutfit den Körper der Prinzessin so, als sei sie darin eingenäht worden. Jasmin sah an sich herunter, strahlte kichernd und fragte, mit einer ziemlich gut immitierten Klein-Mädchen-Stimme: „Darf ich mitspielen?“ was Aladdin zu einem geschluckten „Ja,… klar“ hinriss.
Dann blickte sich der junge Mann um und seufzte: „Aber uns fehlen noch zwei Mitspieler.“
„Eigentlich nur noch einer.“, erklang in diesem Moment die Stimme Prinzessin Thetis. Sie trat auf die „Spieler“ zu, lächelte Jasmin an und sagte: „Diese Kleidung steht dir.“
Keine zwei Sekunden später trug sie ein ähnliches Kostüm und wurde von Genie mit ähnlichen Worten angekündigt, wie Jasmin vorher.
„Da war es nur noch einer.“, sagte der ehemalige Flaschengeist, schaute sich um und zuckte mit den Schultern: „Aber es scheint keiner mehr Interesse haben zu wollen.“
Erneut begab er sich in die Maskerade eines Schiedsrichters, räusperte sich und fing an, zu sprechen: „Also, ick erklär euch ma, wie det Spiel läuft, wa.“
„Weißt Du, warum Genie immer den Berliner Akzent rauskehren muss?“, unterbrach den Geist in diesem Moment eine Stimme und das amüsierte „Keine Ahnung“ von Cal ließ ihn herumfahren.
Er schwebte auf den Sternenflottencaptain zu, legte den Kopf schief und fragte: „Kenne ich dich?“
Der Offizier zuckte mit den Schultern, nickte dann in Richtung Agatha und sagte: „Ich glaub, sie will auch mitspielen. Und mal unter uns, es wäre eine Schande für die Mannschaft von Prinzessin Jasmin, wenn sie Prinzessin Silver… ich meine Song, nicht nehmen würde.“
„Prinz Doktor, wollen Sie uns Gesellschaft leisten?“, fragte in diesem Moment Jasmin und Cal schaute sie an, ehe er mit den Schultern zuckte: „Nein, nein, ich bin kein guter Spieler. Da würdet ihr einen Gyrossieg eringen.“
„Bitte?“, fragte Jasmin und Agatha grinste ihr zu: „Er meint einen Pyrrhus-Sieg. Also ein Sieg, der mit so hohen Verlusten errungen wurde, dass er beinahe schon als Niederlage zu werten ist.“
„Ja, meine Taktik ist nicht sonderlich…“, setzte Cal an, stockte dann aber, als lautes, protestierendes Geschrei erklang.
Jasmin blickte in die Runde: „Habt ihr das auch gehört?“
„LASST MICH DURCH!!!“, erklang die Stimme erneut und Cal blickte die Prinzessin an: „Also ich schon.“
„IHR SOLLT MICH DURCHLASSEN!“
Aladdin und Agatha nickten und sagten beide, beinahe wie aus einem Munde: „Ich auch.“
Der Captain zuckte erneut mit den Schultern: „Da hat wohl einer ein Problem mit den Palastwachen. Vermutlich stehen sie da und sagen „Ey, kummst hier nit rein.“.“
Mehr brauchte Jasmin nicht zu hören. Sie war die Prinzessin und wenn jemand zu ihnen wollte, dann wollte jemand zu ihnen.
Sie wandte sich an Genie: „Ich muss wieder etwas vorzeigbarer sein. Kannst Du vielleicht…“
„Oh, natürlich.“, lächelte das Zauberwesen – erneut umhüllte magische Energie ihren Körper und das Trikot, sowie die Hose verwandelten sich in ihr Obeteil und die Pluderhose zurück.
In diesem Moment hörte man das Zuklappen eines Kiefers.
Agatha nahm den Finger von Cals Kinn weg und grinste: „Mund zu, Schatz, Herz wird kalt.“
„Hauptsache, Herz is gut.“, grinste der Kommandant der DRAGONFLY und sah, wie die Prinzessin, elegant wie immer, an ihm vorbei ging.
Dann wandte er sich an seine XO: „Interessiert uns das oder spielen wir Fußball?“
„Du willst ihr doch nur nachschauen, Cal, gibs zu.“, erschien nun ein Grinsen auf den vollen Lippen Agathas.

Die Bewachung des Palasteinganges mit „streng“ zu bezeichnen, wäre ungefähr genau so, als würde man den Ozean als „feucht“ titulieren. Razul und seine Mannen waren wie Kampfhunde auf mögliche Eindringlinge abgerichtet und es Unberufenen unmöglich machen, den Palast zu betreten. Und genau dieser Aufgabe kamen sie nach, als ein Mann auf die Palasttore zugerannt kam, dessen Kleidungsstil mit „zerrupft“ noch geschmeichelt umschrieben war. Die drei Wächter gaben ihm gar keine Chance, sich zu erklären, sprangen auf ihn zu und hatten ihn schon unter sich begraben, als er seinen Kopf unter dem Haufen Männer hervorstreckte und laut zu zetern begann.

Als ob Razul ihm das durchgehen lassen würde. Er, der bisher jeden Angriff auf den Palast abgewehrt hatte – naja, fast jeden. Er, der in der Gunst des Sultans so hoch stand, dass er den Posten des „Hauptmanns der Wache“ bekommen hatte. Er, der bisher noch mit jedem Angreifer fertig geworden war. Ausgerechnet er sollte sich von einem abgerissenen, zerrupften kleinen Wicht sagen lassen, was er zu tun und zu lassen habe? Er hatte schon damit Schwierigkeiten, dem Straßenköter einen gewissen Grundgehorsam entgegenzubringen – wobei er zugeben musste, dass er den jungen Mann nicht mehr ganz so übel fand, wie vorher. Sie würden nie wirklich gute Freunde sein, aber tief in seinem Herzen gab es eine Ecke – oder auch zwei – die Aladdin einen Grundrespekt zollten. Immerhin hatte er oft genug bewiesen, dass er nicht nur mit der Prinzessin verheiratet war, weil er auf ihre Reichtümer aus war. Was die Prinzessin jedoch bewogen hatte, den Straßenjungen zu ehelichen, das wusste er bis heute nicht. Zugegeben, er hatte schon die eine oder andere Heldentat vollbracht, er hatte Agrabah vor dem Zauberer Jaffar gerettet und alles in allem war er nett. Aber dennoch – sollte eine Prinzessin nicht auf ihren Stand in der Gesellschaft achten? Wo kam man denn da hin, wenn sich jetzt diejenigen, die niederen Standes waren, in Prinzessinnen verliebten? Verlieben – das war ja noch okay – aber auch gleich heiraten? Da konnte er sich auch gleich eine Prinzessin aussuchen und …
„Razul, lass ihn los.“
Die Stimme Jasmins riss ihn aus seinen Gedanken – mist, gerade jetzt, wo er sich vorgenommen hatte, selbst auf die Suche nach einer atemberaubenden Prinzssin zu gehen.
Der Hauptmann hob seinen Blick und schaute auf die Versammlung, die sich dort im Eingangsbereich postiert hatte. Da waren ja alle mit dabei. Die fremden Prinzessinnen, die gestern gekommen waren, hatten zusammen mit Jasmin Front gemacht, Position bezogen und den Hauptmann angeblickt. Verstärkt wurden sie dabei von ihren Männern, die sich ebenfalls zusammengerottet hatten und dem Mann finstere Blicke zu warfen.
„Prinzessinn…nen“, setzte der Hauptmann der Wachen an, „Dieser Mann wollte einfach eindringen und…“
„Lass ihn los, Razul.“, sagte Jasmin noch einmal, immer noch mit sanfter Stimme – aber man konnte deutlich hören, dass sie es nicht noch einmal so freundlich sagen würde.
Der Hauptmann nickte, erhob sich und gab den Blick auf den unter ihm liegenden Mann frei.
„Der ist ziemlich platt.“, stellte der Typ, den sie alle „Prinz Doktor“ nannten, lakonisch fest, trat auf den Gestoppten zu und ging neben ihm in die Hocke, um zwei Finger an den Hals des Verletzten zu legen.
Dann blickte er zu Jasmin, nickte und sagte: „Mhm, ich würde sagen, er lebt noch.“, ehe er fortfuhr..“Aber es ist faszinierend, wieviel er aushält. Ich meine er hier…“, er blickte zu Razul, „wiegt doch mindestens ne halbe Tonne. Da ist die Anzahl der Verletzungen, die unser neuer Gast hat, ja verschwindend gering.“
„Sag noch einmal, dass ich dick bin und Du bist der nächste, der geplättet wird.“, dachte sich Razul, besann sich aber eines besseren. Er würde garantiert nicht gegenüber eines Würdenträgers ausfallend werden.

Cal konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Das war doch einfach nur genial. Da hatten sich die drei Stooges der Palastwachen, Razul und seine beiden Handlanger, mit voller Wucht auf den Typen geworfen und das addierte Gewicht von Schmalhans Küchenchef, Razul und „Dicke Trumm“ hatte ihm nicht sonderlich geschadet. So langsam, aber sicher, fragte er sich, ob es nicht tatsächlich eine Art „Paralleluniversum“ war, in dem sie gelandet waren. Vielleicht eines, in dem die Physik von Cartoons existierte? Für ihn, Cal, wäre das natürlich ganz ausgezeichnet. Aber…
„Hilfe.“
Cal stockte. Hatte der Mann gerade gesprochen?
„Hilfe.“, erklang es aus dem Mund des Geplätteten und der Captain der Sternenflotte trat auf ihn zu: „Was ist los?“
Der Mann schlug die Augen auf, blickte ihn an und stieß einen entsetzten Schrei aus, der Cal dazu brachte, einen gefühlten Kilometer nach hinten zu springen und etwas zu tun, für das er sich im Nachhinein verfluchte. Er zog seine Waffe, zielte auf den Typen und schoss.

Das er dies getan hatte, bemerkte er erst, als Razul sein Schwert gezogen und gegen seine Kehle gehalten hatte. Das geschockte Aufkeuchens Jasmins, ließ den Captain herumfahren und den Phaser heben.
„Keine Sorge, keine Sorge.“, stieß er hastig hervor, „Er schläft nur. Ich – ich hab mich erschrocken und ihn mit diesem Ding hier schlafen geschickt.“
Und schon spürte er, wie er die Augen schloss, als aus seinem Inneren eine Idee hervorbrach wie der Unglaubliche Hulk aus dem armen Doktor David Bruce Banner.
„Agatha“, sagte er und schaute sie an, „Du erinnerst dich an unsere Beweisführung bei Zivalein?“
Die XO schloss nun ebenfalls die Augen, schüttelte den Kopf und blickte ihn dann an: „Du hast nicht ernsthaft wieder vor…“
„Sonst glaubt uns Darkwarrior hier doch nicht.“, sprach der Captain und nickte in Richtung Razul.
Jasmin blickte Agatha an und flüsterte ihr etwas zu. Der Sternenflottenoffizier merkte, wie die Idee immer mehr Formen annahm und auch wenn er keine Lust hatte, den Großteil der Geschichte wieder ohnmächtig zu sein, merkte er doch, dass ihm irgendwie die Argumente fehlten, das Ganze ohne seine Betäubung durchzuziehen.
„Razul, lass ihn los.“, sagte Jasmin und Cal sah, wie sie irgendetwas flüsterte. Vielleicht „Ich hab eindeutig den einfacheren Text, diesmal?“
Der Riese kam dem Befehl mit der zu erwartenden Widerwilligkeit nach, ließ das Schwert sinken und blickte Cal an. In seinen Augen funkelte Wut, doch die Haltung verriet, dass er zu etwas, was er sich selbst geschworen hatte, stehen würde. Der Captain nickte Razul zu, schaute zu Jasmin, verbeugte sich, wobei er mit dem Zeige- und dem Mittelfinger der rechten Hand seine Stirn berührte.
‚Und dabei bin ich nicht Jack Sparrow.’, schoss es ihm durch den Kopf, wenngleich er sich in diesem Moment fragte, wie der Pirat seine Dankbarkeit sonst ausdrückte. Das war doch eine ganz spezifische Bewegung.
Er kriegte es nicht hin. Egal.

Die Rechte, mit der er gerade eben noch seine Stirn berührt hatte, glitt zu der Waffe, umfasste sie und schleuderte sie zu seiner XO, die sie festhielt und nicht auf ihn richtete, sondern wegsteckte.
Verblüfft richtete sich der Captain auf, blickte sie an und fragte: „Wat wird datten? Planänderung?“
„So ähnlich.“
Zu seiner Verwunderung kam dieser Satz nicht von Agatha, sondern von Jasmin, die auf ihn zutrat und ihn anlächelte: „Sie müssen sich nicht, nur um was zu beweisen, anleuchten lassen.“
Cal betrachtete sie kurz, lächelte dann und wollte schon „Danke, Prinzessin“ sagen, als sie kurz nachdenklich innehielt und ihn dann anblickte: „Wobei eine gewisse Erleuchtung Ihnen nicht schaden könnte, Prinz Doktor.“
Das Lächeln Cals verrutschte.
„Na Tüll – äh – toll. Jetzt finden schon Zeichentrickfiguren, dass ich se nich mehr alle an der Waffel habe.“, dachte er sich, nickte der Prinzessin jedoch nur zu und trat dann neben den Bewusstlosen, neben den er sich kniete. Jasmin tat dasselbe, legte ihm eine warme, weiche Hand auf seinen Arm und schaute ihn an: „Wenn er jetzt schreit, lassen sie ihn am Leben.“
Sprachs und lächelte.
Der Captain atmete tief durch und murmelte ein „Ja, nee, is klar.“

Aladdin wusste nicht, wie lange sie schon im Eingangsbereich darauf warteten, dass der Mann wieder zu sich kam, er wusste nur, dass in dieser Zeit zwei Mal von der Küche bereitgestellte Speisen und Getränke vorbeigebracht wurden. Und während er seinen Saté-Spieß in die Erdnusssoße tunkte – ein Rezept der indischen Prinzessin – hörte er, wie auf der Wiese zwei Stimmen überrascht anfingen, zu keuchen. Die des Prinzen Doktors und die der Prinzessin Jasmin. Aladdins Herz schlug schneller, als er den Spieß in die Soße sinken ließ und den Kopf hochriß, beinahe schon vermutend, dass beide Hochwohlgeborenen bewusstlos oder verletzt am Boden lagen. Aber stattdessen war der Prinz einen Schritt nach hinten gegangen, Jasmin hatte ihn angeblickt und sich dann über den Verwundeten gebeugt. Kurz tauschten sie einige Worte, dann brachten zwei Bedienstete den Verwundeten fort. Jasmin stand auf und blickte zu Aladdin herüber. Und er merkte, dass ihr Gesicht Sorgenumwölkt war.

Schnell lief er zu ihr, sie schlang ihn in die Arme, bettete ihr Gesicht an seinen Hals und keuchte entsetzt auf.
„Was ist, Jasmin?“, fragte er besorgt. Sie reagierte, in dem sie ihn küsste, dann sanft seine Arme entlang fuhr und ihn dann anblickte.
„Mechanikles – er ist auf dem Weg hierher.“
Aladdin schluckte. Mechanikles? Das war nicht gut.

TBC   
Kapitel 8.3   

Der Name „Mechanikles“ schien wie ein Damokles-Schwert in der Luft zu hängen.
„Vermutlich ist er so ein genau so listiger Gegner, wie es Aker in Ägypten ist.“, vermutete Papyrus leise für sich und trat neben seine Prinzessin. Diese schien ebenfalls denselben Gedanken gefasst zu haben und blickte ihn sorgenvoll an. Die Spuren ihres sanften, sonnigen Gemütes waren aus ihren ebenmäßigen Zügen gewichen und an ihre Stelle war bloße Sorge getreten. Der Fischer konnte es verstehen – wo waren sie da nur wieder reingeraten? Aber es war ja eigentlich immer so. Kaum, dass sie sich einigermaßen wohl fühlten und akklimatisiert hatten, passierte irgendwas, das sie wieder so sehr alarmierte, dass sie sich nicht entspannen konnten.
Sich räuspernd trat nun Theti nach vorne, neben Prinzessin Jasmin und blickte sie fragend an: „Wer ist dieser ‚Mechanikles’?“
Jasmin hielt inne, blickte ihre „Amtskollegin“ dann nachdenklich, aus großen, vor Sorge verdunkelten braunen Augen an und seufzte.
„Einer unserer Feinde“, erklärte sie, „Er ist davon besessen Agrabah zu erobern, Aladdin zu töten und seine Freunde ebenfalls zu bestrafen. Hauptsächlich verlässt er sich auf seine handwerklichen Kenntnisse und verwendet mechanische Gerätschaften. Als wir ihn das erste Mal getroffen haben, hatte er die sogenannte ‚Goldene Plage’ auf ein Dorf am Rand der Wüste losgelassen.“
„Ein anderes Mal hatte er versucht, die Wüste mit einem gigantischen, feuerspeienden Tausendfüßler in Glas zu verwandeln und Agrabah zu vernichten.“, ergänzte Aladdin.
Auch der Genie schien etwas anbringen zu wollen: „Mich hat er damals in eine Buddelflasche gesteckt.“
„Und dann war da noch die Sache mit den Psychosteinen, die mich ganz trunken vor Liebe in eine Zweibeinerin machten.“, krähte der Papagei, der sich in diesem Moment auf Jasmins Schulter niederließ, dabei das Wort „Zweibeinerin“ aber so betonte, als wäre es etwas Ekliges.
Jasmin blickte ihn finster an: „Auf alles und jeden neidisch zu sein, war auch nicht gerade das Wahre.“
Komisch. Diese Leute schienen tatsächlich eine lange Leidensgeschichte hinter sich zu haben – vielleicht auch mit weniger „Leidens“ und mehr „Geschichte“. Wenn Papyrus so daran dachte, was er für Schwierigkeiten mit dem Gott Seth, dem „Herrn von Omboss“ erlebt hatte und seinen Handlangern – allen voran natürlich der teuflisch-geniale Aker – … er selbst hatte…
Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Ägypters: „Wenn ich euch helfen kann, tu ich das gerne. Das Schwert des Horus kann ihn sicher vertreiben.“
Und dessen war er sich sogar sicher – schließlich hatte er mit diesem Schwert schon etliche Male gegen Seth gekämpft.

Aladdin legte nachdenklich den Kopf schief, wandte sich an Jasmin, die mit den Schultern zuckte und dann lächelte: „Jede Hilfe ist willkommen.“
„Sagtes Du ‚jede’?“, hörte er Prinz Doktor strahlen und sah, wie er sich die Ärmel hochkrempelte. Prinzessin Song schien von dem spontanen Hilfsausbruch ihres Mannes wenig begeistert, sie griff ihn am Ärmel und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Prinz erstarrte, kratzte sich nachdenklich am Kopf und blickte dann zu ihr: „Gutes Argument.“
Mit einem verschämt entschuldigenden Lächeln blickte er zu Jasmin, kratzte sich erneut verlegen am Kopf und sagte dann: „Erm. Ja, sorry, da… ich kann beim ersten Initiativangriff nicht dabei sein. Aber – wenn ihr mich später noch mitspielen lasst…“
„Natürlich, Prinz Doktor.“, erwiderte die hübsche Prinzessin mit einem sanften Lächeln, ehe sie sich an Aladdin wandte: „Kannst Du mit Teppich und Genie Sand holen?“
Sand? Natürlich, das war einfach – schließlich funktionierten Mechanikles „Spielsachen“ auf dem alten Prinzip des Aufzugmotors. Streute man Sand ins Getriebe, gab jenes binnen kürzester Zeit den Geist auf. Er spürte, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen bildete: „Habe ich Dir heute schon einmal gesagt, wie intelligent Du bist, meine Prinzessin?“
„Heute noch nicht.“, zwinkerte sie ihm neckisch zu.

Cal sah dem davonfliegenden „Straßenköter“ hinterher, wandte sich seiner XO zu und blickte sie verblüfft an: „Ich verstehe das nicht. Warum darf ich nicht mithelfen? Ich meine – wir kennen den modus operandi Mechanikles, wir wissen, wie seine Schwachstellen aussehen und wir haben eine kleine, niedliche Überraschung auf unserer Seite.“
Damit trat er auf sie zu und legte eine Hand auf die Stelle ihrer Hüfte, an der der Phaser steckte. Sie schaute ihn an, ihre Lippen verzogen sich zu einem ironischen Grinsen: „Irgendwie wusste ich, dass Du genau das vorhaben wirst. Und genau das geht nicht – du weißt doch: Oberste temporale Direktive. Ich muss dich nicht an die letzten Male erinnern, an denen du dich mit dieser Ordnung angelegt hast und das wir hauptsächlich deswegen hier sind?“
Mist. Da hatte seine hübsche XO mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber konnte er sich einfach so zurücklehnen und die anderen ihre Arbeit machen lassen? Zumal er doch jetzt die Identität eines Prinzen angenommen hatte? Und nicht nur irgeneines Prinzen, sondern auch noch des Prinz Doktors?
„Aus welchem Land kommst Du eigentlich?“, meldete sich in diesem Moment der Genie und der Captain blickte ihn verblüfft an: „Bitte?“
„Aus welchem Land du kommst. Ich kenne fast alle Prinzen der sieben Wüsten und dich kenne ich nicht.“
Damit verwandelte sich das magische Wesen in einen Typen, der in einer blechernen Rüstung steckte und ein futuristisches Visir trug. „Ich bin“, bellte er, „das Gesetz! Und ich will wissen, wer Du bist.“
Cal hob die Augenbrauen. Judge Dredd? Ernsthaft?
„Bekommst Du gerade Allmachtsfantasien?“, fragte der Kommandant, legte den Kopf schief und betrachtete den „Gesetzeshüter“ von oben bis unten. Dieser erwiderte seinen Blick – zumindest vermutete das der Captain – er konnte auch hinter dem Visir die Augen verdrehen, sie geschlossen halten oder Jasmin in den Ausschnitt starren – und murmelte ein leises „Ich wusste genau, dass er das sagt.“
Damit richtete der Genie seinen Finger auf Cal, der sich in diesem Moment in eine Schusswaffe verwandelte – der Finger, nicht Cal – was diesen zum Hart schlucken animierte – Cal, nicht den Finger.
Dann schaute der Judge Genie Dredd an und zuckte mit den Schultern: „Ich bin der Prinz von Fiktivistien.“
„Noch nie von gehört.“
„Liegt neben Imadeitupistan in einem der Randgebiete.“, log der Captain und seufzte leise.
Fiktivistien – Imadeitupistan…. , schoss es ihm durch den Kopf, Cal deine Kreativität lässt langsam sehr arg nach. Vielleicht solltest Du dich tatsächlich nicht mit diesen Problemen befassen, sondern dir eine schöne Auszeit gönnen. Überleg mal. Du und Agatha, am Strand, Du in ner Badehose, sie in weniger als wenig…“
Der Captain schüttelte den Kopf, als er plötzlich etwas hörte.
Es kam aus der Ferne und schien vom Wind über die weite Ebene getragen zu werden, die die Wüste darstellte.
Wieso hatte er gerade ein bestimmtes Bild vor Augen?


Im Hof des Penalty Stately Prison war es wieder einmal Zeit für die tägliche Leibesertüchtigung. Aus Sicht eines Sportlehrers wäre das Equipment sicherlich für Zirkeltraining und Cooper-Test geeignet und es wurde auch von einigen Insassen verwendet.
Einige spielten Basketball, andere sprangen Seil und wieder andere versuchten sich an Bankdrücken. Die Hauptattraktion waren jedoch die beiden Sträflinge, die sich ein Match im Armdrücken lieferten.
Sträfling Nummer 1 hörte auf den wenig fantasievollen Namen Peter Scott. Er war im Penalty State, weil er sich einiges hatte zu Schulden kommen lassen – und nichts von all dem viel unter „Geringfügigkeit.“. Was sein Gegenüber ausgefressen hatte, wusste Scott nicht – es war ihm auch eigentlich egal. Er wollte ihn nur besiegen. Und die Chancen, dass es ihm gelänge, standen recht gut. Sein Gegner hatte zwar Kraft und die braunen Augen verrieten auch eine gewisse Verbissenheit, aber er bezweifelte, dass gerade er es schaffen würde, ihn, Scott, zu schlagen.

Dann setzte das Geräusch ein.
Es erinnerte ihn an einen Düsenjet, so wie den, den er damals, im Vietnamkrieg geflogen hatte – oder an einen der Hubschrauber, den sein Kollege, Theodore Calvin einst geflogen hatte. Wann immer er hier rauskam, musste er sich mit seinen alten Kumpels von damals treffen und über die alten Zeiten quatschen. Besonders die Folterung durch Ivan hatte ihm damals zugesetzt und…

Was war das?
Die Haltung seines Gegenübers hatte sich arg geändert. Er wirkte nicht mehr nur noch verbissen, in seinen Augen tanzte eine Selbstgefälligkeit und die Realisierung, dass er nicht mehr lange hinter diesen Mauern sein würde.
Aber wie kam er darauf? Nur wegen des Geräusches?
Sein Gegner stieß einen Schrei aus und ehe Scott sichs versah, lag er auf dem Betonboden des Gefängnisses, während der Andere aufstand und einen Schritt auf die Mauer zutrat.

Das Geräusch war in der Zeit noch näher gekommen und über das inzwischen schon unerträgliche Heulen wurde nun das noch unerträglichere Heulen einer Alarmsirene hörbar. Zu diesem Moment wurde auch dem Dümmsten klar: Hier war ein Ausbruch im Gange.
Auf den Gefängnismauern brachten Polizisten ihre Gewehre in Stellung und Schüsse wurden hörbar. Doch man schoss nicht auf sie, die Gefangenen, man schoss auf das, was auch immer da von draußen auf das Gefängnis zurasen mochte.

Einer der Wächter trat an den Mann heran, gegen den er gerade noch gekämpft hatte und machte Anstalten, ihn in den Zellenblock lotsen zu wollen – doch mit den Worten „Du kleine Wanze“ verpasste der Typ dem Wächter einen Schlag, der ihn zu Boden gehen ließ, als plötzlich etwas gegen und dann durch die Wand krachte.

Scott glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Da kam eine gigantische Zugmaschine auf ihn zu, drehte und hielt nun auf den Typen zu, gegen den er gekämpft hatte. Erst nachdem der Spuk vorbei war und sie alle in ihren Zellen saßen, fragte er einen der Wärter, was das denn gewesen sei.
„Hast Du das nicht mitbekommen?“, fragte der Wärter und schaute ihn bedeutungsschwer an: „Garthe Knight ist aus dem Gefängnis entkommen.“



So oder so ähnlich stellte sich Cal diese Szene aus der für ihn legendären Knight Rider Folge „Goliath kehrt zurück“ vor. Die Sequenz hatte ihn damals in ihren Bann gezogen – nicht wegen der Kerle, aber dieses eine Bild, das er seit dem immer wieder versuchte, zu finden, hatte ihn fasziniert. Er war sicher, dass es diese kurze Szene gab, in der der Truck Goliath, der Garthe Knight aus dem Gefängnis befreien sollte, zuerst von einer staubigen Seitenstraße auf die Straße fuhr, die auf das Gefängnis zu führte.
Dessen war er sich sicher und darauf würde er Stein und Bein schwören.

Und so, wie damals, wie er schon wusste, dass dieser Punkt, der später Goliath werden sollte, Ärger bedeutete, wusste er, dass dieses Geräusch, das in der Luft lag, nicht gut war. Kurz blickte er sich um, eilte zur Palastmauer und versuchte, sie emporzukraxeln.
„Kann ich Ihnen helfen?“, sprach plötzlich eine vornehme Stimme – die Stimme des Genie – und Cal spürte, wie man ihn am Hemdkragen griff und auf der Mauer absetzte.
„Danke, genie.“, grinste der Kommandant und blickte dann in die Ferne.
Sein Grinsen verschwand, als er diesen grell blinkenden Lichtpunkt sah, der aus der Ferne in einer imaginären Linie gerade auf sie zuhielt.
„Goliath.“, murmelte Cal, ehe er sich im Geiste korrigierte, in den Palasthof blickte und die Hände zum Trichter formte.
„ER KOMMT!“, schrie er,  „MECHANIKLES KOMMT!“
Okay – eigentlich war es einfach. Er musste nur zwei Sachen erledigen. Erstens – er musste an seinen Phaser kommen und zweitens musste er hier herunter kommen.
Kurz blickte er sich um, als ihn die Realisation traf: Wie kam er hier herunter?
TBC   

CaptainCalvinCat:
Kapitel 8.4

Jasmin riss ihren Kopf hoch, als sie sie Stimme des Prinzen Doktor hörte. Mechanikles kam tatsächlich – und so, wie die Dinge lagen, so wie sie sich an die bisherigen Konfrontationen mit dem griechischen Erfinder erinnerte, würde es vermutlich alles andere als einfach werden.
Sie seufzte leise, ehe sie losrannte und versuchte, auf die Mauer zu kommen. Sie wusste, dass es da diese eine Rosenranke gab, die sie selbst gerne und oft hochgeklettert war. Hoffentlich hatte Razul sie nicht, in einem Anfall von Arbeitswut, entfernt.
Ihre Füße hämmerten auf den Boden, als sie ihr Tempo steigerte und dann sah sie zufrieden, dass die Ranke doch noch vorhanden war. Schnell und behende griff sie nach ihr und spannte ihre Muskeln an, um sich hoch zu ziehen. Dass Prinzessin Song und Prinzessin Theti ihrem Beispiel folgten, überraschte sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.  Binnen weniger Sekunden war sie auf der Anhöhe, balancierte die Mauer entlang, bis sie bei Prinz Doktor angelangt war und nickte ihm zu.
Interessanter weise schien er wenig überrascht.
Stattdessen lächelte er leise, zwinkerte und streckte dann seinen Arm aus, um in die Richtung zu zeigen, in der er glaubte, etwas gesehen zu haben.

Tatsächlich. Da, in der Ferne der Wüste, gleißte kurzzeitig etwas auf, wie ein Spiegel, der das Sonnenlicht reflektierte. Was auch immer sich der Wissenschaftler ausgedacht hatte, es war vermutlich – wie immer – metallisch. Sie blickte zu ihren beiden Kolleginnen und sah – zu ihrer Überraschung .- zwei sehr unterschiedliche Reaktionen.
Prinzessin Theti aus Theben: Sorge
Prinzessin River Agatha Song Silverbird aus Fiktivistien: kämpferische Ruhe.
Sie selbst merkte, wie eine Woge der Zuversicht ihr Bewusstsein traf. Sie konnten es schaffen – natürlich. Schließlich waren sie Prinzessinnen. Und sie wusste nicht, wie es bei ihren beiden Amtskolleginnen aussah, aber sie selbst hatte schon sehr früh darauf bestanden, zumindest grundlegende Kampfmanöver zu erlernen, um sich im Notfall zu verteidigen. Und entgegen der Befürchtung ihres Vaters hatte sie zwar das nötige Wissen erworben, war jedoch nicht weniger weiblich und vor allem weniger treusorgend geworden.
Wobei sie sich bei Prinzessin Song-Silverbird  sicher wahr, dass sie ebenfalls ein solches Training durchlaufen hatte. Prinz Doktor neben ihr räusperte sich und sie blickte ihn an: „Ja, mein Prinz?“
Die braunen Augen des royalen Mannes trafen sie und sie sah tatsächliche Sorge in ihnen. Sorge um sie, Sorge um den Palast, Sorge um seine Frau und Sorge um Agrabah. „Warten wir auf eine Extra-Einladung oder wollen wir die Bevölkerung gar nicht evakuieren?“
Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, legte ihm beide Hände auf je eine Schulter und zwinkerte ihm zu: „Keine Sorge, darum wird sich gekümmert.“
Und tatsächlich – kaum, das sie dies gesagt hatte, wurde die Luft von einem röhrenden Geräusch erfüllt, das seine Quelle keine 10 Meter hinter ihnen hatte.
Erschrocken wirbelte Prinz Doktor herum, verlor das Gleichgewicht und wäre beinahe die Mauer heruntergefallen, wenn Jasmin und Theti nicht schnell reagiert und ihn festgehalten hätten.
„Woa!“, machte der Prinz und man konnte ihm ansehen, dass auf ihn genau der selbe Gemütszustand zutraf, wie auf die Prinzessinnen – er war zu Tode erschrocken.
„Ja, pass auf, Cal“, hörte Jasmin die Stimme der rothaarigen Prinzessin Song-Silverbird neben sich, die neben Panik und Sorge nun auch noch echte Wut zeigte: „Was meinst Du, was passiert wäre, wenn Du die Mauer heruntergesegelt wärest?“
„Vielleicht wär ich ja als Mauersegler wiedergeboren worden.“, schnappte der Mann und schaute die drei Prinzessinnen an.
Dankbarkeit stand in seinen Augen. „Uff.“, machte er und sagte dann ein Wort, das so ähnlich wie „Tendjubeerenmatsch“ klang. Tendjubeeren? Wie lange ist das her, seit sie diese kleinen, blauen Köstlichkeiten das letzte Mal gegessen hatte?
Nein – sie wollte sich gerade nicht daran erinnern, dass es Tendjubeeren, eine Delikatesse aus den sanften, grünen Hügeln, die sich an die Hochebene des siebten Wüstenreiches anschlossen, das letzte Mal gegeben hatte, kurz bevor ihre Mutter…
Sie spührte, wie Tränen in ihre Augen stiegen und wie sie den Kopf schütteln musste, um wieder zu Verstand zu kommen.
„Hast Du ja toll hingekriegt, Cal.“, zischte Prinzessin Song-Silverbird und man konnte die Verblüffung in Prinz Doktors Stimme wirklich hören: „Ja – ich hätte daran denken können, dass Englisch noch nicht die große Weltsprache ist.“
Dann spührte sie die im Vergleich zu ihren beinahe prankengleichen Hände des Prinzen auf ihren Oberarmen und als sie den Blick hob, sah sie wieder in seine braunen Augen, die zerknirscht dreinblickten: „Erm… ich weiß nicht, was ich gesagt habe, aber… es kommt nicht wieder vor. Ich wollte mich eigentlich bedanken, also ‚Danke vielmals’ sagen, aber irgendwie muss das wohl falsch rübergekommen sein.“
„Schon gut.“, hauchte Jasmin. Er konnte ja nicht wissen, was dieses Wort für sie bedeutete.
Erneut dröhnte ein Gongschlag und dieses Mal hielt sich der Prinz tatsächlich fest, ehe er verblüfft zu ihr blickte. „Was zum Henker ist das?“

Was auch immer Jasmin vorher durchgemacht haben musste – und Agatha erkannte subtiles Mimenspiel, wenn sie es sah – schien nun wieder von ihr abzufallen, denn sie wischte sich einmal mit dem Handrücken über die Augen, so als wolle sie Tränen wegwischen und lächelte dann mit kämpferischer Siegesgewissheit in ihre Richtung: „Das, Prinz Doktor, ist der Evakuierungsgong.“
Damit deutete sie auf die Stadt und Agatha konnte tatsächlich sehen, wie etliche Passanten ihre Güter stehen ließen und in die Häuser eilten.
Jetzt könnte man bösartig sein und festhalten, dass es vermutlich nichts bringen würde, aber es war besser, die Moral hoch zu halten.
Und dann war es der XO zum ersten Mal möglich, einen genaueren Blick auf das angreifende „Ding“ zu werfen. Zwar hörte sie förmlich die Sicherheitsaufzeichnung aus dem Transporterraum der neu-ausgerüsteten ENTERPRISE NCC 1701, in der Doktor Leonard „Pille“ McCoy seinen alten Freund Admiral James Tiberius Kirk fragte „Wieso wird eigentlich alles, was wir nicht kennen, als Ding bezeichnet“, könnte aber im Fall einer ähnlichen Frage keine andere Antwort geben, als sie der Admiral gegeben hatte: „So ist es halt.“
Wobei – hier war es anders. Das „Gefährt“, dessen Mechanikles sich bediente, war ein gigantischer Skorpion.

Wenn sich Cal jemals, seid er mit Agatha verheiratet war, gewünscht hatte, eine andere Frau neben sich zu haben, dann war es jetzt. Und wenn auch nur aus dem einfachen Grund, dass es Ran Sato wäre, die vermutlich gerade jetzt von ihrem Ur-ur-ur-ur-Opa erzählen würde – dem Geheimagenten. Er erinnerte sich, dass Ran ihm gerne die Geschichte erzählt hatte, wie einer ihrer Ahnen im Amerika der 1980er sein Geld als Spielwarendesigner verdiente. Aber im ehrenamtlichen Nebenberuf  war er Lastwagenfahrer – und nicht nur irgendein Lastwagenfahrer, er fuhr, laut Ran seinerzeit den berühmten Rhino, der eines der Fahrzeuge des Mobile Armored Strike Kommand war und zwischen den Einsätzen im M.A.S.K.-Hauptquartier „Boulder Hill“ geparkt war.
Nachdem in den 90ern die Organisation V.E.N.O.M (Vicious Evil Network of Mayhem) besiegt worden war (obwohl einige Quellen behaupteten, dass einige Teile dieses kriminellen Syndikates die Auflösung ihres Vereines überdauert hatten), wurde das Hauptquartier der M.A.S.K im Boulder Hill zur Touristenattraktion und seine Helden wurden weltweit bekannt.
Einer dieser Helden war Bruce Sato und er war Teil einer stolzen Ahnenreihe, die nicht nur die Kommunikationsoffizierin der ENTERPRISE NX-01, Hoshi Sato, hervorbrachte, sondern auch Miwako Sato, eine der besten Polizistinnen im Tokyoter Stadtteil Edogawa, damals, in den Zeiten nach der Jahrtausendwende.
Dieser Ahnenreihe entsprang auch Ran Sato und sie würde sich vermutlich mit den Worten „Skorpion? Das ist ne schlechte Gute-Nacht-Geschichte“ äußern.
Wenn Cal so darüber nachdachte, wäre das vermutlich der einzige Beitrag gewesen, den Agatha nicht von sich hätte geben können. So blickte er auf das in der Ferne aufragende Ungetüm und sagte diesen Satz mit äußerster Überzeugung.
Und als er ihn ausgesprochen hatte, bemerkte er, dass seine Mitkombatantinnen ihn ein wenig sparsam anblickten.
„Wieso ‚Gute-Nacht-Geschichte’?“, fragte Jasmin und blickte ihn an: „Wir haben helligten Tag.“

„Das ist unerheblich“, meldete sich in diesem Moment Prinzessin Theti. Und sie fand, dass sie Recht hatte. In den letzten Jahren, in denen sie sich an ihren Freund, den Fischer Papyrus angenähert hatte, waren sie beide in genug Katastrophen verstrickt gewesen. Sie wusste, dass es hier um mehr ging, als nur um merkwürdige Redewendungsanwendungen. Sie hatten ein dringendes Problem – ein großer, metallischer Skorpion näherte sich ihnen und sie mussten versuchen, ihn zu stoppen. Ob das „Schwert des Horus“ gegen diese mechanische Kreatur bestehen konnte? Sie wusste es nicht, sah aber, wie Papyrus sein Schwert griff und es in Stellung brachte.
Eigentlich sollte man es nicht für möglich halten – sie waren hier, um diplomatische Beziehungen einzugehen, eine Handelsroute festzulegen und nun waren sie hier – mal wieder in einen Kampf um einen Palast gefangen. Es war ja nicht das erste Mal, dass ihnen so etwas wiederfahren wäre, aber normalerweise geschah es im Reich der beiden Länder. Ob der Seth, der Herr von Omboss, den sie beide zu bekämpfen suchten, um Horus, den Falkengott zu befreien, seinen Einflussbereich selbst ins ferne Agrabah ausstreckte? Warum nicht, schließlich hatte er seine Jünger überall – sogar auf Kreta hatte es eine Begegnung gegeben.
Vielleicht war dieser Mechanikles ja ebenfalls ein Jünger Seths. Sie warf einen Blick zu Papyrus, der sie abwartend ansah.
Sanft schüttelte sie den Kopf. Noch nicht.

Und dann hörten sie alle das Geräusch.
Zuerst klang es wie eine Substanz, die man später als „Knäckebrot“ kennen würde, dann wurde es lauter und steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Rumpeln.
Jasmin war sich sicher, dass nicht nur ihr Gesichtsausdruck entsetzt war, als sie sahen, wie am Stadteingang ein Haus in sich zusammenfiel.
Sie merkte, wie ihr Herz schneller schlug und hoffte, dass Aladdin sich beeilte. Wenn der Metallskorpion sich weiter dem Palast näherte, würde er Chaos und Vernichtung über die Stadt bringen. Plötzlich hielt der Skorpion inne.

Würde man das Gefährt nun mit einem tatsächlichen Tier vergleichen, würde man sagen, dass die Kieferklauen unter großer Dampf- und Geräuschentwicklung auseinanderglitten und etwas aus ihm herausschoss. Dabei handelte es sich um einen kleinen Zylinder, etwa Zwei Meter in der Länge und einen Meter dreißig in der Breite messend. Das Ding feuerte seinerseits Dampf ab, um die Landung weicher zu machen und schlidderte bis ans Tor des Palastes.
Dann öffnete sich der Zylinder und eine Person entstieg ihm.
„Warum eine Ausflugskapsel, höre ich die Leute fragen. Darauf antworte ich: „Warum nicht?“, sagte sie, ehe sie ihre Tunika betrachtete.
„Oh, ich bin ja ganz verknittert.“
Dann stoppte die Person, warf einen Blick gen Himmel und nun konnte man die beeindruckende Halbglatze, die zur Seite gezwirbelten, langen Haare und das Monokel erkennen.

Cal warf einen kurzen Blick über die Mauer, zuckte unbeeindruckt mit den Schultern und wandte sich an Agatha: „Das is also Mechanikles? Erinnert mich eher an einen deiner Vorfahren. Wie hieß er gleich? Der hatte auch eine ähnliche Frisur, ein Kabarett-Theater in Aschaffenburg und…“
Der Captain stockte, als er Jasmins Blick bemerkte. Oha, den kannte er. Vermutlich würde sie sich zu einer jugendlichen Dummheit hinreißen lassen. Als sie dann nach vorne trat, jeder Zoll ihres Körpers hochwohlgeborene Prinzessin und ihre Stimme erhob, war Cal verblüfft.
„Mechanikles! Als Tochter des Sultans und damit stellvertretende Gebieterin über die agrabahische Armee, befehle ich Dir, dich zurückzuziehen.“
Die Blicke des Captain und er XO trafen sich, sie nickten einander zu, stumme Anerkennung in den Augen. Das war wirklich eine gute Einlassung, ein  „Verzieh dich oder trag die Konsequenzen“, aber nicht explizit und trotzdem weniger im Disney-Style als Cal es vermutet hätte.
Doch die Rede der Prinzessin schien nun ihrerseits den Griechen nicht sonderlich zu beeindrucken.
„Interessant“, kam es von unten, nachdem er herzhaft und ausgiebig gegähnt hatte, „Ich mache dir einen Gegenvorschlag. Du begibst dich freiwillig in meine Gewalt, lässt dich von mir zu einem willenlosen Sklaven umbauen und tötest Aladdin und dann dich. Als Belohnung lass ich Agrabah in einem Stück.“
Erneut warfen sich Agatha und Cal einen Blick zu. Das klang nun überhaupt nicht mehr nach Disney. Dies schien auch Prinzessin Theti zu spüren, sie trat neben Jasmin und zog sie ein bißchen vom Mauervorsprung zurück, ehe sie einen Blick über selbigen warf.
„Unter der Order des Pharaos Mehrenre, dem Herrscher der beiden Länder, gebiete ich, Theti von Theben, Dir, von diesem Land abzulassen.“
Dann warfen sie und Jasmin Agatha einen Blick zu. Diese stockte, deutete auf sich, zuckte mit den Schultern und fügte sich in ihr Schicksal.
Sie trat an die Mauer: „Und mit der Macht des Landes von Fiktivistien gebe ich Dir die selbe Order.“
Unten lachte es höhnisch: „Ein Prinzessinnentreffen, wie niedlich. Backt ihr, kocht ihr und spielt Ihr Teeparty? Oder redet ihr darüber wie süüüüüüüüüüüüß doch der kleine Hofdiener ist und wie schön es mit Aladdin war?“
„Oh for crying out loud!“, kam es nun von Cal und er blickte den Erfinder an: “Es is ja eine Sache, dass Du Agrabah angreifst. Ich bin sicher, das steht in deinem Arbeitsvertrag. Es is auch verständlich, dass Du einen Groll gegen Al hast, aber wenn Du anfängst, das Disneyversum auseinander zu nehmen, dann is schluss mit Lustig!“
„Da kann ja jemand sprechen!“, grinste Mechanikles und Cal legte eine Hand auf die Hüfte, um nach dem Phaser zu tasten.
Dann stockte er und warf einen Blick zu Agatha: „Ähm, Schatz?“
„Vergiss es. Du hast Dich mit ihm angelegt, dann mach auch was dagegen.“, sagte sie knapp und Cal zuckte mit den Schultern: „Okay, warum nicht.“
Dann räusperte er sich: „Hör mal, Mechanikles. Was soll das eigentlich alles? Bist Du vertraglich zu Schandtaten verpflichtet? Oder hast Du heute einfach nur einen miesen Tag?“
„Wieso willst Du das wissen?“
„Nun, es gibt andere Möglichkeiten, die Du in Betracht ziehen könntest. Mach einen Gyrosstand auf, tanze Sirtaki, werde Philosoph oder kaufe griechische Staatsanleihen. In knapp – lass es mal 7012 Jahre sein – kann man die wirklich brauchen.“
Er stockte, als Agatha ihn anblickte: „Ernsthaft? Das is alles, was Du dir so ausdenken kannst? Stereotype und Staatsanleihen?“
Damit griff sie nach seinem Phaser und warf ihm die Waffe zu: „Hier, nimm das, da fährst Du besser mit.“
„Danke.“, grinste der Captain und schaute den Erfinder an: „Also – wie ist deine Antwort?“
„So!“, erwiderte Mechanikles und Cal merkte, wie ihn etwas mit voller Wucht traf. Er wurde von den Beinen gerissen, fiel von der Mauer und krachte auf den Boden – eingewickelt in ein Netz.
„Hat der mich gerade…“, setzte Cal an und stockte, als Jasmin, Theti und Agatha neben ihm landeten, ebenfalls eingewickelt wie die Rollbräten.
Der Captain blickte seine XO an: „Ich glaube, das war nicht sonderlich gut, oder?“
„Nein, nicht wirklich.“
Dann bebte der Boden.

TBC mit Kapitel 9


Kapitel 9 Einfach so?

Kapitel 9.1

Jasmin seufzte. Wenn es eine Situation war, die vollkommen stereotypisch war, dann war es diese. Sie lag – gefesselt – auf dem Boden, die Mordmaschine des wahnsinnigen Erfinders war auf dem Weg zu ihr und der Held ließ sich nirgends blicken. Dies alles waren Zutaten aus einem Klischee, das es noch gar nicht gab. Sie konnte ja nicht wissen, dass in Jahrtausenden die Menschen von einer „Damsel in Distress“-Situation sprechen würden. Aber auch sie erkannte, dass dies viel zu typisch war, um nicht bemerkt zu werden. Aber noch würde sie nicht aufgeben. Sie stemmte sich mit aller Macht gegen ihre Fesseln an, versuchte, sich zu befreien und wünschte sich in diesem Moment lange, scharf-gefeilte Fingernägel, mit denen sie die Seile vermutlich durchschneiden könnte. Theti neben ihr schien mehr Glück zu haben. Die hübsche Ägypterin brachte ihre Lippen vor eines der Seile und versuchte, es durchzubeißen.

Nach einigen Versuchen gelang dies sogar. Nun stemmte sie sich mit aller Kraft gegen die vorgeschädigten Fesseln und konnte sie nach einigen weitern Versuchen sogar sprengen. Jasmin blickte anerkennend zu ihr hinüber, was sie mit einem Nicken kommentierte. Dann eilte sie zum ihr entgegenkommenden Papyrus, wechselte einige Worte mit ihm, die Jasmin aufgrund der Entfernung und der fremden Sprache, die die Frau verwendete, nicht verstand. Doch Thetis Begleitung schien es verstanden zu haben, eilte mit enstschlossenem Gesichtsausdruck auf sie zu und – fand sich von Razul und seinen Wachen umstellt.
„Wohin willst Du, Jungchen?“, fragte der Hauptmann der Wachen.
Damit hatten die Wachmänner ihre Schwerter gezogen und hielten sie dem jungen Ägypter drohend vor die Nase.

„Razul!“
Dieser empörte Ausruf kam von Jasmin, die sich in diesem Moment aus der gefesselt-liegenden in die gefesselt-sitzende Position stemmte. Sie war sich sicher, dass ihre Augen vor Zorn funkelten, aber das ging nun wirklich nicht. Erstens gab es weitaus wichtigere und dringlichere Probleme, wie beispielsweise einen großen Skorpion, der durch die Stadt auf sie zu marschiert kam und auf seinem Weg alles verwüstete, was zu verwüsten war. Zweitens – was sollte die ägyptische Welt von ihnen denken, wenn sie erfahren würden, dass man einen ihrer Abgesandten mit einem Schwert bedroht hatte.
„Du lässt ihn jetzt sofort hier herüberkommen und uns mit seinem Schwert befreien!“, schimpfte sie. Dies schien Wirkung zu zeigen, als der stämmige Hauptmann der Wachen sein Schwert sinken ließ und beschämt zu Boden blickte.
Vielleicht war dies ein wenig zu extrem gewesen?
Jasmin veränderte ihre Stimmmodulation, so dass sie wieder wie die sanftmütige Prinzessin klang, die sie eigentlich war: „Razul, wir wissen, dass Du uns nur schützen willst. Aber es bringt nichts, wenn Du jeden angreifst, der sich uns nähert. Wenn Du dich nützlich machen willst, hindere Mechanikles daran, hier einzudringen. Ich weiß, dass Du das kannst.“
Es ist immer verblüffend, zu sehen, wie schnell Worte wirken können. Razul schien plötzlich weniger wie ein Schluck Wasser in der Kurve da zu stehen, vielmehr schien Kraft und Selbstvertrauen ihn zu durchströhmen. Er wandte sich an seine Mitstreiter.
„Los, dem zeigen wir es.“
Und mit gezogenen Schwertern eilten sie zum großen Massivholztor.
Lächelnd blickte Jasmin den dreien nach, als der Schatten Papyrus über ihr Gesicht fiel. Mit schnellen Hieben hatte der junge Fischer sie aus dem Netz befreit und machte sich dann daran, den anderen Beiden zu helfen. Und kaum, dass Prinz Doktor und Prinzessin Song befreit waren, eilten sie aufeinander zu, nahmen sich in die Arme und küssten sich inniglich.
Jasmin merkte, wie ihr Herz schmerzte. Es war ein süßer Schmerz, ein Gefühl, das sie am liebsten mit „Ach, wie niedlich!“ kommentiert hätte, ohne dabei dem „niedlich“ eine sarkastische Färbung zu geben. Es war tatsächlich „niedlich“, wie der Prinz und die Prinzessin einander umarmten und froh waren, dass sie in Sicherheit waren. Es erinnerte sie an sich und Aladdin.
Und wo sie gerade gedanklich bei ihm war, stellte sie sich die Frage „Wo beibt er?“
Dann hörte sie ein leises Rauschen und wirbelte herum, als sie von Prinz Doktor ein „Da!“ hörte.
Sie folgte seinem ausgestreckten Finger, der auf einen bestimmten, dunklen Punkt am Himmel deutete.
„Das ist ein Vogel.“, sagte sie und schüttelte den Kopf.

Cal grinste und Agatha sah das er grinste. Natürlich – Jasmin hatte ihm, ohne es zu wissen, eine perfekte Steilvorlage gegeben.
Ihr abschätziges „Das ist ein Vogel“ kommentierte Cal mit einem begeisterten „Es ist ein Flugzeug!“ und nun konnte Agatha nicht an sich halten und flüsterte ein „Das ist Superman“. Und während sie das tat, kam sie sich zwar unsäglich albern vor, aber irgendwie hatte sie Spaß. Es war eine besondere Art von Vergnügen, die in ihr pulste – sowas wie ein „Ich weiß, dass die Situation gerade komplett unlogisch ist, aber ich hab meinen Spaß!“. Ein bischen wie Rose in der Doctor Who Folge „Böser Wolf“, als sie sich plötzlich im Set von „Der Schwächste fliegt“ wiederfand auch nichts anderes tun konnte, als sinnlos und herzhaft zu giggeln. Die ganze Atmosphäre, der körnige Sand, den sie fühlte, der Geruch, der so schwer zu beschreiben war und der in der Luft hing, das alles sagte ihr, dass die Situation, so verrückt sie auch sein mochte, kein Traum, sondern Realität war. Sie befand sich in Agrahbah und obwohl sie mit diesem Fakt schon lange „to terms“ gekommen war, ihn also akzeptiert und verarbeitet hatte, war es einfach nur irre. Sie waren in einem Zeichentrickland und das, obwohl die Personen aus Fleisch und Blut bestanden und nicht gezeichnet wirkten.
Und dann sauste der Teppich im Tiefflug über sie hinweg.

Cal war gewillt, die Melodie des Batman-Films aus dem Jahr 1989 zu pfeiffen um die Stelle zu untermalen, an der der Batwing auf der 200-Jahr-Parade von Gotham aufgetaucht war, sich die Giftgas-versprühenden Ballons geschnappt und sie in der Ferne entsorgt hatte – nur um wiederzukehren und auf den Joker zuzufliegen. So war es auch hier. Der Captain war sich sicher, dass Aladdin im Tiefflug durch die Hauptstraße Agrabahs auf den Skorpion zufliegen würde, dann so knapp, dass kaum noch ein Blatt Papier zwischen Skorpionaussenhülle und Teppich passte, über den Skorpion gleiten und an einer besonders exponierten Stelle den Sandbeutel in den mechanischen Roboterskorpion fallen lassen würde. Dann würde er umdrehen und auf Mechanikles zufliegen, der ihn mit irgendeiner Art „Waffe“ abschießen würde.

Hoffentlich irrte er sich mit letzterem Plot.
Er nickte Papyrus und Agatha zu, eilte zum großen Tor, das von Razul und seinen Mannen bewacht wurde und schaute den Hauptmann an: „Gibt es irgendeine Möglichkeit, mir von der Situation ausserhalb der Mauern ein Bild zu machen?“
„Natürlich.“, sagte der Angesprochene, „Aber das würde bedeuten, dass Sie nach draußen müssten. Und das können wir momentan nicht zulassen.“
„Habt ihr keine Fenster?“
„Damit man einsteigen kann?“
Cal merkte, dass dies ein ziemlich gutes Argument war.
Was tun?

Aladdin grinste.
Dies würde relativ einfach werden, vielleicht gäbe es hier und da einige Komplikationen, aber eigentlich war er gut vorbereitet. Er flog in Bodenhöhe auf den großen, mechanischen Skorpion zu und hoffte, dass die großen Scheren ihn nicht erwischen würden. Aber selbst wenn – er hatte einige Asse in der Hinterhand. Gerade eben hatte er den Palast überflogen, erleichtert festgestellt, dass es Jasmin gut ging und war sich nun sicher, auch mit Mechanikles fertig werden zu können.
Würde er? Möglich wäre es auf jeden Fall, wobei man ihn nicht unterschätzen durfte. Gerade ob seines eher merkwürdigen Aussehens und seiner recht exzentrischen Lebenseinstellung, besonders was übertriebene Reinlichkeit anging, neigte man dazu, ihn als „nicht sonderlich gefährlich“ einzustufen. Das war aber ein Fehler. Der Mann war – das musste man ihm ohne weiteres lassen – ein mechanisches Genie und es würde Aladdin nicht überraschen, sollte der Name „Mechanikles“ ein einfacher Spitzname sein. Und Mechanikles hatte sich im Laufe ihrer Begegnungen als ein gefährlicher Gegner herausgestellt.
Im Zweifelsfall musste sich der junge Agrabahner eben auf seinen Intellekt und seine Straßenschläue verlassen.
Das Grinsen wich von Aladdins Gesichtszügen, als er zum zweiten Mal über den Skorpion flog und nach einer Stelle suchte, in die er seinen Sandbeutel werfen konnte, diese aber nicht fand.
Kurz warf er einen Blick zu Mechanikles, der immer noch vor den Toren des Palastes stand und schon eine Siegerpose angenommen hatte. Er wusste, dass dieser Skorpion nicht zu schlagen war.
Dann spannte sich von der Mauer des Palastes ein grellorange-roter Lichtstrahl zum Skorpion. Aladdin hatte dieses Wunder schon einmal gesehen – es kam aus dem merkwürdigen Ding, das Prinz Doktor sein Eigen nannte. Kurz traf der Strahl den Skorpion, dann war der Strahl erloschen, nur um wieder aufzuflammen, zu erlischen, erneut zu leuchten und wieder zu erlöschen.
Unter sich hörte er ein leises Geräusch, ein Klong , als ob ein…
Auf Aladdins Lippen legte sich ein Lächeln. Er blickte unter sich und sah, dass der Rücken des Skorpions ein veritables Loch aufwies.
Und vor dem Tor blickte Mechanikles ungläubig drein, stieß einen lauten Schrei aus, der verdächtig nach einem „NEIN!“ klang, dann ließ Aladdin den Sandbeutel in das Sinnere des Gefährtes fallen.
Es knirschte unschön – dann blieb der Skorpion stehen.
Teppich trug ihn zum Erfinder, er verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte den Griechen mit einem amüsierten Blick: „Das Spiel ist aus, Mechanikles.“

Auf der Mauer des Palastes atmete Cal beruhigt aus. Wie er es nun geschafft hatte, tatsächlich auf diese Anhöhe zu kommen, warum mehr als nur ein Rätsel, aber er war rechtzeitig gekommen, um zu sehen wie Aladdins Plan offenbar einige Schwierigkeiten hatte.

Schnell blickte er nach unten, zu Agatha, die ihm zunickte, sich ebenfalls nach oben begab und dann ihren Tricorder zog. Es waren Momente wie diese, an denen er merkte, dass es seine Bestimmung war, mit dieser wunderschönen Rothaarigen zusammenzusein.
„Ich weiß was Du vorhast.“, murmelte sie, „und halte es für keine gute Idee.“
„Aber Du hilfst mir trotzdem?“
„Klar – was ist denn die Alternative? Agrabah draufgehen lassen? Nicht in einer Millionen Jahre.“
Damit legte sie sich neben ihn auf die Mauer und hielt ihren Blick auf den Tricorder gerichtet: „Der Skorpion ist aus normalem Metall gefertigt. Zwar reflektiert er das Sonnenlicht, aber wenn Du in einem präzisen Winkel schießt, dürfte der Strahl nicht zurückkommen.“
Cal zwinkerte ihr zu: „Präzise Winkel sind meine Spezialität.“
Damit griff er nach seinem Phaser und stellte ihn auf „Volle Stärke.“ Dies würde entweder den Skorpion komplett auflösen oder aber ein Loch in die Armierung fräsen.
Offenbar schien der Spruch mit den präzisen Winkeln Agatha nicht wirklich zu behagen, denn sie machte durch simples Augenrollen mehr als deutlich, dass sie der Meinung war, dass ihm ein bischen mehr Bescheidenheit besser zu Gesicht stünde.
Sie scannte.
„Am Besten triffst Du den Skorpion hier.“, sagte sie und hielt dem Captain den Tricorder unter die Nase. Cal grinste und entsicherte den Phaser. Nun musste er wirklich ruhig bleiben, hier war äußerste Präzision gefragt. Wenn er auch nur einen Millimeter von der Marke abwich, die er sich gedanklich gesetzt hatte, konnte das eventuell schwerwiegende Folgen haben. Der Captain atmete tief durch. Konnte er das schaffen?
Eigentlich hatte er bisher noch immer gut schießen können, aber… vielleicht war es gerade jetzt…
Er spürte, wie sein Atem immer schneller ging und wie die Hand, die den Phaser hielt, immer mehr ins Zittern geriet. Und dann fühlte er eine sanfte Berührung. Die wohlige Wärme, die von Agathas Hand ausging, breitete sich von seiner Schläfe aus, durchströhmte seinen Körper und ließ ihn noch einmal tief durchatmen. Dann zielte er und schoss.

Erleichtert musste er zugeben, dass die Treffer, die er dem Skorpion beigebracht hatte tatsächlich den zweit-gewünschten Effekt erzielt hatten und Aladdin eine Öffnung geschaffen hatten. Lieber wäre es ihm natürlich gewesen, wenn das Metallungetüm sich einfach aufgelöst hätte, aber – man konnte nicht alles haben. Und als Aladdin zu Mechanikles ging und das Spiel als beendet deklarierte, konnte sich Cal von seiner Position ein verwundertes „Na, dat ging aber schnell“ nicht verkneifen.

Es hätte gar nicht besser gehen können.
Mechanikles wurde von den Palastwachen abgeführt, der Skorpion stand vor der Stadt und wurde vermutlich in den nächsten Tagen von neugierigen Kindern als Spielplatz gute Verwendung finden. Wobei man vielleicht die sensiblen Teile wie eventuelle Waffensysteme vorher ausbauen sollte, so fand Jasmin. Aber an und für sich hätte es nicht besser gehen können. Oder irrte sie sich?
Irgendwas gefiel ihr nicht. Es war zu einfach. Vielleicht lag es daran, dass sie es gewöhnt war, dass Mechanikles auf Aladdins „Das Spiel ist aus“ eine clevere Antwort von sich gab und dann meistens verschwunden war und eigentlich hatte sie genau damit gerechnet. Vielleicht war es aber auch nur das Grinsen, das sie auf dem Gesicht des Griechen gesehen hatte, als man ihn an ihr vorbeigeführt hatte.
Das Spiel war nicht aus. Zumindest nicht mit Mechanikles.
Sie trat auf Aladdin zu, warf noch einmal einen nachdenklichen Blick auf den abgeführten Erfinder und lächelte ihm zu, um ihm dann in die Arme zu fallen.
Vielleicht war das Spiel nicht aus, aber es war auf jeden Fall pausiert.

Im Kerker des Palastes hatten Razul und seine Mannen den griechischen Erfinder an die Wand gefesselt. Er hatte keinen Widerstand geleistet, als sie seine Hände gehoben und dann mit schweren, eisernen Ketten an die Wand gebunden hatten, doch zu jeder Sekunde dieser Aktion war ein stilles, widerspenstiges Lächeln auf seinen Lippen zu sehen gewesen.
Kaum, dass die Wachen gegangen waren, ließ er seinen Kopf langsam gegen die Wand sinken, schloss die Augen und atmete tief durch.
Dann brach ein Lachen aus ihm empor.
Oh, diese niedlichen Bewohner Agrabahs – das Chaos würde noch sehr bald über sie hereinbrechen.

TBC

 

Kapitel 9.2

Cal hatte sich immer gefragt, was die Helden machten, nachdem der Bösewicht besiegt, das Monstrum tot oder die Prinzessin gerettet war. Was geschah mit den Charakteren, wenn der Abspann durchgelaufen war und der Film oder das Programm geendet hatte? Und allein an diesen Fragen merkt man, dass Realismus eine ziemlich öde Sache sein kann. Realistisch müsste man antworten: „Es passiert nicht mit den Charakteren, sie sind nicht real und sie werden es auch nie sein.“
Langweilig. Märchen hatten immer diesen schönen Satz „Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.“  Himmel, selbst Asterix hatte noch den Anstand und einen kleinen Gag am Lagerfeuer zu gönnen, mit einem am Baum festgebundenen Troubardix und irgendeiner Art von „Wrap up“. In so manchen Filmen sah man dies nicht. Das ist halt der Nachteil einer klassischen Drei-Akt-Struktur, in der die Meisten Filme erzählt sind und die lediglich drei Akte kennen: Einleitung – Hauptteil – Schluss. Und noch nicht mal der Schluss ist in manchen dramaturgischen Erzählweisen ein solcher. Der Höhepunkt einer Geschichte, die nach diesem Muster erzählt wird, ereignet sich meist auf den letzten paar Minuten, nur um dann in eine schnelle Auflösung zu münden. Irgendwann kam ein cleverer Kerl mal auf die Idee, dass Filme genau so gemacht werden mussten und auch bei der Walt Disney’schen Aladdin-Verfilmung konnte man dies bemerken. Wirklich kritisch wird die ganze Sache ja erst, wenn Jaffar seinen Zug macht, den Papageien Iago die Lampe stehelen lässt und sich dann mit der Kraft des Genies zum mächtigen Zauberer emporschwingt. In einer schlecht erzählten Geschichte könnte man quasi alles von dem Moment, an dem man die Charaktere aufeinander hat treffen lassen, bis zu dem Moment, an dem der Bösewicht seinen Zug macht rausstreichen, man würde plotmäßig nichts verpassen.

Das wird dem einen oder anderen Leser / der einen oder anderen Leserin dieser Fanfiction ebenfalls bekannt vorkommen.

Cal, der zu diesem Zeitpunkt allerdings in Agrabah sitzt und nicht vor dem Computer, um diese Zeilen zu schreiben, kommt gedanklich nur bis zu der Feststellung, dass man in einigen Geschichten einen Zeitpunkt herausstreichen könnte. Hier, in der aktuellen Situation, in der er sich befand, hatte er allerdings das große Glück, das zu erleben, was im Film vermutlich schon ein Fall für die Endcredits wäre – die Feier, nachdem der Bösewicht besiegt wurde.
Und der Sultan hatte sich nicht lumpen lassen.
Der Captain der DRAGONFLY warf einen Blick auf die aufgetischten Leckereien, fragte sich, was davon er zuerst essen sollte und fand sich im nächsten Moment mit einem goldenen Kelch in der Hand wieder. Eine rote Flüssigkeit wurde eingeschenkt. Die Captainsnase nahm ihre Arbeit auf, roch ein buntes Potpourri an Aromen, unter ihnen Kirsche, Cassis und Vanille, probierte und verzog das Gesicht. Wein. Und dann noch ein sehr herbes Getränk.
Also musste er sich wieder an die Speisen halten, denn er bezweifelte, dass es in dieser Zeit schon Cola gab und selbst wenn, wollte er seine Gastgeber nicht in irgendwelche Verlegenheiten bringen. Also stellte er den Kelch vorsichtig an die Seite und betrachtete die aufgefahrenen Speisen.
„Interessant, was die Küche alles so hergibt, hm, Gathy?“, fragte er. Keine Antwort.
Verblüfft hob der Captain den Kopf, wandte sich um und fand die atemberaubende Figur seiner Frau, die mit dem Kelch bewaffnet an einer der Säulen lehnte und auf die Stadt Agrabah blickte.
Er trat zu ihr, schaute erst sie und dann die Stadt an und stellte fest, dass es inzwischen dunkel geworfen war. Das Wrack des Skorpions wurde gerade demontiert, Späher waren ausgeritten, um weitere Bedrohungen auszukundschaften und …
Silbernes Mondlicht fiel auf Agathas bloßgelegten Bauch.
Eigentlich war es egal, was um sie herum passierte, oder?
Cal hob seinen Blick, sah in ihre verzaubernden, grünen Augen und stellte fest, dass sie nicht nur in die Ferne reichten, sondern der gesamte Gesichtsausdruck seiner Frau melancholisch wirkte.
„Schatz?“, fragte er und sie blinzelte, schien sich in die Realität zurückzufinden und blickte ihn verblüfft an. Ein unsicheres Lächeln erschien auf ihren Lippen: „Hey, wo kommst Du denn her?“
„Von da.“, sagte Cal und deutete auf den Tisch mit den Köstlichkeiten der sieben Wüsten, „Der Sultan hat einiges aufgefahren – das solltest Du sehen.“
Die XO  machte ein kurzes „Mhm“, ehe dem Captain ihren Kelch in die Hand drückte, auf den Balkon trat und sich auf die Brüstung stützte. Cal folgte ihr, tat ihr fast alles gleich (zugegeben, das mit dem Kelch wäre ein wenig sinnfrei) und schaute ebenfalls in die Ferne.
Stille legte sich über die Beiden.

Zum selben Zeitpunkt standen zwei weitere Personen auf einem anderen Balkon und blickten auf den metallischen Skorpion, der im Mondlicht schimmerte.
Jasmin hob den Blick, als sie das leise Schnurren Rajahs hörte, der aus ihrem Zimmer über den großen Balkon auf sie zu kam.
Mit einem sanften „Na?“ auf den Lippen ging sie vor ihr in die Knie, streichelte den Kopf der Tigerdame und wandte sich dann zu Aladdin um: „Mir gefällt das alles nicht. Es ist zu… zu einfach.“
Der angesprochene Held drehte sich um und schenkte ihr ein Lächeln: „Meine liebe Prinzessin – was soll noch kommen? Wenn Mechanikles’s Plan darin bestand, Agrabah mit einem metallischen Riesenskorpion zu verwüsten, dann haben wir ihn gestoppt.“
Schon war Jasmin wieder auf den Beinen, blickte ihren Geliebten und Ehemann an und breitete die Arme fragend aus: „Aber – hat er nicht immer wieder bewiesen, dass er nicht nur einen, sondern gleich mehrere Pläne hat, für den Fall, dass sein Hauptplan nicht funktioniert?“
Und sie konnte an Aladdins Mimik feststellen, dass er darüber tatsächlich nachgedacht hatte.
Aha! Also war die Sache nicht nur ihr zu einfach. Doch die Miene des Abenteurers erhellte sich nach ein paar Sekunden wieder: „Er ist im Gefängnis. Wir haben ihn dieses Mal wirklich gefangen nehmen können. Wie will er aus dieser Lage wieder herauskommen?“
Jasmin musste zugeben, dass dies eine ziemlich logische Begründung war. Wie sollte er aus einer gesicherten Zelle wieder ausbrechen können? Und doch – nach dem was Aladdin ihr erzählt hatte, gab es einen geheimen Gang, der es gestattete aus eben jener Zelle entkommen zu können. Zwar hatte man sofort die besten Steinmetze Agrabahs darauf angesetzt, eben jene Fluchtmöglichkeit zu beseitigen, aber sie war sich sicher, dass es, wo es einen Geheimgang gab, noch andere geben musste. Das war ein Gesetz der Serie.
„Jas…“, setzte Aladdin in diesem Moment an, wie immer, wenn er glaubte, dass sie beiden ungestört waren. Er kam auf sie zu, nahm ihre zierliche Hand in Seine und schenkte ihr erneut ein Lächeln: „Wenn es dich beruhigt, können wir nachher einen Blick in die Zelle werfen.“

Auch hier konnte die Prinzessin nicht anders, als einzusehen, dass dieser Argumentationsgang eine gewisse Logik beinhaltete. Und vielleicht – aber auch nur vielleicht – übertrieb sie. Allerdings, wenn sie überlegte, dass sie die Schurkengalerie, mit der sie es im Laufe ihrer Abenteuer oft genug zu tun bekomkmen hatten, ziemlich gut kannte und weiterhin in Betracht zog, dass ja nicht nur ein wahnsinniger, griechischer Erfinder, sondern eine Katzengöttin, ein schwachsinniger Dieb und der ein oder andere wahnsinnige Zauberer in jener Galerie zu finden waren – irgendwie bezweifelte sie, dass sie übertrieb.

Und nun waren ja auch noch neben den zwei königlichen Gesandten, die sich ohnehin angekündigt hatten, diese beiden anderen Hochwohlgeboren aufgetaucht. Das Chaos würde nicht lange auf sich warten lassen, dessen war sie sich einfach sicher – es war wie ein schwerer, schwarzer Klumpen, der in ihrem Bauch lag und dort rumorte.

Dennoch – vielleicht konnte sie sich doch entspannen? Vater hatte die Feier ihnen zu Ehren gegeben und es wäre eigentlich eine Schande, diese Feier zu verschmähen. Und vielleicht übertrieb sie es wirklich.
Zwar sträubte sich ihr kompletter Verstand und ihr kompletter Körper gegen die Vorstellung, dass Mechanikles tatsächlich sicher in Gewahrsam war, aber sie konnte sich nicht helfen. Später würde sie nachsehen gehen – jetzt musste sie auf der Feier anwesend sein und Präsenz zeigen.
„Aladdin?“, leitete sie ein und als der Mann sie anblickte, lächelte sie sanft: „Geh schon mal vor – ich muss mich eben umziehen und folge dann.“

Papyrus betrachtete die angerichteten Köstlichkeiten und fragte sich, wer – bei Horus – das alles essen sollte. Die Palastküche hatte tatsächlich sehr schöne Speisen aufgefahren und er fand es schade, dass sein Magen schon nach zwei Gängen mehr als nur genug hatte. Was ihn aber mehr beschäftigte, war das Ding vor den Toren der Stadt und er fragte sich, warum sie nun feierten – sie könnten sich auch um diesen Skorpion kümmern, ihn demontieren und damit für alle sicher machen. Und wenn er auch nur den Hauch eines Funkens Menschenkenntnis besaß, so sah er, dass Theti ähnliche Gedanken durch den Kopf huschten. Das war doch eigentlich verrückt. Welchen Sinn hatte es, jetzt schon zu feiern? In seinen Augen war dies verfrüht.
Theti ließ ihren Satéspieß sinken, blickte zu Papyrus und trat auf ihn zu: „Du machst Dir auch Gedanken, oder?“
„Ja – wenn das alles zutrifft, was uns über Mechanikles erzählt wurde, dann würde ich vermuten, dass er einen Plan hat, um hier herauszukommen.“
Die Prinzessin nickte. „Ich sag dir was, mein kleiner Fischer. Wir werden uns nach der Feier mal in den Kerker begeben, um zu überprüfen, ob Mechanikles noch da ist.“
„Das klingt nach einer guten Idee.“, mischte sich in diesem Moment die Stimme des Mannes ein, den man nur „Prinz Doktor“ nannte. Er nahm sich ebenfalls einen, der auf dem Tisch dargebotenen Satéspieße und zuckte mit den Schultern: „Ich weiß auch nicht. Irgendwie is in der Party der Wurm drin.“
Und dann blickte er Theti an: „Sagen Sie, Prinzessin…“
Er stockte, schien etwas formulieren zu wollen, schüttelte dann den Kopf und schaute die Beiden wieder an: „Nicht weiter wichtig. Genießt die Feier.“
Damit wandte er sich um und ging zu seiner Prinzessin.
Papyrus und Theti blickten ihm nach.
„Ein sehr merkwürdiger Mensch“, stellte die ägyptische Thronfolgerin fest.
Papyrus nickte.

Cal erreichte die grübelnde XO wieder, hielt ihr den Satéspieß hin und lächelte: „Ohne Erdnusssoße. Ich weiß, die magst Du nicht.“
Sie wandte sich ihm kurz zu, lächelte für den Bruchteil einer Sekunde, hauchte ein „Danke“, ehe sie den Spieß nahm und ins Fleisch biss. Dann starrte sie wieder in die Dunkelheit, die der Nachthimmel über Agrabah war.
Einige Sekunden hüllte die Nachtruhe sie in Schweigen. Agrabah schlief den Schlaf der Gerechten, das Wetter war toll – was konnte man nicht mögen?
Der Captain seufzte behaglich, trat neben seine Frau und bettete seinen Kopf auf ihre Schulter.
„Heimweh?“, fragte er dann und wandte seinen Blick wieder ihr zu. Ihre grünen Augen leuchteten im Mondenschein und eine einzige Träne kullerte über ihre Wange.
Sie lächelte kurz und freudlos, ehe sie den Kopf schüttelte: „Nein. Ich bin zu Hause. Ich bin auf der Erde. Es ist eher ein ‚Zeitenheimweh’.“
Der Captain schluckte hart, ließ seinen Blick dann wieder über die Stadt schweifen: „Das kenne ich. Ich möchte auch am Liebsten wieder im 24. Jahrhundert sein. Besser jetzt als gleich. Zumal mich interessieren würde, ob es Adama und Konsorten in unsere Gegenwart geschafft haben.“
Agatha Silverbirds Körper versteifte sich, dann wandte sie sich ihm zu: „Du weißt, dass dies eigentlich deine Schuld ist? Wenn Du nicht versucht hättest, die Menschen vor den Zylonen zu retten, wäre das alles gar nicht passiert.“
„Wollen wir ernsthaft, jetzt, hier, unter dem schönsten Mondenschein über diese Hilfsaktion reden? Du weißt, dass ich dazu stehe?“
Seine XO holte Luft, atmete einmal durch und schaute ihn dann an: „Ja, aber deine Taten haben Konsequenzen. Ich weiß nicht – begreifst Du das nicht?“
„Was hätte ich machen sollen? Ignorieren, dass die Zylonen die GALACTICA beinahe aus dem All gepustet hätten? Ignorieren, dass sie ansonsten gestorben wären?“
Kurz stieß Agatha die Luft aus, so, als ob sie abfällig schnauben würde, warf die Arme in die Luft und wandte sich dann wieder dem Panorama zu.
Der Captain betrachtete sie und machte keine Anstalten, wegzugehen.
Und er konnte sehen, dass sie genervt war, denn sie schloss die Augen, atmete noch einmal tief durch, als müsse sie sich beherrschen, nicht zu explodieren. Dann widmete sie ihm ihre gesamte Aufmerksamkeit.
„Ich kann verstehen, warum Du das getan hast – aber ich hoffe, Du verstehst, dass es falsch war. Oder besser – wenn schon nicht falsch, dann wenigstens riskant.“
„Riskant ist eine Menge.“, stellte der Kommandant fest, trat auf sie zu und blickte sie an: „Und ich werde nie aufhören, riskante Sachen zu tun. Dafür bin ich der Captain. Und für sowas habe ich meine genau so wunderschöne, wie unglaublich clevere, XO.“
Damit zwinkerte er ihr zu: „Ich hab dich nicht nur wegen deiner roten Haare zu meiner Stellvertreterin gemacht.“
„Nein“, sagte sie und dieses Mal war das Lachen, dass aus ihrer Kehle emporstieg, nicht freudlos, „Weil ich die eigentlich richtigere Wahl gewesen wäre.“
Das Grinsen auf Cals Lippen hatte eine Nuance von Spott: „Oh, wie Du bescheiden bist, mein Liebling.“
Damit nahm er sie in den Arm und küsste sie.
Sie erwiderte den Kuss und stockte, als sie merkte, dass er nach dem Satéspieß griff.
„Mistkerl.“, grinste sie, „hast Du es nur auf diese Hühnerbrust abgesehen?“
„Darauf“, zwinkerte Cal ihr zu, „Antworte ich lieber nicht – am Ende wird’s noch NC-17.“
Ihr amüsiertes „Dummkopf“ konterte er mit einem amüsierten Zwinkern, ehe er mit dem Kopf Richtung Tisch nickte: „Wollen wir dann jetzt zur Party gehen? Oder machen wir nachher unsere eigene Feier?“
„Wie war das mit dem NC-17?“, kicherte Agatha und nahm ihn dann bei der Hand, um ihn zurück in den Bankettsaal zu führen.
Aladdin trat auf sie zu, grinste und fragte: „Ärger im Paradies?“
„Das Paradies ist wieder da.“, erwiderte Cal und stockte, als die Tür aufging und Prinzessin Jasmin hereinkam.
„Al“, sagte er dann, „Ich glaube, das solltest Du dir ansehen.“

Der junge, ehemalige Dieb drehte sich um und erstarrte.Seine Frau war ja in ihrer normalen Kleidungswahl schon wunderschön, aber nun schien sie das alles noch überbieten zu wollen. Offenbar hatte sie magische Hilfe vom Genie gehabt, denn dieses Kleid war ihm bisher nicht aufgefallen. In der Hauptsache war es rot, lang und an den richtigen, strategisch nicht unbedingt wichtigen Stellen, durchsichtig. Es verfügte über einen Schleier, der momentan offenstand und Aladdin konnte von sich mit Sicherheit behaupten, noch nie etwas Schöneres gesehen zu haben. Irgendwie schien auch Prinz Doktor elektrisiert und Aladdin fragte sich, woran das liegen mochte.

Cal stubste seine XO an, die kurz einen Blick auf die Frau warf und dann ebenfalls erstarrte.
Trug sie wirklich…
Sie wandte sich an Cal: „Schatz, träum ich oder wach ich?“
Der Captain schaute seine Frau wie betäubt an, blickte dann wieder zu Jasmin und sein Blick verlor sich im schimmernden Diadem, das ihre lange, zur kunstvollen Lockenpracht gesteckte, Frisur an Ort und Stelle hielt.
„Nein“, hauchte er, „Das ist tatsächlich einer.“
Aber wie kam er dahin?
Der Captain wusste es nicht, er wusste nur, dass der blaue Edelstein, welcher als Blickfang im Diadem zu finden war, vermutlich unter Schmucksammlern keinen großen Wert erzielen würde – wohl aber unter Ingenieuren der Sternenflotte.
Es war ein Dilithium-Kristall.

TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 9.3

Der Captain der DRAGONFLY betrachtete fasziniert, wie die blauen Reflexe, die der Dilithium-Kristall warf, über Haare und Haut der Prinzessin von Agrabah tanzten, ehe er verblüfft zu seiner XO blickte. Auch sie schien wie hypnotisiert von dem Widerschein zu sein und irgendwie überraschte es ihn nicht. Ein Gruß aus der Zukunft, hier in der Vergangenheit der Erde? Natürlich hatte es Dilithiumabbau auf der Erde gegeben – wie sonst hätte Zephrem Cochrane ansonsten zu seinem legendären Phönix-Flug aufbrechen können und Cal konnte sich schon vorstellen, dass der erste Kristall, der verwendet wurde, vorher ein eher unscheinbares Leben entweder als Schmuckstück oder aber im Schoß der Erde geführt hatte, aber hier in dieser Umgebung, dieser Disney-Fikation des Orients, die sich verblüffenderweise als relativ realistisch herausgestellt hatte, über einen Gegenstand zu stolpern, den sie vermutlich brauchen konnten, war etwas, das ihn mehr als nur überraschte.
Und wenn er ehrlich war – genau sowas konnte er jetzt brauchen.

Zumal er sich langsam, aber sicher fragte, wie er zu seinem Schiff kommen sollte. Bisher hatte es andere Prioritäten gegeben: Man hatte sich eine gewisse Identität aufbauen müssen, hatte zeigen müssen, wer man war, ohne zu zeigen, wer man war und man war – mehr oder weniger – gezwungen gewesen, mitzuspielen. Morgen allerdings, aber das hatte er Agatha erst später sagen wollen, wollte er sich auf den Weg in die lebensfeindliche Umgebung der Wüste machen, um die bruchgelandete DRAGONFLY zu finden. Zwar bezweifelte er, dass es leicht werden würde – andererseits war bekannterweise nichts, das sich lohnte, wirklich einfach.

Er trat auf die Prinzessin zu, schenkte ihr ein freundliches Lächeln, ehe er mit dem Kopf Richtung Kristall nickte.
„Das ist ein schönes Diadem, das sie da haben, Prinzessin.“, eröffnete er die Unterhaltung, was sie mit einem „Danke sehr“ beantwortete.
„Darf ich fragen, von wem Sie es haben?“
‚Neugierig sind wir so gar nicht.’, schoss es dem Captain durch den Kopf und er fragte sich, ob sie seine doch sehr intime Frage beantworten würde – doch dazu sollte es nicht kommen. Das laute Klatschen des Sulatns riss ihn in die Gegenwart zurück.

Es gab wenige Momente, in denen der Sultan tatsächlich „scheinen“ konnte, an denen er in der Lage war, zu zeigen, zu welchen wirklich großen Taten er fähig war. Jasmin selbst sah ihn als ihren Vater an, als jenen Mann, der ihr in all den Jahren als Freund, Mentor und Gegenspieler gleichermaßen gewesen war und den für den sie einfach unbändige töchterliche Liebe empfand. Der Gedanke, dass er eines Tages nicht mehr da wäre, um die Geschicke Agrabahs zu lenken oder um ihr Vater zu sein, machte sie immer wieder traurig. Und doch – es war eine Unabwendbarkeit. Noch war er allerdings der Sultan und die Momente, in denen er zeigen konnte, als welchem Holz er geschnitzt war, waren die, in denen er tatsächlich etwas zu tun bekam. Über das Königreich von Agrabah zu herrschen war etwas, das sich zwischenzeitlich sehr nach einem Prinzip ausnahm, das man heutzutage als „Stille-Post-Prinzip“ bezeichnen würde. So war die Palastwache eigentlich angewiesen gewesen, für Ordnung zu sorgen, was im Falle der Beziehung zwischen Aladdin und Razul seinerzeit zu sehr unschönen Szenen führte.

Hier konnte der Sultan jedoch zeigen, das er eigentlich ein guter Herrscher war. Er hob seine Stimme und begann dann, mit melodischer Stimme zu sprechen.
„Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Jasmin, mein lieber Schwiegersohn Aladdin. Zum zweihundersten Mal innerhalb von drei Jahren haben es mein Schwiegerson, seine Frau und ihre Freunde geschafft unsere schöne Stadt Agrabah vor Unheil zu bewahren. Dies ist ein besonderer Anlass, der nach einer weiteren Feier ruft. Ich danke euch, dass Ihr so zahlreich erschienen seid.“
Dann blickte er in die Runde, lächelte und deutete mit dem präzisen Timing eines Zeremonienmeisters auf die große Tür, durch die Aladdin seinerzeit auf dem Rücken des zu einem Elefanten transformierten Abu geritten war. Knarrend öffnete sie sich und gab den Blick auf mindestens ein gutes Dutzend Musikanten und Tänzerinnen und Tänzer frei.
Letztere hüpften mit anmutigen Schritten den Musikanten voran, die es sich nicht nehmen ließen, reißerische Rhythmen aus ihren Instrumenten klingen zu lassen.
„Die Festivitäten können hiermit beginnen.“, rief der Sultan und klatschte erneut in die Hände.

Seit wievielen Stunden sie nun auf den Beinen waren und ihre Körper den heißen Rhythmen überließen, die die Musikanten ihren Instrumenten entlockten, wusste der Captain nicht und es war ihm auch eigentlich egal. Entgegen seiner eher medioker-anmutenden Erfahrung im Nachtclub, die je nach Sichtweise erst stattfinden würde oder schon stattgefunden hatte, hatte er hier die Hände seiner XO gegriffen und sich den Klängen ergeben. Sie wirbelten einander übers Pakett, nahmen zwischendurch Blickkontakt zu den anderen Tänzerinnen und Tänzern auf, Cal sah das blaue Glitzern des Dilithiumkristalls und stellte in dem Moment, in dem Agatha sich an ihn schmiegte fest, dass es momentan egal war. Er ließ seine Hand über ihren Rücken gleiten, sah, wie sie erschlaffte und sich nach hinten sinken ließ, nur gehalten von seinen Armen – nach aussen hin mochte das wirklich unglaublich elegant und beinahe erotisch aussehen, Cal stellte nur fest, dass es faszinierend war, dass ein so leichter, stromlinienförmiger und zierlicher Körper dennoch eine gewisse Schwere aufweisen konnte, wenn er nur durch zehn Finger gehalten wurde, die an neuralgischen Punkten saßen und das Gewicht von 60 Kilo auf eine Fläche von ungefähr 15 x 22 Zentimetern  - also ungefähr der Größe eines Taschenkalenders – verteilt wurde.
Was war Cal froh, dass sie sich dann wieder nach vorne katapultierte und in seine Arme flog.
Andererseits war es ihm auch egal, denn wenn es Momente gab, die er genoß, dann waren es Momente wie solche.  Er lächelte, gab sich noch mehr Mühe, ließ ihren Luxuskörper noch einmal herumwirbeln und zog sie dann wieder zu sich, vollkommen verloren im Moment und vollkommen gebannt von ihren grünen, vor Leidenschaft funkelnden Augen.
Man sagte nicht umsonst, dass Tanzen der vertikale Ausdruck eines horizontalen Verlangens war – und selbst wenn der Spruch auch nur zu 10 Prozent zutreffen würde, war sich Cal bewusst, dass das Klischee verlangt hätte, dass danach mindestens eine Zigarette fällig gewesen wäre.
Das war aufgrund von drei Faktoren nicht der Fall. Erstens rauchte Cal nicht, zweitens rauchte Agatha nicht und drittens, selbst wenn, war sich der Sternenflottenoffizier nicht sicher, ob die Zigarette überhaupt schon erfunden war.

Und dann geschah es.
Der Raum verdunkelte sich komplett.
Nein, so kann man das nicht beschreiben.
Von der Tür des Bankettsaales schien – zunächst unbemerkt, wie Rauch, dann aber immer mehr sichtbar – Dunkelheit in den Raum zu tropfen.
Cal bemerkte sie, als sie, schlangengleich, an Agathas Fuß entlangglitt, was sie zu einem überraschten Keuchen animierte. Der Captain blickte seine XO überrascht an, die ihm zunickte und ihren Tricorder zog. Inzwischen verdichtete sich die Schwärze im Raum, was sowohl den Musikern, als auch den Tänzern, jegliche Lust am Fortfahren ihrer Profession und Darbietung nahm und dazu führte, das jeder im Raum die Schwärze gebannt beobachtete.
Der Captain fühlte, wie ein Schauer über seinen Rücken lief, aber nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben, wie sich jener Schauer dann aufbäumte und in sein Genick bohrte, nur um sich drei mal um seinen Kopf zu wickeln und dann von der Schwärze angesaugt zu werden.
Was war das denn?
Er erinnerte sich an einen Bericht, den er einmal gelesen hatte. Kirk. Die Totalität. War sie etwa in die Vergangenheit gereist und hatte…
Cal stockte, als er sah, wie die Schwärze zu einer perfekten Kugel wurde, die obsidian-schwarz schimmerte und vermutlich sogar so schwarz gewesen wäre, das man sich in ihr hätte spiegeln können. Diese Form hielt allerdings nur ein paar Sekunden an, ehe mit einem lauten, metallisch-kreischenden tsching   eine Art Enterhaken aus der Kugel in den Boden geschossen wurde und sich dort verankerte. Ein weiteres Tsching später war ein anderer Schwarzer-Kugel-Enterhaken in die Decke eingeschlagen und setzte sich dort fest.
Verblüfft warf der Captain einen Blick zu Agatha, die den Tricorder vor sich hielt und das Ding scannte. Dann ließ sie das Gerät sinken und schüttelte den Kopf. Agatha wusste anscheinend genau so wenig, was hier vor sich ging, wie alle anderen, die dem Geschehen wie gebannt und hypnotisiert folgten.
Dann stieß das Ding einen lauten, schrillen, ohrenbetäubenden und trommelfellzerreißenden Schrei aus, dem Stille folgte.

Jasmin nahm die Hände als Erste von den Ohren. Was auch immer das für ein Gegenstand war – sie war diesem Ding gegenüber zwigespalten. Einerseits bezweifelte sie, dass es wegen Mechanikles hier war. Dazu schien es zu wenig mechanisch, sondern wirkte auf eine gerade zu ekelerregende Art und Weise Organisch. Doch zu glauben, dass es sich bei der Gefangennahme des Griechen und dem Auftauchen dieses Gegenstandes um zwei Ereignisse handelte, die nichts miteinander zu tun hatten, erschien ihr ein wenig blauäugig. Zwar gab es Zufälle, aber diese beiden Gegebenheiten erschienen ihr dann doch zu un-zufällig, um nichts aufeinander bezogen zu sein.
Aber was war es? Irgendeine Waffe? Hatte der Grieche den Palast jetzt mit dieser schwarzen Kugel unter seine Kontrolle gebracht?
Wenn sie so darüber nachdachte, dass sie selbst einmal auf alles und jeden neidisch gewesen war, nur, weil einer von Mechanikles kleinen Käfern in ihr Haar gekrochen war und sie mit einem von El Fatal erbeuteten Psychosteinen unter seine Kontrolle gebracht hatte, konnte man die Fähigkeit des Wissenschaftlers und Erfinders, teuflische Waffen zu konstruieren, gar nicht genug betonen. Bestes Beispiel dafür war der Skorpion, der vor den Toren demontiert wurde.
Ob das Ding von dort gekommen war?
Ein lautes „Ihh, was ist das denn?“, das eine der Tänzerinnen von sich gab, erweckte ihre Aufmerksamkeit. Sie schaute zu ihr, folgte ihrem Blick und stellte fest, dass der ganze Boden inzwischen obsidianschwarz schimmerte. Was war das? Hatte diese Kugel den Boden manipuliert?`
„Ich kann mich nicht bewegen.“, stellte ein anderer Tänzer fest. Jasmin wandte sich um und sah, wie er versuchte, die Beine zu heben, aber vom Boden zurückgezogen wurde. Eine hauchdünne Schicht schwarzer Masse hielt ihn fest.
Sie wechselte einen besorgten Blick mit Aladdin und stellte fest, dass er sich verfluchte, gerade kein Schwert dabei zu haben.
Der in ihrer Nähe stehende Prinz Doktor versuchte ebenfalls, einen Schritt nach vorne zu machen, wurde aber vom Boden wieder in die normal stehende Position gezogen und murmelte ein „Das ist wie Kaugummi unter den Sohlen, nur tausendmal schlimmer“. Jasmin konnte dem nur zustimmen. Sie hatte von Harzen gehört, die genießbar waren und die man kauen konnte.
Und dann merkte sie, wie die Schwärze ihren Körper hochglitt. Erst einige Zentimeter, sodass ihre Füße im Boden zu stecken schienen, dann schleimte sie ihre durchtrainirten Beine empor, bis zur Hüfte. Kurz warf sei einen Blick rundherum und stellte fest, dass jeder im Saal in der Selben Zwickmühle steckte und dass diese Masse, was auch immer sie war, nicht sonderlich viel auf die Kunst zu geben schien, die ihre Lehrer ihr als „Physik“ vorgestellt hatten. Das gesamte Spektakel spielte sich im Saal ab, doch die Substanz floss nicht durch die großen Fenster nach draußen. Hier musste irgend ein Wille am Werk sein, irgendeine Magie, die den Schleim, die Substanz, die Schwärze, kontrollierte.
Prinz Doktor förderte den seltsamen Gegenstand zu Tage, mit dem er heute schon auf den Mann geschossen hatte, der sie vor dem Skorpion hatte warnen wollen und auf den Skorpion selbst. Erneut sandte das Ding einen Lichtstrahl aus, der die Schwarze Kugel in der Mitte traf. Die Energie, die in diesem Lichtstrahl steckte, wurde von der Kugel absorbiert und dann in die schwarze Masse gesandt, in der sie alle steckten. Jasmin spürte, wie sie von dem Licht im Bauch getroffen wurde, wie es sich ihre Muskeln hocharbeitete, ins Hirn vordrang und …

Aladdin spürte, wie er im Rücken getroffen wurde, wie sich irgendwas durch seinen Körper fras, Schmerzen verursachte und seine Sinne zu rauben drohte. Als der junge Mann aber sah, wie seine Frau schmerzerfüllt aufstöhnte, erst nach vorne sackte, um sich dann aufzubäumen und kurzzeitig nach hinten zu sinken, sodass ihr Zopf einen perfekten Bogen umschrieb, wurden Urkräfte in ihm wach. Mit einem lauten „JASMIN!“ machte er sich daran, aus der Masse herauszuspringen, doch anstatt, dass er dies schaffte, fiel er nach vorne in die Schwärze und…

Cal sah, wie die Energie, die er in die Kugel geschickt hatte, auf die Fläche umgeleitet wurde und auf ihn und alle anderen Gefangenen zuleckte. Die Tänzer und Musikanten schrien und erschlafften kurzzeitig, dann war die Energie bei ihm. Milisekunden, bevor sie ihn traf, wandte er seinen Blick zu Agatha, die ihm beruhigend zulächelte. Dann brandete die Energie gegen seine Neuronen – Schwärze folgte.

Genie wusste nicht, wie lange er sich daran gemacht hatte, die Demontage des Skorpions zu begleiten. Er wusste nur, dass seine halb-phänomenalen, fast kosmischen Kräfte dafür einfach gut geeignet waren. Und wenn man eine Arbeit erledigte, dann bitteschön mit Stil. Schnell hatte er sich, vor den Augen der Wachen, verwandelt, trug nun einen Bauarbeiterhelm, ein kariertes Hemd, eine blaue Latzhose und wandte sich an die Wachen: „Dann wollen wer ma, wa?“
Er liebte den Berliner Akzent, mochte es, ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit einzusetzen, auch wenn Aladdin, Jasmin und auch Teppich nicht viel damit anzufangen wussten. Selbst Iago, seines Zeichens Papagei und weitgereist, war noch nicht zu diesem Flecken gekommen, den man später Deutschland nannte und hatte nie die berühmte „Berliner Schnauze“ hören dürfen – er selbst, der er mehr oder weniger ausserhalb von Raum und Zeit lebte, war da schon priviligierter gewesen.
Und wie er es liebte, mit Eden durch Raum und Zeit zu schweben. Aber das gehörte nicht hier her – auch nicht der Fakt, dass es ihn traurig machte, der einzige befreite Genie zu sein. Dafür, dass andere Flaschengeister weit weniger Glück hatten und von ihren Meisterinnen und Meistern nicht befreit worden waren – auch Eden war dies nicht vergönnt, wenngleich sie es mit ihrer jungen Meisterin eigentlich ganz gut getroffen hatte – konnten die Bewohner von Agrabah nichts.

Gut - bei Eden verstand er es. Sie konnte das junge Waisenmädchen Dhandi nicht einfach alleine lassen. Andere Flaschengeister hatten nicht soviel Glück und es verärgerte ihn und machte ihn traurig, dass nicht alle Menschen so verständnisvoll seiner Spezies gegenüber waren, wie Al.
Irgendwann würde er sich darum kümmern. Vielleicht müssten die Flaschengeister aus dem kollektiven Bewusstsein der Menschen verschwinden, vielleicht bestand die Möglichkeit, ein eigenes Kontinuum…
Aber das war ja Blödsinn.
Und es half nichts. Wenn Dhandi starb, wären er und Eden zwar zusammen, aber nur solange, wie niemand anderes die Flasche der schönen Flaschengeistin fand.
Manchmal gab es Tage, an denen er versucht war, die Bewohner von Agrabah ihrem Schicksal zu überlassen – aber nicht heute.
Lächelnd ließ er seine Magie spielen, zauberte einen großen Presslufthammer herbei und begann damit, den Metallskorpion, den Mechanikles gesandt hatte, zu traktieren. Dieser schien davon wenig begeistert zu sein.
„Hm, ein harter Gegner“, konstatierte der Flaschengeist, verwandelte seine Form und sagte: „Aber ich bin John Spartan. Ich bin der Demolition Man.“
Mit seine Magie beschwor er eine Pumpgun herauf – natürlich in der Genievariante, sprich lächerlich groß und blau – zielte auf den Skorpion und sagte, mit typisch, stallone-iger, schiefhängender Lippe: „Adrian!“
Dann schüttelte er den Kopf, verwandelte sich in ein Abbild von Arnold Schwarzenegger, sagte „ich meine natürlich“, ehe er in englisch-österreichischem Akzent ein „Asta la vista… baby“ von sich gab.
Er schoss – und auch dies schien den Skoropion wenig zu kümmern. Im Gegenteil. Die Magie des Flaschengeistes wurde von irgendetwas reflektiert, kam zu ihm zurück, wie ein großer Boxhandschuh, traf ihn und verwandelte ihn erneut – dieses Mal in Rocky, der gegen eine Wand taumelte und mit einem „Ich bin ausgezählt“ an ihr herabsank.
Wenn es nicht schon passiert ist,  merken die Leser an dieser Stelle, dass es einfacher ist, die visuellen Anspielungen, die der Genie zu bieten in der Lage ist, zeichnerisch darzustellen, als schriftlich festzuhalten. Aber das hat den Autor dieser Zeilen ja noch nie gestört.
Genau so wenig, wie der kleine Rückschlag den Genie störte, denn er war wieder auf den Beinen und begann, den Skorpion mit einem großen Vorschlaghammer zu bearbeiten.
So ging es den ganzen Abend.

Das laute Heulen, das seinen Ursprung im Palast hatte, schienen die Wachen besonders enervierend zu finden, die gingen in die Knie, pressten die Hände auf die Ohren und schrien. Genie hielt mitten in der Bewegung inne, der Hammer blieb genau über seinem Kopf stehen und ehe er Schaden anrichten konnte, verschwand er in einem Aufpuffen von Magie.
Fasziniert hob der Flaschengeist seinen Blick und sah, wie der Palast von Blitzen erhellt wurde.  „Da gucken wir doch lieber ma nach, wa?“, sprach er, immer noch im Berliner Duktus und hob ab, um auf den Palast zuzufliegen.
Kurz blickte er zu den Soldaten, die gerade wieder auf die Beine kamen und ihm zuwinkten.

Auf dem Balkon, der zum Thronsaal gehörte und der gerade zum Bankettsaal umgewandelt worden war, setzte nach ein Paar Sekunden Flug Genie auf, wobei er sich den Habitus von Iron Man zum Vorbild nahm – nur eben in Blau. Gut, Comic-Kenner würden jetzt sagen „Hey, passt doch, Tony ist doch meistens blau“ und würden sagen „Allegorie zur wirklich guten Story ‚Demon in the Bottle’?“. Hierzu könnte ich natürlich sagen „Ja, klar“, aber das wäre gelogen. Es ist einfach Genies Interpretation von Tony Stark. Mit langen, kraftvollen Schritten trat er auf die großen Fenster zu und stockte, als er sah, dass der komplette Raum bis zur Decke mit einem schwarzen „Schleim“ gefüllt war. Plötzlich veränderte sich etwas – als wollte eine geheimnisvolle Macht Genie einen Einblick gewähren, hellte sich der Schleim auf, die undurchdringliche Schwärze wich einer Klarheit, sodass er in den Saal spähen konnte. Dort standen Menschen, wie Insekten im Bernstein, eingefroren in der Zeit.
Genie schluckte, als er die vertrauten Formen Aladdins und Jasmins erkannte, die ebenfalls gefangen schienen.
Genie verwandelte die Iron-Man-Rüstung erneut, ließ sie in einen Hammer metamorphieren, den er mit großer Wucht gegen die Masse schnellen ließ – was keinen Effekt zu zeitigen schien.
Was war hier los?
Der Flaschengeist spähte erneut in die Masse. Keiner der Eingesperrten hatte sich bewegt, was bedeutete, dass sie entweder tatsächlich in der Zeit eingefroren waren – oder er aber nur noch ihre Leichen sehen konnte.
War Al tot?
Er wusste es nicht, er hoffte nur, dass es nicht so war und sank an der Masse herab, um den Kopf in die Hände zu stützen.
Was konnte er tun?
TBC

Kapitel 9.4
Der Dschinn wusste nicht, wie lange er schon da gesessen hatte und darüber nachsann, welche Schritte möglich wären. Wenn er ehrlich war, interessierten ihn solche Kleinigkeiten auch nicht, er war nur daran interessiert, seine Freunde aus diesem Gefängnis befreien zu können. Es war magisch – soviel war dem Flaschengeist klar und bewusst, aber er wusste nicht, wie er die Magie, die hier im Spiel war, am Besten umgehen konnte. Die Wachen, deren polternde Schritte er wahrnahm, würden vermutlich auch nichts ausrichten können, aber er kannte Razul. Er würde es versuchen wollen, würde vermutlich sogar einen „Mutigen Vorstoß“ machen, entweder das Schwert gegen die Masse führen oder versuchen, sie mit der Hand zu berühren. Er kannte den Mann, der als Hauptmann der Wachen verantwortlich war, einfach zu gut. Und er kannte die Magie zu gut. Gut genug, um zu wissen, dass diese Aktion kein willkürliches Aufflackern magischer Energie war, sondern ein wohl kalkulierter Angriff.
‚Erinnerst Du dich noch daran, als der schlimmste Angriff gegen deine Freunde durch einen Comedy-Effekt von Dir, in der Regel ein einfaches ‚in Puzzle-Teile zerspringen’ abgewendet wurde?’, schoss es ihm durch den Kopf und er musste lächeln. Klar erinnerte er sich daran – das war doch erst gerade eben passiert.

Genie seufzte. Was konnte er tun?
Diese Frage hatte er sich mindestens ein halbes Dutzend Mal gestellt und jetzt, wo die Wachen auftauchten und Position bezogen, wusste er, dass die Situation sich bald sehr unschön entwickeln würde.
„Was ist hier passiert?“, hörte er die Stimme des Hauptmannes der Wachen, Razul. Die Antwort, die ihm auf der Zunge lag – ein „Das würde ich auch gerne wissen“ – schluckte er herunter und beschränkte sich auf ein „Ein magischer Angriff, den ich nicht abwenden konnte.“. Das traf zumindest zu. Razul schien das ebenfalls zu denken, steckte das Schwert, das er gezogen hatte, wieder in die Schlaufe seiner Pluderhose und betrachtete den Genie mit einem Gesichtsausdruck , den dieser schon lange nicht mehr gesehen hatte.
Es war wieder dieses „Frownen“, also das Verziehen des Gesichts, zu einer Miene des bloßen Mißtrauens. Genie konnte durchaus sehen, was im Kopf des Wachmannes vor sich ging, sah, dass Razul sich hauptsächlich zwei Sachen fragte und auf keine der beiden eine befriedigende Antwort wusste.
Frage 1) Wenn dieses Ding, das den Ballsaal umschließt, magisch ist, müsste dann Genie nicht zu einem Hauptverdächtigen werden?
Frage 2) Wenn dieses Ding, das den Ballsaal umschließt, magisch ist, müsste dann Genie nicht eigentlich helfen können?
Dem schloss sich die dritte Frage, ob man Genie überhaupt trauen konnte, an.
Kurz durchdachte Razul diese Fragen, kam dann zu dem für ihn absolut unbefriedigenden Ergebnis, dass er keine der Fragen beantworten konnte und auf sein Bauchgefühl angewiesen war.

Bei anderen Ermittlern mochte dies eine gute Nachricht sein, Razul hatte jedoch über den Zeitraum von knappen 3 Jahren herausgefunden, dass sein Bauchgefühl ihn zwischendurch ziemlich in die Irre führen konnte. Er seufzte. Was war nun die angemessene Wahl?
Konnte er…
Kurz stockte Razul – was überlegte er eigentlich? Wenn es darum ging, Sultanat und Sultan zu retten, war jedes Mittel recht. Er wandte sich an Genie, straffte seine Gestalt und blickte ihn ernst an. „Ich weiß nicht, ob ich Dir vertrauen kann, Flaschengeist.“, leitete er ein und betonte das Wort „Flaschengeist“, wie Genie fand, ziemlich unnötig-herablassend. Dann blickte er kurz zu Boden, schüttelte den Kopf und riss seinen Blick wieder hoch, sodass er dem Genie in die Augen blickte: „Du bist unser einziger Magier hier – und ich brauche einen guten Magier, um den Sultan zu befreien. Tu was du tun musst, ziehe hinzu, wen du hinzuziehen musst – ich gebe dir eine Woche und wenn der Sultan bis dahin nicht frei ist, probiere ich meinen eigenen Trick aus und der sieht vor, dass die Magie verschwindet, wenn der Genie tot ist.“

Der Flaschengeist schluckte. Das war eine vollkommen logische, nachvollziehbare Argumentation, die der Hauptmann der Wachen da hingelegt hatte und irgendwie konnte sich Genie ihr nicht entziehen. Er schaute zu Razul und nickte nur, ehe er sich auf den Weg machte, in der Zwischenwelt Fachliteratur zu wälzen.

Warten ist immer am Schlimmsten, wenn man dabei nur unproduktiv sein kann . Und einen Palast mit Leuten zu bewachen, von denen man nicht weiß, ob sie überhaupt noch leben oder schon tot sind, anstatt nach dem Schweinehund zu suchen, der die Leute im Palast in diese Situation gebracht hat, ist zwar mehr oder weniger nützlich, zehrt aber dennoch an den Nerven. Razul beobachtete, wie die Sonne langsam, unendlich langsam über den Horizont kroch. Er wünschte sich, in der Lage zu sein, etwas zu tun – und es war ihm, als hörte er die Stimme von Prinzessin Jasmin, die aufmunternd „Aber du tust doch etwas. Du passt auf uns auf“ gluckste. Es war ihm inzwischen klar, dass es sich hierbei einfach nur um eine Halluzination handelte, aber momentan war er über jedes Lob dankbar, auch wenn es nur eingebildet war.
Verdammt – was war geschehen? Er war doch nur kurz weg gewesen, hatte sich um seine Familie gekümmert und hatte den Arm um seine zierliche Frau gelegt, um ihr einen Kuss zu stehlen. Nicht einmal seine Untergebenen wussten, dass er Familie hatte – aber das war in Ordnung. Das Berufsleben und das Privatleben trennte er bevorzugterweise, so konnte es keine Komplikationen geben. Heute hatte er sich einmal ein paar Stunden gegönnt, um den Geburtstag seines ältesten Stammhalters zu feiern – und warum auch nicht? Der Skorpion war besiegt, der Erfinder saß im Gefängnis und die Feier war sowieso nicht für Seinesgleichen. Seine Stellvertreter würden ihn schon würdig bei der Wache vertreten – er hatte sie gut ausgebildet und hatte eigentlich bezweifelt, dass heute etwas passieren würde. Aber – so war es halt. Es hatte ihn nicht großartig verwundert.

Wenn nur nicht die Sonne so langsam wäre. Wenn er endlich von seinem Posten abrücken könnte und selbst investigativ werden. Aber nein – seine beiden Stellvertreter hatte er nach Hause geschickt, schließlich mussten sie die Spätschicht übernehmen – das bedeutete, dass er derjenige welche war. Er war derjenige, der auf dem Posten bleiben musste.

Das leise Klingeln hörte er dann, als es schon wieder weg war. Er fuhr herum und stockte, als er Genie sah, der ihn erschrocken anblickte.
„Ruhig Blut, Razul.“, sagte das magische Wesen und trat nun an das Magische Dings heran.
Die Waffe, die Razul gezogen hatte, blieb immer noch auf den Flaschengeist gerichtet, als dieser in die Knie ging und das – was immer es war – abklopfte.
Dann schüttelte er den Kopf und wandte sich an den Hauptmann: „Razul, du kannst mich Köpfen, wenn Du willst, aber es ändert nichts an den Fakten. Alleine komme ich dagegen nicht an. Ich könnte noch zwei andere Zauberer herbeirufen, vielleicht können die ja helfen.“
„Du hast eine Woche Zeit.“, erläuterte Razul erneut, „Danach geht es dir schlecht.“
Und mit einem „Danke, sehr freundlich“ war der Genie verschwunden.
Und er blieb es – für eine ganze Stunde.

Dann erschien er wieder, kam aber nicht allein. In seiner Begleitung befand sich ein grüner Flaschengeist, der die Figur einer wunderschönen Frau hatte und die die Gelegenheit nutzte, sich umzusehen.
„Schön ist es hier.“, stellte sie fest.
Der Wächter seufzte. Noch mehr Dschinns? Das konnte noch lustig werden.

Raum und Zeit waren für Genie relativ. So nahm er zwar wahr, dass er für die Aussenwelt gerade einmal eine Stunde verschwunden war, aber er selbst hatte das Gefühl, als wäre er Tage unterwegs gewesen. Was er mehr oder weniger auch war. Eden zu finden, das war nicht schwer. Eden davon zu überzeugen, ihnen zu helfen, war auch kein großes Hinderniss gewesen. Mit ihr unterwegs zu sein, glich einem Traum und er war versucht, jede Millisekunde auszukosten, die er mit ihr verbrachte.
Edens wohlgeformte Beine nahmen Kontakt zum Boden auf, als sie kniete und ihr Ohr gegen das magische Feld presste. Sie blickte zu Genie empor, zuckte mit den Schultern, schüttelte mit dem Kopf und stand auf: „Frag mich etwas Leichteres. Ich glaube, es ist ein Chaos-Feld, aber ich bin mir nicht sicher. Vielleicht solltest Du einen weiteren Magier fragen.“
„hast Du wen im Auge?“; fragte der blaue Flaschengeist und sein grüner, weiblicher Gegenpart nickte: „Aber es wird dir nicht gefallen.“

Der junge Mann mit dem Turban blickte das magische Chaosfeld ungläubig an. Seine braunen Augen blitzten amüsiert auf, als er sich wieder umdrehte und sah, dass sich nichts geändert hatte. Diese tumben Gestalten, die sich der Sultan als „Wachen“ hielt, hatten ihre Schwerter immer noch auf ihn gerichtet.
Er wusste, dass es gerade jetzt unpraktisch wäre, einen entsprechenden Kommentar abzusondern, also räusperte er sich kurz und blickte zu Genie und Eden, die nebeneinander standen und sie sich an den großen Flaschengeist zu klammern schien.
„Da ist kein Durchkommen.“, erklärte er und hob seine Hände. Die linke, immer noch behandschuhte Hand legte sich auf eines der Schwerter und schob es zur Seite, dann trat er nach vorne, lächelte die Wachen an und sagte: „Wenn ihr mir die Schwerter nicht ganz so nahe ins Gesicht halten würdet, wäre ich euch sehr verbunden.“
Anschließend wandte er sich Genie zu: „So, ihr habt meine Meinung, jetzt will ich eure Gegenleistung haben. Ihr habt versprochen, dass ihr euch in meine Dienste stellt. Und ich habe genau die richtige Aufgabe für euch.“
Genie schien zu wachsen.
„Mogelrat!“, sagte er mit Schärfe und Empörung in der Stimme, „Du hast noch nicht einmal versucht, irgendetwas am magischen Feld zu machen.“
Der junge Zauberer lachte: „Ach? Meint Ihr im Ernst, dass, wenn ihr mit euren halb-phänomenalen, fast kosmischen Kräften gegen dieses Kraftfeld nicht ankommt, schaffe ich es?“
„Du bist ein Zauberer der schwarzen Magie!“, meldete sich nun Eden zu Wort, „Du verwendest Rituale, die wir aus ethischen Gründen nie anwenden würden.“
„Und das ist der Punkt, Herzchen.“, lachte der Magier, ehe er auf das Feld hinter sich deutete: „Dort ist viel mehr zu holen, als nur der Dienst zweier Genies an drei Tagen.“
„Und an was hast Du gedacht?“
Mogelrat wandte sich zu Razul um, hob beide Hände und lachte vergnügt: „Ein Geschäftsmann. Wie nett. Schön zu sehen, dass auch in einem so muskelbepackten Körper ein Rest von betriebswirtschaftlichem Sachverstand zu finden ist.“
Dann hob er beide Hände, ließ eine magische, grell-schimmernde Kugel erscheinen und begann, sie zu jonglieren: „Für mich ist es einfach. Ihr habt eine Nachfrage, ich habe ein Angebot. Ihr seid auf mich angewiesen, für mich dreht sich die Welt weiter, wenn Aladdin und seine Prinzessin mir nicht dauernd in die Quere kommen. Dass ich meinen ärgsten Rivalen aus diesem Schlamassel befreie, muss sich für mich lohnen und ihm wehtun.“
Damit wandte er sich an Genie: „Ich wünsche mir eure Dienstbarkeit – für einen längeren Zeitraum.“
„Und was heißt ‚länger’?“, knurrte Razul.
Das Lächeln auf Mogelrats Lippen wurde breiter: „Für immer.“

Razul atmete tief durch.
Er erinnerte sich daran, wie er als junger Frischling zur Wache kam und wie er auf den Schutz des Sultans vereidigt wurde. Dieser kam zuerst und wenn es einen Moment gab, an dem er erkannte, dass er – Razul – diese heilige Pflicht sträflich vernachlässigt hatte, dann war es der Moment, an dem dieses ganze Spektakel losgegangen war. Er durfte sich dieses Mal keine Pannen erlauben.
Er blickte zu den beiden Flaschengeistern, die einander schützend in die Arme nahmen und ihm zunickten.
Es war ein Verständnis über Stände, Rassen und die Logik der Magie hinweg.
Erneut atmete er durch, schloss seine Augen und widmete seine ganze Aufmerksamkeit wieder Mogelrat.
Und in diesen Augen sah er, dass Mogelrat wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Der Magier wusste, dass er die Dienste Genies und Edens in Anspruch nehmen konnte und er wusste, dass ihm – Razul – keine verdammte Wahl blieb. Er musste dieses Geschäft abschließen.
„Na gut“, sagte er, streckte die Hand aus, um sie Mogelrat zu reichen, als ein ohrenbetäubend-lauter Knall ertönte. Sein Ursprung war der Ballsaal und wenn er den Gesichtsausdruck des jungen Magiers richtig interpretierte, dann hatte Mogelrat mit diesem Knall nichts zu tun.
Verblüfft blickten die Wachen einander an, wirbelten dann herum und eilten zum Ballsaal, gefolgt von Mogelrat, dem Flaschengeistpärchen und Razul.

Als sie auf der Terrasse ankamen, von der aus eine Treppe zum Balkon des Sultans führte, ertönte ein weiterer, noch lauterer Knall, was dazu führte, dass Razuls Ohren klingelten und er sich taub fühlte. Ob dieser Zustand sich bald ändern würde, wusste er nicht und momentan war es ihm auch egal. Was auch immer dort passierte, es passierte nicht ohne Grund. Razul beschleunigte seine Schritte, als die Erde erbebte – sicherlich ein neuer Knall – und er nun sehen – oder besser: fühlen -  konnte, wie etwas aus den großen, türfreien Bogen, die vom Balkon zum Thron- und Ballsaal führten, eruptierte. Luft?
Er war gerade auf Höhe des Eingangs angekommen, als erneut Luft aus dem Raum gestoßen wurde. Und dann war die Geräuschkulisse wieder hörbar. Das Klingeln in Razul Augen war fort und er hörte, wie die Menschen in Agrabahs Straßen panisch aufschrien und davon rannten. Und dann glaubte er, seinen Augen nicht zu trauen. Das „Feld“ – was immer es war – war fort. Aber das war nicht das Überraschende. Das sah er erst, als er näher kam. Denn das der Sultan einen Blick zur Decke warf, war schon ungewöhnlich – dass jeder andere der Anwesenden ebenfalls nach oben blickte, das war schon überraschender.
Neugierig warf er einen Blick nach oben und stockte. An der Decke des Thronsaals schwebte eine nachtschwarze Gewitterwolke, die von Blitzen durchzogen wurde. Mit viel Fantasie konnte man die Blitze sogar als Adern und die Wolke als Hirn betrachten.
Was war hier los?
Er wusste es nicht, er wusste aber, dass er keine Zeit zu verlieren hatte.
Mit einem schnellen Griff hatte er sein Schwert in der Hand und brüllte „ALLE MANN RAUS!“
Und kaum, das er das getan hatte, hörte er das Singen eines gezogenen Schwertes, spürte, wie Metall gegen Metall krachte und sah, wie Funken flogen. Überrascht riss er die Augen auf, als er sah, wie der Mann, den er als „Prinz Papyrus“ in den Palast gelassen hatte, sein goldenes Schwert erneut zum Angriff hob und auf ihn zustürmte.
Die nächste Überraschung war, dass der junge Mann zwar relativ zierlich war – man konnte auch „schmächtig“ sagen, aber dafür einen verdammt harten Angriff führte.
„Razul!“; hörte er die Stimme Edens und sah, wie sie auf Papyrus zuflog, um ihn festzuhalten, „Sieh! Seine Augen!“
Tatsächlich.
Er wusste nicht, welche Augenfarbe Papyrus normalerweise hatte – aber rot waren sie definitiv nicht.

TBC

Kapitel 9.5

Genie staunte nicht schlecht, als die Gesetze dessen, was später als „Physik“ bekannt werden würde, plötzlich auf den Kopf gestellt zu sein schienen. Er mochte Papyrus – wobei er sich fragte, ob man bei einer Person, die man gerade erst ein paar Tage kannte, tatsächlich von „mögen“ sprechen konnte – aber er kannte sich mit dieser ominösen Kraft, die „Physik“ genannt wurde aus. Rein theoretisch sollte Papyrus nicht in der Lage sein, auch nur den Hauch einer Chance gegen Razul zu haben. Genau das war aber der Fall. Sehr zur Überraschung des Letztgenannteren. Und dann, als er dachte, das es gar nicht mehr komplizierter werden konnte, hörte er Edens entsetztes Aufkeuchen. Er wandte sich ihr zu und sah, wie sie auf den Thronsaal deutete. Und dann erkannte er, warum Eden entsetzt aufgekeucht hatte. Aladdin, Jasmin, Prinz Doktor, Prinzessin Theti und Prinzessin Song hatten im Palast Stellung bezogen, verschränkten die Arme vor der Brust und blickten die anrückenden Soldaten mit leuchtend roten Augen an.

   

Wollten sich diese lächerlichen Urzeitmenschen tatsächlich mit ihnen anlegen? Wie albern war das denn? Hatten sie, die Sternenflottenoffiziere nicht genug unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage waren, gegen die Wachen von Agrabah anzugehen? Sie sollten nur kommen, er würde es ihnen schon zeigen.
Cal zog seinen Phaser, stellte ihn auf volle Stärke und legte auf Razul an.
Der Fettklos sollte ja nicht auf die Idee kommen, seinem Kumpel Papyrus auch nur ein Haar zu krümmen. Wo käme Cal denn da hin, wenn er dies gestattete? Die erste, temporale Direktive konnte ihn doch mal gern haben. SG-1 hatte er nicht retten können – und zwar wegen dieser ersten, temporalen Direktive. Wenn er Sam davon nichts erzählt hätte, hätte sie eventuell ihr Glück annehmen können und nicht diesen Tod finden müssen, den er wirklich niemandem wünschte.
„Fettklops!“, rief der Captain und richtete den Phaser auf Razul, „Lass die Finger von Papyurs, sonst geht es dir schlecht, hast Du verstanden?“
Aber entweder war Razul genau so blöd und brettern, wie Cal ihn einschätzte oder aber er gab nicht viel auf Befehle Anderer.
Kurz warf er einen Blick zum Sultan und dann zu Jasmin: „Ist es mit Razuls Gehorsam eigentlich immer so wenig weit her?“
Die Prinzessin blickte ihn an, zuckte mit den Schultern und sagte dann: „Keine Ahnung. Ich finde ihn nur schlichtweg nervig. Wenn Du dich seiner entledigen willst – bitte sehr. Dann lässt er vielleicht meinen Aladdin in Ruhe.“
„Echt?“, fragte der Captain und Jasmin nickte: „Klar, mach ruhig.“
Doch Cal schoss noch nicht, wandte sich erst zu Agatha, die ihn anblickte und mit den Schultern zuckte: „Nach all dem, was er uns angetan hat – tu dir keinen Zwang an.“
„Großartig.“, grinste Cal, riss seine Waffe hoch und schoss.


Vertraglich gesehen ist ein Dschinn dazu verpflichtet, die Wünsche seines Meisters – drei an der Zahl – zu erfüllen. Es gibt drei große Ausnahmen – so ist ein Flaschengeist nicht in der Lage, jemanden zu töten, jemanden per Magie in den Meister / die Meisterin verliebt zu machen oder jemanden von den Toten wieder auferstehen zu lassen. Alles andere ist mit dem, was Genie als „halb-phänomenale, fast kosmische Kräfte“ bezeichnet, durchaus zu erreichen und zu stemmen. Flaschengeister haben aber auch die Möglichkeit, ihre Meister/Meisterinnen vor Ungemach zu schützen, sei es durch die katastrophalen Folgen eines Wunsches oder vor anderen Dingen. Bei einem „normalen“ Flaschengeist geht dies allerdings nur über das Mittel eines weiteren Wunsches – ein Flaschengeist, der allerdings, wie Genie „frei“ ist und keinem Meister dient,  ist es allerdings auch möglich, dass er beschützt, wen er/sie seines/ihres Schutzes als würdig erachtet.
Und Flaschengeister haben schneller Reflexe.
So sah der Genie zwar, dass Cal den Abzug betätigte, bewegte sich aber schneller als das Licht, und warf sich vor Razul.

Und hier sehen wir den Unterschied zwischen normaler Physiologie und Flaschengeistphysiologie. Der Phaser war auf „volle Stärke“ eingestellt – sprich „volle Pulle“, alles was drin ist. Bei einem Standardphaser des Typs II, wie ihn beispielsweise Riker und Troi bei sich führten und der in der Föderation intern auf den Namen „Kobrakopf“ getauft worden war, ist die höchste Einstellung Stufe 16 – oder auch „Explosive Auflösungseffekte“. Auf einen menschlichen Körper – wie den von Razul – hätte dies verheerende Auswirkungen. Da noch Kinder zulesen könnten -  zusehen klingt in diesem Zusammenhang einfach komisch – und ob des ominösen Bildungsauftrages, den der Autor dieser Fanfictionreihe schon einmal als Notausgang gewählt hatte, steht hier nun nicht, wie genau diese verheerenden Auswirkungen aussehen mögen. Das können sich die Leser erstens selbst denken und zweitens muss man auch nicht alles schreiben. Es sollte ausreichen, festzuhalten, dass es ein unschönes optisches Ergebnis gewesen wäre.

Bei Genies Physiologie funktionierte es allerdings anders. Kaum, dass der Flaschengeist getroffen wurde, leuchtete sein kompletter, massiger, blauer Körper, fluoriszierend blau auf, Feuerwerkskörper schienen in seinem Inneren zu explodieren, er verwandelte sich kurzzeitig in einen Springbrunnen, ehe er seinen Körper in die normale Form zurückzwang und steif, wie ein Brett, nach hinten weggkippte, nur um von Eden am Aufprallen gehindert zu werden.
Die Gesichtszüge des blauen Flaschengeistes unterlagen ebenfalls einer Metamorphose. Ob er normalerweise einfach nur ausdruckslos dreinblickte, nachdachte oder gar las – es war immer eine Aura des Frohsinns um ihn herum wahrnehmbar. Ein Auge lachte immer, ein Mundwinkel zuckte immer verräterisch – doch nun, in diesem Moment, war sein Gesichtsausdruck ernst und beinahe eine Maske. Edens schaute auf ihren Freund herab, schluckte und richtete dann ihren Blick auf den Captain.
Dieser blickte sie herausfordernd an: „ Was denn, She-Hulk? Trauerst Du um Fantomas? Ich bitte dich, er hat sich sein Ende effektiv selbst ausgesucht.“
Damit hob er den Phaser erneut, richtete ihn auf sie, die schöne Flaschengeistin und lächelte: Und wenn Du nicht genau so enden willst, verziehst Du dich besser dahin, wo du hergekommen bist.

Eden kochte.
Was bildete sich dieser kleine Mann ein? Genie – ihr Genie – war einer der mutigsten Dschinns gewesen, die sie je gesehen hatte. Er hatte sein Leben förmlich für Razul geopfert, damit dieser noch ein paar Sekunden gegen den besessenen Papyrus durchhalten konnte und auch wenn sie in den Augen dieses anderen Mannes sah, dass auch er unter dem Zauber von – was auch immer stand – er hatte ihren Freund erschossen.
Die Augen der Flaschengeistfrau verengten sich zu Schlitzen, sie metamorphierte ihren kurvenreichen Körper in einen Bogen, ihren Kopf in einen Pfeil, an dessen Spitze ein Boxhandschuh zu sehen war und schoss sich selbst auf den Mann ab.
Dieser schien – Millisekunden vorher – zu begreifen, was los war, schluckte einmal und sagte nur „Oh … shit. .“
Dann kollidierten sie. Sie traf ihn frontal, sein Kinn, holte ihn von den Beinen und krachte mit ihm in die nächste Wand. Dann war der Zauber vorbei und wenn jemand anderes dies beschreiben müsste, würde er folgendes sagen: „Zwei Bewusstlose – oder stark benommene  - Personen lehnten an einer Wand.“

Die Bewusstlosigkeit der Dschinnfrau hielt nicht allzulange an, sie kam zu sich, schüttelte den Kopf und rappelte sich dann hoch. Kurz blickte sie zu dem jungen Mann, der nun ebenfalls blinzelte und sie aus braunen, verwirrten Augen anblickte.
„Was ist denn jetzt los?“, murmelte er, stand auf, taumelte und hielt sich an der Wand fest.
Eden musterte ihn genauer. Das konnte immerhin alles Masche sein – ein Trick, sie in Sicherheit zu lullen.
Doch der Mann stand auf, blickte auf das Ding in seiner Hand und hob eine Augenbraue: „Wann hab ich denn geschossen?“
Dann schien er sie zu realisieren, blinzelte und fragte: „Und seit wann bist du grün… und weiblich?“
So langsam, aber sicher bezweifelte sie, dass dies ein Trick war, aber sicher war sie sich nicht.
Lächelnd erhob sich der Mann, hielt ihr die Hand hin und sagte: „Wenn Sie nicht Genie sind, dann muss ich mich wohl vorstellen. Ich bin Cap…“
Abrupt hielt er inne, als müsse er sich zusammenreißen, etwas anderes zu sagen und schüttelte den Kopf: „Ich meine Doktor. Prinz Doktor. Aber meine Freunde nennen mich Cal.“
„Nicht Cap?“
Prinz Doktor Cal schüttelte den Kopf: „Nein, der kommt erst später. Und auch wenn wir hier den „star sprangled man with a plan“ gut gebrauchen könnten – ich bin nur ein Prinz.“
Erneut stockte er und schien sich des Chaos um sich herum bewusst zu werden.
Eden blickte ihn verblüfft an, als er den Kopf schieflegte und fragte: „Was zum Henker ist hier eigentlich los?“

Razul fand, dass dies entweder ein schlechter Scherz war, oder definitiv eine magische Sache. Vermutlich würden er und Papyrus nie wirklich gute Freunde werden, aber er erkannte einen mutigen Kämpfer mit einem noblen Herzen, wenn er einen sah. Allein, dass er sich vermutlich im Alleingang gegen den Skorpion gestellt hätte, machte ihn mutig. Und Papyrus bewies, dass er diesen feinen Grad zwischen Mut und Torheit durchaus erkannte. So war es mutig, mit gezücktem Schwert den Palast zu verteidigen, aber es wäre töricht gewesen, zu glauben, dass er mit diesem Schwert und ohne genauen Plan einfach auf den Metallskorpion hätte zustürmen können. Nur – wenn er bedachte, dass er gerade jetzt von eben jenem „mutigen Kämpfer“ angegriffen und beinahe besiegt wurde, konnte er nicht anders, als dies für einen schlchten Scherz halten. Die Angriffe des Jungen kamen wie schnelle Blitze, er konnte sie kaum abwehren. Dazu wirbelte Papyrus auchnoch herum, griff zuerst von links, dann von rechts an, unternahm Anstalten seine Beine zu treffen oder seinen Kopf. Wer auch immer des Ägypters Schwertkampflehrer war, er, Razul, würde ihm später gratulieren müssen, einen so guten Kämpfer ausgebildet zu haben.
Allerdings konnte er dies nur machen, wenn er den Kampf überlebte – und er ahnte nicht, dass er um eine Haaresbreite daran vorbeischrammte, dies nicht zu tun.  Dies bemerkte er erst, als dieses laute Zischen zu hören war und der Flaschengeist vor ihm zu leuchten begann. Er wusste nicht, was mit Genie passierte, er merkte nur einen Stich in seinem Herzen. Und die Ursache dieses Schmerzes war nicht etwa darin zu suchen, dass Papyrus ein Schwert herumwirbelte, sondern mehr darin, dass der Hauptmann merkte, das Genie sich für ihn geopfert hatte.

Eigentlich war sich Razul über die Ehrenhaftigkeit des Flaschengeistes mehr als nur klar. Spätestens, seit sich Eden und Genie erboten hatten, für die Befreiung ihrer Freunde in die Dienste des schurkischen Mogelrat zu gehen, war ihm klar, dass der Dschinn ehrenhafte Motive hatte. Und dieser Flaschengeist wurde getroffen. Razul wusste nicht, ob er tot war oder nicht, sah aber, dass sich Eden schon um den Täter – Prinz Doktor, soso wieso überraschte ihn das nicht? – kümmerte. Das ließ ihm mehr Zeit, sich gegen Papyrus zu erwehren – doch gerade in diesem Moment erhellte ein weiteres, grelles Blitzen sein Sichtfeld und er sah, dass der Thebener – wie von einer Axt gefällt – einfach umfiel. Das ließ ihm Zeit, sich um den Sultan, die Prinzessin und Aladdin zu kümmern. Er wandte sich gerade um, da trat Theti neben ihren gefallenen Freund, nahm das Schwert und machte sich zum Angriff bereit – nur um wenige Sekunden später ebenfalls zu Boden zu fallen.

Gut, das war nun ein mehr oder weniger großer politischer Eklat, aber momentan war das einfach nicht seine Sorge. Die galt der Königsfamilie. Und als er auf Jasmin zutrat und sie sich in eine Kampfposition begab, sah er – wenn auch nur aus den Augenwinkeln, wie Prinz Doktor – dessen Augen nicht mehr rot glühten – neben seiner Frau auftauchte, ihr etwas ins Ohr flüsterte und den Körper, der plötzlich zusammensackte, als habe man ihm die Fäden durchgeschnitten, auffing. Dann stahl der Prinz seiner Prinzessin einen Kuss und richtete sich auf, um mit gezückter Waffe zu Aladdin zu schauen.

Cals Herz sank, als er Agathas Schultern umfasste, ihr „Alpha Prime“ ins Ohr flüsterte und sie auffing, als sie kollabierte. Er hatte eigentlich gehofft, diesen Trick nie anwenden zu müssen, aber innerlich dankte er Gina dafür, dass sie ihm den Trigger verraten hatte. Und er hatte ihn anfangs gar nicht wissen wollen. Aber nachdem sie ihn ebenfalls ausgeschaltet hatte, musste sie ihm wohl den Trigger – für solche Situationen – gegeben haben. Woher seine CMO allerdings wusste, dass er irgendwann einmal gegen Agatha kämpfen musste, überstieg mal wieder den Verstand des Kommandanten.
Kurz küsste er sie auf den Mund, murmelte ein „Ich hoffe, wenn Du wach bist, bist du wieder auf unserer Seite“ und zog dann seinen Phaser.
Ihn auf „Betäuben“ stellend, zuckte er mit den Schultern und lächelte dem Mann zu, der die Prinzessin geheiratet hatte. „Sorry, Al – wenn meine Theorie zutrifft, würde ein Nickerchen uns der Kontrolle von dem Ding da oben entziehen.“
Sprachs, deutete mit der Hand, mit der er den Phaser hielt, auf die Decke und die schwarze Wolke, ehe er auf Aladdin zielte.
Und dann feuerte er.
Ohne Waffe. Denn bevor Cal auch nur richtig hatte zielen können, war neben ihm ein Schemen aus sonnengebräunter Haut, blauem Stoff und schwarzen, langen Haaren aufgetaucht und hatte ihm mit einem gezielten Kick die Waffe aus der Hand getreten.
Dies schien der Captain erst zu bemerken, als er schon nicht mehr Herr seiner Pistole war. Verblüfft starrte er auf die leere Hand und dann auf Prinzessin Jasmin, die sich gerade, wie eine anmutige Kämpferin aus der gekauerten in die stehende Position begab und Kampfhaltung annahm. Oh – das Prinzesschen war sauer.
Und dies war für Cal Grund genug, sich unter dem nächsten Schlag wegzuducken – leider war er dadurch in einer Position, die es Jasmins Knie ermöglichte, des Captains Kinn zu treffen. Sternesehend ging er zu Boden und kam wieder zu sich, als die Prinzessin auf ihm hockte und mit zornesrot-leuchtenden Augen ihre zartfingrige Hand zur Faust geballt hatte und immer wieder gegen seine Nase führte.
„Du gehörst nicht mehr zu uns!“, kreischte sie furienartig, sie hörte auf, ihn zu schlagen, legte stattdessen ihre Hände um seinen Hals und drückte zu.
Punkte begannen am Rand von Cals Sichtfeld zu tanzen und er wusste, dass er einen Weg finden musste, von dort zu entkommen. Aber Frauen schlagen – das ging einfach nicht.
„Razul!“, hörte er die Stimme Edens, „bring dich in Sicherheit.“
Dann verwandelte sich die hübsche Flaschengeist-Lady in einen Doppeldecker – wer weiß, wo sie diesen Trick her hatte – und flog eine großzügige Runde über das ganze Schlachtfeld. Glitzernder Staub senkte sich.
Jasmin blickte den Captain an, die Verblüffung wirkte, in Kombination mit den roten Augen extrem amüsant und begann, zu gähnen, als die ersten Staubkörner auf ihren Körper fielen.
Sie schien zu merken, was los war, erhob sich und versuchte, zum Ausgang zu gelangen.
Cal warf einen Blick zu Agatha, stand auf, ging zu ihr, setzte sich neben sie und bettete ihren Kopf in seinen Schoß. Wenn auch nur 10 Prozent von dem, was er sich da zusammenspann, zutrafen, würde der Staub sie in Schlaf versetzen und dieses Gefühl der Wut – wo auch immer dies herkam – verbannen. Er veränderte seine Position, kuschelte sich an Agatha und ergab sich dem Schlaf.

Razul hatte rechtzeitig den Raum verlassen können, sah, wie Jasmin und Aladdin zuerst gähnten und dann kollabierten, wie der Sultan in seinen Thron sank und die Tänzerinnen und Tänzer, jeder Wut beraubt, zu Boden sanken um zu schlafen. Glitzernder Staub senkte sich über den Eingang, wie ein Schleier, der sich keine fünf Sekunden später öffnete, um Eden freizugeben. Sie wirkte wie eine Kriegsgöttin, wütend, schön, stark, so als wolle man sich einfach nicht mit ihr anlegen. Mit gemessenen, eleganten Schritten trat sie auf Razul zu, lächelte sanft und sagte: „Wartet ein paar Minuten. Dann könnt ihr sie aufwecken.“
Damit wandte sie sich ab und ging zu Genie, der immernoch reg- und leblos am Boden lag.

Mogelrat blickte aus einem Versteck auf die Szene und beschloss, dass dies ein idealer Zeitpunkt wäre, um das Weite zu suchen und zu finden. Langsam und lautlos drehte er sich um und verschwand in der Dunkelheit der Schatten.

Inzwischen hatte Eden den reglosen Flaschengeist erreicht. Erschüttert sank sie neben ihm in die Knie. War er tot? Hatte er in einem finalen, letzten, ultimativen Opfer für seine Überzeugungen und seine Freunde sein Leben gegeben?
„Bitte, sei am Leben.“, hauchte die schöne Flaschengeist-Frau und bettete seinen Kopf in ihren Schoß. Der Flaschengeist-Mann zeigte keine wie auch immer geartete Reaktion und Eden merkte, wie ihre großen Augen sich mit Tränen füllten.
„Bitte“, wiederholte sie, „bitte sei am Leben.“
Und dann presste sie ihm einen Kuss auf den Mund.
„Kontinuum.“, hörte sie die gehauchte Stimme ihres Freundes. Sie hob den Blick, fixierte ihn und sah, wie er langsam, aber sicher zu sich kam: „Bitte?“
„Kontinuum.“, wiederholte er und setzte sich auf: „Vielleicht sollten die Flaschengeister in ein Kontinuum wechseln, wo jeder seine Fähigkeiten frei entfalten kann.“
Nun rannen Edens Tränen vollkommen ungehemmt über ihre Wangen, sie lachte, sie weinte, sie schlang die Arme um ihren Geliebten und gab ihm einen Kuss: „Genie, manchmal erzählst Du einen ziemlichen Schwachsinn.“

Agatha Silverbirds Kopf drohte zu platzen, als sie die Augen öffnete – aber nur solange, wie sie damit kämpfte, nicht wieder in das eigene Traumreich abzudriften. Als sie die Augen endlich komplett geöffnet hatte, waren die Kopfschmerzen weg und es ging ihr wieder gut. Langsam richtete sie sich auf, sah, dass alle Teilnehmer der Party wie hingestreckt am Boden lagen und der Gedanke „Das muss ja eine höllische Party gewesen sein“ drängte sich ihr auf. Wenn da nicht diese Erinnerung wäre. Sie hatte Cal die Erlaubnis gegeben, Razul zu erschießen. Nicht nur sie, auch Jasmin hatte dies getan und sie fragte sich, was sie da gerade geritten hatte. Neben ihr stöhnte es und Agatha sah auf den Körper ihres Freundes herab, der gerade wieder zu sich kam und sie dann aus braunen Augen verwirrt anblickte: „Wir sind tatsächlich immer noch in Agrabah? Das ist kein Traum im Traum im Traum im Traum?“
Agatha schüttelte den Kopf: „Wir sind hier ja nicht bei Inception, sondern immer noch bei Aladdin. Und frag mich nicht, was uns da geritten hatte.“
Cal blickte nach oben, an die Decke, die immer noch von der unheilvoll pulsierenden Wolke dominiert wurde.
„Ich glaube“, sagte er und deutete auf das Ding, „das unser Kontrollverlust damit zu tun haben könnte.“
Und kaum, dass er diese Vermutung ausgesprochen hatte, schoss ein schwarzer Strahl von der Decke hinunter in die Kugel. Dann formte sich aus der Kugel etwas.
Cal schluckte. Er kannte diese atemberaubende Figur und besonders diesen Katzenkopf.
Agatha neben ihm legte den Kopf schief: „Ist das…“
„Nun, wenn schon Mechanikles real ist – warum sollte es dann nicht auch die Chaosgöttin sein?“
Dann wandte er sich zu dem Wesen: „Hallo, Mirage. Machst Du es dir hier bequem?“
Das Wesen lachte.

TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 10  -   Mirage
Kapitel 10.1     


Als Aladdin wieder zu sich kam, stellte er zwei Dinge fest. Erstens, dieser unmenschliche Hass, der Besitz von ihm ergriffen und ihn dabei hatte zusehen lassen, wie Cal auf den Dschinn schoss, war verschwunden. Zweitens: Mirage war da.
Fast unwillkürlich ballte er seine Hand zur Faust. Es war also ihr teuflisches Werk gewesen, das sie alle hatte durchdrehen lassen?
Das sanfte „Ahh“ neben sich ließ ihn sich umdrehen. Jasmin kam gerade wieder zu sich, rappelte sich auf und der Prinz konnte nicht verhindern, festzuhalten, dass es vermutlich keine einzige Situation gab, in der sie nicht großartig aussah. Selbst als besessene Wahnsinnige hatte sie eine fabelhafte Figur gemacht und ob nun besessen oder nicht – Aladdin kam nicht umhin, dass sein Herz übervoll war.
Sie stand wieder aufrecht, stark und schön und sah ihn mit diesem vermutlich von ihr erfundenen Blick an. Er – Aladdin  - wusste nicht so recht, was dieser Blick eigentlich zu bedeuten hatte, merkte aber, dass sein Herz immer schneller pochte und als sie sich in Bewegung setzte und auf ihn zukam, war er schon da, nahm sie in die Arme und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen.
„Was ist passiert, Aladdin?“, fragte die Prinzessin in ihrer unnachahmlich-sanften Stimme und der ehemalige Straßenjunge deutete auf die Gestalt der Katzengöttin hinter sich.
Er musste nur ein „Mirage“ seufzen – gut, eigentlich wollte er noch mehr sagen, aber da fiel ihm auf, das sie noch weiteren Besuch hatten. Ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht, als er die hübsche Flaschengeistlady sah.
„Hey“, sagte er zu Jasmin und deutete auf Eden, „Schau mal wer da ist.“
Die Prinzessin wandte sich um, nickte Eden kurz zu, ehe sie sich wieder der Katzengöttin zuwandte und auf sie zu trat. In diesem Fall passt – obwohl es negativ klingt – das Wort „stapfen“ besser. Sie bohrte die Hacken förmlich in den Boden, als sie auf Mirage zukam.
Millimeter vor der felinen Frau blieb sie stehen, verengte die Augen zu Schlitzen und zischte: „Wie kannst Du es wagen? Agrabah hat Dir nie etwas getan. Wir sind ein friedliches Land… wie rechtfertigst Du diesen Angriff auf unser Hohheitsgebiet und das Herz dieses Landes, den Palast?“
Die hübsche Katzenfrau lachte höhnisch auf, legte eine Hand vor den Mund und lachte so heftig, dass ihr Bauch zuckte.
Dann fokussierte sie die Prinzessin mit ihren Katzenaugen: „Du hast ja wieder Temperament, Prinzessin.“
Jasmin merkte, wie irgendwas in ihr aussetzte – und fand sich festgehalten von Aladdin, Razul und Prinzessin Song wieder.
Dies kommentierte die Göttin mit einem süffisanten Lächeln, ehe sie sich umblickte, ihr Ziel fand und auf Prinz Doktor zuschwebte.
„Genau der Mann mit dem ich sprechen wollte.“, sagte sie und betrachtete den Prinzen von oben bis unten.

Cal wusste, dass Jill auf der Erde einige Katzen hielt. Die Tiere waren extrem niedlich, sehr anhänglich, schnurrten, wenn man sie nur schief anguckte und konnten so süß dreinblicken, dass man spontan einen Zuckerschock erleiden konnte. Er mochte diese verrückte Viererbande, wenngleich er mit diesem Geschnüffel nicht so ganz warm wurde. Auch dass Tony, Jills ältester Kater sich immer auf seinen Schoß setzte und sich dann auch durch gutes Zureden nicht aus der Ruhe bringen ließ, störte ihn. Und nun einer Katzenfrau gegenüber zu stehen… das war doch ein anderes Kaliber.
Kurz huschte ein Lächeln über seine Lippen, denn er konnte sich der Assoziation zum Anime-Trend des „Catgirl“ nicht erwehren, aber das Lächeln verschwand, als sie ihn mit diesen grünen Katzenaugen anblickte.
„Was gibt es zu grinsen?“, fragte sie.
Der Captain zuckte die Schultern: „Bessere Frage: Was gibt es zu bereden?“
Und schon hatte der Captain die Hand der Katzengöttin auf der Schulter: „Sie haben heute etwas vollbracht, das sie eigentlich noch gar nicht können sollten.“
Cal hob die Augenbrauen: „Wovon sprechen Sie? Vom kleinen Ein mal eins?“
Mirages Augen verengten sich weiter: „Versuchen Sie gerade, witzig zu sein?“
Der Ruf von Aladdin „Vorsicht, sie ist hinterhältig!“ wurde von Mirage mit einem Augenrollen, von Cal mit einem „Firma dankt!“ quittiert, dann verschränkte der Sternenflottenoffizier die Hände hinter dem Rücken: „Hören Sie, ich weiß gar nicht wovon Sie reden.“
Und er hoffte, dass auch die Anderen diese Story so zu bestätigen wussten.
Doch seine Hoffnung erlosch, als er das dünnlippige Lächeln der Katzenfrau sah und dann miterlebte, wie sie aus purer Luft eine Art „Fernseher“ entstehen ließ. Faszinierend, vielleicht sollte die Frau in die Flachbildschirmfabrikation gehen – denn der Monitor, den die feline, feminine Furie dort hatte entstehen lassen, war nicht einmal einen Mikrometer dick – so hatte Cal zumindest das Gefühl.
Dafür war er mit roten Flammen umrandet, was vielleicht gerade den Einsatz im Haus ein bischen verkomplizieren mochte.
Und dann erschien auf dem Bildschirm die Szene, die er selbst erlebt hatte – allerdings aus einem anderen Winkel.

Hier sah er aus der Luft, wie er den Phaser zog, mit Agatha den richtigen Winkel bestimmte und schoss.
Und wenn er bisher alles irgendwie erklären konnte, würde die Waffe nun wirklich schwer zu erklären sein.
„Darf ich Ihnen sagen, was besonders interessant ist, Prinz Doktor?“, fragte Mirage und Cal zuckte zusammen: „Woher kennen Sie meinen Namen?“
„Oh, ich kenn noch mehr.“, lächelte die Frau und trat ganz nah zu ihm, beugte sich vor um ihm ins Ohr zu flüstern: „Ich weiß wie Sie wirklich heißen – nicht wahr, Captain Calvin Cat?“
Der Captain schluckte, zuckte zurück und blickte die Katzengöttin wie betäubt an: „Wo… woher wissen Sie das?“
Das Lächeln der Frau wurde noch breiter: „Aber aber, wie werde ich denn gleich meine Quellen preisgeben.“
Und dann fuhr sie fort.

Jasmin wusste nicht, wovon die Beiden – also Prinz Doktor und Mirage – im Einzelnen sprachen, aber was sie ihm ins Ohr flüsterte, schien den Prinzen sehr zu entsetzen. Die Augen waren schreckensweit aufgerissen, er schien spontan erbleicht zu sein und blickte in ihre Richtung. Wobei er natürlich an ihr vorbei auf seine Frau, die Prinzessin Song, blickte, aber sie konnte die Panik, die in Doktors Herz pochte, förmlich spüren.
„Hast Du eine Ahnung, was sie gerade gesagt haben?“, fragte Aladdin und sie schaute zu ihrem Mann: „Nein. Aber es scheint alles Andere als erfreulich zu sein, wenn wir Prinz Doktors Gesichtsausdruck betrachten.“
„Du hast Recht.“
Aladdins Stimme war Zeugnis davon, dass ihm die Sache sehr unheimlich und unangenehm wurde. Und die Prinzessin konnte ihren Mann in diesem Punkt sehr gut verstehen – wenn Prinz Doktor, jemand, der mit einem merkwürdigen Gegenstand einen Lichtstrahl auf einen Skorpion abfeuern kann, von etwas so erschrocken ist, dass er spontan erbleicht, ist die Situation ernst.

Agatha merkte, wie ihr Herz pumpte. Sie war versucht, zu Cal zu rennen, ihm beizustehen, aber sie wusste, dass Mirage sie vermutlich in dem Moment, in dem sie sich in Bewegung setzte, entweder mit Magie fällen oder in einen Frosch oder so verwandeln würde. Und darauf, Fliegen zu verspeisen, hatte sie keine Lust. Auch konnte sie sich Jasmins Argumentationsgang nicht entziehen und ahnte, dass das hiesige Prinzenpaar sicherlich inzwischen das eine oder andere ahnte. Wenngleich nicht alles. Vermutlich würden die fortschrittlichen, technologischen Mittel, über die sie verfügten, als Magie abgetan – was auch nicht unbedingt besser war. Schon gar nicht, in einer Welt, in der Magie tatsächlich existierte. Gegen Mirage hatte sie nicht einmal den Hauch einer Chance.
Als die Katzengöttin dann einen Schritt zur Seite trat und Cal loseilte, um zu ihr zu kommen, merkte sie, wie ihr Herz noch schneller schlug. Hoffentlich konnte der Captain sie – also Agatha – rechtzeitig erreichen, bevor Mirage zuschlug. Und Cal eilte. Er flog – vor allem mehr als einmal auf dem mehr als glatten Boden auf die Nase. Es war eher ein schnelles Stolpern, denn ein behendes Eilen, aber er erreichte seine XO, die ihn festhielt und anblickte.
„Schatz, was ist denn los?“
Cals Brustkorb hob und senkte sich in rascher Frequenz, als er tief durchatmete: „Das – erzähl ich dir gleich.“
Damit schnappte er noch einmal Luft, blickte dann zu Mirage und schaute sie an: „Das kann einfach nicht ihr Ernst sein.“
„Doch doch“, kicherte die Katzengöttin, „Ich will diesen Palast und ich will das ganze Land drum herum. Mit allem. Mit Hunden, Katzen, Menschen, Flaschengeistern. Am Liebsten würde ich die Stadt selbst in einer Flasche verschwinden lassen.“
„Wir sind nicht Kandor!“, schrie Cal, ehe er merkte, was er getan hatte, stockte und bleich wurde.
Mirage grinste: „Einen Fehltritt lasse ich Ihnen, Prinz Doktor. Beim nächsten wird Ihr Land leiden.“
Agatha horchte auf.
Land? Welches Land? Fiktivistien?
Oder hatte die Verrückte etwa…
Sie blickte zu Cal, der ihren Blick zu spüren schien, den Kopf zu ihr drehte und langsam nickte. Und da merkte Agatha, dass das Sprichwort „Mir rutscht das Herz in die Hose“ durchaus eine zutreffende Analogie war. Verdammt. Hatte diese Verrückte die DRAGONFLY ?

TBC

 
Kapitel 10.2

Cal konnte eigentlich nicht glauben, was da gerade passierte. Hier war er, wurde von einer fiktiven Figur aus einer Zeichentrickserie erpresst – so würde sie, wenn er ihre Forderungen nicht erfüllte, sein Schiff zerstören, das irgendwo in der Wüste rund um Agrabah lag.
Der Captain konnte jetzt schon die sehr zweifelnden Gesichtsausdrücke seiner Vorgesetzten sehen, die sich entweder fragen würden, ob er sie zum Besten halten wollte oder ob er die nächsten Tage nicht doch lieber in der Geschlossenen von Haus Sonnenschein verbringen sollte.

Und wenn Cal ehrlich war – er wusste es auch nicht. So attraktiv der Gedanke, dies alles wirklich, tatsächlich und wahrhaftig zu erleben auch wahr, so lautstark und nörgelnd meldete sich eine kleine, innere Stimme mit den Worten „Hey, ich bins – dein Realismus. Du hast schon viel zu lange nicht mehr auf mich gehört“.
Und dann hielt er ja noch nicht mal mehr seine Klappe. Die Stimme in seinem Kopf begann zu zetern und zu salbadern.
„Glaubst Du im Ernst, dass Du in Argabah bist? Denkst Du wirklich, dass dies alles der Realität entspricht? Wäre es nicht weitaus realistischer, dass Du dir einfach nur einen Mords-Knockout eingefangen hast und irgendwo, auf irgendeiner Krankenstation vor dich hin träumst? Erzähl mir doch nix. So blöd kannst nicht mal Du sein, dass du das hier als real ansehen willst. Das ist alles ein Traum oder vielleicht sogar eine miese Fanfiction.“
Das Problem mit dieser kleinen Stimme war, dass sie sich absolut ungefragt einmischte und nicht einmal ansatzweise daran dachte, sich ein wenig zurückzuhalten.
„Und wo wir gerade dabei sind“, zeterte es für die anderen Leute unhörbar in Cals Kopf weiter, „glaubst Du tatsächlich, dass eine so heiße Rothaarige wie Agatha auf dich steht, weil Du so ein netter Kerl bist?“
Der Captain seufzte, tippte sich einmal sanft gegen die Stirn, murmelte ein „Jetzt halt deine Klappe.“, ehe er Luft holte und zu Mirage blickte.
„Genau“, hörte er die Stimme seiner Stimme, „Rede lieber mit dieser Zeichentrickgestalt.“
Schnell zischte Cal ein „Is gut jetz!“, schaute die Zauberin dann an und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
„Das sind sehr interessante Informationen, die Sie da haben wollen.“, sagte er und trat auf Mirage zu, „Ich nehme an, Sie haben auch Beweise für ihre Theorien?“
Jetzt galt es nur, genug Unverfrorenheit und Kaltschnäuzigkeit aufzubringen und alles, was Mirage sagte, als Null und Nichtig abzutun. Egal, wie real es sein mochte.
Doch die Katzengöttin schien diesen Plan durchaus im Vorfeld erkannt zu haben. Erneut lachte sie amüsiert: „Soso – Spielchen will er spielen?“
Sie schloss kurz die Augen, legte den Kopf schief, öffnete die Augen wieder und bohrte ihren Blick in die Augen des Captains: „Gut, ich bin einverstanden.“
„Einverstanden?“, echote Cal und schaute sie verdattert an: „Womit?“
„Wir werden ein kleines Spiel spielen.“, schnurrte die Katzengöttin, schnippte einmal mit den Fingern und verblasste dann, „Aber die Regeln müsst Ihr selbst herausfinden.“
Und schon war sie verschwunden.

Captain und XO warfen einander besorgte Blicke zu, dann wandte sich Cal an Aladdin. Wenn einer wusste, wie diese Katzenfrau wirklich tickte, dann war es doch wohl Aladdin, oder?
Also trat er auf den Prinzen zu und wollte gerade etwas sagen, als sich die beiden Agrabahnischen Würdenträger in spe zu ihm umdrehten und ihn besorgt ansahen.
Cal schluckte: „Könn… Könntet Ihr mir vielleicht sagen, worauf ich mich da gerade eingelassen habe?“
Der ehemalige Straßenjunge seufzte.
„Das weiß man bei Mirage nie so genau.“, sagte er, „Sie hat sich schon ein paar Spielchen einfallen lassen. Ich weiß leider auch nicht, was ihr heutiges Spiel sein könnte.“
Cal schaute ihn an und schluckte: „Das sind ja wunderbare Neuigkeiten.“
Damit drehte er sich um, trat auf den Balkon und blickte auf die Stadt unter sich.

Aladdin sah dem Prinzen hinterher, warf einen fragenden Blick zu dessen Prinzessin, die mit den Schultern zuckte. Dann schaute er zu Jasmin, die ihm aufmunternd zulächelte: „Ich glaube, es wird Zeit für ein Gespräch unter Männern, hm?“
Damit stubste sie ihn leicht, auffordernd an, zwinkerte ihm noch einmal zu und hauchte „Komm, zeig mir deine Magie, du starker Prinz.“, ehe ihr Blick zu den beiden Ägyptern glitt, die gerade wieder zu sich kamen. „Ich kümmere mich um die beiden.“, sagte sie dann, drehte sich noch einmal kurz zu Prinzessin Song um und deutete auf die Speisen, die immer noch aufgebahrt dastanden: „Nimm dir was. Die Satéspieße sind köstlich.“
Dann stockte sie, überlegte kurz und setzte ein „Vielleicht“ hinter ihren vorhergegangenen Satz. Dies schien Prinzessin Song zu amüsieren und sie nickte seiner Frau zu.
Aladdin sah, wie sich Jasmin erhob, an ihm vorbeiging und zu Papyrus und Theti trat. Nun erhob auch er sich, schritt auf den großen Balkon, auf dem Prinz Doktor ins Leere blickte.
Wenn er daran dachte, dass seine Frau selbst noch gesagt hatte, dass sie dem Frieden mißtraute – aber daran, dass Mirage angriff, hatte ja keiner denken können.
Vielleicht war ja genau das auch der Plan gewesen? Vielleicht arbeiteten Mechanikles und Morgana ja zusammen?
Aber wieso? Wo war die Logik?
Er hatte die Brüstung erreicht, beschloss, sich später darum zu kümmern. Jetzt galt es einen Prinzen aufzuheitern, der irgendwie so aussah, als ob er genau das brauchte.
Und im Gegensatz zu den anderen Prinzen, die Al im Laufe der Zeit kennengelernt hatte, war ihm dieser aus irgendeinem Grund sympathisch. Also lehnte er sich an die Balkonbrüstung, warf einen Blick auf die Stadt unter sich und drehte sich dann zu Prinz Doktor um.
Aber wie sollte man einen Dialog anfangen?
Kurz überlegte er, dann fiel sein Blick auf den anderen Balkon, den, auf dem er seinerzeit Jasmin den Hof gemacht hatte.
Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.
„Flieg mit mir um die Welt.“, setzte er an.
Einige Sekunden geschah nichts und Aladdin merkte, wie seine Hoffnung sank.
Dann hörte er die Stimme des Doktors: „Bitte?“
Okay – die Dialogaufnahme war geglückt. Vielleicht konnte er den anderen Prinzen tatsächlich in ein Gespräch verwickeln. Die Hohe Kunst war, ihn jetzt nicht wieder zu verschrecken. Also sollte er zunächst mal mit allgemeinem Geplänkel anfangen.
„Ich hab nur laut gedacht.“, sagte Aladdin und blickte zu Doktor herüber: „Ich konnte nicht umher, einen Blick auf den anderen Balkon dort oben zu werfen.“
„Aha.“
Die Antwort Prinz Doktors „Einsilbig“ zu nennen ist eine Beleidigung dieses Wortes. Zumal „Aha“ sowieso zwei Silben hat. Der Held aus Tausend und einer Nacht merkte, dass er hier nicht weiterkam, ließ erneut einen Blick über die Stadt schweifen und schaute dann zu Doktor herüber. Vielleicht konnte er ihn ja tatsächlich irgendwie neugierig machen? Vielleicht war es möglich, eine Kommunikation aufzubauen?

Cal seufzte.
Er konnte Aladdin nicht sagen, was los war. Das wäre ein noch größerer Verstoß gegen die erste temporale Direktive, als er ihn sowieso schon durch seine Anwesenheit begangen hatte. Zugegeben, er hielt sich nicht wirklich an diese Vorschrift, schließlich gab es bei jeder Regel irgendeine Ausnahme, irgendein Schlupfloch und auch wenn Captain Kirk seinerzeit die erste Direktive (und damit bei ihrer Erweiterung auch die erste temporale Direktive) als eines der heiligsten Prinzipien der Föderation ansah, stellte sich die Frage, was man in dieser konkreten Situation tun sollte. Vielleicht wäre da „sich einfach begraben lassen“ der Weg der Föderation?  Und die Benutzung des Phasers war in einem „Setting“, das magische Wesen wie Flaschengeister, Zauberer und schwebende Aale hervorzubringen vermochte, auch nicht unbedingt etwas, das den Lauf der Geschichte verändern würde. Ausserdem hatte er seine Waffe beim zweiten Mal für einen guten Zweck eingesetzt.

Der Captain holte tief Luft und warf einen Blick über seine Schulter. Agatha lächelte ihm sanft und aufmunternd zu, ehe sie sich zu Jasmin, Theti und Papyrus begab und anscheinend versuchte, sich nützlich zu machen. Er konnte nicht verhindern, dass in seinen Mundwinkeln verräterisch zuckte und wenn er sich selbst ausserhalb seines Körpers sehen würde, so wäre er sich sicher, dass in seinen Augen die unabdingbare Liebe stand, die er Agatha gegenüber empfand. Da mochte eine Prinzessin Jasmin noch so schön sein – er würde sie sehen, registrieren, vielleicht Anziehung ihr gegenüber empfinden, bis zur Grenze des Gefühls, das der anglophile Mensch „crush“ nennt – aber am Ende des Tages tauchten in seinen Träumen immer wieder rote Haare, ein wunderschöner, flacher Bauch oder Agathas bezauberndes Lächeln auf.  Gut, hin und wieder hörte er Ginas aufregenden, italienischen Akzent, aber in 99,9 % der Fälle war es Agathas Gesicht, das ihn bis in den Schlaf verfolgte.
Und wenn Agatha lächelte, dann merkte er wie sein Herz schneller schlug, wie seine Synapsen immer schneller arbeiteten und dass sein Körper wie unter Strom war.
Schnell wandte er sich an Aladdin.
„Sorry, worüber sprachen wir gerade?“
Der Prinz aus Agrabah schaute ihn verwundert an, schüttelte den Kopf und lächelte: „Du bist unglaublich, weißt Du das?“
„Erzähl mir was Neues.“, konnte sich Cal ein Grinsen nicht verkneifen und nahm dann direkten Blickkontakt zu Aladdin auf. Ein kämpferisches Lächeln legte sich auf seine Lippen: „Also – wie treten wir Mirage in den Allerwertesten?“

Jasmin kniete am Boden, half Theti, sich aufzusetzen und schaute sie mit einem beruhigenden Blick an: „Na, wieder bei uns?“
„Ungh“, stöhnte die Prinzessin aus Theben und hielt sich den Hinterkopf, „Ich… daran werde ich mich, glaube ich, nie gewöhnen.“
„Was ist denn passiert?“
Die agrabahnische Prinzessin war sich sicher, dass man die Neugierde in ihrem Blick deutlich lesen konnte und eigentlich verdammte sie sich dafür – aber so war sie halt. Wann immer es etwas gab, das ihre Neugierde erweckte, musste sie nachschauen. So konnte sie die Wunder der Welt deutlich erkennen.
Theti schien ihr Wissensdurst entweder nichts auszumachen – oder sie hatte ihn geflissentlich ignoriert. Langsam und vorsichtig erhob sie sich, wandte sich dann zu Papyrus, der immer noch wie hingestreckt da lag und nickte dem goldenen Schwert zu, das neben ihr zu Boden gefallen war.
„Das Schwert des Horus“, erklärte sie, „Es ist nur für den bestimmt, der den Willen der Götter ausführt. Wenn sich jemand gegen die Götter richtet oder ein großes Unrecht begehen will, wird er den Zorn dieser Götter erfahren.“

Agatha konnte sich nicht helfen. Das war nun wirklich zu faszinierend. Wie konnte ein Schwert erkennen, ob eine Tat mit oder ohne Konsens der Götter erfolgte? Eigentlich wäre es für sie logisch, anzunehmen, dass es keine Götter gab. Sie hatte oft genug mit gottgleichen Wesen zu tun gehabt, die lediglich eine Weiterentwicklung des Modells „Humanoid“ waren. Aber hier stieß wissenschaftliches Gedankengut an seine Grenzen. Zwar hatte sie von Waffen gehört, die auf eine bestimmte Person geeicht waren und andere Lebewesen, die diese Waffen nutzen wollten, niederstreckten – und dies würde sich hier auch irgendwie logisch erklären lassen – aber die Person dann niederzustrecken, wenn sie eine Tat begehen will, die in diesem Fall objektiv schlecht war, das setzte eine gewisse lenkende Intelligenz voraus. Entweder war das Schwert doch weiterentwickelter als gedacht – eventuell durch einen Computer im Inneren gesteuert – oder aber es gab tatsächlich, zumindest zu diesem Zeitpunkt – eine Art kontrollierende Instanz, die im Zweifelsfall die Person, welche das Schwert in der Hand hielt, schockte.

Und während Jasmin nur ein „Ich verstehe“ von sich gab, musste sich Agatha auf die Lippe beißen, um nicht allzu neugierig nachzufragen. Schließlich konnte die Frage „Wie funktioniert das denn nun tatsächlich?“ ziemlich blasphemisch wirken. Das musste nun nicht wirklich sein. Also beschloss sie, zu schweigen und sich irgendwann, zu einem späteren Zeitpunkt damit auseinander zu setzen.

Papyrus merkte nur eines, als er erwachte  - sein Kopf schmerzte höllisch.
„Bei Horus“, murmelte er, „die Erfahrung, wie es sich anfühlt, durch die Götter und das ‚Schwert des Horus’ zu Fall gebracht zu werden, hätte ich auch nicht machen müssen.“
Damit öffnete er seine Augen, sah, wie Theti sich ebenfalls aufrappelte und wandte sich ihr zu: „Bist Du in Ordnung, Theti?“
Sie nickte, hielt sich den Hinterkopf, schloss die Augen und stöhnte schmerzvoll.
„Tut dir der Kopf weh?“, fragte er und er hatte das Gefühl, dass die Frage gar nicht überflüssiger hätte sein können. Die Antwort von ihr ein „Nur wenn ich lache“ war in diesem Zusammenhang verdammt deutlich.
Langsam kam er auf die Beine, richtete sich komplett auf und reichte Theti die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
Sie blickte ihn an, schenkte ihm ein kleines Lächeln und ein gehauchtes „Danke, mein kleiner Fischer“ – und er merkte, wie sein Herz schneller schlug. Dann blickte sich der „kleine Fischer“ um. Prinzessin Jasmin warf ihm einen fragenden Blick zu und er zuckte mit den Schultern. „Vermutlich waren wir von Seth besessen.“, mutmaßte er. Als der Name von Prinz Doktor fragend wiederholt wurde, blickte er den Mann an der Balkonbrüstung an.
„Entschuldigen Sie, sagten Sie gerade ‚Seth?’“ Damit hatte sich Prinz Doktor umgedreht und war auf ihn zugekommen, ihn nicht aus den Augen lassend.
„Setek? Seth?“, fragte er dann und blickte alarmiert zu seiner Gefährtin, die mit den Schultern zuckte und ihm etwas ins Ohr flüsterte, was Papyrus nicht hören konnte. Dafür konnte er die Auswirkungen sehen. Prinz Doktor schien plötzlich ein wenig weniger angespannt zu sein, betrachtete ihn und die Prinzessin aber immer noch neugierig.
„Sagen Sie“, setzte er dann an, „treten eure Götter eigentlich physisch in Erscheinung?“
Gerade, als Theti Luft holte, um zu antworten, verpasste Prinzessin Song ihrem Prinzen einen Stoß in die Rippen, den sie mit einem gezischten „Kümmer Dich lieber erst einmal um eine Baustelle.“ untermalte.
Papyrus hatte keine Ahnung, was da zwischen den Beiden vorging, aber er hatte das Gefühl, dass die Frage dem Prinzen und der Prinzessin zwar wichtig schien, sie sie aber nicht zu diesem Zeitpunkt beantwortet wissen wollten. Zumindest war dies bei der Prinzessin so.
Jasmin richtete sich auch auf, schaute fragend zum Prinzen Doktor der zuerst Prinzessin Song, dann Theti und letzten Endes Jasmin anblickte: „Tut mir leid, aber wenn ich bei einer Sache nicht weiterkomme, muss ich mich halt einer anderen Baustelle widmen.“
Dann wandte er sich an Aladdin: „Du hast gesagt, dass man mit Mirage weder verhandeln noch koalieren kann. Das heißt – wann immer sie ein Spiel spielt, ist man entweder in ihrer Hand oder muss drei Züge im Vorraus denken?“
„Richtig“, nickte der angesprochene Mann und trat auf Doktor zu: „Ich erinnere mich nur daran, dass sie einmal Agrabah mit einem Schlafzauber belegt hatte und alle Einwohner mich und Jasmin töten wollten.“
Er stockte: „Und dann fiel Jasmin diesem Zauber auch noch anheim.“
Die Prinzessin von Agrabah schüttelte sich, schlang ihre Arme um ihren Bauch und ließ den Kopf sinken, als würde sie in diesem Moment diese schreckliche Erinnerung erneut durchleben. Dann hob sie den Blick wieder und schaute den Prinzen an: „Aber ja. Das ist doch eine Idee.“
Prinz Doktor schaute sie verdattert an: „Und was?“
„Das wirst Du gleich erfahren.“

TBC

Kapitel 10.3

Cal richtete seinen Blick auf die Prinzessin von Agrabah.
„Ich bin kein Freund dieses Shhhh – Spoilers -Geredes… auch wenn ich Prinz Doktor bin.“, sagte er und fragte sich, worauf die hübsche Prinzessin wohl hinauswollte. Dass er damit ein verwirrtes „Bitte?“ von Jasmin erntete, merkte er in dem Moment, als er eine perfekte River-Song-Immitation, komplett mit neckischem Unterton und leichtem Lächeln, hingelegt hatte. Er schluckte, lächelte in die Runde und kratzte sich dann nachdenklich am Kopf.
„Was ich damit…“, setzte Cal an, doch Agatha schnitt ihm das Wort an: „Was der Prinz damit meinen wollte, ist, dass er doch bittet, dass Du ein bischen präziser wirst, liebe Jasmin.“
Gott, es gab diese Momente, da liebte er sie noch mehr, als er es sowieso schon tat. Und während er darüber nachdachte, fiel ihm einer der ersten Flüge der USS DRAGONFLY ein.


Computerlogbuch der USS DRAGONFLY , Captain Cat. Sternzeit  52311.7. Dies ist die erste Mission der DRAGONFLY , einem Schiff, dessen Crew, und darauf lege ich größtmögliche Betonung,  tatsächlich so etwas wie ein „Recycling-Projekt“ ist. Ursprünglich hieß dieses Schiff U.S.S. Yorktown und war ein Schiff der Intrepid-Klasse. Gleich bei ihrem ersten Einsatz gegen das Dominion wurde sie schwer beschädigt und für „können wir vergessen“ eingestuft. Dies war das Schiff, auf das wir vom Projekt „Teen Squadron“ gewartet hatten. Unser Auftrag ist es, Botschafter Root nach Remus zu bringen. Root wird der Abgesandte der Föderation bei einer Friedenskonferenz mit den Romulanern sein. Allerdings werden keinerlei Probleme erwartet. Ich muss mich hier übrigens bei Admiral Angler dafür bedanken, dass wir die neue DRAGONFLY schon so früh einsetzen konnten. Der Dominion-Krieg ist gerade erst ein paar Stunden her und die Tinte unter dem Vertrag ist kaum trocken – aber wir dürfen mit der DRAGONFLY kühn dorthin gehen, wo noch nie ein zum Captain honoris causa beförderter Lieutenant Commander zuvor gewesen ist.

Calvin beendete seinen Logbucheintrag und starrte sinnierend zu einem Punkt irgendwo über Alexander Stranges Kopf, als plötzlich eine Lampe blinkte und Agatha Silverbird ihrem Freund und Captain den Ellbogen in die Seite rammte.
„Sir, wir werden gescannt.“, sagte sie.
Keuchend blieb Calvin keine andere Wahl als zu sagen:
„Lieutanant Worth, Analyse.“
Ethan erledigte seine Aufgabe so schnell, wie kompetent.
„Es ist eine zufällige Subraumfluktuation.“, berichtete er.
Calvin, der sich inzwischen von dem Stoß erholt hatte, sagte nur knapp: „Kurs konstant.“
Ethan gehorchte, als plötzlich Jill Menacer von ihrer Konsole aufblickte.
„Sir ?“ erhob sie ihre Stimme, „Wir werden gerufen.“
Calvin stand auf und versuchte eine heroische Pose einzunehmen. Es gelang ihm nicht. Also blieb er so stehen, wie er stand und zeigte auf Jill. Er befahl in einem geschäftsmäßigen Tonfall, den er auch nicht traf,: „Auf den Schirm.“
Das Bild, das öde Sterne zeigte, wechselte. Statt der Sterne sah man nun einen blutenden Romulaner. Er erhob seine leicht angekratzte Stimme und sagte röchelnd: „ Hier ist der romulanische Frachter „Khen’Sha“ unter Commander Mah’Pohl.
Wir sind in einem Ionensturm gefangen. Wir kommen hier nicht mehr raus und erbitten Hilfe. Ich wiederhole………“
Doch, aus zwei Gründen sollten Captain Cat und seine wackeren Mannen nicht in den Genuß kommen, diesem Hilferuf zum zweiten Mal zu lauschen. Der erste Grund war der, das der Ionensturm die Subraumantenne des Frachters beschädigte, jedenfalls glaubte man das, und der zweite Grund war, dass ich keine Wiederholungen schreibe. Sinnlose Rückblenden – das ja – aber keine Wiederholungen. Captain Cat rieb sich die Hände. Endlich etwas zu erledigen und endlich ein Grund um sich mit Agatha zu zoffen, die ja eh eine andere Meinung hatte als er sie vertrat.
„Äh, Ethan, wie lauten die Koordinaten der „Khen’Sha“ ?, fragte er, schon darauf lauernd, dass sich Agatha zu Wort meldete. Aus diesem Grund hatte er sie zu seinem ersten Offizier ernannt, da dieser eigentlich immer gegen die Meinung des Captains zu opponieren hatte, wenn es einen logischen Grund dazu gab. Und ein Captain ohne ersten Offizier würde Selbstgespräche anfangen, was wiederum das Hinzuziehen eines Counselors nachsichziehen würde. Kurz, ein Captain brauchte einen ersten Offizier und Agatha füllte diese Rolle gut aus. Sie nörgelte, wenn es was zu nörgeln gab, sie gab ihm Rückendeckung, falls es notwendig war, so stellte er es sich jedenfalls vor. Ob es sich tatsächlich irgendwann so abspielen würde, werde die Zukunft zeigen, beschloß Calvin.
Alexander Stranges Bericht schleuderte ihn aus seinen Gedanken.
„Die „Khen’Sha“ liegt beinahe 12 Lichtjahre von hier.“, sagte er.
Calvin musterte ihn verwirrt. Weswegen hatte Alex sich
gemeldet ? Da fiel es ihm wieder ein. Alex war sein Steuermann.
Calvin nickte und sagte, das man einen Kurs setzen solle und auf Maximum Warp zu gehen habe. Agatha protestierte mit einem überraschten „Captain !“, worauf Calvin mit dem knappen Satz „Sie haben Ihre Befehle.“, reagierte. Er ging in seinen Raum, wohlwissend, das Agatha ihm folgen und ihm diese paar Sekunden zur Hölle machen würde.

Kaum hatte sich Calvin gesetzt, betrat Agatha den Raum und stützte sich auf seine Tischplatte, um ihm direkt in die Augen zu sehen. „Captain, ich möchte gegen Deine Entscheidung protestieren.“, sagte sie. „Wir müssen Botschafter Root zeitplangemäß abliefern.“
„Ach, das wußte ich ja gar nicht.“, sagte er in gespielter Verblüffung. „Das ist mir ja total unbekannt.“
Agatha grinste, und Calvin ließ sich von dem Lächeln anstecken. Doch plötzlich wurde er wieder ernst und sagte: „Commander, wir sind in einer diplomatischen Mission. Der Botschafter wird sicher noch ein paar Minuten warten können, bis wir die „Khen’Sha“ evakuiert haben.“
Agatha hob wieder an, um zu protestieren, doch da setzte der Captain noch einen drauf: „ Wir sind Starfleet-Offiziere, es ist unsere Pflicht Leben zu retten.“
Das brachte Agatha richtig zur Weißglut und sie eruptierte: „Wieviel Leben stehen denn auf dem Spiel, wenn wir zu spät zu den Verhandlungen eintreffen, hä?“
Calvin, der sie gut kannte, und wußte, das diese Eruption eine unweigerliche Folge seiner eigenen Blödheit war, hatte er ihr doch genügend Zündstoff gegeben, blieb ruhig und sachlich.
„Wir fliegen zuerst zur „Khen’Sha.“, bestimmte er.
Agatha brachte wieder ihr schrilles „Captain“ zum Einsatz, doch Calvin reagierte kurz und knapp. „Weggetreten!“, sagte er.
Kaum hatte Agatha wütend Calvins Büro verlassen, grinste der Captain. Er wußte, das Agatha ihren Job nur zu gut machte. Und er hatte etwas Weitsicht um gewisse Unstimmigkeiten zwischen sich und Agatha nicht auf der Brücke auszutragen. Andererseits wußte er, das Agatha ihre täglichen Streitrationen dringend brauchte, um wieder einen Grund zu haben, ein Holodeck zu besuchen, und sich in Kampfsport zu versuchen. Calvin verdrängte die Gedanken und betrat ebenfalls, mit hinter dem Rücken verschränkten Armen, die Brücke.

Auf der Brücke sitzend, hatte Calvin alles im Blick. Er wartete nur darauf, herauszufinden, wer den Frachter angegriffen hatte, zu dessen Rettung sie nun eilten. Dann drehte sich Alex von seinem Pult um und sagte: „Sir, wir erreichen nun die Koordinaten des Frachters.“
Calvin gab per Handzeichen den Befehl unter Warp zu gehen, doch dann stockte er. Er sah erst bunte Sterne, die sogenannten Warpsterne, dann jedoch sah er nur das All. Nichts. Kein Frachter. Calvin fühlte sich verschaukelt
„Wo ist die „Khen’sha“?“, fragte er, erhielt aber nur Achselzucken als Antwort. Dann schließlich meldete Agatha:
„Sir, ein großes Schiff kommt jetzt an.“
Calvin: „Was ?“
Agatha prüfte ihre Anzeigen, dann drehte sie sich zu Calvin um und sagte: „ Es ist ein Borg-Schiff.“
Es folgte eine betäubende Stille. Jeder verstummte und wendete seinen Blick zum großen Hauptschirm, wo das Borgschiff zu sehen war. Auf die Stille folgte Gegacker, wie in einem Hühnerstall.
Calvin stand auf und sagte zu Alex: „Alex, bring uns hier weg.“
Doch Alex sagte, er könne nicht. Calvin war verwirrt. Was war mit diesem Schiff los.
Dann meldete Ethan, dass sie sich in einem Traktorstrahl befänden.
Ehe Calvin einen Gegenbefehl geben konnte, flackerte etwas. Der Kommandant der DRAGONFLY glaubte, es wäre die Brückenbeleuchtung, doch dann manifestierten sich auf der Brücke zwei Gestalten. Maschinenmenschen. Eine Frau und ein Mann. Doch die beiden unterschiedlichen Gestalten, die unterschiedlichen Rassen zugehörig waren, starrten nur auf den Kommandanten und den Ersten Offizier. Agatha stand auf und hob die Hand zu ihrem Kommunikator. Doch plötzlich zischte es. Agatha hörte ein betäubendes Summen und dann verschwand die Anspannung aus ihrem Körper. Doch es war nicht nur die Anspannung, die aus den Zügen des ersten Offiziers der USS DRAGONFLY entwich. Es war auch die Kraft überhaupt etwas zu tun. Plötzlich verschwamm die komplette Umgebung.



Cal konnte nicht anders, als zu lächeln. Diese Erinnerung, so schrecklich sie in diesem Moment auch gewesen sein mochte und so wenig epicht er darauf war, sie zu wiederholen – sie zeigte ihm, warum er seine XO so liebte. Verdammt, sie hatte einfach recht. Und wenn das mal nicht so war, dann machte es auch nichts.

Und in diesem Moment merkte er, dass auch Jasmin lächelte – wenngleich es bei ihr eher ein sehr irritiertes Lächeln war.
„Erm – Prinz Doktor? Was ist? Warum grinsen Sie?“
Der Captain schüttelte den Kopf, fand sich in die Realität zurück und zuckte dann mit den Schultern, als sei nichts gewesen. „Mir geht’s gut, ganz ehrlich.“
Zwar blickte Jasmin ihn an, als würde sie ihm nicht das Geringste glauben, aber sie zuckte dann ebenfalls mit den Schultern, ehe sie ihren Blick intensivierte und von ihm zu Agatha und dann zu Aladdin schaute. Sie sagte nur ein Wort: „Phasir.“

Verdammt. Die Frau war auch wieder schlauer als Razul erlaubte. Natürlich. Phasir konnte die Lösung sein. Aladdin lächelte ihr zu und überlegte dann. Wie konnte er diesen alten, blinden Eremiten, der irgendwo unter der Stadt lebte, finden? Bis jetzt hatte er sich immer dann gezeigt, wenn er gebraucht würde. Zwar hoffte er, dass dies auch jetzt passierte, aber irgendwie wusste der Prinz, dass es dieses Mal nicht so einfach sein würde. Besonders dann nicht, wenn Mirage vorhatte, ein Spiel mit ihnen zu spielen. Bei der Sache mit den sie im Schlaf angreifenden Dorfbewohnern, hatte sich Phasir als anfällig für ihre Magie erwiesen.
Hoffentlich wurde er nicht von der bösen Königin des Chaos aufgehalten? Wobei – wenn er ehrlich war: Das würde ihn wenig überraschen.

Cal warf einen verblüfften Blick zu Agatha und trat zu ihr. Leise flüsterte er ihr ein „Hab ich gerade richtig gehört? Kvasir? Seit wann hatte Jasmin Kontakt zu den Asgard?“
Seine XO warf ihm einen Blick zu und er hatte das Gefühl, sich in ihren grasgrünen Augen zu verlieren, als er die Welle der Ironie merkte, die ihm entgegenschwappte. „Wasch Dir die Ohren“, flüsterte sie, „Sie hat deutlich ‚Phasir’ gesagt.“
Der Captain zuckte mit den Schultern und blickte Jasmin an: „Wer ist Phasir und wie finden wir ihn?“
„Das ist das Problem“, sagte nun Aladdin, „Wir wissen es nicht.“
Cal seufzte. „Das wird ja prima.“

TBC


 
Kapitel 10.4

Plötzlich änderte sich die Atmosphäre. Um genauer zu sein – der Himmel, gerade eben noch strahlend-blau, verdunkelte sich und aus der Ferne war ein Rumpeln hörbar, das zuerst zu leise war, um es überhaupt wahrnehmen zu können, sich dann aber multiplizierte und schließlich so laut wurde, dass Aladdin sich die Hände auf die Ohren pressen musste. Jasmin neben ihm ging in die Hocke, stöhnte auf, als würde ihr dieses Geräusch körperliche Schmerzen zufügen und ehe er sich versah, hatten auch seine Beine nachgegeben und er presste nicht nur seine Hände auf seine Ohren sondern sich auf den Boden.

Auch Agatha konnte sich diesem Gefühl nicht entziehen. Schmerzen rasten durch ihren Körper, es war, als wären sämtliche Nervenbahnen in Flammen stehend, als würden sämtliche Muskeln und Sehnen zerreißen und als würde ihr das Hirn aus Ohren und Nase heraustriefen. Gerade, in dem Moment, als sie den unmenschlichen Schrei gehört hatte, merkte sie, dass er ihrer Kehle entronnen war. In ihrem Kopf tauchte dieses eine Wort auf und machte sich immer präsenter: „ FLIEH! “

Ihren Mitprinzen und Mitprinzessinen schien es nicht anders zu gehen, denn plötzlich – und dafür bewunderte Agatha ihn – schaffte es Aladdin in einem unglaublichen Akt der Stärke, aufzustehen, sich gegen diese Wogen der Schmerzen und des Kraches anzustemmen, Jasmin hochzuhelfen und mit ihr in den Palast zu taumeln. Und ehe sie realisierte, was geschah, hatte Cal sie auf seinen Armen gebettet und trug sie in Sicherheit. Verdammt , schoss es ihr durch den Kopf, Wenn dieser Krach mich schon an den Rand des Wahnsinns bringt, was wird denn dann erst mit ihm?
Sie wandte ihren Kopf ihm zu und stellte fest, dass Genie und Eden sich in Kopfhörer verwandelt hatten. Einer hatte sich über des Captains Ohren gestülpt, der andere schlüpfte gerade aus dem Palast, wo er zweifelsohne Aladdin vor dem Krach beschützt hatte und setzte sich nun auf die Ohren von Prinzessin Theti. Diese stemmte sich empor, griff die Hüfte ihres „kleinen Fischers“ und half ihm in die Stehende. Kaum, das Cal den Palast betreten hatte, lösten sich die grünen Eden-Kopfhörer, huschten zu Papyrus und nahmen Kontakt zu seinen Ohren auf. Mehr konnte die XO nicht sehen, da Cal sie schnell gegen die nächste Wand presste, sich vor sie und sie mit seinem Körper vor weiterem Lärm abschirmte. Dazu presste er seine Hände auf ihre Ohren, was sie damit erwiderte, mit ihren Händen die Captainsgehörgänge vor diesem Lärm zu beschützen. Kurz warf sie einen Blick zu einer anderen Wand, wo Aladdin und Jasmin sich auf selbe Weise gegen den Lärm zur Wehr setzten.
Und nun, wo der ohrenbetäubende Krach einem dumpfen Brummen im knapp-hörbaren Bereich gewichen war, konnte Agatha auch wieder klarer denken. Allem in allem stellte sich die Frage, was das für ein Krach war.
Also beugte sie sich vor, so dass ihr Mund an Cals Ohr angelangt war, lüftete kurz ihre Hände, sodass Cal wirklich nur sie hören konnte und fragte: „Weißt Du, was das ist?“
Schnell verschloss sie die Gehörgänge ihres Geliebten wieder, der sie anblickte. In seinen braunen Augen konnte sie erkennen, dass auch er keine Ahnung hatte, was das nun war, aber mehr als neugierig. Sie nickte ihm zu – doch sie fragte sich, wie sie sich wohl bewegen konnten, ohne erneut diesem Geräusch zum Opfer zu fallen.

Und in diesem Moment – man könnte fast meinen, dass das Geräusch das Drehbuch gelesen hätte – hörte es auf.
Aladdin und Jasmin warfen einander einen verblüfften Blick zu, schauten einander in die Augen und merkten, dass es ihnen eigentlich egal war, was um sie herum passierte. Die Hände von den Ohren nehmend, beugte er sich vor und stahl ihr einen Kuss. Sie lächelte.
„Kann es sein, dass Du mich gerettet hast?“, fragte sie, so unschuldig wie möglich.
Aladdin blickte kurz zu Boden, ehe er seinen Kopf hob und sie anblickte. „An… anscheinend.“, sagte er und gab sich Mühe, nicht allzu nervös zu klingen, obwohl sein Herz in diesem Moment so lautstark pochte, dass er sich sicher war, dass sie es ebenfalls hören würde. Er schaute sie an, holte Luft und setzte an: „Flieg mit mir um die Welt.“
Jasmins Augen weiteten sich, auch sie holte Luft und ließ ihre sanfte Stimme erklingen: „… sie gehört mir, ich weiß schon.“
Damit griff sie den Kopf ihres Mannes, zog ihn zu sich und küsste ihn lange und leidenschaftlich.
Die Stimmen des Prinzen Doktors und Prinzessin Song drangen an ihre Ohren, aber sie ignorierte sie.

„Die beiden sollten sich echt ein Zimmer nehmen.“, grinste Cal, als Agatha ihre Hände von seinen Ohren nahm und sich zu ihm umdrehte. „Schatz“, sagte sie, „Sie haben den ganzen, verdammten Palast.“
„Auch wieder wahr.“
Damit nickte der Captain in Richtung des offenstehenden Balkons, machte sich auf den Weg und hörte neben sich ein leises, doppeltes Klingeln. Kurz wandte er seinen Kopf in die Richtung des Geräusches und sah Genie und Eden, die ebenfalls neugierig um die Ecke lugten.
„Ich frag mich, was das für ein Krach war.“, wisperte der Flaschengeist, als wollte er die Leidenschaft, die gerade in Al und Jasmin emporkroch nicht stören.
Der Captain zuckte mit den Schultern. „Würde mich auch interessieren“, sagte er raunend, ebenfalls die Gefühle von Prinz und Prinzessin respektierend, „Wenngleich ich mich auch frage, weswegen unsere beiden Lovebirds da drüben“ – er deutete auf Aladdin und Jasmin – „nicht einfach in ein Zimmer gehen. Der Palast hat doch genug.“
„Vielleicht wollen sie auch einfach nur gleich zur Stelle sein?“, bot Eden flüsternd ihre Meinung an und stockte, als sie ein genervt-lustvolles Seufzen Jasmins hörte und dann den Satz „Ihr wisst schon, dass wir euch noch hören können?“
Cal hob den Kopf und wandte seinen Blick dem Liebespaar zu: „Wie schon gesagt – nehmt euch ein Zimmer.“
Die Prinzessin von Agrabah lächelte ihm zu, machte sich von Aladdin los, richtete ihre Garderobe und trat dann auf den Sternenflottencaptain und die beiden Flaschengeister zu.
„Was macht Ihr da eigentlich?“
Nun war es am Captain, etwas zu richten. Und zwar sich selbst in eine aufrecht stehende Position.
Er straffte seine Gestalt und blickte die Prinzessin an: „Nun, wir wollten eigentlich nur wissen, was das gerade für ein Krach…“
Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment geschahen zwei Dinge aufeinander. Erstens wurde ein genau so lauter, wie trommelfellzerreißender Knall hörbar, der Cal so erschreckte, dass er zweitens ein „YIKES!“ ausstieß und in Jasmins Arme sprang.
„Cal?“, hörte der Captain die Stimme seiner XO und machte sich von Jasmin los.
Dann blickte er zu Agatha und schluckte: „Hast… hast Du das auch gehört?“
Sie nickte: „Wenn Du deine neue Freundin loslässt und herkommst, dann zeige ich dir auch, was das war.“
Damit deutete sie auf den Balkon.
Cal drehte sich um und sah, dass die Balkonbrüstung in einer Art „Schatten“ lag, so als würde etwas die Sonne verdunkeln. Und dieser Schatten kroch immer weiter auf sie zu.
„ist das wieder der Obelisk?“, fragte Jasmin hinter ihm und eilte auf die Aussichtsplattform, gefolgt von Aladdin, Genie und Eden.

Dass Prinz Doktor seiner Frau plötzlich in die Arme gesprungen war, war etwas, worüber er mit dem Prinzen noch reden musste. Momentan schien es aber andere Probleme zu geben, denn wenn der Obelisk, der vor knapp 2 Jahren Agrabah schon einmal fast zum Verhängnis wurde, wieder von Mirage bemüht wurde, dann war es keine großartige Herausforderung. Man wusste ja, wie man diesem Ding entgegenwirken konnte. Doch, als sie auf dem Balkon standen und sich suchend umblickten, hörte er neben sich Jasmin hauchen: „Ich sehe den Obelisken nicht.“
Aladdin trat an die Brüstung und berührte sie: „Hm… sie ist noch da, sie verschwindet nicht – das ist nicht der Obelisk.“
„Ja“, meldete sich nun der Flaschengeist Genie zu Wort, „Aber was wirft einen so präzisen Schatten. Ich meine – schau mal – ganz Agrabah ist in Dunkelheit gehüllt.“
„In einem sehr quadratischen Schatten.“, stellte nun der Prinz Doktor neben ihm fest, ehe er nachdenklich einen Blick gen Sonne warf und sein Gesicht vor der Helligkeit abschirmte.
„Was wirft einen quadratischen Schatten?“, fragte nun Jasmin, was Genie dazu veranlasste, Eden anzustubsen. Sie nickte, verwandelte sich in eine große Taschenlampe und strahlte auf die Palastwand. Dann metamorphierte Genie in ein Quadrat und postierte sich vor der Taschenlampe. Er blickte zu Jasmin: „Ich würde vermuten, eine quadratische Fläche.“
„Oh nein.“, sagte der Prinz Doktor, „Kein Quadrat.“
Damit deutete er gen Sonne, von wo sich ein gigantisches Objekt abzeichnete, das aus der Sonne zu kommen schien und genau auf Agrabah zuhielt.
Prinz Doktor schluckte: „Ein Würfel – ich glaubs nicht.“

Das konnte doch echt nicht wahr sein.
Sah er das wirklich? Bildete er es sich nicht nur ein? Kam dort tatsächlich, aus der Richtung der untergehenden Sonne, ein Borgschiff? Was wollten die kybernetischen Cyborgs hier? Und automatisch traf ihn die Erinnerung, wie es damals, bei ihrer ersten Borg-Begegnung gewesen war:


Cal, der sich schon mit den schlimmsten Befürchtungen trug (seelenlos im All herumzugaukeln und Leuten ebenfalls die Seele auszusagen, kann man ja getrost als schlimm bezeichnen) wurde von Agatha auf eine Kleinigkeit hingewiesen, die er aber irgendwie auch selbst hätte feststellen können. „Sir, wir sind nicht festgebunden.“, sagte sie. Da fiel Cal tatsächlich auf, das sie nicht festgebunden waren. Probehalber trat er aus und tanzte in seinem Alkoven herum, dass es ihm schräge Blicke von Agatha und Scotty eintrug. Cal stellte sich lässig in den Alkoven und eine Idee formierte sich in seinem Kopf. Agatha schien sie ebenfalls zu haben, schlug vor, nach vorne zu stürmen, sich die Borg zu schnappen und………
Der Captain rannte los und wurde wieder von dem Paralysestrahl getroffen. Er erschlaffte.
 
Was dann geschah, wusste er nicht mehr, er kam erst wieder zu sich, als er im Alkoven stand und von einem Borg mit einem Waffenarm bedroht wurde.
„Ich nehme an, das soll heißen, dass ich mitkommen soll?“, fragte er und schluckte, als der Borg seine Waffe auf ihn richtete. Borg und Waffen – eigentlich waren Pistolen und ähnliches unnötig, schließlich waren Borg selbst beinahe sowas wie Waffen. Allerdings musste Cal dem Kollektiv zugestehen, dass es keine blöde Idee war – so konnten die Borg ein fliehendes Opfer betäuben und es später assimilieren. Ziemlich effizient.
Und da er keine Lust hatte, erneut bewusstlos zu werden, hob er gehorsam die Hände und setztes sich in Bewegung.
Kurz warf er einen Blick zu Scotty und Agatha, die ihm mit ihren Augen das selbe sagten: „Abhauen is ja okay – aber wir brauchen einen Plan.“

Sie marschierten einen klaustrophobisch engen Korridor entlang, eine Borg vor ihnen, eine hinter ihnen. Dann war Cal bei Alkoven 19 von 21 angelangt und wurde hineingeschubst. Aus der Wand fuhr urplötzlich ein Waffenarm. Cal erkannte den taktischen Vorteil. Gehorsam steckte er seinen Arm in den Waffenarm, riß sich dann jedoch aus dem Alkoven heraus. Er legte auf die beiden Drohnen an, die Agatha und Sebastian festhielten und feuerte. Die erste Drohne ging ohnmächtig zu Boden, die Zweite wurde auch getroffen, aber sie reagierte nicht. Doch, sie drehte sich um und sah Cal analysierend an. Das war für Scotty die Chance. Er schlug zu.
Am Kopf getroffen ruckte das Kinn der Drohne nach hinten, ihr Körper fiel mit einem lauten Knall auf das Gitter, das dieses Geschoss des Würfels von dem nächsten trennte.

Eine weitere Drohne näherte sich, was Agatha dazu nutzte, sich in eine Verteidigungsposition zu begeben und mit zwei, drei schnellen Karatetritten und – hieben den Borg aus seiner Laufbahn zu befördern.
„KLASSE!“, rief Cal und nickte Sebastian zu, ehe er merkte, dass der Arm, der in der Borgrüstung steckte, sich plötzlich, wie von einem eigenen Willen beseelt, bewegte.
Er richtete sich auf den Torso seines Chefingenieurs aus und nahm ihn ins Visir – respektive: würde ihn ins Visir nehmen, wenn er eines hätte.

Captain, XO und Chefingenieur erkannten, was die Stunde geschlagen hatte, dennoch konnte sich Cal den verzweifelten schrei „Ich kann es nicht kontrollieren“ nicht verkneifen, ein roter Strahlenblitz aus dem Waffenarm schoss. Dieser hüllte den Chefingenieur in einen Kokon aus lähmender Energie ein, das dazu führte, dass er sang-, klang- und wortlos in sich zusammensackte.

Dann positionierte sich der Arm neu, nahm die Brust seiner XO ins Visier und feuerte. Diese duckte sich unter dem Blitz hinweg, ging in die Hocke und katapultierte sich mit voller Wucht gegen den Captain. Der fiel zu Boden, doch der Arm richtete sich wieder auf Agatha aus.


„Du, Cal, das tut mir leid.“, hauchte die XO und Cal blickte sie verblüfft an: „Was tut dir leid?“
„Das.“, sagte sie und trat mit voller Wucht nach dem Arm. Dieser wurde zur Seite gerissen. Cal knirschte mit den Zähnen, als er das Knirschen hörte und irgendwie vermutete er, dass das Kugelgelenk aus seiner Pfanne gesprungen war.

Als dann Funken sprühten, blickte der Captain überrascht auf den Arm und stellte fest, das ein kleiner, viereckiges Mikrochipchen von dem dafür vorgesehenen Steckplatz getrennt worden war. Der Arm machte noch einmal Anstalten, etwas zu tun, erschlaffte dann aber, was Cal erneut ein schmerzhaftes Stöhnen entlockte.
Agatha beugte sich über ihn, küsste ihn auf die Nase und hauchte ein „Entschuldigung, Sweetie.“, ehe sie ihm etwas ins Ohr flüsterte.

Der Captain hatte keine Ahnung, was sie gesagt hatte, aber er merkte, dass die Schmerzen, die sich explosionsartig in seinem Arm bemerkbar machten, in den Hintergrund traten. Er blickte hoch, lächelte Agatha an und merkte, als sie sein Lächeln erwiderte, das sein Herz schneller schlug. 
Hier konnte ihm nichts passieren, er war mit Agatha zusammen, die…

Gerade in diesem Moment von einem Borg am Kragen gepackt und mühelos vom Captain gepflückt wurde.
Moment, so ging das aber nun wirklich nicht.
Cal richtete sich auf und bewegte den Waffenarm auf den Borg zu. Zugegeben, eine Art dumpfes Pochen in seiner Schulter erinnerte ihn daran, dass er eine Verwundung hatte, die sich Gina mal ansehen sollte, aber momentan gab es wichtigere Dinge.
Der Borg blickte ihn an, Cal zwinkerte ihm zu und sagte etwas, das er selber nicht ganz verstand: „Provoziere niemals einen hypnotisierten Captain.“


Es war schon großartig, was Erinnerungen zu leisten in der Lage waren. Allein diese Situation erinnerte ihn daran, dass sie vermutlich alles zu schaffen in der Lage waren, wenn sie nur zusammenblieben. Ob nun Cal, Agatha und Sebastian, Cal, Agatha und Gina oder Cal, Agatha und Ziva – oder Cal, Agatha, Jasmin, Aladdin, Theti, Papyurs, Razul, Genie und Eden – wenn sie alle zusammenblieben, konnte man es schaffen. Da konnte man auch eine Borg-Invasion zurückschlagen, die etliche Jahrtausende zu früh stattfand.

Das grünliche Schimmern neben ihm schreckte ihn in diesem Moment nicht mehr und er merkte, wie sein Körper auf Automatik umschaltete und sich von Lebensrettenden Reflexen leiten ließ. Er wirbelte herum, schlug dem Borg mit voller Wucht auf die Nase, trat ihm dann gegen den Solar-Plexus, schlug noch einmal gegen den Kehlkopf, wirbelte erneut um die eigene Achse und trat zu. Das kybernetische Wesen taumelte gegen die Brüstung und fiel hinunter in die Tiefe.
„Sehr gut“, grinste Cal, wirbelte herum um sich gegen den nächsten Borg zu werfen.
Irgendwann hörte er ein „AIIIEEEE!“ von Jasmin, wirbelte herum und sah, wie sie von einem Borg gepackt und assimiliert wurde. Kaum, dass die Röhrchen ihren anmutigen Hals, zwei Vampirbissen gleich, punktiert hatten, ließ der Borg von ihr ab und sie fiel, wie von einem Magneten angezogen, zu Boden.
„NEIN!“; schrie der Captain und wirbelte herum, als er hinter sich einen Schatten sah. Seine Kinnlade klappte herunter.
„Ich glaub, ich spinne.“

Tatsächlich, da kam Razul auf ihn zu, das Schwert erhoben, das beide Augen durch Okkularimplantate ersetzt, die ihn wirken ließen, als trüge er entweder eine extrem unmodische Brille oder Insektenaugen, aus dem Ohr ragte eines der Dinger, die Cal bei den Borg schon oft gesehen hatte, die er aber als relativ zwecklos erachtete – ein roter Laserpointer.
„Widerstand ist zwecklos!“, dröhnte die Razul-Drohne und schlug zu. Cal warf sich zur Seite, rollte sich über den Boden und kam vor Agatha zum Stehen.
„Uff“, keuchte er, richtete sich auf und deutete auf Razul: „Wir müssen hier…“
Weiter kam er nicht, denn als er sich umdrehte, sah er dass auch seine Freundin inzwischen im anderen Team mitspielte. Ihre grünen, hypnotischen Augen waren erloschen, starrten ihn blicklos an, die freiliegende Haut war einfach nur grau, respektive ziemliche fleckig und alles in allem hatte Cal das Gefühl, dass ihm gleich übel wurde.
„NEIN!“, schrie er erneut, als die Borg-Frau ihn packte …

TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 10.5

Der Griff, mit dem die Agatha-Borg seinen Kragen festhielt, war schraubstöckern. Cal merkte, wie sein Herz schneller pumpte, wie sämtliche Überlebensinstinkte in seinem Körper aktiviert wurden und konnte förmlich das Rauschen hören, mit dem das Adrenallin durch seinen Körper schoss. Was konnte er tun?
Die sanfte Stimme seiner XO hatte der Captain noch nie gleichzeitig so ruhig, bestimmend und gleichzeitig unheimlich erlebt, wie in diesem Moment, als sie den Erkennungssatz der Borg sprach: „Wir sind die Borg – sie werden assimiliert werden. Widerstand ist zwecklos.“
„Widerstand ist zwecklos? Na, das wollen wir doch mal sehen.“, schoss es Cal durch den Kopf, als er all seine Kraft anstrengte, um sich von Agatha zu befreien. Schnell stieß er seine Hände gegen die Schultern der XO und sie damit zu Boden. Gleichzeitig taumelte er einen Schritt zurück, atmete erleichtert durch.

Sie würden ihn nicht assimilieren. Es reichte schon, dass sie es auf dem Borgschiff versucht – und später, bei der Sache in Ret’tang auch beinahe geschafft – hatten.
Eine Art Gänsehaut kroch über seinen Körper, als er daran dachte, wie er damals assimiliert worden war und die schuldige Person auch noch seine XO, Commander Agatha Silverbird, gewesen war. Andererseits: Dies fiel unter die Kategorie „PP – Persönliches Pech“. Er hätte auf die entsprechenden Ärzte hören sollen, die nach einer De-Assimilation Agathas immer noch nicht Entwarnung gegeben hatten.

Alles in allem war es eine sehr unangenehme Erfahrung gewesen und Cal konnte sich wirklich Schöneres vorstellen, als ausgerechnet diesen Teil der Ret’Tang-Mission zu wiederholen. Lieber würde er…

Seien Gedanken kamen ins Stocken, als er hinter sich einen Körper spürte, der schnell seine Arme um ihn schlang. Kurz wandte er seinen Kopf… verdammt. Irgendwie war es ihm ja zu dem Zeitpunkt klar gewesen, was die Stunde geschlagen hatte, als er gezwungen war, mit anzusehen, wie Prinzessin Jasmin zur Drohne wurde. Und diese Drohnenprinzessin hielt ihn nun fest. Was konnte er tun? Vielleicht konnte man mit ihr ja noch diskutieren?

„Prinzessin“, brachte er hervor, „ich schlage eigentlich keine Frauen – wenn Sie mich loslassen würden, wäre ich Ihnen sehr verbunden.“
Ihre Antwort ein „Sie werden assimiliert werden“, genau so leidenschaftslos gesprochen, wie es Agatha schon getan hatte, brachte ihn dazu, zu seufzen.
„Also gut“, murmelte er, „Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“
Damit ballte er seine Hand zur Faust und stieß den Ellbogen in die Magengrube der ehemaligen Prinzessin. Diese ließ ihn los, taumelte nach hinten und hielt sich den Bauch.
Hatte sie doch Schmerzen? War eventuell noch etwas zu retten?
Er ging auf sie zu, vor ihr in die Knie und blickte sie an: „Prinzessin, sind Sie da?“
„Prinz Dok…tor.“, keuchte die Frau, hob ihren Blick und Cal sah, dass ihre Augen wieder eine gewisse Lebendigkeit hatten. Ein Lächeln legte sich auf des Captains Lippen. „Sie sind noch irgendwo da drinnen?“, fragte er und seufzte innerlich. Einen ähnlichen Dialog hatte er doch irgendwo schon mal gehört?
„Prinz Doktor“, sagte die Prinzessin erneut, dieses mal mit fester Stimme und einem Blick, der sich tief in seine Seele bohrte: „Prinz Dok…“
Weiter kam sie nicht, schien irgendetwas zu bemerken, zu sehen, denn ihr Blick veränderte sich. Sie wirkte gehetzt: „Prinz Doktor, es ist nötig, dass Sie mir jetzt ganz genau zuhören. Sie sind…“
Jasmin brach ab, ihr Kopf sackte kraftlos auf ihre Brust.
Verdammt. Was wollte sie ihm sagen? Was war er?
Die letzte Rettung der Stadt? Der neue Prinz? Ein riesiger Vollidiot? Alles drei?
Der Kopf der Prinzessin ruckte hoch, ihre Augen waren wieder seelenlos und sie fauchte: „ Widerstand ist zwecklos. “
Mit einem lauten „WHOA!“ ließ sich der Captain nach hinten fallen, rollte sich auf den Bauch und rappelte sich hoch, um loszurennen – doch vor ihm stand Papryus, das Schwert des Horus erhoben und ihn aus ausdruckslosen Augen anstarrend.
Das war ja noch schlimmer als in jedem Horrorfilm mit Zombies!
Wobei – strenggenommen – gab es eine bessere Beschreibung für einen Borg? Konnte man einem Nicht-Starfleetler besser erklären, was ein Borg ist? Schließlich waren beide seelenlose Automaten, die ihren Dienst apathisch versahen. Und eventuell konnte man sogar über die Definition des Wortes „Untot“ spekulieren.

Kurz blickte er zu Agatha, die sich das ganze Geschehen – für eine Drohne, die ihn assimilieren wollte, viel zu ruhig – betrachtete. Sie verschränkte sogar die Arme vor der Brust und dies verlieh ihrer Gestalt ein mehr oder weniger gelangweiltes Aussehen.
Zugegeben, das war eine ziemlich unübliche Borgpose, aber allein schon der Fakt, dass einige Borg seit einigen Jahren Waffen hatten, war ein unübersehbares Zeichen für den Wandel der Zeit im Kollektiv.

Cal betrachtete Papyrus kurz und zuckte mit den Schultern: „Tut mir leid, Papyrus von Borg – aber ich will nicht assimiliert werden.“
Damit verpasste er dem jungen Mann einen Schlag gegen das Kinn, der ihn leblos zu Boden gehen ließ. Der Gedanke „Irgendwie ist das zu einfach“ schoss dem Captain durch den Kopf, aber ein nicht gerade geringer Teil seines Selbst wollte sich in diesem Moment mit solchen essentiellen Fragen nicht beschäftigen – er wollte einfach nur weg. Und wenn er es geschafft hatte, die DRAGONFLY zu finden, würde er auch Agatha heilen können.
Er würde sie hier zurücklassen müssen, um sie wiederzufinden – und er würde sie wiederfinden und heilen – und wenn es das Letzte war, das er im Leben tat. Dazu musste er nur eines schaffen – nicht assimiliert werden.

Kurz blickte er sich um, sah, dass Jasmin wieder bedrohlich nah an ihn herangetreten war. Er wirbelte herum, erkannte, dass hinter ihr die Aladdin-Drohne aufgetaucht war und trat in Aktion. Nach vorne preschend, schubste er die ehemalige Prinzessin gegen ihren ehemaligen Mann, zog dann den Phaser und stellte ihn auf „Lähmen.“
„Entschuldigung.“, keuchte er, „Ich wäre gerne euer Freund.“
Damit drückte der Captain ab. Jasmin und Aladdin leuchteten rot auf, gaben einen Seufzer von sich – eventuell Erleichterung? – und kollabierten. Jasmins Oberkörper kam auf Aladdins Bauch zum liegen und eigentlich sahen die Beiden aus, als haben sie sich nach einem Picknick einfach nur zum Verdauungsschläfchen hingelegt.

Doch der Schuss schien die anderen Borg nun wirklich wütend gemacht zu haben. Schnell stellte der Captain seinen Phaser auf „Volle Stärke“, richtete ihn auf die Person, die ihn gerade angreifen wollte.  Leider war dies Agatha, die versuchte, ihn erneut zu greifen. Der Captain wich aus, richtete seinen Phaser erneut aus… Cals Phaser fauchte zornig auf, als sich der heiße, orange-roter Strahl direkt in den Boden vor seiner XO bohrte und eine Staubwolke entstehen ließ. 1„Vergib mir, Gathy-Chan.“, hauchte er, „ich bin bald wieder da. Kämpf solange gegen die Programmierung – ich weiß, du kannst es.“
Damit wirbelte er herum und eilte los, die Treppe zum Palastgarten herunter.

Es war faszinierend, wieviele Borg auf dem Schiff gewesen waren – denn der Garten war voll von ihnen. Zwar schoss dem Captain die Frage durch den Kopf, ob dies alles nun mal wieder ein Verstoß gegen die Temporale Erste Direktive war oder ob die Borg tatsächlich schon einmal vor langer Zeit eine Invasion der Erde versucht hatten – aber es war ihm momentan egal. Genauso wie sein komplettes Training, denn er wusste zwar, dass die Borg nur dann angriffen, wenn sie jemanden als Bedrohung erachteten, aber momentan war ihm auch dies egal. Diese Mistkerle hatten nicht nur einen Eingriff in die Geschichte vorgenommen, sie hatten Leute assimiliert, die er zwar noch nicht so lange kannte, die ihm aber sympathisch waren, die er – im Fall von Jasmin – sogar sehr süß fand – und die er – im Fall von Agatha – mehr liebte als sein eigenes Leben. Diese Leute musste er zurücklassen – und dafür sollte kein Borg zahlen? Kein Stück. Seine Hand glitt wieder zum Phaser, er stellte ihn auf „starke Betäubung“ – vielleicht konnte man diesen Drohnen ja noch helfen - , nahm Ziel und wunderte sich nicht, dass schon die erste Drohne auf ihn zielte und feuerte.
„Netter Schuss.“, kommentierte er die Versuche, ihn zu treffen und schoss.

Die kinetische Wucht des Einschlages riss den Torso nach hinten und die an ihm angebrachten Extremitäten, sowie der Kopf, folgten. Damit hatte er die komplette Aufmerksamkeit der Drohnen, die sofort ihr Feuer auf ihn eröffneten. Cal warf sich in Deckung und schüttelte den Kopf. Irgendwie hatte er das alles ein wenig zu wenig durchdacht. Irgendwie konnte er sich nicht helfen und stellte fest: „So ähnlich musste sich Aladdin gefühlt haben, als Mirage die Stadt unter ihre Kontrolle gebracht hatte.“
Sofort durchzuckte eine Idee ihn wie eine elektrische Entladung. Vielleicht – vielleicht war es ja Mirage, die die Stadt unter ihre Kontrolle gebracht hatte? Vielleicht hatte Mirage die Kontrolle über das Borg-Kollektiv?  War dies möglich? Er hatte bei Mirage keine Implantate gesehen, keine Schläuche, die sich über ihren Körper gezogen hätten, keine Anzeichen, dass sie eine Borg – oder vielleicht gar eine Borg-Königin – wäre. Oder war es ein Zufall, dass die Kyberwesen ausgerechnet jetzt hier auftauchten? Irgendwie konnte der Captain sich das nicht so ganz vorstellen und…

Das laute Dröhnen eines Antriebs, dicht über ihm, ließ ihn zusammenzucken. Er hob den Kopf – direkt über sich sah er Genie schweben – in der Gestalt eines Borgwürfels - , ebenfalls assimiliert, ebenfalls auf der Suche nach ihm.
„Widerstand ist zwecklos“, bellte der Flaschengeist und doch klang er weniger befehlend, weniger mechanisch, sondern eher besorgt. Verflucht, was war hier los?
Die auftauchende Eden hatte sich ebenfalls in ein Borgschiff verwandelt – eine Sphäre, die auf ihn zuflog und ebenfalls das Borgmotto rezitierte.
„Hier sind eindeutig zu viele Borg in der Geschichte“, murmelte der Captain, rappelte sich aus seiner Deckung und eilte los, eine neue zu finden – begleitet vom Geräusch der Borg-Waffen, die sich entluden. Vor und hinter ihm spritzte die Bausubstanz des Palastes auf, ausgelöst von Treffern aus Waffen, die sich in den Palast bohrten.
Cal merkte, wie sein Herz immer schneller schlug. Schaffte er es, rechtzeitig Deckung zu finden? Mehr oder weniger bezweifelte er es, da er über sich schon wieder den nunmehr sphärenartigen Schatten von Eden sah. Verdammt.
Seine Füße hämmerten auf den Boden, er versuchte, so schnell wie möglich fortzukommen, eilte über die Kieselsteine auf einen Busch zu, ging in die Knie und schlidderte in Deckung. Momentan war das Adrenallin noch da und bewahrte ihn davor, sofort Schmerzen zu empfinden, aber er war sich sicher, das dies bald der Fall sein würde. Besonders, wenn er sich die aufgeschrammten Oberarme ansah. Langsam, aber sicher, wurde eine kleine Stimme in seinem Kopf immer lauter.
„War es das?“, hörte er sich fragen, gefolgt von einem „Sollte es das schon gewesen sein?“ Kurzzeitig stahl sich sogar der Satz „Ich bin doch noch soooo jung.“ in seine Gedanken – oder, wie man zur Zeit der (aus Cals Sicht) letzten Jahrtausendwende (1999/2000) , sagte: „Seine Denke.“
Einer der größten Kabarettisten des Landes, das der britische Captain immer zu portraitieren suchte, erzählte da gerne die Anekdote, das man ihm mal gesagt habe „Da haben Sie eine andere Denke als ich“ – worauf hin dieser konterte: „Da habe ich aber eine Staune.“
In Cals „Denke“ erschien also kurz der Satz „Ich bin doch noch sooo jung“ wurde aber alsbald von einem, beinahe schon pseudo-buddhistisch-zen-ig angehauchten „Aber du hast verdammt viel erlebt“ abgelöst. Und das stimmte nun wirklich. Er hatte nicht nur in seiner Zeitlinie, sondern auch noch im 20. und 21. Jahrhundert Freunde gefunden und nun offenbar noch irgendwann mehrere Jahrtausende vor Christi Geburt. Eigentlich hatte er es gar nicht so schlecht getroffen. Im Gegenteil. Und könnte der Fanfictionautor die Story mit einer Melodie unterlegen, so würde er jetzt den Song einspielen, den meine Leser vermutlich kennen und vermutlich sogar wissen, wie er heißt. Ich weiß es nicht, ich weiß nur, er beginnt mit einem Gitarrensolo und dann damit, dass jemand „WOOOHOOOOO!“ schreit. Und dieses „WOOOHOOO!“-Liede würde jetzt gespielt werden, denn um Cals Lippen tauchte ein Grinsen auf. Er richtete sich auf, zog seinen Phaser, bereit, falls man auf ihn schoss, zurückschießen zu können und sprintete los – auf die Mauer zu, die Unberufene davon abhalten sollte, aus Agrabah in den Palast zu kommen. Oder – in seinem Fall – aus dem Palast zu entfliehen. Eine der Borg-Palast-Wachen schien seinen Plan zu erahnen, eilte ihm entgegen, mit erhobenem Schwert. Schnell riss der Captain seinen Phaser hoch und feuerte. Die Wache leuchtete kurz rot auf und kollabierte.
Eigentlich müsste er jetzt fliehen können, eilte weiter und zuckte zusammen, als direkt neben ihm Erde sengendheiß hochspritzte und wirbelte herum. Der Captain riss seine Arme – sein Gesicht schützend – hoch und wirbelte dann in die Schussrichtung. Er musste kein Genie sein – weder ein Flaschengeist, noch ein besonders cleverer Kopf – um zu wissen, von wo der Schuss kam. Tatsächlich. Agatha Silverbird stand immer noch auf dem Balkon, ihre Augen blicklos auf ihn gerichtet – ebenso der Phaser.
„Ergeben Sie sich Captain.“, sagte sie sanft, aber unheimlich-mechanisch und starrte ihn an, „Wenn Sie sich ergeben, werde ich eine schmerzlose Assimilation garantieren.“
‚Na, das wollen wir doch erstmal sehen’, schoss es dem Captain durch den Kopf, als er sämtliche Optionen durchspielte. Es sah relativ grimm aus - und damit meinte Cal nicht „märchenhaft“.

To be continued

Kapitel 10.6

Er konnte versuchen, Agatha und seine anderen neugewonnenen Freunde mit einem gezielten Schuss auf „Starke Betäubung / Fächerstrahl“ schlafen zu schicken. Dies funktionierte allerdings nur, wenn sie alle an einer präzisen Position Platz nahmen, was vermutlich nicht wirklich klappen würde. Eine weitere Möglichkeit wäre, den Phaser auf volle Stärke zu stellen und jeden Borg zu erschießen, der ihm zu nahe kam. Wenn gar nichts mehr ging, konnte er auch entweder den Phaser verwenden, um sich selbst zu erschießen – in diesem Falle tat es eigentlich ein Schuss auf „Betäubung“, direkt gegen die Schläfe, wie er aus einem Bericht von Doktor Leonard McCoy wusste, den dieser während der Gorkon-Angelegenheit angefertigt hatte. Sein Phaser bot auch die Möglichkeit, auf „Überladung“ gestellt zu werden und dann als Granate entweder große Verwüstung in den Feindesreihen zu verursachen oder aber zum „Abtritt mit einem großen Knall“. Aber alles, was in irgendeiner Art und Weise den Tod entweder der Eigenen oder anderer Personen nach sich zog, war in Cals Regelwerk nicht unbedingt hoch angesehen.  Und wieder traf ihn ein unvorbereitetes Flashback – damals hatten sie sich zum zweiten oder dritten Mal mit einer Rasse namens „Scribe-De-Ianer“ angelegt.

  Es war eigentlich eine Routinemission gewesen, ein paar Siedler sollten
von Ceti Gamma evakuiert werden, doch dann, aus dem Nichts, erschien dieses
gewaltige Schiff.
Die Crew wusste, wer der Aggressor war, schließlich war man sich im Laufe
der Zeit des Öfteren über den Weg gelaufen..
Die Scribe-de-ianer.
Ob sie nun per Zufall in dieser Region des Weltalls unterwegs waren, oder ob
sie absichtlich dort gewartet hatten – keiner vermochte es zu sagen.

Das erste Kräftemessen hatte sehr schnell stattgefunden.
Lichtpunkte, Laserwaffensysteme waren von dem beängstigend großen
Scrib-schiff auf das Schiff unter dem Kommando Cals gesandt
worden und eingeschlagen.
Die Brücke hatte gebebt – Funken waren aus verschiedenen Konsolen gestoben.
„Das Schiff ist nicht sonderlich sicher gebaut.“, hatte sich Cal gedacht,
und den Schlagabtausch durch den Befehl „Alle Waffensysteme, Feuer Frei!“
erwidert.
Der taktische Offizier, der DRAGONFLY , Lieutenant Commander  Jill Menacer,  führte den
Befehl aus.
 Sie war groß, blond, durchtrainiert, was eben von Vorteil ist, wenn man
eventuell die Crew vor überraschend hineinbeamenden Gegnern schützen muss.
Ihr Finger war  zur Konsole geglitten, sie hatte  zwei Knöpfe, den einen für
die Phaser, den anderen für die Quantum-Torpedos, betätigt, dann hatte es
einen mörderischen Ruck, der Agatha Silverbird, Cals ersten Offizier, fast
zu Boden gerissen hätte, wenn Cal nicht schnell ihr Handgelenk gegriffen und
sie festgehalten hätte, gegeben und die DRAGONFLY war frei gewesen.
„Alex, volle Wende, und dann Warp 9.“, hatte sich Cal an seinen
Navigationsoffizier gewandt, doch dieser war nur knapp angebunden gewesen
und hatte mit dem Kopf geschüttelt: „Das geht nicht.“
„Warum nicht?“
“Unser Warpantrieb ist beschädigt worden. Das einzige, was ich die
anbieten kann, ist voller Low-speed.“
Cal hatte mit den Augen gerollt: „Was auch immer, Hauptsache, wir kommen von
den Scribs weg, oder?!“
„Volle Wende, voller Impuls.“,  hatte Alex  gesagt und die DRAGONFLY
hatte den Befehlen des Navigators gehorcht.


Die Schadensinventur war sehr schnell gelaufen.
Der Captain warf einen Blick auf den Palm-PC, auf dem der Statusbericht des
Schiffes abgerufen wurde.
Er seufzte.
„Das Schiff ist schwer beschädigt.“, sagte Sebastian, richtete sich zu
seiner stattlichen Größe von ungefähr 2 Metern auf,  ging zum Monitor des
Besprechungsraumes, in dem sie zur Zeit saßen, und aktivierte ihn.
Ein schematischer Grundriss der DRAGONFLY erschien darauf,  ein, für
uneingeweihte heilloses durcheinander aus Drähten, Korridoren, Zimmern,
Leitungen und was sonst noch alles zu sehen war.
Cal hob eine Augenbraue und besah sich das Gebilde auf dem Monitor.
„Und, was sagt uns das jetzt?“
Sebastian deutete auf die diversen roten Punkte, die auf dem Bildschirm zu
sehen waren.
„Wir haben Hüllenbrüche, Austritt von Antriebsplasma und – als ob das nicht
schlimm genug wäre, einen Ausfall der Lebenserhaltungssysteme in den
Gästequartieren. Zum Glück ist aber niemand dort.“
Der Captain nickte und wandte sich dann, mitsamt seines Stuhls, zur
medizinischen Leitung, Gina Intrupper um.
„Und, wie siehts bei Dir aus?“
Gina räusperte sich, stand dann auf, strich ihren Doktorenkittel glatt und
ging schließlich ebenfalls nach vorne.
„Medizinisch gesehen haben wir Glück gehabt.“, sagte sie. Die verrußte
Kleidung, die sie trug verriet jedoch, das das ja nicht so ganz der Wahrheit
entsprach, doch sie fuhr fort, „Keine schweren Verletzungen, ein Wunder, bei
dem Höllenritt, den die Scribs und da wieder durchmachen haben lassen.“
Nun schaltete sich Jill ein: „Sag mal, Cal, wie lange wollen wir das
Spielchen noch treiben?“
Cal runzelte die Stirn: „Lieutenant?“
“Naja.“, zuckte sie mit den Schultern, „die Scribe-de-ianer drängen uns
immer mehr in die Defensive. Wir müssen bald etwas tun.“
Der Captain lächelte: „Gute Idee, nur was sollen wir tun, Jill?“
„Kurz bevor wir den Auftrag zur Evakuierung von Ceti Gamma bekommen haben,
haben wir doch diesen Planeten entdeckt, der, so sagte zumindest unsere
Intel, einen nicht unwichtigen Faktor in der scribe-de-ianischen Ökonomie
stellt. Dort wird ein Mineral abgebaut, mit dem die Scribs ihre Schiffe
betreiben. Wir könnten dort hingehen und das Mineral entweder selbst
abbauen, oder aber es unbrauchbar machen.“
Cal runzelte die Stirn: „Wie stellst du dir das vor?“
“Eine MAG 5-Atombombe.“, sagte Jill, ohne zu zögern.
Die Kinnlade des Captains war damit beschäftigt, nach Erdöl zu graben, eher
er sich wieder unter Kontrolle hatte.
„W... Was war das gerade?“, fragte er.
Jill nickte: „Du hast mich genau verstanden.“
„Wenn ich das richtig verstanden habe, dann schlägst du vor, eine Atombombe
auf dem Planeten zu zünden und somit das Mineral zu verstrahlen?“
„Ja.“
„Aber ist das a) überhaupt möglich und b) nicht viel zu viel Overkill?“
Die schöne Offizierin nickte: „Es ist eine Menge Overkill, da gebe ich dir recht. Aber, es ist auch unsere einzige Chance - es stellt das dar, was wir endlich brauchen. Einen Sieg.“
Cal wiegte nachdenklich den Kopf, bevor er sich an seine taktische Offizierin wendete: „Haben wir keine anderen Optionen?“
„Ich weiß nicht, was du dir erhoffst, Cal?“
„Na, vielleicht etwas, was weniger nach ‘taktischer Großangriff’ klingt? Etwas, ich weiß auch nicht, was ‘eine Nummer kleiner’ ist.“, sagte der Captain und schaute zu Agatha.
Diese sah ihn an, nickte.
Die Tatsache, das man plante, dieses Mineral zu verstrahlen, also eine Atombombe zu zünden undl sogar anderen Lebensformen zu schaden, ob sie es verdient hatten, oder nicht, wobei die Frage, ob sie es verdient hatten sowieso eher eine Definitionsfrage war, denn alles anderes, das alles ließ ihren Atem schneller gehen und sie hatte das Gefühl, auf ihrer Brust parke eine Dampfwalze. Es gefiel ihr nicht.
Und Cal konnte dies sehen.
Er schüttelte den Kopf: „Die Idee mit dem Abbauen gefällt mir wesentlich besser. Wir könnten unseren eigenen Antrieb damit sicherlich verbessern.“


Natürlich gefiel dem Captain die Idee mit dem Abbauen besser – zumindest solange, bis sie am Planeten abgekommen waren und sich plötzlich einem gigantischen Scrib-Schiff gegenübersahen, das sie rief.


Die Stimme war dunkel, verzerrt und zeugte dennoch von einer gewissen
Resthöflichkeit,  so höflich wie man sein konnte, wenn sein Schiff unter
Beschuss geraten war.
„Oberst Cat.“
Cal kam von der taktischen Konsole zu seinem Kommandosessel herunter: „Te’
Exwe – ich heiße ‚Captain Cat’, aber so pingelig wollen wir ja nicht sein, nicht wahr?“
Es klang tatsächlich ein bisschen erfreut, ihn zu sehen.
„Was tun Sie in dieser Gegend?“, fragte er Starfleetoffizier.
„Das selbe könnte ich Sie fragen.“, war die gleichmütige Antwort des Mannes,
den man auf der Erde nur noch ‚die wandelnde Tagesdecke’ nannte.
Er trug ein langfallendes Gewand, das nicht nur die Hände, sondern auch das
Gesicht komplett verdeckte.
Aus welchem Grund er das tat, war niemandem ersichtlich, vermutlich noch
nicht mal seinen eigenen Leuten.
Te’exwe Ynos Ni’lopo war jedoch jemand, der zwar äußerlich der
Lächerlichkeit preisgegeben war, aber er innerlich und darüber hinaus sowohl
offiziell, als auch inoffiziell, die Fäden in der Hand hatte. Er war, so
erinnerte sich Cal, der eine Videodokumentation über ihn gesehen hatte, der
Botschafter des Planeten Scribe-de, aber gleichzeitig auch ein bedeutender
Anführer. Er hatte Carte Blanche im Universum und wo immer Te’exwe Ni’lopo
den Befehl „Spring“ gab, war die Klischeeantwort die Gegenfrage „Wie hoch?“.
Der Scribe-de-ianer war eine beeindruckende Erscheinung, bedingt durch sein
Gewand, das ihm einen mysteriösen und unheimlichen Aspekt verlieh.

Cal ließ sich auf seinem Sessel nieder und schaute Te’exwe an: „Wir sind nur
auf der Durchreise hier.“
‚Meine Güte, ich kann auch lügen, ohne rot zu werden.’, dachte sich der
Captain.
Te’exwe lehnte sich in seiner Sitzmöglichkeit zurück: „Und sie reisen durch,
indem sie das Feuer auf uns eröffnen?“
Eine Spur Ironie in der Höflichkeit.
„Er ist angesäuert.“, dachte sich Cal, „Wundert mich gar nicht, ging mir vor
ein paar Tagen genau so.“
Der Oberst erhob sich wieder und machte sich mit langsamen, bedächtigen
Schritten auf den Weg zu Jill.

Damals war es ihnen gelungen, ohne großes Blutvergießen aus der Sache rauszukommen. Und der Captain hoffte, dass es hier ebenfalls gelingen würde.
„Ergeben Sie sich“, echote seine XO, die Borg, und Cal stellte fest, dass dies nur halb so sehr nach Seven of Nine, der blonden Ex-Borg, klang, wie er im ersten Moment gedacht hatte.
Der Captain räusperte sich: „Sie versprechen mir eine schmerzlose Assimilation?“
Kurz schien die Borg zu überlegen, dann nickte sie.
Auch in Cals Hirn ratterten die Räder. Leben? Tod? Leben? Tod?
„Here goes nothing.“, murmelte Cal, stellte seinen Phaser auf “lähmen”, richtete ihn auf Agatha, murmelte ein „Vergib mir, mein Liebling“ – er hatte keine Zeit, er musste weg, musste seine Geliebte vor den Borg retten -  , schoss… und seufzte, als der Phaser nicht feuerte.
Kurz warf er einen Blick auf die Ladungsanzeige – wer immer erzählte, dass Phaser unendlich Energie hatten, log ganz einfach. Wo sollte sie auch herkommen? Und wäre es dann nicht einfacher, die Energiequelle, die einem Phaser zu Grunde läge, in einem Raumschiff als Antrieb zu verwenden?
Aber nein – auch Phaser konnten sich komplett entladen und so war es auch bei der Waffe, die Cal auf seine XO gerichtet hatte. Er rollte mit den Augen, warf das Ding zu Boden, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und ging in die Knie.
Der Phaserstrahl, der herangesaust kam, traf ihn und fegte seine Gedanken bei Seite.

Noch eine Lüge. Phaserbetäubungen sollen angeblich komplett risikofrei sein.
Wenn es einen gab, der wusste, dass dies eine fette Lüge war, dann war es Cal, denn als er die Augen öffnete, hätte er sie am liebsten wieder geschlossen. Sein Kopf drohte zu explodieren, als er sich aufrichtete und die ganze Borg-Bagage vor sich sah. Allesamt Leute, die er eigentlich mochte und im Spezialfall Agatha sogar liebte.
Verdammt. Es war tatsächlich aus. Sein Phaser war leer, die Möglichkeiten extrem eingeschränkt und so seufzte er, stand auf und schaute Agatha an.
„Versprichst Du mir, dass es schnell geht? Ich möchte nicht meine letzten Sekunden als Cal damit verbringen, noch mehr als Bangebuchse rumzulaufen, als ich es normalerweise tue.“
„Dieses Versprechen kann gegeben werden.“, ratterte Agatha. Der Captain zuckte mit den Schultern, trat auf die XO zu und nahm sie in die Arme.
„Dann mach.“, seufzte er und schloss die Augen.

To be continued

 
Kapitel 11 – Rück- und Ausblicke

Kapitel 11.1.


Ihre sanften Lippen berührten die seinigen.
Okay, das war definitiv einmal eine andere Art und Weise der Assimilation, das konnte der Captain nicht abstreiten Als sie ihn losließ, sank er zu Boden, hörte, wie die Nanosonden durch seinen Körper eilten, spürte, wie die ersten Implantate entstanden, warete darauf, dass einer dieser sinnlosen Laserpointer aus seiner Schläfe brechen würde und…

Von einer Sekunde auf die Andere war Captain Calvin Cat nicht mehr. Seine Haut verfärbte sich, wurde grau, seine Augen starrten blicklos geradeaus und seine Haltung wurde mehr und mehr mechanisch, als er sich aufrichtete. Wenn es noch einen Cal gegeben hätte, hätte er vermutlich festgehalten „Irgendwie fühlt sich das gleichermaßen erschreckend und cool an.“ – doch es gab ihn nicht mehr.

Die Beobachterin merkte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann. Gerade eben war sie noch rechtzeitig angekommen, um zu sehen, wie sich Cal ergab und stellte erschrocken fest, dass Agatha eine Borg war. Als der Captain sich freiwillig von seiner XO assimilieren ließ, war das etwas, was sie gleichermaßen als „extrem blödsinnig“ und „extrem rührend“ ansah. Es erinnerte sie in Grundzügen an die Folge „Amys Entscheidung“, die sie im Zuge des Doctor-Who-Marathons gesehen hatte, als…

Hinter sich hörte sie lauthalses Protestieren, fuhr herum und wich einer Razul-Drohne aus, die starr-gerade-aus-igen Blickes den kleinen Sultan von Agrabah vor sich her schob.
„Ja… Ja… Jasmin?!“, brachte er entsetzt hervor. Doch die Prinzessinnendrohne starrte ihn nur unverwandt an: „Diese Einheit hört nicht mehr auf den Namen Jasmin, Prinzessin von Agrabah. Ihre neue Benennung ist One of Seven. Das Kollektiv wird um zwei weitere Einheiten wachsen. Namensumstellung komplett. Die neue Benennung dieser Einheit ist One of Nine.“
Die Beobachterin konnte sehen, wie im Kopf des Sultans einige Räder anfingen, sich zu drehen. Dann schaute er die Prinzessin – One of Ten – an: „Nein. Du bist meine Tochter. Du bist Prinzessin Jasmin von Agrabah. Das ist deine Benennung. Das ist deine Bestimmung.“
One schien kurz zu überlegen, als wäre noch etwas von Jasmin in ihr, sie trat auf den Sultan zu und ging vor ihm in die Knie. Und als sie sprach, merkte die Beobachterin, wie ihr Herz vor Freude hüpfte.
„Vater.“
Das war ein gutes Zeichen – wenn die Prinzessin wieder zu sich finden würde, konnte man eventuell auch die Anderen retten.
Der kleine Sultan blickte sie an: „Jasmin? Bist Du das?“
Sanft lächelnd nickte die Frau und nicht nur die Beobachterin musste zugeben, dass dies gleichermaßen schön, wie verstörend, aussah.
„Vater – ich bin beides. Ich bin Jasmin und One of Nine.“, sagte sie und schaffte es damit, die Hoffnung mit nur drei einfachen Worten („Ich bin beides“) zu nichte zu machen. Doch irgendwie hatte die Beobachterin die Gewissheit, dass dies nicht der einzige „Mindfuck“ war, der hier vor sich ging.
Tatsächlich hatte sie sich nicht mit der mechanischen Art und Weise der Borg vorgestellt, sondern sprach mit der leidenschaftlichen, sanften Stimme Prinzessin Jasmins, so, als habe kurzzeitig ein Kampf um die Vorherrschaft des Körpers stattgefunden und Jasmin wäre so stark gewesen, dass die Borg in ihr sich dazu hinreißen ließ, die Persönlichkeit nicht zu unterdrücken, sondern sich mit ihr zu vermischen.
Irgendwie erinnerte sie das ganze sehr an Ilia aus „Star Trek – The Motion Picture“ oder an Locutus aus der Doppelfolge „Best of both Worlds“ von Star Trek – The next generation“.
Der Sultan riss die Augen auf und stammelte entsetzt ein „WAS?“ als Jasmin ihm ihre feingliedrigen Finger auf die Lippen legte und ihn anlächelte: „Es ist großartig. Ich habe das Wissen von Millionen von Lebewesen in meinem Kopf. Ich bin – alles. Ich bin der Anfang und das Ende.“
Irgendwie gefiel der Betrachterin der Szenerie der Ausgang eben selbiger absolut nicht.
Sie kannte diese Worte, sie hatte sie schon einmal gehört, als sie Star Trek – First contact zusammen mit…
„Sie wird die Borg-Königin.“, hauchte die Zuschauerin und presste sich die Hände auf den Mund, als der Sultan seine Tochter anblickte und den Kopf schüttelte: „Nein, Du bist…“
Weiter sollte er nicht kommen, denn die Theti-Drohne war hinter ihm aufgetaucht und hatte ihm die Assimilationsröhrchen in den Nacken gestoßen.
Der Sultan gab einen erstickten Schrei von sich, sackte dann, wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte, in sich zusammen, nur um von Jasmin – One of Nine – mit einem erschrockenen „NEIN!“ aufgefangen zu werden. Sanft fuhr sie über den Kopf des Monarchen: „Entspann Dich, Vater. Es … es wird alles wieder gut.“
Der Sultan nickte, keuchte ein „Ich liebe Dich, Jasmin“ und schloss die Augen.
One of Nine erhob sich majästetisch, blickte die ehemalige Prinzessin der Beiden Länder an und zischte ein „Das hat noch ein Nachspiel“ ehe ein Zucken durch ihren Körper lief. Sie atmete tief durch, schloss die Augen, öffnete sie, als sich hinter ihr der ehemalige Sultan aufrichtete.
„Neue Person zum Kollektiv hinzugefügt.“, sagte One of Nine – plötzlich wieder wie eine Borg und nicht wie eine Prinzessin – „Neue Bennenung: One of Ten.“

Die Augen waren das Schlimmste.
So stellte die Betrachterin fest, als sie sich umblickte, scheinbar ohne das man von ihr Notiz nahm. Das beruhigte sie, so konnte sie versuchen, Pläne zu schmieden und hier herauszukommen. Doch plötzlich änderte sich alles.

Die Cat- und die Agatha-Drohne hoben plötzlich ihren Blick und starrten sie an – und die Beobachterin kam nicht umhin, in den Augen von Cal und Agatha „Erkennen“ sehen zu können. Verdammt – sie erkannten sie. 
„Ihre Benennung ist Ziva David.“, identifizierte 9 of 10 (Cal) sie und trat auf sie zu. 8 of 10 (Agatha) folgte ihm, betrachtete die hübsche Israeli mit jener wissenschaftlichen Neugierde, die man allem Neuen entgegenbringt und sprach, in gleichem monotonen Duktus, wie ihn Cal verwendete: „Ihre Anwesenheit hier ist unlogisch. Sie sind noch gar nicht geboren. Nennen Sie ihre Intentionen.“
Die Jasmin-Drohne drehte sich zu ihr um, starrte sie unverwandt an und intonierte ebenfalls: „Nennen Sie Ihre Intentionen.“
„Nennen Sie ihre Intentionen“, kam es auch von Aladdin, Razul, dem Genie, Eden und dem Sultan.
Ziva wollte gerade antworten, mit der wohl offensichtlichsten und verständlichsten Antwort („Ich habe keine Ahnung, wie ich hier her gekommen bin!“), als sie eine harte Berührung ihrer Schulter spürte und merkte, wie sie jemand zu sich umdrehte.
Die ehemals blauen Augen Tony DiNozzos starrten sie an.
„Du wirst assimiliert werden.“, sagte er mit der gleichen Monotonie, die den Borg eigen war, „Widerstand ist…“


„AUA!“
Die Stimme Tonys war von einem Moment auf den anderen nicht mehr monoton, stattdessen sehr laut und sehr vorwurfsvoll. Er hielt sich die Nase und wischte sich Blut ab, das von seiner Lippe tropfte. „Das ist das letzte Mal, dass ich dich so wecke.“, sagte er und schaute Ziva David verblüfft und mit einer minimalen Beimengung von Vorwurf an.
Die Israeli blinzelte und fand sich in die Realität zurück. Sie erinnerte sich daran, zusammen mit Tony, Gibbs, McGee und Daniel in das Flugzeug – die Privatmaschine, die Tonys Dad ihnen hatte verschaffen können -  gestiegen zu sein, das sie von Washington direkt nach Dubai bringen sollte. Kurz, nachdem die Maschine gestartet war, hatte ihr Kopf Kontakt mit dem wirklich bequemen Kopfteil des Sitzes aufgenommen und sie hatte sich entspannt. Es galt einen Tag zu überbrücken und vermutlich würde auf den ersten paar Stunden nicht viel passieren. Sie würden im silbern-metallern-glitzernden Vogel majestätisch über den Ozean fliegen und da war eigentlich nichts Spannendes zu sehen. Und da sie sowieso nicht wirklich gut geschlafen hatte – in einem der Arbeitsdrehstühle, die der NCIS seinen Mitarbeitern spendiert, zu schlafen ist nicht wirklich bequem – hatte sie einiges an Nachholbedarf. Besonders, wenn sie bei der Ankunft nicht am Jetlag erlahmen wollte.

Also hatte sie sich zurückgelehnt und ihre Gedanken schweifen lassen.
Sie hatten sich nach einigen Unterhaltungen schlussendlich geeinigt, doch zu den Koordinaten zu fliegen, schließlich hatte Captain Cat selbst via Nachricht um Bergung gebeten und dies hatte sogar Leon Vance überzeugt.
Leon Vance – der selbst Starfleetcaptain war.

Sie erinnerte sich daran, wie diese Enthüllung sie seinerzeit überraschend getroffen hatte.

„Er ist was?“, fragte Ziva David eine amüsiert dreinblickende Agatha Silverbird, „Unser Chef arbeitet eigentlich für…“
„Die Sternenflotte.“, grinste die junge Rothaarige und zuckte mit den Schultern, „Ist nicht so, dass wir uns das groß ausgesucht hätten, aber… seinerzeit haben gewisse temporale Schwierigkeiten die Einsetzung von Sternenflottenpersonal in diversen Zeitebenen notwendig gemacht.“
Damit schaute sie entschuldigend zu Gibbs. „Es tut mir leid, wenn wir Ihnen das nicht eher sagen konnten, aber… es gibt da sowas, das sich temporale Erste Direktive nennt. Nur gegen die verstößt er hier“, sie nickte in Richtung Cal, „Ja mit großer Vorliebe.“
„Hey, ich hab den temporalen kalten Krieg nicht angezettelt. Und ich bin sicher, auch die Xindi, die Florida angegriffen haben… angreifen werden… angegriffen haben werden worden wollen sein.“
Sofort richteten sich fünf Augenpare auf ihn und in allen war sowas wie Verwirrung zu erkennen.
Sich nachdenklich am Kopf kratzend, räusperte sich der Sternenflottenoffizier und grinste verlegen: „Versucht Ihr mal die korrekten Tempi zu bilden, wenn ihr von etwas sprecht, das aus eurer Sichtweise schon ein alter Hut ist, für andere aber noch Zukunftsmusik.“
Vance schaute ihn an: „Was meinen Sie, Captain, wofür es sowas wie die Temporale erste Direktive gibt. Da wird nicht nur die Zeitlinie gewahrt, auch so schöne Sachen wie die Sprache…“
Tony räusperte sich und schaute Cal abwartend an: „Du sagtest doch, du hättest eine ungefähre Ahnung, was Traceless uns sagen wollte?“
Der Captain nickte: „Stimmt. Also…“
Damit schaute er in die Runde und nahm erneut den Zettel hervor, den Traceless ihm offenbar zugesteckt hatte.
Er räusperte sich und las vor: „Tataaa – ihr werdet es nicht glauben. Richtig – ich geb euch Hinweise.Aber sie werden nicht leicht sein, chancenlos wäret ihr allerdings ohne sie.
Es erfordert eine gewisse Kombinationsgabe. Lauscht meinen Instruktionen. Er, der hier Chaos stiftet, wird euch genannt. Sucht in der Stadt nach meinen Zeichen.  Seht mich auf der Straße. Tipp: Wir beginnen links.“
Dann legte er den Zettel wieder hin und schaute erneut in die Runde.
„Zum einen handelt es sich hierbei wieder einmal um einen Ac… Acro… Agatha, wie heißt das Ding?“
Die hübsche Rothaarige seufzte: „Acrosstic, Schatz. Arcrosstic. Hierbei wird die Kernaussage in den ersten Buchstaben einer jeweiligen Zeile getroffen. Es ist eine Visitenkarte des Maskenträgers. Unterstreichen wir die ersten Buchstaben einer jeweiligen Zeile, kommen wir auf den Namen ‚Traceless.’. Das ist seine Signatur.“
„Moment mal.“, sagte in diesem Moment McGee, „Ich habe eine ähnliche Botschaft auf meinem Computer gefunden. Das war … das war kurz bevor wir angegriffen wurden und Petty Officer McConnaugh starb.“
Entsetzt riss Agatha den Kopf hoch: „Laura ist tot?“
„Jetzt sagen Sie bloß, die kennen Sie auch.“, murmelte Tony leise und Cal schaute ihn an: „Klar. Sie ist doch die Nummer zwei unseres anderen Top-Agenten hier. Eben jenes verstorbenen Captain Thaddeus Stone.“
Ja, da war durchaus sowas wie Verblüffung in Zivas Augen zu sehen: „Captain Stone ist ebenfalls ein Sternenflotten-Offizier?“
„Klar, was meinen Sie, mit wem Captain Vance dauernd in Kontakt stand?“, grinste Cal und schaute sie an: „Ach übrigens, bevor Sie sich Sorgen – nein, Sie und Ihre Familie kommen aus dieser Zeit. Ihr Vater ist kein Offizier der Sternenflotte.“
Ziva war sich nicht ganz sicher, wie sie darauf reagieren sollte. Es hätte ja auch eigentlich keinen Unterschied gemacht, welchen Rang Eli nun in der Realität – oder was man so euphemistisch „Realität“ nannte – bekleidete. Wichtig war doch nur, wie er sich ihr gegenüber verhalten hatte und da war es doch schon ein wenig grenzwertig.
Kurz suchte sie Blickkontakt zu Tony, fand ihn und fragte sich, wie es nun weitergehen sollte. Wer würde sich noch als Agent aus dem 24. Jahrhundert herausstellen? Der Präsident? Oder war der gelbe Sportwagen, der regelmäßig vor ihrer Haustür stand, in Wirklichkeit ein ausserirdischer Kampfroboter?


Sie fragte sich das ehrlich gesagt immer noch und blickte Tony an, der sich vorwurfsvoll die Lippe hielt.
„Entschuldigung“, sagte sie und lächelte, „Ich hatte einen sehr lebhaften Albtraum.“
In Tonys Augen blitzte Amüsement durch, so als habe sie…
Okay, hatte sie irgendwas im Traum gesagt?
Verblüfft blickte sie zu DiNozzo, der ihr nur ein Lächeln schenkte und sich dann zu ihr neigte: „Keine Sorge, ich sage es nicht weiter.“
„Moment“, blickte sie Tony an, „Was…“
Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment schlug irgendetwas hart gegen den Flugzeugboden – vermutlich der Asphaltboden des Flughafens Dubai.
Das „Fasten seatbelt“-Zeichen erlosch, der Halbitaliener schnallte sich ab und stand auf.
„Moment!“, machte Ziva, schnallte sich ebenfalls ab und folgte ihrem Partner, ein „Tony, bleib hier!“ zischend.
Es gab diese Momente, da kam sie sich bei ihm vor, als wäre sie die Mutter und er ein kleines, neugieriges, vorlautes Kind, das einfach nur seinen eigenen Kopf durchsetzen wollte.
Die erste Amtshandlung, die Tony DiNozzo vollführte, als er aus dem Flughafengebäude auf den Gehsteig der Wendeschleifenstraße, die das Gelände mit dem Rest von Dubai-City verband, trat, war, seine Sonnenbrille aus der Jacke zu fördern.
Die würde er hier brauchen, so hatte er das Gefühl.
Neben ihm kam Ziva zum Stehen, in ihrem Top und den kurzen Khaki-Hosen, die für dieses Wetter wie gemacht schienen, legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete genießerisch seufzend durch.
Dann drehte sie den Kopf zu ihm, die Augen immer noch geschlossen, ehe sie sie öffnete und ihn anschaute: „Du siehst aus, als würde es Dir hier nicht gefallen.“
Das war eine Feststellung, keine Frage.
Tony zuckte mit den Schultern: „Gibt mir ein paar Minuten – ich muss mich erst einmal akklimatisieren.“
„Tu das und dann geht es zum Hotel.“, erklang die Stimme von Gibbs hinter ihm und der Senior Special Agent Anthony DiNozzo Junior zog in Erwartung eines „Headslaps“ den Kopf leicht ein.
Doch die Kopfnuss kam nicht. Stattdessen ließ der Chefermittler neben ihm den großen Koffer sinken, den er mit sich schleppte.
Tony fragte sich, was Gibbs mit ins Land gebracht hatte. Wenn er daran dachte, was sein Chef in der Freizeit tat, so vermutete er entweder einen Satz Messer, Feilen und Sägen zur Anfertigung komplizierter Holzarbeiten – oder ein Scharfschützengewehr für den Notfall.
Letzteres war aber, ob der Natur der Mission, die beinahe schon „Undercover“ zu nennen war, relativ unrealistisch. Ein echter „Undercover Agent“ brachte kein Scharfschützengewehr mit ins Land – vermutlich würde er unter Annahme einer anderen Identität eines direkt vor Ort kaufen.
Plötzlich erstarrte der Senior Special Agent und merkte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief.
„Brrr“, machte er und Ziva blickte ihn an.
Die Verblüffung in ihrer Stimme war beinahe hörbar, als sie fragte: „Ist Dir kalt, Di…“
Sie brach ab – vermutlich wegen des strengen Blicks, den Gibbs ihr zuwarf und den er – Tony – beinahe durch sich hindurchrasen spüren konnte.
„Schatz.“, beendete die hübsche Israeli.
Um die Lippen des Halbitalieners legte sich ein Lächeln.
Stimmt – sie waren ja alle mehr oder minder undercover hier und Gibbs hatte ihnen eingeschärft, solange es ging auf die Nennung ihrer wirklichen Identität zu verzichten. Das war kurz, bevor sie den NCIS verlassen hatten. So hatte Tony einen geschlagenen Tag Zeit, sich irgendwelche Decknamen zu überlegen, die er annehmen könnte.

Während sie über dem Kölner Luftraum geschwebt waren, um dort zu landen und nachzutanken – leider nur ein kurzer Zwischenstopp, keine Zeit um die Innenstädte von Köln oder Düsseldorf zu bewundern, was er eigentlich schon immer zusammen mit Ziva tun wollte – hatte er seine Auswahl auf fünf Decknamen eingegrenzt.
Sollte er als reicher Industrietycoon „Charles Carmichael“ auftreten? Ziva hatte ihm von der Serie „Chuck“ erzählt und dass der Protagonist „Charles ‚Chuck’ Bartkovski“ genau diesen Decknamen gerne verwendete.  Vermutlich nicht, das wäre zu auffällig. Der Name „James Bond“ verbot sich schon aus praktischen Gründen, wenngleich er gerne im Hotel die „Mein Name ist Bond – Jamesch Bond“-Masche abgezogen hätte, komplett mit dem zum Zischlaut gewordenen S, das sein Lieblings-Bond, Sean Connery, verwendete.
Auch Rory Williams erschien ihm nicht unbedingt passend., ebenso wenig wie Al Hadin, das wäre nämlich schon sehr auffällig. So blieben am Schluss die beiden Namen „Ludovic Cruchot“ und „David Day“ übrig. Wie ein Ludovic sah Tony einfach nicht aus, also hatte auch dieser französische Polizist, kongenial dargestellt durch den viel zu früh verstorbenen Komiker Louis De Funes seine Dienstzeit als Deckname beendet, ehe er sie überhaupt angefangen hatte. Also blieb nur „David Day“ übrig, was den unschätzbaren Vorteil einer sehr einfachen Signatur, nämlich „DD“ hatte.

Also beugte er sich zu Ziva herunter, gab ihr einen Kuss auf die Wange und flüsterte: „Mein Deckname ist David Day – wie ist deiner?“
Sie lächelte und wisperte: „Amelia. Und wieso hast du gerade so gezittert?“
„Ich weiß es nicht.“, sagte der Halbitaliener, holte tief Luft und schaute sie dann an: „Aber ich glaube, dass wir beobachtet werden.“

TBC

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln