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Libellen und fliegende Teppiche (Star Trek / NCIS / Aladdin)

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CaptainCalvinCat:
Kapitel 13.4. 

„Ihr seht aus, als ob Ihr die Schriftzeichen kennen würdet.“
Die Stimme Jasmin erinnerte Cal gerade an die liebenswerte, alte Omi, die er in den Sicherheitsaufzeichnungen der Erlebnisse von Kirk und Spock im San Francisco der achtziger Jahre gesehen hatte. Damals waren sie auf der Suche nach Buckelwalen gewesen und hatten sich ins Meerwasseraquarium in Sausalito begeben, um die beiden Exemplare George und Gracy zu treffen. Um mit einem der beiden Wale in Kontakt zu treten, war Kontakttelepath Spock in das Wasser des Aquariums getaucht und hatte mit Buckelwaldame Gracy eine Geistesverschmelzung durchgeführt. Kirk – damals Admiral – hatte gehofft, dass niemandem der Mann im Aquarium auffiele, als plötzlich, schräg vor ihm, eine ältliche Frauensperson auf die Feststellung, dass die Menschen in diesem Zeitalter noch nicht wussten, welchem Sinn die Walgesänge dienten, mutmaßte: „Vielleicht singt er diesem Mann etwas vor?“

Kirks Kopf war damals so schnell zur Frau herumgeruckt, wie es nun Cals Kopf tat und Jasmin anstarrte.
Okay, nun mussten sie wohl wirklich Farbe bekennen.
Wobei sich da nun die Frage stellte, wie man dies am Gescheitesten tat. Einfach sagen „Hallo, wir sind Sternenflottenoffiziere und kommen aus dem 24. Jahrhundert, sprich wir sind knappe 29 Jahrhunderte jünger als ihr alle zusammen“ würde entweder einen Lachflash bei Jasmin, Aladdin und Konsorten auslösen und dafür sorgen, dass man sie als komplett wahnsinnig erachtete – oder aber Jasmin würde sich verraten fühlen und wie das ausging, wollte der Captain gar nicht wissen. Also schaute er hilfesuchend zu Agatha, die Jasmin zunickte: „Stimmt , wir können diese Schrift lesen.“
„Bitte was?!“ , schoss es Cal durch den Kopf, als er sich verblüfft zu seiner XO herumwandte. Was war das denn jetzt für eine Nummer? Hatte sie vor, sich und ihn an den nächstbesten Pranger zu bringen? Oder wollte sie auf diese Art und Weise sichergehen, dass sie aus dem Königreich geworfen wurden und sich auf die Suche nach ihrem Schiff begeben konnten? Zugegeben, man war inzwischen seit guten 13 Kapiteln -  oder (mit Unterkapiteln) 43 Kapitelteilen, 228 Seiten und (bis zum Wort „und“ gezählten) 114.900 Wörtern, 728.951 Zeichen (mit Leerzeichen), sowie 615.327 Zeichen (ohne Leerzeichen) – an der Geschichte dran, da sollte man sich langsam, aber sicher einmal dran machen, die DRAGONFLY auch tatsächlich finden zu wollen, aber so, wie es Agatha vermutlich gerade versuchte, war dies ganz, ganz, gaaaanz schlechter Stil.
„Tatsächlich?“, riss die Stimme Thetis den Captain aus seinen Gedanken und er sah, wie Agatha bestätigend nickte: „Ja – das ist das sogenannte „fiktivistische Alphabet“ und diese Plakette gehört zu einem unserer Handelsschiffe – der USS Libelle .“
„Die Libelle?“, echote Jasmin erstaunt, „Das ist ein sehr interessanter Name. Darf ich erfahren, was…“
„Wie die Plakette in den Skorpion kommt?“, schnitt ihr Agatha das Wort ab und ließ ein Schulternzucken folgen: „Wenn ich das mal wüsste.“
Cal schaute sie an: „Da weiß ich mehr.“
„Wirklich, mein Prinz?“, fragte die XO und der Captain konnte ihr ansehen, dass sie gerade ein wenig überrascht war. Jetzt galt es nur, die Fassade aufrecht zu erhalten, sich eine glaubwürdige Story auszudenken und bei ihr zu bleiben. Wenn alles gut ging, würde niemand der hier Anwesenden – Captain und XO ausgeschlossen – erfahren, dass Cal sich da gerade eine Lügengeschichte de Luxe einfallen ließ.

Also wandte sich der Captain an Agatha: „River, erinnerst Du dich daran, dass Du mal für eine Woche so krank warst, dass Du die Staatsgeschäfte nicht mehr leiten konntest? Während dieser Angelegenheit in Ret’Tang?“
„Die Angelegenheit in Ret’tang“ – wie meine Leserinnen und Leser inzwischen wissen -  hat nicht viel mit einer „Krankheit“ zu tun, die Agatha daran gehindert hätte „Staatsgeschäfte“ zu leiten, mehr mit dem Fakt, dass sie in jenem kleinen, beschaulichen, romulanischen Ort assimiliert worden war. Da Cal jedoch irgendwelche Namen brauchte, um die ganze nun folgende Geschichte mit irgendwelchen Pseudo-Fakten zu unterfüttern, nahm er diese Situation und verwandelte sie in eine „Krankheit.“
„Du meinst“, schaute ihn seine XO an, „das eine mal, wo ich so krank war, dass ich dich angesteckt habe, weil Du nicht auf den Rat der Ärzte hören wolltest?“
Cal nickte: „Genau. Vorher kam mir ein Bote entgegen und berichtete davon, dass eines unserer Handelsschiffe, die Khen’sha, von einer Mission nicht zurückgekehrt war. Ich habe die Libelle ausgesandt und sie kam ebenfalls nicht zurück.“
Tief Luft holend schaute Agatha ihren Freund an, verschränkte die Arme vor ihrer Brust, verengte die Augen zu Schlitzen und schüttelte den Kopf: „Warum hast Du mir das nicht vorher gesagt?“
‚Wow!“’, schoss es dem Kommandanten der DRAGONFLY durch den Kopf, Mann ist sie gut!’
Doch das konnte er ihr momentan aus verständlichen Gründen schlecht sagen. Stattdessen kanalisierte er all seine Schauspielkunst – von der irgendjemand mal gesagt hatte, er wäre nicht so gut wie Captain Picard, sondern eher so „gut“ wie Captain Kirk – warf sich vor ihr auf die Knie – „AU, das tat weh!“, dachte er sich – und presste beide Hände in anbetender Form aufeinander.
„Bitte“, keuchte er, „bitte vergeben Sie mir, meine Prinzessin. Ich dachte nur ich… ich könnte es Ihnen nie sagen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Libelle ihr Lieblingsschiff war.“
Erneut überraschte es ihn, wie schnell sich Agatha an eine Rolle anpassen konnte. Sie ging neben ihm in die Knie, bettete seinen Kopf an ihre Schulter, streichelte ihn beruhigend und sagte so leise, dass es tatsächlich nur für seine Ohren bestimmt schien, aber so laut, dass es eigentlich jeder hören konnte, der daran interessiert war: „Und Du meinst, mein dummer Ehemann, dass ich das nicht inzwischen herausgefunden hätte?“
Der Captain schaute sie „verblüfft“ an: „Ich dachte… ich wusste nicht…“
„Es ist in Ordnung, Doktor. Und wir haben die Libelle ja gefunden.“
„Teile von ihr“, korrigierte Aladdin und deutete auf die Plakette.
Cal blickte zu seiner XO - konnte sehen, dass auch sie denselben Gedanken hatte: „Meine Güte – wo der Mann recht hat, hat er Recht.“
„Vielleicht“, so ließ sich nun Jasmin vernehmen, „weiß ja Mechanikles, wo euer Schiff ist?“

„Mechanikles?“
Cal hob fragend eine Augenbraue und Agatha kam nicht umher, festzustellen, dass er sie gerade ein wenig an Spock erinnerte. An einen emotionalen, im Vergleich zum Original ziemlich dummen und sehr unlogischen Spock, ohne spitze Ohren und mit einem komplett anderen Gesicht, aber – wenigstens kriegte er die Spock-Augenbrauen hin. Sie schüttelte innerlich den Kopf. Nein, er war wirklich nicht gerade ein gutes Spock-Lookalike und würde auf einem Ähnlichkeitswettbewerb vermutlich nicht einmal in die Kategorie „Ehrenhafte Erwähnungen“ geraten.
Und sie musste feststellen, dass die Prinzessin da tatsächlich einen guten Verdächtigen gefunden hatte. Gerade, als sie es erklären wollte, erhob Jasmin wieder ihre samtweiche Stimme und betrachtete den Captain aus ihren großen Augen.


„Wenn euer Schiff Libelle heißt und wenn die Plakette der Libelle im Metall des Skorpions zu finden war, liegt die Vermutung ziemlich nahe, dass Mechanikles zumindest eine Ahnung haben könnte, wo das Metall herkam.“, zuckte Jasmin mit den Schultern.
Der „Straßenjunge“ Aladdin konnte nicht verhindern, dass sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen stahl. Das war seine Frau. Schön, jung, klug, kämpferisch – was wollte man mehr?
„Ich werde ihn verhören.“
Die Stimme Razuls zeugte wieder einmal von mehr als nur geschäftsmäßigem Tonfall – manchmal hatte Aladdin das Gefühl, als würde der Hauptmann der Wachen seinen Job viel zu sehr genießen.
Also räusperte er – Aladdin – sich und blickte Razul an: “Wir beide werden Mechanikles verhören, wenn es Dir nichts ausmacht.“
Ja, das war schon eine Mischung aus Überraschung, Resignation, einem „Mach doch, was Du willst“ und einem „Pfusch nicht in meine Kompetenzen rein, Straßenköter!“, das in den Augen von Razul aufleuchtete. Der agrabahnische „Prinz“ genoß es.
Und dann räusperte sich der Sultan.
Natürlich – er war die letzte Instanz, er war die entscheidende Kraft, an ihm hing es.

Razul knurrte.
Gut, er hatte nicht damit gerechnet, Mechanikles allein verhören zu dürfen, aber dass nicht nur Aladdin, sondern auch Prinz Doktor und Prinzessin Song ihm bei dem Verhör Gesellschaft leisten durften, war etwas, was ihm weniger behagte. Was wussten diese beiden Hochwohlgeborenen denn über so etwas wie Verhörprotokolle?
Als er die Tür öffnete, ruckte Mechanikles Kopf hoch und er lächelte.
„Soso, Aladdin, Razul und mein Lieblingsrollbraten kommen mich besuchen.”
Zugegeben, es war nicht sonderlich respektvoll, aber Razul konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass Prinz Doktor, in diesem Netz, tatsächlich wie ein Rollbraten ausgesehen hatte. Dennoch, das sagte man nicht. Und er – Razul – würde Mechanikles schon entsprechendes Benehmen einbläuen, wenn man ihn ließe. Hier ging es nicht darum, dass er Prinz Doktor sowieso nicht leiden konnte, hier ging es darum, dass man sich mit jemandem gegenüber, der einen gewissen Stand hatte, einfach nicht so benahm.
Die Ohrfeige, die Razul dem Griechen darauf hin verpasste, ließ den Kopf des Mannes gegen den nächsten Stein knallen.

Neben sich machte Agatha ein „Autsch, das tut ja schon vom Zusehen weh“ und Cal schluckte hart.  Er wusste nicht, ob dieses Erlebnis nun schon drei oder doch eher so anderthalb Tage her war, aber vor seinem inneren Auge blubberte eine Erinnerung hoch.


Doch in dem Moment, in dem er sah, dass Agatha ihn unverständlich anblickte, stellte er fünf Sachen fest – erstens, ein Treffer mit der Faust gegen das Kinn ist eine schmerzhafte Angelegenheit, zweitens ein Treffer mit der Faust gegen das Kinn, durchgeführt von einem extrem wütenden Riesen reicht aus, um einen 75 Kilo-Captain seitwärts gegen eine 65 Kilo-XO zu schleudern, die durch die Wucht gegen eine Wand geschleudert wird, drittens sah Agatha, trotz der Kopfverletzung ziemlich friedlich aus, viertens hatte sie ihn nicht verstanden und fünftens, der grobe Klotz ihn dafür um so mehr.
Schnell wirbelte er herum, hatte seinen Phaser gezogen, ihn aktiviert und fühlte sich bemüßigt, einen weiteren Disneyhelden zu zitieren – oder besser gesagt – ihn an seine Situation anzupassen: „Frei nach Darkwing Duck – siehe Licht, Bösewicht!“
Damit feuerte er, was Kleiderschrank und seine Mannen auf der Stelle erstarren und dann kollabieren ließ.
Erleichtert atmete der Captain aus und eilte dann zu seiner bewusstlosen XO. Er tastete nach ihrem Puls, atmete erleichtert aus, beugte sich vor und tat das, was ein Prinz mit einer Prinzessin tut – er gab ihr einen langen Kuss.

Er wirbelte zu Agatha herum, nahm sie in den Arm und zuckte zurück, als er ihren entsetzten Gesichtsausdruck wahrnahm.
„Was ist?“, fragte er, „Hab ich ne Wespe im Haar?“
„Das nicht, aber was war das gerade?“
Cal schluckte. Er hatte vor seinem inneren Auge gesehen, wie er versehentlich Agatha ausgeknocked hatte und hatte gespürt, wie die Wut in ihm emportgekocht war. Niemand verletzte Agatha und kam damit ungestraft davon.
Niemand – auch kein Typ, der aussah, als wäre er ein Profiwrestler.
„Entschuldigung, Prinzessin Song.“, murmelte er gegen ihre Lippen, „Aber – ich hatte mich gerade daran erinnert, wie dieser Brutalinski hinter mir dich …“
Er schluckte, spürte, wie sie ihn anlächelte und den Kopf schüttelte: „Es ist doch alles in Ordnung gekommen. Und jetzt Augen nach vorne, mein Liebling.“
Der Captain nickte und wandte sich in dem Moment um, in dem Razul die Plakette der DRAGONFLY vor Mechanikles auf den Boden fallen ließ.
„Wo kommt das her?“

Irgendwie erinnerte Cal die gesamte Situation gerade an einen Film. Verdammt, er hatte Tony doch gerade erst einmal ein paar Tage gekannt und schon zuviel Zeit mit ihm verbracht. Der Film, an den den Captain die Situation erinnerte, hieß „The Dark Knight“ und er kam sich gerade so vor, als wäre er Police Comissioner Gordon, der gerade Batman ein Verhör durchführen ließ. Das würde den guten Razul zu Batman und Mechanikles zum Joker werden lassen – eine Charakterisierung, die den Captain nicht sonderlich überraschte.
Mechanikles warf einen abschätzigen Blick auf die DRAGONFLY- Plakette, ehe er mit den Schultern zuckte: „Kenne ich nicht.“
„Es ist aus deinem Skorpion“, erklärte Razul und bohrte seinen Blick in den des Griechen, was dieser durch ein amüsiertes Lächeln quittierte: „Ich bitte dich, Muskelprotz – glaubst Du ernsthaft, ich würde Dir etwas sagen? Ich, Mechanikles, das Genie?“
„Zumindest der Mann mit den wenigsten Minderwertigkeitskomplexen.“, stellte der Captain fest und trat neben Razul.
Mechanikles musterte ihn: „Ja, Rollbraten?“
Cal räusperte sich.
Nein, er würde diesen Köder nicht schlucken, er würde sich nicht provozieren lassen. Also trat er einen Schritt zurück und nickte zum Hauptmann der Wachen herüber: „Bitte, fahr fort.“
Ein grimmiges Nicken seitens Razul, dann wandte sich der muskelbepackte Wächter wieder an den Griechen. „Wie kommt dieses Ding in deinen Skorpion?“
„Ich habe es aus dem Altmetallmüll?“, lächelte Mechanikles dünnlippig. Der Captain gab einen abfälligen Laut von sich: „Klar – besonders weil das Recycling schon erfunden und die Preise für Kupfer so hoch sind, nicht wahr?“
Dann trat er auf den Griechen zu, stieß beide Hände auf den Tisch und funkelte Mechanikles an: „Diese Plakette kommt von einem unserer Schiffe. Ich will wissen, wie, wann und wieso Du in den Besitz dieses Dings gekommen bist.“
Die Antwort Mechanikles bestand aus einem lauten Lachen.
Verblüfft blickte der Captain zu seiner XO und dann zu Razul: :“Weiß einer von euch, warum er lacht?“
TBC
Kapitel 13.5 

Irgendwie war Theti nicht sonderlich wohl zu Mute. Zwar unterhielt sich Prinzessin Jasmin mit ihr und zeigte ihr einige Nettigkeiten des Palastes – beispielsweise das Spielzeugzimmer des Sultans – aber sie konnte sich nicht ganz konzentrieren. Diese komplette Sache kam ihr merkwürdig vor. Agrabah war zwei mal angegriffen worden, den einen Angreifer hatte man verhaftet, die Angreiferin in die Flucht geschlagen. Fall abgeschlossen, Abenteuer vorbei. Oder? Sie konnte sich nicht helfen – es war viel zu einfach. Und „einfach“ ließ ihre Alarmglocken immer klingeln. So wie damals, als man Ratofer - der treuen rechten Hand des Pharaos - nachgesagt hatte, dass es sich bei ihm um einen Verräter handelte. So wie damals, als sie in das Labyrinth des Seth eingedrungen waren, um den goldenen Sarkophag zu finden, in dem Horus eingesperrt worden war. So wie damals, als Papyrus und sie gemeinsam festgelegt hatten, dass sie nicht mehr sein wollten, als gute Freunde – und wie toll das funktioniert hatte, konnte man nun sehen. Seit knapp zwei Jahren waren die Beiden ein Paar – und glücklich obendrein. Natürlich hatte es ein paar Probleme gegeben und Mehren-Re hatte ihr mehr als einmal gedroht, sie zu enterben, aber letzendlich hatte sich das als einfache Besorgnis eines Vaters herausgestellt.
Nun hatte sich also alles wieder zum Guten gewandt. Oder?
Theti war sich nicht sicher, wobei sie sich momentan relativ sicher fühlte.  So sicher, wie im heimischen Palast in Theben.

Theben. Wie gern würde sie dorthin zurückkehren und sagen, dass sie es geschafft hatte, einen Handelsvertrag mit Agrabah zu schließen. Schließlich waren die Güter, die aus dieser Stadt – einer der Prachtvollsten der sieben Wüsten, wenn nicht gar die Prachtvollste – von auserlesener Qualität. Selbst der Transport durch die unwirtliche Umgebung der Wüsten machte den Gütern nichts aus. Vielleicht sollte man ein neues Verb erfinden, um diese Fähigkeit herauszustreichen? Sowas wie „unverwüstlich“, oder so?
Ausserdem hatte Argabah eine der fortschrittlichsten Bibliotheken – weit umfassender, als die des untergegangenen Alexandriens.

Aber sie brauchte den Nil – ihren Strom – die bunten Hütten am alten Markt und die „echte“ Art der Beiden Länder.  Und sie brauchte ihre Freunde. Gut, Papyrus hatte sie immer dabei und er vertrieb ihr die Langeweile, die sie manchmal überkam, so gut es ging. Aber sie vermisste auch Ratofer, den Berater des Pharaos, mit seiner weisen, unendlich gütigen Art, die freche Räuberprinzessin Tiya, mit der sie schon den einen oder anderen – mehr oder weniger spaßig gemeinten – Disput ausgefochten hatte, Imotep, der als Schreiber und Krieger, als Architekt tätig gewesen war und der nun – so wie sie erfahren hatte – ernsthaft darüber nachdachte, ins Hohepriesteramt zu wechseln. Sie konnte es eigentlich nicht fassen. Imotep, einer der lebenslustigsten Männer, den sie kannte, wollte ins Hohepriesteramt wechseln. Ob dies eventuell mit der jungen Frau zu tun hatte, der er auf dem Markt begegnet war und die ihre Absicht, sich als Leibwächterin des Pharaos zu bewerben, deutlich gemacht hatte? Wie hieß sie gleich? Anck-su-namun oder so ähnlich.Interessanterweise hatte sich auch Setos, einer ihrer jüngeren Cousins, am Amt des Pharaos interessiert gezeigt, aber bis er die Staatsgeschäfte leiten konnte, vergingen noch ein paar Jahre.

 „Entschuldigung, was hast Du gerade gesagt?“, wandte sie sich dann an Jasmin, die sie verblüfft anschaute und dann amüsiert lächelte: „Du bist mit deinen Gedanken wohl gerade in Theben?“
War sie tatsächlich so leicht zu durchschauen?
Ein leicht verlegenes Lächeln huschte über ihr schönes Gesicht, als sie sich Jasmin nun komplett zuwandte: „Ich bitte um Entschuldigung, ich bin … ein wenig nervös.“
Die Prinzessin von Agrabah nickte, stand auf und ging zum Balkon ihres Zimmers. Theti folgte ihr, um sich neben ihr auf die marmor-weiße Oberfläche der Balkonbrüstung zu lehnen.
„Ich kann es dir nicht verdenken“, lächelte Jasmin und warf einen Blick auf die Landschaft unter sich, den Park, den man künstlich angelegt hatte, um wenigstens ein bischen Grün in der Wüste zu haben., „Die Sache mit Morgana und mit Mechanikles kann einen ziemlich durcheinanderbringen, nicht wahr?“
„Oh ja“, nickte Theti und wandte sich dann um, sich rückwärts an die Brüstung lehnend: „Aber in Theben ist es auch nicht anders. Papyrus und ich kämpfen regelmäßig gegen eine Gottheit namens Seth, die unser Land vernichten will.“

„Seth?“, fragte Aladdin und brachte sein Schwert in Verteidigungsposition. Es kollidierte mit der Waffe des Ägypters, schlug Funken. Der Mann aus Agrabah stemmte seine Waffe gegen die von Papyrus, stieß sich dann weg, vollführte eine Pirouette und lächelte den Besucher an.
Dieser nickte anerkennend, hob das Schwert an und begab sich in eine Verteidigungsposition. „Dein Angriff, edler Aladdin.“, lächelte er, ehe er mit den Schultern zuckte und dann nickte: „Und ja – Seth. Er will uns vernichten. Warum – das weiß ich auch nicht.“
„Vielleicht können wir helfen?“
Aladdin hob sein Schwert an und stürmte zu einem Angriff los – wobei er ins Leere stieß, als sich Papyrus plötzlich zur Seite warf und den Blick auf eine Säule freigab, mit der der Junge aus Agrabah kollidierte und an ihr herunterrutschte.
„Autsch“ murmelnd richtete er sich auf und fand sich, auf das golden-schimmernde Schwert Papyrus’ blickend, wieder.
„Ergibst Du dich, Diener Seths?“, fragte dieser und Aladdin hob beide Hände: „Ja und ich schwöre auf Ewig Seth ab.“
Damit grinste er, stand auf und legte den Kopf schief: „Wenn ich das richtig sehe, führten wir beide, ehe wir unsere Prinzessinnen trafen, mehr oder weniger das selbe Leben, oder?“
„Mehr oder weniger“, lächelte der Ägypter schräg, „Ich war ein einfacher Fischer, ich habe nie gestohlen.“
„Wenn die Mäuse fehl’n, muss man eben stehl’n“, zuckte Aladdin mit den Schultern, „Ausserdem habe ich diesem Lebensstil schon vor Jahren abgeschworen.“
Papyrus nickte: „Was auf deine Freunde nicht ganz zutrifft, kann das sein? Ich hab deinen Affen gestern dabei erwischt, wie er sich an der Kette Thetis zu schaffen machen wollte.“
Der ehemalige Straßenjunge verschränkte die Arme vor der Brust: „Hey, Abu würde soetwas nie…“
„Tun?“, grinste Papyrus, „Du klingst wie Tiya, die Räuberprinzessin. Sie ist eine gute Freundin von mir und wohnt in einem zerstörten Sphinxkopf mit toller Aussicht auf die Stadt.“
Aladdin seufzte: „Erinnert mich an meine ehemalige ‚Unterkunft’. Ich hatte auch einen tollen Ausblick auf die Stadt, aber…“
„Geschenkt.“
Der Mann aus Theben steckte sein Schwert wieder in die dafür vorgesehene Scheide, die er auf den Rücken gebunden hatte, ehe er sein agrabahnisches Pendant ansah: „Ich wollte dich nur necken. Ich bin sicher, du hast ein entbehrungsreiches Leben geführt und – das verbindet uns.“

Jasmin schaute die thebische Prinzessin an und schmunzelte: „Wie hast Du deinen Mann eigentlich kennengelernt?“
Schulterzuckend blickte Theti sie an: „Nun – so genau weiß ich das gar nicht mehr. Ich erinnere mich daran, dass Aker mir eine Medizin gab, die mich betäubte. Und als ich wieder zu mir kam, hatte Papyrus mich gerettet. Wie war es bei Dir?“
„Ich war auf dem Markt und habe einen Apfel geklaut.“
„Bitte?“
Theti verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihre Amtskollegin spöttisch-amüsiert an: „Prinzessin Jasmin von Agrabah muss stehlen?“
„Wenn die Mäuse fehl’n, muss man eben stehl’n.“, zuckte die Frau mit den Schultern und blickte Theti dann an: „Ausserdem wusste ich nicht, dass ich stahl. Ein kleines Kind wollte einen Apfel haben und ich habe – in einem Anfall von Naivität – diesen Apfel genommen und ihm dem Jungen gegeben. Dass der Apfelverkäufer damit nicht ganz einverstanden war, dürfte klar sein. Und da ist dann Aladdin eingesprungen, hat mich als seine schwachsinnige Schwester ausgegeben und – naja - ich hab mitgespielt. Es war schon ein sehr interessanter Tag.“
„Das glaube ich dir.“, grinste Theti und schüttelte den Kopf: „Du machst ja Sachen.“
„Hey, ich bin damals aus dem Palast abgehauen, weil ich es nicht ertragen konnte, dass alle Entscheidungen für mich getroffen wurden. Ich dachte, ausserhalb des Palastes ist die Welt anders. Wie anders konnte ich damals ja nicht ahnen.“
Sie lächelte eine Spur melancholisch. Es waren tatsächlich etliche Sachen passiert, die ihr zeigten, wie das Leben in dieser Welt, abseits des Palastes, war und dennoch – sie war viel zu freigeistig, um sich in diesen strikten Regeln des Palastlebens zu ergeben.
Kurz schossen ihr die Ereignisse der letzten Tage durch den Kopf und sie konnte nun, ein wenig abseits des Protokolles, nicht anders, als festzuhalten, dass diese Situationen mal wieder komplett nach ihrem Geschmack waren. Sie liebte es, wenn es ein wenig chaotischer war, wenngleich ihr die „Gefahr für Leib und Leben“ nicht ganz behagte. Aber hin und wieder ein kleines Abenteuer erleben, eine kleine Eskapade, das hielt den Geist wach. Und nicht umsonst beinhaltete das Wort „Eskapade“ das Wort „Escape“ – also Flucht. Sie grinste. Des Genies Wörterbuch sei dank.

„Das Leben in der ‚Realität’ ist wirklich ein wenig anders, nicht wahr?“, riss sie Thetis sanfte Stimme aus den Gedanken und sie konnte nicht anders, als Nicken. Stimmt. Ausserhalb der Palastmauern war das Leben damals ein Kampf gewesen – ein Kampf ums Überleben. Und so sehr sich die Situation auch gebessert hatte, so sehr war sie auch beim Alten geblieben. Wenn sie – Jasmin – wüsste, dass in knapp 7000 Jahren jemand singen würde „The more things change, the more they stay the same“, sie würde diesen Satz einfach nur unterschreiben.

„Ich glaube, das gilt auch für eure Bösewichte“, erklang die Stimme Prinzessin Songs von der Tür. Sie taumelte auf den Balkon, hielt sich mit einer Hand ein Auge und stützte mit der anderen Hand einen ziemlich ramponiert aussehenden Prinz Doktor.
Kurzzeitig huschte so etwas wie Panik durch Jasmins Körper, sie konnte sich ein entsetztes Aufkeuchen nicht verkneifen, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte und den Kopf schüttelte: „Mit wem habt ihr euch diesmal angelegt?“

Jasmin hatte schon etliche Male Aladdin verarztet. Der Mann ertrug es mit stoischer Gelassenheit und machte aus seinen Verletzungen keine große Sache. Prinz Doktor allerdings war von einem vollkommen anderen Schlag. Als sie einen kühlen Lappen auf sein blaues Auge legte, reagierte er mit einem Geräusch, das nach einer Mischung aus Zischen und Stöhnen klang. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich dann zu Agatha, die neben Cal auf dem Bett der Prinzessin lag und den kühlenden Lappen mit einem dankbaren Seufzen entgegennahm.
Dann wandte sich Jasmin den blauen Flecken an Prinzessin Songs Bauch zu.
„Wie ist das passiert?“
„Dein Razul ist durchgeknallt.“, sagte der Prinz, rappelte sich in die Sitzende und wurde sofort von Theti wieder ins Bett gedrückt, was sie mit einem „Liegenbleiben“ kommentierte.
Der Prinz blickte zu Theti, gab ein protestierendes „AU!“ von sich und murmelte „Deine Krankenmanieren sind auch nicht ganz astrein“, ehe sich Prinzessin Song ihm zuwandte und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
Prinz Doktor schaute sie an, dann erschlaffte er.
So etwas hatte die Prinzessin noch nicht gesehen, rieb sich verwundert über die Augen und schaute Song dann an: „Was war das?“
„Sagen wir einfach, ich habe ihn gerade ein wenig verzaubert.“
Sprachs und beugte sich vor, um die blauen Flecken zu begutachten.
„Sieht schmerzvoll aus.“, murmelte sie, tastete danach und sog dann kurz die Luft ein, ehe sie sich mit einem „Japp und tut weh“ zurück ins Bett sinken ließ.
Jasmin konnte sich nicht helfen, in ihr kam sowas wie „Schwesterlichkeit“ empor. Sanft griff sie nach Prinzessin Songs Hand und lächelte sie an: „Wir kriegen dich wieder hin.“
Damit legte sie die Hand der Prinzessin in die des bewusstlosen Prinzen neben ihr und nickte mit dem Kopf Richtung Theti, die nickte.

Wenn Razul wirklich ‚durchgeknallt’ war – um einen Ausdruck des Prinzen Doktors zu gebrauchen – dann war die Situation mehr als nur verzweifelt. Der Hauptmann der Wachen kannte jede Ecke des Palastes, wusste, wie das Muster aussah, nach dem die Wachen Partrouille liefen – kein Wunder, es waren ja seine eigenen Männer – und er wusste, wie man schnell und effizient an den Sultan gelangen konnte. Jasmins Füße hämmerten über den Boden, als sie sich beeilte, den Thronsaal zu erreichen.
Sie musste schneller als Razul sein, schluckte hart, als sie in Sichtweite der Tür kam und die Wachen sah, die dort Position bezogen und beschleunigte ihre Schritte. Die Wachen mussten sie durchlassen, sie war die Tochter des Sultans und sie würde verdammt sein, wenn sie nicht durchkam.
„Lasst mich durch“, keuchte sie, näherkommend und lächelte, als die Wachen genau das taten. Sie kam in den Thronsaal, schlidderte auf den Sultan zu und blieb stehen.
Der kleinwüchsige Mann blickte auf, runzelte die Stirn und schaute sie fragend an: „Was ist los, Jasmin?“
„Razul“, keuchte sie, „Er… er ist…“
Weiter kam sie nicht, da sie in diesem Moment die mächtige Pranke des Hauptmanns der Wachen auf ihrer Schulter spürte: „Was ist mit mir?“
Jasmin fürchtete, sich eine Milisekunde des Entsetzens nicht verkneifen zu können, ehe sie sich an den Muskelprotz und elendigen Verräter wandte: „… immer ein bischen zu spät dran.“
Sie schluckte und hoffte, dass der Mann ihr diese Einleitung glauben würde. Kurz bemerkte sie, wie er sie forschend anblickte, eine Handlung, die sie ihm gleichtat. Sie konnte in seinen Augen keine Spur von irgendeiner Besessenheit erkennen – also fragte sie sich, warum Prinz Doktor und Prinzessin Song gesagt hatten, dass er – Razul – durchgedreht war.
Doch ihr Vater wusste von all diesen Ereignissen nichts, lächelte ihr und Razul zu und wandte sich dann wieder zu seinem Spielzeug um.
„Prinzessin Jasmin, kann ich Sie kurz sprechen?“

Der Kopf Jasmins ruckte zu Razul herum. Moment, was war das? Sie hatte schon oft genug in solchen Situationen gesteckt, um zu wissen, dass er sie jetzt vermutlich fangen und umdrehen wollte, sodass sie auf seiner Seite stand.
Aber wie kam sie aus der Nummer wieder heraus?
Schnell blickte sie sich um, doch sie fand keine Möglichkeit sich der Sache zu entziehen. Also nickte sie: „Natürlich, worum geht es denn?“
„Vielleicht sollten wir dies draußen besprechen?“
Jasmin schluckte, folgte dem Hauptmann und hoffte, dass sie eine Möglichkeit fand. Warum hatte sie Theti bei Doktor und River gelassen? Und kaum, dass Razul die Tür hinter sich schloss, wusste sie, dass es keine Möglichkeit gab, ihm zu entkommen. Keine, ausser einer.
Sie wirbelte herum, trat Razul dorthin, wo es am Meisten schmerzte – „Danke, Prinz Doktor“, grinste sie – und eilte los. Sie kam keine zwei Meter weit, wurde niedergeworfen von Hakim und Karif und in die Stehende gebracht. Razul kam auf sie zu, keuchte schmerzerfüllt und sie sah sich schon, wie er ihr eine Ohrfeige verpassen würde, die sie vermutlich in die dunklen Schleier der Ohnmacht riss.

Oder?
to be continued

Kapitel 14 Kapitalflucht

Kapitel 14.1

Aladdin hatte die Schreie gehört und machte sich auf den Weg. Jasmin – seine Jasmin – in Schwierigkeiten? Er würde nicht zulassen, dass ihr hier etwas geschähe. Also eilte er mit gezücktem Schwert auf die Quelle der Schreie zu und sah, wie Hakim und Karif die Prinzessin festhielten, die sich in ihren harten Griffen wandt und Razul auf sie zukam.
Er musste gar nicht großartig überlegen, wollte sich schon auf den Riesen werfen, als er hörte, was selbiger sagte: „Prinzessin, was stimmt mit ihnen nicht?“

„Prinzessin, was stimmt mit Ihnen nicht?“
Verblüfft hob Jasmin ihren Blick, den sie in Erwartung der, ihr alle Sinne nehmenden Ohrfeige, gesenkt hatte und schaute den Mann, der diese Worte gesprochen hatte, verblüfft an. Razul klang weniger wie ein Schurke, der seine Rolle spielte und Besorgnis vortäuschte – wie es damals Jaffar getan hatte – sondern tatsächlich so, als würde er sich um sie sorgen.

Konnte es sein, dass ihre Gäste, Prinz Doktor und Prinzessin Song gelogen hatten? Warum nicht? Die Möglichkeit bestand. Zwar würde sie es den Beiden niemals zutrauen, aber sie durfte nicht ausser Acht lassen, dass beinahe Jeder irgendwann in seinem Leben log. Die Frage, die sich dann stellte, war allerdings: „Warum?“
Warum sollte das Prinzenpaar sie anlügen? Welche Ziele hätten sie? Vielleicht … vielleicht hatten sie vor, zusammen mit Mechanikles und Morgana Agrabah zu übernehmen? Irgendwie konnte sie sich genau das nicht vorstellen. Schließlich war Prinz Doktor selbst unter den Zauber von Morgana geraten. Und einen Angriff durch Mechanikles hatten sie mitgeholfen, zu verhindern. War es daher nicht unlogisch, ihnen in dieser Hinsicht zu mißtrauen?

Und wenn Razul nur den Ahnungslosen spielte? Diese Möglichkeit musste sie auch in Betracht ziehen. Obwohl sie ihm genau das nicht zutrauen würde, flüsterte ihr eine kleine, innere Stimme Zweifel zu und sie musste der Stimme recht geben.  Schließlich hatte sie Razul ja mehrfach ausser Augen lassen müssen – und so wäre es möglich, dass für ihn das galt, was sie gerade noch dem Prinzen Doktor angedichtet hatte, unter den Zauber von Morgana gefallen zu sein.
„Razul?“, hörte sie die überraschte Stimme Aladdins, der auf sie zutrat und ihr einen besorgten Blick schenkte. Sie schüttelte sanft den Kopf, Zeichen dafür, dass ihr nichts passiert war und wandte sich dann wieder dem Hauptmann der Wachen zu, ehe sie ihren beiden Häschern einen Blick schenkte und ein „Lasst mich los“ zischte – oder  zischen wollte, denn in diesem Moment erstrahlten die beiden Wachen in einem roten Schein und fielen – steif wie zwei Bretter – nach vorne. Und in einem Anflug einer Ahnung, was da gerade geschah, warf sich Jasmin zu Boden. Keine Sekunde zu früh, denn sie spürte, wie etwas über ihren Körper raste, hörte ein lautes Zischen und dann einen überraschten Aufschrei von Razul. Dieser fiel dort, wo er stand, in sich zusammen.

Die Prinzessin warf einen Blick über ihren Rücken, musste kurz den Kopf schütteln, damit ihr schweres, dunkles Haar nicht im Weg war, und sah dann die Ursache des Kollapses. In geduckter Haltung, mit dem merkwürdigen Gegenstand in der Hand, mit dem er schon auf den Skorpion geschossen hatte, stand dort Prinz Doktor und gab nun seine Haltung auf. Er richtete sich zur vollen Größe auf, lockerte einmal seine Schultern und steckte den Gegenstand weg, ehe er auf Jasmin und Aladdin zutrat, beide mit einem „Na, alles klar?“ anlächelnd.
„Danke, uns geht es gut.“, lächelte die hübsche Prinzessin und richtete sich auf, als Doktor und Aladdin auf sie zutraten und ihr die Hand reichten. Dies mit einem weiteren „Danke“ und einem Lächeln quittierend, umarmete sie dann Aladdin und warf dann einen Blick auf die Männer, die am Boden lagen.
Prinz Doktor schaute kurz zu ihr, schenkte ihr ein amüsiertes Lächeln und schüttelte den Kopf: „Keine Sorge, sie sind alle drei nur betäubt. Als ob ich eure drei Top-Guys komplett umlegen würde.“
Damit ging er neben Hakim in die Knie, tastete nach seinem Puls und nickte. „Japp, einfach nur ausgeknocked.“
„Und was sollte dieser Auftritt?“
Diese Frage brodelte in Jasmin, schon seit der Prinz die drei Herren schlafen geschickt hatte. Sie stemmte die Hände in die Hüften, betrachtete den Prinzen von oben bis unten und schüttelte mißbilligend den Kopf: „Du hättest ja auch einen Ton sagen können.“
„Mhm“, nickte der Angesprochene, „Klar – damit Omar Sharif hier“ – er nickte zu Haikim- „sein Pittermesser zieht und es Dir an den Hals hält und dann einen Spruch á la „Wenn Du näherkommst, ist sie tot“ absondert?“
Erneut schüttelte der Prinz den Kopf: „Nee, nee – soweit kommt das noch.“
Sprachs und hob plötzlich die Hände.
„Und nun wirf die Waffe weg.“, hörte Jasmin die Stimme der Prinzessin Song hinter Prinz Doktor und trat einen Schritt zur Seite, um besser sehen zu können, was da vor sich ging. Tatsächlich. Auch die Frau, die sich ihr gegenüber als Agatha Silverbird vorgestellt hatte, besaß einen solchen magischen Gegenstand und presste ihn nun dem Prinzen Doktor in den Rücken. Sie konnte sehen, wie der Mann bleich wurde.

„Sch… Sch… Schatz?“
Cal konnte spüren, wie seine Stimme mehrere Oktaven nach oben kletterte, ein Fakt, für den er sie verdammte. Weiterhin verdammte er sich selbst dafür, sich nicht daran erinnern zu können, was geschehen war, nachdem sie die Arrestzelle, in der Mechanikles saß, betreten hatten – oder besser: nachdem er dem Griechen auf den Kopf zugesagt hatte, dass er wissen wollte, woher dieser die Plakette der DRAGONFLY hatte. Danach war er wohl ohnmächtig geworden und kam erst wieder zu sich, als er zusammen mit Agatha im Bett lag – und zwar nicht in seinem.


Die Augen aufgeschlagen konnte er nicht ganz glauben, wo er war. Das Bett, in dem er lag, war definitiv nicht das, in dem er die letzten beiden Tage aufgewacht und die gesamte Situation immer mal wieder als ‚Verrückten Traum, aber ich spiel dennoch mit’ abgetan hatte. Gerade er, der schon mit SG-1, Zylonen und Borg gekämpft hatte, erachtete eine Reise um knappe 7400 Jahre in die Vergangenheit für unrealistisch. Tse. Wie würde E-Rod sagen? „Wrap your head around that.“

Aber jedes Mal, wenn er wieder in Agrabah zu sich kam, warf er einen Blick auf seine zauberhafte Begleitung, sah, wie selbstverständlich sie mit der Umgebung umging und interagierte und stellte jedes mal fest „Ach, leck mich doch, ich spiel halt mit.“
So auch jetzt. Er spürte die Schwere der XO neben sich und hoffte, dass sie niemals erfahren würde, dass er in diesem Moment ihr zierliches Gewicht von 65 Kilo als „schwer“ bezeichnet hätte. Und ein Blick auf ihre mehr als offenherzige Kleidung bestätigte ihn darin – nein, schwer war sie nun wirklich nicht.

Sein Blick wanderte über ihren Oberkörper – die schönen Brüste und den flachen Bauch, hinunter über die langen Beine und er gönnte sich diesen einen Moment der wirklich primitiven Gedanken, ehe er den Kopf schüttelte. Nein, dies war immer noch keine NC-17 Fanfiction und selbst wenn, er würde eine schlafende Agatha garantiert nicht dadurch wecken, dass er sich auf sie legte. Einmal hatte er dies getan und hatte festgestellt, dass die Reflexe der XO verdammt schnell waren – genau so wie ihr Knie an einer für ihn sehr schmerzhaften Stelle.

So blickte er sich um, suchte nach etwas, mit dem er seine Freundin wecken konnte, ohne unromantisch zu sein und ihr einfach ein „MORGEN“ ins Ohr zu brüllen. Und ausserdem – wenn es eine rothaarige Frau mit Modelmaßen bei ihm aushielt, wollte er ihr dafür auch mehr als nur einen Grund geben.

Von draußen flatterte ein Papagei herein und blickte ihn an.
„Du bist nicht Aladdin“, stellte der Vogel überflüssigerweise fest, „Also schwirr ab, ehe ich die Palastwachen rufe.“
Das war ja wohl die Krönung. Drohte dieser komische Vogel ihm gerade?
Cal erhob sich, stellte fest, dass die Kleidung, die er trug, ein wenig verrutscht war, knüpfte seine Weste zu und trat auf den Vogel zu.
„Hallo“, lächelte er und legte den Kopf schief: „Hast Du ’N Namen?“
Nachdenklich schien das Tier ihn zu betrachten und der Captain konnte innerlich über die These mancher Menschen, dass Tiere keine Seele hätten, nur den Kopf schütteln. Wenn dieser Vogel keine Seele hatte, was dann?
„Mein Name ist Iago.“, sagte der Papagei und flatterte aufs Bett, „Und ich muss schon sagen, Du hast einen guten Geschmack was Frauen betrifft. Aber… mal ehrlich – hier in Prinzessin Jasmins Zimmer?“
Okay – Iago war anscheinend sehr frech. Kurz überlegte der Captain, wie er mit diesem Tier klarkommen sollte und entschloss sich, sehr zu seiner eigenen Überraschung, dazu, eine diplomatische Lösung zu wählen.
„Die Prinzessin hat uns hier reingelassen“, sagte er, was dem Vogel ein lautes „Klaaaaar“ entlockte. Cal merkte, wie ein leichtes, amüsiertes Zucken seine Mundwinkel erfasste und strich sich leicht über einen nicht-vorhandenen Bart, um dieses Zucken zu kaschieren.
Dann trat er auf den Vogel zu, setzte sich aufs Bett und lächelte: „Du kannst mir übrigens einen Gefallen tun, Iago.“
„Einen Gefallen?“, echote der Papagei mißtrauisch und verengte seine Augen zu Schlitzen, „Welchen Gefallen?“
„Oder besser: Ein Opfer.“, grinste Cal und gab sein Bestes, so diabolisch wie möglich dreinzublicken – zwischendurch gab es einfach nichts Besseres, um sich eine gute Laune zu verschaffen, als sich mit…
Damit griff er nach dem Vogel – und zog.

Die Feder machte ihren Weg über die durchtrainierten Bauchmuskeln der XO, als Cal seinen Blick zum Papagei schweifen ließ, der sich immer noch über die Behandlung monierte.
„Mir einfach so die Schwanzfedern herauszureißen. Ich werde mich bei Jasmin über dich beschweren. Jawohl!“
„Eine“, korrigierte der Captain, „EINE Schwanzfeder – und Du hast ein gutes Werk getan.“
Tatsächlich. Die Bauchmuskeln Agathas zuckten und sie schlug die Augen auf – was den Papagei zu einem Schrei und zum Wegflattern animierte.
Cal blickte dem Vogel hinterher und schüttelte den Kopf: „Ein Komischer Kauz.“
„Eigentlich ist das ein Papagei“, grinste seine Freundin und fing seinen Kopf mit beiden Händen ein, um ihm einen Kuss zu geben: „Danke übrigens für das Aufwecken.“
Er löste sich, ließ sanft eine Hand über ihren Arm gleiten und schaute sie an: „Immer gerne, immer gerne. Dafür bin ich doch da.“
Sprachs und nahm sie in die Arme, um mit ihr zusammen ins Bett zu sinken.
„Uhhh, Cal“, grinste die XO, „Was hast Du vor?“
„Der Papagei hat mich gerade auf eine Idee gebracht“, murmelte der Captain und küsste sie auf den Mund. Seine Hand glitt über ihren Rücken, zu den langen, dichten, roten Haaren und glitten zu den Haarwurzeln.
„Sag mal, was ist eigentlich mit uns passiert?“
Die Frage, die da plötzlich in Cals Kopf aufpoppte, war eigentlich berechtigt und er wandte seine Aufmerksamkeit kurz nicht dem halbnackten, auf sich liegenden Körper zu, sondern der berechtigten Frage.
„Nun“, setzte er an, sich selbst zu antworten, „Wir sind… wir… wir sind…“
Agatha küsste sie ihn, ließ ihre Hände über seinen Oberkörper gleiten.
„Wenn Du mich weiter küsst, kann ich mich nicht konzentrieren.“, murmelte der Captain gegen ihre Lippen. Sie lächelte – wild, verführerisch, schön – und hauchte: „Vergiss die Frage doch einfach.“
„Man könnte meinen, du wärest nicht du.“, stellte der Captain fest. Kurz pausierten Beide.
Und Cal merkte, wie sein Herz immer schneller schlug – und das nicht wegen der erotisierenden Nähe seiner XO, sondern ob des Faktes, dass sie ihn nur ausdruckslos anstarrte. Langsam versuchte er, unter ihr herauszurutschen und zuckte erschrocken zusammen, als sich dieser atemberaubende Körper verformte – in einen, mit nich minder atemberaubenden Proportionen gesegneten, weiblichen Körper, der allerdings einen Katzenkopf aufwies.
„M… Morgana?“, schluckte Cal und sie lachte: „Ja, Captain. Übrigens – nett, wie Du mit Mechanikles umgegangen bist und wie Du dich mit Razul angelegt hast.
Der Captain schrie entsetzt auf, nahm all seine Kraft zusammen, um die Katzengöttin von sich zu stoßen und eilte los. Wo war Agatha?

Er hatte sich auf die Suche nach seiner XO begeben und gemerkt, dass Jasmin offenbar gerade von Razul, Hakim und wie auch immer der andere Wächter hieß, abgeführt werden sollte. Da sollte es doch mit dem Gehörnten zugehen, wenn Cal da nicht helfen konnte. Was lag also näher, als die drei Auf-Kravall-Gebürsteten mit einem gezielten Phaserstoß auszuschalten?
Doch als er nun den Phaser in seinem Rücken spürte und die sanfte Stimme seiner XO hörte, schossen ihm einige zweifelnde Gedanken durch den Kopf.
„Sch… Sch… Schatz?“, stammelte er und war versucht, kurz einen Blick über seine Schulter zu werfen, doch der Druck des Phasers in seinem Rücken überzeugte ihn davon, dass dies eine mehr als nur dumme Idee war und das laute „Halt den Mund“, das Agatha beinahe schrie ließ ihn dann tatsächlich für ein paar Sekunden daran zweifeln, ob sie ihm nicht sofort einen Schuss verpassen würde. Und ein Phaser – selbst, wenn er auf „leichte Betäubung“ eingestellt ist – kann aus nächster Nähe extrem unschöne Konsequenzen für den Angeschossenen bringen.
Er schluckte, schaute hilfesuchend zu Jasmin und Aladdin, die jedoch ebenso erschrocken und geschockt dreinblickten, wie er es vermutlich tat.

“Cal, ich werde dich jetzt ganz deutlich fragen.“ , hörte er die Stimme seiner XO und schluckte. Deutsch? Jetzt sprach sie Ruhrdeutsch mit ihm?
”Warum hast Du mich gerade betäubt”?
Die Verwirrung, die nicht nur Aladdin und Jasmin befallen hatte, als Agatha in die Sprache ausbrach, die für sie eine Art unverständliches Kauderwelsch sein musste, erfasste auch ihn. Nicht so sehr wegen des Kauderwelsch-Faktes, sondern wegen dem, was Agatha gesagt hatte.
Er stockte und wandte sich zu ihr: „Ich hab dich betäubt?“
Sie nickte. “Ja.“
Und dann begann sie, zu erzählen.


TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 14.2


„Weiß einer von euch, warum er lacht?“

Irgendwie war die Frage Cals zu diesem Zeitpunkt zwar berechtigt, aber Agatha hatte keinen großartigen Gedanken daran verschwendet. Immerhin war er ein Filmbösewicht und vermutlich war es von ihnen vertraglich verlangt, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit in ein schallendes Gelächter auszubrechen. Besonders, wenn es Mechanikles war, der ja in den Episoden – die offenbar auf realen Begebenheiten fußten – immer mal wieder in selbiges ausbrach.
Sie seufzte und blickte ihren Kommandanten an.
„Ich glaube“, versuchte sie ihre Gedanken, die sie gerade gefasst hatte, entsprechend zu verbalisieren, „der is eigentlich immer so.“
„Huhuhu, ohhh, da irrst Du dich aber.“, lachte es von griechischer Seite her und die XO blickte ihn verblüfft an, als er sie angrinste: „Ich hab überall meine Leute.“
Damit wandte er sich an Aladdin, der die ganze Zeit über still in der Ecke gestanden hatte.
„Nicht wahr?“
Und plötzlich klingelten Agatha Silverbirds Alarmglocken. Sie wusste nicht wieso, sie hatte nur das Gefühl, eine ähnliche Szene schon einmal erlebt zu haben. Aber woher? Irgendwie kam ihr der richtige Bezug nicht ganz in den Sinn, aber sie war sich sicher – sie hatte so eine ähnliche Szene schon einmal entweder erlebt, gehört oder gesehen.
Und als sich dann Aladdin mit einem Grinsen an Razul wandte, schrieen ihr sämtliche Schutzheilige Erster Offiziere, die man auftreiben konnte, in die Ohren, dass die Sache sehr unschön enden konnte.
Dessen war sie sich spätestens zu dem Zeitpunkt sicher, an dem Razul in die Knie ging, nachdem Aladdin ihm einen Schlag in den Magen verpasst hatte.
Nun wusste sie auch wieder, woher sie diese Szene kannte – sie hatte sie in „Ein Quantum Trost“ gesehen und riss ihren Phaser aus dem Halfter. Cal war währenddessen auf den Beinen, warf sich auf Aladdin, doch der Mann aus Agrabah machte mit dem Captain aus England einen kurzen und beinahe schmerzlosen Prozess, in dem er ihm erst einen Kinnhaken verpasste, dann beide Hände gegen seinen Hals rammte und die zusammensinkende Gestalt dann mit einem Fußtritt nach hinten taumeln ließ.
Als das Schussfeld endlich frei war, schrie die XO den Namen des Mannes.
„ALADDIN!“
Diese Stimme war zwar die ihre, aber sie war durch Panik so verfremdet, dass sie sie nicht wieder erkannte.
Verblüfft wandte sich der Abenteurer und Nun-mehr-oder-weniger-Prinz ihr zu und bedachte sie mit einem ironischen Lächeln, ehe er auf die Waffe in ihrer Hand schielte: „Vorsicht, damit könntest Du jemandem ein Auge ausschießen.“
„Komm mir zu Nahe und ich schieß dir ein Auge aus.“, zischte die XO, stellte ihren Phaser auf Betäubung und nahm Ziel.
Sie musste nur genau treffen – und hier gestaltete sich ein Problem. In der Beziehung Cal-Agatha war letztere die Überlegende, die Ruhige, die Moderierende, die sich zwar auch ihrer Haut gut erwehren konnte – aber wenn es ums Schießen ging, war Cal der Bessere von Beiden. Zwar schoss sie jetzt nicht Kilometer weit daneben, wenn es darauf ankam, aber ihre Trefferquote war nicht annähernd so beeindruckend wie die des Captains. Jenes Offizieres, der da gerade halbbewusstlos am Boden lag und gerade erst wieder zu sich kam.

Doch als sich Aladdin auf sie zubewegte, sah sie rot. Ihr Finger krümmte sich um den Abzug, die Waffe entlud sich in die Brust des Abenteurers – und raste hindurch. Die Reaktion Aladdins bestand in einem kurzen, überraschten Blick auf seine Brust, ehe er lächelte, seine Hand nach ihr ausstreckte und – sie wusste nicht mehr so genau, was dann passiert war, nur, dass sie sich am Boden wiederfand.

Cal, der neben ihr kniete, schüttelte den Kopf, so als müsse er gegen irgendetwas ankämpfen, dann lächelte er, packte sie und verpasste ihr einen Schlag auf den Kopf. Dunkelheit wogte heran.

Verblüfft blickten sich Cal und Aladdin an.
„Das war ich nicht.“, schüttelte der junge, agrabahnische Abenteurer den Kopf und der Captain zuckte mit den Schultern: „Ich kann mich an diese Begebenheit mal so gar nicht erinnern.“
Damit wandte er sich um, schluckte, als Agatha ihren Phaser anhob und die Mündung auf sein Gesicht deutete und hob gehorsam die Hände.
„Schatz, ich – ich wüsste nicht, dass ich dir eine verpasst habe. Im Gegenteil, als wir beide in Prinzessin Jasmins Bett zu uns kamen…“
Er stockte, legte den Kopf, seinen eigenen Worten lauschend, schief und schüttelte dann die Denkstube: „Nee, das klingt irgendwie… komisch. Also, Ich meine, als ich wach wurde, in Prinzessin Jasmins Bett liegend…“
Erneut unterbrach sich der Kommandant, blickte über seine Schulter die Thronerbin an und kratzte sich am Kopf.
Ja, wie sagte er es am Besten? Das war ja sowieso immer wieder eine der besten Fragen, die man stellen konnte: „Wie sag ichs meinem Kinde?“
Vielleicht konnte Jasmin ihm ja helfen?
Doch sein hilfesuchender Blick schien nicht wirklich zu fruchten, denn die Prinzessin blickte ihn genau so ratlos an, ehe sie sich an Agatha wandte: „Ihr Beide, Du und Prinz Doktor, seit in mein Zimmer gekommen und der Prinz war sofort kollabiert. Ich habe euch dann mein Bett zum Ausruhen angeboten und habe anschließend erfahren, dass Razul euch so zugerichtet habe. Also bin ich zum Thronsaal gekommen, um Vater vor dem Hauptmann zu warnen.“
Damit wandte sie sich an Cal: „Aber er schien nicht so bösartig, wie Du gesagt hast, bis ich fliehen wollte.“
„Wat, wie, wer?“
Der Captain blickte die Prinzessin verblüfft an und deutete auf sich: „Ich? Ich weiß noch nicht mal, was passiert ist, nachdem ich in den Kerker gegangen bin.“
Damit stockte er und blickte verblüfft in die Runde: „Moment mal.“
Dann trat er auf Agatha zu.
„Du sagtest“, schaute er ihr tief in die Augen, „dass Aladdin uns angegriffen hatte?“
„Ja.“, nickte die XO, was durch ein „Moment mal, alles Lüge“, seitens des Abenteurers abgebrochen wurde, „Ich war mit Papyrus im Nebensaal und habe eine Fechtstunde gehabt.“
Cal drehte sich zu ihm um und kam auf ihn zu: „Und ich bin sicher, Papyrus kann das bezeugen?“
„Natürlich. Wir haben uns über allerlei Mögliches unterhalten. Über die Sache mit Seth, beispielsweise, der dauernd versucht, Theben zu übernehmen.“
In Cals Hinterkopf klingelte ein Alarmglöckchen. Seth? Aber war dieser nicht…
Er stockte und schüttelte den Kopf. Dafür war jetzt einfach keine Zeit.
„Am Geschicktesten wäre natürlich“, sagte er dann und nickte in Richtung des bewusstlosen Riesen Razul, „wir würden warten , bis dieser wieder zu sich kommt.“
„Das halte ich jetzt für keine allzu clevere Idee.“, merkte Agatha an und Cal hob die Augenbrauen: „Warum nicht?“
„Vielleicht weil er sauer sein könnte, dass Du auf ihn geschossen hast?“; schlug Jasmin vor und grinste: „Das heißt, du hast ihn schon zwei Mal von den Beinen geholt.“
„Echt?“
Der Captain legte kurz, grübelnd, den Kopf schief, ehe er ihn erneut schüttelte und sich an Agatha wandte: „Okay, entweder lügst Du oder aber er lügt.“
Damit deutete er über den Rücken auf Aladdin, ehe er beide Hände hob und von XO zu Abenteurer blickte: „Ich weiß ich weiß – ihr würdet sowas nie machen. Das Problem ist, entweder lügt einer von euch oder hier gehen Sachen vor, die ich nicht ganz verstehe.“
Das leise „Als ob die Sache besser wäre, wenn Du es verstehen würdest“ von Agatha überhörte der Captain dann wohlweißlich, ehe er sich auf den Boden setzte.
Sachte massierte er seine Schläfen und murmelte ein: „Ich krieg Hirnverstopfung.“


To be continued

Kapitel 14.3

„Er kann einem schon Leid tun“, stellte Jasmin fest, als sie den Mann, den sie als Prinz Doktor von Fiktivistien kennen gelernt hatte, auf dem Boden sitzen und sich die Schläfen massieren sah. Aber die Sache war auch nicht einfach. Log hier einer oder logen hier alle? Konnte sie sich überhaupt vorstellen, dass ihr Aladdin sie belügen würde? Nicht, dass er es nicht schon einmal getan hätte. Allein ihr Aufeinandertreffen – ihr zweites Aufeinandertreffen, wie sie sich im Geiste korrigierte -  basierte auf einer Lüge. Damals hatte sich Aladdin als „Prinz Ali A Babwa“ ausgegeben, um ein würdiger Kandidat zu sein, um ihre Hand anzuhalten. Diese Charade hatte er nicht nur ihrem Vater, sondern auch ihr Gegenüber bis beinahe zum bitteren Ende, vorgespielt, solange bis Jaffar sie beendet hatte. Noch heute hatte sie das Lied im Ohr.
„Prinz Ali hatte noch nie die besten Manieren – erkennt Ihr denn nicht die Parodie?“
Und für einen Bruchteil einer Sekunde war sie tatsächlich geneigt, ihm diese Tat ernsthaft übel zu nehmen, aber bevor es dazu kommen konnte, wurde er von einem, nun mit allmächtigen Kräften ausgestatteten Großwesir Jaffar „ins Exil“ geschickt. Es ist eigentlich überflüssig zu erwähnen, wie die Sache ausgegangen war.

Und dennoch – Aladdin hatte es manchmal nicht so wirklich mit der Wahrheit. Sei es, weil er im schlimmsten Fall lediglich sich selbst, im Besten Fall alle anderen Involvierten, schützen will und er es manchmal wider besseres Wissen tut – oder aber dass er es selbst nicht besser weiß.  Aber Aladdin zu unterstellen, dass er erst Razul angriff und eigentlich nur einen gezielten Schlag brauchte, um den Riesen zu Boden zu schicken, Prinz Doktor niederzuschlagen und dann auch noch Prinzessin Song zu attackieren – das erschien ihr irgendwie unglaubwürdig.

Zugegeben, manchmal log Aladdin, aber er würde niemals Razul ohne Grund angreifen.
Und doch konnte sie sich ein „Würde er doch nicht – oder?“ in Gedanken nicht verkneifen und nicht verhindern, dass sie einen mißtrauischen Seitenblick auf den Mann warf, der neben ihr stand und Prinzessin Song aus weit-aufgerissenen braunen Augen, die ins Schwarze changierten, fassungslos anblickte. Fragte er sich gerade, was er Prinzessin Song getan hatte, das er ein solches Mißtrauen von ihr verdiente – oder wie sie es wagen konnte, ihn vor Jasmin bloß zu stellen – oder fragte er sich, wie er seine schändliche Tat so darstellen konnte, dass er sich aus sämtlichen Schwierigkeiten herauslavierte ?

Jasmin wusste es nicht, sie wusste nur, dass sie ihrem Prinzen eigentlich und vollkommen traute. Und in ihrem Kopf, in ihren Gedanken, formte sich eine Art Idee. Vielleicht war es der Weltgrößte Strohhalm, den sie je gesehen hatte, aber – es war ihr egal. Sie klammerte sich an selbigen und sprach ihren Zweifel aus.

„Und wenn es nur jemand war, der wie Aladdin aussah?“
Der Knoten, der sich da um Cals Kopf legte, platzte. Er sprang, wie von einer Sprungfeder abgeschossen, von der sitzenden in die stehende Position, wirbelte um seine eigene Achse, sodass die Weste wild herumtanzte und schaute dann die Prinzessin an: „Wie war das gerade?“
Fragte es und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Erstens musste er vermutlich gerade so aussehen wie Matt Smith als Doctor Who, was besonders amüsant sein durfte, wenn man bedachte, dass man ihm selbst nachsagte, eher wie ein Schauspieler namens Jensen Ackles auszusehen. Zum Zweiten grinste er über seine eigene, himmelsschreiende Dämlichkeit. Zum Dritten war er froh, dass überhaupt jemand den Gedanken hatte und viertens amüsierte es ihn nicht gerade wenig, dass seine XO mit genau dieser Überlegung nicht einmal ansatzweise aus dem Gebüsch gekommen war.
Jasmin blickte ihn an und in ihren hübschen Augen konnte der Captain eine Art Verwunderung, gepaart mit Mißtrauen, funkeln sehen.
„Und wenn es nur jemand war, der wie Aladdin aussah?“, wiederholte sie die Frage, verengte die Augen zu Schlitzen, verschränkte die Arme vor der Brust und schenkte ihm einen Blick, der nicht nur Verwunderungsmißtrauen beinhaltete, sondern dies durch ein langsam in sie hineinkriechendes Amüsement toppte.
Cal lachte.
Dann wandte er sich um: „Aga… ich meine, River – wie konnten wir so dämlich sein?“
‚River’ schaute ihn an und schüttelte den Kopf: „Ernsthaft? Dein geliebter Erzfeind?“
„Erzfeind?“, echote Aladdin und schaute dann ebenfalls zu Cal: „Du hast auch sowas?“
„Jeder hat sowas, oder?“, zuckte der Captain mit den Schultern und wandte sich dann wieder an seine XO: „Ja, oder hältst Du das für kompletten Mimputz – äh – Mumpitz?“
„Das nicht.“
Auch Agatha Silverbirds Gesicht war ein einziger Ausdruck des Zweifels, als sie nach ihr „Das nicht“ ein „Aber dafür haben wir keine Beweise“ nachschob, ehe sie den Kopf nachdenklich schieflegte: „Obwohl…“

Jasmin konnte sehen, dass Prinz Doktor das „Obwohl“ seitens seiner Frau nicht ganz geheuer schien. Er blinzelte sie verwundert an. „Obwohl?“, echote er und die hübsche Frau aus Fiktivistien
Und dann sah sie den Prinzen auf einmal sehr unbehaglich schlucken und den Kopf schütteln.
„Nein, A… River, das kann nicht dein Ernst sein.“
Die Prinzessin aus Fiktivistien lächelte ein teuflisches, aber kleines Lächeln, trat auf den Prinzen zu und nahm ihn in den Arm: „Schatz, Dir wird nichts passieren, das weißt Du doch.“
Jasmin wusste nicht so ganz, was Agatha River Song Silverbird vorhatte, sah aber, dass Prinz Doktor kurz überlegte und seiner Frau dann ein Lächeln schenkte: „Okay, wir machen es mal wieder.“
Damit wandte er sich an sie – an Jasmin – und schenkte auch ihr ein Lächeln: „Wenn Ihr uns entschuldigen wollt? Wir müssen ein bischen was rekonstruieren.“
„Moment mal!“
Das war die Stimme von Aladdin, der nun an ihr vorbei auf Prinz Doktor und Prinzessin Song zutrat: „Wenn Ihr meint, dass ich mich einfach so beschuldigen lasse, dann denkt noch einmal nach.“
Und dann, mit einem Griff nach Jasmins Hand, als wolle er sich vergewissern, dass sie immer noch hinter ihm stand: „Bei der Rekonstruktion wollen wir dabei sein.“
Die Agrabahnische Prinzessin konnte sehen, wie das Prinzenpaar aus Fiktivistien einander anblickte und zumindest Prinzt Doktor zweifelnd den Kopf hin und her wiegte, ehe er sich seiner Frau zuwandte.
Diese murmelte etwas gegen seine Ohren – und Jasmin vermutete, dass es sich dabei um die Worte „Deine Entscheidung“ handelte. Der Prinz mit dem merkwürdigen Namen „Doktor“ warf ihr – Jasmin – dann einen Blick zu, ehe er mit den Schultern zuckte und nickte.

„Gut – dann… vielleicht wollen ja auch noch Papyrus und Theti zuschauen.“
Manchmal gibt es Sätze, für die man sich im Nachhinein irgendwo hin beißen könnte. Dieser war so ein Satz. Cal schüttelte innerlich den Kopf, als er den Satz ausgesprochen hatte und den leichten Stubser in seinen Rücken spürte. Natürlich – wie… wie konnte er so blöd sein?
Hier werden sich einige Leserinnen und Leser vermutlich verwirrt die Köpfe kratzen und ein „Ist das jetzt eine Fangfrage?“ murmeln, aber – Cal fragte sich in diesem Moment wirklich, wieso seine intellektuelle Kapazität nicht ausgereicht hatte, um alle möglichen und unmöglichen Faktoren in Betracht ziehen zu können. Oder zu deutsch: Er fragte sich, wie er so blöd sein konnte.
Die Frage wurde dadurch noch getoppt, dass Aladdin nickte: „Das ist eine gute Idee.“
Der Captain blickte über die Schulter zu seiner XO: „Ich glaube, wir brauchen ein größeres Zimmer.“

Sie bekamen ein größeres Zimmer, fanden sich nämlich alle in Jasmins Gemach ein. Zum ersten Mal diese Räumlichkeiten mit wachem Verstand betretend, ließ der Captain seinen Blick wandern und kam zum Schluss, dass die Prinzessin nun wirklich nicht schlecht wohnte. Hier konnte man ja beinahe untervermieten. Allein schon der Balkon wäre ein Festessen für jeden Markler und das luxuriöse Bett ließ auch keine Wünsche offen. Hier konnte man es vermutlich genießen, Abend für Abend in Morpheas Arme zu sinken.
„Und was habt Ihr nun vor?“, fragte Jasmin und riss den Captain damit aus seinen Mietwohnungsfantasien.
Betreten blickte er zu Boden, überlegte, wie er es am Besten erklären würde, doch Agatha kam ihm zuvor.
„Ich werde meinen Mann jetzt hypnotisieren und in Gedanken die ganze Episode im Kerker noch einmal erleben lassen.“
Der Captain riss seinen Kopf hoch und er war sich sicher, dass eine Spur Fassungslosigkeit in seinen Augen zu sehen sein würde.
„Manchmal wünschte ich, du wärest weniger schonungslos.“, schluckte er, zuckte dann mit den Schultern und ging aufs Bett zu, um sich auf die Kante zu setzen. Dann blickte er zu seiner XO: „Los komm schon – knock mich aus. Wir wissen beide, es führt kein Weg dran vorbei.“
Lächelnd trat Agatha auf ihn zu, nahm hinter ihm Platz und massierte seinen Nacken.
„Heute machen wir es mal ganz zärtlich.“, sagte sie und zog den Captain gegen sich.
Er spürte, wie sich seine Augen beinahe schon reflexartig schlossen und lächelte, als er die angenehme Wärme spürte, die ihr Körper ausstrahlte. Ja, hier konnte man sich wirklich fallen lassen. Langsam zogen ihre zarten Finger auf seinen Schläfen Kreise, ehe sie sich vorbeugte, seinen Nacken küsste und das Wort „Erdbeerparfait“ hauchte. Und – als wäre er ein Roboter – schaltete sich sein Verstand ab.

Jasmin beobachtete mit einer gewissen Faszination, wie der Mann, den sie als Prinz Doktor kannte, plötzlich gegen seine Frau sackte und einfach liegen blieb. Dabei wirkte er weniger wie ein Liebhaber,  eher wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Die Frau fuhr fort, mit ihren Fingern die Schläfen des Prinzen zu massieren, während sie ihm weitere Sätze ins Ohr flüsterte.


Dunkelheit umfing ihn. Die Stimme, die er hörte, drang klar wie Glockenhall an seine Ohren und bat ihn, sich noch mehr zu konzentrieren, „tiefer zu gehen“ – was auch immer das bedeuten mochte. Aber es interessierte ihn momentan nicht, er fühlte sich gut. Die Augen geschlossen, der Körper geflutet mit innerer Wärme, die sanfte Stimme Agathas in seinen Ohren – es interessierte ihn nicht, was seine XO sagte, bis sie ihm ein Wort ins Ohr hauchte.
„Jetzt“.

Calvin Nathan Cat öffnete die Augen.
Er wusste nicht, wann und wieso er geschlafen hatte, er wusste nur, dass er es getan haben musste. Oder zumindest „gedöst“, wie man so schön sagte. Mit einem Kopfschütteln versuchte er, die Schläfrigkeit, die sich seiner Sinne bemächtigte, zu vertreiben, spürte, wie sein Körper dennoch nachgab, sein Kopf auf die Brust sank und sein Hirn auf Stand-by geschaltet wurde…
Solange bis neben ihm jemand schrie.

Die Augen aufgerissen, warf der Sternenflottencaptain einen Blick auf die Situation vor sich. Aladdin hatte einen Kampfschrei ausgestoßen und sich auf Razul geworfen.
Verdammt, was tat der Junge da?
Er – der Captain – konnte es nicht wirklich sehen, aber er sah die Auswirkungen. Razul – der um mindestens einen Kopf größere Razul – brach plötzlich zusammen.
Und plötzlich durchzuckte Energie den Körper Cals. Er musste Aladdin stoppen, er musste ihn davon abhalten, etwas monumental-dummes zu tun, er…
Er selbst tat etwas monumental-Dummes, warf sich auf den Jungen aus Agrabah, der ihn schnell und kompromisslos mit erst einem Kinnhaken, dann zwei Handkantenschlägen gegen den Nacken und einem Fußtritt in die Magengrube fertig machte. Benommen ging der Captain zu Boden, hörte zwar das laute „Aladdin!“ das Agatha rief und sah, wie sie auf den Jungen feuerte, doch er fühlte sich zu schwach, um zu reagieren.

Das änderte sich, als Aladdin seine Hand nach Agatha ausstreckte und die gesamte Energie, die der Phaserstrahl auf ihn übertragen hatte und ihn eigentlich hätte betäuben sollen, auf die XO zurückfeuerte. Getroffen stöhnte sie auf, taumelte zu Boden und blieb liegen.

Das war der Moment, in dem Kampfgeist in Cal erwachte. „Scheiß was auf die Schmerzen“, dachte er sich, rappelte sich hoch und eilte zu seiner XO. Als seine Hand nach dem Puls suchte, merkte er, wie sein eigener Herzschlag vermutlich gerade in sehr ungesunde Frequenzbereiche wechselte.
Verdammt. Was sollte er tun, wenn er sie hier verlieren würde? Er wusste es nicht, er wusste nur eines – was auch immer Aladdin (oder wer immer das war) seiner Freundin angetan hatte, er würde ihn dafür bluten lassen.

Cals Hand griff nach dem Phaser der XO, ergriff die Waffe und überprüfte die Ladung.
Dann richtete er die Gerätschaft auf den jungen Mann aus, der wie Aladdin aussah, es aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht war. Und erst jetzt fiel ihm das enervierend laute Lachen auf, das Mechanikles von sich gab.
„Du nervst.“, murmelte er, zielte auf den Griechen und drückte ab. Betäubt sank der Mann in seiner Sitzposition in sich zusammen, ehe Cal wie Waffe wieder zu „Aladdin“ herumschwenken ließ.
„So, jetzt reden wir doch mal offen.“, sagte er, hob den Phaser und betrachtete sein Gegenüber: „Wer sind wir denn?“
„Captain Cat, dass Sie das bis jetzt nicht herausgefunden haben…“
Damit wurde der Körper des jungen Prinzen von Agrabah einer atemberaubenden Verwandlung unterworfen. Die Brust wurde deutlich ausgeprägter und weiblicher, die Hüften schrumpften, das Becken wurde jedoch wieder breiter, sodass eine Art „Sanduhrfigur“ entstand. Die Gesichtszüge des Prinzen wurden durch die einer wunderschönen Frau ersetzt – die aber leider ziemlich behaart wirkte und alles in allem sehr einer Katze ähnelte.
Nach ein paar Sekunden war dieser Aladdin verschwunden und hatte Mirage/Morgana Platz gemacht.

Cals Phaser ruckte hoch:“Okay, Pussy, keine blöde Bewegung oder ich puste Dir ein Loch in deinen schönen Oberkörper.“
Morgana lachte.
„Sag mal, hast Du nicht mitbekommen, das deine Freundin auch versucht hat, auf mich zu schießen? Das Resultat war ja nun nicht wirklich überzeugend.“
Damit legte sie den Kopf schief: „Aber gut, da nun so ziemlich alle – ausser uns – bewusstlos sind, können wir wirklich offen sprechen, meinst Du nicht auch, Cal?“
„Mich würde einfach nur mal interessieren, woher Du das weißt?“
Ein Zwinkern lief über die Augen Morganas und sie lächelte: „Vielleicht verrate ich es Dir – irgendwann.“
„Und vielleicht lasse ich Dich – irgendwann – laufen.“
Damit legte er wieder an: „Aber nicht heute.“
„Süß.“, quietschte die Katzenfrau voller Amüsement, „Wenn Du meinst, Du bist schneller als ich, dann – versuch dein Glück. Und nicht vergessen, ich hab deiner Freundin wehgetan – das willst Du mir doch sicherlich irgendwie heimzahlen, oder?“
„Darauf kannst Du Gift nehmen“, zischte Cal und fügte noch ein „Fahr zur Hölle“ an, ehe er abdrückte.

Der Captain grinste, als er sah, dass Morgana von einem grellbunten Farbspektakel eingehüllt wurde. Zwar bezweifelte er, dass sein Phaser genau das tun konnte, aber momentan war er froh, dass der Schuss überhaupt was gebracht hatte, es hätte ja auch sein können, dass…
Weiter kam des Captains Gedankengang nicht, denn „evil incarnate“ – Morgana – begann plötzlich eine Hand auf den Strahl zu legen, der aus der Waffe kam, und schien ihm – dem Captain – entgegen zu wachsen.
Zu diesem Zeitpunkt merkte er, dass die Waffe doch eigentlich nur einen kurzen Strahl hätte abgeben sollen, aber der Strahl noch immer aus der Waffe kam – und spürte, wie er zwar versuchte, den Schuss zu beenden, aber seine Hände sich nicht rührten.
„Was zum Henker…“, schoss es ihm durch den Kopf, als Morganas Hand plötzlich auf der seinen lag und das Gesicht der Katzenfrau Millimeter vor ihm auftauchte.
Dann berührte sie ihn, er fühlte eine Art Stromschlag, der durch seine Nervenbahnen eilte und hörte in seinem Kopf ein „Soviel Platz – hier gefällt es mir“. Und ehe alles dunkel wurde, wusste er, was geschehen war.

Der laute Schrei erschreckte ihn am Meisten. Er kam aus der Liegenden in die Sitzende und schrie noch immer, lauthals, panisch, als habe man ihm eine Biene in die Haare gesetzt. Cal spürte die Berührungen Agathas, hörte, wie sie etwas sagte und merkte, wie seine Panik von ihm abfiel. Erneut sank er in ihren Schoß, schaute sie an und lächelte. Vermutlich hatte Agatha ihm noch einen Trigger verpasst, der Emotionen ins Gegenteil verkehrte – denn die Panik, die er gerade hatte, war verschwunden und machte einem Wohlgefühl platz. Er streckte sich, rollte sich auf den Bauch und schaute seine Freundin an. Kurz stahl er ihr einen Kuss und flüsterte dann: „Ich weiß, was geschehen ist.“
„Und was?“
Sanft streichelte er ihr über das Gesicht, was die folgenden Worte ziemlich „out of Place“ wirken ließ: „Ich war von Morgana besessen.“

To be continued

Kapitel 14.4
“Ich war von Morgana besessen”.
Wenn Aladdin für jedes Mal, wenn er diesen Satz gehört hatte, ein Goldstück bekommen würde, hätte er … gut, er hätte ein Goldstück, denn Morganas Modus Operandi war normalerweise nicht auf so etwas ausgelegt. Allerdings sollte man sowas ja auch nicht komplett ausschließen. So erinnerte sich der ehemalige Dieb und jetzige Abenteurer daran, dass die Magierin ihn, Jasmin, Iago und Abu einmal in einer Art „Illusion“ gefangen hatte und jeden, der diese Illusion durchschaut hatte, nach und nach gefangen nahm. Ihm selbst war es erst aufgefallen, als Jasmin, die sich bisher zu sämtlichen Geschehnissen in dieser „Illusion“ mit einer gewissen – und wie sich nachher herausstellte: gerechtfertigten – Portion Skepsis gegenüber gestanden hatte. Und wie ihm seine Prinzessin nachher verraten hatte, besaß Morgana die Fähigkeit, sich in andere Personen zu verwandeln, ein Fakt, der ihm selbst auch hätte klar sein sollen, nachdem sich eine Würdenträgerin, die drei Tage in Agrabah gastiert hatte, vor seinen Augen in Morgana verwandelt hatte. Warum sollte es also nicht möglich sein, dass sie in andere Personen fahren konnte und sie nach ihrem Gutdünken handeln lassen?  Wenn dies allerdings so war – musste man dann nicht besonders vorsichtig sein, was man tat, wem man traute?
Der Gedanke hallte in seinem Kopf wieder, als die tür aufflog und Razul, zusammen mit Hakim und Karif im Raum standen, die Schwerter gezückt und auf Prinz Doktor gerichtet.
„Prinz Doktor von Fiktivistien.“, knurrte der große Hauptmann der Wachen, „Sie stehen unter Arrest.“

Jasmin wirbelte herum.
Die Hände in die Hüften gestemmt, betrachtete sie die drei Eindringlinge und schüttelte den Kopf. „Razul!“, zischte sie, „Ist das etwa eine Art, so in das Gemach der Prinzessin von Agrabah einzudringen?“
„Entschuldigung“, kam es von Razul, „Aber ich kann hier keine Sonderbehandlungen zulassen. Momentan ist dieses Quartier genau so zur Festnahme geeignet, wie jedes Andere.“
Und dann mit einem zerknirschten Blick in Richtung Jasmin: „Tut mir Leid, Prinzessin.“
Damit wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Prinz Doktor zu, der sich ganz gelassen aufrichtete.
„Hey, Yo, Määän, was’n der Deal?“, sagte er und bermerkte in dem Moment, in dem er dies gesagt hatte, offenbar selber, dass diese Worte ein wenig merkwürdig klangen. Neben ihm richtete sich Prinzessin Song auf, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sie fing seinen zusammensackenden Körper, stabilisierte ihn und ließ ihn los, als der Prinz den Kopf schüttelte und sich aufrichtete.
Dann, den Kopf schiefgelegt, schaute er den Hauptmann an: „Entschuldigung, falls dich meine Magie umgehauen hat. Ich dachte, Du wolltest Prinzessin Jasmin angreifen und da hab ich gehandelt, ohne vorher nachzudenken.“
Er ging auf Razul zu und hielt ihm die Hand hin: „Friede?“
Sein Gegenüber betrachtete die dargebotene Hand kurz, überlegte, nickte und ergriff sie.
„Friede.“
Erleichtert drehte sich Prinz Doktor um, als Razul ihn am Kragen griff und ein „Aber ich muss dich trotzdem festnehmen.“
„Und wieso?“
Die Frage brannte Jasmin nun wirklich unter den Nägeln. Wenn sich Doktor entschuldigt hatte – oder Cal – oder wie auch immer er nun wirklich heißen mochte – weswegen hatte Razul dann vor, ihn festzunehmen?
Sie trat näher, legte dem Riesen eine Hand auf den Oberarm und blickte ihn abwartend an.
Dieser erwiderte ihren Blick und sie sah in ihm Wut, Zorn, Bereitschaft alles zu tun, um sie und die Königsfamilie, um Agrabah und die sieben Wüsten zu beschützen, Hingabe an seinen Beruf… und Unnachgiebigkeit. Sie wusste, dass er diese Verhaftung durchziehen würde, egal, ob sie es ihm erlaubte oder nicht, egal ob sich Prinz Doktor Cal entschuldigte oder nicht. Nur – weswegen Razul diese Verhaftung machen wollte, das verstand sie nicht.
Erst, als er es sagte und sie in seinen Augen Ehrlichkeit sehen konnte, da verstand sie es.
„Ihr Prinz Doktor hat Mechanikles befreit.“

„Wie oft soll ich es eigentlich noch sagen? Morgana hatte von mir Besitz ergriffen. Vielleicht hat sie so den Griechen befreit, was weiß denn ich?“
Vielleicht mochte es sein, dass Cal ein wenig genervt klang – das dürfte aber in allererster Linie daran liegen, dass er tatsächlich genervt war . Seit einer gefühlten Ewigkeit, vermutlich allerdings erst seit knapp zwei Stunden, saß er im Kerker, mit Seilen festgemacht an denselben Kettenhaltern, die auch Mechanikles hatten halten sollen und auf den selben Steinen sitzend. Razul hatte ihn zuerst eingesperrt und allein gelassen – dann war er nach einigen Minuten wiedergekommen und hatte seine Interrogation begonnen.  Und Cal kam nicht umher, eine gewisse Ähnlichkeit zu Gibbs, Tonys oder Zivas Verhörstil zu sehen.

Ach – wie einfach doch das Verhör durch Ziva war, damals als sie sich kennengelernt hatten.

Dämlich, dämlich, dämlich.
Er hatte sich einfach so, ohne jegliche Gegenwehr festnehmen lassen. Selbst Agatha hatte dies nicht glauben können und ihn darauf angesprochen, aber was sollte er tun? Die hübsche Brünette vor ihm hatte eine Waffe auf ihn gerichtet. Und nicht nur irgendeinen Phaser oder so – das war er ja inzwischen gewöhnt – sondern eine verdammte PISTOLE. Also hatte er sich widerstandslos festnehmen lassen. Zwar fragte er sich, wie sich das mit der ersten temporalen Direktive deckte, aber – was war die Alternative? Zwar sagte man über sie, dass es die heiligste Pflicht eines jeden Sternenflottencaptain wäre, sie zu schützen, aber wenn er die Optionen gegeneinander laufen ließ, sich eine Kugel in den Kopf jagen zu lassen oder irgendwelchen Deppen etwas zu verraten, womit sie im Zweifelsfall sowieso nix anfangen konnten, dann war die Lösung klar.  Und ausserdem wurden sie durch die Verfassung geschützt. Das war doch hier das Jahr 2014, oder?

Als man ihn im Verhörraum platziert hatte und die hübsche Brünette hereinkam, dachte sich Cal, dass der Tag durchaus seine Sonnenseiten haben konnte. Sie war schnell, effizient – er würde hier nicht allzu lange sitzen. Im Gegenteil.
Als sich die Frau, die er später als Ziva kennenlernen würde, vorbeugte und dann fragte, ob er den Miranda-Akt kenne, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Ja – das Miranda-Protokoll. Und ja – ich kenne Red Heat.“ Wo kam man denn auch da hin? Am Ende brach sie ihm irgendwas – oder so.
Ziva seufzte, schaute ihr Gegenüber ein wenig ungehalten an, ehe sie sich räusperte.
„Ich habe Durst und hol mir was zu trinken.“, informierte sie ihn, „Kann ich Ihnen etwas mitbringen?“
Huchikowski? Was war das denn jetzt? Der NCIS goes Dienstleistung? Ja, wenn es weiter nichts war? Allerdings – vielleicht kam sie ja auf die grandiose Idee, ihm ein Wahrheitsserum unterzujubeln. Andererseits, wenn er so darüber nachdachte, kratzte seine Kehle schon ein wenig und der Gedanke, sie mit einem kühlen Getränk zu feuchten, war doch sehr verlockend.
„Okay“, sagte er nach einer kurzen Sekunde des Schweigens, „Wenn Sie zu diesem Kaffeeanbieter im Erdgeschoss gehen, hätte ich gerne eine…“
Er überlegte, legte die Hand an das Kinn, ehe er wieder zu Ziva blickte: „Einen Iced White Café Mocha – aber ohne Kaffee – und eine große Schlagsahnehaube oben drauf. Größe? Die Elefantennummer – groß, größer, am größten. Muss passen. Und wenn es keine Umstände machte, bitte ohne Wahrheitsserum drin, ja?“
„Wo denken Sie hin.“, lächelte Ziva und ging dann.

Sie kam nach ein paar Minuten wieder, einen weißen und einen durchsichtigen Becher in der Hand haltend. „War gar nicht so einfach zu bekommen – aber für Sie mache ich das gerne.“, erklärte sie, mit einem der freundlichsten Lächeln, das man sich vorstellen konnte.
Ja, nee, is klar. Als ob die Frau ihm irgendetwas Gutes tun wollte. Das war einer der Ältesten der möglichen Verhörtricks – get to a common ground. Schaff eine Vertrauensbasis.
„Wird nicht funktionieren.“, erklärte er, trank einen Schluck seiner eiskalten weißen Schokolade mit Sahne und schaute dann zu ihr: „Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen, aber … wissen Sie, erstens brauch ich das gar nicht, weil ich mich keiner Straftat schuldig gemacht habe und zweitens…“
Er stockte, trank erneut einen Schluck und lächelte sie entschuldigend an: „Miss… Sie sind wirklich freundlich. Ich mag sie – ehrlich. Aber… Sehen Sie, ich unterstehe einer Verpflichtung, einem Eid, der mich dazu zwingt… ich darf es nicht sagen.“
Zivas hübsches Gesicht verfinsterte sich.
Irgendwie hätte sich Cal, wenn er damals schon gewusst hätte, wer sie war, denken können, dass sie vermutlich gerade zu dem Zeitpunkt mit dem Gedanken gespielt hatte, ihn in irgendeiner Art und Weise nach Mossad-Stil zum Reden zu bringen.  War ja alles möglich und was wusste der Captain schon, das einer hübschen Ex-Mossad-Agentin durch den Kopf ging? Soweit, sie zu kennen, war er allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht, auch wenn er sich fragte, wer da Informationen über ihn erfahren wollte.

 „Also … Entschuldigung, Miss… ähm… Miss?“, räusperte er sich und betrachtete sie dann. Ein Grinsen erschien auf seinen Lippen: „Eine Unsitte ist das hier. Sie erwarten von mir, dass ich mich vorstelle, aber ich weiß nicht, wer die Person hinter diesen hübschen, nussbraunen Augen ist, die da dieses Detail über mich wissen möchte.“

Sie schüttelte verwirrt-amüsiert den Kopf: „Moment mal, jetzt fragen Sie mich aus?“
Cal trank einen Schluck weiße Schokolade und zuckte lächelnd mit den Schultern.
„Ziva David.“, stellte sie sich vor – und keine Sekunde später hatte sich die köstliche weiße Schokolade in einen Sprühnebel verwandelt, als Cal wie wieder ausspieh. Er war sich sicher, dass in seinen Augen purer Unglaube zu sehen war, als er aufsprang:

„Das… das ist ja…“, stammelte er und hielt ihr dann die Hand hin: „Ich bin Calvin Cat – einer ihrer größten Fans. Ich meine, wie Sie die Bombe entschärft haben… einfach nur … genial.“
„Cahaaaal“ rief er sich innerlich zur Ordnung, „komm mal wieder runter. Das ist nur Ziva David, die Frau die…  die Frau die ihr Leben für Vaterland und Amerika gibt, die Frau, die sich später in Anthony DiNozzo Junior verlieben wird, die Frau, die es schafft, massive Arschtritte zu verteilen und dabei Sexy wie die Hölle auszusehen – wobei ich nicht weiß, wo der Spruch wieder herkommt – die Hölle sieht ja nicht sexy aus. Und jetzt reiß dich zusammen, Cal.
 „Von… welcher Bombe reden Sie eigentlich?“, schaute sie ihn fragend an.
„Na, die Bombenentschärfung am Memorial Day… 2014… Sie wissen schon.“
„Ich weiß nicht wovon Sie reden, aber … wir haben definitiv erst den 27. September 2011.“
„W… was? Wir h… haben 2011?“
Hat einer mein Herz gesehen? Ich glaube, es ist mir in die Hose gerutscht!“
Er schluckte: „Heiliges Temporales Paradoxon, Batman.“
„Temporales Paradoxon?“, echote Ziva und Cal schaute sie lächelnd an: „Nichts… hat nichts zu sagen…“
Er grinste: „Sagte ich gerade Bombe und Memorial Day 2014? Ist quatsch… ich erzähl hier nur rum, damit Sie mich nicht weiter mit Fragen behelligen.“
„Mister Cat…“
Okay, sie glaubt mir nicht, dass ich n Schuss habe. Also, Zeit zum Spielen. Wie wäre es mit der ‚verliebter Schuljunge’-Nummer? Ich sag dir alles, wenn Du mich mit nach Hause nimmst?“ , schoss es dem Captain durch den Kopf.
„ Agatha wird mich umbringen. “, dachte er und grinste dann: Also, los geht’s.“
, setzte Ziva an, doch Cal, der sich nun ganz wie ein verliebter Schuljunge grinsend auf dem Tisch niederließ und zu Ziva vorneigte, schnitt ihr das Wort ab: „Nennen Sie mich Cal – das tun alle meine Freunde.“
„Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihre Freundin bin?“, fragte Ziva mit hochgezogener Augenbraue.

Nein, die Nummer war im NCIS-Hauptquartier nicht sonderlich gut gelaufen, Zwar hatte Traceless versucht, als Gibbs zu ihm und Ziva zu kommen und Cal hatte ihn durch gezielte Schüsse davon abgehalten, aber es hatte alles nicht sonderlich viel gefruchtet. Im Gegenteil, der NCIS wurde dadurch nur noch mehr in einer Angelegenheit gezogen, die seine Chefs ihn lieber Intern erledigen hatten lassen wollen.
Hier konnte er sich solche Patzer nicht erlauben – zumal er nicht mit Razul flirten wollte. Das sollte mal schön Agatha machen.
Oder so.
Der Hauptmann der Palastwache blickte ihn an und er erwiderte seinen Blick.
„Wie oft soll ich es eigentlich noch sagen? Morgana hatte von mir Besitz ergriffen. Vielleicht hat sie so den Griechen befreit, was weiß denn ich?“, fragte er erneut und Razul rollte mit den Augen.
„Das ist eine sehr schöne Geschichte, die Du mir da erzählst, Prinz. Aber – nehmen wir mal an, ich würde dir nicht glauben.“
„Was Du sowieso nicht tust, weil Du niemandem glaubst?“, schoss der Captain dazwischen und verdammte sich im selben Moment schon dafür. Die Ohrfeige, die seinen Kopf rumriss, spürte er nicht mehr, weil er sich dafür schon gewappnet hatte. Er spuckte Blut, schaute dann wieder zum wütend dreinblickenden Razul und schluckte.
„Mal im Ernst – würde ich dich wirklich anlügen?“; fragte der Captain dann, „Ich meine, du bist zwei mal so groß wie ich, hast soviele Muskeln wie ein Berufsboxer, wie ein blödgeschlagener…“
Erneut biss er sich auf die Lippen und schloss die Augen in Erwartung der Ohrfeige, die auch wie bestellt geliefert wurde.
Sterne tanzten vor seinen Augen der Captain merkte, wie er kurz davor war, in die Dunkelheit der Ohnmacht abzudriften, als er die Stimmen Jasmins, Thetis und Agathas hörte.
„Razul!“
„STOPP!“
„WARTE!“
Die drei Stimmen, die da an sein Ohr klangen, drangen durch den dichten Nebel der Ohnmacht, die ihn zu konsumieren drohte und fungierten als sein Rettungsanker.
Langsam, unendlich langsam öffnete er die Augenlider – verdammt, waren die eigentlich schon immer so schwer gewesen? – und zwang seinen Denkapparat – und war er schon immer so unerträglich lahm gewesen? Vielleicht wollte er darauf keine Antwort – wieder, richtig zu arbeiten.
Um ihn herum wurde alles viel klarer. Razul stand – über ihn gebeugt – die massige Pranke zum Schlag erhoben und schaute zu den drei in der Tür stehenden Prinzessinnen.
„Ihr wisst, dass ich hier völlige Handlungsfreiheit habe?“
„Natürlich“, nickte Jasmin und trat auf ihn zu, „Wir würden Dir auch niemals in dene Kompetenzen reden, aber – ich frage mich, ob Du dich hier nicht eher von deiner Sympathie oder Antipathie leiten lässt.“
Razul blickte zu ihr und knurrte.
Dann schüttelte er den Kopf: „Nein, ich bin vollkommen objektiv.“
Theti nickte: „Deswegen hast Du dich mit Prinz Doktor so schnell es ging ins Verließ zurückgezogen und hast begonnen, ihn auf deine Art zu verhören?“
„Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.“
„Ich bin kein Eisen.“
Schon wieder so eine Dummheit, für die sich Cal später verdammen würde. Die Pranke Razuls krachte erneut gegen sein Kinn, riss seinen Kopf mit sich – der Captain hatte das Gefühl, dass sein Kopf komplett vom Rumpf getrennt wurde. Statdessen folgte der komplette Körper der Bewegung des Kopfes und sorgte dafür, dass er auf dem Boden landete. Die Stirn nahm Kontakt zum Boden auf – Bilde ich mir das Geräusch einer hohlen Kokosnuss einfach nur ein? – und erneut drohte die Dunkelheit über ihn zu sinken. Doch er spürte die grasgrünen Augen Agathas, die sich wie Scheinwerfer auf ihn richteten.
„Bleib wach, Cal! “
Es war, als konnte er diesen Wunsch – diesen Befehl – diese Bitte – beinahe hören.
„R…zu…l“, keuchte er, spuckte Blut aus und blickte dann zu dem Riesen über sich hoch: „Ich bin auf eurer Seite. Verstehst Du das nicht?“
„Ich verstehe nur, dass Du es geschafft hast, Prinzessin Jasmin und unsere Gäste aus Theben für dich zu gewinnen, Prinz Doktor.“
Damit packte der Hauptmann den Captain am Kragen – spätestens bei einer eventuellen Übersetzung könnte der Satz hier kompliziert werden,  denn dann wüsste man nicht, welcher Captain welchen Captain am Kragen packte – und zog ihn in eine aufrecht-stehende Position.
Der Agrabahner förderte ein Messer zu Tage, hielt es Cal kurz vor die Augen, murmelte ein „Wenn Du irgendwelche Dummheiten machst, ramm ich es Dir bis ans Heft in den Hals und schau zu, wie du elendig verblutest.“ – und führte die Klinge dann gegen die Seile, um sie durchzutrennen.
Captain und Hauptmann blickten einander an, dann nickte der Kommandant der DRAGONFLY seinem Pendant aus der agrabahnischen Zeit zu und legte ihm dankbar eine Hand auf die Schulter: „Vielen Dank.“
„Pfoten weg, oder ich brech Sie dir.“
„Verstanden.“

Cal und drei Frauen.
Der Kommandant des Föderationsschiffes hätte niemals gedacht, dass er einmal mit drei Frauen aus einer Schlacht kommen würde – dann lernte er Gina, Agatha und Jill kennen. Drei wunderschöne Frauen, die er – Angedenk einer alten Fernsehserie für eine kurze Zeit „Drei Engel für Calvin“ nannte. Doch nachdem die drei Mädels ihm mehr oder weniger deutlich zu verstehen gaben, dass sie mit dieser Namensfindung ganz und gar nicht einverstanden waren, hatte er davon abgelassen – aber dennoch, zwischenzeitlich kam er nicht umhin, festzustellen, dass diese drei Frauen – und insbesondere Agatha – einfach nur …
Vielleicht sollte er in diesem Moment aufhören – oder besser: Sollte der Autor aufhören, ansonsten überquert er diese Linie, die Fanfic-Autoren nicht überqueren sollten. Als Fanfic-Autor eine Mary Sue schreiben? Geht gar nicht. In anderer Literatur ist dies schon möglich – schaut euch Twilight an . Auch Angus McGyver hat hier und da ein paar Gary Stu – ähnliche Züge , ist also eine männliche Mary Sue -  schließlich kann der Mann alles, weiß der Mann alles und hat darüber hinaus noch einen Schlag bei den Frauen. Auch Wesley Crusher aus Star Trek war in den ersten Folgen sehr Mary Sue lastig – aber das ist alles in Ordnung, die Autoren werden dafür bezahlt. Als Fan so etwas zu erfinden? Big no no.
Belassen wir es dabei, dass Cal von den Fähigkeiten Jills beeindruckt und von Gina und Agatha in schöner Regelmäßigkeit mehr als nur fasziniert ist.

Hier verließ gerade das Angel Squad B (Agatha, Jasmin und Theti) den Kerker, nachdem sie Cal herausgeholt hatten. Gut, vielleicht nicht wirklich wie es die Engel bei „Drei Engel für Charlie“ getan hätten und vielleicht ist dies auch alles nur auf Zufällen basiert und auf Nettigkeit, aber als Agatha den Captain vorsichtig aus der Dunkelheit des Kerkers ins Licht führte, konnte dieser nicht anders, als Lächeln, als er im Gegenlicht der Sonneneinstrahlung zu sehen glaubte, wie die drei Frauen, die ihn gerade herausgeholt hatten, von Halos umhüllt waren.
Konzentration, Captain., schoss es ihm durch den Kopf, Morgana will dich isolieren – und das lässt Du doch nicht mit dir machen, oder?“
Natürlich ließ er das nicht mit sich machen. Aber wie wollte er das Gegenteil beweisen?
Er stoppte – das war die Idee.
„Cal?“
Agathas samtweiche Stimme riss ihn aus seinen Gedanken: „Erm? Ja?“
„Alles in Ordnung?“
“Klar”, nickte der Kommandant, “Ich hatte nur gerade eine Idee.”
„Und welche?“, wollte nun Jasmin wissen.
Der Captain lächelte ihr zu: „Wie wäre es damit? Wir holen uns Al und Papyrus, nehmen dann den fliegenden Teppich und fangen den Mistkerl, der uns abgehauen ist?“

To be continued

CaptainCalvinCat:
Kapitel 14.5

Der Teppich flog in luftiger Höhe und Aladdin konnte feststellen, dass der Mann, der sich selbst „Prinz Doktor von Fiktivistien“ nannte, nicht ganz glauben konnte, dass er sich auf einem fliegenden Teppich befand. Immer wieder schaute er nach links und nach rechts, versuchte, das Geheimnis des Persers zu ergründen.
„Es ist Magie.“, lächelte der ehemalige Straßenjunge und klopfte dem Mann aus Fiktivistien auf die Schulter, „Glauben Sie mir, ich verstehe auch nicht ganz, wie er fliegen kann – aber er tut es.“
Prinz Doktor hob den Kopf, schaute Aladdin kurz verblüfft an, ehe er mit den Schultern zuckte.
„Momentan glaube ich alles. Ich wurde von einer Katzengöttin übernommen, man hat mich beschuldigt, Mechanikles frei gelassen zu haben, ich wurde mehr als nur einmal gehirngewaschen – und das im gründlichen Schleudergang – nenn mir einen Grund, warum ich jetzt anfangen sollte, Sinn in dieser Sache zu suchen.“
Damit warf er einen Blick zu seiner Frau, die ein Gerät anstarrte, das ungefähr 10 mal 10 Zentimeter groß war und piepsende Geräusche von sich gab.
„Ich scanne nach seinen Lebenszeichen“, sagte die hübsche Rothaarige und Aladdin konnte sich gedanklich nicht daran hindern, die Frage zu stellen: „Wie genau funktioniert das denn?“
Das fiktivistische Prinzenpaar blickte den agrabahnischen „Amtskollegen“ zuerst entsetzt und dann ratlos an, wenngleich der junge Mann nicht verstand, was an dieser Frage nun so entsetzenswert gewesen wäre.
Dann – so als ob sie sich irgendeine Begründung ausdenken müssten, legte die Rothaarige überlegend den Kopf schief und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn.
„Das wäre schwer zu erklären“, sagte sie dann, wandte sich an ihren Mann und zuckte mit den Schultern. Dieser blickte sie an – auch in seinem Gesicht zeichnete sich Ratlosigkeit ab – und ein Gefühl, das er schon seit sie sich vorgestellt hatten, spürte, meldete sich immer lauter.
Mißtrauen.
Zwar war diese Empfindung den Fiktivistianern gegenüber nicht so stark, dass er sie umgehend vom Teppich hinunterscheuchen wollte, allerdings meldete sich schon ein kleines Stimmchen in seinem Kopf, das ihm einflüsterte: „Du weißt nicht, wer sie wirklich sind. Sie könnten dir einfach nur etwas erzählen.“
Das stimmte. Genie hatte mehr als deutlich gemacht, dass ihm ein Land namens Fiktivistien nicht bekannt vorkam und Feinde, die Agrabah böses wollten, gab es auch zu genüge. Beispielsweise Mechanikles, auf dessen Fährte sie waren, Morgana, die das ganze mehr oder weniger angeleiert hatte – wenngleich Aladdin sich fragte, wieso die Katzengöttin des Chaos dem mechanischen Genie half - , Mogelrath, der – so hatte es Genie ihm erzählt – tatsächlich für eventuelle Hilfsleistungen dem Palast gegenüber den Dienst von Eden und Genie selbst einforderte. Aber die Schurkengalerie war noch länger, etwa durch den unfähigen Dieb El Fatal ergänzt. Von daher war es nicht unbedingt unlogisch, anzunehmen, dass – wenn gewisse Fakten mit der Geschichte kollidierten, die einem erzählt wurden – die Leute, die sich hier als Hochwohlgeborene ausgaben, genau das nicht waren und ihnen eventuell sogar feindlich gesonnen.

Wie allerdings schon festgehalten, war diese mißtrauische Stimme eher ein „Stimmchen“, das sich langsam, aber sicher zu Wort meldete. Zwar hatten Prinz Doktor und Prinzessin Song bisher immer im Mittelpunkt des Trubels gestanden, allerdings brauchte es Beweise, um festzustellen, ob sie diesen Trubel sogar inszeniert, forciert oder provoziert hatten. Und wenn er daran dachte, wie häufig man ihm alles Schlechte dieser Welt nachgesagt hatte…
Er wollte einfach nicht glauben, dass die Beiden – die ihm sogar relativ sympathisch vorkamen – nicht das waren, was sie vorgaben zu sein.

Von dem ganzen Tohuwabohu hatte Papyrus nur am Rande etwas mitbekommen. Zwar war Theti in den Trainingssaal gestürmt und hatte, mit rasendem Puls, Bericht erstattet, aber so wirklich vermochte sich der der Mann aus Theben keinen Reim aus der Sache zu machen. Warum sollte Razul Prinz Doktor angreifen? Und warum sollte letzterer den Griechen freilassen, den festzunehmen er selbst mitgeholfen hatte.
Die sowieso schon hochgradige Unlogik der gesamten Geschichte nahm minütlich zu.
Und diese Feststellung will etwas heißen, wenn man selbst den Namen Papyrus trägt und auf eine Vita zurückblicken kann, in der „Prinzessinnen retten“ und „Theben vor dem bösen Gott Seth und dessen Diener Aker, einem mächtigen Zauberer, sowie seinen Lakeien, schützen“  zu finden war.

Wie war es nun tatsächlich gewesen? Das konnten eigentlich nur die Personen wissen, die dabei gewesen waren – wobei sich hier das Problem auftat, dass Prinzessin Song, Razul und Prinz Doktor komplett unterschiedliche Geschichten erzählt hatten. Allerdings schien die Frau des Doktors nach einem interessanten Trick, den sie „Hypnose“ nannte und in dem er glaubte, das griechische Wort „Hypnos“ – also Schlaf – zu bemerken, gewillt zu sein, der Geschichte des Prinzen Doktors Glauben zu schenken.  Und jetzt, wo er sich den geistesabwesenden Blick des Prinzen zu diesem Zeitpunkt, sowie dessen sehr emotionslosen, ja gerade zu „flachen“  Duktus, ins Gedächtnis rief, erinnerte es ihn sehr an Thetis Gesichtsausdruck, als sie ihn damals unter dem Befehl irgendeines Seth-Lakaien hatte umbringen sollen.

Das Wort für diesen Zustand musste er sich merken. „Hypnose“ – nur für den Fall, dass jemand in seiner Gegenwart sich noch einmal merkwürdig verhielt – und wenn es eine Sache gab, auf die er sich in der Heimat verlassen konnte, dann war es die, dass, solange die beiden Länder unter dem Kommando von Pharao Mehrenre standen, eben jene beiden Länder unter konstanten Attacken seitens Seth und seiner Diener zu leiden haben müssten. Und solange diese Situation eintrat, musste sich Papyrus auf alles mögliche einstellen.

So auch hier. Was war mit dem Prinzenpaar aus Fiktivistien? Wo lag dieses Land überhaupt? Oder war es vollkommen frei ausgedacht? Quasi…
Er stockte.
Ratofer, der weise, ältliche Berater des Pharaohs hatte ihm, im Zuge seiner Erziehung zum Gemahl der Prinzessin und damit Anwärter auf den Thron des Pharaohs höchstselbst, einen kleinen Kurs in „Ausdrucksweise“ erteilt. . Es waren nur ein paar Lektionen, die er absolvieren konnte, ehe er nach Agrabah aufgebrochen war und eigentlich hatte er, wenn er ehrlich war, die Meisten dieser Wörter schon wieder vergessen. Aber jetzt, wo er über das Wort „Ausgedacht“ nachdachte…
Das Wort „Fiktiv“ hatte schon eine sehr frappante Ähnlichkeit zu „Fiktivistien“. War dies ein Zufall? Oder waren an Bord des Teppichs Hochstapler?
Dies würde die Zukunft zeigen müssen, wenn sie den Mechaniker eingeholt und wieder eingefangen hatten.
Und wenn er ehrlich war – ein Teil von ihm wollte einfach nicht glauben, dass Prinz Doktor und Prinzessin Song ihnen Böses wollten.

Offenbar schien auf Wüsten ein Satz zuzutreffen.
„Hat man eine gesehen, hat man alle gesehen“.
Eventuell gab es hier und da einige Unterschiede in Beschaffenheit der Dühnen, Farbe des Sandes oder zwischenzeitlich auftauchenden Felsen – aber eigentlich unterschied die Agrabahnische Wüste fast nicht von der Wüste, die sich hinter der Hauptstadt der beiden Länder erstreckte.
Prinzessin Theti lehnte sich zurück. Der Flug auf dem Teppich war schön ruhig, entspannend und so konnte sie ihre Gedanken wandern lassen.


„Theti, ich habe einen Auftrag für dich.“, klang die Stimme des Pharaohs wohlmeinend durch den Thronsaal. Sie ging vor ihrem Vater in die Knie, verneigte sich kurz und blickte ihn dann abwartend an.
Mehrenre, der Herrscher der Beiden Länder, jeder Zoll eben solcher, blickte aus dunklen Augen auf sie herab und gestattete sich ein leichtes Lächeln, ehe er anhob, zu sprechen:
„Unsere Erkundungspartrouille nach dem letzten Angriff von Seth hat uns in Kontakt mit einer Handelskaravane gebracht, die aus einem fernen Land kommt.“
Die Prinzessin spitzte die Ohren. Interessant, wobei sie sich schon vorstellen konnte, dass erneut das Standard-Prozedere abgespuhlt würde. Man lud das Staatsoberhaupt nach Theben ein und entweder kamen Oberhaupt samt Familie oder man entsandte, wie schon einmal geschehen, die Tochter, auf dass sich Theti selbst in der diplomatischen Kunst üben konnte. Das war prinzipiell nicht schlecht, aber wurde auf die Dauer langweilig.
„Daher habe ich mich entschlossen“, setzte Mehrenre an und betrachtete seine Tochter, „dass Du – gemeinsam mit Papyrus – in dieses Land reist und den ersten diplomatischen Kontakt herstellst.“
Theti konnte spüren, wie sie ihre Augen aufriss und ihren Vater komplett fassungslos anblickte. Allerdings nur kurz, dann konnte sie ein Lächeln nicht zurückhalten.
„Danke, Vater.“, sprach sie, erhob sich und konnte schwören, dass sie in dem Moment, in dem sie sich erhob, ein leichtes, sanftes, väterliches Lächeln auf seinen Lippen erkennen konnte. Aber als sie wieder hinsah, sah sie nur das typisch-steinerne Gesicht, das von einigen Fackeln erleuchtet wurde.
„Deine Aufgabe wird die Anbahnung diplomatischer und Handelskontakte sein. Begleite die Prinzessin – ihr Name ist Jasmin – bei ihren täglichen Aufgaben und lerne sie besser kennen.“
Erneut verneigte sie sich.


Sie lächelte.
In den Wochen der Vorbereitung hatte sie allerhand über Jasmin, Aladdin und ihre Freunde gelesen und empfand es als richtig , ihrerseits den Fischer Papyrus mitzunehmen. Schließlich hatten er und Aladdin eine ähnliche Aufgabe und ein ähnliches Leben.
Das Auftauchen der anderen beiden Royalen hatte sie ein wenig verwirrt und aus der Bahn geworfen, ebenso der Angriff Mechanikles und die damit verbundenen Schwierigkeiten – dennoch war sie sich sicher, die Geschäfte zu einem erfolgreichen Abschluss bringen zu können und eine Freundschaft zwischen Agrabah und den beiden Ländern zu etablieren. Von ihr aus gab es da keine Probleme.
Sie mussten nur den entflohenen Griechen finden und dann …
Das Sprichwort „Wenn man vom Teufel spricht“ war zwar damals noch nicht bekannt, wenn es das gewesen wäre, hätte es sicherlich Verwendung gefunden.
Denn im Sand, einige Meter vorraus, sah sie jemanden fliehen.
Sie richtete sich auf, tippte Aladdin auf die Schulter und deutete auf den Flüchtenden.
„Könnte das unser Mann sein?“, fragte sie.

Da kann man doch auch noch als Starfleetcaptain etwas lernen. Er war eigentlich sicher, dass sie mit ihrer High-tech-Ausrüstung Mechanikles relativ schnell finden würden, doch dass es ausgerechnet Theti war, die diesen Fund machte, wobei sie ohne entsprechende Hilfsmittel wie Phaser und Tricorder auskam, machte ihn schon staunen. Verwundert blickte der Captain zu seiner XO herüber, die ihn schulterzuckend ansah. Vermutlich wusste sie auch nicht, wieso Technik aus dem 24. Jahrhundert nach Christus den guten Augen einer Prinzessin aus dem er-hatte-nicht-den-geringsten-Schimmer-Jahrtausend vor Christus unterlag – aber effektiv war es auch egal. Sie würden jetzt Mechanikles einfangen, erfahren, wo der Mann die Plakette der DRAGONFLY her hatte, das Schiff finden, reparieren, die Crew befreien und… irgendwie klang das alles viel zu einfach.
Und wenn ihn die Erfahrung im Laufe der Zeit eine Sache gelernt hatte, dann war dies „Einfach gibt es nicht einfach so.“
Toller Satz. Den musste er sich doch definitiv ausdrucken und quer über den Spiegel hängen.
„Einfach gibt es nicht einfach so.“ – wobei er sich sicher war, dass es diesen Satz sicherlich schon gab, dass ihn irgendjemand schon vor ihm mal ausgesprochen hatte. Entweder einer der Philosophen aus der Blütezeit der Philosophie – Descartes, Kant, Proust – oder vielleicht doch der große Philosoph des frühen 21 Jahrhunderts, mit dem Namen „Facebook“?
Cal wusste es nicht und es war ihm momentan auch relativ egal.
Der Captain zog seinen Phaser, stellte ihn auf „starke Betäubung“ und lächelte grimmig zu Agatha: „Das sollte den Mistkerl für ein Paar Stunden Fuffzig ruhigstellen.“

Die sanfte Berührung, die Agatha auf seinem Oberarm vollführte, ließ ihn seufzen, sandte ein wohliges Gefühl durch seinen Körper. Er blickte zu ihr, als sie ihn zweifelnd ansah: „Schatz, ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist.“
„Wieso nicht? Der Typ hat Agrabah angegriffen und ist jetzt auf der Flucht. Also bringen wir ihn wieder zurück. Damit dürfte er allerdings relativ wenig einverstanden sein – also müssen wir ihn erst einmal schlafen schicken. Das ist doch logisch.“
Sprachs und zielte.
Und drückte nicht ab.
„Teppich, wenn du uns noch ein paar Meter ranbringen könntest, kann ich garantieren, dass er tatsächlich getroffen wird.“
Und als ob der fliegende Perser ihn gehört hatte – was er wohl auch getan haben wird – schoss das Weberzeugniss auf den Griechen zu.
Noch 10 Meter – 9 – 8 – 7
Cal atmete tief durch. Noch weitere 6 Meter und er könnte einen guten Treffer absetzen.
5 – 4- 3
„Prinz Doktor?“
2-1 –
“Gute Nacht, Mechanikles.”
0.
Der Teppich war an den Griechen herangekommen und von Cals Phaser spannte sich ein kurzer, grelloranger Lichtstrahl, der den Flüchtling traf und…
Auf den Teppich reflektiert wurde.

Als unter sich der Teppich begann, sich zu verkrampfen, wusste Aladdin dass die Sache kein gutes Ende nehmen würde. Er riss seinen Kopf zu Jasmin herum, wollte nach ihr greifen, doch plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen und stürzte der Wüste entgegen.
Das Letzte, was er wahrnahm, war, wie er auf den harten Sand aufschlug und in einem Gewirr von Armen und Beinen – alles seine eigenen – die Düne hinunterrollte. Dann war da Dunkelheit.

„ALADDIN!“
Jasmins Stimme überschlug sich, als sie sah, wie ihr Mann, Freund und Geliebter vom Teppich fiel und dann unaufhaltsam gen Boden strebte. Vor ihrem inneren Auge sah sie, wie der Teppich sich umwandte, auf den Fallenden zuschoss und ihn wieder auffing. Sie würde ihre Arme um ihn schließen, er würde ihr in die Augen schauen, lächeln und sie küssen und…
Aber der Teppich wandte sich nicht um. Stattdessen strebte er einem bestimmten Fixpunkt entgegen, der Jasmin momentan gar nicht interessierte. Wenn die Webware sich nicht bewegte, würde sie es tun müssen. Zweifelnd blickte sie über den Rand des Teppichs, legte den Kopf schief. Würde sie es schaffen können, herunterzuspringen, ohne sich sämtliche Knochen zu brechen?

„Der Teppich ist ge… ARGH!“
Neben ihr erschlaffte Cal, vermutlich ebenfalls von der lähmenden Energie getroffen.
Agatha Silverbird tastete nach dem Puls des Captain, seufzte, murmelte ein „Hab ichs nicht gesagt?“ und fuhr dann erschrocken herum, als sie hinter sich Jasmins schrilles „ALADDIN!“ hörte.
„Jasmin?!“, keuchte die XO, „WO… wo willst du hin?“
„Ich muss Aladdin retten.“, keuchte die hübsche Orientalin, war im nu aus der Sitzenden in eine Stehende Position gekommen und schien selbst zweifelnd, ob das so eine gute Idee sein dürfte.
Doch Agatha konnte darauf keine Rücksicht nehmen. Wenn die Prinzessin jetzt auch noch sprang – was passierte dann? Wenn sie tatsächlich in einer Art „Disneyversum“ waren – dann nicht viel. Sie würde unten aufschlagen, im schlimmsten Fall das Bewusstsein verlieren und dann – nach der Werbepause – zu sich kommen. Es sei denn, dies wäre eine Story, die ihren Hintergrund beleuchtete, dann konnte es sein, dass sie ein paar Minuten vor sich hin fantasieren würde und der Zuschauer merkte, wieso Jasmin so war, wie sie war.
Aber – dem stand immer ein Happy End am Schluss gegenüber. Das heißt – egal welche Qualen man auf sich nahm, am Schluss würde sie in den Armen ihres Aladdin liegen, sich an ihn schmiegen und die Kamera würde abblenden.
Allerdings nur, wenn dies wirklich ein „Disneyversum“ war.
Sollte dies die harte Realität sein, mit Konsequenzen, dann hätte Aladdin mit seiner Landung auf der Düne Glück gehabt, Jasmin würde sich bei einem Sturz von hier allerdings die Beine oder mehr brechen.
Also packte sie die Prinzessin, riss sie zu sich herum und legte ihr beide Arme auf die Schulter: „PRINZESSIN JASMIN!“
Eine Ohrfeige, die den Kopf der hübschen Brünetten herumriss, später wandelte Agatha ihren strengen Kommandantentonfall in eine besorgte Stimmfärbung: „Jasmin – ich… ich kann verstehen was Dir durch den Kopf geht. Aber… wenn Aladdin noch lebt, dann wird er uns nur finden, wenn wir…“
„Wenn wir zusammenbleiben.“, nickte Jasmin – wobei ihre Stimme Nachdenklichkeit, Traurigkeit und Hoffnung ausdrückte -  und hielt sich die Wange, „Ich weiß schon.“
Ein Lächeln kroch über Agathas Lippen. Vielleicht könnten sie dann jetzt…
Agatha kam zu sich, als sie neben Cal lag und der Teppich immer noch stur gerade aus flog. Über sich stand, nun mit einem Ausdruck der Wut im Gesicht, Jasmin und hielt sich die Faust.
„Ich mag dich, Prinzessin Song. Aber wenn Du mich noch einmal schlägst, werde ich ungemütlich.“
„Junge, hast du Feuer.“, murmelte die XO und bewegte probehalber ihr Kinn.
Dann verlor der Teppich rasant an Höhe, stürzte auf die Erde zu und schlug auf. Agatha merkte, wie ihr Körper einmal kurz den Halt zum Teppich verlor, klammerte sich dann an den bewusstlosen Cal – so war er in diesem Zustand wenigstens zu etwas gut – und spielte kurz mit dem Gedanken, die Augen zu schließen.
Nein – sie wollte sehen was da auf sie zu kam.
„Sand“ – dachte sie, dann wurde alles dunkel.

To be continued
 
Kapitel 14.6

Natürlich war sie mit unterschiedlichen Spielarten der Sexualität vertraut und natürlich hatte Agatha Silverbird während ihrer Jugendzeit die eine oder andere Sache probiert, die sie nicht jedem auf die Nase binden musste. Das Gefühl, nackter Haut auf der Eigenen – das war etwas, das sie kannte, auch das Gefühl, nicht nur einen Partner im Bett zu haben, war etwas, von dem sie zumindest einmal gehört hatte. Doch zwei Frauen und einen Mann im Bett – und auch noch mehr oder weniger auf sich – liegen zu haben, war nun wirklich etwas zu viel des Guten. Ihre Nasenflügel nahmen die Arbeit auf – sie identifizierte den klar-erkennbaren Körpergeruch ihres Captain, vermutlich hatte er während seines Duschens von irgendwoher ein Duschgel gezaubert. Aber da lagen noch andere Düfte im Raum und als Agatha die Augen öffnete, sah sie als erstes einen großen Schleier über sich, der alles Licht schluckte.
Was war geschehen? Ihre letzte Erinnerung hatte den Absturz des fliegenden Teppichs betroffen und …
Sie versuchte, sich zu bewegen, aber das Gewicht Cals – und wer noch auf ihr lag – war zu hoch, um dagegen anzukommen. Dann hörte sie ein leises Stöhnen – eine Frau – und ein Seufzen neben ihrem Ohr.
„Aladdin.“, atmete die Frau neben ihr, „Aladdin, was ist passiert?“
Sie musste nicht mehr großartig überlegen, wer der Grund für den schwarzen Schleier war. Wenn sie sich das alles richtig zurechtdachte, waren alle, die noch auf dem Teppich gewesen waren, an Ort und Stelle in Ohnmacht gefallen und in der Position liegengeblieben, in die der Unfall sie verstrickt hatte. Daher vermutete sie, dass der Kopf, der auf ihrem Bauch ruhte, dem Captain gehörte, der Kopf, auf ihrer Schulter der von Jasmin war, es sich bei dem Besitzer des Körpers, der ihre Beine beschwerte um Papyrus handelte und die feingliedrigen Hände, die einerseits an ihrem linken Fuß, andererseits auf ihrem Bauch lagen, mussten – demzufolge – die von Theti sein.
Ihr linker Arm war frei, das heißt, sie konnte mit ihrer Hand die langen, schwarzen Haare Jasmins von ihren Augen bringen und sich wenigstens ein bischen umsehen.

Dunkelheit – abgelöst von flackerndem Feuer. Sie war in einer Höhle, soviel konnte sie sagen.
Agathas grüne Augen schauten sich um. Sie war immer noch nicht in der Lage, sich zu erheben, weil sie nicht wusste, wo sie waren und weil sie es nicht riskieren konnte vier Leute wie die aufgescheuchten Hühner herumlaufen zu lassen und sich potentiellen Gefahren auszusetzen. Selbst Cal konnte sie in diesem Zusammenhang nicht vollkommen vertrauen. Wer wusste schon, was auf sie zukam und beim letzten Mal, als der Captain die Entscheidung hatte treffen sollen, die DRAGONFLY oder die Flotte der Menschen zu retten, hatte er die Cheatcodes aktiviert und die Flotte versucht, in die Gegenwart mit zu nehmen. Was daraus geworden war, wussten sie nicht, da sie aus dem Zeitsprung gerissen worden und von Goa’Uld abgeschossen worden waren. Dies brachte sie zu einer Frage.
Waren die Goa’uld überhaupt noch da? Wenn, dann fragte sie sich, ob dies der Grund war, warum man die Plakette der DRAGONFLY gefunden hatte. Wenn nicht, fragte sie sich, wer das Schiff geborgen hatte.
„Mhhhm“, stöhnte es neben ihr. Die sanfte Stimme Jasmins klang schläfrig, als sie – mit geschlossenen Augen – ein „Was ist passiert, Aladdin?“ murmelte.
„Still.“
Der Befehl der XO war gezischt, aber sie war sich sicher, dass Jasmin sie gehört hatte.
Zumindest schwieg es von ihrer Schulter her.

Aladdin öffnete die Augen.
Warum tat sein Körper so weh?
Lag es tatsächlich an der Landung im Sand?
„Du bist ein Idiot“, murmelte er und richtete sich langsam – sehr, sehr langsam, auf, da jeder Muskel seines Körpers, jeder Knochen, vor Schmerz protestierte.
Er erinnerte sich an den Sturz, daran gesehen zu haben, wie Jasmin – seine Jasmin – ihre wunderschönen Augen entsetzt aufriss und nach ihm schrie – so laut, dass er es trotz der Entfernung hören konnte. Dann war er aufgeschlagen, konnte sich an nichts mehr seit dem erinnern.
Als er die Augen tatsächlich wieder aufgestemmt hatte, stellte er fest, dass er Dunkelheit sah. Kurz blinzelte er – seine Augen stellten sich scharf – und er sah den Agrabahnischen Nachthimmel. Ob es jetzt wirklich der Nachthimmel über dem Sultanat Agrabah war oder eher ein paar Distanzeinheiten nördlicher – das wusste er nicht. Er erkannte nur gewisse Sternenkonstellationen, von denen der Genie ihm erzählt hatte, am Nachthimmel wieder.
Und er fror. Verdammt, warum war es ihm in all den Jahren, in denen er in der Wüste gewesen war, nie so wirklich offensichtlich gewesen, dass in der Wüste die Temperatur nachts auf empfindliche Minusgrade herunterkühlen konnte?  Vielleicht lag es auch daran, dass er bis jetzt immer mit seinen Freunden unterwegs gewesen war und diese ihn wenigstens im Herzen warm gehalten hatten? Nun aber – da er sich sicher war, dass Jasmin sich irgendwo befand, nur nicht bei ihm – fühlte er nicht nur den Jammer und das Elend der Welt, sondern auch die Eiseskälte, die ihm in den entblößten Körper biss. Welcher Idiot kam auf die Idee, sich nur eine Weste anzuziehen, wenn er hinaus in die Wüste ging?
Andererseits – was wäre die Alternative gewesen? Zum Zeitpunkt seines Sturzes waren es Temperaturen gewesen, die jedes Gramm an Wäsche mehr quasi schon verboten hätten.

Aladdin richtete sich auf.
Sein Körper tat weh, aber inzwischen wunderte ihn das nicht mehr. Es war auch egal – er musste Jasmin finden. Den griechischen Erfinder konnte man später immer noch suchen und fangen, aber er wollte ohne seine Prinzessin gar nicht mehr nach Agrabah zurückkehren. Da würde er lieber auf ewig durch die Wüste laufen – dazu verdammt, als ruheloser Geist die Wüste zu durchqueren, auf der Suche nach seiner Geliebten.
Es war sowieso eine idiotische Idee gewesen, Jasmin mitzunehmen – aber andererseits, das sagte er sich immer, wenn ihr auf ihren Abenteuern etwas passierte. Das Problem war – es war eigentlich egal, ob sie mitkam oder nicht. In Agrabah konnte ihr genau so etwas zustoßen. Was wäre die Alternative? Sie irgendwo einzusperren?
Nein, das würde er nicht fertig bringen. Nicht seine Jasmin.
Kurz versuchte er sich daran zu entsinnen, in welche Richtung der Teppich davongestrebt war, seufzte und schloss die Augen. Vor seinem inneren Auge nahm die Situation erneut gestalt an. Er fiel, der Teppich flog stur geradeaus – zwischen zwei sich erhebenden Sanddünen hindurch. Die Augen des Abenteurers flogen auf.
Es musste doch möglich sein, die beiden Dünen zu finden, oder?
Schnell blickte er sich um, ließ seinen Blick über das Terrain gleiten und fand die gesuchten Änderungen in der Tropographie der Wüste.
„Zumindest habe ich jetzt eine ungefähre Richtung.“, murmelte er und marschierte los.
Das er nicht wissen konnte, ob der Teppich danach weiter gerade aus geflogen war oder eine Kurve geflogen hatte, ob die Dünen nicht in eine Richtung gewandert waren oder ob er einfach nur in eine elaborierte Falle lief, störte ihn nicht. Er wollte darüber nicht nachdenken. Aladdin von Agrabah hatte jetzt nur noch ein Ziel – seine Prinzessin zu finden.
Und er würde jeden, der sich ihm in den Weg stellte, bitter dafür bezahlen lassen.

Das Kitzeln , das Agatha Silverbird in der Nähe ihres Bauchnabels fühlte, erinnerte sie an Fliegenbeine, deren Inhaber sich auf ihren Bauchmuskeln sportlich austopten. Doch sie musste den Kopf nur kurz heben, um festzustellen, dass es sich dabei um die Wimpern des Captains handelte. Er blinzelte mit den Augen, hob den Kopf und wollte sich komplett aufrichten, als sie den Kopf schüttelte und ein „Nein!“ zischte.

Es würde den Kommandanten der DRAGONFLY nicht verwundern, wenn sie in seinen Augen Verwirrung sehen konnte. Er war verwirrt. Nicht mal so sehr darüber, dass er mit dem Kopf auf ihrem Bauch geruht hatte, sondern mehr über den Fakt, wo sie waren. Cal wandte den Kopf nach links und rechts, nahm die Höhle war, in der sie sich befanden, die leblosen Körper Papyrus und Thetis neben sich und die langen Beine Jasmins, die auf seinem Hintern ruhten.
Irgendjemand spielte hier eine merkwürdige Partie Mikado. Aber wie auch bei diesem Spiel wäre es vermutlich so, dass derjenige, der sich allzu lange und auffällig bewegte, verlor.
Der Captain schluckte und ließ sich vorsichtig wieder auf den nackten Bauch der XO nieder, wobei er den Kopf so drehte, dass er in ihr Gesicht schauen konnte.
Sie schaute ihn an, er zuckte kurz mit den Schultern – nein, er hatte nicht den geringsten Hauch einer Ahnung, wo diese merkwürdige Höhle war.
Vorsichtig zog er eine Hand an – versuchte, niemanden damit anzustoßen und hatte immer noch die Mikadoassoziation. Einer durfte sich bewegen, aber wehe, man bewegte jemand Anderen.
Seine rechte Hand legte er auf den Bauch seiner XO und schloss kurz die Augen. Wie war das denn nochmal?
Kurz und hart tippte er dann auf die Stelle, an der seine Hand lag, ließ dann zwei – vergleisweise sanfte – Tipper folgen, machte eine kurze Pause und tippte dann drei mal sanfter auf den Bauchmuskel.

Agatha konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Vermutlich musste man Cal ein paar mal auf den Kopf hauen, damit er ein paar sinnvolle Ideen hatte. Sie wusste, was die Berührungen auf ihrem Bauch zu bedeuten hatten, also streckte sie sanft und vorsichtig ihre Hand nach seiner aus und sie schaffte es, ihre Hand auf seine zu legen.
Die Frage, die der Captain ihr gestellt hatte, per Morsezeichen, war eigentlich einfach gewesen. Kurz lang lang – Pause – Lang, lang, lang – das war W O.
Sie ließ einen kurzen Rhythmus auf den Handrücken des Captain prasseln.
Lang kurz lang – Pause – kurz lang.
K A.
Keine Ahnung. Sie wusste es tatsächlich nicht. Und sie fragte sich, wie sie im Zweifelsfall mit einem Captain, der irgendwie fast schon unter fremden Körpern begraben war, gegen – wen auch Immer – zu Felde ziehen sollte.
Kurz überlegte sie, ob es sinnvoll wäre, Papyrus zu wecken und sicherlich wäre dies eine alternative Möglichkeit, aber sie hatte keine Ahnung, wer hier der Gegner war.
Handelte es sich dabei tatsächlich um Mechanikles? Und wenn ja, wie hatte er den Phaserstrahl reflektieren können?
„Prinzessin Song?“, wisperte es neben ihr und Agatha wandte sich um.
Jasmins Gesicht war keine 10 Millimeter von ihr entfernt und vermutlich – so konnte sie es sich nach ihrem Ausflug ins Washington des 21. Jahrhunderts denken – würden sicherlich einige der sogenannten Fanfiction-Autoren, die Idee „Jasmin und Agatha liegen nebeneinander im Bett und haben keine Ahnung, wie sie in diese Situation gekommen sind“ in eine vollkommen andere Richtung spinnen.
„Morgen Prinzessin.“
Die Stimme der XO verriet nichts ihrer eigenen Gedanken, sondern bloße Professionalität.
Und Agatha würde es bevorzugen, es dabei zu belassen.

Dann erklang eine bekannte Stimme von irgendwo aus der Höhle.
„Ah, ihr seid wach. Das ist doch gut.“
Dieser Aussage folgte ein Lachen, dass der ein oder andere anglophile Mensch als „maniacal“ bezeichnen würde – also als durch und durch wahnsinnig.
Cal hob den Blick, wenngleich ihm die Aussicht, die sich in Richtung Agatha bot, weit mehr interessierte.
Als er nach geradeaus – also in Richtung „Quelle des Lachens“ -  blickte, schälte sich aus dem Dunkel eine Gestalt.
Und irgendwie überraschte den Captain nicht, den Mann zu sehen, der da auf sie zukam.
„Tach, Mechanikles.“, sprachs, richtete sich dann zu einer stehenden Position auf und bedachte den Mann mit einem mitleidigen Blick.
„Okay, meine… Magie hast Du zurückwerfen können, Mechanikles, aber gegen einen einfachen Faustkampf hast Du doch keine Schnitte.“
Mechanikles grinste. „Dann zeig mal, was du drauf hast.“
„Du hast es so gewollt.“
Cal krempelte die Ärmel hoch, machte sich zum Sprung bereit, hörte nur ein „CAL, NICHT!“ und ein „PRINZ DOKTOR, NICHT!“ – und kam auf dem Rücken liegend zu sich.
Die Gesichter Agathas und Jasmins schwebten über ihm.
„Ich sehe Weihnachtsengel.“, murmelte der Kommandant gegen seinen Willen und zuckte zusammen, als die XO ihm eine schallende Ohrfeige verpasste.
Er richtete sich auf und schüttelte den Kopf: „War das…“
„Elektrizität. Du bist gegen ein Kraftfeld gesprungen.“, nickte die XO und wandte sich dann an Jasmin: „Ich glaube, wir müssen euch etwas sagen. Wir sind in Wirklichkeit…“
„… immer noch Gefangene.“, sagte die Prinzessin von Agrabah und schaute die XO an: „Es gibt für alles einen Ort und eine Zeit. Jetzt – hier – ist es ein bischen unpraktisch. Aber wenn Du es mir verraten willst, wenn wir hier rauskommen, kannst Du es gerne tun.“
„Huhuhuhu, köstlich.“
Die Stimme Mechanikles machte Anzeichen, sich überschlagen zu wollen: „Als ob ihr jemals wieder zusammen reden könntet. Es sei denn, meine Käufer kaufen das komplette Set.“
‚Käufer?’
Cals Kopf ruckte so heftig herum, dass seine Nackenmuskeln sich beschwerten.
Sorry Kumpels. Ihr wisst doch, Beschwerden nur in dreifacher Ausfertigung und zu Händen der Geschäftsleitung.
„Haben Sie gerade ‚Käufer’ gesagt?“, fragte der Kommandant fassungslos und Mechanikles nickte: „Ich muss mich auch mit ein paar größeren Aufträgen über Wasser halten. Und ich habe das Gefühl, dass zwei Hohheiten aus Fiktivistien, eine Hohheit aus Agrabah, eine aus Theben und ein kleiner Fischer ein wunderbares Komplettpaket abgeben.“
Cal schluckte.
„Sie wollen uns…“
Mechanikles nickte.
Das konnte ja noch heiter werden.

To be continued with Chapter 15.1

CaptainCalvinCat:
Kapitel 15 - Pläne

Kapitel  15.1

Es war sehr interessant, zu erfühlen, wie die eigenen Instinkte erwachten. Kommandoroutinen, irgendwann vor Jahren geprobt und dann vergessen, krochen aus den Winkeln von Cals Bewusstsein und versammelten sich irgendwo in der gedachten Mitte seines Hirnes.
„Komm, Cal, Du hast Gelegenheit einmal zu beweisen, dass Du ein fähiger Kommandant bist. Handel entsprechend.“, schoss es ihm durch den Kopf und er war sich nicht sicher, ob ihm dies sein Unterbewusstsein oder seine XO eingeflüstert hatte.
Vielleicht hatte er sich in den letzten Jahren auch viel zu sehr darauf verlassen, im Zweifelsfall von seinen Crewmitgliedern herausgehauen zu werden? Jetzt waren sie in einer Situation, in der zwar Agatha – aber ansonsten keiner seiner Crew – dazu in der Lage war. Und seine Freundin, Geliebte und XO wollte er um alles in der Welt schützen. Wo kam er denn dahin, wenn er sie in die nächstbeste Falle laufen lassen würde?
Der Captain atmete tief durch, legte kurz den Kopf schief und wiederholte für sich diesen Satz. Der Captain . Verdammt, er war nicht irgendein Redshirt, das in eine Falle laufen konnte, er war der Kommandant der DRAGONFLY und musste sie hier herausbringen. Schließlich war ihr Gegner zwar Mechanikles und damit eigentlich Aladdins und Jasmins Baustelle, aber das griechische Genie verwendete offenbar Sternenflottentechnologie.
Und damit war er für heute das Resort von Cal und Agatha.

Der Captain setzte sich auf, warf einen Blick auf seine Kampftruppe, die er nicht einsetzen wollte und stellte fest, dass Papyrus und Theti immer noch bewusstlos waren.
Besorgt tastete er nach dem Puls der Ägypterin, stellte fest, dass er stark war und sie eigentlich schon längst bei Bewusstsein hätte sein müssen. Kurz warf er einen Blick zu seiner XO, die die Bitte in seinen Augen „Kümmer dich um Theti“ offenbar schon verstanden hatte. Sie nickte ihm zu,schlängelte sich an ihm vorbei – dem Captain wurde in diesem Moment klar, dass ihr Gefängnis nicht unbedingt groß war – und nahm neben der bewusstlosen Ägypterin platz. Erneut warf sie dem Captain einen Blick zu und nickte.
Dieser rückte näher an das Kraftfeld, das er – einer imaginären Linie folgend, die das Areal, in dem sie sich befanden auf zwei mal einen Meter beschränkte – beinahe sehen konnte.
Natürlich nicht wirklich, aber er stellte es sich vor.

„So“, setzte Cal an und begann, Mechanikles in einen Dialog zu verwickeln. Agathas Finger tasteten derweil nach dem Puls Thetis, die in diesem Moment die Augen aufschlug und die XO der DRAGONFLY mit einem warnenden Blick anschaute. Hatte die Prinzessin etwa einen Plan? Dazu müsste sie sich eigentlich mit dem Ohr an ihren Mund begeben, das könnte allerdings in diesem Moment sehr auffällig werden. Also stieß sie einen Seufzer aus, ließ ihren Körper erschlaffen und kam so zum liegen, wie sie es geplant hatte. Sie spürte die sanften Finger Jasmins auf ihrer Halsschlagader, öffnete dann kurz die Augen und nickte ihr zu. Die braunen Augen Jasmins zeigten Verständnis für den Plan – etwas anderes hätte Agatha auch gewundert – und sie stieß einen entsetzten Keuchlaut aus, ehe sie sich an Cal wandte: „Prinz… Prinz Doktor?“
Der Angesprochene drehte sich um, warf sich neben sie und tastete nach ihrem Puls.
„SCHATZ!“, schrie er, „SCHATZ? BIST DU IN ORDNUNG?“
„Nicht so laut, du Hirni“, zischte Agatha leise und schaute ihn dann ganz kurz an, „Uns geht es gut, du musst ihn nur ein wenig hinhalten, während wir uns einen Plan ausdenken.“

Plan?
Hier wurde ein Plan geschmiedet? Na dann war es ja gut.
Der Captain konnte sich ein erleichtertes Seufzen nicht verkneifen und zuckte zusammen, als sowohl Agatha (unauffällig) als auch Jasmin (auffälliger) ihm in die Seite stießen. Das „erleichterte Seufzen“ wurde mit einem „Ohhh, mein Gott“ überspielt und er fragte sich, was er noch tun konnte. Aber er sollte ja sowieso ablenken. Also wandte er sich wieder Mechanikles zu, der gerade dabei war, irgendwas – was wusste Cal auch nicht – zu reparieren.
„Soooo“, lächelte der Captain und schaute den Griechen an, der sich ihm mit einem genervten Seufzen zuwandte: „Sooo – was?“
„Sie haben vor, uns zu verkaufen?“
Mechanikles nickte: „Blitzmerker, hm? Das habe ich Dir gerade schon verraten.“
Nun war es am Captain zu nicken. Das stimmte alles, der Grieche hatte ihnen seinen genialen Megamastersuperplan schon verraten und der Captain fühlte sich damit alles andere als zufrieden.
„Und… einen Kunden haben Sie auch schon?“
„Wieso fragst Du das?“
„Och“, zuckte der Captain mit den Schultern, „Ich hab mich nur gefragt, ob ich demnächst unter der Knechtschaft des brutalen Herrschers Arge-Hartz des Vierten meinen Lebensunterhalt verdiene.“
Mechanikles blinzelte ihn verständnislos an: „Wer soll das sein?“
Eine abwehrende Handbewegung vollführend, legte der Captain den Kopf schief: „Mal was Andreas.“
„Das heißt: mal was anderes.“, verbesserte Mechanikles ihn und seufzte: „Warum erlernt Ihr eigentlich nie die korrekte Aussprache? Was seid Ihr? Revoluzzer? Wollt ihr gegen alles, was gut und sauber und anständig ist, angehen?“
Der Winkel, in dem Cal den Kopf geneigt hatte, veränderte sich: „Erm – nein, eigentlich ni…“
Weiter sollte er nicht kommen, denn erneut stieß ihn Jasmin in die Seite.
Au – wenn sie bei Aladdin auch so rabiat war, durfte sich dieser aber regelmäßig auf eine Sonderbehandlung beim Arzt freuen.
Dennoch warf er ihr einen Blick zu und hob fragend eine Augenbraue. Den Hinweis, dass ihm keine Dukaten aus dem Allerwertesten fielen, egal wie sehr sie ihm in die Seite stieß, unterschlug er dabei.

Vielleicht hätte man Prinz Doktor auf einige Sachen hinweisen sollen – etwa wie Mechanikles tickte. Jasmin wusste, dass sie es dem Mann nicht vorwerfen konnte – schließlich kannte er diesen Griechen nicht so gut, wie sie es tat, hatte im schlimmsten Fall gerade erst heute von ihm gehört. Also stieß sie ihn an und zuckte beinahe zurück, als sie sah, wie er zu ihr herumfuhr und in seinen Augen eine Art der Wut eruptierte, die sie so von ihm nicht kannte. Doch der Ausbruch währte nur kurz – eventuell die Zeit, die man später eine „Milisekunde“ nennen würde.
Dann legte der Prinz seinen Kopf fragend schief, sie beugte sich vor, soweit sie konnte und flüsterte ihm ein „Er hat einen Sauberkeitsfimmel“ ins Ohr, „Nutz das.“
Damit beugte sie sich wieder zu Agatha River Song Silverbird, um die pflegende Prinzessin zu spielen, während Theti der hübschen Rothaarigen ihren Plan verriet.


Es war Nacht. Die Sterne, die da am Himmel wetteifernd blinkten, brachten dem Mann, der sich durch die Wüste schlug, weder großartige Erleuchtung noch sonst eine Hilfe. Die Kälte biss in seine Muskelpartien, Aladdins Zähne schlugen, vor Kälte bibbernd, aufeinander. Er hatte sich mit seinen Armen umschlungen – so gut es ging – und versuchte, die Wärme in sich zu speichern. Doch mit jedem Schritt den er tat, wusste er, dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit sein würde, bis die Kälte ihn fertig machte. Momentan tat sie schon ganz gute Dienste.

Jeder Milimeter seines Körpers, jede Faser seines Seins, riet ihm, aufzugeben, sich in die nächste Düne zu legen, sich so klein wie möglich zu machen und somit die Wärme zu halten, bis die Sonne aufgegangen war. Und doch sah er, wann immer er blinzelte, in diesen Millisekunden, sie seine Augen geschlossen waren, Jasmin vor sich, die ihn entsetzt ansah.
Nein – er würde nicht aufgeben, würde diese braunen Rehaugen nicht verraten. Es war, als wären Körper und Geist zwei unterschiedliche Entitäten – die Eine riet ihm zum Aufgeben, die Andere spornte ihn noch weiter an. Und auf Letztere würde er hören.  Er gab nicht auf. Nicht er, nicht Aladdin. Es war ihm egal, wie lange er durch die Wüste laufen würde, wie lange er ziellos war – er würde erst in der Kälte der Wüste liegen, wenn er tot oder bewusstlos war. Vorher würde er nicht aufgeben, vorher würde er nicht ruhen, nicht rasten, nicht…

Den harten Schlag auf den Hinterkopf spürte er gar nicht mehr – aber wenn er mit sich selbst ehrlich war, spürte er sowieso nichts…

Cal schüttelte den Kopf.
Er betrachtete das Kraftfeld – respektive, die imaginäre Linie – und rief sich das ins Gedächtnis, was Jasmin ihm gerade per Zeichensprache verständlich machen wollte.
Wenn Mechanikles tatsächlich so einen Reinlichkeitsfimmel hatte, dann musste man diesen natürlich ausnutzen.
„Mechanikles!“, rief er und blickte den Griechen herausfordernd an, der sich umdrehte und eher interesselos dreinsah.
Gut, jetzt hatte er die Aufmerksamkeit, aber was sollte er sagen?
„Weißt du eigentlich, dass …“
„Was?“
Der Captain überlegte. Ja – was eigentlich? Was konnte er dem Griechen sagen? Lass uns raus oder Du trägst die Konsequenzen? Wie? Durch seine Crew, die er nicht finden konnte oder durch die fantastische fiktive fiktivistische Armee?
Er musste irgendwas sagen, konnte dieses ominöse „irgendwas“ aber nicht in Worte fassen.
Und wenn er jetzt schon versuchte, die Schmutz-Karte zu spielen? Eher nicht. Einen Trumpf zu früh auszuspielen, das wusste er, war nicht unbedingt ein cleverer Zug.
„Was willst Du mir sagen?“, fragte in diesem Moment der Grieche.
Cal schluckte sich – jetzt galt es. Verdammt, er war doch der Einzige, der momentan einen gewissen Handlungsspielraum hatte. Die Anderen berieten sich oder gaben vor, ohnmächtig zu sein – also musste er die Sache schaukeln.
Ein kurzes Räuspern, dann schloss der Captain kurz die Augen, gestattete sich, einen minimalen Moment der Meditation, ehe er die Augen öffnete und seinen Blick fest in den Mechanikles’ bohrte.
Er musste irgendetwas sagen, also entschließ er sich für den klassischen Bluff.
„Mechanikles, lass uns raus – oder Du trägst die Konsequenzen.“
Wie der Captain das bewerkstelligen wollte, sagte er natürlich nicht – zumal er dafür nicht wirklich viel Spielraum hatte, um genau zu sein: eigentlich gar keinen.
Aber hier ging es ja auch nur darum, den Griechen so lange zu beschäftigen, bis die Grazien und Papyrus auf eine entsprechende Idee gekommen waren, wie man ihn tatsächlich schlagen konnte.
Mechanikles schien davon wenig zu wissen, lachte und schaute den Captain dann an: „Tatsächlich? Na, das will ich doch mal sehen.“
„Dein Schlachtfeld, meine Herausforderung, meine Konditionen.“
Verdammt, wieso hatte Cal das wieder gesagt?
Die Augen des Griechen leuchteten erfreut auf: „Oh, aber ich bestimme, gegen wen Du antrittst.“
War es zu spät, sich von der Idee zu distanzieren? Anscheinend, denn plötzlich hörte Cal sich selbst sprechen: „In Ordnung.“
Und eigentlich stimmte das sogar. Es war ihm egal, wie die Konditionen aussahen, solange Agatha und die Prinzessinnen, sowie Papyrus, Zeit genug hatten, sich einen Schlachtplan auszudenken.
Das Kraftfeld fiel in sich zusammen.
Nun wäre eigentlich ein guter Zeitpunkt, um es den Ostfriesen gleichzutun und Neuland zu gewinnen, aber das Problem war natürlich, dass momentan, nur zwei Personen „bei Bewusstsein“ waren – er und Jasmin. Und der Grieche würde doch nicht Jasmin gegen ihn antreten lassen, oder?
Die hübsche Prinzessin neben ihm schien denselben Gedankengang zu haben, denn sie legte ihm eine Hand auf den Oberarm. Überrascht blickte er zu ihr, sah in ihre braunen Augen und darin, dass sie bereit war, im Zweifelsfall genau dieses Opfer zu bringen.
Der Vorteil bei einem Kampf gegen eine potentiell freundliche Partei bestand darin, dass man vorher die ganzen Manöver mehr oder weniger absprechen könnte oder aber sich im Zweifelsfall darauf verlassen, dass die Schläge, die ausgeführt wurden, einem Wrestling-Match gleich, in letzter Konsequenz doch nur „gespielt“ waren. So würde das ganze einem Tanz gleichen, den Cal und Prinzessin miteinander ausführen würden.
Und er war bereit, genau diesen Tanz mit ihr zu tanzen.
Er hatte gesehen, wie sie – zwar unter dem Einfluss eines Zaubers, aber nichts desto trotz kompetent – die Fähigkeiten und die Kraft hatte, sich ihrer Haut zu erwehren.
Gegen Jasmin zu kämpfen, das war etwas, das ihm im Traum nicht einfiel. So zu tun, als ob er mit ihr kämpfen würde – das war wiederum etwas, das er sich in dieser Situation sehr gut vorstellen konnte, zumal er spürte, dass er ihr vertraute.
Zwar würde er diesen Showkampf lieber mit seiner XO machen, die genau wusste, wie er sich im Zweifelsfall verhielt und welche Manöver beide einsetzen konnten – aber er war sich sicher, dass er und Jasmin zwar ein paar Glückstreffer, oder in diesem Fall besser: „Pechtreffer“, landen würden – aber er war sich sicher, dass sie größtenteils unbeschadet aus dieser Sache herauskommen würden.
„Worauf warten Sie noch, Mechanikles?“, fragte der Captain und richtete sich auf, „Ich kenne doch solche Typen wie Sie. Auf die Idee, jemanden aus Ihren eigenen Reihen einzusetzen, kämen Sie nie. Lieber würden Sie es sehen, wie ich und die Prinzessin uns halb-bewusstlos schlagen würden.“
Das Lachen aus der Kehle des Griechen verunsicherte den Kommandanten.
„Sie haben Recht“, haha-te und huhu-te Mechanikles, zuckte dann aber mit den Schultern, „Aber ich weiß auch, dass sie vermutlich mit der Prinzessin absprechen würden, wie dieser ganze Kampf aussehen würde. Nein, nein.“
Damit trat er auf Cal zu, packte ihn am Kragen und zog ihn aus dem Kraftfeld.
Mit den Fingern schnippend begab sich der Grieche wieder auf seinen Platz und lächelte: „Viel Spaß, Prinz Doktor.“
Dann kam ein Riese aus dem Schatten auf den Captain zu.
Und es würde ihn nicht überaschen, wenn in seinem Gesicht die Frage „Auf was habe ich mich da nur eingelassen“ zu lesen sein würde.

„Bobo, das war eine dumme Idee.“
„Ich dachte, er wollte uns ausrauben.“
Die Unterhaltungsfetzen drangen an Aladdins Ohr, als er erwachte – und er wusste sofort, wem er die Kopfschmerzen zu verdanken hatte, die ihn gerade plagten. Bobo – welch kreativer Name.
Kurz spielte der jetzt-Prinz von Agrabah mit dem Gedanken, die Augenlider zu öffnen, aber nachdem er sie nur eine Idee aufgestemmt hatte, beschloss er, sie wieder zu schließen. Grelles Licht schoss ihm in die Netzhaut. Hatte er tatsächlich bis zum nächsten Morgen geschlafen?
Nein. Die Temperatur, die zwar ein wenig höher als vorhin war, hatte sich dennoch nicht sonderlich verändert. Immernoch biss die Kälte in die Nase und Wangen, aber er merkte, dass man ihm etwas Anderes angezogen hatte. Vielleicht war es kein kompletter Kleidungswechsel, aber er spürte die Wärme und Schwere eines Mantels auf seinem Oberkörper.
„Er hat uns aber nicht ausgeraubt.“, erklang die Stimme eines älteren, gesetzteren Herren und Aladdin erkannte sie sofort.
Vater.
Nun riss er die Augen dennoch auf, versuchte die Kopfschmerzen, die ihn nun heimsuchten und die er mit einem Kopfschütteln zu vertreiben – nicht sonderlich effektiv, wie er fand – und blickte dann in das langsam klarer werdende Gesicht von Karim, der der Herr der vierzig Räuber war – und sein Vater.
Aladdin merkte, wie sein Herz schneller schlug. Vater hier?
„Wie kommst…“
„… du hier her?“
Es war interessant, dass zwei Männer genau denselben Gedanken in genau die selben Worte fassen konnten.
Andererseits – wieso überraschte Aladdin dies? Er und sein Vater waren – obwohl ihnen nur eine kurze Zeit der Interaktion beschienen war – doch genau das. Vater und Sohn. Warum sollten sie sich nicht ähneln?
„Du zuerst.“, stöhnte der junge Mann, der früher am liebsten immer „one jump ahead“ gewesen wäre – also den anderen, genauer gesagt: den Wachen „einen Sprung vorraus“.
Karim nickte – Al konnte sich nicht helfen, er hatte das Gefühl, dass es ihn weise und gütig aussehen ließ, aber vielleicht war dies auch nur dem Fakt geschuldet, dass dieser Mann sein Vater war.
„Gerne“, nickte Karim erneut und schaute ihn an, „Wir sind auf der Suche.“
„Auf der Suche nach einem neuen Schatz?“
„Nein, nein.“
Das Lächeln, das seinem Vater über das Gesicht lief, war offen und ehrlich – der Mann verbarg ihm gegenüber nichts. Zumindest in diesem Falle nicht.
„Wir sind auf der Suche nach einem neuen Versteck. Unser Altes wurde von seltsamen Soldaten eingenommen.“
„Seltsame Soldaten?“
„Ja“; nickte der Herr der vierzig Räuber, „Sie kamen eines Tages einfach so aus dem Nichts und haben uns vertrieben – mit Magie. Dein Flaschengeist hätte uns da helfen können, aber ich will mich nicht beklagen.“
Er zuckte mit den Schultern: „Wir haben gut gekämpft, wenn ich das von mir sagen darf. Leider wurden wir dennoch geschlagen.“
„Und was sind das für Soldaten?“
Erneut zuckte Karim mit den Schultern: „Ich weiß es nicht. Sie sprechen in einer Sprache, die ich nicht verstanden habe und ihre Rüstungen sind… merkwürdig. Einer meiner Männer hatte am Anfang das Gefühl, dass sie lebende Dämonen seien, mit Köpfen wie Falken. Aber es stellte sich doch heraus, dass diese Tierköpfe nur Helme sind.“
„Ich kann euch helfen.“
„Nein!“
Karims Stimme war Zeugnis davon, dass dieses „Nein“ endgültig war. Anscheinend wollte er nicht einmal die Möglichkeit in Betracht ziehen.
Und dann – als wolle er diesen Eindruck noch bestärken – schaute er Aladdin an: „Und was treibt dich so allein in die Wüste? Irgendeine agrabahnische Todesprüfung, der Du dich während der Ehe unterziehen musst?“
Aladdin schüttelte den Kopf, was er sofort bereute. Das Gefühl, sein Gehirn käme ihm gleich entweder zu den Ohren oder durch den Mund hinaus, wurde kurz übermächtig, also schloss er die Augen, atmete tief durch und öffnete sie dann wieder.
„Nein nein. Nichts dergleichen.“
Und so begann er, zu erzählen.

Das war eine verdammt dumme Idee gewesen.
Dessen war sich Cal in dem Moment klar, als die Faust des Riesen ihn erneut traf und er nach hinten taumelte. Momentan meldete sich sein gesamter Körper. Die Ohren klingelten, die Nase stach, als wäre sie gebrochen, der Kopf brummte, die Lippen bluteten fröhlich vor sich hin und von anderen Körperteilen reden wir lieber nicht.
Der Riese hatte nicht einen einzigen Kratzer abbekommen.
Was war nochmal die Strategie des Captains gewesen? So lange mit dem Kinn vor die Faust des Riesen schlagen, bis sie bricht? Kein toller Plan, wie er merkte, als der Typ ihn packte und ihm erneut einen Kinnhaken versetzte, der ihn rückwärts gegen die Wand taumeln ließ.
Hoffentlich hatten die Anderen die Zeit genutzt und sich auf einen Plan verständigt, denn so langsam, aber sicher wurde der Captain wirklich wütend.
Unter dem nächsten Fausthieb duckte der Offizier sich weg und versenkte – als so ziemlich ersten Treffer seinerseits – seine Fäuste im Magen des Angreifers. Dieser keuchte einmal auf, aber das war es schon an Reaktionen. Stattdessen riss er sein Knie hoch, das den Captain am Kinn traf – Kniescheibe gegen Kinn, kein guter Wettstreit – und den Kopf des Kommandanten wieder nach oben beförderte. Dann schnellte die mächtige Pranke nach vorne, pinnte den Captain mühelos an die Wand und machte sich daran, seinen Adamsapfel ein bischen platter werden zu lassen.
Die andere Hand wollte nun den Gefallen, den Cal seinem Bauch getan hatte, an den Captain zurückzahlen.
In Erwartung des Schmerzes schloss Cal die Augen, doch dann schnitt die Stimme Mechanikles durch den Raum.
„GENUG!“
Es war interessant, wie sich eine normalerweise recht tiefe Stimme in ungeahnte Höhen schrauben konnte.
Der Riese hielt inne, ließ den Captain los, der zu Boden ging und nicht verhindern konnte, zu keuchen.
„So, damit haben Sie bewiesen, wie gut – oder besser: wie schlecht – Sie sind, Rollbraten.“, sprach der Grieche und trat auf ihn zu: „Wenn mein Käufer nicht gesagt hätte, dass alle Hochwohlgeborenen am Leben bleiben sollen, hätte ich meinem Freund hier gesagt, dass er sie erledigen soll.“
„Aber Blut macht doch so Flecken.“, keuchte Cal unter einem Lächeln und richtete sich auf, ehe er auf den Boden deutete, „Nicht wahr?“
Der Schreckenslaut, den der Grieche da von sich gab, war genug, um Cal zum Grinsen zu bringen. Er deutete auf das Kraftfeld: „Ich… werde dann mal, nech?“
Das Kraftfeld fiel, Cal taumelte hinein und sank neben Agatha zu Boden.
„War das klug, Prinz Doktor?“, hörte er die Stimme Jasmins über sich. Er öffnete die Augen und schaute sie an.
„Keine Ahnung.“, flüsterte er, „Auf jeden Fall dürftet ihr Zeit genug gehabt haben, euren Plan zu verfeinern. Und darauf kommt es an, oder?“

Aladdins Vater hob fragend eine Augenbraue.
„Lass mich das klarstellen“, sagte er und blickte seinen Sohn an, „Ihr wart auf der Suche nach Mechanikles und als ihr ihn gefunden hattet, feuerte Prinz Doktor von Fiktivistien – einem Land, von dem ich noch nie etwas gehört habe – einen Schuss Magie auf Mechanikles. Dieser Schuss wurde reflektiert und Du fielst vom Teppich?“
Der angesprochene Mann nickte, rappelte sich dann in die Stehende Position auf und richtete seine Kleidung.
„So war es, Vater.“, erklärte er dann.
„Nun“, setzte der ältere Anführer der vierzig Räuber an, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und legte nachdenklich den Kopf in den Nacken: „Ich weiß nicht, wohin der Teppich mit einen Freunden geflogen sein könnte, aber ich würde vermuten, dass die Magie, die zurückgeschleudert wurde, ihn auch beeinflusst hat.“
„Das würde bedeuten, dass die Chance besteht, dass meine Freunde in die Hände Mechanikles geraten sind.“
Diese Erkenntnis traf den jungen Abenteurer wie ein Blitz und er schaute zu seinem Vater: „Du hast doch sicherlich Informationen, wo sich jemand wie Mechanikles verstecken könnte, oder?“
Karims Lippen umspielte ein Lächeln: „Natürlich.“
Erst jetzt hatte Aladdin Gelegenheit, sich genauer umzusehen und einen Eindruck der Umgebung zu gewinnen. Sie waren in einer Art Höhle, soviel war ihm schon von der Akustik her klar gewesen. Der orange Widerschein etlicher Fackeln erhellte den Teil der Höhle, in dem sie sich befanden, sowie einen Gang, den der junge Prinz aber nicht genau einsehen konnte. Aus diesem Gang dröhnten Stimmen an sein Ohr, deren Besitzer sich irgendwo in einem weitreichenden Labyrinth von Höhlengängen, Sackgassen und Kreuzungen verbergen mussten.
„Natürlich“, schoss es dem jungen Abenteurer durch den Sinn, „Vierzig Räuber – wenn jeder von denen eine Privathöhle hat, muss das ein sehr großer Berg sein, in dem wir uns gerade verstecken.“
Die braunen Augen Aladdins fixierten nun den Herren der Vierzig Räuber.
„Was denkst Du? Wo könnte sich Mechanikles versteckt haben?“
Aladdin merkte, wie sein Herz begann, schneller zu schlagen. Wenn sein Vater eine Idee hatte, wo sich Mechanikles versteckte, dann könnte er sicherlich auch Jasmin und die Anderen finden. Oder?
Er wusste es nicht, er wollte aber auch nicht aufgeben. Aufgeben? Das war etwas für Leute, die beschlossen, dass es das alles nicht wert wäre. Und ausserdem – was war schon einfach?
Nichts, was sich lohnte war so einfach, oder?
Und ausserdem bedeutete es ja nicht, dass Karim gleich alle möglichen Verstecke kannte.
Aber der Junge aus Agrabah war sich schon sicher, dass er seine Geliebte finden würde.


Jasmin war sich sicher, dass Aladdin nichts unversucht lassen würde, sie zu finden. Während sie sanft immer wieder abwechselnd nach Thetis, Agathas, Papyrus und Cals Puls tastete – so häufig, wie die Frau, die sich selbst Agatha nannte, Prinz Doktor mit „Cal“ ansprach, war sie sich ziemlich sicher, dass „Prinz Doktor“ nicht ganz der richtige Name war -  und versuchte, die Sorge um vier „Bewusstlose“ glaubhaft darzustellen, hielt sie sich an diesem Gedanken immer wieder fest.
Aber sie würde nicht aufgeben. Dieser Charakterzug war ihr fremd, wenngleich sie oft genug an die Grenze dessen getrieben wurde. Oft genug war sie kurz davor, festzustellen, dass alles keinen Sinn hatte. So war es damals gewesen, als sie aus dem Palast geflohen war, so war es gewesen, als Jafar die Macht ergriffen hatte und so war es gewesen, als die Prophezeihung die Zerstörung Agrabahs vorhergesagt hatte.  Und jedes Mal war sie an einen Punkt gelangt, an dem sie sagte „So geht es nicht weiter.“
Deswegen war sie aus dem Palast geflohen, deswegen hatte sie Jafar gezeigt, was sie wirklich von ihm hielt und deswegen hatte sie sich schützend vor das kleine Kind geworfen, als ein Turm bei der Zerstörung Agrabahs über ihm zusammengebrochen war.
Und deswegen würde sie auch hier nicht aufgeben. Deswegen würde sie auch hier zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt war.
Die grünen Augen „Prinzessin Songs“ öffneten sich und sie nickte ihr zu.
Jasmin stieß einen erleichterten Laut aus – der nur teilweise geschauspielert war -  und beugte sich dann vor.
„Prinzessin Song!“, keuchte sie, „Bist Du in Ordnung?“
Und sie kam nicht umher, das schauspielerische Talent der Prinzessin zu bewundern, als sie sich träge erhob, ihre Hand gegen ihre Stirn bettete und ein „Annnh, nicht so laut. Es dreht sich noch alles“ stöhnte.
Beide Prinzessinnen warfen einander einen Blick zu, nickten und richteten sich dann auf.
Jasmin mit pfeilgeradem Rücken, Song – Agatha – wie auch immer – ließ sich gegen die Wand sinken, die sich hinter ihnen befand und sackte ein wenig in sich zusammen, jedoch so, dass sie immer noch stehen konnte.
„Was… wasis passiert?“, lallte sie mit schwerer Zunge und Jasmin trat auf sie zu, ihr sanft eine Hand gegen die Stirn legend: „Nicht sprechen, Prinzessin“
Nun konnte sie nur hoffen, dass man ihr die Besorgnis, die sie zu verkörpern suchte, abnahm, als sie erneut kontrollierend ihre Hand von der Stirn nahm und an die Pulsfühlpunkte legte, wie man es ihr seinerzeit beigebracht hatte. Natürlich war Prinzessin Agatha-River Silverbird-Songs Puls stark und kräftig, aber sie musste natürlich so tun, als wäre dem nicht so.
Sie keuchte entsetzt auf, umfasste die Hüfte der Frau und sagte nur „Ganz ruhig. Setz dich lieber.“
Und damit half sie ihr, sich zu setzen und sah mit einem entsetzten Gesichtsausdruck mit an, wie River neben ihren Prinzen sank.
Nun wurde es Zeit für ihren Auftritt. Sie wirbelte herum, schaute zu Mechanikles und ging in die Knie.
„Bitte!“, stieß sie hervor, „Bitte, ich flehe dich an, Mechanikles, bei allem, was Dir heilig und anständig ist – lass sie gehen. Oder bring sie wenigstens in Sicherheit. Ich bleibe als Pfand bei dir.“
Das laute Lachen, das Mechanikles ausstieß, war beinahe schon wieder zu sehr Klischee, aber wenn sie ehrlich war, hatte sie gar nichts anderes erwartet. Zumal sie sich sowieso sicher gewesen war, dass der Grieche auf diese Idee nicht eingegangen wäre. Also – alles kein Problem. Die Mädels und die beiden Prinzen wurden in den Plan eingeweiht und nun musste sie die Ablenkung spielen.
Und plötzlich geriet der „bewusstlose Körper“ Prinzessin Songs in Zuckungen.
Jasmin konnte sich ein Lächeln gerade noch verkneifen – es wurde Zeit, den Plan auszuführen.

Mechanikles war gerade dabei, die Blutflecken, die der Prinz hinterlassen hatte, zu entfernen, als der Sauberkeit seiner Behausung neues Ungemach drohte. Eigentlich kaum zu fassen, da hatte er sämtliche Spinnen vertrieben, sämtliche Woll-, Staub-, und Real-Lebende-Mäuse durch neueste High-Tech aus diesem Versteck gejagt – da kam Prinz Doktor und begann, alles vollzubluten. Wo kam man denn da hin? Was kam als nächstes? Schweißflecken auf dem Boden? Speichel? Igitt.
Andere Körperflüssigkeiten, über die wir hier lieber nicht sprechen wollen, vielleicht isst der eine oder andere noch?
Warum konnten sich andere Menschen nie so reinlich verhalten, wie er? Nein. Sie schwitzten, sie husteten, sie röchelten – und überall waren Bazillen. Vielleicht sollte er nachdem er die Hochwohlgeborenen an den Käufer verkauft hatte, mal kurz feucht durchwischen?
Als dann auch noch die Prinzessin, die er eigentlich gar nicht auf dem Auftragszettel hatte, sie aber aus Komplettierungsgründen dennoch mitnahm, begann, zu zucken und vermutlich dadurch auch noch ihren Schweiß verteilte, schüttelte sich der Grieche, trat an das Kraftfeld und schrie: „RUHE!“
Die Antwort war ein noch lauterer Schmerzensschrei der unbekannten Prinzessin.
„Das kann doch wohl nicht wahr sein. Jetzt muss ich da auch noch putzen!“
Dies murmelnd und das Kraftfeld abschalten, war für Mechanikles eines.
„Los, kommt raus, damit ich da feucht durchwischen kann.“
Jasmin schaute ihm in die Augen: „Wirklich, Mechanikles, Du lässt uns einfach so raus?“
„Natürlich, wo solltet Ihr sonst hin? Es ist ja nicht so, als wäre ich in einer der Höhlen, die in der Nähe von Agrabah sind.“
Und dann, mit Blick auf den Boden: „Verdammt, das bin ich ja.“
„Und noch was anderes.“, sagte Jasmin und Mechanikles blickte sie an: „Ja, was denn?“
„Unglaublich Blöd!“, kam es von dem leblosen Körper des unbekannten Prinzen, dann schoss dessen Hand hoch, krallte sich um den Kehlkopf des Griechen und drückte einmal kurz zu. Mechanikles bekam kurzzeitig keine Luft und dann einen Stoß, der ihn zu Boden gehen lies.

Cal griff nach Agathas Hand, als er sich aufrichtete und dann zu Papyrus herübergrinste, der sich ebenfalls hochrappelte: „Schnapp ihn Dir, Tiger.“
„Mit dem größten Vergnügen.“
Sprach der Ägypter und war auf den Beinen, um zu Mechanikles zu gehen.
Der Captain bekam davon relativ wenig mit, er wandte sich erneut zu seiner XO, die nun ganz ruhig da lag – und stahl ihr einen Kuss, ehe er ihr in die Seite piekst: „Komm hoch, Schatz, wir müssen.“
Agatha öffnete die Augen, schüttelte ungläubig den Kopf und stand auf. Sie blickte zuerst zu Theti, dann zu Jasmin und anschließend zu Cal: „Ich hätte nie gedacht, dass dieser Trick funktioniert. Ich meine, der hat doch eigentlich einen Bart.“
„Naja, wir haben ihn halt rasiert.“
Ausserdem, aber das wusste ja eigentlich – ausser Agatha – nur Cal: Sie waren in der Vergangenheit. Das heißt natürlich, dass alte Tricks hier noch relativ neu sind.
Ein weiteres Plus: Sie waren im Disneyversum und hier klappten die alten Tricks immer noch am Besten. Der Captain stand nun auf, deutete hinter sich auf den Kampf zwischen Mechanikles und Papyrus, der relativ einseitig war – aber was wollte man erwarten. Mechanikles war nun mal ein Erfinder, kein Kämpfer.
„Wollen wir?“, fragte er die versammelte Prinzessinnenbrigarde. Wie eine Frau nickten die Ladies, Agatha zwinkerte ihm zu und sagte: „Lass uns wollen.“
Der Captain drehte sich um, Agatha hakte sich bei ihm ein, von der anderen Seite tat es der XO Jasmin gleich, während sich Theti bei Agatha einhakte.
„Dann wollen wir mal.“, sprach der Captain und setzte sich in Bewegung.
„Komm Papryus“, rief Theti in diesem Moment, „Ich glaub, er hat genug.“
Erst jetzt fiel Cal auf, dass Mechanikles überhebliches Gebaren fehlte, als Papyrus von ihm ablies.
Hatte da einer seine Lektion gelernt?
Irgendwie wagte der Captain dies zu bezweifeln, als… ihnen ein Ding, eine mechanische Konstruktion, vor die Füße rollte.
Cal legte den Kopf schief. Ein Roboter, hier?
„Oh nein“, keuchte Jasmin neben ihm auf, „Schaut ihm nicht in die Augen, es ist…“

Gregarius.
Jasmin fluchte in Gedanken und schloss die Augen.
Schon einmal hatte sie mit diesem Geschöpf zu tun gehabt. Es war – von Mechanikles, natürlich, von wem sonst? – in den Palast geschickt worden und hatte sofort angefangen, zuerst Aladdin, dann den Sultan und schließlich sie selbst in einen Zustand zu bringen, in dem sie jedem Vorschlag zugänglich waren.
Hatte Prinzessin Song sowas nicht vor ein paar Stunden „Hypnose“ genannt?
Wie auch immer dieser Trick hieß, sie wusste nur, dass sie dem Geschöpf nicht in die Augen schauen durfte.
Und dann merkte sie, wie neben ihr der Mann, der Prinz Doktor genannt werden wollte, stehenblieb.
Bei allem, was ihr heilig war.
„Prinz Doktor? Prinzessin Silverbird?“
Nichts.
„Papyrus? Theti?“
Wieder nichts.
Verdammt – Gregarius – oder Greg, wie er genannt werden wollte – hatte die anderen mit einem schnellen Schlag erwischt.
Schnell machte sie sich vom Prinzen los, begann zu Rennen und öffnete die Augen, als sie sicher war, aus Gregs Dunstkreis entflohen zu sein.
„Steht nicht so dusslig da!“, rief Mechanikles, plötzlich wieder oben auf, „Fangt Sie!“
Jasmin rannte schneller, sie wusste, dass mit Papryus, Theti und Silverbird nicht zu spaßen war – dies hatte sie schnell genug mitbekommen.
Hoffentlich fand sie eine Möglichkeit, schnell zu entkommen.

 „Steht nicht so dusslig da! Fangt Sie!“
Mechanikles merkte, wie seine Stimme einen ungeduldigen Klang bekam. Merkwürdig war das nicht – nachdem was Papyrus ihm angetan hatte, würde vermutlich mit dessen Bazillen und Krankheitserregern übersäht sein.
Igitt.
Dabei hatte er doch so eine sensible Haut, die vom ewigen Waschen angegriffen wurde.
Wie gut, dass er seinen getreuen Roboter Gregarius repariert hatte. Eigentlich müsste man diese Kreatur nicht großartig kennen, sie war nur eine Fußnote in seinem Krieg gegen Agrabah und dessen Bewohner – aber eine Effektive.
Dafür, dass Morgana ihm gezeigt hatte, wie diese Kreatur einen eigenen Willen entwickeln konnte, aber gleichzeitig keine Allmachtsfantasien ihm gegenüber hegte, war er der Hexe aus der Zwischenwelt bis heute noch dankbar. Und dabei war sie einfach so, aus dem Nichts, erschienen, war mit schwingenden Hüften auf ihn zugekommen und hatte ihn berührt. Eine Katzenfrau? Igittigitt. Wer weiß, ob sie Flöhe hat?
Aber laut ihr war es eigentlich einfach gewesen, diesen Roboter zu konstruieren. Dieser Situationsanalyse war der Grieche mehr als nur gewillt, zuzustimmen, nachdem er es versucht hatte und es auf den ersten Anlauf gelungen war.
Greg zu reparieren, nachdem der Genie ihn beschädigt hatte – das war auch vergleichsweise einfach. Das Einzige, was man dazu brauchte, war Geduld. Und diese Tugend hatte Mechanikles – sowie von ihr mehr als nur genug.

Und wie dankbar er Greg war, als dieser sich den Flüchtlingen angenommen hatte. Die Einzige, die sich immun gezeigt hatte, war Prinzessin Jasmin, aber irgendwie hatte ihn dies nicht sonderlich überrascht. Wohl aber, dass die Brigarde um das Prinzenpaar Theti und Papyrus keinerlei Anstalten zu machen schien, der fliehenden Jasmin zu folgen.
Stattdessen standen sie, wie vom Donner gerührt, da, starrten aus Augen, deren Augenlider auf Halbmast hingen,  stumm, dumm, geradeaus.
Der Grieche trat näher.
„Ich sagte: Steht nicht so dusslig da! Fangt Sie!“
Nichts. Keine Reaktion.
Verdammt, was war da wieder nicht richtig gelaufen? Hatte Gregarius sie zur Untätigkeit hypnotisiert?
Nun trat Mechanikles noch näher, so nahe, dass sich seine Nase und die des Mannes, der sich selbst „Prinz Doktor“ nannte,  beinahe berührten.
„Ich sagte“, wiederholte er und wurde im Folgenden so laut, dass seine Stimme sich beinahe überschlug: Steht nicht so dusslig da! Fangt Sie… aaaaaaaargh. !“
Der letzte Laut rührte daher, dass Prinz Doktors Hand nach vorne geschnellt war, den Kehlkopf Mechanikles gefunden und zugedrückt hatte.
Die Augen des Prinzen, die vorher noch braun und unintelligent in die Ferne gestarrt hatten, bohrten sich nun mit unversöhnlichem Hass in seine eigenen.
Und mit einem „Fang sie selber“ hieb er zu, traf den Griechen mitten im Gesicht – so hart, dass Mechanikles beinahe befürchtete, Prinz Doktor habe ihm einen Zahn ausgeschlagen.
Zu Boden taumelnd, tastete er nach der Nase, die plötzlich sengendheiß schmerzte und zuckte zusammen, als er etwas heißes, flüssiges ertastete, das aus seiner Nase schoss.
„Na?“, grinste Prinz Doktor, „Blutet’s?“
Und damit traf ihn die Sohle des Mannes im Gesicht. Kurz umfasste Dunkelheit Mechanikles.

Jasmin merkte, wie ihr Atem schneller ging.
Ihre innere Stimme riet ihr, sich zu beeilen. Wohin? Eigentlich egal, hauptsache weg von hier. Hauptsache weg von Mechanikles und seiner Höhle, hauptsache weg von den Anderen, die nun in den Diensten des Griechen stehen mussten.
Die durchtrainierten Beine der Prinzessin taten dabei gute Arbeit, ihre Geschwindigkeit zu erhöhen, sie eilte, hetzte und flitzte, über kleine, aber scharfkantige Felsen, die sie übersprang, unter Felsformationen hindurch, die ihr nur einen kleinen Platz zum Kriechen ließen. Sie hatte keine Zeit, sich genauer einzuprägen, in welche Richtung sie eilte – alles war besser, als in dieser Höhle zu bleiben. Vorbei an Felsen, die von der Decke herabhingen und an solchen, die aus dem Boden wuchsen, einfach nur raus aus diesem engen Höhlengang, der wie ein Schlauch einfach nur geradeaus führte.
Das Herz der Prinzessin begann, immer schneller zu schlagen, immer mehr zu pumpen und sie hörte in ihren Ohren, wie das Blut rauschte. Sie würde nicht aufgeben, denn sie wusste, dass irgendwann eine Höhle auch einen Ausgang haben musste. Das Licht, das – zunächst nur unscheinbar, dann aber immer unignorierbar – vor ihr schien, wurde immer heller und heller und es war Jasmin klar, dass dies der Ausgang sein musste.
Sie musste diese Öffnung erreichen und würde nicht aufgeben, bis sie entweder Aladdin gefunden oder Agrabah erreichte. Dann würde sie eine Armee zusammenstellen, wieder zurückkehren und Mechanikles fangen, sowie Gregarius zerstören, auf das die beiden Prinzenpaare wieder sie selbst waren.
Und nicht vorher würde sie sich Ruhepausen gönnen, die länger als maximal fünf Minuten waren.
Ihre Füße hämmerten auf den Boden, trieben sie vorran und das Licht des Höhlenausgangs – oder Höhlenmundes – wurde immer heller. Es würde nicht mehr lange dauern und sie wäre frei.

Die Finger schnippten und Leben kehrte in Agatha Silverbirds hübsches Gesicht zurück. Sie fand sich in einer Reihe stehend wieder, neben Theti und Papyrus, die beide jetzt in die Gegenwart zurückfanden. Es schien sich einiges geändert zu haben, während sie in Trance gewesen war – der Grieche lag bewusstlos am Boden und der Roboter, der sie hypnotisiert hatte, war relativ kopflos, spieh Funken und lag, auf die Seite gekippt, ebenfalls am Boden. Nur der Kopf, der ebenfalls Funken sprühte, lag – in seine Fregmente zerschmettert – vor ihr und über ihm stand, schwer atmend und mit einem scharfkantigen Felsenstück in der Hand, Cal.
„Wurd auch Zeit, dass Du wach wirst, Agatha.“, grinste er und ließ den Felsen erneut auf den Roboterkopf niedersausen.
„Nenn mich Greeeeee“, brachte der Hypnotiseur noch einmal zustande, ehe ihn seine Fähigkeit, die zur Kommunikation, verlies.
Die XO schaute ihren Captain verblüfft an.
„Klarnamen, Cal?“ , fragte sie dann und sah, wie der Captain nickte und ohne sich die Mühe zu geben, eine andere Sprache zu wählen, sagte „Klarnamen, Agatha.“
Damit wandte er sich an Theti und Papyrus: „Erfreut, euch kennen zu lernen. Mein Name ist Cat – Calvin Nathan Cat. Ich bin der Kommandant der USS DRAGONFLY. Dies“ – er deutete auf Agatha – „ist meine erste Offizierin und Freundin. Und bevor ihr fragt – ja, mehr oder weniger sind wir Prinz und Prinzessin.“
Damit zuckte er mit den Schultern und schaute zum Griechen, der gerade wieder zu sich kam und durch laute Unmutsbekundungen auf diesen Zustand aufmerksam machte.
Mit einem Grinsen auf den Lippen fuhr der Captain zu Mechanikles herum, trat auf ihn zu und packte ihn am Kragen.
„Also“, bellte er und Agatha hatte das Gefühl, dass seine Stimme nichts Menschliches mehr hatte, „Wie kommst du an die Plakette der DRAGONFLY?![/b]
Verblüfft hob die XO die Augenbrauen und trat neben den Kommandanten, ihm eine Hand auf die Schulter legend.
„Cal?“, fragte sie und blickte ihn an – vermutlich, aber dessen war sie sich schon beinahe sicher – konnte man in ihren Augen Sorge um den Mann sehen. Und wer konnte es ihr verdenken, schließlich verhielt er sich gerade sehr OOC.
„Cal?“, wiederholte sie und zuckte zurück, als der Captain den Griechen fallen lies und zu ihr herumfuhr. Der Blick, mit dem ihr Freund sie ansah, wirkte nun alles Andere als nett.
Sicherlich, sie hatte ihn hier und da schon mal angesäuert erlebt – oder auch mal komplett wütend – aber das, was jetzt da in Cals Augen funkelte, waren keine warmen Lichter, wie man sie eventuell von einem Adventskranz erwarten würde, sondern purer Hass.
„Du mischt dich viel ein, XO.“, knurrte er, „ist das alles, was Du kannst?“

Und dann kam Hilfe von einer Stelle, die Agatha so nicht gedacht hätte.
Mechanikles brachte ein schnelles „Vorsicht, er hat auf die Hypnose durch Gregarius anders reagiert!“ hervor, ehe der Captain herumfuhr und ihm mit dem Fuß gegen die Schläfe trat. Mit einem schmerzvollen Schrei sackte der Grieche wieder in sich zusammen.
Cal hatte seine Pirouette währenddessen vollendet, blickte Agatha an und lächelte, als sie merkte, dass ihr Gesichtsausdruck vermutlich sehr überrascht war.
„Was?“, fragte der Captain, in einer – beinahe schon übertrieben- liebenswürdigen Tonlage: „Agatha, wie kann ich Dir zu behufe sein?“
„Erdbeerparfait!“, sagte die XO – sie wusste, dass der Captain auf diesen Trigger reagierte und gleich in ihre Arme sinken würde… und keuchte entsetzt auf, als dieser den Kopf schräg hielt und dann den Kopf schüttelte.
„Klappt irgendwie nicht, hm? Aber meiner klappt.“
Damit schnippte er und sagte irgendwas – ehe es Dunkel wurde.

Calvin Nathan Cat fing die in sich zusammensinkende Agatha auf, lächelte sanft, als er sie niederlies und schaute dann zu Papyrus und Theti, die ihn verblüfft anblickten.
„Was?“, fragte er, stand auf und zuckte mit den Schultern: „Ich fürchte, Agatha ist nicht auf unserer Seite. Darum werde ich mich nachher kümmern.“
„Ihr werdet euch nicht erst nachher um diese Sache kümmern. Ihr werdet Agatha Silverbird in eure Gruppe integrieren, damit ihr Jasmin verfolgen und fangen könnt.“
Diese Worte wurden mit einer gewissen Rauchigkeit in der Stimme gesprochen und Cal fuhr herum. Es überraschte ihn nicht, in das feline Gesicht von Morgana zu blicken, die neben Agatha kniete und ihre Hand auf die Stirn der XO bettete.
„Darf ich mal erfahren, warum ich Dir zu Diensten sein sollte, Morgana?“
Ein leicht-amüsiertes Kichern entrann der Kehle der Magierin, ehe sie von Agatha ablies und auf Cal zutrat.
Der Captain merkte, wie sein Herz immer schneller schlug. Diese Katzenfrau machte keine Späße – eigentlich hätte er sich daran doch erinnern müssen. Aber momentan fragte er sich sowieso, was mit ihm los war. Er fühlte sich gut – angeknipst. Nicht wie ein willenloser, hypnotisierter Lakai, sondern wie jemand, der plötzlich und unerwartet eine neue Identität bekommen hatte. Jemand der…
Oh Gott.

Jasmin rannte immer noch und hatte inzwischen eine Veränderung der Umgebung festgestellt.
Würde man mit einer Person aus der Jetztzeit sprechen, hätte sie gesagt, dass seit sie knapp 140 Metern ,   von dieser Höhle aus zurückgelegt hatte, die Umgebung angefangen hatte, sich zu verändern. Welche Terminologie die agrabahnische Prinzessin dafür verwendete, mag nun jedem selbst überlassen sein. Fakt ist – sie rannte und inzwischen sah die Höhle anders aus. Sie war nicht mehr so dunkel wie vorher, war auch nicht mehr so metallern. Dies war ihr sofort aufgefallen, als sie gerannt war – hier hatte jemand eine Art Stollen in den Berg getrieben. Warum, weshalb, wieso? Das wusste sie nicht, sie kannte nur die Fakten. Und diesen Stollen hatte sie verlassen. Zwar hatte sie noch eine Art „Decke“ eines Berges über sich, aber sie sah, dass es nicht mehr all zu lange dauerte, bis sie den Berg, in dem sie sich befand, verlassen hatte.
Und sie würde Aladdin finden – und wenn es ihr Leben kosten würde.

„Bin…“, stammelte Cal und blickte Morgana erschrocken an, „Bin ich ein Zylone?“
Die Katzengöttin lachte: „Wenn Du dich als solchen sehen willst, bitte – ich sage nicht ja, aber ich sage auch nicht nein. Natürlich, es könnte sein. Aber warum sollte ich Dir Gewissheit geben?“
„Weil ich dich inständig darum bitte?“, sprach der Captain – oder Zylone? Vielleicht Zylone in Teilzeit? Gab es sowas überhaupt? Wurde das vom Arbeitsamt gefördert?
Der Captain wusste es nicht, er wusste nur, dass er in die Knie ging und den Kopf neigte: „Meine Gebieterin, befiele.“
Verdammt, was war das denn? Jetzt klang er schon wie Darth Vader – und das nur, weil er dachte, dass er ein Zylone war? Das war doch noch gar nicht bewiesen?
Cals Kopf ruckte hoch.
„Moment mal“ – und damit schaute er Morgana an – „Du versuchst mich hier gerade zu verwirren.“
Morgana lächelte: „Schlaukopf! Aber – ich möchte nur eine Sache von Dir. Fang mir Jasmin.“
„Warum?“
„Weil ich es dir befehle.“
Sprachs, schnippte mit den Fingern und hatte ihr Kleid gegen eine rot-schwarze Starfleetuniform getauscht, an der fünf Rangpins zu sehen waren.
Cal schluckte und nahm Haltung an: „Verstanden, Admiralin Morgana.“
Dann schüttelte er mit dem Kopf: „Du machst mich noch Kirre!“
Morgana lachte.

CaptainCalvinCat:
Sie rannte und rannte. Ihr Körper hatte auf Autopilot geschaltet, sodass sie sich über Fragen, wie etwa „In welche Richtung renne ich eigentlich“ gar keine Gedanken machte. Weg von hier – nur das war wichtig. Einem inneren Kompass folgend war sie sich sicher und hoffte, dass am Ende des Weges, den sie gerade auf sich nahm, Aladdin warten würde – vielleicht sogar mit der agrabahnischen Armee, einer der Besten ihrer Zunft. Zugegeben, Razul mochte brutal sein, unfair gelegentlich – aber sie wusste, dass auf dieser Mann im tiefsten Grunde seines Herzens nur das Beste für Agrabah wollte. Und aus diesem Grunde konnte sie ihm vertrauen – ihm und dem Rest der Armee.
Neben ihr spritzte Staub, Sand und Dreck auf, hochgewirbelt von einer Explosion.
Sie wirbelte herum – war sich sicher, dass man ihr ansehen konnte, dass sie geschockt war. Nun wandte Mechanikles noch die Magie des Prinzen Doktors gegen sie an.
Und sie wusste, dass die diesem Mann aus dem Königreich Fiktivistien keinn großartigen Vorwurf machen konnte – er befand sich unter dem Zauber des Gregarius und war ihm somit willenlos ergeben. Wasimmer dieses Wesen dem Prinzen befahl – er würde es ausführen. Und wenn dieser Befehl vorsah, sie, Jasmin, durch Magie zu töten, dann würde es so kommen.
Erneut sausten rötliche Blitze heran und die Prinzessin warf sich – auf alte, antrainierte Reflexe vertrauend – zu Boden. Sie spürte Hitze, die über ihren Körper leckte und so schnell an ihr vorbeirauschte, wie sie gekommen war.
Es war an der Zeit, Diplomatie als Waffe zu verwenden.
„PRINZ DOKTOR!“, rief Jasmin, richtete sich auf, straffte ihre Gestalt und bemühte sich, ihrer Haltung und Stimme einen neutralen Ausdruck zu verleihen.
Der Magiebeschuss hörte auf und aus dem Höhleneingang schälten sich die Gestalten Papyrus, Thetis, des Prinzenpaares Doktor und River.
Während die beiden Hochwohlgeborenen aus Theben die Arme vor der Brust verschränkten und sie herausfordernd anblickten, hatten sowohl Prinz Doktor als auch Prinzessin Song ihre merkwürdigen Waffen entsichert und richteten sie auf sie.
„Prinz Doktor, Prinzessin Song, überlegt, was ihr tut!“
Die Stimme Jasmins hallte über den Fleck Wüste, den sie zwischen sich und die Höhle gebracht hatte, aus der sie gekommen war. Und erst jetzt, als sie sich diesen Berg genauer betrachtete, erkannte sie ihn.
Es war der Nf’y-Berg, der keine 3 Kilometer von Agrabah aus empor ragte.
Oft genug hatte sie diesen Berg gesehen und hatte sich gefragt, wie die Natur es geschafft hatte,ein derart großes Plateau entstehen zu lassen, eine Art „Teller“, der sicherlich seine 100 Meterin die Luft hineinragte. Oft genug hatte sie ihren Vater gefragt, der nur mit dem Kopf geschüttelt  und sich in seinen typischen Väter-Antworten ergangen hatte. Seine liebste Antwort war: „Das erfährst Du, wenn du groß bist.“
Nun, sie war groß, sie hatte die Welt bereist, sie hatte ihre Antwort nie erhalten. Zwar wusste sie, dass es Berge gab, die durch Unterspülungen von Flüssen eine bestimmte, charakteristische Form annahmen, aber in Agrabah, in der Wüste, hatte sie noch nie einen Fluss gesehen, der in der Nähe des Nf’y-Berges entlanggeflossen wäre.
Es half nichts – der Nf’y-Berg war eines der größten Mysterien der Menschheit.

Und nun stand sie, vor dieser geschichtsträchtigen Kulisse, die Füße und dazugehörigen Beine fest und stark auf den Boden gestellt, den Rücken pfeilgerade aufgerichtet und versuchte, ihren Gegenübern mit nur einem einzigen Blick sämtliches Interesse an einem Kampf zu nehmen. Sie versuchte das zu zeigen, was ihr Vater ihr immer eingebläut hatte: Stärke.
„Überlegt, was ihr tut.“, sagte sie erneut, holte tief Luft und – es war, als würde ein Regisseur eine Szene drehen – Wind kam auf und wehte ihre Haare hinter sie.
Sie würde nicht mehr weichen, sie würde hier stehenbleiben und die Angreifer wenn nötig zu Tode argumentieren.
„Euer Tun kann künftige Handelsbeziehungen mit dem agrabahnischen Königreich gefährden.“, sagte sie und versuchte, ihrer Stimme genug Kraft und Entschlossenheit zu verleihen, „Das wäre sicherlich nicht im Sinne eurer Väter.“
Damit blickte die Prinzessin zu Papyrus und Theti: „Oder was würde dein Vater, Mehren-Re, der Herrscher der beiden Länder, sagen, wenn ihr keinen Handel mit Agrabah treiben könnt?“
Das schien zu fruchten.
Thetis Haltung änderte sich – zuerst wirkte sie arrogant-desinteressiert, nun hatte Jasmin das Gefühl, als würde im Kopf der Frau aus Theben ein Überlegungsprozess in Gang gesetzt werden. Auch Papyrus schaute erst sie verblüfft an, dann Theti.
Einzig Prinz Doktor und Prinzessin Song schienen unbeeindruckt. Beide fixierten Jasmin mit einem Blick, ehe Prinz Doktor kurz zu Theti und Papyrus blickte: „Konzentriert euch! Sie will uns nur entzweien!“
Dann fixierte er wieder Jasmin über den Lauf seiner merkwürdigen Waffe hinweg.
„Nein!“, rief Jasmin über die Ebene hinweg, „Ich habe nur das Beste für die Bevölkerung Thebens im Sinn. Unsere beiden Länder können gute Geschäfte miteinander tätigen – doch dazu wird es nicht kommen, wenn ihr helft, mich hier in der Wüste umzubringen.“
„Wer sagt was von Umbringen?!“
Die Stimme des Prinzen Doktor schien ein einziges Gebell zu sein, als er die Waffe hob und auf Jasmins Brust zielte, „Bleib da stehen und lass Dir helfen!“
Also das war ja wohl die größte Unverschämtheit, die sie je gehört hatte.
„Helfen, ja?“, fragte sie, „Mit einer Waffe, die auf mich gerichtet ist?“
„Wir müssen ja dafür sorge tragen, dass Du keine Dummheiten machst.“, rief Prinzessin Song, „Schließlich wünschen wir alle einen erfolgreichen Ablauf dieser Operation.“
Jasmin durchzuckte es.
Irgendwas war da mit der Stimme Rivers. Sie kam ihr vertraut vor – nicht wie „ferngesteuert“ und „mit fremden Gedankengängen versehen“, sondern so, als wäre es tatsächlich und wirklich Prinzessin Song.
„Erfolgreicher Ablauf?“, fragte sie und blickte die Prinzessin fragend an. Diese nickte, dann riss sie ihre Waffe hoch und feuerte.

Deanna Troi hatte ihm damals eine Geschichte erzählt. Sie hatten sich im zehn Vorne zusammengesetzt – er hatte ein Praktikum auf der ENTERPRISE gemacht und sie war mehr oder weniger die Ansprechperson gewesen. Man unterhielt sich über dies und über jenes und der Mann, der später einmal Captain werden würde, warf einen sehnsüchtigen Blick auf eines der lächerlich-bunt gefärbten Getränke, die die Barfrau Guinan ausschenkte. Deanna hätte für die Feststellung, dass der damals 15 Jährige Cal mit dem Konsum von Alkohol liebäugelte, keine Betazoidin sein müssen und sie erzählte ihm von einer Begebenheit während ihres ersten Jahres auf der ENTERPRISE-D. Damals hatte ein Virus sie alle verrückt gemacht und sie hatte sich an Will gelehnt und wie betrunken vor sich hingemurmelt, dass sie alle Empfindungen fühlen könne.
Wieso dem Captain dies jetzt in den Sinn kam, wusste er nicht, er wusste nur, dass er am liebsten genau jetzt Deanna Troi eine Subraumbotschaft geschickt hätte, mit dem einfachen Inhalt, dass er sie verstand. Denn jetzt fühlte er sich wie trunken. Die ganzen widersprüchlichen Emotionen, die er empfand, die auf ihn einprasselten, diese Ahnungslosigkeit, ob er nun tatsächlich ein Zylone war oder nicht, diese Panik, was wäre, wenn er ein Zylone wäre – im nächsten Moment war ihm das alles egal und er wollte sich seiner Meisterin, der wunderbaren Morgana, seiner Göttin der Sonne und der Liebe, zu Füßen werfen, dann wollte er ihr eine verpassen, weil sie ihn komplett verrückt machte und dann dachte er an seinen Vorsatz, niemals eine Frau zu schlagen.
Das alles machte ihn trunken vor Verwirrung – und noch nicht mal im positiven Sinne.

Cal hörte ein Schnipsen. Morgana blickte ihn lächelnd an und er merkte, wie er Haltung annahm.
„Ich befehle Dir“, sagte die Hexe mit einem Schnurren in der Stimme, das bei einer anderen Person, nämlich seiner XO, und zu einem anderen Zeitpunkt, nämlich ihm und Agatha im Bett, sicherlich dafür gesorgt hätte, dass… - sagen wir mal: Dass nicht nur er strammgestanden hätte.
Aber dies war Morgana und Cal hatte es nicht so mit Furrys. Wer darauf stand – bitte. Seine Baustelle war dies nicht.
So schaute er sie an, legte abwartend den Kopf schief, wobei er sich eigentlich schon sicher war, was genau Morgana ihm nun befehlen würde. Und tatsächlich, seine Ahnung hatte ihn nicht mal einen Millimeter weit getrogen. Der Befehl war klar formuliert – holt euch Prinzessin Jasmin und sorgt dafür, dass sie auf unserer Seite ist.
Na, wenn es nicht mehr war.
Der Captain salutierte, ging zu der Werkbank, auf der Mechanikles seinen Phaser hatte liegen lassen, nahm sich die Waffe und überprüfte sie auf Ladung.
Befriedigt nickte er, nahm dann den Phaser Agathas, überprüfte diesen auch, machte kurz eine kleine Zielübung, indem er die beiden Waffen vorrucken ließ und auf Thetis und Papyrus Oberkörper zielte – dann nickte er und steckte seine Waffe weg, ehe er zu Agatha ging.
Er hockte sich neben sie, tastete nach ihrem Puls und nahm sie dann in die Arme.
„Schatz“, sagte er – aber ohne jegliche Panik in der Stimme, dass sie dem folgenden Befehl nicht nachkommen würde – „Wach auf. Bitte.“
Er hörte, wie sie neben ihm atmete, sanft, schläfrig stöhnte und ihn dann verwirrt anblinzelte.
„Cal, was ist…“
Er hielt ihr den Phaser hin: „Darüber reden wir gleich, Schatz, okay? Zunächst mal – bist Du bereit, Prinzessin Jasmin zu jagen und dafür zu sorgen, dass sie wieder bei uns mitmacht?“
Die Antwort darin bestand aus einem Phaserstoß, der aus der Waffe der XO kam und der in den Griechen fuhr – und sein Bewusstsein somit wieder in die tiefsten Tiefen der Ohnmacht verbannte.
Die XO zwinkerte ihm zu, küsste ihn – hart und wild – und nickte dann: „Klar, so bereit wie es nur geht.“

Als der Schuss die Waffe Agathas verließ und sich auf den Weg zu Jasmins Körper machte, war er sich sicher, sein eigenes „ NEIIIIIN! “ in Stereo zu hören. Das lag daran, dass in diesem Moment nicht nur er selbst schrie – sondern auch ein plötzlich auf der Bildfläche auftauchender Aladdin, der, heldenhaft wie eh und jeh, Anlauf nahm und mit pantherhafter Agilität – Michael Mittermaier sei für diesen Ausdruck gedankt – gegen Jasmin sprang. Das schützte die Prinzessin davor, betäubt zu werden, das Problem war, dass der junge Abenteurer nicht soviel Glück hatte. Überrascht seufzend sank er gegen die Prinzessin, die es geistesgegenwärtig schaffte, sich so zu drehen, dass sie – ihren Helden schützend – auf ihm lag. Sie riss den Kopf hoch und funkelte Agatha an.
„Na los, versuch es nochmal.“, zischte sie – „Bitte, gerne.“, nickte Agatha – und ging, von einem Strahl in die Brust getroffen, zu Boden, wo sie, neben Aladdin liegen blieb.
„Toll, ein Pärchen im Sand.“, sagte Cal und wandte sich zu seiner XO, „Erinnert mich an mich und Gina, damals auf Risa, im See der…“
„Die Story hast du schonmal erzählt und der Mist wird auch durch Wiederholung nicht besser.“, schnitt ihm Agatha das Wort ab und schaute ihn an: „Ich hab getan, was getan werden musste. Was willst Du, Captain, die Aufgabe ist erfüllt. Gibt es noch was, was ich tun kann?“
Der Kommandant der DRAGONFLY schluckte hart. Zugegeben, diese Agatha -  sie hatte was, aber … wenn er ehrlich war, sehnte er sich nach der anderen XO, die Widersprüche gab, zurück.
Seufzend schüttelte der Captain den Kopf: „Nein, wenn… wenn Du willst, kannst Du die Beiden noch in die Arrestzelle bringen und dann… naja, was auch immer du machen möchtest, tun.“

„Irgendwie habe ich mir das anders vorgestellt.“, murmelte Papyrus neben ihm und Theti bedachte ihn mit einem neugierigen Blick: „Ach ja? Und wie?“
Der Ägypter zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung – vielleicht mehr so, dass wir Prinzessin Jasmin durch die Wüste jagen, sie ihren Aladdin trift und sich beide in einer Höhle verstecken müssen. Dann würde Cal etwas von sich geben, wie „Juhu… Jasmihiiin. Es ist alles in Ordnung wir wollen dir nichts tun.“.“
Der Mann, der sich nun als Captain Cat vorgestellt hatte, blickte Papyrus aus dunklen Augen an und der kleine Fischer konnte eine Mischung aus Überraschung, einer kleinen Menge Wut und hauptsächlichem Amüsement sehen.
„Juhu… Jasmihiiin. Es ist alles in Ordnung wir wollen dir nichts tun.“, wiederholte der Captain dann und blickte zu Theti: „Seh ich denn wirklich wie so ein verrückter Typ aus, wie er bei – keine Ahnung – beim Texas Chainsaw Massacre rumläuft?“
„Bei was?“
Papyrus konnte bei seiner Prinzessin dieselbe Verwirrung feststellen, wie bei sich. Er hatte keine Ahnung, von was Prinz Captain Doktor Calvin Cat da redete – aber er sprach diese Worte mit einer solchen Selbstverständlichkeit aus, dass sie schon irgendeine Bedeutung haben mussten.
„Ob ich wie ein Irrer aussehe, wollte ich wissen.“
Der Fischer legte den Kopf schief: „Willst Du darauf eine ehrliche Antwort, Cal?“
„Was soll denn das heißen?“
Theti lächelte: „Nicht wirklich wie ein Irrer – aber irre-merkwürdig bist Du schon. Zumindest manchmal.“
„Na, wenn dat nich beruhigt.“, schmunzelte der Mann und zuckte dann mit den Schultern: „Hat eigentlich irgendeiner von euch eine Idee, wie wir Jasmin und Aladdin dazu bringen, dass sie uns helfen?“
In der Tat, das schien nicht einfach zu sein. Besonders nicht, wenn man das einzige Medium, wie dies wirklich funktioniert hätte, mit einem Felsbrocken zerschlagen hatte. Aber vielleicht konnte ja Morgana helfen.
„Ich habe keine Ahnung.“, sagte Papyrus, „Aber wir können uns Gedanken ma…“
Weiter kam er nicht.
Er sah eine rötliche Magiewelle angerast kommen, die ihn und Theti voll erwischte und ihnen den Boden unter den Beinen wegzog.
Dunkelheit umfing sie.

Cal warf sich aus der Schussbahn, wirbelte dann herum und sah zu den beiden – wie gefällt daliegenden – Ägyptern.
Na super.
Was war das denn jetzt? Und wieso hatte er das Gefühl, dass Papyrus und Theti zu den eher unterentwickelten Figuren dieser Geschichte gehörten?
Er zog seinen Phaser, stellte ihn auf Betäubung und wartete.
Worauf? Das würde er auch gern mal wissen – schließlich waren Jasmin und Aladdin ausser Gefecht und Agatha war auf seiner Seite.
Oder?

Er hob seine Waffe und trat auf die Stelle zu, an der die beiden Ägypter lagen. Sein Finger fand die Pulspunkte der Beiden – der Puls raste, war aber da. Typisch nach einer Phaserbetäubung.
„Agatha?“, fragte er und hob seine Waffe, „Schatz, was hast Du vor?“
Die Antwort bestand aus einem Phaserstoß, der seine eigene Waffe traf und sie ihm aus der Hand katapultierte.
Verdammt – da hatte jemand geübt.
Und dann warf sich die XO aus dem Dunkel der Höhle auf ihn, mit der Wildheit einer Raubkatze.
Schnell war der Captain in die Defensive gedrängt, steckte Tritte, Fausthiebe, Ohrfeigen ein und taumelte rückwärts. Und dann kam der Kinnhaken – es wurde Dunkel um ihn.

Kapitel 16 A little bit of revelation. (Das erste Kapitel im neuen Jahr).

Kapitel 16.1 

Als Papyrus wieder zu sich kam, war sein erster Gedanke und Reflex, sich wieder umzudrehen und weiterzuschlafen. Was auch immer ihn getroffen und gefällt hatte, war in seinen Kopf eingedrungen und machte sich in Form extremer Kopfschmerzen bemerkbar. Vor seinen Augen explodierten Bildmuster, als er blinzelte und in seinen Ohren rauschte das Blut. Innerlich musste er das gesamte ägyptische Pantheon um Kraft anflehen, nicht wieder zurück in die dunklen Schleier der Ohnmacht zu sinken – aber dies dauerte nur ein paar Sekunden. Spätestens, als er das sanfte Murmeln Thetis neben sich wahrnahm, war er wieder voll einsatzbereit, schoss hoch – Au, das würde sein Kopf ihm heute nicht so schnell verzeihen – und wandte sich zu der Prinzessin um, die gerade wie hingestreckt im Sand lag und langsam wieder erwachte.
Kurz musste er überlegen, was genau vorgefallen war, dass sie hier im Sand lagen und – fand heraus, dass er keine großartige Ahnung hatte. Sie hatten irgendeinen Auftrag gehabt, aber sein Hirn wollte ihm gerade partout nicht verraten, welchen. Er richtete sich auf und hielt der Prinzessin die Hand hin.
„Danke, mein kleiner Fischer.“, murmelte diese und zog sich mit seiner Hilfe in die Stehende, ehe sie sich umblickte: „Wo genau sind wir?“
Das war die nächste Frage, die seinen Kopf beschäftigte – und er musste zugeben, dass er nicht den Hauch einer Ahnung hatte. Seine letzte Einnerung betraf diese kleine, komische Gestalt, deren Augen plötzlich ein Spiralmuster aufwiesen, das ihn immer tiefer und tiefer in sich hineinzog. Und dann?  Dann waren sie hier im Sand aufgewacht.

Theti kannte sich mit Sand aus – sie wusste ja nicht, dass später in einem Film der Satz fallen würde „Der kriecht überall hin – in jede Ritze.“, aber sie wusste, dass sie zumindest ein bischen Sand geschluckt haben musste , denn es knirschte in ihren Zähnen. So wirklich begeistert war sie davon nicht, aber was wollte man machen? Ausserdem gab es wirklich wichtigere Dinge, denen man sich widmen musste. Beispielsweise: Wie kamen sie genau hierher?
Und sie konnte Papyrus ansehen, dass sich ihr kleiner Fischer genau dieselbe Frage stellte.
Ein paar Meter vor ihnen sah sie Commander Agatha Silverbird … moment mal, was dachte sie denn da? So hieß die hübsche Rothaarige doch gar nicht. Ihr Name war Prinzessin River Song. Und der Mann, vor dem sie kniete, hieß auch nicht Captain Calvin Nathan Cat, sondern nur „Doktor“ – er war der Prinz eines kleinen Landes namens Fiktivistien.
Und dieser Prinz kam gerade mit einem „Au, meine Birne“ wieder zu sich und Theti war beinahe geneigt, ihm mitfühlend zuzunicken.  Sie – Theti aus dem Land, das später „Ägypten“ heißen würde, nahm die Unmutsäußerung des fiktivistischen Prinzen wahr und beschloss dann, sich dem jungen Mann zuzuwenden, mit dem sie nach Agrabah gekommen war. Papyrus, der ihr gerade eine helfende Hand bot.
Er war halt doch ihr kleiner Fischer und sie würde sich immer an den Tag erinnern, an dem sie ihn zum allerersten Mal gesehen hatte. Wie war er ihr damals unsympathisch gewesen – wie arrogant und beinahe schon überheblich. Aber das mochte einfach nur daran gelegen haben, dass sie vorher von Aker betäubt und in einen Sarkophag gesperrt worden war – und da wird man halt ein wenig ungehalten. Jeder, der diese Situation schon einmal miterlebt hat, wird sie ihr nachempfinden können.
Im Laufe der Kämpfe gegen Aker waren sie zu einem funktionierenden Gespann zusammengewachsen, einem Konstrukt aus Einzelindividuen, das man später, sehr englisch „Team“ nennen würde, wobei hier der ein oder andere zynisch veranlagte Mensch – oder derjenige, der den Spruch kennt – sagen würde „Team heißt nichts anderes als : ‚Toll, ein anderer machts.’“.
So war es bei Papyrus und Theti aber nicht. Beide hatten ihre Momente, beide hatten ihre zugewiesenen Aufgaben und ihren Kompetenzbereich und beide waren in der Lage, im Zweifelsfall über sich hinauszuwachsen. Papyrus – ihr kleiner Fischer – hatte sie schon oft genug aus Schwierigkeiten herausgeholt, aber gleiches galt ebenfalls für sie. Sei es, dass sie ihn aus dem Labyrinth der Träume wieder herausgelotst hatte oder dass er bei ihr geblieben war, als sie diese Selbstmordmission durchgeführt hatte, aus der Beide ohne bleibende Blessuren wieder herausgekommen waren – wann immer sie einen Auftrag erledigt, Aker zurückgeschlagen oder das Königreich der beiden Länder gerettet hatten – ihr wurde immer stärker klar, dass sie den Fischer liebte. Und – aber das erfuhr sie erst später – ihm ging es nicht anders.

Theti erhob sich, strich sich den Sand vom weißen Gewand und blickte sich um. Sie fragte sich, wie genau sie hierhergekommen waren, aber sie beschloss, keine großartigen Fragen zu stellen. Warum auch? Was würde es bringen? Sie hatte so ein Gefühl, dass sie die wahren Umstände, weswegen sie an diesem Ort zu sich gekommen war, gar nicht so genau wissen wollte.
Sie ahnte ungefähr, was dazu geführt hatte, dass sie hier waren, erinnerte sich daran, an ihre Kopfschmerzen nach der ersten Begegnung mit des Prinzen Magie und wusste dass sie erneut Bekannschaft mit eben jener Magie geschlossen hatte – auch wenn sie darauf gut und gerne hätte verzichten können.

Die Prinzessin konnte nun einen ungefähren Grundriss ihrer momentanen Umgebung zeichnen. Sie befanden sich in einer Art großen Höhle – weitaus größer als die, in der Mechanikles sie eingesperrt hatte – die einen sandigen Boden aufwies, aber ein Blick nach oben machte deutlich, dass sie immer noch nicht im Freien waren. Zwar hing die Höhlendecke nicht direkt, stattdessen etliche Meter über ihnen und sie wies eine eigenartig-gräuliche Färbung auf, aber es war definitiv eine Höhlendecke.
„Wo sind wir?“, fragte Theti und zuckte ein wenig zusammen, als sie die sanfte Stimmfärbung Prinzessin Jasmins wahrnahm, die aus dem Schatten trat.
„Das ist das Nf’y-Gebirge.“, sagte sie und breitete die Arme aus, eine allumfassende Geste, die dem Ort galt, „Wir sind keine 3 Kilometer von Agrabah entfernt.“
Zugegeben, Jasmin sagte nicht Kilometer, sie verwandte einen Ausdruck, den Theti ebenfalls verstand, aber da der Autor  die entsprechenden Längeneinheiten sowohl im Agrabahnischen, als auch im Altägyptischen Raum nicht kennt, müssen entsprechende Kompromisse eingegangen werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur, dass sich Theti und Jasmin verstanden. Sie waren in relativer Nähe von Agrabah.



Jasmin erwachte und merkte, dass ihre Brust brannte. Sie stand nicht wirklich in Flammen, aber es juckte und fühlte sich unangenehm an – allerdings nur einige Sekunden. Dann war das Gefühl verschwunden. Die agrabahnische Prinzessin richtete sich auf und blickte schockiert auf den jungen Mann herab, der neben ihr lag und wie tot wirkte.
Entsetzt sog sie die Luft ein, keuchte ein „Aladdin“ und zuckte zusammen, als dieser die Augen öffnete und sie verblüfft anstarrte.
„Was… ist passiert?“, murmelte der junge Abenteurer und hielt sich den Kopf, als er sich aufrichtete und die Umgebung abschätzig betrachtete, „Und wo sind wir?“
„In einem Stollen im Nf’y-Gebirge.“, erläuterte die Prinzessin und nahm ihren Mann dann in die Arme: „Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.“
„Das gleiche dachte ich auch.“, nickte dieser zustimmend und fing ihre Lippen mit den seinigen ein.
„Habt ihr es dann bald mal?“
Die Stimme Prinzessin Songs klang ein wenig genervt und als Jasmin zu ihr herüberblickte, sah sie, wie die hübsche Rothaarige die Arme vor der Brust verschränkt hatte und sich gegen eine der Höhlenwände lehnte – was ihr eine gewisse Lässigkeit verlieh. Die Genervtheit erkannte die Agrabahnerin dennoch und schaute die fiktivistische Frau an. Kurz spürte sie, wie in ihr Wut hochkochte und wie sich ihre Fäuste verkrampften. Am liebsten würde sie…
Die Arme Aladdins schlangen sich um ihre Taille und sie hörte ein leises: „Shhh, mach lieber keine Dummheiten, Liebes.“, das ihr Geliebter ihr ins Ohr flüsterte – und obwohl sie es eigentlich besser wissen müsste, als sich in den nächstbesten Faustkampf zu stürzen, konnte sie sich kurzzeitig genau dieses Gedankens nicht erwehren.
„Sie … haben uns niedergestreckt!“, zischte Jasmin dennoch und merkte, kaum, dass sie dies gesagt hatte, wie ihre Wut sie wieder verließ. Prinzessin Song blickte sie an, nickte und zuckte dann mit den Schultern: „Ja – erm… tut mir leid. Ich musste die Maskerade aufrecht erhalten, sonst… sonst wäre es zu unschönen Szenen gekommen.“
Irrte sich Jasmin oder sah sie in den grünen Augen der hübschen Rothaarigen sowas wie ein verlegenes Funkeln?
„Maskerade?“, fragte nun Aladdin und lenkte die Aufmerksamkeit der Prinzessin damit auf die Sache selbst. Agatha River Silverbird Song nickte: „Ja – seht ihr… der Prinz… also Prinz Doktor… er ist momentan ein wenig… wie sage ich das jetzt am Einfachsten?“
„Mit klaren und verständlichen Worten?“, schlug Jasmin vor und merkte, wie sich – beinahe gegen ihren Willen – ihre eigenen Mundwinkel die Vorbereitungen zu einem Lächeln trafen, diese elendigen Verräter. Sie würde nicht grinsen, sie war sauer und…
Hatte sie doch gelächelt.
Naja, so konnte es kommen.
Auch die Frau aus Fiktivistien – wie auch immer sie nun heißen mochte, war ihr beinahe auch schon wieder egal – schenkte ihr ein Lächeln, kratzte sich dann nachdenklich am Kopf und zuckte mit den Schultern: „Nun,  Prinz Doktor ist mal wieder – oder immer noch, das könnt ihr euch aussuchen – unter einem Zauber.“
„Wann ist er das mal nicht?“, fragte Jasmin und erneut stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen, „Ich meine, Morgana war schon zwei mal in seinem Kopf, Du hast eine gewisse Macht über ihn, jetzt waren es vermutlich Mechanikles und Gregarius…“
„Findest Du nicht auch, dass das wie ein Comedy-Duo klingt?“, grinste nun River – und vermutlich überraschte es sie nicht wirklich, dass sie damit bei Aladdin und ihr – Jasmin – nicht wirklich punkten konnte.
Doch Jasmin verzichtete auf ein verwirrtes Stirnrunzeln und die Frage „Was ist ein Comedy-Duo?“ und blickte sie stattdessen an: „Zur Sache, Prinzessin. Du hast uns mit Magie lahmgelegt, damit Prinz Doktor keinen Verdacht schöpft, richtig? Damit du ihn aus dem Hinterhalt angreifen kannst?“
„So in etwa.“, nickte ihre Amtskollegin aus dem fernen Fiktivistien, „Es tut mir leid.“
„Muss es nicht.“
Jasmin wandte sich über ihre nackte Schulter ihrem Mann zu: „Du kannst mich jetzt übrigens wieder loslassen.“
Und obwohl sich die Nähe des Mannes, den sie liebte, so gut anfühlte, war der Gedanke, wieder freier atmen zu können, durchaus attraktiv. Nachdem Aladdin sie freigegeben hatte, trat sie auf Agatha zu, hielt ihr die Hand hin und zwinkerte: „Ein guter Plan. Und was hast Du nun vor?“
„Abwarten.“, grinste die Frau, hob ihre Waffe und eilte an Jasmin und Aladdin vorbei auf den Höhleneingang zu.




Jasmin lächelte Theti beruhigend zu, als sie neben die Prinzessin aus Ägypten trat – und sie konnte spüren, wie die Sorge, die kurzzeitig vom Geist Thetis Besitz ergriffen hatte, begann, sich aufzulösen. Und wirklich – es gab keinen großartigen Grund zur Sorge. Oder – sagen wir mal so: relativ wenig Grund dazu. Mechanikles war in der Höhle – das heißt: Wenn er entkommen wollte, musste er an ihnen vorbei, Gregarius, der Roboter, war ausser Gefecht … gut, der Riese, gegen den Prinz Doktor gekämpft hatte, war vielleicht noch in der Höhle, aber dieser schien ebenfalls dem Kommando Mechanikles zu gehorchen und dieser war anscheinend nicht gewillt oder nicht in der Lage, entsprechende Befehle zu geben.
Also waren sie sicher… relativ.
Dann hörte Jasmin das Geräusch.
Sie schloss die Augen, legte den Kopf schief und lauschte. Es wurde durch den Wind über die Ebene getragen, die vor dem Eingang zu dieser Höhle lag und erinnerte sie an nahenden Donner. Sie trat näher auf den Höhleneinang zu, ließ ihren Blick über die weite Ebene schweifen und tatsächlich sah sie eine Wolke, die sich näherte – aber es war keine schwarze Gewitterwolke, die am Himmel pulste und Blitze spieh, sondern eine Staubwolke, die aus der Ferne auf sie zukam.
Reiter.
Und, wenn sie dieses Geräusch richtig interpretierte, waren dies nicht nur zwei bis drei Pferde, sondern eine komplette Armee, die sich dort näherte.
Sie drehte sich um und sah in das lächelnde Gesicht Aladdins.
„Keine Sorge, Prinzessin“, sagte er mit seiner ihm typischen Wärme in der Stimme, „Ich habe mir erlaubt, Verstärkung zu holen.“
Nun kroch auch über ihre vollen Lippen ein Lächeln: „Du meinst…“
„Ja.“

Karim konnte eigentlich nicht glauben, dass er sich jemals erneut nach Agrabah gewagt hätte, aber er hatte es getan. Während er seinem Pferd, das auf den klangvollen Namen „Blitz“ hörte, die Sporen gab, bemerkte er neben sich einen weiteren Reiter, dessen Pferde in langgestrecktem Galopp über die Ebene eilte.
„Wenn ich dir einen Rat geben dürfte, Razul…“, lächelte der Räuber und der Hauptmann der Wachen warf ihm einen Blick zu, der deutlich irgendwas zwischen „Verreck einfach und fall vom Pferd“ oder „Geh und spiel im Verkehr!“ sagte, ehe er ein „Was?“ knurrte.
„Du solltest nicht so sehr auf deinen Zossen eindreschen. Das mag er nicht.“
„Mein ‚Wind’ ist das schnellste Pferd in den sieben Wüsten – es ist deshalb so schnell, weil ich es antreibe. Du kannst mit deinem Flohfänger kuscheln, so sehr du willst, ich bevorzuge Ergebnisse!“
Karim zuckte mit den Schultern: „Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
Damit klopfte er auf die Seite seines Pferdes, murmelte ein „Wenn Du mich noch ein bisschen schneller tragen würdest, Blitz, wäre ich dir sehr dankbar“ und lächelte, als sein Freund, Partner und Tragetier wieherte und sich anstrengte, schneller zu laufen. Beide – also „Wind“ und „Blitz“ – waren gleichschnell, gleichstark und gleich-ausgeruht, also würde es ein Kopf-an-Kopf-Rennen werden, wenn man sich die Zeit für sowas nehmen wollen würde.
Und nach ein paar Metern blickte „Blitz“ zu „Wind“, gab ein wieherndes Geräusch von sich  - und plötzlich lag Razul am Boden.
„Ich hab dir gesagt, dass dein Pferd nicht erfreut sein wird, wenn Du es schlägst, Razul.“, murmelte Aladdins Vater und duckte sich weiter gegen „Blitz“, um dem entgegenkommenden Wind – nicht dem Pferd, sondern tatsächlich Luftmolekülen in erhöhter Anzahl -  ein kleineres Profil zu bieten.
Razul richtete sich auf, schüttelte den Kopf und stieß einen schrillen Pfiff aus, welcher seinen „Wind“ dazu veranlasste, kehrt zu machen und zu ihm zu kommen. Soweit kam es noch. Er würde sich garantiert nicht vor seinen Leuten eine solche Blöße geben und ganz besonders nicht durch den Vater von Aladdin, diesem Straßenköter. Allein schon Teil einer solchen Rettungsmission zu sein, war etwas, das seinen Magen beinahe revoltieren ließ. Er, ein essentieller Bestandteil bei der Rettung von Aladdin? Das Unangenehme an der Situation war, dass mehr oder weniger „gezwungen“ war, dies zu tun. Schließlich war Aladdin ein eingeheirateter Prinz, der Thronerbe von Agrabah und der Mann von Prinzessin Jasmin. Mit den ersten beiden Faktoren konnte er sich arrangieren, der Fakt, dass Jasmin ihm dann vermutlich ernsthaft übel wollen würde, war etwas, das er so nicht akzeptieren konnte. Schon gar nicht, wenn er bedachte, dass er damals, als Jasmin und er noch Kinder waren, als Sohn des Hauptmannes der Wachen, die Gelegenheit hatte, mit ihr zu spielen – bis beide in die „Das andere Geschlecht ist doof“-Phase eintraten und das frühe Versterben von Jasmins Mutter und die daraufhin wechselnde Politik, das mehr auftretende Standesdenken, etc. einem weiteren „Wiederaufleben“ dessen, was eine tolle Freundschaft hätte werden können, ersteinmal im Weg standen. Dies änderte sich erst nach dem Tod von Jaffar – aber auch erst langsam.

„Wind“ war bei ihm, Razul schwang sich auf den Rücken des weißen Schimmels und gab ihm mit einem lauten „HA!“ die Sporen, ehe er leise murmelte: „Lass dir das ja nicht nochmal einfallen, Wind.“

Karim war nicht wenig überrascht, dass „Wind“ und sein Reiter Razul direkt neben ihm auftauchten und zumindest der Hauptmann der Wachen ihm einen finsteren Blick zuwarf.
Und eigentlich würde er dem Mann nur allzugerne sagen, was er ihn konnte – doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass dies vermutlich dazu führen konnte, dass die agrabahnische Armee, die ihnen folgte, eventuell den Rückzug antrat – und das konnte er nicht zulassen.
Dennoch konnte er sich ein „Na, auch wieder da, Razul?“ und ein leichtes Zwinkern nicht verkneifen, ehe er in Richtung des Gebirges nickte, dem sie sich immer weiter annäherten.

Das Nf’y-Gebirge – wie häufig hatte er es schon gesehen und wie oft hatte er sich gefragt, wie die Natur es geschafft hatte, eine so präzise Form in den Berg zu schlagen. Es erinnerte ihn immer wieder an eine Pfeilspitze oder an eine Art Speer, spitz-zulaufenden Spaten oder eine kleine Schaufel, die falsch herum lag.
Aber gerade die erste Interpretation – eine Pfeilspitze – hatte dem Nf’y-Gebirge, oder besser dem Nf’y-Berg, den Namen „Himmelspfeil“ gegeben.
Und es war nicht mehr weit, bis er seinen Sohn, der schon vorausgeeilt war, wiedersehen würde.
„Du gehst nach Agrabah und holst Razul und seine Armee“, hatte der Vorschlag Aladdins gelautet, „Ich werde zum Nf’y-Gebirge gehen und Jasmin holen.“
Eigentlich war es das pure Glück und pures Ausschlussverfahren, wie sie auf die Idee gekommen waren, wo Mechanikles Jasmin verstecken konnte – gut, die Mithilfe Genies, der Aladdin in der Gestalt eines großen, blauen Spürhundes gefunden hatte, zählte ebenfalls dazu.
Karim erinnerte sich daran, wie der Flaschengeist, mit Pfeiffe, Sakko, einem Hut, den man später als „Deerstalker“ bezeichnen würde und einem Vergrößerungsglas bewaffnet, auf und abging und in einem merkwürdigen Akzent sprach.


„Wenn man alle denkbaren Möglichkeiten ausschließt, muss das, was übrig bleibt – und sei es noch so unwahrscheinlich – die Wahrheit sein.“
Die Stimme des Genies klang sehr professionell. Der großgewachsene Flaschengeist – wobei man bei Genie nicht wirklich von ‚gewachsen’ sprechen konnte – schritt auf und ab, warf mit seinem Vergrößerungsglas einen Blick auf den Boden und steckte es dann weg, um, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, zu Al zu blicken.
„Was wissen wir? Erstens – Mechanikles hat Agrabah mit einem mechanischen Skorpion angegriffen. Zweitens, er ist am helligten Tag in brennender Wüstensonne entkommen. Drittens, der Teppich flog, nach deinen Angaben, Al, nach Süden, ehe du ihn aus den Augen verloren hast. Zwei der wichtigen Bestandteile um einen mechanischen Skorpion zu betreiben, der auf Dampfbasis operiert, sind Öl und Wasser. Weiterhin ist uns bekannt, dass es in einem Metallskorpion sehr heiß werden kann, das Wasser daher in einer spezifischen Menge eingefüllt werden muss. Dies bedeutet, dass der Skorpion einen sehr begrenzten Aktionsradius hat – ich würde vermuten nicht mehr als 4 Kilometer. Legt man einen vier Kilometer Radius um Agrabah stellen wir fest… die Gebirgskette, die Agrabah umschließt dürfte ein gutes Versteck sein. Doch wir wissen ebenfalls, dass diese Berge keinen geeigneten Unterschlupf bieten – bis auf einen.“
„Das Nf’y-Gebirge?“, fragte Aladdin und Genie nickte.

Sie würden sie finden – die Armee und die vierzig Räuber würden nicht ruhen, nicht rasten, bis sie die Entführten gefunden hatten. Dessen war sich Karim sicher – und nichts würde sie aufhalten.

Jasmin blickte in die Ferne.
Die Staubwolke, Rösser und Reiter, die Agrabahnische Armee und die vierzig Räuber, Razul und Karim, kamen näher und die Prinzessin war sich sicher – den Abend würde sie wieder in Agrabah verbringen können. Sie konnte Aladdins Vater und Razul schon erkennen – bald würde es soweit sein. Und sie merkte, wie sich ihre Beine in Bewegung setzten – nur weg von diesem Ort, nur weg…

Plötzlich schien der Himmel nicht mehr blau zu sein, sondern grün.
„Was ist das?“, brachte sie hervor und warf einen Blick zu der Rettungskaravane – und erstarrte.
Karim und Razul waren auf ihren Pferden die einzigen, die auf sie zukamen, der Rest schien von ihnen abgeschnitten.
Und plötzlich erschien direkt vor ihr ein kleines Wesen – und sie erkannte es.

Karim warf einen entsetzten Blick zurück, als er merkte, das niemand seinem Kommando nachfolgte.
„BRR!“, rief er und sein getreues Pferd, der gute „Blitz“, gehorchte aufs Wort.
Neben ihm kam auch Razul zum Halten, sprang von seinem Pferd ab und wandte sich dann Aladdins Vater zu: „Was ist?“
„Ich muss nur ein kleines Wort mit dem Autoren wechseln.“, sprach Karim, warf dann seinen Kopf in den Nacken und rief: „Hey, Schreiberling! Ich heiße CASSIM! Merk dir das endlich!“
Dann atmete er durch, lächelte und schaute zu Razul: „So, das tat gut. Wir können weiter.“
Sein Gegenüber warf ihm einen verwunderten Blick zu und deutete auf die Armee und Cassims Räuber: „Und was ist mit denen?“
„Nur Hintergrundgestalten. Wir sind die Nebendarsteller, wir packen das.“, grinste der Anführer der vierzig Räuber in einem Anfall von Selbstreferenz und klopfte „Blitz“ auf die Seite: „Komm, ‚Blitz’, lass uns losreiten.“



Aziz.
Der kleine Gnom vor ihr hieß Aziz.
Und er war ein häßlicher Gruß aus Aladdins Vergangenheit.
Damals, als der heutige Prinz noch obdachlos war und seinen Lebensunterhalt getreu dem Motto „Wenn die Mäuse fehl’n, muss man eben stehl’n“ verdingte, traf er auf eine Gruppe von drei Jahrmarktartisten, die nebenbei ebenfalls der Profession des Stehlens nachgingen. Genauer gesagt hatten sie dafür den Affen Abu abgerichtet, der sich aus den Taschen der durch die artistischen, arkobatischen Aktionen der drei Jahrmarktskünstler abgelenkten, staunenden Massen bediente. Gold, Schmuck, Juwelen – das alles war von den haarigen Pfoten des Affen nicht sicher. Aziz, der Feuerspucker, war ein Teil der Jahrmarktstruppe.  Fatima, die Schöne und Minos, der Starke, komplettierten das trio infernale. Alsbald wurde auch Aladdin Teil der Truppe und beschäftigte sich, wie Abu, damit, staunende Passanten auszunehmen, wie – der aktuellen Jahreszeit nicht mehr ganz angemessenes – Federvieh. 
Und als sie dann ein mystisches Artefakt, den Stein von Sowieso, stehlen wollten, sog selbiger die drei Jahrmarktsartisten ein – nur Aladdin und Abu blieben frei und konnten entkommen und hakten die Sache als „Erledigt“ ab.

Jahre vergingen.
Aladdin hatte sich inzwischen ins Herz von Jasmin geschummelt, als der Stein von Sowieso seine Gefangenen freigab. Minos war in eine Art menschlichen Stier verwandelt worden,. Fatima in eine Harpye und der feuerspuckende Aziz verfügte über ein inneres Feuer. Gut, das hatte er auch vorher schon unter Beweis gestellt – nämlich dergestalt, dass er sehr gerne und sehr gründlich „in die Luft ging“, wie man später sagen würde. Und da half auch keine Zigarette. Aziz inneres Feuer konnte der Artist sogar multifunktional anwenden. So verfügte er über die Gabe, Leute mit seiner Flamme in Stein zu verwandeln, sie aneinander zu fesseln oder gar Flammen in Schwerter umzufunktionieren.
Dies erfuhr Minos am eigenen Leib, als er – beinahe schon zu spät – erkannte, dass der kleine Gnom nicht unbedingt der beste Umgang war. Da hatten sie Jasmin schon entführt und wollten sie als Druckmittel für Aladdin verwenden, der auch prompt in die entsprechende Falle tappte. Doch zuerst erkannte Fatima, was sie im Begriff waren, zu tun, dann erleuchtete diese Erkenntnis auch den großen Hünen Minos.

Aziz war damit weniger zufrieden, spuckte ein Schwert auf Fatima, die von Minos zu Boden gestoßen und dadurch gerettet wurde. Nur Minos erhielt einen tödlichen Treffer – was sich jedoch relativierte, als der mystische Stein von Sowieso und Hassenichgesehen den griechischen Hünen wiederbelebte und ihn, sowie Fatima ihr menschliches Aussehen wiedergab. Nur Aziz blieb bestraft.

Jahre später ergab sich erneut eine Konfrontation, die in der scheinbaren Vernichtung des Gnomes endete.
Und nun stand er vor Prinzessin Jasmin, lächelte gehässig und legte den Kopf schief: „Überrascht, mich zu sehen, Prinzesschen? Ich war auch verblüfft, als ich von Morgana wieder zum Leben erweckt wurde.“
Damit warf er einen Blick auf die Umgebung und sein gehässiges Lächeln wandelte sich in ein noch gehässigeres Grinsen: „Nette Umgebung.“
„Was willst Du hier, Aziz?“, fragte Jasmin, jeder Zoll stolze Prinzessin Agrabahs, mit vor der Brust verschränkten Armen und starrte ihn wütend an.
Sie erinnerte sich noch gut an ihre letzte Begegnung, bei der er sie in Stein verwandelt hatte.
„Oh, ich dachte mir, nachdem unser letztes Treffen so unerquicklich verlaufen ist, würdest Du es gerne wiederholen wollen.“
Damit holte er tief Luft und Jasmin wusste schon, was auf sie zukam. Sie warf sich zu Boden, die grüne Flamme leckte in ihre Richtung, verfehlte sie aber. Erneut nahm er sie ins Visier, sie war auf den Beinen, rannte und… kollidierte mit Prinz Doktor, der mit einem lauten „NICHT“-Aufschrei gegen sie sprang und sie mit sich zu Boden riss. Sie spürte die Hitze der grünen Flamme – aber ansonsten nichts, ausser, dass Prinz Doktor ihren Körper mit seinem bedeckte und sie so vor weiteren Angriffen schützte.

Im Lauf der drei vergangenen Fanfics haben wir festgestellt, dass es Sätze gibt, die sich immer mal wieder wiederholen. Das mag vielleicht schlechter Stil sein, aber besser geht es halt nicht. Einer dieser Sätze ist „Er wusste nicht so ganz, was ihn geritten hatte, das zu tun, was er getan hatte.“ – respektive etliche Variationen dieses Satzes.
Und für diese Floskel wird es jetzt auch mal wieder Zeit, denn Cal fragte sich gerade ernsthaft, wer ihn da geritten hatte, sich einfach so auf Prinzessin Jasmin zu stürzen und sich noch – so gut es ging – um sie zu wickeln. Und wenn er ehrlich war, hatte er es so weder gemerkt, noch geplant, er wusste nur dass er mit Kopfschmerzen zu sich gekommen war und das Donnern der entfernten Hufe als kühlendes Gewitter fehlinterpretiert hatte. Als dann Agatha entsetzt aufgekeucht und in eine bestimmte Richtung gedeutet hatte, hatte sich der Captain aufgerappelt und gesehen mit was die Prinzessin da gerade kämpfte. Und ab da war sein Körper in den Autopilotenmodus verfallen. Nun kam er richtig zu sich, starrte überrascht in die braunen Augen der Prinzessin, die ihn mindestens genau so überrascht zurückanstarrten und er konnte die Frage „Knall ich ihm jetzt eine oder sage ich artig ‚Danke’?“ förmlich in Jasmins Kopf sehen.
Dann war sein Kampfinstinkt geweckt, als er hinter sich das Atmen Aziz’s wahrnahm. Schnell wirbelte er das Bein, das gerade noch um Jasmins Hüfte geschlungen war, herum und er hoffte- „AUA!“ –
Cal grinste.
Er hatte es tatsächlich mal geschafft, ohne hinzuschauen und ohne sich großartig leiten zu lassen, seinen Gegner zu treffen.
Schnell rappelte er sich auf, stand fest auf beiden Beinen und schaute zu dem Zwerg herab, der sich gerade seine Schläfe hielt.
„Das wirst Du büßen!“, knurrte Aziz und holte tief Luft. Nun war es an Cal, sich zur Seite zu werfen, um die Flamme ins Leere laufen zu lassen.

Jasmin blickte den Prinzen verblüfft an, als dieser aus der Stehenden in die Liegende wechselte, grinste dann aber. Das war eigentlich kein schlechter Plan – vorausgesetzt, der Prinz hatte einen Plan und ließ sich nicht nur von seinen Impulsen leiten.
Also zog sie ihre Beine an und stieß sie dem Gnom mit all ihr zur Verfügung stehenden Kraft in den Rücken, ehe sie sich aufrichtete.
Sie sah zu Prinz Doktor, der ihr einen Blick zuwarf, ihr zuzwinkerte und anerkennend nickte. Dann rappelte er sich auf, betrachtete seine Hand – Aziz hatte sie in Stein verwandelt – und seufzte.
„Ja, bin ich denn Hellboy?“, murmelte er und schüttelte den Kopf, ehe er sich nach vorne beugte und Aziz am Kragen packte: „Hör mal, Stanley Beamish, du kleiner Gnom. Die Pille machte dich vielleicht zum Phantom, aber ich schätze es nicht, wenn man mich in eine Comic-Figur verwandelt.“
Die Prinzessin kam mal wieder nicht umher, festzuhalten, dass sie auch hier keine Ahnung hatte, wovon der Prinz da gerade sprach, aber sie war sich sicher, dass es irgendwas wichtiges sein musste.
Aziz schien vom Gefühlsausbruch Doktors nicht unbedingt beeindruckt zu sein, grinste und zuckte mit den Schultern: „Was soll ich jetzt machen? Soll ich deine Hand wieder zurückverwandeln? Oh nein, so einfach nicht, mein Guter.“
Und damit schnippte er mit den Fingern.

Razul hieb seinem Pferd die Sporen in die Seiten, was dieses Tier zum protestierenden Wiehern brachte.
„So nicht, mein Freund.“, murmelte der Hauptmann der Wachen und hieb noch einmal nach, „Wir müssen uns beeilen!“
Und schon – als könne das Pferd Gedanken lesen – wechselte es in gestreckten Gallopp. Cassim neben ihm holte auf, wieder lagen beide Pferde Nüster an Nüster – und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie am Zielort ankamen. Die grüne Energieglocke über ihnen nahmen sie zwar wahr, beschlossen aber, ihre Gedanken auf die Rettung der Hochwohlgeborenen und Aladdin zu konzentrieren.
„HIYA!“, rief Razul und sein Pferd bäumte sich kurz auf, nur um noch schneller zu werden.
Und dann tauchten vor ihnen Wesen auf.

Aladdin, der in dem Moment aus der Höhle kam, als er die Kampfschreie Doktors und Jasmins mitbekommen hatte, zuckte entsetzt zusammen, als er erkannte, gegen wen die Beiden kämpften – und als Aziz mit den Fingern schnippte.
Plötzlich war der Gnom verschwunden – doch um sie herum, wie mit einem Zirkel gezogen – tauchten Kreaturen auf. Aladdin erinnerte sich an sie.

El Katib – die Mordmafia.
Sie entstanden aus Kindern, die das wahre Böse in sich trugen – was ein Beweis für die Mittermeier’sche Theorie der Arschlochkinder wäre. „Es gibt ja“, so der bayrische Philosoph, „Kinder die kommen zur Welt und die siehst Du an und denkst: ‚Nah, geh weg, mit dir will ich nicht spielen.’“
Und wir alle kennen das aus dem normalen Alltag. Es gibt Menschen, die sind uns sofort – und ohne, dass sie etwas dafür können – unsympathisch. Die kommen auf einen zu und sagen nur „Hallo“ und man denkt sich „Oh, toll. Noch so einer.“
Wir alle haben solche Leute kennengelernt, wir alle haben Leute kennengelernt, die das selbe System auf uns angewendet haben, wir wissen, dass es unfair ist, Leute nach dem ersten Eindruck zu beurteilen – und wir tun es meistens trotzdem. Arschig? Ja. Menschlich? Auch.
Aber dann gibt es jene Leute, die tatsächlich und objektiv gesehen “böse” sind. Wir denken an den Charakter des Traceless zurück und wir müssen dabei noch nicht einmal fiktional werden. Denken wir an Diktatoren, denken wir an Menschen, die meinen, dass ihre Meinung mehr gilt, als die Anderer, denken wir an all jene Leute, die es schaffen, durch die Buchstabenkombination TTV (Täuschen, Tarnen und Verziehen) durchs Leben kommen – und dies regelmäßig, ohne schlechtes Gewissen und wenn man sie darauf anspricht, auch noch ungehalten werden können. Solche Leute können – auch hier, ohne schlechtes Gewissen – unter dem Prototyp „Arschloch“ subsumiert werden und solche Leute würden wahrscheinlich auch heute noch in ihrer Kindheit von Morgana zu „El Katib“ eingezogen, wenn es sich hierbei nicht a) um eine Geschichte aus der Vergangenheit handelte und B) sie nicht pure Fiktion wäre.

Aladdin – um einen weiteren großen Komiker und Kabarettisten zu zitieren: „Und do wore m’r jrod dra“ – hatte selbst schlechte Erfahrungen mit der sogenannten Mordmafia gehabt.
Damals, als die Bezeichung „Straßenjunge“ noch sehr akkurat war – er lebte auf der Straße und er war 7 Jahre alt, also per definitionem ein Junge -  hatte er drei Dinge. Seine Kleidung, einen starken, moralischen Kodex („Stehle nur soviel, wie du brauchst, um zu leben.“)  und einen besten Freund, namens Amal.
Dieser hatte mit Aladdin drei Sachen gemein. Er war ein „Straßenjunge“, er war Aladdins bester Freund und er trug Kleidung. Gut, Letzteres müsste nicht großartig erwähnt werden. Was Amal von Aladdin unterschied: Das Fehlen eben jenes Kodex’s. Amal stahl das, was er haben wollte, nicht das, was er brauchte – auch wenn da hier und da einige Überschneidungen zu finden sind. Aber – Amal stahl auch aus Freude. Oder sagen wir es mal so: Wenn man die Adjektiv-Nomen-Kombination „diebische Freude“ im Lexikon hätte verewigen wollen, man hätte ein Foto von Amal dazugereicht. Und einige Zeit lang ging diese Freundschaft gut – wie ja auch manche Freundschaften, die einem eher zweifelhaften Millieu entspringen, anfangs sehr gut laufen.
Amal brachte Aladdin eine gewisse Gerissenheit bei, die er für die Ausübung seiner Diebesprofession durchaus brauchen konnte und Aladdin versuchte, Amal ein moralischer Kompass zu sein. Dies ging nicht unbedingt gut und endete damit, dass in einer Vollmondnacht Amal spurlos verschwand.

Was Aladdin nicht wusste – Amal war in Morganas Falle getappt, die dem Dieb Macht und Unsterblichkeitversprach – und ihn in einen Katib verwandelte, eine Kreatur des Schattens und der Unterwelt. Rein optisch sehen die Katib relativ beeindruckend aus – wenn man eine Hauskatze-Fledermaus-Mischung auf Steroiden beeindruckend findet. Und diese Wesen waren alles Andere als freundlich und nicht unbedingt zahm.

Als Aladdin nun die schwarzen Felle der Katib im Sonnenlicht erblickte, musste er hart schlucken. Mit diesen Kreaturen wollte man sich nicht anlegen, man tat es nur, wenn man keine andere Wahl hatte.

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