Forum > Fan-Fiction Allgemein

Libellen und fliegende Teppiche (Star Trek / NCIS / Aladdin)

<< < (6/10) > >>

CaptainCalvinCat:
Und dann sah er, wie eines der Biester mit vor Geifer laufendem Mund Anlauf nahm und auf Jasmin zusprang.
„JASMIN!“, rief er und merkte, wie seine Stimme sich übeschlug.

Die Prinzessin hörte den Schrei und reagierte sofort. Sie wusste nicht, wieso Aladdin schrie, sie hörte nur, dass er panisch klang und dass ihn etwas erschreckte – etwas das hinter ihr war.
Also überließ sie ihren Körper der Schwerkraft, sackte in sich zusammen und sah wie ein tiefschwarzer Schatten über sie hinwegzog, mit pantherhafter Eleganz landete und sich umdrehte. Gelbe Augen starrten sie an.
Das war definitiv etwas Anderes als Rajah, ihre Schoßtigerin. Dies war gefährlich und würde sie vermutlich am Liebsten sofort zerfleischen.
Das Wesen schaute sie an, knurrte einmal leise, so dass sie die Resonanz im Kehlkopf des Geschöpfes hören konnte und brüllte dann. Ihr schlug eine Woge von Hitze, Gestank und Verwesung entgegen. Doch wer war sie, dass sie sich davon würde einschüchtern lassen?
Ihre allererste Lektion im Umgang mit Rajah war gewesen, dass ihr späteres Haustier vermutlich Angst würde wittern können und sie daher ruhig und beherrscht sein musste. Sie durfte sich keine emotionale Regung erlauben, die ihre Position der Tigerin gegenüber schwächen würde. So war es auch hier.
Obwohl Jasmin auf ihrem Hintern saß, erhob sie sich langsam und vorsichtig, schwang die Beine hinter sich und ging vor dem Katib auf alle Viere. Sie bohrte ihren Blick in die gelben Augen des Albtraumgeschöpfes und bemühte sich, nicht zu schwitzen.
„ Du wirst mich nicht angreifen. “, dachte sie und senkte den Kopf, was ihre Augen noch größer machte, „Du wirst mich in Ruhe lassen.
Der Katib schien davon anfangs nur mäßig beeindruckt, brüllte erneut und zuckte dann zu Prinz Doktor herum, der – wie Jasmin aus den Augenwinkeln sah – seine Waffe gezückt hatte und sie auf das Wesen richtete.
Kurz blickte sie – nur mit den Augen – zum Prinzen und sagte, mit fester Stimme: „Nein. Stecken Sie das Ding weg.“
„Prinzessin?“, die Stimme des Captain schien ungläubig.
„JETZT!“, sagte die Prinzessin mit Schärfe in der Stimme.
Der Katib reagierte, zuckte zu ihr herüber und war nun daran, ihr in die Augen zu starren.
Zwar war es lächerlich, dass sie ihn verstehen würde, aber der Blick sagte anfangs alles.
„Was willst Du mir? Du bist nur Beute, bist nur Fleisch.“
Die folgenden Worte hören sich eventuell merkwürdig unpassend an, aber sie sind eine akkurate Beschreibung.
Jasmin krabbelte langsam auf den Katib zu und schaffte es, dieser Bewegung eine Würde und Hoheit zu verleihen. Dann blickte sie erneut in die Augen des Wesens.
„Lass uns in Ruhe.“, dachte sie und hoffte, dass dieser Befehl bei dem Geschöpf ankam.
Nein, sie würde nicht zurückweichen, sie würde hier und jetzt ihren Willen gegen dieses Wesen durchsetzen.
„Lass…“, begann sie zu sprechen, „… uns“, und ihre Stimme war dabei ein Zeugnis von gleichzeitiger Ruhe und Befehlsgewalt, „in Ruhe.“
„FLEISCH!“ , schien der Katib zu brüllen, doch als Jasmin dann urplötzlich  ein „SITZ!“ bellte und immer noch in die Augen des Wesens blickte, trat dieses ein paar Schritte zurück, nahm dann Anlauf und sprang über Jasmin hinweg.
Dann trat das Tier auf seine Kameraden zu, brüllte etwas und verschwand – gefolgt von den anderen Tieren.
Der Prinz schien dem Abgang des Katib mit den Augen zu folgen, Jasmin drehte sich – immer noch auf allen Vieren – um und erhob sich dann langsam.
Doktor trat neben sie, legte ihr eine Hand auf die nackte Schulter und nickte anerkennend: „Woher wusstest Du, dass das klappt?“
Die Prinzessin zuckte mit den Schultern: „Ich hab einen Schoßtiger, wie Du weißt. Übung.“
„Und wenn das nicht geklappt hätte?“
„Dann wären wir gefressen worden.“, lächelte die Prinzessin dem Prinzen zu und genoß es, zu sehen, wie er kurzzeitig die Fassung verlor.
Dann drehte sie sich um und trat – wie eine Prinzessin, die sie wahr – gemessenen Schrittes auf Aladdin zu.
Dieser nickte ihr zu: „Gut gemacht, Jasmin.“
Sie lächelte: „Danke.“
Als auch Prinzessin Theti und Prinzessin Song auf sie zukamen, nickte sie ihnen zu und hakte sich bei ihnen ein.

Cal blickte der Prinzessin verwundert hinterher.
Respekt, das musste er der Frau aus Agrabah wirklich lassen – andererseits: Was hatte er erwartet? Kurz ließ er seinen Blick über die drei Frauen schweifen, die in der Höhle standen – Jasmin, Agatha, Theti – und schüttelte den Kopf. Keine dieser drei Frauen war geneigt, aufzugeben. Sie würden niemals, dem billigen Klischee folgend, erst eine große Tat vollbringen und dann ohnmächtig werden. Das wäre eigentlich eher sein Ressort.
Aber Jasmin hatte es tatsächlich geschafft, einen Angriff dieser komischen Flederkatzenviecher abzuwenden.
Und warum auch nicht? Wenn sie die Erfahrung hatte, die sie aus dem Training mit Rajah bezog? Wenn das alles klappte?
Tatsächlich verzogen sich ein Katib nach dem Anderen und der Captain konnte sich den Gedanken „Was für ein billiger Cop-Out“ nicht verkneifen. Vermutlich – so dachte er sich – hatten die hiesigen Produktionsstätten nicht genügend Geld „auf Tasche“ um eine beeindruckende CGI-Schlacht hinzukriegen.
Dann sah er die beiden Rösser und die Reiter, erkannte zumindest den einen von ihnen und trat auf ihn zu.
„Razul.“, grinste er, „Hätte nie gedacht, dass ich mal so froh sein würde, dich zu sehen.“
Der Hauptmann der Wachen blickte ihn an und deutete dann hinter sich: „Ich bin ein Gefangener, genau wie Sie, Prinz Doktor.“
„Das stimmt, aber Du bist ein Gefangener, der ernsthaft Ärsche treten kann.“, grinste der Captain, klopfte dem Hauptmann auf die Schulter und wandte sich dann zur Höhle um. Kurz warf er einen Blick auf den Berg, in den die Höhle eingelassen wurde – ein großer, massiver Felsen, der ihm jedoch irgendwie …
Cal schüttelte den Kopf.
Das war doch alles Quatsch und überhaupt nicht wichtig.
Er machte sich auf den Weg zur Höhle, als er hinter sich ein animalisches Knurren hörte, herumwirbelte und sich unter einem fliegenden Katib hinwegduckte.
Dieser krachte gegen den Berg und rutschte daran herunter.
„SIE KOMMEN WIEDER!“, schrie Cal und eilte zum Eingang der Höhle, seinen Phaser ziehend: „PRINZESSIN SONG! VERTEIDIGUNGSMUSTER ALPHA!“

Agatha Silverbird konnte gar nicht fassen, was sie da auch sich zukommen sah. Eine gewaltige Armee von merkwürdigen Wesen, die durch Aladdin als „Katib“ identifiziert wurden. Wenngleich sich die hübsche XO nicht so ganz zurechtlegen konnte, wer oder was die Katib waren, geschweige denn, was sie vorhatten, so war das entsetzte Aufkeuchen des jungen Prinzen Agrabahs ein ziemlich gutes Indiz. Der Captain kam auf sie zugehechtet, rief ihr zu, dass sie Verteidigungsposition Alpha einnehmen sollte und sie fügte sich diesem Befehl. Ihre Bewegung wurde militärisch-präzise, sie zog ihre Waffe und richtete sie auf den Eingang.
„Wer immer da gleich durchkommt…“, keuchte Cal und schaute sie an.
„Wird noch sein blaues Wunder erleben.“, komplettierte die XO den Satz, nickte ihrem Captain zu und stellte ihren Phaser auf „Betäubung“. Dem Verteidigungsmuster Alpha zufolge, würde sie versuchen, die Angreifer, die in Cals totem Winkel lagen, zu treffen. Stellte man sich die Höhle, in der sie sich befanden, die zu einer großen Felswand gehörte, als gerade Linie auf dem Boden vor und positionierte sowohl den grünen Energiehorizont, als auch die feindliche Linie der Katib so, dass sie einen Halbkreis zu der Grundlinie bildeten, hatte man einen Aktionsradius von 180 Grad. Der Höhleneingang lag so, dass man, schösse man einen Strahl geradeaus auf den Energiehorizont zu, den 180 ° Bogen genau in der Mitte teilte, sodass zwei 90 ° Bögen entstünden. Cal würde sich nun allen Angreifern rechts der gedachten Halbierungslinie annehmen, Agatha demzufolge die linke Seite betreuen.
Captain und Commander warfen einander einen Blick zu, dann grinste Cal: „Weißt Du, wir hätten uns auch einfach nur ein paar schöne Tage in Agrabah machen können.“
„Wäre doch zu einfach gewesen.“, zwinkerte die XO ihm zu, was den Captain zum nicken brachte. Dann wandte er sich an Aladdin, Jasmin, Theti und Papyrus.
„Okay, was auch immer hier gleich abgeht, ihr werdet euch nicht von der Stelle rühren. Das is unsere Show, kapiert?“
Dann begann der Angriff.

Die Katib spurteten los. Ihre durchtrainierten Klauenfüße gruben sich in den Sand, wirbelten ihn auf, als sie ihre pulsierenden Waden anstrengten und beschleunigten. Aus den geöffneten Mäulern dröhnte ein unheimliches Geräusch, ein nahezu unmenschlicher Kampfschrei, der das Blut in den Adern der Menschen in der Höhle gefrieren lies.

Agatha wartete, bis eines der Wesen nahe genug war, zielte dann und drückte ab. Ein goldener Lichtstrahl spannte sich vom Emitter des Phasers bis zur Brust des Tieres, ließ das Wesen erstrahlen und dann zu Boden fallen. Immer mehr Lichtstrahlen schossen aus der Höhlenöffnung zu den Wesen, ließen sie aufjaulen und zu Boden gehen, doch je mehr Wesen zu Boden gingen, desto mehr Katib kamen als Nachschub. Ihr fiel einer der Berichte ein, die sie seinerzeit im Stargate Command gelesen hatte – die erste Mission, die SG-1 zum Jaffa-Planeten „Chulak“ führte und die beinahe auch die letzte Mission des SG-1-teams gewesen wäre. Damals, unter dem Feuer der am Himmel partroullierenden Udajeet-Kampfgleitern (von Jack O’Neill später „Todesgleiter“ genannt), hatte Sam Jack einen Satz zugeworfen, den Agatha auch jetzt bemühen wollte: „Colonel, wir sind ein ideales Ziel!“
Und es stimmte. Zwar hatten sie Deckung, aber wenn man bedachte, dass immer mehr dieser Katib auftauchten und ihre betäubten Kameraden ersetzten, immer mehr Katib immer näher kamen, so war es sicher, dass diese Wesen diese Stellung irgendwann überrennen würden.
Sie blickte zu Cal und sah in seinen Augen, dass auch er wusste, was die Stunde geschlagen hatte.

Verdammt, verdammt, verdammt.
Vielleicht gab es ja noch eine andere Möglichkeit? Hatte sein Phaser noch genügend Energie um einen Fächerschuss abzugeben?
Der Captain warf einen Blick auf seine Waffe und spürte, wie die Entmutigung ihn beinahe selbst betäubte – wenn auch nur seinen Geist, den dafür mit Faustschlägen lahmlegend.
Natürlich hatte er nicht genügend Energie, um diesen Trick durchzuführen.
Das wäre ja auch viel zu einfach gewesen.
Und er konnte in den grünen, hypnotischen Augen Agathas sehen, dass sie genau das selbe Szenario gedanklich durchspielte.
„Hypnotisier mich!“, rief er ihr zu, riss seine Waffe hoch und feuerte auf einen Katib, der ihnen schon verdammt nahe gekommen war. Das Wesen kollabierte. Agatha blickte ihn verblüfft an, zielte dann auf einen anderen Angreifer und schickte ihn zu Boden, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihm widmete: „Bitte?“
„Auf dem… Schiff hast du mich getriggert und aus mir eine Kampfmaschine gemacht. Das könnten wir jetzt brauchen.“, schrie Cal gegen das immer lauter werdende Brüllen der Katib und das Fauchen ihrer beiden Waffen an.
Die XO schüttelte den Kopf.
„Momentan ist das nicht anzuraten.“, rief sie, lehnte sich aus ihrer Deckung und feuerte auf eines der Katzenwesen, ehe sie sich wieder in den Schutz der Höhle presste und Cal anschaute.
„Warum nicht?“
„Egal.“, erklang plötzlich die Stimme Papyrus, der nun sein Schwert zog und es golden aufglitzern lies.
Cal erhob sich und trat auf den Ägypter zu: „Ich habe gesagt, dass Ihr in Deckung bleiben sollt.“
„Ich werde nicht in Deckung gehen“, sagte der Angesprochene und verschränkte die Arme vor der Brust, „Ihr seid unsere Alliierten und wir werden euch verteidigen.“
Cals Reaktion bestand aus einem Augenrollen, dann einem gemurmelten „Is ja süß´“, ehe er Papyrus anblickte: „Hör mal, ich weiß, Du hast nur Gutes im Sinn, aber momentan haben wir hier die überlegenen Waffen.“
Damit hob er seinen Phaser kurz an, damit der Ägypter ihn sehen konnte, ehe er die Waffe wegsteckte: „Und damit will ich hier nicht die ‚Ich hab den Längeren’-Karte ausspielen, sondern einfach nur festhalten, dass ihr momentan wesentlich besser fahrt, wenn ihr uns unseren Job tun lasst.“
„Du willst nicht mit uns kämpfen, Prinz Doktor?“
Cal legte dem Ägypter eine Hand auf die Schulter: „Unter normalen Umständen wäre nichts eine größere Ehre – naja, abgesehen davon, Picard die Hand zu schütteln.“
Das verwirrte „Wem?“ seitens Papyrus wischte der Captain mit einem kurzen „Nicht so wichtig“ beiseite, ehe er ihn ansah: „Wie schon gesagt, nichts wäre eine größere Ehre, aber mit denen da“ – er deutete auf den Ausgang – „können wir mit diesem hier“ – er hob den Phaser – „definitiv besser besser in den Arsch treten.“
Kurz betrachtete der Prinz ihn, nickte dann und sagte: „Vielleicht hast Du recht.“
Der Captain seufzte erleichtert. Er würde nicht noch einmal die Geschichte verändern, in dem er andere Leute seine Kämpfe ausfechten lies, nicht noch ein…
„Prinz Doktor? Ich muss mich noch für eine Sache revangieren.“
Was meinte der Mann aus Ägypten damit?
Cal blickte ihn verblüfft an: „Bitte?“
„Hierfür.“, sprach Papyrus – und als Cal wieder klar denken konnte, lehnte er neben Agatha an der Felswand.
Sie blickte ihn an, wischte ihm kurz das Blut von der Lippe und grinste: „Ja, er hat dich k.o. geschlagen.“
„Wundert mich nicht.“

Gut, die Faust tat weh, aber einerseits hatte es sich gut angefühlt, zum anderen hatte er darauf gewartet, Prinz Doktor den Kinnhaken heimzahlen zu können und zum Dritten war dann niemand da der versuchte, den Helden zu spielen. Das heißt – niemand ausser ihm. Und – bei Horus – er würde diese Katib zumindest zurückschlagen.
Mit einem „Jetzt“ katapultierte sich Papyrus aus der Höhle, ließ das „Schwert des Horus“ gekonnt herumwirbeln und führte es in das entsprechende Ziel – die Brust eines Katib. Die Lebensform keuchte auf und ging zu Boden. Papyrus folgte ihr, zog das Schwert aus der Brust, wischte es ab und machte sich daran, ein neues Ziel zu finden.

Hinter ihm leuchtete es golden auf und Papyrus wusste, dass Prinzessin Song ihm mit ihrer Magie Rückendeckung gab, auf die Katib einschoss, die er nicht attackieren konnte oder verpasst hatte. Sicherlich war es ein Himmelfahrtskommando, alleine, gegen eine ganze Armee zu kämpfen, aber Papyrus war sich sicher, aus dieser Sache siegreich hervorgehen zu können. Dann hörte er die vertraute Stimme seiner Frau, Prinzessin Theti, die Kampfschreie ausstieß. Kurz wirbelte der Junge herum, sah, wie Theti sich mit einem Katib einen Faustkampf lieferte und musste grinsen. So kannte er seine Prinzessin. Seitdem sie in ständiger Angst leben mussten, dass Seth, der Gott des Chaos und der Unterwelt, der Herrscher von Omboss, eventuell heute den entsprechenden Schlag gegen sie ausführte, hatten sie trainiert. Das hatte dazu geführt, dass Beide eine annehmbare Kondition aufgebaut hatten.
Der Gestank nach Verwesung, der aus dem Maul eines Katib kam, riss Papyrus wieder in die Gegenwart zurück – er wirbelte herum, führte seine Klinge gegen die Kehle eines der Angreifer und machte sich dann auf, den nächsten Gegner zu bekämpfen.

Einer der Katib grub seine Klauen in den Sand, setzte zum Sprung an und eilte los. Er sprang über etliche seiner Kollegen, über einen Stein, erfasste sein Ziel und sprang, wie von einer Sprungfeder abgeschossen, ab. Im Flug fuhr er seine Krallen aus – es würde ein Vergnügen sein, jene Krallen in die Brust des Opfers zu versenken und das weiße Gewand, das sie trug, in rotes Blut zu tauchen. „Kämpf nur, du Opfer!“, dachte er sich, als er aus seinen Augenwinkeln etwas Goldenes wahrnahm. Und ehe er verstand, was sich ihm dort näherte, spürte er einen stechenden Schmerz in der Brust. Das Letzte, was er wahrnahm, war das erschrocken-grimmige Gesicht des Mannes, den man Papyrus nannte, als er das Schwert aus der Brust des Katibs zog.

Aladdin betrachtete das Gemetzel, das der Ägypter da anrichtete, nicht ohne gewissen Zweifel. Die Katib – das waren eigentlich Menschen, im Grunde. Zwar waren sie von Grund auf Böse, aber dennoch konnte er dies nicht gutheißen. In diesem Moment spürte er eine mächtige Pranke auf seiner Schulter. Er wandte sich an Razul, der ihm zunickte: „Ich kann mir vorstellen, was in dir vorgeht, Straßenköter. Es muss sein. Es gibt keinen anderen Ausweg. Es heißt wir oder die. Willst Du hier sterben, nur damit dort kein Mensch sterben muss? Denkst Du, Morgana würde auch nur mit der Wimper zucken?“
Der Prinz von Agrabah wusste nicht wieso, aber dieser Argumentationsgang ließ sein Blut kochen. Er schlug die Pranke Razuls weg: „Und? Verdammt, Razul, wir sollten besser sein, als das da.“
Anklagend deutete er auf die Ereignisse ausserhalb der Höhle, „Wir sollten besser sein, als das, was wir da tun.“
„Sollten wir“, sagte Prinz Doktor und erhob sich, „Sind wir aber nicht. Waren wir nie, werden wir nie sein.“
Und Aladdin hatte das Gefühl, dass der Prinz da aus Überzeugung sprach.

Cal schlug die Hände klatschend ineinander.
„Verdammt, Aladdin. Ich bin auch kein Fan dieses Gemetzels dort – und ich würde auch lieber Blumen pflücken und mich meiner XO – ähm – Prinzessin hingeben. Fakt ist, dass wir das momentan nicht können. Und eigentlich weißt du das.“
Verdammt, eigentlich müsste der Prinz in den Pluderhosen genau das wissen – er war Aladdin, einer derjenigen, der aufstand und kämpfte, wenn es notwendig war.
„Du hast recht, Prinz Doktor“, nickte der Junge aus Agrabah, „Ich weiß, dass es keine Alternative gibt. Aber ich muss es nicht mögen.“
„Das stimmt – das musst du nicht.“, sagte Cal und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter – und hoffentlich fragt nicht in ein paar Jahren der Leser (und vielleicht sogar der Autor selbst) „Ist das nich eine Menge unnötiges Drama, was du da gerade rein gebracht hast?“
Vielleicht, aber vielleicht braucht es das auch mal – wobei es dann nicht mehr in die Kategorie „unnötiges Drama“ fallen würde.

Papyrus spürte plötzlich einen harten Schlag. Verdammt, einer war durchgekommen und war mit ihm kollidiert. Der Prinz aus Ägypten rappelte sich auf, blickte sich suchend um und stellte fest, dass er entwaffnet war.
Plötzlich war Theti neben ihm, das Schwert des Osiris in der Hand – ohne von den Göttern gefällt zu werden – und schwang es gegen den Angreifer.
Dieser duckte sich unter dem Schwertstreich hinweg und begab sich in eine Kampfposition. Theti tat es ihm gleich, ließ das Schwert gekonnt rotieren – Papyrus kam nicht umhin, festzuhalten, dass sie unglaublich gut dabei aussah und fragte sich, wann sie das geübt hatte.
„Papyrus, wenn ich jetzt sage, duckst Du dich.“, hörte er dann die Stimme Prinzessin Songs und nickte, ehe er ein „THETI, lass dich FALLEN!“ rief.
Die Prinzessin gehorchte, als der Katib Anstalten machte, sie anzufallen – was darin endete, dass das Wesen einen Satz über sie machte und ein wenig irritiert stehen blieb.
„JETZT!“, schrie Prinzessin Song und der Ägypter ließ sich ebenfalls fallen. Goldene Energie schoss über ihn, traf den Katib und brachte ihn dazu, in sich zusammenzusinken.
Am Boden liegend warf der Prinz einen Blick zu Theti, die ihm sanft zulächelte: „Und, wie gefällt dir der diplomatische Ausflug, mein kleiner Fischer?“

Aladdin und Jasmin sahen einander besorgt an, ehe der junge Prinz aus Agrabah Razul das Schwert entwendete – was dieser mit einem verblüfften „HEY“ kommentierte – und dann ebenfalls losstürmte. Stimmt, er musste es nicht mögen, die Katib zu besiegen, aber anscheinend gab es keine andere Wahl.
Vielleicht würden sie hier und heute ihr Ende finden – niedergemacht von den Horden Morganas Mordmafia – oder sie würden obsiegen. Aladdin wusste es nicht, er wusste nur, dass er nicht abseits stehen durfte, wenn Papyrus und Doktor die Horden zurückschlugen.

Cal seufzte.
Jetzt lief auch noch Aladdin mitten ins Gefecht. Hoffentlich waren sie klug genug, ihm nicht dauernd vor der Phasermündung rumzuturnen, denn dies war eigentlich sein Ressort. Und sowieso war dies seine Aufgabe, er hatte die Waffe, die auf Distanz funktionierte, die beiden Prinzen hatten, verglichen damit, nur Stöcke zur Verfügung. Gut – glänzende, goldene, scharfe, sehr schmerzvolle Stöcke, mit denen man Leute absolut effektiv aufpieksen und die Eingeweide durcheinanderbringen konnte – aber im Vergleich zu einem Phaser waren dies einfache Stöcke.
Der Captain warf einen Blick zu Agatha, die ihre Waffe sinken ließ und mit den Schultern zuckte. „Jetzt haben beide Königreiche einen gemeinsamen Feind.“
„Wenn Seth nicht sowieso mit Morgana gemeinsame Sache macht.“
Diese Vermutung kam von Prinzessin Jasmin, die sofort im nächsten Augenblick mit einem Kampfschrei Cal den Phaser aus der Hand trat, die wirbelnde Waffe auffing und auf einen Katib abfeuerte, der es geschafft hatte, die Verteidigungslinien zu durchbrechen.
Der Inhaber der Sternenflottenstandardwaffe schluckte hart und warf einen Blick zur Prinzessin, die mit den Schultern zuckte: „Razul hat mich gut trainiert. Ist eigentlich auch nicht schwerer handzuhaben, als eine Armbrust.“
Sprachs, riss die Waffe erneut hoch und feuerte auf einen weiteren Angreifer.
‚Ja’, schoss es Cal durch den Kopf, ‚Aber eine Armbrust löst in der Regel eher weniger Leute auf. So’N Phaser tut das gern mal, wenn man ihn falsch einstellt.’
Agatha nickte: „Okay, hier hast Du meine Waffe. Beidhändig feuern geht ja auch, oder?“
„Natürlich.“
„Gut, sieh nur zu, dass diese Anzeige hier“, sie deutete auf den Energieintensitätsindikator, „im grünen Bereich bleibt. Verstell da bitte nichts.“
Agatha klopfte der Prinzessin auf die Schulter und ging zu Cal. „Übrigens, ich muss dir noch was zeigen.“
Damit wandte sie sich um und ging zurück in die Höhle. Der Captain folgte ihr.

 

Irgendwie fühlte es sich nicht unbedingt wie eine gute Idee an, die Schlacht zu verlassen. Das komplette Training, das er doch irgendwo in seinem Kopf abgespeichert hatte, meldete sich gerade in diesem Moment und flüsterte ihm zu: „Hey, psst, komm mal her, Cal – das is ne extrem bescheuerte Idee.“, aber momentan fühlte er sich wie Agathas Vorfahre im Kabarettprogramm, wenn er als eine der Politikerinnen des 21. Jahrhunderts von sich gab „Aaaaber… tralalala – hmpf…. Alternativlos.“
Und irgendwie traf genau dies zu.

Es war alternativlos. Es war eigentlich alles alternativlos. Sie waren hier, bruchgelandet – notgelandet? Bruchnotgelandet? Notbruchgelandet?! – in Agrabah und bevor er sich mit solchen Problemen wie etwa „Wie zum Henker kommen wir hier wieder weg?“ beschäftigen konnte, musste er sich erst einmal einer anderen Frage widmen: „Wo, zum Donnerwetter, ist die DRAGONFLY ?“ Sie hatten zwar einen vielversprechenden Hinweis – im Skorpion des griechischen Terroristen Mechanikles hatte der Genie die Bordplakette seines Raumschiffes gefunden (des Föderationsraumschiffes, nicht des Genieraumschiffes, der hatte ja keines, nur eine magische Lampe) -  aber der erste Verhörversuch des Griechen war darin geendet, das Morgana Aladdins Stelle eingenommen und dem Griechen zur Flucht verholfen hatte, der Versuch, Mechanikles einzufangen, hatte sie in diese Situation gebracht, also mussten sie ersteinmal aus dieser Situation rauskommen, ehe sie das Verhör erneut beginnen konnten.
Und dazu mussten sie an der Front sein. Schließlich hatten sie als Starfleetoffiziere Zugang zu hochentwickelter Waffentechnologie.

Zugegeben, die Waffentechnologie war so hochentwickelt, dass eine Traumgestalt aus dem Jahr „Keine Ahnung vor Christus“ sie verwenden konnte, aber das sprach nur für die einfache Bedienbarkeit. Im Grunde war ein Phaser ja auch nichts anderes, als eine normale Waffe – zielen und abdrücken, mehr nicht. Gut, eventuell sollte man vorher nochmal erklären, welche Einstellungen okay sind und welche man nicht jeden Deppen ausprobieren lassen sollte, aber erstens war Jasmin kein Depp und zweitens war sie gut.

Drittens waren sie im Disneyversum – das heißt: „Gute Menschen töten nicht.“
Ausser man heißt Papyrus, aber der findet ja nicht im Disneyversum statt, sprich: Er muss sich nicht an diese Regeln halten. Und wo wir gerade bei Regeln sind – Cal war zwar nicht unbedingt glücklich mit seiner neuen Tarnidentität, aber er musste sie solange aufrecht erhalten, bis er aus diesem Disneyalbtraum raus war.
Zugegeben, die Idee, einen Prinzen zu spielen, hatte was für sich.
Auch der Gedanke, mit Aladdin, Jasmin, Papyrus, Theti und allen voran natürlich Agatha, Abenteuer zu erleben, sagte ihm zu. Schließlich kannte er die ersten vier als Figuren aus alltäglicher Holounterhaltung und mit ihnen zusammen zu arbeiten war für den Captain ungefähr so ehrenhaft, wie die Zusammenarbeit mit einer der größten Legenden der Föderation.
Und sein wir mal ehrlich: „Prinz Doktor“ war immerhin noch ein besseres Alias als „Charlie Monrose“ oder „H-25-nochwaskirchen“.

Das Schlachtengetöse – gut, da war nich viel Schlachtengetöse, mit dem man arbeiten konnte, ausser den Kampfschreien der El Katib und dem lauten Auffauchen der Phaser, der Kampfschreie Aladdins, Thetis, Papyrus, Cassims, Razuls, dem Singen von Papyrus Schwert der Götter -  doch, wenn man ehrlich war, gab es schon einiges an Schlachtenlärm.
Dieser wurde also sukzessive leiser, je weiter Cal und Agatha den Stollen entlanggingen, den jemand in diesen Berg gehauen hatte. Beeindruckt von der Handwerkskunst, die dabei an den Tag gelegt wurde, blickte sich der Captain um, nickte ein paar Mal anerkennend und sagte: „Besser hätten es meine Vorfahren auch nicht gekonnt.“
Agatha stoppte, drehte sich um und schüttelte grinsend den Kopf: „Cal, du kommst nicht aus dem Ruhrgebiet. Und das weißt du. Du bist so britisch wie Fischstäbchen und Vanillepudding.“
„Lass mir doch meinen Spaß. Ich weiß doch nur ein paar Sachen über den Ruhrpott. Und wenn ich mich nach Aussen hin, wie einer „von da weg“ benehme, möchte ich auch hier und da ein bischen was entsprechendes sagen können.“
„Du weißt schon, Schatz, dass Du damit sehr klischee-ig wirst?“, fragte die XO und zwinkerte ihm dann zu, „Aber keine Sorge, ich werde es nicht verraten.“
Cal zuckte mit den Schultern: „Na, das’s ja man beruhigend.“
Dann legte er den Kopf schief und schaute seine XO an: „Was wolltest Du mir eigentlich zeigen?“
Und plötzlich grinste Agatha wie ein Honigkuchenpferd.
Nein, das stimmt nicht ganz. Im Vergleich zu der Süße, die in diesem Grinsen lag, das es schaffte so breit wie möglich zu sein, ohne dabei unheimlich zu wirken, war ein Honigkuchenpferd eine verdammt saure und bittere Angelegenheit.
Was wäre wohl ein perfektes Äquivalent?
Erdbeeren in weißer Schokolade?
Nein, nicht wirklich – die sind zwar süß und für den Captain wären sie sicher genau so verführerisch wie Agatha (ob nun mit weißer Schokolade bestrichen oder nicht, das überlasse ich meinen Lesern, ich schreibe ja keinen Schweinkram) , aber dieses Grinsen war noch süßer.
Er hatte mal den Satz gehört „Du grinst wie ein Pfannekuchen“ und noch nicht mal das war akurat genug.
Auch nicht, wenn der Pfannekuchen zusätzlich noch karamelisiert wäre…. Aber …
Er hatte es.
Agatha grinste wie ein karamellisierter Pfannekuchen, überzogen mit Ahornsirup und weißer Schokolade.
Also so süß, dass man spontan seinen Zahnarzt anrufen wollen würde und sagen „Doc, ich glaub ich hab n paar Löcher.“

Dieses süße Grinsen zeigte nun seine XO und deutete hinter sich.
Cal verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf in die andere Richtung schief, schloss ein Auge und versuchte, aus diesem Bild irgeneinen Sinn zu erkennen.
Er scheiterte.
„Hättest Du was dagegen, mich in den Grund deiner extrem guten Laune einzuweihen?“
„Nein“, schüttelte sie den Kopf, warf sich gegen ihn und küsste ihn: „Schatz – wir sind da. Wir haben die DRAGONFLY gefunden.“
Erneut betreten wir die fabelhafte Wunderwelt der Sprachen.
Jemand aus Deutschland würde vermutlich fragen „Wie kommst Du darauf?“.
Alternativ auch „Wie kommst’n auf dat schmale Brett?“
Oder in der Zeit des Internets: „What the fuck?“
In englisch übersetzt sich die Frage „Wie kommst Du darauf?“ nicht in „How do you come on that?“,  sondern in „What makes you say that?“
Aber Cal entschloss sich für die kürzeste Frage, die er in diesem Moment stellen konnte – auch er hatte zwischendurch die Momente, in denen er mit seiner Zeit so effizient wie möglich umgehen wollte und wenn sich seine rothaarige Freundin an ihn heranoperiert und ihn küsst, stellt er garantiert keine elaboriert-langen Fragen.
Also kein „Kommst n auf Dat?“, kein „What the fuck?“ auch kein „Was macht dich dies sagen?“ sondern ein einfaches Wort, das aus zwei Buchstaben besteht und in höchster Effizienz anzuzeigen vermag, dass der Fragesteller nicht ein Wort verstanden hatte.
Die Frage, die Cals Mund entfleuchte lautete: „Hä?“

Zugegeben, der Umgang mit der Armbrust war streckenweise dann doch ein wenig schwieriger gewesen. Hier hatte Jasmin die Möglichkeit, so häufig zu schießen, wie es notwendig war, ohne nachladen zu müssen. Das musste man der transportablen, fiktivistischen Magie lassen – sie war effizient und extrem einfach zu Handhaben. Sie zielte auf einen Katib, feuerte, und die Kreatur fiel – wie gefällt – um. Zwar stapelten sich die gefallenen Kreaturen langsam aber sicher, es gab für die Angreifer aber immer noch genug Möglichkeiten, über die gefallenen Genossen herüberzuklettern.
Verdammt – wenn man mit dieser Magie doch nur eine Möglichkeit hätte, die Gegner einfach verschwinden zu lassen.
Aber darüber durfte sie sich momentan keine Gedanken machen. Erneut näherte sich ein Katib, sie hob die Waffe, feuerte, das Wesen ging zu Boden – und wurde sofort durch ein Nächstes ersetzt, das auf sie zusprang.
Elegant auf allen vieren landend schüttelte es sich kurz, ehe es Jasmin anblickte und herausfordernd knurrte.
Jasmin blickte das Wesen an.
„Weswegen attackiert ihr uns?“
Die grellgelben Augen des Katib funkelten sie an, er fauchte und trat erneut einen Schritt auf sie zu.
Kurz schloss die Prinzessin die Augen, atmete tief durch und verbannte den Schlachtenlärm aus ihrem Kopf, ehe sie die Augen wieder öffnete und den Katib anblickte.
„Nenne mir den Grund für eure Attacke.“
Das Wesen kreischte und sie hatte das Gefühl, ein Wort in seinen Augen zu sehen. .
„ Gehorsam! “
„Wem gegenüber?“
„ Morgana .“
Es war definitiv faszinierend. Von aussen mochte sie aussehen wie jemand, der mit einem Tier sprach und hoffte, verstanden zu werden – doch in ihrem Inneren wusste sie, dass der Katib sie wirklich verstand.
„Morgana zwingt euch, dies zu tun?“, fragte sie und kurz setzte ihr Herz aus, als das Wesen sie anblickte, erneut kreischte und einen weiteren Schritt auf sie zutrat. Wenn der Katib sie nun attackieren würde, wäre alles aus. Niemals könnte sie die Waffe schnell genug in die richtige Position bringen, um abzudrücken. Vermutlich würde stattdessen die Magie über das Feld zischen und bestenfalls unnütz verpuffen – schlimmstenfalls würde sie damit jemanden aus ihrer eigenen Gruppe treffen. Vielleicht sogar Aladdin.
Aber sie hatte keine andere Wahl.
Erneut besann sie sich darauf, wie sie mit Raja trainiert hatte, sank auf die Knie und blickte dem Katib in die Augen.
Als das Wesen antwortete – nicht mit Worten, sondern mit Gedanken, Gefühlen, Zisch- und Knurrlauten – verstand sie es.
„Ja. Morgana hat den, der mit dir gesprochen hat, bestraft. Sie tötete ihn und warf seine Leiche aus ihrem Reich.“ .
‚Das muss der Katib gewesen sein, der über Prinz Doktor hinwegflog.’, schoss es der Prinzessin durch den Kopf.
Sie nahm eine Hand von der Waffe und streckte sie nach dem Katib aus. Das Wesen gab kurzzeitig einen agressiven Zischlaut von sich, dann, als könne es ebenfalls in ihre Seele blicken, blieb es stehen und ließ zu, dass sie es am Kopf berührte.
„Ganz ruhig.“, sagte Jasmin und ließ ihre Stimme in einen Singsang verfallen, mit dem sie hin und wieder schon einmal mit kleinen Kindern sprach: „Ich werde dir nichts tun.“
Damit glitten ihre Finger über das dichte Fell des ehemaligen Menschen. Der Katib erinnerte sie immer mehr an Raja und instinktiv kraulte sie dem Wesen das Fell.
Sie blickt es an: „Hast du einen Namen?“
„Namen sind bei uns überflüssig. Wir sind Katib.“ , antwortete das Wesen, erneut in dem es keine wirkliche Sprache verwendete, sondern anscheinend Gedanken projezierte.
 Die Prinzessin nickte und ihre Finger kraulten weiter, was anscheinend beim Katib die selben Reaktionen hervorrief, wie bei Raja. Es gab ein Geräusch von sich, das Uneingeweihte vermutlich bestenfalls als fremdartig-unheimlich, schlimmstenfalls als hochgradig aggressiv deuten würden. Doch Jasmin erkannte ein Schnurren einer großen Katze, wenn sie es hörte.
Ein leichtes Lächeln lief über ihre Lippen, sie konnte sich des Gedanken ‚Wie bei Raja’ nicht erwehren.
„Was ist ein Raja?“
Zugegeben, dass der Katib ihre Gedanken irgendwie spüren konnte, wunderte sie nun nicht mehr.
„Raja ist mein Schoßtiger. Und bevor du fragst – ich behandele ihn gut.“
Damit zwinkerte sie dem Katib zu und kraulte ihn weiter, ehe sie den Kopf hob, und das Gemetzel sah, das vor ihren Augen stattfand.
„Könnt ihr euch gegen Morgana auflehnen?“
„Nein.“
Jasmin nickte.
„Ja, das habe ich befürchtet.“
Langsam stand sie auf, ließ den einen Phaser da liegen, wo er lag und trat einen Schritt nach hinten.
 „Das heißt, du wirst zulassen, dass meine Freunde niedergemacht werden?“
Auch der Katib merkte, dass ein Umbruch in Jasmins Stimmung stattfand. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
„Du musst das verstehen. Ich habe keine Wahl. Wenn ich den Angriff aufhalte, wird ein anderer kommen. So sind die Befehle. Wir haben keine Wahl.“
Jasmin hob ihre Waffe.
„Ich habe auch keine. Ich möchte meine Freunde nicht sterben sehen, ich hoffe, das verstehst du.“
Die Kreatur senkte den Kopf kurz und – wie Jasmin fand – erhaben. Es erinnerte sie viel zu sehr an Raja.
„Ja – ich verstehe. Du musst die Deinen schützen und ich muss die Meinen schützen.“ , projezierte ihr der Katib in den Kopf.
„Gut.“
Damit feuerte sie.
Das Wesen leuchtete orange auf und kollabierte.
Jasmin trat neben den Gefallenen, legte ihm sanft eine Hand auf die Stirn und tätschelte sie sachte, ehe sie nach dem Phaser griff und eine Träne, die in ihrem Auge blitzte, wegzwinkerte.
Sie richtete die Waffen wieder auf die Katib aus.
Verdammte Morgana.

„Würde es dir ausmachen, ein wenig deutlicher zu werden?“
Agatha Silverbird grinste.
Wann immer Cal vor unfassbaren Tatsachen stand, wurde er entweder sehr britisch oder aber immitierte irgendjemanden aus Film, Funk, Fernsehen und Internet. In diesem Fall tat er sogar beides zusammen, denn er intonierte nicht nur einen distinguierten britischen Akzent, sondern immitierte damit sogar Edward Mulhare, besser bekannt als Captain aus „The Ghost and Mrs. Muir“ – oder aber in diesem Fall besser bekannt als Devon Miles aus „Knight Rider“.
„Wir haben die DRAGONFLY gefunden.“, wiederholte die rothaarige XO mit Engelsgeduld – was sonst sollte sie tun?
Je eher der Captain diese Tatsache in seinen Dickschädel bekam, desto besser.
„Und wie kommst Du auf das schmale Brett?“
Dem Grinsen nach zu urteilen, das Cal nun auf seinen Lippen spazieren trug, hatte er vermutlich Minuten gewartet um diesen Spruch anbringen zu können. Aber gut, irgendwie würde sie es ihm noch begreiflich machen.
„Du erinnerst dich daran, dass ich Jasmin und Aladdin betäubt hatte, um zu beweisen, dass ich zusammen mit Dir, Papyrus und Theti unter der Kontrolle von Morgana stand?“
„Ich stand unter der Kontrolle von Morgana? Mal wieder?“
Agatha rollte mit den Augen.
Hatte er das tatsächlich mal wieder vergessen?
„Ja, standest du.“, seufzte sie „Und du wolltest mich dazu bringen, dass ich mithelfe, Jasmin zu fangen. Also habe ich solange mitgespielt, wie ich musste – das beinhaltete, Jasmin und Aladdin zu betäuben.“
„Ahhhh“, machte der Captain, „Ich hab mich schon gewundert, wo er herkam.“
Das zweite Seufzen, dass der Kehle der XO entrann, war so leise, das Cal es nicht hören konnte. Manchmal fragte sie sich, ob der gute Captain nicht einfach nur eine Aufmerksamkeitsspanne von 5 Minuten besaß und dann alles wieder vergessen hatte.
Oder lag das an den unzähligen Schlägen, die er sich in den Abenteuern der DRAGONFLY eingefangen hatte – ob es nun EM-Entladungen waren, die ihn in Stasis versetzten, ob es nun Phaser waren, die ihn von den Beinen holten, ein kleiner Kampf mit Xena, der Kriegerprinzessin, die ihn so „besoffen“ boxte, dass er nur noch ein „Kein Buchungssatz ohne Beleg“ als sogenannten „Non Sequitur Thud“ von sich gab, ehe er kollabierte, ob es nun ihr „Erdbeerparfait“ war, das ihn betäubte – vielleicht hatte das alles irgendwann dazu geführt, dass er das Wissen, das er auf der Academy besaß, einfach mehr oder weniger vergessen hatte.
Oder war er einfach nur ein Depp, aber ein lieber?
Sie wusste es nicht.
Und sie hatte auch momentan keine Zeit, darüber nachzusinnen – wobei sie es ja gerade gemacht hatte. Sagen wir es so – sie hatte keine Zeit elaborierte Thesen aufzustellen. Das war sowieso eher der Job von Bordcounselor Linda Layd oder von Doktor Gina Intrupper, die momentan ziemlich „unavailable“ waren.
„Also“, sagte die XO, griff den Captain bei den Schultern und wandte ihn zu ihr: „Jetzt versuch bitte, mir zuzuhören, okay?“
„Ich bin kein fünfjähriges Kind, Agatha.“, sagte Cal und nun war es an ihm zu seufzen: „Denkst Du, ich lauf jetzt einfach durch die Höhle wie das Urmele? Ich hab mich nur gewundert, wo Al herkam. Also, weiter im Text. Wieso denkst Du, dass wir die DRAGONFLY gefunden haben?“
„Jasmin kam als erste wieder zu sich. Sie und Aladdin vollführten das übliche Prozedere – du weißt schon, ein ‚Wo bin ich’ gefolgt von einem ‚Ich dachte, ich hätte dich verloren’, gefolgt von einem ‚sich einander in die Arme werfen und kurz der Leidenschaft hingeben’ – also so ziemlich das, was wir auch machen, wenn wir beide ausser Gefecht gesetzt werden und an einem anderen Ort wieder zu uns kommen.“
„Ich verstehe.“, nickte Cal.
Dann verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und blickte seine XO abwartend an: „Und der Part wo du erklärst, woher du weißt, dass wir die DRAGONFLY gefunden haben?“
Agatha grinste und machte eine Geste die der Höhle galt: „Jasmin nannte dies einen – und ich zitiere  - ‚Stollen im Nf’y-Gebirge.’“
„EnF-Ih?“, echote der Captain und legte den Kopf schief: „En Ef Ih?“
„Enfi.“, nickte Agatha, „Ich hab mir dann mal zeigen lassen, wie man es schreibt. Großes N, dahinter ein F, ein Apostroph und dann ein Y. Und was kommt dir da in den Sinn?“
Cal zuckte die Schultern.
„Erm…. Naja… erm.“, machte er und legte den Kopf schief: „Nich viel?“
„Schatz!“; rollte die XO mit den Augen, „Schatz überleg mal… welche Buchstaben haben wir hier?“
„Naja, ein N, ein F und ein Y.“
„Jaaa?“, machte Agatha und legte den Kopf schief: „Und weiter? Was suchen wir?“
„Na, die Dragon…“, setzte Cal an – ehe er stoppte und Agatha ansah: „Du meinst – ‚Ich schoss einen Pfeil in die Luft’?“
Die XO nickte: „Vejur, V’jur, V’ger, Voyager 6 – genau.“
„Das heißt“, setzte Cal an, ehe er Luft holte, „Scheiße – das heißt die DRAGONFLY ist dieser Berg?“
Er legte eine Hand auf die Höhlenwand: „Computer?“
Nichts geschah.
„Computer?“
Wieder keine Reaktion.
Agatha grinste: „Schatz – ich meinte nur, dass die DRAGONFLY ein signifikanter TEIL des Gebirges ist – nicht das gesamte Gebirge selbst.“
„Stimmt“, nickte der Captain, „Das hätte man dann ja auch von draußen gesehen.“
„Eben. Aber was ich mir schon denke, ist, dass die Höhle, in der wir von Mechanikles eingesperrt worden waren, zumindest mit Föderationstechnologie betrieben wurde – wenn es nicht sogar eine Arrestzelle der DRAGONFLY war.“
„Aber das hätten wir doch gemerkt.“, widersprach der Captain, „Ich meine, Föderationszellen ändern sich doch nicht.“
„Es sei denn, eine Menge Staub, Dreck et cetera, verändert die Umgebung nachhaltig.“
„Ja, aber soviel Staub kann doch gar nicht entstanden sein. Wir sind doch erst vor ein paar Tagen hier eingetroffen.“
Die XO nickte: „Darüber muss ich mir nochmal Gedanken machen.“
„Gut, aber das machen wir nachher. Wir gehen jetzt erstmal zur Waffenkammer, holen dort die nächstbeste BFG und dann zeigen wir den Katib mal, was ein Hammer ist.“
Damit drehte sich der Captain um und sprang entsetzt einen Satz nach hinten, hinter ihm plötzlich Mechanikles stand und ein Messer zog.

Aladdin duckte sich unter einem der Katib hinweg, hieb nach oben und wusste nicht, ob er dort irgendewelche Körperteile traf, die das Wesen langfristiger ausser Gefecht setzen würden – aber er hoffte es. Erneut wirbelte er herum, verpasste dem nächsten Wesen einen Tritt und sprang zurück, als einer der Katib dort landete, wo er gestanden hatte.
Um ihn herum – die Schlacht.
Der Prinz fühlte sich nicht sonderlich wohl dabei, aber er wusste, das es da keine großartige Alternative gab. Dennoch würde er lieber versuchen, mit den Wesen zu reden.
Plötzlich erweckte etwas ausserhalb seines Aufmerksamkeitsbereiches sein Interesse.
Auf einer der zahlreichen Dünen, die sich dem Nf’y-Gebirge entgegenwölbten, schimmerte etwas. Es war nur einen kurzen Bruchteil einer Sekunde zu sehen, dann war es wieder verschwunden.
Vielleicht hatte er es sich auch nur eingebildet.

Vielleicht bildete sich Theti das Geräusch auch nur ein, dass sie meinte, über den Kampfeslärm hinweg zu hören. Es erinnerte sie an irgendwas – aber sie konnte es nicht so ganz zuordnen. Bei Osiris, es waren inzwischen knappe 4 Tage, an denen sie in Agrabah weilten und sie wurden seit 4 Tagen mit Ereignissen bombadiert . Nicht mal ihrem Heimatland gab es mehr als nur eine Krise innerhalb einer Woche. Ob sich Seth, der Herr von Omboss und sein Gefolgsmann Aker dabei an Wochenenden oder Tarifverträge hielten wusste sie nicht, es war aber ein Fakt.
Schnell musste sich die Prinzessin unter einem wütenden Hieb eines Katib hinwegducken, ehe sie ihm einen Schlag auf die Schnauze verpasste. Dies schien das Wesen nicht unbedingt gut zu heißen, aber das genügte ihr um sich an der – aus dramaturgischen Gründen direkt hinter ihr befindlichen – Felsenwand nach oben zu ziehen und die Sohle ihrer Sandale erneut in die Schnauze des Katib zu versenken. Dieser jaulte auf und fiel. Er krachte auf seinen Rücken, jaulte erneut, rollte sich auf die Beine, schüttelte sich und begann, sich ein einfacheres Opfer zu suchen.
Theti lächelte, zog sich weiter empor, bis sie ein Plateau erreicht hatte, von wo aus sie einen Blick auf die Ebene unter sich hatte. In der Ferne konnte sie den charakteristischen Zwiebelturm des Sultanpalastes erkennen und lächelte. Sie waren also gar nicht so weit von Argabah entfernt. Und gerade, als sie einen Blick nach unten werfen wollte, um ihren Freunden aufmunternde Worte zuzurufen, sah sie ein metallenes Gleißen, dass sie erkannte.
Der Skorpion kehrte zurück.
Theti formte ihre Hände zu einem Trichter,  rief „ACHTUNG!“, ehe sie einen harten Schlag auf den Hinterkopf spürte und vornüber in die Dunkelheit fiel.


Cal blickte auf die Spitze des Messers, das auf ihn gerichtet war.
„Hahahaha“, kicherte der irre Grieche, packte nach Agathas Arm und zerrte sie vor sich, um ihr das Messer an die Kehle zu halten: „Habt Ihr gedacht, Ihr könnt mir entwischen?“
„Wenn ich ehrlich bin, der Gedanke ist mir gekommen.“, murmelte der Captain und zuckte dann einen Schritt zurück, als Mechanikles ein lautes „SCHWEIG!“ schrie.
Vielleicht war das wirklich besser. Schließlich wollte er Agatha nicht in unnötige Gefahren bringen.
Er trat einen weiteren Schritt zurück, als Mechanikles nach vorne trat, das Messer drohend an die Kehle seiner XO gehalten.
„Ihr werdet jetzt ganz ruhig zur Höhle hinausgehen und euren Freunden sagen, dass sie sich ergeben sollen. Meine Mordmafia…“
„Deine?“, grinste Agatha und Cal schaute sie entsetzt an. Wieso riskierte sie jetzt eine Dicke Lippe?
„Ja, gut, okay“, nickte der Grieche, „Morganas Mordmafia.“
Damit presste er die XO fester an sich und schnitt einmal leicht über die Kehle. Nicht schwer, aber so, dass ein leicht-rosaner Strich zu sehen war.
„AGATHA!“
Die Reaktion Cals mochte ein wenig überzogen sein, sonderlich verhältnismäßig war sie auf keinen Fall. Der Schrei des Captains hallte durch die Höhle und im nächsten Moment hatte sich Cal auf den Griechen geworfen und bearbeitete ihn mit Fäusten.
„DU“, schrie er und hieb auf das Gesicht ein, „Wirst“, dann war der Magen dran, „dich“, erneut ein Hieb auf die ohnehin schon angeknackste Nase, „entschuldigen“ und dann die Knie dorthin getrieben, wo es für einen Mann wirklich am Lustigsten war.
Dann stand er auf, grinste zu Agatha herüber, die ihn verblüfft anstarrte, ehe er mit den Schultern zuckte: „Und, wie war ich?“
„Gut“, sagte die XO und deutete auf seinen Bauch: „Aber wie geht es dir?“
„Gut, wieso?“
Dann gaben seine Knie nach.

Inzwischen waren die El Katib schon in beeindruckenden Stärken aufgelaufen. Jasmin riss die Waffe hoch und zuckte zusammen als nichts geschah. Der Phaser gab ein gluckerndes Geräusch von sich – mehr nicht. Verdammt – was war das?
Und dann sprang einer der Katib auf sie zu, landete vor ihr und knurrte.
„Bereite dich darauf vor, zu sterben.“

TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 17 – Dawn of the Dead –

Kapitel 17.1


„Was haben Sie für mich, Miss Sciuto?“
Die Frage war relativ einfach gestellt und sollte eigentlich auch relativ einfach zu beantworten sein. Eigentlich.
Als sich Abigail Sciuto zu dem Mann umdrehte, der diese Frage gestellt hatte, bemerkte sie – zu ihrer eigenen Verwunderung – tiefe, innere Unsicherheit.
Und wenn sie ehrlich war – wie konnte sie dies nicht?
Director Leon Vance war ein Mann, der jetzt nicht durch eine beeindruckende Größe aufwarten konnte – er war zwischen zwei und fünf Zentimetern kleiner als „The Man“, Leroy Jethro Gibbs, Abbys allerhöchste Authorität – aber er war der Mann, dem Gibbs „antwortete“. Darüber hinaus war er in seinem Direktorenposten der Mann, der ihre Gehaltschecks unterschrieb und mit diesen Leuten sollte man sich gut stellen.
Ausserdem wies er eine ungeheuerlich-gute Karriere auf, beginnend mit seiner Ausbildung, die er 1991 mit dem Eintritt in den NIS – den Vorläufer des NCIS – abschloss. Interessant war jedoch, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine großartigen Daten über den Mann mit der schokoladenbraunen Haut zu finden waren.
Damals, als sie ihn kennengelernt hatte, hatte dies Abby ein wenig verunsichert – jetzt war ihr klar, wieso wichtige Informationen fehlten.
Leon Vance war ein Zeitreisender, ein Captain der Föderation, was ihn ungleich cooler machte. Aber wie konnte sie diesem Mann nun begegnen?
Schließlich hatte sie nun einen unumstößlichen Beweis, dass diese ganze Welt, die in „Star Trek“ geschildert wurde, den Tatsachen entsprach.

Abby fuhr herum, verfluchte sich in dem Moment, in dem sie aus den Augenwinkeln wahrnahm, dass das Bild von Felicity Jones immer noch vom Monitor glotzte.
Vance sah es ebenfalls, legte den Kopf schief und trat auf sie zu.
„Wieso interessieren Sie sich für eine Grundschullehrerin aus Minnesota?“, fragte er mit seiner ihm eigenen Stimme, die eine gewisse Tiefe aufwies.
Die Forensikerin blickte ihren Chef an: „Sie ist eine Augenzeugin im … Desilu-Fall?“
Innerlich schloss sie die Augen und seufzte. Sie war keine gute Lügnerin – das hatte sie nie beherrscht und fand es eigentlich, wenn sie ehrlich war, nicht nur unhöflich, sondern auch unschicklich.
„Desilu-Fall?“
Die Stimme Vances verriet mißtrauen:  „Wer bearbeitet den?“

Gut, nun wurde es Zeit, zu zeigen, dass sie das Talent zum Lügen hatte – wenn sie es nur hätte. „Erm… erm….“, setzte Abby an, überlegte, wem sie den Schwarzen Peter in die Schuhe schieben konnte, wen sie für diese Nummer verantwortlich machen konnte – und fand erschreckenderweise heraus, dass sie dazu nicht in der Lage war. Nicht einmal Masterton, der nie den Kaffee in der Kaffeemaschine nachfüllte, was Gibbs schon ein paar mal auf die Palme gebracht hatte oder Caulder, der den Kopierer im Gang immer auf das letzte Blatt ausreitzte, sich aber nie die Mühe machte, neue Blätter einzulegen oder bescheidzusagen, wenn ein „schwerer Fehler“ aufgetreten war – nicht einmal diesen wirklich sehr unsympathischen Nebencharakteren konnte sie diesen Auftrag zuschanzen.
Also schwieg sie.

Vance blickte sie an: „Miss Sciuto? Für wen recherchieren Sie gerade?“

Beharrliches Schweigen. Sie würde nichts sagen – sie würde Daniel nicht verraten, zumal sie keine Ahnung hatte, welche Konsequenzen dies für sie, für den guten Doktor, für Vance oder den Rest des Teams hatte.

„Miss SCIUTO!“
Vances Stimme wurde schneidend scharf. Der Mann wusste, wie man sich Gehör verschaffte und wusste vor Allem, dass Abby ihm gerade etwas verschwieg. Und er hatte den Kaffee auf.
Dabei hatte der Captain der Sternenflotte eigentlich nichts gegen einen Aufenthalt in dieser Zeitebene – im Gegenteil.
Eigentlich fand er es sogar sehr faszinierend, wie wenig sich Herangehensweisen änderten.

Als Vance von der Starfleetacademy abging und seinen ersten Posten – Wissenschaftsoffizier auf der U.S.S. Al-Batani - antreten wollte trat eine junge Frau auf ihn zu, die er schon einige Male gesehen hatte. Sie trug, genau wie er, die Uniform der Sternenflottenacademy – er hatte es noch nicht geschafft, sich entsprechend neu einzukleiden -  und blickte ihn aus großen, grasgrünen Augen an. Dann salutierte sie: „Fähnrich Vance“
Es war ein simpler Automatismus, der sich in den letzten Jahren in sein Hirn gefräst hatte. Kaum das jemand salutierte, salutierte er zurück. So auch hier: „Fähnrich… Fähnrich.“
Der Mann, der später einmal Direktor des NCIS werden würde, fühlte sich gerade informationstechnisch sehr im Nachteil.
Sie lächelte ihn an: „Stone mein Name. Angela Stone.“
Er erwiderte ihr Lächeln und legte den Kopf schief: „Wie kann ich ihnen helfen, Fähnrich Stone?“
„Es geht um eine Mission, für die Sie auserwählt wurden.“
„Mission? Jetzt schon? Das ist doch unmöglich – ich muss heute um Dreizehn Hundert an Bord der Al-Batani sein.“
Stone lächelte: „Ich weiß. Dieser Auftrag wurde einem anderen Wissenschaftsoffizier zugeteilt. Captain Paris ist über den Wechsel informiert worden und wünscht Ihnen bei Ihrer Mission alles Gute.“
„Das hätte ich gerne von ihm selbst gehört.“, meinte der Fähnrich, doch Stone zuckte mit den Schultern: „Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt. Sie haben einen anderen Job.“
„Und welchen?“
„Sagen wir einfach“, grinste Angela, „dass Sie eine Verabredung mit der Ewigkeit haben – da möchten Sie doch nicht zu spät kommen.“
Vance hob die Augenbrauen: „Bitte?“
„Wir beide machen uns jetzt auf den Weg zum Ewigkeitsplaneten. Ihre Freundin und mein Freund warten dort schon auf uns. Näheres erfahren Sie am Treffpunkt.“
„Ja, aber moment mal…“, setzte Vance an, doch Stone schüttelte den Kopf: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit.“
Sie betätigte ihren Kommunikator: „Stone an die Leroy Jethro Gibbs ?“
„ Gibbs hört.“
„Beamen Sie uns hoch. SCIS Security Code 734.“
„Code bestätigt. Willkommen an Bord, Fähnrich Stone.“
Damit löste sich die gesamte Umgebung in Pixel auf.

Zugegeben, der Ansatz, dem Stone damals gefolgt war, war doch ein wenig rabiater gewesen, als der, den Special Agent Sharp wenige Wochen später, aber etliche Jahrhunderte früher, bei ihm anwendete, um ihn nach Amsterdam zu bewegen. Wenigstens hatte man ihn damals nicht vom Militärcollege entführt – wobei ihn das irgendwie wunderte. Nach dem, was er gelesen hatte, war der NCIS – und ganz besonders der unerschrockene Leroy Jethro Gibbs – nicht sonderlich zimperlich. Das Team, das Gibbs um sich geschart hatte, war – so hatte er schon an der Academy erfahren – so berühmt gewesen, wie seit dem kein anderes Team mehr. Kein Wunder, dass der SCIS, die Sternenflottennachfolge des NCIS , seine Schiffe nach eben jenen berühmten Mitgliedern benannte.

„Doktor Jackson hat mich gebeten, dieses Gesicht zu finden.“, riss ihn die leicht geknickte Stimme Abigail Sciutos wieder aus seinen Gedanken. Daniel Jackson? Der Mann vom Stargate-Command? Wieso würde er Informationen über eine junge Frau haben wollen?
Sein „Wieso?“konterte Abby mit einem „Hat er nicht gesagt.“ – sein „ Wann hat er sie gebeten?“ beantwortete die junge Laborgoth mit einem lapidaren: „Per Handy.“
Vance merkte, wie seine Ungeduld sich wieder meldete. Er wusste nicht wieso, er hatte keine Ahnung, woher diese Ungeduld kam, er wusste nur, dass sie da war und ihn nervte. Eigentlich hätte er sein Eliteteam gar nicht erst nach Dubai schicken sollen. Vielleicht wäre es besser gewesen, die DRAGONFLY an Ort und Stelle verrosten zu lassen. Aber das ging ja nicht. Abgesehen davon, dass dies ein Eingriff in die Zeitlinie wäre, musste man auch festhalten, dass man Sternenflottenoffiziere nicht einfach so zurücklies.

Nicht einmal bei der Voyager , die sieben Jahre im Delta-Quadranten verschollen gegangen war, hatte man sofort nach den ersten Wochen gesagt „Tja, Pech gehabt, schlechten Tag erwischt. Das Schiff is verschütt und wir finden es nicht mehr wieder.“
Dazu hatte es schon ein paar Jahre gebraucht. Und wie konnte man hier sagen „Gut, lassen wir das Schiff auf dem Meeresgrund rumliegen?“ Nein – das ging nicht.
Er hatte Gibbs den Auftrag erteilt, allerdings mit der Bitte, die Sache so diplomatisch wie möglich zu regeln.

Dass nun Daniel Jackson allerdings den NCIS-Eigenen AFIS dazu einspannte, eine Frau zu identifizieren, das machte ihn dann doch mißtrauisch.
„Darf ich die MMS sehen?“, fragte er daher und nickte Abby dankbar zu, als sie ihm das Mobiltelefon überreichte. Der Director-Captain warf einen Blick auf die Bild-und-Textnachricht und legte den Kopf schief: „Hier ist noch ein Anruf an Special Agent Gibbs.“
„Ja“, nickte Abby,  „ich wollte auch wissen, ob er weiß, wieso…“

In diesem Moment erklang ein lautes Geräusch.
Vance erkannte den Klang, er musste gestehen, selbst schon oft genug ein solches Geräusch verursacht zu haben und er wusste von Abby, dass sie ein Nilpferd hatte, dass diesen Klang ebenfalls verursachte. Aber weder hatte die Laborgoth ihren Bert in Händen, noch hatte er seinen Körper nicht unter Kontrolle. Und Abby schien sich ebenfalls keiner Schuld bewusst.
Erneut dieses Geräusch – und dieses Mal erkannte Vance, dass ihr Handy diesen Klang hervorrief.
Die Labortechnikerin warf eine Mischung aus leicht-beschämtem und sehr amüsiertem Blick zur Seite, als das Handy erneut …
Vance warf einen Blick auf das Display. Die Caller-ID tat ihren Dienst und identifizierte den Anrufer als niemand geringeren als Leroy Jethro Gibbs.
„Miss Sciuto – können wir sehen, wo sich Gibbs gerade befindet?“
„Natürlich, Director… ähm… Captain… ähm…“
Vance konnte sich das Grinsen, dass sich gerade in seine Mundwinkel einarbeitete, nicht verhindern. Dass es Leute geben würde, die Schwierigkeiten mit seiner Identität hätten, war ihm in diesem Moment klar. „Bleiben wir doch beim Director.“, sagte er, ehe er einen Blick auf den großen Bildschirm warf, auf dem gerade das Bild von Felicity Jones – Grundschullehrerin aus Minnesota – durch eine Satellitenaufnahme ersetzt wurde. Gibbs hatte sich hinter einem Faß versteckt und war unter Beschuss.
„Mein Gott…“, raunte Abby.
Vance drückte auf den grünen Knopf, der den Anruf annahm.

„Was haben Sie gemacht, Gibbs?“, raunte Leon Vance ins Telefon, „Ich habe Sie doch gebeten, die Sache diplomatisch zu lösen.“
„Code 3 vierzehn. Team unter Beschuss, zwei Agenten am Boden. Timothy McGee und Anthony D. DiNozzo Junior. Zustand des Letztgenannten unbekannt. Zustand des Erstgenannten: vermutlich tot. Ich empfehle eine Posthume Belobigung für ausserordentlichen Mut.“
„Diese Belobigung können Sie aussprechen, wenn Sie hier sind, Special Agent Gibbs“, erwiderte Vance, „Wir werden Sie abholen und nach DC bringen.“
Pause am Anderen Ende. Gibbs schien zu grübeln, raunte dann ein  „Sagen Sie Abby, dass es eine Ehre war, mit ihr zu arbeiten. Ich werde hier nicht mehr rauskommen.“in den Apparat und legte auf.

Vance seufzte. Das war alles andere als gut, was da passierte.
„Silberfuchs wird das Ding rocken.“, sagte in diesem Moment die Labortechnikerin mit jeder Menge Vertrauen in den Special Agenten des NCIS. Und eigentlich war der Director gewillt, ihr zu glauben. Schließlich wusste er aus den Akten, wann Gibbs eigentlicher Todestag war – und dieser lag noch weit in der Zukunft. Allerdings stand in den Akten auch nichts von einem Kampf gegen Traceless, daher stand er dieser Tatsache eher mit einer gesunden Portion Skepsis gegenüber. Papier war letztenendes geduldig. Aber hier war er sich eigentlich sicher. Gibbs würde nicht sterben.

Minuten später hieb Vance wütend auf die Tastatur ein.
Das „T“ seiner Computertastatur liebte es mal wieder, ihn zu ärgern, ihm zu zeigen, dass er nicht der Boss war und nach dem, was er gerade gesehen hatte, fühlte er sich innerlich leer.
Vielleicht sollte er seiner Frau sagen „Schatz, wir packen die Koffer und reisen wieder in unsere Zeit. Es hat hier alles keinen Sinn mehr. Die Welt, wie wir sie kennen, hat sich gerade verschoben.“
Vermutlich würde seine Frau ihn fragen, woher er das wieder wüsste und er konnte nur diesen einen Satz sagen: „Leroy Jethro Gibbs ist tot.“

TBC

Kapitel 17.2


„Ich dachte schon, ich müsste erst sterben, bevor mir DiNozzo ein Komp…“
Dieser Satz wurde abrupt abgebrochen, durch eine Kugel, die scheinbar aus dem nichts kam und Caitlynn Kate Todd mitten in die Stirn traf.
Leroy Jethro Gibbs erinnerte sich.
Er hatte damals auf dem Dach gestanden, sie hatten einen terroristischen Anschlag vereitelt und dennoch ein Mitglied ihres Teams, die eingangs erwähnte Kate Todd verloren.
Und er wusste, dass er damals nichts hätte tun können. Die Kugel hatte seine Agentin in dem Moment getötet, in dem sie in die Stirn getroffen worden war.
Und die ganze Zeit über, seit sie Ari gejagt hatten, hatte er Flashbacks, Erinnerungsfetzen oder Hirngespinste, die ihm eine wütende Kate zeigten. Wütend, weil sie für ihn ihr Leben gegeben hatte.
Doch statt jetzt umzufallen, blickte sie ihn an, schloss kurz die Augen und seufzte.
„Ich glaube, ich krieg Migräne.“, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Es gab nicht viele Momente, in denen Gibbs so offen erstaunt war, dass er es zeigte, aber dies musste einer von diesen Momenten sein. Er spürte, wie sein Kinn locker nach unten baumelte – die Amerikaner nennen diesen Zustand ‚slack jawed’ – und seine Augen mindestens einen Meter aus ihren Höhlen traten.
Kate lächelte, fuhr sich einmal über die Stirn, sodass das Loch verschwand und zuckte mit den Schultern: „Sie sehen aus, als hättest Du einen Geist gesehen, Gibbs.“
Einen Geist? Natürlich – irgendwie machte das auf beinahe beängstigende Art und Weise Sinn.
Dann fing er sich wieder.
Natürlich, das war doch alles logisch.
Er erinnerte sich daran, wie er in der Freihafenzone unterwegs gewesen und in eine Schießerei geraten war.

Plötzlich katapultierte sich ein Schemen aus dem Krankenwagen, war auf den Beinen und schoss, ohne zu zielen. Gibbs spürte, wie die Kugel in seine Brust eindrangen und krachte gegen den Wagen. Überraschung musste sich auf seinem Gesicht zeigen, als er nach unten sah und feststellte, dass er nicht blutete.
Die Frage „Wie ist das möglich?“, beschäftigte ihn, bis ihn eine erlösende Dunkelheit umfing.

Gibbs öffnete die Augen, hörte sich selbst entsetzt aufkeuchen, als deutliche Realisation in seinem Kopf zu dräuen begann.
Es gab keine andere Möglichkeit, keine andere Erkenntnis.
Er – Leroy Jethro Gibbs – musste tot sein.
Von einem Schemen, das sich aus einem Krankenwagen katapultiert hatte, erschossen.
In Dubai.
„Hey“, hörte er die Stimme Kates und warf seiner ehemaligen Mitarbeiterin einen Blick zu.
Diese drehte sich um und blickte auf ihre eigene Leiche hinab, ehe sie mit den Schultern zuckte: „Hm – ich bin in diesem Moment seit Jahren gefangen und ich verstehe immer noch nicht, wie meine letzten Worte „Ich dachte schon, ich müsste erst sterben, bevor mir DiNozzo ein Kompliment macht“ sein konnten.“
„Eigentlich war es mehr ein „Ich dachte schon, ich müsste erst sterben, bevor mir DiNozzo ein Komp…“.“, sagte Gibbs mit schiefem Grinsen und die ehemalige Secret Service Agentin legte den Kopf schief, ehe ein leichtes Lächeln über ihr Gesicht lief: „Schämen Sie sich, Senior Special Agent Gibbs. Sie verulken gerade meine letzten Worte. Sie reden gerade schlecht über eine Tote.“
Schultern zuckend warf der Boss der Major Crime Unit einen Blick auf das Szenario um ihn herum.
„Wenn ich das richtig sehe, bin ich ebenfalls tot.“
„Und das beunruhigt Sie nicht, Gibbs?“
Erneut tauchte ein Lächeln in den Mundwinkeln Jethros auf – ein leises, ein ironisches Lächeln: „Nein, sollte es? Was mich mehr erschreckt ist, dass mein Hirn meint, mir meine Fehler vorhalten zu wollen.“

„Fehler?“
Diese Frage wurde mit einer anderen Stimme gestellt. Tatsächlich hatte sich das gesamte Szenario gewandelt – Gibbs befand sich nun in einem Raum, der gerade von einer Explosion erhellt wurde.
Direkt neben ihm, die Hände mit entsetztem Gesichtsausdruck erhoben, sie dann sinken lassend, stand Special Agent Paula Cassidy und schaute ihn mit verzaubernd-blauen Augen an.
„Sie sehen meinen Tod als Fehler an?“
Der Senior Special Agent nickte: „Ja, er hätte nicht sein müssen.“

Direkt neben ihm richtete sich nun Jenny Shephard auf – und erneut bemerkte Gibbs, wie sich die Umgebung verändert hatte. Sie waren in dem kleinen amerikanischen Diner, das William Decker gehört hatte.
„Und was ist mit meinem Tod?“
Gibbs atmete durch.
„Jen…“, setzte er an, wie eigentlich immer, wenn er und sie alleine gewesen waren, „Jen… dein Tod war …“

„Sag nicht, er war unausweichlich, Frischling.“
Erneut ein Szenenwechsel, dieses Mal kniete er in der verregneten Straße vor seinem Haus, bettete den Körper Mike Franks in seinen Armen, der gerade vom P2P-Killer ermordet worden war.
Doch Mikes Augen verrieten eine Lebendigkeit, die er so nie gesehen hatte – jedenfalls nicht bei Toten.
Aber es stimmte – sowohl Mikes als auch Jennys Tod waren unausweichlich gewesen. Beide hatten eine tödliche Krankheit und so traurig ihr sehr zeitiges Dahinscheiden auch war – ihre Tage waren, im Gegensatz zu denen Kates und Paulas gezählt gewesen. Oder im Gegensatz zu McGee.

Erneuter Szenenwechsel, dieses mal stand er im Computerraum des Navy-Stützpunktes in der Freihandelszone. Vor ihm lagen McGee und Hanson, beide – wie er sich sicher war – tot.
Und eigentlich hatte er das Gefühl, etwas sagen zu müssen, wenn sein Hirn ihn schon an diese Orte führte – aber alles, was er feststellen konnte war, dass alles seine Zeit hatte. So wie er.
So wie er jetzt – der er vermutlich in seinem eigenen Blut lag und in der Realität verblutete.

„Sie sind aber dramatisch.“, hörte er eine amüsierte Stimme und wandte sich um.
Am Funkgerät – oder besser gesagt, an dessen Überresten – saß, in eine weiße Uniform gekleidet, Calvin Nathan Cat und grinste ihn an.
Gibbs legte den Kopf schief, was Cal dazu veranlasste, das selbe zu tun: „Sie sehen mir wenig erschrocken aus, Gibbs.“
Es war eine Feststellung, keine Frage und als der Captain sich erhob, verschränkte Gibbs die Arme vor der Brust: „Glaubt mein Unterbewusstsein tatsächlich, wenn ich mich schon mit meinem Ausbilder, meiner ehemaligen Liebschaft und Chefin und zwei Untergebenen – von denen eine direkt vor meinen Augen gestorben ist – anlege, dass ein Captain der Sternenflotte, den man gut und gerne als Milchbubi bezeichnen könnte, mich dazu bringt, in die Knie zu sinken und um Vergebung zu bitten?“
Gibbs grinste: „Nein. Da musst du schon besseres auffahren, Unterbewusstsein.“
Der Captain legte nun seinerseits den Kopf schief: „Okay, ich erkläre Ihnen mal kurz, wie das Spiel funktioniert. Sie – Gibbs – sind von einem Intar getroffen worden. Das ist so eine Art „Betäubungskanone auf Elektroimpulsbasis“ – extrem schmerzhaft, sorgt auch dafür, dass man ohnmächtig wird, aber nicht tödlich. Sie, Senior Special Agent, sind nicht tot. Und ich bin nur ein Fragment ihrer Einbildungskraft, dass ihnen versucht, das, was sie in einem Bericht des SG-Kommandos gelesen haben, als sie Traceless gejagt haben, zu vergegenwärtigen. Machen Sie sich also keine Sorgen – Sie kommen wieder zu sich.
Und zwar genau… jetzt.“


Die eisblauen Augen Gibbs flogen auf. Gut, eigentlich hoben sich die Augenlider, die Augen selbst flogen natürlich nicht auf, aber die Nachricht, die die Vision – oder was auch immer – Cals ihm mitgeteilt hatte, schien zuzutreffen. Er war nicht tot.
Kurz atmete er tief durch und versuchte, sich zu beruhigen. Es war eine Sache, vor seinem Team den harten Hund zu geben, aber wenn er tatsächlich alleine sein sollte, durfte er sich einigen Sekunden des Schocks hingeben. Und wenn man bedachte, dass er angeschossen worden war und im Traum all die getroffen hatte, die unter seinem Kommando gefallen waren, durfte man sich einige Sekunden des Schocks ruhig gönnen.

Kurz atmete er durch, warf einen Blick auf die Umgebung, in der er sich befand, ehe er ein Gefühl verspürte, das er so das letzte Mal im Irakkrieg verspürt hatte. Er erkannte eine Krankentrage, wenn er eine sah oder – wie in diesem Fall – spürte. Auf seinen Oberkörper und auf seine Kniescheiben wurde ein bestimmter – sich sehr vertraut anfühlender – Druck ausgeübt und er musste gar nicht großartig überlegen, um seine Situation genauer zu vergegenwärtigen. Man hatte ihn auf eine Krankentrage gelegt und festgebunden, um ihn später am Aufstehen zu hindern.

Er hob den Kopf, schaute sich um – und seufzte. Es war de facto viel zu dunkel, um überhaupt irgendetwas erkennen zu können. Aber er war sich sicher, dass er, wenn der Raum, in dem er sich befand, hell erleuchtet worden wäre, ebenfalls nicht unbedingt glücklich mit seiner Situation wäre.

Ein vertrautes Geräusch drang an seine Ohren – das Öffnen einer Tür.
Schnellen Schrittes näherte sich jemand, packte seinen Kopf, drehte ihn zu sich und – Gibbs starrte überrascht in das vertraute Gesicht eines Mannes.
„Gunny, ich will verdammt sein, was machen Sie denn hier?“
Die Person, die diese Worte ausgesprochen hatte, grinste und griff nach einem Klappstuhl, auf den sie sich dann setzte.
Der Senior Special Agent runzelte kurz fragend die Stirn, ehe er sein Gegenüber anblickte. „Robert Makepeace?“,  fragte er und hob dann eine Augenbraue: „Das Gleiche könnte ich Sie fragen. Das Letzte, was ich von Ihnen gehört habe, war, dass sie ins Gefängnis gegangen sind, nachdem man Sie irgendwelchen Schmugglereien überführt hatte.“
Makepeaces Gesicht verdunkelte sich: „Dieser verdammte O’Neill.“
O’Neill?, schoss es Gibbs durch den Kopf, Etwa Jack O’Neill?
„Dieser Bastard hat mir eine Falle gestellt. Hat mich für seine Verbrechen ins Kittchen gehen lassen.“, zischte Gibbs Gegenüber und schüttelte dann den Kopf: „Aber – ich bin wieder frei. Ich wurde zu elf Jahren verurteilt, weil ich an etwas geglaubt habe.“
Makepeace erhob sich – nicht nur sich, sondern beide Arme, richtete sie dem Himmel entgegen legte den Kopf in den Nacken, um die nächsten Worte an die Decke zu schleudern:
„Aber die wahren Schuldigen, die, die unseren Planeten“, Speichel verlies, als feiner Sprühnebel seinen Mund, als er das Wort ‚Planet’ ausspieh, „ihrem Schicksal überlassen haben, sind frei und dürfen gehen. Ein großartiges Beispiel unseres Rechtssystemes.“
Nun beruhigte sich der Mann, trat hinter den Klappstuhl und stützte sich auf die Lehne, wobei er Gibbs einen Blick zu warf: „Sie. Sie hätte ich gebrauchen können.“
Erneut stieß er sich vom Stuhl ab, kam nun auf Gibbs zu und legte den Kopf schief: „Sie sind ein Navy Cop. Sie hätten meine Unschuld beweisen können.“
„Ich bin beim NCIS. Sie sind zur Air Force gegangen, da habe ich keine Weisungsbefugnis.“, erwiderte der Festgebundene und blickte Makepeace an, ehe er den Kopf schüttelte: „Was ist nur aus Ihnen geworden? Sie waren ein Mann voller Initiative und Ambitionen – sie waren bereit, Risiken einzugehen. Und jetzt? Erst werden Sie wegen Schmugglerei angeklagt und dann geben Sie hier den großen Zampano. War es tatsächlich Ihr Ziel uns hierherzulocken, damit Sie mich fangen konnten? Weil ich Ihnen nicht geholfen habe?“
„Von uns eingenommen sind wir aber gar nicht, oder?“, kicherte Makepeace und setzte sich wieder: „Ich wusste selbst nicht, dass Sie hier sind – ich habe Sie nur gesehen, als man ihren bewusstlosen Körper hier reingeholt hat. Und wenn ich Ihnen noch einen Tipp geben dürfte, Gibbs? Vertrauen Sie hier niemandem. Nicht einmal Jackson.“
Er machte eine Pause und grinste: „Oh, ganz besonders nicht Jackson.“
Gibbs legte den Kopf schief: „Sie kennen Doktor Jackson?“
„Kennen?“, lachte der andere Mann und schloss kurz, sich erinnernd die Augen, „Ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Er, Sam Carter, Teal’C und ganz besonders Jack O’Neill haben mich in diese Situation gebracht.“
Er lächelte: „Ich war tatsächlich ein Mann voller Ambitionen. Wollen Sie wissen, wie ich Hierher gelangt bin?“

Wie gut, dass Gibbs seine Augen unter Kontrolle hatte, ansonsten würde sein Blick vermutlich sagen „Klar, erzähl mir ruhig deine Lebensgeschichte, es ist ja nicht so, als ob ich hier gefesselt wäre, oder so.“. So aber atmete er tief durch und schaute Makepeace an: „Natürlich, schießen Sie los.“

To be continued.

Kapitel 17.3
Tonys erstes mal war der Mann mit den Schwimmshorts gewesen. Diese Information genommen und fröhlich aus dem Kontext gerupft, lässt die Sache in einem komplett anderen Licht erscheinen. Fakt ist: Das erste Mal, als Tony eine Serie aus purer Verdrängung heraus schaute, war es die Serie „Der Mann aus Atlantis“ gewesen. Auch Jahre später hatte er ein unglaublich nostalgisches Gefühl, wenn er die Melodie hörte, sie summte oder gar einen Film mit Patrick Duffy sah, der damals den Mark Harris – den titelgebenden Mann aus Atlantis – spielte. Diese Stunde, die mit sinnlosem Camp (also Kitsch) ‚vergeudet’ wurde, war eine der Glücklichsten in seinem Leben. Das hing aber mit den Umständen zusammen.

Dem Konsum dieser, seiner, ersten „Mann aus Atlantis“-Folge ging der Fakt voraus, dass es genau in jener Nacht war, in der Tonys Mutter ihn und seinen Vater verlassen hatte. Und da mit Dad über sowas nicht zu reden war („Ein DiNozzo verspürt keinen Schmerz!“), hatte er sich in seiner Wut, Trauer und seinem Schmerz vor den großen Röhrenfernseher in seinem Zimmer gesetzt und versucht, seine Gedanken abzulenken.

Diese erste Folge begann schon mysteriös, nämlich in einer stürmischen Nacht – genau so einer stürmischen Nacht wie die, die gerade draußen herrschte. Und im Gegensatz zu dem immer wieder ans Fenster klopfenden Ast, dessen unheimlichen Schattenspielereien sich der Halbitaliener künftig komplett alleine stellen musste, schien die stürmische Nacht im Fernsehen der hübschen Blondine hinter der Glascheibe des Gerätes die genau richtige Umgebung um einen Strandspaziergang zu machen. Sich tief in ihre blaue Jacke gekuschelt, lief sie den Strand einer unbekannten Stadt entlang, ehe sie etwas ausserhalb des „Frames“, also ausserhalb dessen erblickte, was die Zuschauer sehen konnten. Was dies war, wurde durch ein schnelles Auszoomen der Kamera etabliert: Ein Mann, der nur in eine Badehose bekleidet, das Gesicht vorraus, im Sand lag.

Und in späteren Folgen erläuterte der Erzähler die Handlung eben jener Szene.
Bei einem Sturm wurde ein Mann gefunden. Doktor Elizabeth Merril (die hübsche Blonde)  machte sich an Reanimierungsarbeiten, scheiterte jedoch. Da kam ihr die rettende Idee. Sie bringt den Mann zurück ins Meer, woher er kam.
Der Gerettete beschließt, da er keine Ahnung hat, wie er heißt, bei Merril und ihren Kollegen des Meeresinstitutes zu bleiben. Man nennt ihn Mark Harris – und der Erzähler ist so freundlich, uns seine Vorzüge aufs Butterbrot zu schmieren:
„Er schwimmt schneller als ein Delphin, kann tiefer als jedes U-Boot tauchen und entwickelt unter Wasser erstaunliche Kräfte.“

„Schneller als ein Delphin.“, dachte sich Tony, „Sowas hätten wir bei der Suche nach der DRAGONFLY auch gebrauchen können.“
Und in dem Moment, in dem ihn diese Erkenntnis traf, bemerkte er, dass es in seinem Bewusstsein gar nicht so dunkel war, wie vor ein paar Minuten noch.
Oder war es inzwischen Stunden her?
Dunkel war es zwar vor seinen Augen, aber das mochte damit zu tun haben, dass er dieselbigen noch geschlossen hatte.
Die Lider hochgestemmt, nahm er zwei ebenso bezaubernde, wie besorgt dreinblickende braune Augen wahr, die ihn musterten.
„Alles okay?“
Das war eine merkwürdige Frage, aber sie gehörte vermutlich zu einem Fragenkatalog, der immer dann gestellt wurde, wenn jemand aus dem Reich derer, die Ohnmächtig waren, wieder in die Welt der Lebenden zurückfindet.
Meistens folgt ihr der obligatorische Test – eine bestimmte Anzahl von Fingern wird vor die Augen des zu Bewusstsein kommenden gebracht und die Frage gestellt „Wieviel Finger sehen Sie?“

Dies ist dazu gedacht, um herauszufinden, ob jemand unter einer Gehirnerschütterung leidet und wurde in diesem Falle auch angewandt. Ziva zeigte ihm drei Finger, stellte die dazu gehörende Frage und Tony antwortete, mit einem leichten Grinsen: „Freitag, Samstag, Sonntag.“
Damit zwinkerte er ihr zu, richtete sich auf und blickte sich um.
Er bemerkte, wie sie mit seiner Antwort nicht sonderlich zufrieden wirkte – als ob ihn das großartig überraschen würde. Seufzend suchte er danach, seine Hände in die Hosentaschen zu stecken, scheiterte aber am nicht Vorhandensein selbiger, verschränkte die Arme stattdessen vor der Brust, anstatt sie nutzlos links und rechts herunterbaumeln zu lassen, holte noch einmal tief Luft und schenkte Ziva dann wieder volle Aufmerksamkeit.
„Du zeigst drei Finger.“, sagte er und er war sich sicher, dass sein Tonfall nicht unbedingt Spaß verriet. Wie konnte er auch, wenn er dieses Gefühl momentan einfach nicht empfand. Stattdessen fühlte er sich ein wenig desorientiert, besonders, als er daran dachte, was seine letzte Erinnerung war.
Wie war das noch gewesen?

Tony DiNozzo stellte gerade einmal mehr fest, dass es vermutlich in seiner Branche weitaus besser war, keine Beziehungen zu Kollegen zu unterhalten. Keine Freundschaft, keine Sympathie, kein gar nichts. Diese Leute arbeiteten mit ihm, er teilte Acht Stunden eines Wochentages mit ihm, aber die restlichen 16 Stunden eines Wochentags, plus zwei mal 24 Stunden an einem Wochenende, gehörten ihm. Und wenn man von einer gesundheitlich-ratsamen Schlafenszeit von 8 Stunden je Tag ausging, blieben Tony 8 Stunden, in denen er sich auf die Suche nach Freunden begeben konnte, mit denen er nicht arbeitete. Der Fakt, dass McGee vermutlich angeschossen – oder vielleicht sogar tot – war, bestärkte ihn in seinem Glauben. Er warf einen Blick zu Ziva, atmete tief durch und fragte sich, wie er ihr dies beibringen sollte. Aber momentan gab es einfach Wichtigeres. Der Rückzug, den McGee angeordnet hatte – oder vielleicht besser: geraten. Der Anglo-Italiener atmete tief durch. Wohin sollte man sich zurückziehen?
Die Antwort kam, als er einen Blick in Richtung Hafen warf. Von dort waren zwei schwarze Punkte auf dem Weg zu ihnen und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn diese zwei schwarzen Punkte nicht Abfangjäger oder ähnliches wären. Er wandte sich an Ziva, die schon bereit stand, den drahtigen Körper zum Sprung bereit. Tony warf einen Blick auf das Funkgerät, doch Ziva schüttelte den Kopf: „Das bekommt einen Langen, wenn wir mit ihm ins Wasser tauchen und das Wasser durch das Gehäuse tropft.“
„Du meinst einen Kurzen, Ziva“, verbesserte er sie und sie zwinkerte ihm zu: „Gernonimo, Tony.“
Damit sprang sie. Keine Sekunde zu früh, denn die Flugobjekte waren da – es waren Hubschrauber – und eröffneten das Feuer.
Tony sprang und sah kurz, dass dort, wo er vor einer Millisekunde noch gestanden hatte, ein Loch im Schlauchboot war. Dann schlug er im Wasser auf und begann, zu tauchen.

Kugeln drangen ins Wasser ein, zischten links und rechts an ihm vorbei und ihm fielen viel zu viele wirklich schlechte Filme ein, die eine exzessiv-lange Tauchsequenz beinhalteten, während über den Tauchenden ein Schütze eines Hubschraubers das Magazin in den Ozean, den See oder den Fluss – oder durch was auch immer man sonst tauchen konnte – entlud.
Und während er seine Muskeln anspannte, um sich im Wasser fortzubewegen, merkte er, wie ihn eine Kugel im Rücken traf. Silberhell explodierten dort Schmerzen, er konnte sich einen Schrei gerade  noch verkneifen – da ihm eine innere Stimme (wobei sie wie Ziva klang) zuzischte: „Wenn du jetzt schreist, bist Du tot.“
Und dann wurde es dunkel um ihn – er merkte noch, wie sein Körper erschlaffte und er entgegen der Richtung, die er eigentlich tauchen wollte, vom Auftrieb des Wassers erfasst und nach oben getrieben wurde – und dann war da nichts mehr.

Aber für einen Angeschossenen fühlte er sich gerade verdammt prächtig. Er erinnerte sich daran, in einem früheren NCIS-Fall einmal eine Kugel abbekommen zu haben – und erinnerte sich vor allem an die Schmerzen, die er noch Tage später hatte.
Momentan hatte er aber keine.
Gut, sein Kopf dröhnte ein wenig, aber im Gegensatz zu der Pain, die er damals, als man ihn angeschossen hatte, verspürte – war dies verdammt wenig. Viel zu wenig. Nicht, das er sich beschweren würde, aber – merkwürdig war die Sache schon.
Er blickte zu Ziva, deren dunklen Augen ihn zu vermessen schienen.
Dabei war nur der Kopf ihm wirklich zugewandt, der Rest ihres atemberaubenden Körpers konnte er im Profil erkennen – und stellte fest, dass sie immer noch den Neoprenanzug trug. Was ihn nicht verblüffte.
„Was?“, fragte er.
Ziva atmete tief durch: „Ich habe gesehen, wie Du getroffen wurdest, DiNozzo.“
„Ja, soweit war ich auch schon.“
Er bemerkte erst in diesem Moment, dass Zivas Gesicht vor Nässe glitzerte.
Wasser?
Oder waren es Tränen, weil sie dachte, dass er verletzt, schlimmstenfalls sogar tot war?
Ein Teil von ihm wollte auf sie zugehen, wollte sie umarmen und ihr zuflüstern, dass alles in Ordnung war, aber momentan hatte er so eine Ahnung, dass sie nur eiskalte Professionalität aus dieser Situation herausholen würde.
Er atmete tief durch, hob den Kopf und schenkte dem Raum, in dem sie sich befanden, erstmals volle Aufmerksamkeit.
In der Hauptsache war dieser Raum eines, nämlich dunkel.

„Tony, wir sind an Bord der DRAGONFLY .“
Ziva konnte nicht anders, sie empfand eine eigenartige Mischung aus Wut, Freude, Genervtheit und sie fragte sich, ob sie aus diesem Gefühlsmix jemals schlau werden würde. Vermutlich nicht – vermutlich genau so wenig, wie aus dieser gesamten Situation.
Denn – wie sie in den letzten paar Stunden, in denen sie sich hier in diesem Raum umgesehen hatte, feststellen konnte, war die DRAGONFLY nicht fabrikneu abgestürzt. Eher im Gegenteil. Das Schiff, auf dem sie sich befanden, hatte schon ein paar Jahre auf der Schulter. Oder sagte man Buckel?
Das war eigentlich auch nicht zu glauben, da war man nun schon seine knapp sechs bis sieben Jahre in den Vereinigten Staaten, hatte die amerikanische Staatsbürgerschaft und war richtiger Agent des NCIS – und stolperte dennoch über Details der Sprachbarriere. Aber andererseits – man sagte ja nicht umsonst, dass der Teufel im Detail steckte.
Das Interessante – so hatte sie es empfunden – war der Fakt, dass dieses Föderationsraumschiff vor der Dubaischen Küste notgewassert war und diese Landung nun auch schon eine Zeitlang her war, wenn man die Ergebnisse die Abby erbracht hatte, in Betracht zog.
Sie schenkte dem Raum um sich herum ebenfalls einen Blick, als sie erkannte dass Tony sie erstaunt anschaute. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren vollen Lippen und sie streckte die Arme aus, um eine allumfassende Geste zu machen, die dem Raum galt: „Ich vermute, das hier ist eine Luftschleuse. Wir sind durch diese tür gekommen“ – sie deutete nach Links – „und durch diese Tür“ – sie deutete nach rechts – „müssten wir eigentlich die an Bord gehen können.“
„Und warum tun wir es nicht?“
Die Frage war mit einer dermaßenen Professionalität gestellt worden, dass es Ziva verwundern würde, wie schnell – relativ gesehen -  Tony sich mit der ganzen Sache doch abgefunden hatte.
„Schnikedi-Schnick, die Zeit hat n Knick“ – genau dieses Doctor Who-Zitat konnte sie sich gerade noch so verkneifen. Aber es traf zu. Wenn ein Raumschiff aus der Zukunft schon seit tausenden von Jahren auf der Erde lag, dann war diese Situationseinschätzung des werten Doktors, dessen Namen man immer noch nicht kannte, definitiv zutreffend. Wobei es sie nicht wundern würde, wenn irgendwie tatsächlich der berühmte Timelord in der Sache drinhing. Andererseits war das viel zu sehr fanfiction-klischee-ig, wenngleich sie den Gedanken auf den Doktor zu treffen jetzt gar nicht mal so schlecht fände. Vielleicht würde er sie, Tony, Gibbs und McGee als Companions mitnehmen? Interessant wäre es schon.

„Ziva?“
Die Stimme Tonys riss sie wieder aus ihren Gedanken. Eigentlich schade – sie hatte sich schon an der Kontrollkonsole der legendären blauen Kiste gesehen, die innen größer war als aussen. Aber – nun gut.
Sie hob ihren Blick, warf ihn zu Tony und schaute ihn fragend an: „Ja?“
„Also?“
„Also was?“
„Warum gehen wir nicht einfach durch diese Tür?“
Ziva lächelte.
„Weil diese Tür“, sprach sie, trat näher und tippte gegen das Schott aus Nicht-transparent-Aluminium und Duraplast, „nicht aufgeht.“
Damit wandte sie sich zu dem Halbitaliener um: „Und ja – ich kann deine nächste Frage schon mit ja beantworten. Wir sind gefangen.“

TBC



Kapitel 17.4

Wäre er ein Androide, würde er jetzt eine Checkliste durchgehen. Zuerst schaltete sich sein Geruchssinn ein und nahm eine ganze Reihe von Düften war, die sein wie durch einen elektrischen Schlag lahmgelegtes Hirn komplett überforderten und ihn verunsicherten.
Was roch er da?
Nackte Frauenhaut, Schweiß, Parfum, Deo und noch etliche andere Düfte, die dann doch gnädigerweise in den Hintergrund traten und ihm doch nur eine kreative Auswahl überließen, aus denen er sich nun ein Umgebungsbild basteln konnte. Auch sein Tastsinn kam wieder zum Einsatz. Er spürte dass die Eigentümerin der nackten Frauenhaut auf ihm lag, dass er selbst ebenfalls keinen Fetzen Stoff am Leibe trug und dass sie sich in einem Bett befanden, dass mit Satinbettwäsche bezogen war.
Nun meldete sich sein Gehör und übermittelte das tiefe, regelmäßige Atmen dieser Frau, gemischt mit einem schläfrigen Stöhnen.
Und dennoch – summa summarum – kam er nicht umher, sich die Frage zu stellen „Timothy McGee, wie kommst Du hierher?“
Dann – die große Enthüllung. Seine Sehfähigkeit kehrte wieder zurück, Tim blinzelte und stellte dann fest, dass die Nackte, die da auf ihm rumlag, ihm gerade einen ziemlichen Schrecken einjagte. Seven of Nine lag auf ihm? Ohne jegliche Kleidung? Was würde da wohl Commander Chakotay sagen?
Kurz blinzelte er, stellte dann – zu gleichzeitiger Erleichterung und Verwirrung – unterschiede zwischen der Frau auf ihm und der Borg fest. Erstens – diese Frau war dunkelhaarig und zweitens war sie nicht nur nackt, sondern sehr nackt – sprich, es fanden sich, nach dem, was er sehen und spüren konnte, keine Borgimplantate. Zumindest nicht auf ihrem Körper.
Und dann blitzte der Name auf.
Jessica Hanson.
Natürlich. Er erinnerte sich wieder.


 
Dieses Geräusch war ohrenbetäubend, gellte durch den Raum, ließ McGee mitten in der Bewegung erstarren, um sich die Hände auf die Ohren zu pressen und einen kurzen Schmerzenslaut von sich zu geben – nur um dann festzustellen, dass er mehr oder weniger taub war. Ein lautes Klingeln überdeckte alles, wurde dann von einem Rauschen abgelöst. Egal – er hatte keine Zeit für weitere Unannehmlichkeiten, hieb auf den Rufknopf des Mikrophones, stieß ein „RÜCKZUG, ZIVA!“ hervor und zuckte zusammen, als er hinter sich weitere Schüsse hörte.

Er wirbelte herum.
Im Türrahmen – gefallen – lag ein Soldat. In seiner Hand ruhte eine Maschinenpistole. Blut trat aus seiner Wange aus. Hatte Jessica ihm in den Kopf geschossen? Kurz betrachtete er die Person und stellte fest, dass er auch noch aus einer Wunde am Arm blutete und sein Kiefer leicht verrenkt wirkte.
Vermutlich hatte ihm Jessica zuerst in den Arm geschossen und dann gegen das Kinn getreten und die Wunde an der Wange ging von einer Bekanntschaft mit einer scharfen Metallkante aus, gegen die er dann gefallen sein mochte.
Tim wandte sich zu ihr, reckte seinen Daumen nach oben und lächelte, als sie ihn anblickte und ihm zunickte. Perfekt. Sie war also nicht…

In diesem Moment war ein weiterer Soldat da, betrachtete die Bescherung und brauchte keine Millisekunde, um zu reagieren. Er richtete das Maschinengewehr auf Jessica aus und feuerte. Die Frau erstarrte, tastete nach ihrer Brust und fiel in sich zusammen.
Aus McGees Mund drang ein gequälter Schrei, dann ließ er seinen Blick schweifen und griff nach dem erstbesten Gegenstand, den er finden konnte. Es war eine – nicht angeschlossene – Maus, aber das war ihm egal. Er nahm sie und schleuderte sie mit aller Wut, die er aufbringenkonnte, dem Mann ins Gesicht. Dieser taumelte, hielt sich die Nase, doch da war Tim schon bei Jessica, ging neben ihr in die Knie und tastete nach ihrem Puls. Er raste.
„Laura, bitte.“, stammelte er, „Bitte, bitte, komm zu dir. Lau… Jessica! Halt DURCH!“
Es war ihm egal, dass er direkt vor einer Maschinengewehrmündung kniete – es war ihm egal, dass dies vermutlich sein Ende bedeutete, er wusste nur, dass er verdammt sein wollte. Er hatte es schon wieder geschafft, eine Person, für die er tatsächliches Interesse empfand, an dem Tag zu verlieren, an dem er sie kennengelernt hatte.
Wer war er? Black-Widow-McGee?
Wäre sein Leben eine Serie – würden Fans auf diversen Seiten, in diversen Fanboards, ihm diesen Namen geben?
Dann spürte er, wie der Puls Jessicas aussetzte.
Jetzt war ihm alles egal. Er blieb in der Knienden, blickte zu dem Soldaten empor und sagte nur: „Tun Sies doch endlich!“


Und dann? Was war geschehen? Er hatte sich hingekniet, Jessica für tot befunden und – ein greller Blitz, der aus der Waffe kam, hatte sämtliche Gedanken mit einem Schlag verbannt.
Und nun war er hier.
Mit einer Frau auf ihm, die Jessica zu hundert Prozent ähnelte – mit dem Unterschied, dass diese Frau lebte. Allerdings, wenn man ihn betäubt hatte, vielleicht war dies auch mit Jessica passiert?
Aber worin war der Nutzen, zwei Leute ihrer Kleidung zu berauben und sie aufeinander zu platzieren?

Timothy McGee stellte fest, dass seine persönliche Logik für die Angreifer und Kidnapper anscheinend viel zu logisch war. Aber wenigstens fehlten ihnen keine Körperteile, keine Niere, die man ihnen rausgeschnitten hatte, wie in diesen „urban legends“.
Oder?
Der Special Agent fühlte sich nun doch bemüßigt, zumindest einmal kurz die Bettdecke zu lüften, um nachzusehen, ob irgendwo Blut zu erspähen war.
Und er war nicht gerade wenig stolz auf sich, dass sich seine Professionalität gerade eingeschaltet hatte.

McGee ließ die Decke wieder sinken, dann den Kopf in die weichen Kissen, und lächelte. Keine Wunden, keine verschwundenen Nieren, kein gar nichts… nur zwei hypnotisierend-blaue Augen die ihn anstarrten.
Jetzt erkannte der Special Agent erst, dass Jessica den Kopf gehoben hatte und ihn neugierig anschaute. Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen.
„Na, du?“
Tim runzelte die Stirn.
‚Na, du?’?
Das war so mit die merkwürdigste Art und Weise einen „Wie kommen wir hierher und wieso sind wir nackt?“-Dialog zu eröffnen – vor allem, was sagte man darauf?
„Gut geschlafen, Perfect?“, fragte sie und Tim merkte, wie er nun nicht nur die Stirn so kraus zog, dass er vermutlich als Klingonen-Cosplayer durchgehen konnte, sondern auch dass sein Blutdruck stieg.
„P… Perfect?“, echote er – vermutlich wirkte er gerade sehr unintelligent – und zuckte zusammen, als Jessica sich an seinen Brustkorb kuschelte: „Ich kann dich auch weiter Elflord nennen oder Alain, aber – nach dem was gestern war, ist Perfect doch ein schöner Name.“
Dies war der Zeitpunkt, an dem dem erfahrenen Romancier das erste Mal seit langer Zeit die adäquaten Worte fehlten.
Es waren keine Worte, die seinen Mund verließen – jedenfalls nicht im traditionellen Sinne – eher sowas wie ein „Jaaberermuhisdasheißermwiewaswowarum?“
Und er konnte das freche Lächeln, das sich über Jessicas schöne Lippen legte, beinahe hören.
„Bringe ich dich um den Verstand?“
Die Frage verriet ihre Amüsiertheit und als dann ihre Hand über seine Brust wanderte, sah er für sich eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder er gab sich ihr jetzt hin, egal wie verwirrend die ganze Situation war – oder er versuchte, zu fliehen.
Und so wie schon Harry Kim es bei Seven Of Nine gemacht hatte, stieß er einen überraschten Laut aus und rutschte unter seiner Seven weg und taumelte aus dem Bett.
Die blauen Augen Jessicas musterten ihn mit einer gewissen Verspieltheit, die – da war er ganz Mann – ihn durchaus zu erregen verstand. Sie lächelte – ein schönes, wildes Lächeln: „Spielen wir heute Spielchen, ja, Special Agent Hansen?“
McGee stockte.
„W… wie war das?“
„Oh“, machte Jessica und ihre Stimme verriet Sorge: „ Du hast es also schon wieder vergessen, hm?“
Damit legte sie eine Hand auf ihre, durch die Decke vor Blicken Unberufener geschützte, Brust: „Ich bin Jessica Hansen – wir haben uns vor einigen Monaten in der Freihandelszone Jebel Ali kennengelernt und wir wurden beide von Aufständischen verletzt. Du hast Dir einen Schuss in den Kopf – genauer gesagt: einen Streifschuss – eingefangen und leidest seit diesem Tag an einer Art sporadisch auftretender, alles löschender Amnesie. Aber keine Sorge, Senior Special Agent David hat mir gesagt, das ich – wenn das passiert – mit ihm sprechen soll.“
„Senior Special Agent David?“, blinzelte McGee – oder Hansen? – verblüfft und hob eine Augenbraue. Die Offizierin, die mit ihm Bett und offenbar nun auch Tisch und Appartement teilte, nickte, ehe sie kurz mit den Augen rollte, ein „Verdammt“ murmelte und dann mit den Fingern schnippte, als habe sie etwas vergessen.
Sie blickte McGee an: „Ich habe gute Nachrichten für dich – aber auch schlechte.“
Kurz pausierte sie, seufzte und ließ ihren Kopf zurück in die Kissen sinken, die Haare eine lange, braune Kaskade, die über das Bett floss.
„Es gibt auch leider keinen diplomatischen Weg, das alles zu erklären. Also – Timothy… Perfect…. Wir haben gestern geheiratet.“
Tim stockte, legte den Kopf schief und schüttelte ihn dann: „Bi… bitte was?“
„Du bist seit knapp 8 Stunden Mister Timothy Hansen. Und ja – du hast dich bereit erklärt, meinen Namen anzunehmen. Vielleicht weil bei Thom E. Gemcity’s Werken keinen großen Unterschied macht, wie Du in Wirklichkeit heißt.“
Der Special Agent schluckte, setzte sich auf einen Ledersessel (verdammt, wann hatte er die denn gekauft) und schreckte wieder hoch, als er durch die Kälte schmerzhaft daran erinnert wurde, dass er immer noch nackt war.
Sein Gegenüber, Jessica, schien mit einem Lächeln zu kämpfen und diesen Kampf gloriös zu verlieren, denn sie brach in schallendes Gelächter aus. Das Problem, dass sich nun McGee ergab, war ein Einfaches: Wie sollte er reagieren?
Nicht wegen der Sache mit der Heirat, sondern wegen der Sache mit seiner sporadischen Amnesie und vor allem damit, dass er einer fremden Frau gegenüberstand.
Er konnte sich ja nun nicht einfach umdrehen und anziehen, das – das wirkte albern. Oder?
Andererseits – Jessica würde es verstehen.
Also griff er nach seiner Unterhose und zog sie an, ehe er die Aufmerksamkeit wieder seiner – anscheinend ganz persönlichen – Seven of Nine zuwandte: „Du… Sie…“
„Bleiben wir beim Du, wenn es recht ist. Wir sind verheiratet.“
„Ja, genau, richtig. Also – Du sprachst von einer schlechten Nachricht?“
Jessica nickte, entstieg ebenfalls dem Bett, griff nach ihrer Unterwäsche und bedeckte ihre Blöße, ehe sie Tim anblickte: „Leroy Jethro Gibbs ist tot. Er starb vor knapp 5 Monaten, während der Sache in Jebel Ali.“
McGee wandte sich um, neigte den Kopf nach unten um die sechs Zentimeter Höhendifferenz zwischen sich und seiner ihm-ohne-dass-er-sich-daran-erinnern-könnte-angetrauten-Ehefrau zu überbrücken.
Sein Mund wurde schlagartig trocken: „W… was?“
Die blauen Augen Jessicas blickten ihn ernst an, als sie nickte und ihn dann in den Arm nahm: „Es tut mir so leid, Schatz.“

TBC
17.5
„Ich hätte etwas tun können.“, murmelte der Captain der DRAGONFLY und blickte Daniel aus braunen Augen an, in denen Tränen schillerten. Der Antrhopologe hob seinen Kopf, schüttelte selbigen und machte eine wegwerfende Bewegung: „Was hättest Du tun können? Sie hat dich ausgeschaltet. Neben dem, dass sie Wissenschaftlerin ist und wusste, was passiert wäre, wenn Du sie gerettet hättest, war sie Soldatin und wusste, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um jemanden kampfunfähig zu machen.“
Und dann, mit festem Blick: „Es ist nicht deine Schuld.“
„Hast Du eine Ahnung.“, seufzte der Captain und ließ seinen Kopf sinken. Daniel seufzte, als er plötzlich eine Berührung spürte. Überrascht wandt er seinen Kopf und sah die Hand Sams, die auf seiner Schulter ruhte.
Er seufzte. Vermutlich war sie zur Seite gesunken, als die Leichenstarre nachgelassen hatte.
Sich aufrichtend, griff er nach der kalten Hand seiner Frau, führte sie sanft auf ihren Bauch und ließ sie dort sinken.
Daniels blaue Augen füllten sich nun auch mit Tränen, als er sah, wie ruhig und friedlich sie wirkte.
„Wach auf.“; dachte er sich, „Verdammt, wach auf.“
Es war pure Unlogik, die von ihm Besitz ergriff, doch in diesem Moment interessierte es ihn nicht. Der Wunsch, dass Sam doch nicht tot war, so kindisch und doch verständlich, er auch war, bohrte sich in seinen Kopf. Und dann öffnete die Astrophysikerin die Augen
Daniel schluckte.
„S… Sam?“, fragte er, als die hübsche Frau sich aufrichtete und ihn anblickte.
Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen: „Ja.“

Daniel schluckte, wischte sich die Tränen aus den Augen und blickte seine Frau verblüfft an.
„Wie… wie ist… wie kann…“
Er schaute zum Captain, der nicht minder verblüfft dreinblickte, blinzelte und dann das tat, was ein Captain in diesem Fall immer tut – er aktivierte seinen Kommunikator.
„Cat an Intrupper?“
„Intrupper hört?“
Daniel konnte sehen, wie ein leichtes Lächeln sich auf die Lippen des Kommandanten der USS DRAGONFLY stahl: „Hast Du Superärztin nicht vorhin gesagt, SG-1 sei tot?“
„Sind sie auch, wieso?
„Nun, momentan schaut mich Sam an und scheint sehr lebendig zu sein.“
Damit beendete er die Kommunikation, blickte zu Daniel und klopfte ihm auf die Schulter: „Wenn Du mich entschuldigst – ich glaube, du hast sowieso noch ein bischen was mit deiner Freundin – Frau – whatever – zu bequatschen.“
Damit wandte er sich um, wollte gerade gehen, als Daniel die Stimme Sams hörte: „Warte!“
Sie hüpfte vom Bett, trat auf den knapp 5 Zentimeter größeren Cal zu und lächelte ihn an.
„Danke für die versuchte Rettung.“
Cal beugte sich vor, küsste sie auf die Stirn: „Wie könnte ich mir den Tod meiner guten Freundin Sam Carter vergeben?“
Damit hob er den Blick und schaute ihn, Daniel, aus braunen Augen an: „Oder wie könnte einer meiner anderen Freunde mir das vergeben.“
Der Anthropologe konnte sich ein Zwinkern nicht verkneifen und als sich der Captain dann abwandte und den Raum verließ, trat er – Daniel – auf Sam zu, legte beide Arme um sie und atmete tief durch, als sie sich an ihn lehnte und leise seufzte.

Und dann erklang eine Stimme in seinem Kopf.
Mooooment.
In der Tat – moment. Hier stimmte was nicht. Aus dem tiefsten Grunde seines Herzens und Hirnes hörte und spürte er, wie eine Warnung emporblubberte.
Ja, er hatte diese Szene, wie er und Cal in der Leichenkammer der DRAGONFLY saßen schon oft genug geträumt, hatte schon oft genug gewünscht, gefleht , dass Colonel Sam Carters Tod ein Irrtum vom Amt gewesen war, dass sich Gina vertan hatte und Sam wieder zu den Lebenden zurückkehrte. Und bisher war er aus jedem Traum, der sich so verhielt, aufgewacht.
Vermutlich hatte er sich unwillkürlich versteift, denn Sam sog tief Luft ein, wandte sich über ihre Schulter zu ihm um, neigte ihren Kopf nach oben, um die 8 Zentimeter Höhenunterschied zu überbrücken, die beide voneinander trennte und schaute ihn fragend an.
„Was ist los, Daniel?“
Das musste er seinem Traum, seiner Vision oder Halluzination lassen – die Stimme Sam Carters klang heute extrem realistisch, nicht so wie beim letzten Mal, wo er beinahe das Gefühl hatte, mit Sha’re, seiner ersten Frau, gesprochen zu haben.
„Nein“, schüttelte der Anthropologe den Kopf, „Das ist nicht real. Ich wurde von einem Intar betäubt und träume jetzt. Aber es sind wenigstens schöne Träume.“
„Träume?“
Sams Gesichtsausdruck verriet erst Unglauben, dann Amüsement.
Sie trat auf ihn zu, ließ eine Hand über seine Bauchmuskeln gleiten und küsste ihn dann, heiß, leidenschaftlich, innig.
Als sich die Astrophysikerin dann von ihm los machte, grinste sie: „Fühlte sich das wie ein Traum an?“
Und obwohl er es eigentlich gar nicht wollte, lief ein Lächeln über seine Lippen: „Zugegeben – es ist ein sehr schöner Traum, aber es ist nichts desto trotz ein Traum.“
Damit trat er einen Schritt zurück und blickte Sam an: „Ihr seid tot. Gestorben auf Dakara.“
Die blonde Frau verschränkte die Arme vor der Brust und legte den Kopf schief: „Das glaubst Du wirklich, oder?“
Und dann, mit einem ihrer berühmten „Naja“s, legte sie ihren blondbehaarten Kopf in die andere Richtung: „Es mag möglich sein, dass der Transporter der DRAGONFLY mit der Waffe auf Dakara reagiert hat und uns für ein paar Sekunden wie tot hat wirken lassen. Aber ich verspreche dir, ich bin echt.“
Sie überbrückte die Distanz zwischen ihnen, griff nach seiner Hand, legte sie in ihre und drückte sie dann an ihre Wange.
„Daniel, spürst Du das? Spürst du die Wärme, die von mir ausgeht? Fühlt sich eine Leiche wirklich so an?“
Und der Anthropologe musste zugeben, dass sich die Wärme, die von ihrer Wange in seine Hand kroch, wirklich real anfühlte.
Kurz hob er beide Augenbrauen, betrachtete dann die Blonde vor ihm: „Und wie erklärst Du dir die letzten paar Tage?“

Es gibt diesen Spruch „to blind someone with Science.“, der eigentlich nichts weiter bedeutet, als jemanden durch pseudowissenschaftlichen Unsinn von seiner Fährte abzubringen. In Sams Fall ist dieser „Unsinn“ natürlich nicht nur pseudowissenschaftlich und dass sie jemanden ganz gut durcheinanderbringen kann, wusste Daniel, da er unterschiedlichen Unterhaltungen zwischen ihr und Jack beigewohnt hatte, die meistens mit einem „Arrrgh, Carter, ist ja gut!“ endeten.
In diesem Fall wusste Daniel nicht, ob es pseudowissenschaftlicher Unsinn war, der da gerade Sams Mund verließ oder tatsächliche Wissenschaftsfakten, welche die gute Sam in einer Art Brainstorming vortrug.
Was er wusste, war, dass Colonel Samantha Carter innerhalb von weniger Minuten knapp 10 Theorien aufgestellt hatte, nachdem sie erfahren hatte, was Daniels Erlebnisse der letzten Tage waren, die mit ihrem Tod begonnen hatten.
Unter den populärsten Thesen war eine Reise in ein paralleles Universum, die durch einen Schuss durch ein Intar beendet wurde, ein Traum, eine Halluzination – oder das er dies hier träumte und tatsächlich ge-intar-t wurde.
„Das ist ja wie in Total Recall.“, grinste Daniel und stockte, kaum, dass er diesen Satz von sich gegeben hatte. Seufzend wandte er sich an Sam: „Ich hab definitiv zu viel Zeit mit O’Neill verbracht.“
Nun war es an Sam, zu grinsen, ehe auf ihn zutrat: „Aber gefällt dir diese Gesellschaft hier nicht wesentlich besser?“
„Darauf kannst Du dich verlassen.“, sagte der Anthropologe, nahm sie erneut in die Arme, beugte sich vor und… seufzte, als ein Beben durch das Raumschiff ging.
Sam hob ebenfalls den Blick und er konnte in ihren Augen die Leidenschaft, die sie gerade dabei war, in sich heraufzubeschwören, verebben sehen. Dann wurde es kurz dunkel um sie – zumindest solange bis das Schiff auf Alarmstufe Rot sprang.
Seufzend schaute Daniel zu seiner Gefährtin: „Wollen wir auf die Brücke?“
„Warum nicht? Das Andere können wir auch noch nachher tun – oder auf der Erde.“
Sie küsste ihn, die sanfte Berührung ihrer Lippen ein Versprechen, das sie mit einem gehauchten „Ich kenne einen Ort, an dem uns niemand stört“ noch verstärkte.
Dann griff sie nach seiner Hand, die beiden Fingerpaare verschlungen sich ineinander, sie eilte los, er folgte ihr mit einem Lachen. Es wurde wieder Zeit.

Kaum, dass die Turbolifttür zur Brücke aufglitt, standen Tränen in Daniels Augen. Nebens ich hörte er Sam husten und wusste auch, weswegen. Das komplette Nerven- und Kommandozentrum der DRAGONFLY war mit Rauch gefüllt. Flammen züngelten empor, die Dunkelheit war hier noch allumfassender und das Rot der Alarmsignale schien kaum bemerkbar. Dennoch taumelte er, seinen Arm schützend vor das Gesicht gebracht und gefolgt von Sam, auf die Brücke und warf einen Blick auf das Chaos.
Neben ihnen erhob sich Jill Menacer, warf einen Blick auf flackernde Eingabefelder und seufzte.
„Phaserbanken 1, 3, 4,5 und 6 sind zerstört, Photonentorpedolauncher 1 und 2 feuern nicht mehr. Die Sensorenphalanx ist ebenfalls beschädigt, wir haben nur noch Kurzstreckenscanner.“
Es kam keine Antwort vom Kommandantenposten.
„Captain?“, fragte sie und Sam blickte sie an: „Commander, was ist passiert?“
„Ich habe keine Ahnung.“
Jills Ratlosigkeit war ehrlich. Sie blickte kurz noch einmal in die Dunkelheit, ins Ungefähre, dorthin wo Cals Posten gewesen war, rief noch einmal den Rang und als keine Antwort kam, blickte sie zu Sam: „Plötzlich wurden wir angegriffen. Wir hatten nicht einmal mehr Gelegenheit, die Schilde rechtzeitig zu heben.“
Und erneut: „CAPTAIN!“
Keine Reaktion.
„Also wir wurden einfach so aus dem Dunkel in den Arsch getreten?“
Die Stimme, rau, aber dennoch sympathisch, kam von einem anderen Brückenzugang. Jack O’Neill blickte sich aus grauen, kriegsgewohnten Augen um und warf dann einen Blick zu Sam und Daniel.
„Schön dich auch am Leben zu wissen, Jack.“
Die Stimme des Anthropologen verriet ein gewisses Maß an Amüsement, wie eigentlich immer, wenn er mit dem General sprach, aber es war dieses Mal eher eine Nuance. Mehr Ernsthaftigkeit lag in der Stimme, als er erneut ins Dunkel blickte.
Immer noch kam vom Captain keine Antwort und irgendwie überraschte ihn das recht wenig. Schließlich war es Cal und das konnte eigentlich nur bedeuten, dass der Captain von dem Angriff überrascht und dann ausgeknocked worden war.
Eigentlich kein Grund zur Panik.
„Wer auch immer uns angegriffen hat – er schickt ein Begrüßungskommitee.“, stieß in diesem Moment Jill aus, als sie alle ein rasch schnellerwerdendes Piepsen hörten.
„Auf Einschlag vorbereiten.“, stieß Sam aus, als die DRAGONFLY hart zur Seite kippte.
Und Traum oder nicht, er würde nicht zulassen, Sam ein weiteres Mal zu verlieren. Als er merkte, dass sie beide den Halt verloren, packte er seine Freundin und klammerte sich so fest an sie, dass er als Kissen oder Auffang diente, sollten sie aufschlagen und – tatsächlich. Sie schlugen auf.
Dies taten sie so grundlegend, dass Daniel im ersten Moment ein Knacken hörte und dann sengendheißen Schmerz spürte, der in seiner linken Armgelenkpfanne pulste.
Moment mal – er spürte Schmerz?
Aber – wenn man träumt spürt man keinen Schmerz.

Sam schaute ihn an, keuchte ein „Oh Gott“ und rappelte sich dann wieder hoch, bellte ein „Feuer mit den Phasern erwidern“, ehe sie sich an Daniel wandte: „Schatz, geht es Dir gut?“
„Ich…“, stammelte er gegen silberhellen Schmerz in seinem Arm an, „Ich glaub, ich hab mir das Gelenk ausgekugelt und den Arm gebrochen.“
Und gegen seinen Willen musste er grinsen: „Das heißt – ich träume nicht.“

TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 18 – Vorder- und Hintergründiges

Kapitel 18.1

„Fähnrich Vance?“
Der Mann, der ihm gegenüberstand, maß einen Meter dreiundsiebzig, trug das blonde Haar militärisch kurz und schaute aus blauen Augen nicht unbedingt optimistisch in die Zukunft.
Ein Lächeln konnte Leon weder in seinen Augen, noch in seinem Gesicht erkennen. Irgendwie kam er ihm sowieso ein wenig unfreundlich vor.
Dennoch nickte er, hielt ihm die Hand hin, die sein gegenüber ergriff und nur zwei Worte sagte, als wären diese komplett selbsterklärend: „Luther Sloan.“
Vance hatte noch nie von einem Luther Sloan gehört und empfand es als merkwürdig, dass sein Gegenüber seinen Namen so aussprach, als müsse man gleich in ehrfürchtige Verehrung verfallen.
Sloan schien das zu merken, legte den Kopf schief und lächelte dann. Es war kein ehrliches, sondern eines der verschlagenen, falschen Lächeln, die Leon später noch öfter zu sehen bekommen sollte.
„Ich habe einen Blick in Ihre Akten geworfen, Fähnrich. Sie sind gut.“
Auch der Tonfall, den Sloan angeschlagen hatte, war alles andere als freundlich und schon gar kein Zeichen, dass man diesem Mann vertrauen sollte.
Daher ließ es Vance bei einem leichten Nicken bewenden, ehe er sich umschaute.

Die U.S.S. LEROY JETHRO GIBBS , benannt nach dem Senior Special Agent, der den Ruf als harten Hund zementiert hatte und dessen Karriere so turbulent wie einzigartig war. Sein selbstloser Tod 2045 hatte sich vor einem Jahr zum 310sten Mal gejährt,  war ein Stoff für Legenden und selbst die Klingonen waren mit dieser Sagengestalt vertraut und sangen ruhm- und, wenn wir ehrlich sind, auch rumreiche Schlachtlieder über den grauhaarigen Mann, der sich selbst gerne in der Rolle des „Bastard“ gefiel. Zugegeben, der Rum war dann meistens Blutwein, aber wen scheren schon Details?

Doch die LEROY JETHRO GIBBS , an deren Bord sie sich befanden, war selbst sowas wie ein eiskalter Bastard. Eine Constitution-Klasse – ein Schiff von zeitloser Eleganz – und beinahe baugleich mit einem der berühmtesten Föderationschiffe, die jemals die sieben Galaxien unsicher gemacht hatten… mit der ENTERPRISE, die seinerzeit von Kirk kommandiert wurde.

Es gab keine Zeit, großartig darüber nachzudenken, was es nun zu tun galt, plötzlich setzte sich Luther Sloan in Bewegung und – als wäre es ein Drang – wurde von Stone und ihm, Vance, verfolgt.
„Haben Sie jemals einen Blick in die Akten des SCIS geworfen?“, fragte Sloan und Vance nickte – das der Andere das nicht sehen konnte, merkte er erst, als er erneut gefragt wurde.
„Erm…“, machte Vance und sagte dann deutlich und klar: „Ja, Sir. Ich habe einige Akten gelesen. Ich verstehe nur nicht ganz, was das mit dieser Sache zu tun hat?“
Sloan stoppte, drehte sich um und schaute ihn an: „Wir werden Sie in diese Zeit zurückversetzen.“
Damit machte er sich wieder auf den Weg, ließ einen Vance stehen, der kurz verblüfft zu Stone blickte und dann wieder zu Sloan aufschloss: „Wie meinen Sie das? Was – was haben Sie vor?“
Dieses mal stoppte Sloan nicht, im Gegenteil, er beschleunigte sein Tempo: „Sie können das noch nicht wissen und wir werden Sie erst mit allen Einzelheiten vertraut machen, wenn Sie die Mission wirklich annehmen – aber soviel können wir jetzt schon sagen: Sie sind ab sofort kein Sternenflottenoffizier mehr.“
Erneut blieb Vance stehen, setzte sich dann aber wieder in Bewegung: „Mo… moment mal, wie meinen Sie das?“
„Ab sofort ist es ihre Aufgabe, Veränderung des Raum-Zeit-Gefüges in ihrer Zeitebene aufzuzeichnen, zur Meldung zu bringen und zu überwachen.“, sagte Sloan und erreichte eines jener großen Schotten, hinter dem sich ein Frachtraum verbarg. Er trat hindurch, gefolgt von Stone und Vance, die beide verblüfft stehen blieben.


Vances Augen öffneten sich und er lauschte in die Dunkelheit hinein.
Was hatte ihn geweckt?
Bewegte sich irgendwas in ihrem Haus? Attentäter? Aliens? Mäuse? Er lauschte erneut und merkte, wie er sich entspannte. Was auch immer ihn geweckt hatte, schien nicht mehr so bedrohlich.
Neben ihm hörte er das beruhigende, leise Schnarchen seiner Frau, Jackie.
Und dennoch konnte er sich nicht entspannen. Irgendwas berunruhigte, beschäftigte ihn und er brauchte keine fünf Sekunden, um zu wissen, was das war.
Und so richtete er sich auf, seufzte und beugte sich nach vorne. Sein Gesicht unter den Händen vergraben, atmete er erneut durch, bis er die sanften Hände seiner Frau auf seinem nackten Rücken spürte.
„Leon?“, fragte sie und er reagierte. Zuerst hob er den Blick, dann wandte er sich seiner Frau zu.
„Schlaf weiter, Liebes.“, hauchte er und sie schüttelte den Kopf: „Ich kann nicht. Nicht, wenn du wie ein lebender Vorwurf da sitzt.“
Nun richtete auch sie sich auf, schwang ihre nackten Beine aus dem Bett und legte einen Arm um ihren Mann: „Ist es die Arbeit?“
„So kann man es auch sagen.“, raunte er, ehe er seufzte: „Schatz, ich hab noch nie in meinem Leben so dringend eine Zigarette gebraucht.“
Und er konnte sehen, wie sie mitfühlend nickte.
„Es sind die legendären Vier, nicht wahr? Gibbs, Tony, McGee und Ziva?“
Er nickte, stand auf und verließ das Schlafzimmer. Sie folgte ihm, fingerte noch nach ihrem Morgenmantel, zog ihn an und blieb in der Tür stehen, die ihr Schlafzimmer von der Küche trennte.
Sie sah Leon dort werkeln und wusste, dass er ihr und sich ein Rührei zubereiten würde.
Und Vance wusste, dass sie ihn dabei beobachtete, wie er das Küchenmesser in den Champignons versenkte, um sie zu kleinen, perfekten Streifen werden zu lassen.
Er drehte sich um und sie bekam etwas zu sehen, was niemand anderes zu sehen bekam, nicht einmal Cynthia.
Angst, die in Leons Augen funkelte und schillerte, wie heiße Tränen.
„Was… was wird jetzt aus der Zeitlinie?“, fragte er und seufzte. Dann trat er an einen Küchenschrank heran, öffnete ihn, zog eine Schublade aus der Halterung und legte seine Hand auf einen in der Schublade grün aufleuchtenden Handabdrucksscanner.
„Handabdruck überprüft. Handabdruck mit Leon Vance identisch. Vorbereitung auf DNS-Extraktion.“
Jackie hasste das, was nun passierte. Eine kleine, feine Nadel würde Blut aus Leons Handinnenfläche entnehmen und somit seine DNS abgleichen.
„DNS-Vergleich positiv. Herzlich Willkommen, Captain Vance.“
„Computer“
Leon war plötzlich wieder jeder Zoll das, was er nach aussen hin darstellen sollte – ein Mann, der „in charge“ war, also die Verantwortung trug.
„Analyse und Hypothese. Wäre ein anderes Team genau so erfolgreich, die notwendigen …“

Vance brach ab.
Es war sinnlos. Gibbs musste diese Verhaftungen machen, sein Team musste die nächsten Fälle lösen, Gibbs höchstselbst musste in knappen 32 Jahren diesen Heldentod sterben. Es gab keine Alternative. Und wenn Gibbs tot war, starb auch diese Hoffnung.
Wobei – es gab noch eine Andere.

Die Tür zu seinem Büro stieß Vance mit jugendlichem Elan auf.
Das alles war zwar nur ein Langzeitspiel, aber vielleicht konnte es funktionieren. Dazu benötigte er nur eine Sache, genauer gesagt: eine Person. Und diese Person zu finden, das dürfte sich als kompliziert erweisen, aber nicht als unmöglich. Schließlich hatten sich ihre Wege schon vorher ein paar Mal gekreuzt.

Vance atmete tief durch.
„Beruhige dich, Leon“, schalt er sich selbst, ehe er einen Blick auf seinen Schreibtisch warf – und merkte, wie seine Gesichtszüge verrutschten.
Es gab eine Sache, die er noch erledigen musste.
Eine Sache, die er noch mit Abby klären musste und eine Sache, die er noch…
Er griff nach dem Hörer und ließ sich mit Port Jebel Ali verbinden.

TBC

Kapitel 18.2

Leroy Jethro Gibbs stellte wieder einmal fest, dass es Momente gab, in denen es durchaus ratsam war, ruhig zu sein. Eigentlich kannte er diese „Halt die Klappe“-Momente ziemlich gut, aber hin und wieder war dem nicht so. Colonel Robert Makepeace dazu aufzufordern, „loszuschießen“, war vielleicht mal wieder ein „Halt-die-Klappe“-Moment, den er ignoriert hatte. Und nun zahlte er dafür, denn der Colonel begann, ohne Punkt und Komma, draufloszuschwadronieren – über seine Kindheit (ja, wir alle haben eine verkorkste Kindheit, Robert, erzähl mir was neues.), über seine Karriere (Ja, auch das haben wir alle erlebt – bester der Besten der Besten, mit Auszeichnung, harte Arbeit im Corps, dann Beförderung zu einer anderen Dienststelle.) und dieses mal war Gibbs klug genug, den „Halt-die-Klappe“-Moment zu erkennen, der sich hier anbot, nämlich nicht zu sagen: „Jaja, alles wahnsinnig spannend, aber komm endlich zum Punkt.“

Nein, das tat er nicht. Stattdessen hörte er zu und fragte sich, ob das, was der Colonel da erzählte, wirklich so zutraf. Was Gibbs nicht weiß, der geneigte Zuseher der Abenteuer des SG-1 Teams vor ihrem tragischen Dahinscheiden jedoch schon ist, dass diese Geschichten der Wahrheit entsprachen.  Jedenfalls großteils.

„Meine erste Mission im Stargate-Center“, setzte Robert Makepeace an, „führte uns zu einem Planeten, dessen eine Seite komplett im Dunkeln lag und dessen andere Seite ein sonnendurchflutetes Paradies war.“



„Wir gehen vor.“
Jonathan ‚Jack’ O’Neill sagte dies mit einer Bestimmtheit die ihm, Robet Makepeace, dem jüngeren Colonel nicht nur Respekt, sondern auch gleich Gehorsam abnötigte. Er salutierte, warf dann einen Blick zum langhaarigen Anthropologen Daniel Jackson, der ihn anblickte und den Kopf schüttelte. Jeder Andere mochte dies als ein „Sie brauchen vor Jack nicht zu salutieren, Robert“ interpretieren, er sah aber die pure Verachtung, die dieser Mensch, dieser Friedensfreund, ihm gegenüber empfand aus seinen Augen herauseruptieren und den Hass in seinen Augen lodern, wie das Glühen, das – laut Beschreibung – einen Goa’Uld-Wirt als solchen verriet. Er sah und verstand die Haltung des Wissenschaftlers ihm gegenüber sofort.
Jackson war kein Freund des Einsatzes von Waffen – und so, wie er ihn gerade angesehen hatte, war er auch kein Freund davon, diese Waffen dann einzusetzen, wenn es ihm potentiell das Leben retten konnte.

„Sie zählen bis Zehn und folgen dann.“, sagte O’Neill, trat durch das Stargate und er konnte sehen, wie Daniel dem Colonel hinterherblickte und vermutlich, kaum, dass sie auf der Anderen Seite waren, Jack fragte „Können die überhaupt zählen?“
Makepeace warf einen Blick zu seinem Team, jeder der Marines hatte den Körper unter äußerster Anspannung und war bereit, loszuschlagen.
Der Colonel von SG-3 zählte, 8…9…10… , nickte seinem Team dann zu und trat als erster auf die ringförmige Vorrichtung zu, die sie in ihre Moleküle aufspalten und durch das Universum pusten würde.
Ein Schritt noch, dann war er auf einem anderen Planeten.
Makepeace schritt durch das Tor, spürte wie sein Körper sich auflöste, fühlte, wie er beschleunigte, quasi wie von einer Rakete abgeschossen wurde, auf einer genau festgelegten Bahn auf einen bestimmten Punkt zuraste und kam am anderen Ende ohne nennenswerte Beschleunigung heraus.

Und sah, dass SG-1 in Gefahr war.
Sam Carter, die blonde Wissenschaftlerin, wurde von einem primatenähnlichen Wesen niedergeschlagen und über die Schulter geworfen, Daniel lag bewusstlos in einer Ecke – vermutlich hatte ihn die erste Welle der Angreifer schon ausgeknocked – allein Teal’C und O’Neill wehrten sich und ließen Tod und Verderben aus ihren Waffen auf die Feinde sprühen.
Makepeace nickte seinem jungen Scharfschützen, einem gewissen Airman Green, zu, dieser hob seine Waffe, zielte auf den flüchtenden Primaten und feuerte. Die Kugel folgte präzise der Flugbahn, traf den Flüchtenden in den Kopf und ließ ihn zu Boden gehen.
„Person am Boden, Sir.“, meldete Green und machte sich auf, die ohnmächtige Sam Carter aus der Gefahrenzone zu bringen.



„Und natürlich wurde es so, wie es war, nicht geschildert.“
Makepeace seufzte, warf die Arme hoch und wandte sich Gibbs zu, der ihn aus eisblauen Augen leidenschaftslos anblickte und ein einfaches Wort fragte: „Sondern?“
„Na“, der ehemalige Colonel gab ein abfälliges Geräusch von sich, „so, als ob SG-1 zwar Probleme gehabt hätte und wir sie retten mussten, aber nicht in dem Umfang, in dem es tatsächlich geschehen war.“
„ Vorsicht, Gibbs. “, schoss es dem Chefermittler durch den Kopf, „ Du weißt nicht, bei welchen Aussagen er lügt und du hast leider keine Beweismittel, mit denen du ihn festnageln könntest. “
Also blickte Gibbs Makepeace an und legte leicht die Stirn in Falten: „Das heißt?“
„Nun, das heißt im Klartext, dass im Bericht steht, dass sich SG-1 in der Klemme befand und wir sie dadurch vertrieben haben, dass wir mit unseren Gewehren eine Menge Krach verursacht haben.“
„Und von dem Schuss, der den flüchtigen Primaten erledigt hat, wird nichts erwähnt?“
„Nichts.“
Irgendwas stimmte hier nicht. Vielleicht hatte Gibbs Probleme damit, dass das Team, das er als sehr kompetent kennengelernt hatte, in einem eher fragwürdigen Licht –wenn nicht sogar einem negativen Licht (wobei Gibbs das immer noch klassisch als „Dunkelheit“ bezeichnen würde) -  dargestellt wurde, vielleicht lag es daran, dass Makepeace für seine Thesen keine Beweise hatte oder es lag daran, dass ein Teil von ihm, sein legendäres Bauchgefühl, sich gerade bemerkbar machte – er hatte das Gefühl, als würde Makepeaace lügen. Wenngleich es ihm nicht besser erging als Makepeace – er hatte für seine Thesen keinerlei untermauernde Fakten.

Der Unterschied zwischen ihm und dem ehemaligen Marine – „Gibbs, so etwas wie einen Ex-Marine gibt es nicht“, rief er sich zur Ordnung – war, dass sein Gegenüber wilde Anschuldigungen von sich gab, er selbst seine Thesen für sich behielt. Machte es das besser? Vielleicht nicht. Vielleicht sollte er tatsächlich einmal einen objetiven Blick für die Sache haben – andererseits tanzten seine Gedärme gerade Rhumba, was er nicht unbedingt dem Lammcurry von gestern Abend zuschrieb, sondern der Geschichte, die Makepeace ihm hier auftischen wollte.

„Bitte, fahren Sie fort, Makepeace.“
Gibbs hatte keine großartigen Möglichkeiten, musste sich, solange man ihn hier gefesselt hatte das anhören, was Makepeace so erzählte und gleichzeitig Optionen Ausschau halten.
Der Colonel fuhr mit seiner Geschichte fort:
„Die größte Unverschämtheit, die man sich an diesem Tag mit uns erlaubt hatte, war, dass man mir die Rolle des ersten „Berührten“ zukommen ließ.“
Gibbs hob die Augenbrauen: „Berühte?“
„Steht alles im Bericht – Berührte waren von einem Virus infizierte Menschen. Dieses Virus ernährte sich von Histaminen und aktivierte dabei die sogenannte „Broca“-Zone im Hirn…“
„Makepeace?“
Der Colonel stockte und nickte: „Klar, kurz und knapp.“
Er setzte sich und begann, weiterzuerzählen: „Zu Deutsch: Wir alle wurden zu primitiven Wilden, eben zu jener Art primitiver Wilder, die wir im „Land der Dunkelheit“ auf P3X-797 gesehen haben.“
Vermutlich der Name des Planeten. , schoss es Gibbs durch den Kopf, aber er beschloss, Makepeace nicht zu unterbrechen, selbst, wenn das gegen eine seiner Regeln – „Nimm nichts als gegeben hin, überprüfe die Fakten zwei Mal“ – verstieß.
„Auch ich verwandelte mich in einen dieser Wilden – aber der Erste, der sich verwandelte, war Daniel Jackson. Er wurde zu einer Art Tier, wollte Samantha Carter verführen und…“
„Und man schrieb diese Rolle in den offiziellen Berichten Ihnen zu?“, unterbrach Gibbs nun doch. Makepeace legte den Kopf schief: „Nicht ganz, Gibbs. Die Rolle Daniels wurde mehr oder weniger aufgeteilt und grundlegend verändert. Sehen Sie, aus mir machte man den Trottel, der Teal’C angriff, während man Sam Carter die Rolle einer Frau in einem knappen Top zuschrieb, die Jack O’Neill verführen wollte und ihm die Rolle eines Mannes, der Daniel Jackson –dem harmlosen, ach so harmlosen Anthropologen, der sich nur um Samantha sorgte – ansprang, zu Boden riss und mehrfach auf ihn einschlug. Daniel erhielt dann die Tochter des Obrsten von P3X-797.“

Gibbs beschloss, sich seinen Teil zu diesen Geschehnissen zu denken. „Es wird ja wohl sicherlich irgendwelche Kameraaufzeichnungen des SGCs geben, mit denen man sich einen objektiven Blick verschaffen kann.“, schoss es ihm durch den Kopf und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Colonel zu: „Und weiter? Weswegen sind Sie nun im Gefängnis gewesen?“
Makepeace holte Luft: „Das zu erklären, wird ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.“
Und er begann, zu erzählen.

[color= crimson] TBC [/color]

Kapitel 18.3
Es waren diese drei Worte, die Tonys Herz zum Schnellerschlagen brachte. „Wir sind gefangen.“
Zugegeben, der Gedanke, dass er und Ziva es noch ein bischen länger in dieser behaglischen Atmosphäre aushalten würden, hatte schon viel Schönes für sich. Wenn da nicht der Faktor „Luft“ mit reinspielen würde und diese würde ihnen hier vielleicht schneller ausgehen, als ihnen lieb war. Bildete er es sich ein, oder begann er schon, sich schwummrig zu fühlen?
Tony konnte sich nicht helfen und das Ganze nicht als „faszinierend“ bezeichnen. In ihm brandete ein Widerspruch der Gefühle auf. Zivas Nähe elektrisierte ihn, ließ sein Gehirn in den nächsten Gang schalten und ihn Überlegungen anstellen, wie sie hier herauskamen. Die Umgebung – respektive der Mangel an Sauerstoff – hingegen betäubte ihn und er hatte das Gefühl, als sei alles in seinem Körper mit Blei gefüllt. Blei, das Material, von dem sein Physiklehrer ihm scherzhaft erklärt hatte, warum man diesen Stoff im Periodensystem mit PB abkürzte. PB für „Plumbum“ und als der Lehrer das Stück Blei auf den Boden fallen lies, traf es tatsächlich mit einer Art „Plum-Bum“-Geräusch auf.
Selbiges „Plum-Bum“ wollte er gerade nachstellen, denn am Liebsten wäre er hier, an Ort und Stelle, in sich zusammengesunken, wäre vermutlich erst auf die Knie gesagt (Plum) und dann nach vorne aufs Gesicht – oder nach hinten auf den Hinterkopf – gesunken (Bum). Die Situation begann, ihn an den Frachtcontainer im Hafen zu erinnern, in den er mit Ziva eingesperrt gewesen war.

Und dann, ehe er verstand, weswegen, hatte er die letzten Zentimeter, die ihn von Ziva trennten, überwunden, er hatte sie gepackt und ihr seine Lippen auf den Mund gepresst – nur um sich zu Boden geschubst wiederzufinden. Ziva schüttelte den Kopf, ihre langen Haare machten jede Bewegung mit, als sie ihn aus braunen Augen fassungslos anstarrte.
„Was ist los mit Dir, DiNozzo?”
Das war eigentlich eine gute Frage. Er rappelte sich auf, schüttelte seinerseits den Kopf und atmete tief durch: „Ich… ich weiß es nicht, ich…“
Weiter kam er nicht, als er merkte, dass in seinem Inneren eine Art von Euphorie ausbrach. Er konnte diesen Zustand nicht genau beschreiben, er wusste nur, dass er sich gerade unglaublich gut fühlte und konnte gegen das verräterische Zucken seiner Mundwinkel auch nicht angehen.
„DiNozzo, reiß dich zusammen.“, sagte die hübsche Israeli und er musste erneut den Kopf schütteln, um wieder klar zu werden.
Und irrte er sich, oder sah er da tatsächlich eine Spur „Besorgnis“ in ihren Augen, als sie sich vorbeugte und ihm zwei, drei sanfte Schläge auf die Wangen gab.
So genau konnte er das nicht sagen, weil er momentan echte Schwierigkeiten hatte, die drei Zivas – Ziven? Zivi? Zivasse? – auseinanderzuhalten und zu erkennen, auf welche er sich nun konzentrieren sollte. Ein Hinweis konnte sein, dass die Ziva in der Mitte deutlich schneller als die beiden „Aussenseiterinnen“ war.  Dies bedeutete – rein theoretisch konnte nur die Ziva in der Mitte die echte Israeli sein – oder?

Ziva seufzte.Auch sie begann, die Auswirkungen des Sauerstoffmangels zu fühlen – Hitze, Schwindel, merkwürdige Euphorie und (ja) sie spürte ein nahezu widersinniges Verlangen, sich gerade jetzt den Zärtlichkeiten des Halbitalieners hinzugeben, der vor ihr saß und mit Augen, deren Augenlider auf Halbmast hingen und die selbst Schwierigkeiten zu haben schienen, sie zu fokussieren – nach seinem Schielen zu urteilen. Natürlich hätte das was. Natürlich wäre dies eine interessante Todesart – McGee würde sagen „Death by Jamaharon“, also „Tod durch Jamaharon“, wobei Jamaharon ein Wort aus dem Star Trek – Universum ist und nichts anderes als „Sex“ bedeutet. Wir sind ja soooooo hip.
Würde sie diesen Tod einem anderen Tod vorziehen? Klar – wenn sie überlegte, welche anderen Arten und Weisen es gab, sein Leben auszuhauchen – eventuell mit der ein oder anderen Kugel im Körper, oder gar so, wie ihre Vorgängerin aus dem Leben geschieden war, per Kopfschuss – erschien ihr die Vorstellung, den Tod hier zu finden, in den Armen des Mannes, den sie tatsächlich liebte, an ihn gekuschelt und nie wieder aufwachend, eigentlich gar nicht so fremd und recht verlockend.

Würde sie dieser Verlockung nachgeben?
Auf gar keinen Fall.
Dazu hatte ihr Vater – an den sie in letzter Zeit immer mal wieder sporadisch denken musste – viel zu sehr zur Kämpferin erzogen, als dass sie einfach so aufgeben würde. Sie war viel zu sehr Soldatin, um sich einfach auf die Seite zu legen und zu sterben, wenn die Umstände ihr das rieten. Und sie würde kämpfen – würde um jeden Atemzug ringen, in dem sie ihre Lungen mit Sauerstoff füllen konnte. Wenn sie schon die Bombenexplosion in Marokko, von der sie wirklich dachte, dass sie sie nicht überlebte, nicht langfristiger zu Boden schickte, wollte sie verdammt sein, wenn sie ihr Leben in einem Raumschiff der Föderation aushauchen würde.

Es gibt die Theorie, dass Gedanken Einfluss auf das Wohlbefinden des Körpers haben. Und dieser Theorie mag jeder geneigt sein, zuzustimmen, dem sein Geist schon einmal gesagt hat, dass er einen „tierischen Brand“ hat, der von einem entsprechenden Getränk gelöscht werden möchte. Vermutlich ist es sogar möglich, sich selbst mental so sehr anzufeuern, dass der Körper kräftemäßig „wahre Wunder“ vollbringen kann. Vielleicht war es bei Ziva mehr so eine Art „letztes Aufbäumen“ vor der allesumfassenden Ohnmacht – so genau wusste die hübsche Israeli es nicht – sie wusste nur, dass sie merkte, wie ihr Körper vor Energie und Tatendrang förmlich „brannte“.
Ihre Hände schnellten vor, packten Tonys Kragen und rissen den Mann in eine stehende Position.
„Verdammt, DiNozzo“, zischte sie, „Streng dich jetzt an und reiß dich zusammen!“
Damit verpasste sie ihm noch eine Ohrfeige, dieses mal wesentlich stärker und auch lauter. Der Kopf des Halbitalieners wurde herumgerissen und gerade, in dem Moment, in dem Ziva befürchtete, dass der Mann von der Wucht der Ohrfeige einfach wieder zu Boden gehen, bewusstlos werden und somit unnützer Ballast sein würde, straffte sich sein Körper, er drehte den Kopf zu ihr herum und leckte sich einmal über die Wunde an der Unterlippe.
Er legte den Kopf schief, schaute sich um und nickte dann.
„Sehen wir zu“, lallte er, „dass wir hier herauskommen.“

Eines musste Tony Ziva lassen – der Schlag hatte ihn geweckt und er spürte genügend Kraft in sich pulsen, um dieser Todesfalle zu entgehen. Doch er merkte, wie diese Energie von Sekunde zu Sekunde weniger wurde, wie seine Augen erneut anfingen, sich anzufühlen, als habe man Bleigewichte an ihnen befestigt und wie sein Körper eindeutig zuviele Muskeln aufzuweisen schien, die sich alle entspannen wollten. Am Schlimmsten war sein Kopf, der ihm durch immer stärkere Schmerzen in immer kürzeren Intervallen zeigen wollte, wer hier der Boss im Ring war. „Verstand über Materie? Hier haben wir den Beweis.“, dachte sich der Halbitaliener, ehe er seinen Blick durch die Luftschleuse schweifen lies.
Und was er sah, ließ ihn seufzen.
Entweder war sein Genius – von dem jetzt der Ein oder Andere die Frage „Welches Genius“ stellen konnte – durch die Müdigkeit, die in ihm war, so erschöpft, dass er das Offensichtliche nicht mehr wahrnahm – oder aber hier gab es wirklich nichts, mit dem sie ausbrechen konnten. Wobei…
„Ich habs!“, grinste Tony und wankte, schweren Schrittes, auf die Sauerstoffflaschen ihrer Taucherausrüstung zu.

Ziva betrachtete fasziniert, was der Halbitaliener da tat – er griff sich eine Sauerstoffflasche und begann sie, hinter sich her zu schleifen.
„Darf ich fragen, was Du vor hast?“
„Das wirst du gleich sehen.“, grinste Tony und wenn es jemals Momente gegeben hatte, in denen sie dachte, dass ihr Very Special Agent Anthony D. DiNozzo Junior „bekifft“ gegrinst hätte, musste sie das revidieren, denn das war ein „bekifftes Grinsen“. Das mochte vielleicht damit zusammenhängen, dass ihnen immer mehr Sauerstoff ausging, aber… moment mal. Sauerstoff?
Warum hatte sie nicht gleich dran gedacht? Hatte der Sauerstoffmangel ihr Hirn schon so erweicht?
Und gerade, als Tony zu dieser Flasche wanken wollte, trat sie vor und schüttelte den Kopf.
„Nein.“, sagte sie, „Diese verwenden wir anders.“
Sprachs, nahm einen Zug und spürte, wie sie immer belebter wurde.
Schnell nahm sie die Sauerstoffmaske ab und drückte sie Tony auf Mund und Nase, der einen kurzen Atemzug tat und dann nickte.
„Danke.“, sagte er, nachdem sie die Flasche wieder auf den Boden gestellt hatte.
„Ja“, erwiderte sie dann, mit einem zweifelnden Blick auf den Sauerstoffanzeiger: „Allzu viel ist aber nicht mehr drin. Wir sollten wirklich versuchen, hier rauszukommen.“
Der Halbitaliener lächelte, deutete auf die Flasche an der Tür und sagte: „Und da hab ich schon eine Idee. Kennst Du ‚Der weiße Hai`?“
„Tony“, rollte die Israeli mit den Augen, „Das ist jetzt keine gute Gelegenheit für eine Nachhilfestunde in Filmgeschichte.“
„Professor DiNardo ist gerade sehr enttäuscht. Also, vor der Küste von Amity, einer kleinen Stadt irgendwo an der Ostküste – kann auch die Westküste sein…“, setzte Tony an und Ziva konnte sich ein „Typisch, da will er mal glänzen und weiß es selber nicht“ nicht verkneifen – zumindest in Gedanken. Sie hörte den Ausführungen des „Professors für Filmgeschichte“ zu, dessen Identität Tony bei einer Undercovermission angenommen hatte, fragte sich aber, was bei allem, was einem heilig sein konnte, die Geschichte des „Weißen Hais“ und des mutigen Sherrifs Brody mit ihrer aktuellen Situation zu tun hatte.
„Also“, sagte in diesem Moment Tony, „ließ Brody den Hai eine Sauerstoffflasche schlucken, sagte ‚Smile, you son of a bitch’ und feuerte. Die Sauerstoffflasche wurde getroffen, der Sauerstoff expandierte schlagartig und tötete den Hai.“
Zivas Verstand meldete sich zu Wort und sie schüttelte den Kopf: „Das wird nicht klappen, DiNozzo.“
„Probieren wir es aus, Zivaaaa.“, sagte er in dem Duktus, der sie immer auf die Pinie, Palme oder Petunie – egal, irgendein Gewächs mit P, dessen war sich Ziva sicher – brachte und schob ein „Was haben wir schon zu verlieren?“ hinterher.
In der Tat, was hatten sie schon zu verlieren. Ausser, dass einer von beiden von Querschlägern getroffen wurde.
„Muss ich dich tatsächlich an unsere Nacht im Container erinnern?“, fragte sie und er schüttelte den Kopf: „Das ist vollkommen anders. Hier haben wir eine echte Chance.“
Er zog seine Pistole, lud sie durch und zielte auf die Sauerstoffflasche.
„Smile, you son of a bitch.“,raunte er, grinste dann zu Ziva, “Wollte ich schon immer mal machen” – und feuerte.
Die Kugel traf die Flasche und sirrte als Querschläger davon.

Tony seufzte und er war sich sicher, dass der Gesichtsausdruck, den er gerade spazieren trug, von seiner großen Enttäuschung zeugte. Er steckte die Waffe wieder weg.
„Im Film hats geklappt.“, murmelte er und wandte sich entschuldigend an Ziva – zumindest dorthin, wo sie gerade noch gestanden hatte.
„Zi…“, setzte er an, als er merkte, wie sein Herz aussetzte. Ziva lag am Boden, auf dem Bauch und regte sich nicht.
Der Halbitaliener wusste nicht, ob er das „Oh mein Gott“ gekeucht, gedacht, gemurmelt, gelallt, geflüstert oder geschrien hatte, er wusste nur, dass es in seinem Kopf laut wie eine Explosion wiederhallte. Schnell war er neben ihr auf den Boden gesunken, hatte nach ihrem Puls getastet und gefühlt, wie regelmäßig er ging. Erleichtert atmete er auf, ehe er bemerkte, dass die drahtige Israeli zu zucken begann.
Was mochte das sein? Ein Anfall? Eine Panikattacke? Schluckauf? Was?
Er wollte sie gerade berühren, als sie noch mehr zuckte und dann brach es aus ihr heraus.
Nein, kein Alien, ein lautes Lachen.
Tony zuckte zurück, starrte sie an, die die Augen öffnete und mit einem schelmischen Grinsen ein „Du solltest dein Gesicht sehen“ kicherte.

Der „Very Special Agent“ bemerkte, wie eine Achterbahnfahrt der Emotionen in ihm losbrach. Erleichertung, Wut, Amüsement, Sorge, Panik und wieder Erleichterung.
„Das…“, stammelte er und schaute sie an, selbst mit sich ringend, nicht zu lachen, wobei er merkte, wie seine Mundwinkel hochrutschten, „… war nicht witzig.“
„Du grinst.“, stellte sie fest, erhob sich und trat auf ihn zu, um ihn zu umarmen, zu küssen und ihm dann frech entgegenzugrinsen: „Ich hab doch gesagt, dass es nicht klappt.“
Dann hörten sie ein lautes Pochen.
Und es kam von der anderen Seite der Tür.
TBC

  Kapitel 18.4

McGee starrte die hübsche Brünette, deren aufregende Kurven in der Unterwäsche mehr als deutlich abzeichneten, verdattert an.
Das musste ein Scherz sein, anders konnte er es sich nicht erklären. Gibbs war tot? Na aber sicher.
Er merkte, wie gegen seinen Willen ein Lächeln über seine Lippen kroch.
„Soso, Gibbs ist tot, hm?“, fragte er und bohrte seinen Blick in die hübschen, blauen Augen der Frau, die ihn an Seven of Nine erinnerte: „Und wir sind verheiratet. Und das ganze seit 8 Stunden. Und wir sind 5 Monate in der Zukunft?“
Hansen nickte, machte sich von ihm los und beugte sich vor, um nach ihrer Jeans zu greifen, in die sie nun schlüpfte.
Der Blick des Computergeeks glitt kurz über den Körper vor ihm, ehe er tief Luft holte und dann den Kopf schieflegte: „Du kannst mir nicht zufällig sagen, wie die Hochzeit war und wer alles da war?“
Seufzend richtete sich Jessica auf, verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte ihn mit einem leicht-genervten Blick. „McGee“, setzte sie an und ihre Stimme erschien, trotz der Genervtheit in ihrem Blick sanft und sorgend: „Ich weiß, dass Du mir momentan nicht traust. Wir haben diese Situation schon etliche Male durchlebt und – wir wissen nie, wann der nächste Schub kommt. Aber – eines kann ich dir versichern: Ich bin nicht dieser Traceless – und wir haben vorgesorgt.“
Damit trat sie an ihm vorbei und verließ das Schlafzimmer. Erst jetzt hatte McGee – Hansen – oder wie auch immer er sich gerade nennen wollte – Gelegenheit und Muße, sich genauer umzusehen. Kurz erkannte er die Details der Umgebung. Das Schlafzimmer war – durch einen kleinen Durchgang – vom Wohnbereich abgetrennt, wies zwei zusätzliche Türen auf, die vermutlich in zwei seperate Badezimmer führen würden Kurz warf er einen Blick hinter sich und erstarrte. Hinter ihm befand sich ein Fenster und durch dieses Fenster hatte er einen guten Blick auf das weiße Haus.
Und gerade, als er wirklich komplett zu sinnen kam, kam ihm auch ein Gedanke: „Hoffentlich hat die First Lady nichts gesehen.“
Langsam ging er den Teppichboden in Langflorqualität entlang, der in diesem Zimmer ausgelegt war, verließ das Schlafzimmer der Suite und näherte sich dem hellen, freundlichen und geräumigen Wohnbereich.
Die Sonne schien hell in das Zimmer, machte es zu einem lichtdurchfluteten Wohnerlebnis, das eine cremefarbene Sitzgruppe der Firma Brolf Enz zierte, die er von seiner Position aus sehr gut sehen konnte. Er trat näher an einen Schreibtisch, auf dem er Briefpapier erkennen konnte. Bald würde er wissen, wo er war – wobei er sich darüber keine großartigen Gedanken machen musste. Die Fakten sprachen für sich, aber noch wollte er es für sich beweisen. Ein Blick auf das Briefpapier bestätigte ihm, , was seine Sinne ihm schon verraten hatten – er war im Adams Hotel, gegenüber des Weißen Hauses – um genauer zu sein in der Präsidentensuite. 

Er spürte die Wärme eines Körpers hinter sich, eines, im Vergleich zu ihm, kleineren Körpers, drehte sich um und musste seinen Kopf nach unten neigen, um Jessica in die Augen zu blicken. 
Sie war gut 14 Zentimeter kleiner als er und schaute ihn mit Bestimmtheit im Blick an, als sie eine DVD hochhielt.
„Hier“, sagte sie und in diesem Moment klang ihre Stimme derart rauchig, dass er sich an diverse Szenen aus Star Trek – Raumschiff Voyager – erinnert fühlte. Auch dass sie sich umdrehte und jeden Schritt, den sie tat effizient zu planen schien, ließ ihn mehr daran denken, tatsächlich Seven of Nine geheiratet zu haben, als Jessica Hansen.
„Schau Dir die DVD an, es wird sich alles erklären.“
„Gerade jetzt würde ich lieber mal meine Kollegen anrufen.“, erwiderte McGee, doch die schöne Brünette schaltete ungerührt den Fernseher ein und spielte die DVD ab.
„Hi Timothy“, hörte er eine Stimme – seine Stimme – und das Handy, dass McGee gerade eben noch genommen hatte, entglitt seiner Hand und landete klackernd auf dem Boden. Tim schluckte. Das konnte doch nicht wahr sein. Er trat auf den Fernseher zu, von dem aus er sich selbst ansah und weitersprach:  „ich weiß nicht wie ich dir das sagen soll, aber Du wurdest von einem INTAR getroffen. In die Stirn“
Der McGee im Fernseher berührte die Mitte seiner Stirn, dort, wo gerade Kopfschmerzen zu pulsen begannen.
„Hierhin“, sagte der Fernseh-McGee und Tim spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben und er in die gar-nicht-mal-so-überraschenderweise-starken Arme der Militärfrau Jessica Hansen sackte, die ihn festhielt und ein „Schatz, bist Du in Ordnung“ von sich gab, ehe die 14 Zentimeter mehr sich bemerkbar machten und er mit ihr auf den Boden plumpste. Jessica – Musterbeispiel an schnellen Reaktionen – spreizte die Beine, damit Tim nicht auf sie fallen und sie verletzen konnte, verschränkte sie dann hinter seinem Rücken,  fingerte nach der Fernbedienung, drückte die „Pause“-Taste und der McGee auf dem Bildschirm erstarrte mitten in der Bewegung. Timothy Hansen hingegen gönnte sich einen kurzen Moment der … er wusste nicht was… ließ sich gegen Jessica sinken und atmete tief durch. Es tat gut, ihre Wärme zu spüren, ihr Parfum zu riechen und zu merken, wie sie ihm sanft über die Stirn fuhr.
„Mein armer McGee.“, hauchte sie und küsste ihm dann in den Nacken: „So hart hat es dich noch nie erwischt.“
Er schluckte, schaute sein Selbst auf dem Bildschirm an, das sich immer noch gegen die Stirn tastete und warf dann einen Blick über die Schulter: „Das ist meine erste Nachricht an mich selbst.“
Sie lächelte: „Nein, eigentlich nicht.“
Dann beugte sie sich vor, und küsste ihn auf die Stirn: „Ich kann dir erzählen, was Du wissen musst.“
McGee – Hansen – wer auch immer er gerade war – schüttelte den Kopf: „Ich glaube, wenn ich mir schon Mühe gebe, mich selbst aufzuzeichnen, dann werde ich mir auch was zu sagen haben.“
Sie seufzte, zog ihre Beine unter ihm weg, richtete sich auf und half ihm hoch.
„Ich bring dich noch eben zur Couch.“, sagte sie, half ihm, sich auf das cremefarbene Faulteil sinken zu lassen und reichte ihm die Fernbedienung.
„Dann lass ich dich mal mit dir allein.“, zwinkerte sie ihm zu und trat an ihm vorbei zur Tür: „Wir sehen uns zum Honeymoon-Brunch mit den Resten der Hochzeitsgesellschaft. Nicht vergessen. Punkt 1 Uhr.“
„Okay, Liebling.“, nickte er und kaum, dass die Tür geschlossen war stockte er. Hatte er gerade wirklich ‚Liebling’ zu Jessica gesagt? Tse – wie schnell das doch ging.
Innerlich mit den Schultern zuckend, griff er nach der Fernbedienung und schaltete sich selbst auf „Play“.
„Hierhin.“, führte der Tim auf dem Bildschirm aus.
Wenn das alles zutraf und er tatsächlich mit Jessica verheiratet war und tatsächlich ihren Namen angenommen hatte, war eine Unterscheidung zwischen dem sich auf der Couch und dem sich auf dem Bildschirm definitiv möglich. Er würde sich jetzt Tim nennen, den auf dem Bildschirm „McGee.“
„Ein Intar… gott, Sam könnte es dir besser erklären – oder Daniel“ – McGees Gesicht zerfurchte sich mit einem zweifelnden Blick, etwas, das Tim ihm gleichtat, als er den Rest des Satzes hörte, der „ aber Daniel ist vor knapp 5 Monaten verschwunden.“ lautete.  Daniel Jackson war verschwunden? Und dann auch noch in genau dem Zeitfenster, in dem nicht nur angeblich Gibbs gestorben, sondern auch er sich seinen permanenten Gedächtnissprung -nein, das Wort klang nicht schön. Perm-Amnesie vielleicht?  -  zugezogen hatte? Durch einen INTAR-Treffer?
„Du bist verheiratet“, sagte McGee auf dem Bildschirm, „– diese Botschaft wurde am Tag vor deiner Hochzeit aufgenommen und … wie soll ich dir das sagen? Lass es dir einfach von Jessica erklären.“
Sprachs, nur um sich an eine nicht im Raum befindliche Jessica Hansen zu wenden, und ein „Jessica, Liebling, könntest Du uns bitte alleine lassen? Danke.“ zu sagen, - ein nutzloses Unterfangen, schließlich war Jessica schon längst weg, ausser Jessica hatte diese Aufnahme gemacht und sollte etwas nicht mitbekommen -  ehe er sich wieder an Timothy Hansen wandte: „Also pass auf, die Sache ist wie folgt.“
So, jetzt wurde es spannend. Was war in den letzten 5 Monaten passiert?
„Du bist nicht mehr beim NCIS.“
Tim schluckte. Vielleicht war es besser, dass er auf der Couch lag und nicht neben ihr stand, ansonsten wäre er vielleicht wieder umgekippt. Das waren ja gute Nachrichten – was tat er dann, wenn er nicht beim NCIS arbeitete?
„Der Intartreffer in die Stirn hat dein Gehirn beeinträchtigt.“, klarifizierte McGee – the ghost of work past – auf dem Bildschirm:  „In zufälligen Intervallen verlierst Du Erinnerungen. Das gilt für beides – die Intervalle, in denen du Erinnerungen verlierst und die Zeitintervalle DIE du verlierst. Kann sein, dass Du nur ein paar Sekunden verlierst, ein paar Stunden, Tage oder gar Monate. So wie jetzt. Deshalb sitzt Du hier und schaust dir dieses Video an.“
Hansen blickte seine Vergangenheit auf dem Bildschirm an: „Ich liege hier.“
Kaum, dass er dies gesagt hatte, fragte er sich, wieso er dies gesagt hatte. War es tatsächlich so, dass er das letzte Wort haben musste, selbst sich selbst gegenüber? Oder hatte die Arbeit mit DiNozzo ihn so sehr verändert, dass er – wann immer es passte – blöde Sprüche reißen musste?

„Dies beeinflusste deine Arbeit beim NCIS so stark, dass Du den Job dort verloren hast. Du bist zwar noch da – aber nicht in offizieller Position. Du bist eine Art Berater in Cybercrime-Angelegenheiten und schreibst weiter an „Deep Six“ – Vance sieht es als gute PR-Geschichte und Marketing-Projekt.“

Aha. Er war also in beratender Funktion tätig und bekam nun offizielle Genehmigung, die „Deep Six“ Romane zu schreiben? Dies schien Hansen so absurd, dass selbst McGee dessen bewusst wurde und mit den Augen rollte. Oder gefiel ihm die Aussicht, nur auf beratende und schreibende Funktion reduziert zu sein, nicht? „ Du bist in die Aktuellen Fälle Aktenlesenderweise involviert – unterhältst dich mit Ziva, Tony – Tony ist übrigens der neue Chef des Teams -  Ach ja – und da ist Maura. Maura ist deine Nachfolgerin, die neue „Bambina“ und wenn Du dachtest, dass Tony dich schlimm behandelt hat, hast Du bei Maura noch nichts gesehen.“
McGee pausierte, schien zu überlegen und Tim merkte, dass es ihm erschreckend leicht fiel, diesen Überlegungen zu folgen. Natürlich, wenn ihn ein Intar, also eine Waffe, die auf Energie basierte und den Körper durcheinanderbrachte, in den Kopf traf, würde vermutlich die elektromagnetische Resonanz – oder was auch immer – sein Gedächtnis mehr als nur gründlich durcheinanderbringen. Dass er so keine Hilfe für den NCIS war, war auch klar. Zumindest nicht ermittelnd. Seine Kenntnisse über Cybercreme schien er nicht verloren zu haben, genausowenig wie seine Fähigkeiten als Autor. Und anscheinend schien er dies sogar so gut zu beherrschen, dass Leon Vance, der Mann, der bisjetzt allem möglichen widersprochen hatte, die „NCIS-Fanfiction“, wie er sie gerne selbst nannte und bei der er nur dem folgte, was jeder gute Autor tat, nämlich über das zu schreiben, was er kannte, in großem Stil zu publizieren.

„Ach übrigens“, brachte sich McGee wieder in Erinnerung - und das bei einem beinahe amnesischen Mann, da kann man nur gratulieren - , „wenn Du das hier siehst, lagst Du mit einer wunderschönen Frau im Bett und weißt gar nicht, warum, respektive Wie. Wie schon gesagt – du hast geheiratet. Glückwunsch von mir.“
Hansen konnte sich ein „Ja, erm… danke?“ nicht verkneifen, ehe McGee fortfuhr: „Und du heißt jetzt Timothy Hansen – und ich glaube nicht, dass ich dich dran erinnern werde müssen, aber falls doch: Ja, Du hast ihren Namen freiwillig angenommen.“
Ein leichtes Lächeln erschien auf Hansens Lippen – er konnte sich den Gedanken, dass er sich mit Jessica tatsächlich darüber gestritten hatte, wer wessen Namen annahm, eigentlich auch gar nicht vorstellen.

„Aber da ist noch eine Sache“, meldete es vom Bildschirm her und Tim konnte sehen, dass McGees Gesicht sehr ernst wurde: „das ist der Grund, weswegen ich Jessica rausgeschickt habe. Wir beide wissen, dass Du noch für eine andere Frau schwärmst – naja, eigentlich für zwei.  Keine Sorge, Abby geht es gut, sie ist inzwischen mit einem Beamten zusammen – ich weiß, das hätte keiner von uns beiden je gedacht, aber, sie hat ihn vor 3 Monaten kennengelernt und „uns freigegeben“, sozusagen.
Bleibt noch eine andere Frau.
Du kennst ihren Namen und ich kenne ihren Namen.“

Tim konnte sich ein Schlucken nicht verkneifen – ein sehr, sehr hartes Schlucken. Und wenn er bisher jeden Gedanken daran, dass dies real sein könnte, mit einem Hauch gewisser Grundskepsis gesehen hatte, merkte er, in dem Moment, in dem Tim sich selbst in die Augen sah, dass diese Person am anderen Ende des Fernsehers tatsächlich er selbst war. Er kannte sein dunkles, sein so tiefsitzendes Geheimnis, dass eigentlich niemand darüber tatsächlich Bescheid wusste. Nicht einmal Abby und mit ihr teilte er so gut wie jedes Geheimnis.
Und kaum, dass er – Hansen - den Namen geflüstert hatte, nickte McGee.
„ Genau – wir wissen beide, dass Du für sie schwärmst. Und da ist nichts verkehrt dran. Sie ist eine wunderschöne Frau, aber sie und Tony sind ein Paar – japp, du warst Tonys Trauzeuge, er ist unter all dieser harten Schale doch ein anständiger Kerl, aber das wissen wir beide ja auch. Und du hast Ziva einmal in einem Zustand alkoholischer Zuspitzung ihre Gefühle gestanden – und sie sagte, dass sie dich auch toll findet und wenn Du nur ein paar Jahre früher gekommen wärest, wäret ihr beide jetzt zusammen.“

War McGee gerade eben schon ernst geworden, blickte Hansen nun ein Timothy McGee an, den er so noch nie gesehen hatte. Das gewisse Grundamüsement, das er sich selbst gerne zuschrieb, war verschwunden und Hansen wusste, dass das, was jetzt kam, toternst gemeint war: „ Und nein – Egal was du jetzt denken magst, Jessica ist kein Lückenbüßer für die arschtretende israelische Kampfmaschine, die Du nicht haben kannst. Und wenn du tief in dich hineinhörst, weißt du das eigentlich auch.“
Tim überlegte kurz, wurde dann aber von weiteren Informationen überrollt, die McGee für ihn Parat hielt:  „Sie ist übrigens Jessicas Brautjungfer gewesen und hat den Posten gern übernommen und – das hat Jessica mir , also Dir, lächelnd verraten, hat gedroht, dass sie, also Ziva, wenn Jessica Dir jemals wehtun würde, mal wieder ihre alten Büroklammern herausholen würde – und Abby hat gesagt, dass sie dann wegsehen würde.

Und übrigens, falls Du dich das fragst – nein, Du hast Jessica auch nicht geheiratet, weil Du Laura gegenüber… oh, das Band ist gleich voll.

Da ist noch was – ich werde morgen heiraten. Die Hochzeitsbänder werden beiliegen und – noch ein anderes Band, falls Du am Hochzeitsmorgen aufwachst und nicht weißt, wo du hinsollst. Ja, das ganze ist sehr wie „Total Recall“ oder „Blackout – ein Detektiv sucht sich selbst.“, aber – das ist wirklich wichtig. Wir lieben Jessica. Und jetzt wird es Zeit für mich eine Drohung an Dich auszustoßen. Behandel Jessi gut – ansonsten tauche ich in deinen Träumen auf und werde dich jagen.“
Ein Grinsen erschien auf McGees Lippen, aber nicht nur auf seinen. Auch Tim konnte sich selbst lächeln fühlen – ja, das schien sehr nach ihm zu klingen.
„Ich wünsch dir einen schönen Hochzeitsmorgen und auch von mir nochmal „Alles Gute zur Trauung, Mister Timothy Hansen“.
Keine Sorge, Tim. Es wird alles gut. Bye bye“
Damit verschwand er selbst vom Bildschirm und machte einem DVD-Auswahlmenü platz. Tatsächlich – wer auch immer diese DVD erstellt hatte, er hatte eine Fotoshow und sogar zwei, drei Hochzeitsvideos mit auf die Scheibe gebrannt.
Tim wählte eines aus und sah es sich an.

Die Tür zur Präsidentensuite öffnete sich und McGee – nein, Timothy Hansen – verließ seine Unterkunft. Er trug einen Smoking – genau die Kleidung, die ihm anscheinend Jessica herausgelegt hatte – und folgte Instruktionen, die er, auf kleine Karten geschrieben, in seiner Anzugjackentasche gefunden hatte. So stieg er in einen Aufzug und fuhr hinunter in das Erdgeschoss, folgte einem roten, auf dem Boden kleibenden Band, das zu einem Schild führte auf dem „Honeymoon-Brunch – Hansen-Wedding“ geschrieben stand.
Wer um alles in der Welt hatte genügend Geldmittel zur Verfügung, ihnen ein Hochzeitswoche im Adams-Hotel zu finanzieren? Selbst mit den Einnahmen aus seinen Tantiemen, seinem Lohn beim NCIS und dem Sold, den Navy Lieutenant Jessica Hansen bezog, kombiniert konnte man sich so etwas nicht leisten, ohne auf Nennenswertes verzichten zu müssen. Mit den Geldmitteln, die ihnen zur Verfügung standen, konnte es entweder eine Hochzeitswoche in einem eher billigeren Hotel sein, oder aber ein Wochenende im Adams – aber so?
Und kaum, dass er sich das gefragt hatte, spürte er einen kräftigen Schlag auf die Schulter.
„Hey“, hörte er die Stimme Gibbs, fuhr herum und stellte fest, dass der Mann, der ihm gerade die Hand auf die Schulter gelegt hatte, nicht Gibbs war, sondern Anthony D. DiNozzo Senior.
„Stehen wir hier nicht draußen rum. Lass uns reingehen. Ich bin sicher, Junior erzählt schon wieder irgendwelche peinlichen Geschichten über dich.“
„J… ja.“, gab Hansen verwirrt von sich, trat einen Schritt auf die Tür, die zum Empfangsraum führte, zu und stockte, als er in der Glasscheibe der Tür, die Reflexion von Gibbs sah, wie er mit verschränkten Armen am Aufzug stand und ihn wartend ansah.
Hansen – McGee – wer auch immer – drehte sich erneut um, doch Gibbs war verschwunden.
Bildete er sich das alles nur ein?
Schließlich hatte Jessica gesagt, dass Gibbs gestorben war.
Er musste es sich einbilden, welche anderen Möglichkeiten gab es denn? Vielleicht ein Holodeck? Das war nun wirklich lächerlich. Andererseits, ein Intar-Treffer in den Kopf, der einem das Gedächtnis kurzzschloss, war auch nicht sonderlich plausibeler.
„Was ist los?“, fragte Tonys Vater und Mc… Hansen zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, Mister DiNozzo. Ich glaube, ich muss nochmal hoch, zu meinem Laptop und sagen Computer? Programm beenden..“
Nichts.
Es passierte nichts. Kein Holodeckgitter tauchte auf, keine Computerstimme, die sagte, dass der Befehl nicht ausführbar war – kein gar nichts.“
Nur der ihn verwirrt anblickende Anthony D. DiNozzo Senior, der vermutlich gerade sehr am Verstand des Jüngeren zweifelte.
„Alles in Ordnung, mein Sohn?“, fragte er und Tim nickte: „Mir geht es gut, Sir. Lassen Sie uns reingehen.“
Sprachs, schritt durch die Tür und warf noch einmal einen Blick in Richtung der Aufzüge. Nein, Gibbs war nicht mehr da.
Vielleicht war es doch eine Halluzination?`
Vermutlich.
Sämtliche Gedanken waren wie weggeblasen, als er Jessica sah, die gerade Ziva umarmte und dann zu ihm herüberlächelte.
„Vergiss die Realität.“, grinste Hansen und trat auf die Frau – seine Frau – zu.

TBC
Kapitel 18.5

Schmerzen.
Daniel Jackson spürte tatsächlich Schmerzen. Silberhell, höllisch und so stark, dass er zwar versuchen konnte, sie zu ignorieren, er aber wusste, dass er nur scheitern konnte – und er konnte nicht anders… er musste lächeln. Wenn er wirklich Schmerzen verspürte, wenn er tatsächlich die Pein einer ausgekugelten Schulter verspürte… dann war dies real. Oder?
Zumindest war es so real, wie es sein konnte.
Und kaum, dass er diesen Gedanken gedacht hatte, konnte er sich nicht helfen. Er schüttelte den Kopf: „Was für ein Klischee.“
Ein Klischee, das nicht besser wurde, wenn er bedachte, wie häufig seine Schulter durch die Treffer, die das Föderationsraumschiff einsteckte, schlingerte, bockte und bebte.
Daniel Jackson stellte sich gerade vor, wie die DRAGONFLY flog – wie sie pfeilgleich vor dem floh, was sie gerade zu zerstören suchte. Vor seinem inneren Auge sah er, wie das majästetische Schiff der Intrepid- Klasse goldene Lichtstrahlen und Lichtkugeln spuckte und sich gegen den unbekannten Angreifer verteidigte.
„Feuere Phaser und Photonentorpedos ab“, schrie Jill Menacer, taktische Offizierin, gegen den Schlachtenlärm an, betätigte die dazu erforderlichen Schaltflächen auf der taktischen vorderen Konsole, warf dann einen Blicka uf einen, in selbige Konsole eingelassenen Bildschirm und rief: „FESTHALTEN!“.
Der Ruf kam keine Sekunde zu früh, denn von einem Moment auf den Nächsten bockte und buckelte das 344 Meter lange Schiff, sprühten Funken von der Decke, wurde die Dunkelheit der Brücke noch allumfassender. Licht fiel aus, nur die treuen, roten Lampen, welche „Alarmstufe Rot“ verkündeten, blieben erhalten.
Die Schulter des Anthropologen meldete sich mit silberhellen Schmerzimpulsen, die ihn stöhnen und mit den Zähnen knirschen ließen, ehe er die vertraute Hand Sams neben sich spürte, deren blau-graue Augen er trotz Mangelbeleuchtung immer noch gut erkennen konnte.
Und er wusste, was sie vorhatte.
„Tu, was du tun musst.“, keuchte er und erlaubte es sich, sich in ihren Augen zu verlieren, zu sehen, wie sie verzaubernd funkelten – zumindest bildete er sich das ein, denn sein Sinn für Realismus flüsterte ihm in diesem Moment böse zu, dass die Augen nicht verzaubernd funkelten, sondern – beinahe schon im Gegenteil – besorgt dreinblickten, als sie die Schulter ergriff und…
Daniel schloss die Augen.
Er war nicht hier.
Er war mit Sam am Strand von Hawaii, beide tranken Cocktails und die Hitze ließ ihre Körper in Schweiß glänzen, ohne, dass sie sich sportlich betätigt hätten. Einer der Tropfen, der sich in Sams kurzen Haaren bis zur Haarspitze vorgekämpft hatte, tropfte herunter, an ihren Augen, den Lippen und dem langen Hals entlang, vorbei an den vom Bikinioberteil verdeckten Brüsten, hinauf auf den durchtainierten Bauch, dessen Muskeln AAAAAAAAAAAAAAAAAARGH .
Hatte er tatsächlich geschrieen? Oder hatte er das nur gedacht?
Langsam, aber sicher kämpfte er sich durch die Wogen des Schmerzes, die durch sein Schultergelenk rasten. Er würde nicht aufgeben, würde nicht ohnmä…

Die Geräuschkulisse hatte einen Sprung.
Jackson wusste nicht, wie lange er tatsächlich ohnmächtig gewesen war, er wusste nur, dass es so gewesen sein musste, denn – wie schon gesagt – die Geräuschkulisse hatte einen Sprung. Das bedeutet, dass ihm von den Geräuschen, die ihn umgaben, den taktischen Berichten, die Jill von sich gab, ohne das irgendjemand zuzuhören schien, das beruhigend-einschläfernde „Shhhht, Daniel, es wird alles gut“ von Sam und das „Bericht, Carter?“ von O’Neill mindestens drei, wenn nicht gar fünf Silben fehlten.
Aber – das musste der Wissenschaftler zugeben – die Schmerzen waren weg. Nicht ganz, sie waren nur nicht mehr so prominent. Und, wenn er ehrlich war, konnte er sich momentan eigentlich keine bessere Position vorstellen können. Sam hatte seinen Kopf in ihren Schoß gebettet, streichelte ihm sanft das Haar – und eigentlich war er sich sicher, dass seine Frisur gerade ein ziemliches durcheinander war -  und er spürte ihre Wärme und Nähe und merkte, wie beruhigende Lethargie durch seine Muskeln floss, seine Arme schwerer werden ließ, genau wie seine Augen, wie eigentlich so ziemlich alles.
Am Liebsten würde er sich diesem Gefühl jetzt gleich hingeben, sich einfach fallen lassen und erst wieder aufwachen, wenn alles vorbei war und er auf der Krankenstation des Föderationsschiffes von Doktor Intrupper zurechtgemacht und zusammengeflickt wurde.
Und plötzlich war alles vorbei.
„Feind zieht sich zurück!“, meldete Jill, an niemand speziellen gewendet und Daniel hörte, wie er erleichtert aufatmete. Es war vorbei. Wer – oder was – auch immer sie da ärgern wollte, er – sie – es hatte das Interesse verloren und beschloss nun, sich anderen Gegnern zuzuwenden. Ihm konnte es egal sein. Sie waren nun auf dem Weg zurück zur Erde, der NCIS, der an Bord war, würde seinen Fall aufklären und er würde sich um die Beerdigung von Sam und…
Aber Sam und SG-1 waren gar nicht tot. Im Gegenteil, sie waren sehr lebendig und daher konnte er an die Zukunft denken, die er mit Sam geplant hatte. Vielleicht war es ein bischen zu sehr „Spießer“-Glück, was er sich vorstellte – Hund, Zaun, Kinder, Bäume (nicht zwangsläufig in der Reihenfolge)  -  aber Sam schien auch diesen Traum nach Normalität zu haben. Und irgendwie überraschte es Daniel wenig bis gar nicht. Wenn man einen gewissen Teil – nahezu ein Drittel seines Lebens – damit verbracht hatte, bösen, tyrannischen, Goa’Uld in den Allerwertesten zu treten, das Universum zu retten oder sonst irgendetwas Abgefahrenes zu tun, dann – ja, dann war das Spießerglück tatsächlich der willkommene Ausgleich. Und wenn er ehrlich war … warum auch nicht? Er konnte sich schon vorstellen, wie Sams 60 Jähriges Ich – in Ehren ergraut – mit ihm, der auch hier und da Falten hatte, auf der Terasse saß und den Enkelkindern beim Spielen zusah.
Und sie würden…

Dann hörte er die beiden Worte, die ihn elektrisierten. Jill Menacer sprach sie aus und sie zeugten von einer inneren Getriebenheit und Dringlichkeit.
„Captain? Commander?“

Daniels Kopf ruckte hoch.
Tatsächlich. Während des gesamten Gefechtes waren die beiden Kommandanten der DRAGONFLY ruhig geblieben. Gut, bei Cal war das sowieso kein großes Problem, der Mann hatte von taktischen Manövern keine Ahnung und hielt sich daher meistens im Hintergrund, dem schönen Sprichwort folgend: „Es ist besser, für einen Narren gehalten zu werden und zu schweigen, als den Mund aufzumachen und jeden Zweifel zu zerstreuen.“
Aber Agatha war in der Regel bereit, einzuspringen und war sogar eine gute Kombattantin. Von ihr nichts zu hören, war schon befremdlich.
Dann ging das Brückenlicht wieder an.
Cal und Agatha saßen nebeneinander und schienen sich nicht zu rühren. Aus irgendeinem Grund spürte, wie Daniels Herz zu pumpen begann, als er sich erhob und das Brückengeländer umrundete, das die hintere Sektion der Brücke, dort, wo bei Voyager Kim und Tuvok arbeiteten, von den Plätzen des Captains und des XO trennte. Langsam trat er die Stufen herunter und schluckte.
Die braunen Augen Cals starrten blicklos in die Ferne, in seiner Brust steckte ein Metallschrapnell, das wohl beim ersten Treffer heruntergekommen sein musste. Auch Agathas Augen waren in die Ferne gerichtet, vorbei an Alexander Strange, vorbei am Bildschirm, der – so stellte Daniel gerade fest – momentan kein Bild zeigte, sondern ein Gegrissel, wie man es sonst nur von Fernsehapparaten mit schlechtem Empfang kannte.Auch in ihrem Körper steckte Metall. Vermutlich hatten beide Offiziere weder gesehen, was da auf sie zu kam, noch hätten sie, wenn sie es gewusst hätten, eine Möglichkeit gehabt, ihrem Verderben zu entkommen.

„Daniel?“, hörte er die Stimme Sams und schluckte hart, als er in ihre blauen Augen blickte.
Er schlug die Lider nieder, schüttelte langsam und sachte den Kopf, ehe er sich an Jill Menacer wandte:
„Nimm bitte ins Logbuch auf, dass Captain Calvin Nathan Cat und Commander Agatha Silverbird im Einsatz gefallen sind.“
Jill blickte ihn an – wie vor den Kopf geschlagen – ehe sie ihren Kommunikator betätigte: „Gi… Gina?“
Daniel konnte hören, wie ihre Stimme brach.
‚Verständlich’ -  schoss es ihm durch den Kopf – ‚Cals Politik war ja darauf ausgelegt, Freunde und keine Mitarbeiter an Bord zu haben.’
Die samtene Stimme mit diesem leichten italienischen Unterton, die zu Gina Intrupper gehörte, meldete sich: „Jill? Alles in Ordnung? Was war das gerade, ich habe hier einen Haufen Verletzte.“
„Komm bitte sofort auf die Brücke. Wir haben hier zwei medizinische Notfälle.“, hauchte Jill und Daniel hatte das Gefühl, dass sie die Fassade der coolen Soldatin nicht mehr lange aufrecht erhalten würde können.
„Es wäre besser, wenn man mir die Beiden runterbeamen würde.“
Da hätte die Ärztin recht – wenn da noch etwas zu machen gewesen wäre. Das Problem war – Daniel erkannte leb- und blicklos in die Ferne starrende Augen, wenn er sie sah. Und auch, wenn es sich beiden beiden Toten um Agatha und Cal handelte, zwei Personen, die er sehr schätzte und sogar als Freunde erachtete, durfte er hier die Professionalität nicht schleifen lassen. Und ehe er wusste, was geschah, war Sam neben Jill, legte ihr tröstend einen Arm um die Schulter und sprach dann selbst: „Gina? Hier Carter. Wenn da noch etwas zu machen sein sollte, dann dürfen die Beiden nicht bewegt werden.“
„Gut, dann beamt mich auf die Brücke.“
Kurz hörte Daniel noch ein „Special Agent Gibbs, sie sind in Ordnung. Kümmern Sie sich um den Rest der Patienten.“, fragte sich dabei, wie Gibbs wohl mit der Nachricht, dass er jetzt als Krankenschwester Einsatz fand, klar kam und sah dann, im nächsten Moment die Umrisse Gina Intruppers in Säulen Energie materialisieren.
Als sie die beiden Leichen sah, weiteten sich kurz ihre Augen, Schock ergriff Besitz von ihr, dann atmete sie tief durch und nickte Daniel zu: „Wenn Sie mir bitte helfen wollen, Doktor Jackson?“
„Natürlich, Gina.“

SFDebris nennt es den „Magic Meetingroom“, also den „Magischen Besprechungsraum“, weil hier alle Analogien, die der geneigte Drehbuchautor gewillt ist, seinen Figuren in den Mund zu legen, zur Realität werden.
Sessel mit Zusatzpolstern sorgen für einen komfortablen Sitz und das Dekor ist – zumindest auf der Voyager – ziemlich spartanisch. Auf der DRAGONFLY sieht so manches ein wenig anders aus, in diesem Fall jedoch nicht. Und momentan wäre es auch eigentlich egal.
Daniel Jackson saß links von dem Platz am Kopfende des Tisches, dort, wo eigentlich Calvin Nathan Cat saß, und blickte zu der Person in der gelben Uniform der ausführenden Offiziere.
Jill Menacer seufzte, drehte sich zu Daniel und wollte etwas sagen, verstummte aber.
Der Anthropologe lächelte ihr aufmunternd zu, sah, wie sie einmal kurz durchatmete und dann einen Knopf an dem Panel, dass sich auf des Captains Seite des Tisches befindet, betätigte.
„Carter“, sagte sie, „Schaltung aufs Schiff.“
„Schaltung erfolgt.“
Die hübsche Blonde holte tief Luft und setzte an.
Daniel war klar, dass die nächsten Sätze schwer werden würden.
„An alle, hier spricht acting Captain Jillian Menacer.“
Vor dem inneren Auge des Anthropologen sah er, wie Crewmitglieder der DRAGONFLY verwirrt und überrascht ihre Tätigkeiten unterbrachen, innehielten, der eine oder andere vielleicht sagend „Jill? Was is aus dem Trottel geworden?“
„Um 14:55 Ortszeit wurde die DRAGONFLY von einem unbekannten Angreifer attackiert.“, leitete Jill ein, ehe sie tief Luft holte: „Im Zuge der Kampfhandlungen sind mehrere Offiziere verletzt und zwei Kommandooffiziere getötet worden.“
Erneut eine Pause, ehe Captain Menacer die folgenden Worte mit ihrer ihr typisch-militärischen Kaltschnäuzigkeit vortrug: „Die Gefallenen – Captain Calvin Nathan Cat, Commander Agatha Silverbird – werden in zwei Tagen, nachdem wir in unsere Zeit gereist sind, mit allen militärischen Ehren beigesetzt werden. Ich danke führ Ihre Aufmerksamkeit.“
Damit hieb sie auf den Knopf, den sie gerade eben noch gedrückt hatte, blickte zu Daniel und schluckte kurz, ehe sie sich ein Lächeln abrang: „Das… ging überraschend gut.“
Und er konnte sich ein zustimmendes Nicken nicht verkneifen.
TBC

CaptainCalvinCat:
Kapitel 19 – Rätsel noch und noch

Zu sagen, dass sie geschlafen hätte, wäre eine Lüge. Abigail Sciuto hielt sich seit sie diese verdammten Aufzeichnungen gesehen hatte, mit „CafPOW!“ wach, der Erfrischungsbrause mit einem hundertfachen Koffeeingehalt und dem so einprägsamen Markennamen. „Caf-POW!“ – die Koffeeinexplosion die so gewaltig war, dass sie das Ausrufezeichen hinter dem W durchaus rechtfertigte. Und zu denken, dass sie Charakterzüge mit Abdul Sulman oder wie auch immer der Typ hieß, der seinerzeit Ziva gefangen genommen und gefoltert hatte, drehte ihr den Magen um.
Ziva.
Seit einigen Stunden kreisten ihre Gedanken nur um ihr Team. Sicher, sie war die Forensikexpertin des gesamten NCIS-Hauptquartieres, aber das Major Crime Response Team, geleitet von Leroy Jethro Gibbs, das war IHR Team. Das waren die Leute, mit denen sie freundschaftliche (und bei einigen nicht nur freundschaftliche) Bande knüpfte, die Leute, die ihr besonders am Herzen lagen und die Leute die…
Abby seufzte.
Es war das Team, das vor knapp 8 Stunden in Dubai gefallen war.

Sie wusste, wie schnell sich manchmal Dinge ändern konnten – wie schnell der Tod jemanden aus ihrer Mitte riss. Abbys Gedanken rasten zu jenem schicksalhaften Tag, als Ari Haswari – der Schweinehund – dies an Catelynn ‚Kate’ Todd demonstriert hatte. Und Jahre später war der Tod von Paula Cassidy genau so überraschend wie grausam gewesen, ebenso der von Director Jenny Shepherd oder der erst kürzlich erlittene Verlust durch Mike Franks. Und wie häufig ihr durch den Kopf gegangen war: „Das ist es. Das ist die letzte Mission von Gibbs.“, wenn ihr Silberfuchs und sein Team, der ebenso kluge wie herzensgute Timothy McGee, die warmherzige, eiskalte, wunderschöne Killerin Ziva David und ihr Tiger, Tony DiNozzo Junior, sich auf den Weg machten, irgendwen zu stellen… und dennoch kamen sie immer wieder. Hin und wieder zwar mal ein einem etwas lädierten Zustand – sie erinnerte sich da an den Port to Port Killer, der Ziva in ein Hotelzimmer gelockt und dann von hinten bewusstlos geschlagen hatte (der feige Hund), oder an Gibbs, der bei einer Ermittlung beinahe in die Luft gesprengt worden war -  aber sie kamen wieder.

Und dann das.
Dann die Situation, der sie nie beiwohnen wollte und sich vermutlich doch nicht vergeben hätte, wenn sie sie verpasst hätte: Der Tod ihrer Freunde.
Mit dem Tod ist es sowieso so eine Sache -  besonders mit dem Tod von Freunden oder Verwandten. Man will ihn eigentlich nicht miterleben, wünscht sich, seine Liebsten doch so im Kopf zu behalten, wie man sie zuletzt gesehen hat – aber man hat doch ein unglaublich schlechtes Gewissen, wenn man sich diesen Anblick „aus purem Egoismus“, wie man dann geneigt ist, zu denken, „erspart“ hat. Aber man weiß natürlich, dass es irgendwann unvermeidbar ist, dass man sich mit diesem Thema auseinandersetzt und beschäftigt. So auch Abby.
Sie wusste eigentlich, dass es eine Frage der Zeit war, dass erneut ein Mitglied des NCIS-Teams Nummer 1 (geführt von Gibbs) fallen – sterben – nie wieder kehren würde.
Es war ihr bewusst und sie fürchtete sich jeden Tag davor.
Andererseits wusste sie auch, dass dies zu diesem Job gehörte und man nicht jeden Tag in Angst leben kann.
Aber wer hätte gedacht, dass es genau dieser Tag gewesen wäre?
Dieser Tag, an dem sowieso schon alles irgendwie merkwürdig war.

Es war doch eigentlich ganz harmlos losgegangen – eine MMS Doktor Daniel Jacksons hatte um Identifizierung einer fremden Frau gebeten und Abby hatte diesen Auftrag gerne ausgeführt. Den AFIS zu füttern, war etwas, dass sie gerne mal tat, damit dieses Programm „in der Übung blieb.“ Ja, sie wusste auch, dass es sich hierbei nur um ein Computerprogramm handelte, aber sie arbeitete lieber mit Menschen zusammen, als mit Maschinen. Aus diesem Grund nannte sie den Kasten, der die Meiste Arbeit erledigte auch gerne „Major Massenspektrometer“ – wobei man hierbei sagen muss: Eigentlich heißt Major im Deutschen ja nix anderes als „groß“, „gigantisch“, „gewaltig“, „Mehr“- wie in Mehrheit.
Also das große Massenspektrometer von Abby – respektive der „Major Massenspektrometer“ wurde genauso mit entsprechenden Proben gefüttert, vermenschlicht – also, wenn sie gerade Zeit hatte.
Und AFIS auf das – zugegebenermaßen – recht attraktive Gesicht einer Fremden anzusetzen und zu gucken, was dabei rauskam, war etwas, was …
Sie verwirrte.
Wieso wollte Daniel eigentlich etwas über eine Grundschullehrerin wissen?
Ab da begann der Tag, wirklich schräg zu werden – besonders als Direktor Vance hereinkam und Neuigkeiten über die Tatortverunreinigung an der Stone’schen „Crime Scene“ haben wollte.

Und dann hatte ein Anruf Gibbs die Sache noch komplizierter werden lassen – und dennoch wäre Abby froh, wenn es dabei geblieben wäre. Nein.
Über Sicherheitsaufzeichnungen hatte die hübsche Laborgoth gesehen, wie Gibbs erschossen worden war – und hatte auch den Schützen identifiziert. Doktor Daniel Jackson höchstselbst.
Was danach passiert war, wusste sie so genau gar nicht mehr. Die letzten paar Stunden waren wie in einem Rausch der Wut vorrübergegangen, sie hatte sich versucht, mit Schusswaffen auf dem Schießstand abzulenken –was daran gescheitert war, dass der Schießstand geschlossen hatte. Auch der Caf-POW!-Automat war nicht unbedingt in Spendierlaune, was ein Kunststück war, wenn man das Ding konstant leerkaufte – und der NCIS-eigene Starbucks hatte ebenfalls schon lange geschlossen.

Es war Nacht, das war ihr aufgefallen – und sie fühlte sich alleine. Und das, obwohl die Nachtschicht ihren Dienst tat. Abby schlich sich aus dem Labor und fuhr mit dem Aufzug zum Bullpen, dort, wo Gibbs und Konsorten gearbeitet hätten. Hier war momentan nicht viel los, die paar Agenten, die das Los der Nachtschicht gezogen hatten, nickten ihr kurz verwirrt zu, doch sie bekam das alles gar nicht mit und stand dann plötzlich in der Mitte des „Gibbs-Bereiches“ des Bullpens, also dort, wo McGee und Tony mit dem Rücken zur Treppe saßen, die nach oben führte und somit zum MTAC und dem Büro des Directors.
Sie blickte sich um – noch wusste niemand, dass die Inhaber der paar persönlichen Utensilien, die auf den Bürotischen des Gibbs-Teams standen und in McGees Fall sogar kreatives Chaos zeigten, nicht wieder kommen würden.
Kurz schluckte sie, merkte, wie ihre Unterlippe bebte, aber sie würde dem Drang, zu weinen nicht nachgeben. Stattdessen schloss sie die Augen, atmete tief durch und …


„Hey, Abby. Magst Du mein neues Spiel sehen?“
Die Angesprochene öffnete die Augen, konnte beinahe sehen, wie eine geisterhafte Erscheinung, quasi ein McGee in semitransparent, blauleuchtend, aus dem Aufzug geschwebt kam und ihr zulächelte.
Sie grinste.
„Nein, danke, Tim. Aber schön, dass Du wieder da bist.“

„Wo sollte ich sonst sein? , fragte das Geisterwesen, schwebte neher und berührte mit seiner blau-semi-transparenten Hand das Tal zwischen ihren Brüsten: „Ich bin immer hier. In deinem Herzen.
„Mein Herz schlägt aber links.“, lächelte die hübsche Laborgoth und blinzelte rasch die Tränen weg, als aus dem Aufzug drei weitere Geistererscheinungen schwebten.
Transparentoptik-Gibbs blickte sie an, legte den Kopf schief und schien das Loch in seiner Brust gar nicht wahrzunehmen.
„Was machst Du hier eigentlich, Abby? Solltest Du nicht unten im Labor sein?“
„Das war soooooooooooooooooo typisch für Gibbs.“, schoss es der Forensikerin durch den Kopf, „Nicht mal im Tod kann er auf seine militärische ‚Time is money’-Art verzichten.“
Dann schaute sie ihn an, als er auf sie zugeschwebt kam und ihr einen Kuss auf die Stirn gab.

„Geh nach Hause, Abs. Es ist schon spät. Wir sind auch morgen noch hier.“
Sprachen die Geister, nahmen ihren Platz ein und – verschwanden.
Jetzt gab es kein Halten mehr.
Sie spürte die erste Träne, die ihre Wange herunterrann, atmete einmal keuchend ein und – verlor die Kontrolle. Sie kam erst wieder zu sich, als der Tag schon dämmerte und ein junger Mann sie anlächelte.
„Na, wieder bei uns?“
Jimmy Palmers ewig-optimistisches Lächeln schwebte vor ihr und sie hatte noch nie in ihrem Leben – respektive der Zeit, in der die Beiden beruflich miteinander zu tun gehabt hatten – so sehr den Wunsch verspürt, ihm dieses Lächeln aus dem Gesicht zu prügeln.
Aber sie würde es auch dieses mal nicht tun – so hoffte sie.

Leon Vance seufzte, als er den Telefonhörer sinken ließ.
Die letzten drei Stunden hatte er mit Dubai telefoniert, mit der amerikanischen Botschaft, der Polizei, der Verwaltung der Freezone – und immer wieder war er von Hinz nach Kunz weiterverbunden worden, immer wieder war die Antwort gewesen „Darüber kann ich keine Auskunft geben.“
Verdammt, war das denn so schwer?
Er warf einen Blick auf seinen Kalender -  Anfang November 2011. Gibbs Todesdatum war der 15.03.2045 – jene berühmten zweiten „Iden des März“. Waren die ersten „Iden des März“ mit dem Tod von Gaius Julius Cäsar untrennbar verknüpft, erinnert der 15.03.2045 an den großen Kampf bei Isny, einer Stadt im deutschen Allgäu, wo 2045 eine Sicherheitskonferenz stattfand. Jene Konferenz war Ziel eines Anschlags, den Gibbs in Überlebensverachtendem Heroismus vereitelte.
15.03.2045 – das war das Todesdatum Gibbs, das in Stein gemeißelt war.

Was ihn genauso frustrierte, war, dass auch er, der ein bekennender Fan des Spieles, das seit knapp 5000 Jahren den Titel „Spiel des Jahres“ abräumen müsste, war – nämlich „Bürokratie für Fortgeschrittene – Ein Spiel für 2 bis 45 Mitspieler“ – und daher auch wohl geübt in den gänigen Floskeln war, dennoch nicht die entsprechenden Schritte beschleunigen konnte, respektive niemanden fand, der sich „zuständig“ fühlte.
Niemand fühlte sich zuständig, niemand war gewillt, irgendwelche verbindlichen Aussagen zu machen und das Schlimmste war – er konnte die Behörden voll und ganz verstehen. Er würde es vermutlich auch nicht anders machen. Den Einzigen, den er einigermaßen verpflichten hatte können, war der Sicherheitschef der Freihandelszone gewesen und dieser hatte ihm lediglich Videoaufzeichnungen zukommen lassen können. Aber das war immerhin etwas.

Auch der Anruf bei General Landry vom Stargate Command, der seinen Sitz auf einem Sessel im Cheyenne Mountain Complex, in den Rocky Mountains bei Colorado Springs hatte, war – verständlicher weise – wenig berauschend verlaufen und war darin geendet, dass Landry in ein paar Stunden bei ihm auf der Matte stehen würde.
Erneut seufzte der dunkelhäutige Mann, erhob sich dann von seinem Sessel, trat auf die Zimmerbar zu und gönnte sich einen Schluck Whiskey, ehe er einen Blick auf das Poster warf, das einen Boxer zeigte.
„Auf Dich.“, sagte er, trank erneut einen Schluck und stellte das Glas wieder an seinen Platz. Er wandte sich um, trat auf die Tür zu seinem Vorzimmer zu und öffnete sie.
Cynthias Kopf ruckte hoch und er hatte das Gefühl, als habe er sie bei etwas gestört. Langsam legte er den Kopf schief, sie nickte ihm zu – ein Musterbeispiel an nonverbaler Kommunikation.
Glückliche Cynthia – sie wusste noch nichts von der Meldung, die gleich den gesamten NCIS lahmlegen würde.
„Director Vance?“, fragte sie und er schüttelte den Kopf: „Nicht weiter wichtig. Was lesen sie da?“
„Och, nur etwas aus der Klatschpresse.“, sagte sie und schloss das Fenster – doch Vance konnte noch drei Wörter entziffern: Wimbeldon, Indiana und Sydney.
Irgendwie regte sich eine Erinnerung in seinem Kopf, wischte sie aber weg. Es gab wesentlich Wichtigeres, dem man sich widmen musste.
Also blickte er die hübsche Sekretärin an, holte tief Luft und begann, ihr den Boden unter den Füßen fortzureißen.



Es tut weh.
Den Boden unter den Füßen fortgerissen zu bekommen, ist eine sehr schmerzhafte Angelegenheit.
Leon Vance blickte den Mann, der sich selbst Luther Sloane nannte, verblüfft an: „Könnten Sie das nochmal wiederholen?“
Und das tat der Angesprochene mit der Präzision und der Leidenschaftslosigkeit eines Computers.
„Sie,“ sagte er und deutete auf Fähnrich Vance, „Sie sind kein Nachfahre.“
Immer noch konnte sich der Sternenflottenfähnrich keinen Reim darauf machen und schüttelte den Kopf: „Das… das muss ein Mißverständnis sein.“
„Das ist keines.“, erläuterte Sloane und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, „Sehen Sie – wir haben Nachforschungen angestellt, haben die Leiche exhumiert und DNS-Analysen durchgeführt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie kein Nachfahre des Director Leon Vance vom NCIS sind, der im 21. Jahrhundert die Behörde leitete. Vielmehr…“
„Vielmehr bin ich dieser Vance?“, fragte der Mann in der Kadettenuniform und schüttelte erneut ungläubig den Kopf, ehe er Sloane anblickte: „Und was heißt das jetzt?“
„Das heißt, dass Sie Ihr Leben in die richtige Bahn lenken müssen. Deswegen fliegen wir zum Wächter der Ewigkeit.“
Vance schluckte.
Er war dieser Leon Vance, dessen Karriere er so inspirierend gefunden hatte – so sehr, dass er eine Bewerbung an den SCIS gesendet hatte, den „Starfleet Criminal Investigative Service“? Da stimmte doch etwas nicht. Das war doch eine enorme Verladung.
Oder?
Vance blickte zu seiner Frau Jackie, die gerade die Hände auf den Mund presste, als sei ihr entweder Übel geworden oder würde das Gefühl empfinden, einen lauten Freudenjauchzer unterdrücken zu wollen.
Auch Angelina und Thaddeus Stone schauten ihn verblüfft an und er blickte in die Runde: „Hey, ich hab nichts damit zu tun. Ich kann doch nicht wissen, dass ich tatsächlich dieser Vance bin.“
In der Tat klang das Ganze viel zu Abgehoben, als dass er sich darauf wirklich verlassen könnte. Schließlich hatte auch dieser Vance, dessen Rolle er jetzt vermutlich annähme, Eltern, Freunde aus Kindertagen, die ihn als Schwindler identifizieren könnten…
Es sei denn, die Sternenflotte würde eine Menge an Geld bezahlen – was Vance nicht großartig überraschen würde. Schließlich war Geld in der damaligen Form etwas, dass die Sternenflotte als „obsolet“ abtat.
Sowieso wurden Kontrolloffiziere mit aller größter Sorgfalt in die jeweilige Zeitebene eingewoben. Und dennoch – da konnte was nicht stimmen.

Und dennoch verließ er die Leroy Jethro Gibbs nicht und empfand sowas wie Neugierde, als das Schiff der Constitution-Klasse immer weiter der Welt des Wächters entgegenstrebte. Wie würde es im 21. Jahrhundert wohl sein?



Dieser Gedanke – diese grenzenlose Naivität – nervte Leon Vance heute nur noch. Damals, als er mit der Gibbs gen Ewigkeitsplanet gestrebt war, hatte er gedacht, er könne alles erreichen – und heute?
Heute reichte er der Frau, die seine Sekretärin war, ein Taschentuch, damit sie ihre Trauer daran ablassen konnte. Aber er würde dafür sorgen, dass das, was auch immer da unten in Dubai geschehen war, aufgeklärt würde – das schwor sich Vance bei den Tränen Cynthias – und wenn er dabei draufging.

Es ist eine Sache, einen Fall zu lösen, wenn man ein komplettes Team zur Seite stehen hat. Sicher – es gab Momente, das wollte Gibbs auch gar nicht beschönigen, in denen einem die Teamkameraden mehr nervten, als das sie ihm halfen. Beispielsweise, wenn McGee anfing, von irgendwelchem Technokram zu erzählen, den er zwar soweit verstand, als das er den Kontext kapierte, aber wenn es dann ans Detailwissen ging, scheitern musste. Zugegeben, er sah sich noch lange nicht beim vielzitierten „Alten Eisen“, aber er musste zugeben, dass er vermutlich nicht mehr in der Lage wäre, einen so komplizierten Vortrag, wie Tim McGee ihn gerne einmal hielt, in seiner Gänze zu verstehen. Wie gesagt – die Kurzfassung, sicherlich, den groben Handlungsabriss, auf jeden Fall, aber die technischen Details – auf keinen Fall.

Nichts desto trotz wünschte er sich gerade hier und jetzt eher diese Ablenkung, einen Tim McGee, der ihm irgendeinen Computerschwachsinn erzählte, als sich durch diese Akten zu wühlen, die ihm Robert Makepeace gebracht hatte.
Oh, er würde sein bestes tun, um den Fall des Colonels von allen Seiten zu beleuchten und er würde sich garantiert nicht voreingenommen präsentieren. Wenn man ehrlich war – was wusste man (und ganz besonders er: Jethro) schon über das Team SG-1?

Er hatte mit ihnen genau einen Einsatz absolviert und hatte sie eigentlich als sympathisch befunden – allerdings: So sehr er auch seinem Bauchgefühl vertraute, konnte er auch die Anklägerseite nicht einfach abbürsten und sagen: „Das ist alles gelogen.“
Nein, sowas musste ganz präzise und genau durchgearbeitet werden.

„Ich brauche mein Team.“
Das war der erste Satz, den Gibbs seit den letzten Stunden von sich gegeben hatte und seine Stimme klang rau.
Die Antwort Makepeaces war ihm irgendwie klar gewesen – sein Team war nicht da, konnte nicht aufgetrieben werden. Irgendwie ließ dies Gibbs Herz schneller schlagen, bedeutete dies nämlich, dass einige Mitglieder seines Teams noch am Leben waren. Wenn er in diese Gleichung einbezog, dass er selbst auch angeschossen worden war und den Treffer genau in die Brust gespürt hatte – dann war vielleicht auch McGee, den er gedanklich schon abgeschrieben hatte, ebenfalls nicht tot? Aber wer wusste das schon? Er sicher nicht, denn er hatte ja noch nicht einmal eine Idee, was mit ihm passiert war.
„Haut ziemlich rein, oder?“, lächelte Makepeace in diesem Moment und blickte ihn an. Verdammt, hatte der Colonel einen Einblick in seine Gefühlswelt erhalten? Hatte er seine Maske sinken lassen?
Jetzt galt es, den Ahnungslosen zu spielen.
„Bitte?“, fragte er daher und Makepeaces Lächeln wurde eine Spur breiter: „Sie fragen sich sicherlich, wieso sie nicht tot sind, oder?“
„Ich sehe Ihnen an, dass Sie das umtreibt.“, grinste Makepeace und räusperte sich: „Des Rätsels Lösung heißt Intar. Es ist ein Kristall, der jede Waffe immitieren kann und der das Opfer entweder verwirrt oder für Stunden ausser Gefecht setzt.“
‚Interessant’, dachte sich Gibbs, ‚Vielleicht sollte man das mal Vance vorschlagen, wenn es mal wieder an einen simulierten Einbruch geht.’
Erinnerungen an die Sache vor zwei Jahren quollen in ihm empor – damals hatten sie eine undichte Stelle im NCIS finden müssen, einen Maulwurf und hatten zuvor einen Einbruch in eine Sicherheitseinrichtung inszeniert. Es wäre sehr interessant gewesen, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn die Sicherheitskräfte …
Er stockte innerlich und schüttelte den Kopf.
Darum ging es hier doch gar nicht. Und dennoch konnte er sich nicht helfen – sein Herz schlug schneller. Wenn McGee noch lebte, befand er sich vielleicht auch irgendwo hier, in diesem Gebäude, wo auch immer er war. Und vielleicht konnten sie alle hier rausspazieren, wenn… ja, wenn er Makepeace dazu bewegen konnte, ihm sein Team zur Verfügung zu stellen.

Also tat er etwas, das er normalerweise nie tat.
Er wiederholte ein Anliegen.
„Um diesen Fall lösen zu können, brauche ich mein Team.“
Makepeace blickte ihn an: „Ich habe Ihnen gerade schon gesagt, dass Ihr Team nicht zur Verfügung steht.“
Der Satz war mit einer dermaßenen Ehrlichkeit dahingesagt, dass Gibbs sich fragte, ob der Colonel ihm nicht tatsächlich die Wahrheit sagte. Vielleicht war sein Team entkommen? Das wäre natürlich die Beste aller Möglichkeiten.
Wenn sein Team nicht hier war, wenn sie geflohen waren, wenn Ziva und Tony sich totgestellt und dann McGee und Jessica Hansen mitgenommen hätten, dann waren sie jetzt auf dem Weg nach Dubai und von dort aus war es doch nur ein Katzensprung nach Washington. Schließlich stand die von Tonys Dad gemietete Maschine immer noch dort und war vermutlich sofort bereit, zu starten.
Rasch machte Gibbs einen gedanklichen Überschlag. Ein Flug nach Washington – wie lange mochte er dauern? 12 Stunden? 20? Einen Tag? Dann wäre sein Team aber in Sicherheit und konnte in Washington agieren und diesem Ort – wo auch immer er sich befand – die Hölle heiß machen.
Er musste eigentlich nur einen oder zwei Tage aushalten. Das war zu schaffen. Im Irak hatte er weit länger im Schützengraben gelegen, hatte sich mit entsprechenden Medikamenten aufgeputscht, hatte sich – wenn gar nichts mehr ging – mit dem Gedanken an seine Familie, die zu Hause auf ihn wartete, wach und am Leben gehalten – da würde er doch zwei Tage in der Gesellschaft Makepeaces aushalten. Zumal Ziva David, damals, als sie in Saleem Igor Ulmans Gefangenschaft war, weit aus mehr ausgehalten hatte.

Vermutlich würden sich Gibbs und Ziva in Bälde genauer über solche Unterhaltungen austauschen können, wenngleich er bei Makepeace weniger das Gefühl hatte, dass er ihm bei einer Antwort, die ihm nicht passte, eine Kugel in den Kopf jagen würde.
Wobei – wer wusste es schon?
Erneut seufzte der Senior Special Agent und warf einen Blick auf die Akte.
„ Colonel Harry Mayborne ”, las er und runzelte die Stirn. Er hatte diesen Namen irgendwo schon einmal gehört, konnte ihn aber nicht zuordnen. Er überflog die Schriftstücke mit seinen blauen Augen, blätterte in anderen Akten nach und erinnerte sich daran, wie Maybourne ihn mit den Worten „Sie kommen hier eh nicht raus“ losgemacht hatte. Und Gibbs war viel zu klug, um es tatsächlich auszuprobieren… zumindest jetzt.
Nun blickte er zu Makepeace: „Was soll ich jetzt beweisen?“
„Beweisen Sie, dass ich einzig und allein zum Wohle der Erde gehandelt habe. Sie haben die Unterlagen, sie sind ein schlauer Fuchs, Sie können das.“
Ein sarkastisches „Oh, ja aber sicher“ konnte sich Gibbs verkneifen, doch er wusste, dass diese Überlegung, dass Makepeace tatsächlich unschuldig war, nicht unbedingt auf solidem Fundament stand. Wie würde der Colonel wohl reagieren, wenn er ihn nicht entlasten konnte?
Gibbs wusste es nicht – aber er wusste, dass es vermutlich kein anderes Urteil als einen Schuldspruch geben konnte. Sein Bauchgefühl riet ihm da zur Vorsicht.

Und so widmete sich Gibbs wieder den Akten.

In jedem Horrorfilm gibt es diese oder eine ähnliche Szene. Die Guten, von denen man sich schon von mindestens 50 % der Gruppe verabschieden kann und davon ausgeht, dass sie als „Monsterfutter“ enden werden, sind in einem Raum, es gibt kein Entkommen, zwei Türen, eine führt in den sicheren Tod und die andere – vermeintlich – in Sicherheit. Eigentlich ist es dann gar nicht so schwer, sich zu entscheiden, welche Tür man nehmen soll. Das ganze wird dadurch mehr als nur relativiert, dass es an der Tür beginnt, zu klopfen. Nicht sanft, nicht vorsichtig, sondern mit voller Wucht. BAMM! .

Im Kinosaal sind sicherlich hier und da ein paar erschrockene Laute erschrockener Leute zu hören und einige Jungs legen in Demonstration ihrer beschützenden Männlichkeit ihre Arme um das zarte Geschlecht neben ihnen, dass gerade gekeucht hat. Und dann gibt es zwei Möglichkeiten, nämlich einmal dass sich das Mädchen lächelnd in die Arme des sie beschützenden Mannes kuschelt und daraus eine Romanze entsteht, aus der später Opern und Arien geschmiedet worden wären, wenn – ja, wenn – man über so was überhaupt eine Oper machen könnte.
Die andere Möglichkeit ist die, dass das Mädchen sich losmacht und den Typen anschaut, als wolle sie sagen „Behalt mal schön deine Griffel bei dir.“
Es gibt natürlich auch noch die andere Spielweise, nämlich die, dass sich der Typ schutzsuchend in die Arme der Frau begibt.

Im Fall von Tony und Ziva ergab sich bei dieser Situation nur ein Problem. Dies war kein Film.
Sie waren in einer kleinen Schachtel von Raum gefangen, einer Luftschleuse eines Föderationsraumschiffes, der eine Ausgang führte in den sicheren Tod durch Ertrinken und der andere Ausgang hätte durch eine Explosion eines Sauerstofftankes freigelegt werden sollen, was er aber nicht tat. Dafür klopfte es. Laut, mit voller Wucht.
Bamm .
Und im Gegensatz zum Horrorfilm waren sich die beiden NCIS-Agenten noch nicht einmal sicher, ob auf der anderen Seite überhaupt ein menschenfressendes Monstrum auf sie wartete. Vielleicht war es ein Mitglied der Crew, das in einer Art „Transporterstasis“ gesteckt hatte? Wenn ja – wieso machte es sich nicht daran, die Lebenserhaltung wieder zu aktivieren?
Wenn nein – wer oder was war es dann?
Konnte es sich dabei vielleicht um etwas handeln, was die Crew von ihrem letzten Abenteuer mitgebracht hatte? In Tony DiNozzos Hirn schaltete sich sofort die „Filmreferenzdatenbank“ ein – und er konnte sich nicht helfen, er sah vor seinem inneren Auge auf der anderen Türseite McCready von „Das Ding“, der gegen die Tür hämmerte und dauernd „Watch the skies“ rief. 
Und gerade, als er beruhigend und beschützend einen Arm um Ziva legen wollte, stellte er fest, dass sie nicht mehr da war – stattdessen ging sie langsam und vorsichtig und wie in Trance auf die Tür zu.
„H… hey, Ziva.“, brachte der Halbitaliener hervor, „Mach keine Dummheiten, wir wissen nicht, wer da…“
Diesem spontanen Ausbruch an tatsächlicher Gedankenarbeit begegnete die Israelin mit einem scharfen, verärgerten „Shhh“ und entsprechenden Handbewegungen. Er wollte noch etwas anderes sagen, da hatte Ziva die Tür erreicht und presste ihr Ohr lauschend an sie.

„Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand.“
Ziva kannte das Sprichwort, auch wenn sie es momentan eher mit der Stimme von Tony hörte und in Gedanken den Satz mit „Da es aber eine Tür ist, an der ich lausche, ist dieser Kommentar hinfällig“ ergänzte. Interessant war jedoch, dass sie etwas gehört hatte. Geräusche, genauer gesagt, Worte. Noch genauer gesagt – ein Gespräch zweier Frauen, die gerade über sie diskutierten.
 „Was tust Du da?“, fragte die eine Frauenstimme, die einen eher amerikanischen Dialekt hatte, ihr aber irgendwoher bekannt vorkam. Gleiches galt für die Frau, der die Stimme gehörte, die sich nun mit  „Wonach siehts aus? Ich helfe“ zu Wort meldete und dabei einen sehr schön ausgeprägten, deutlichen britischen Akzent verwendete, der vermutlich irgendwo aus der Nähe von London kam. Und auch diesen Akzent hatte sie schon einmal gehört und sie wollte verdammt sein, wenn es sich hierbei tatsächlich um…
„Du weißt doch gar nicht, wer da hinter der Tür ist.“, stritt die Amerikanerin weiter, wurde aber von der Frau aus London mit einem  „Sie sind hier draußen auf jeden Fall besser dran“ auf die Notlage Tony und Zivas hingewiesen.
„JA!“, rief Ziva und hieb gegen die Tür, „Wir sind HIER DRIN!“
„Ziva?“
Die Israeli konnte bei beiden Frauen, die die Frage zur selben Zeit und im selben Duktus gestellt hatten, deutliche Überraschung feststellen und nickte befriedigt, als sie hörte, wie der „Dialog-im-selben-Duktus“ weiterging.
„Du kennst Sie auch?“
„Ich war mal in Israel.“
„Wer war da nicht?“
„Stimmt auch wieder.“
Warum der Autor hier keine Hinweise gibt, wer welchen Satz von sich gab? Es macht keinen Unterschied, beide Frauen, die Amerikanerin und die Britin verwendeten dieselben Wörter, denselben Duktus und sprachen die Wörter nur Millisekunden hintereinander aus.
„Könntet Ihr euch später darüber unterhalten, woher ihr mich kennt und uns rausholen?“, fragte nun Ziva und in diesem Moment merkte selbst sie, dass ihr israelisch-gefärbter Dialekt gerade starke Oberhand gewann.
Tony räusperte sich: „Kennst Du die beiden?“
Oh stimmt. Der Halbitaliener war ja auch noch da.
Mit einem „Mach dich auf eine große Überraschung gefasst“ wandte sich Ziva um und zuckte nicht einmal zusammen, als etwas mit großer Wucht und großer kinetischer Energie in die Fuge zwischen den beiden Schotten, die Ziva und Tony von dem Korridor, dessen hörbare Aktivitäten ein gewisses Maß an „Mehr Sauerstoff“ versprachen, trennten.

Und Ziva hatte nicht untertrieben, wie Tony in diesem Moment herausfand. Von draußen ertönten Geräusche körperlicher Anstrengung, ein „FESTER“ in britischem Akzent und ein „Ich geb mein Bestes“ –ebenfalls in britischem Akzent, allerdings mit leicht amerikanischer Stimmeinfärbung – und dann glitt das Schott einige Zentimeter weit auseinander. Sofort geschahen zwei Dinge. Erstens hatte der Halbitaliener das Gefühl, dass frischer Sauerstoff – einer Welle gleich – in den Raum schwappte, was vielleicht gar nicht so abwegig war und auf seine Sinne eine nahezu belebende Wirkung hatte, zweitens konnte er sehen, wie sich durch diesen Spalt Arme streckten und sich anstrengten das Schott aufzustemmen.
Es war nur eine Frage von Sekunden, ehe auch Ziva, sowie Tony an der Tür waren und ebenfalls ihre ganze Kraft in das Öffnen des Schottes investierten.
Es gelang – allerdings mühsam und Milimeter für Milimeter. Mindestens einmal sah sich Tony schon von den wieder zuschnappenden Schotten enthauptet, sein Kopf mit entsetzt-blicklosen Geleekugeln, die früher einmal seine Augen waren, über den Boden kullernd, als wäre er ein Nebendarsteller bei dieser unsäglichen Final-Destination-Reihe.
Es war schon keine Kleinigkeit, sich mit dem ganzen Körpergewicht gegen Schotten aus Duraplast oder Durastahl oder was auch immer anzustemmen und mehr als einmal verfluchte er sich dafür, diesen Tripp gemacht zu haben. Vielleicht hätte er lieber mit dieser Brünetten, die er im Hubschrauber gesehen hatte, im Computerraum des Komplexes bleiben sollen und hätte darauf bestanden, dass McGee und Ziva den Tauchgang machen. Schließlich konnte Probie die Übung brauchen, er…
Probie.
In seinem Inneren verkrampfte er sich. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor und dennoch …
„Agent am Boden.“
Dieser Satz drang durch sein Schmerzvernebeltes Hirn und er fragte sich, wie er diesen Satz überhaupt hören konnte. Seine letzte Erinnerung betraf sich selbst, wie er mit einem – wie er fand – formvollendeten Kopfsprung ins Wasser eingetaucht war und wie plötzlich Kugeln anfingen, um sie herum ins Wasser einzudringen.

Er hatte sich wie einer der Helden aus einem Film gefühlt – eventuell True Lies, mit Arnold Schwarzenegger, einem der besseren Filme aus dessen Oevre, wie er auf der Flucht vor der arabischen Terroristengruppe Crimson Jihad ins Wasser vor den Florida Keys tauchte und unter Beschuss genommen wurde.
Innerlich hatte Tony nur mit dem Kopf schütteln können. In den 90ern waren arabische Terroristen noch etwas gewesen, worüber man sich lustig machen konnte. Haha, der Handlanger des Anführers war nicht in der Lage vorher zu checken, ob der Camcorder – allein schon der Camcorder war damals noch ein lächerlich-großes Ding gewesen – überhaupt noch genügend Akkuleistung hatte. In den 90ern, knapp nach dem kalten Krieg, war das alles kein Problem gewesen. Und heute? Er erinnerte sich daran, dass Gibbs erzählt hatte, wie er sich übergeben hatte, nachdem Mike Franks ihm…
„ Konzentrier dich, Tony! “, war es ihm durch den Kopf geschossen und er hatte sich für den Bruchteil einer Sekunde als den strahlenden Helden gesehen, der zusammen mit seiner wunderschönen Kriegerprinzessin hinunter zum Schatz taucht, um ihn zu…
SCHMERZ
Schmerzen waren in seinem Rücken explodiert, silberhell und alles verzehrend und…

„Agent am Boden.“
Gesprochen mit der Stimme von Leroy Jethro Gibbs.
Tony glaubte, hören zu können, wie die Stimme seines Anführers – des Silberfuchses, den eigentlich so schnell nichts anficht – zitterte: „Ich wiederhole: Agent am Boden. Tim…“
Kurz machte Gibbs eine Pause, holte tief Luft und schien sich sammeln zu müssen, ehe er die fatalen Worte sagte: „Tim ist tot.“

„ Verdammt“, schoss es Tony durch den Kopf, ehe er bemerkte, dass die Welt um ihn herum immer dunkler wurde, „Nicht Tim. “
Nicht die Person, die er als seinen kleinen Bruder, den er nie hatte, erachtete. Den Tod Kates und Paulas hatte er schon schwer verwunden, ebenso den Tod Jenny Shepherds oder den vermeintlichen Tod Zivas, als sie …

Nein , schoss es DiNozzo in der Jetztzeit durch den Kopf, denk nicht dran.

Die Tür war offen.
Tony atmete tief durch und reichte den Helferinnen die Hand: „Danke, dass Sie uns geholfen haben.“
Dann stockte er, wandte sich an Ziva und deutete, mit einem Kopfnicken, auf die beiden Frauen, die sich gerade den Schweiß von der Stirn wischten: „Sind das…“
Ziva nickte, als die Frau mit dem deutlich britischeren Akzent Tonys Hand ergriff, sie angemessen fest drückte und sagte: „Sie sind der Sohn von Anthony D. DiNozzo Senior? Freut mich Sie kennen zu lernen. Einige der Expeditionen meines Vaters und auch einige von meinen wurden durch ihn finanziert.“
Tony schluckte. Dad kannte Lara Croft?

Tim konnte nicht verhindern, dass er sich in den schönen Augen seiner Frau verlor.
„ Frau. “, schoss es ihm durch den Kopf und erst jetzt, wo er einen Blick auf die Gäste warf, die da in dem Saal platz genommen hatten, konnte er es endlich, wirklich selbst fassen.
Er war verheiratet. Verheiratet mit einer wunderschönen Frau, deren weißes Kleid ihr wie eine zweite Haut stand. McGee – Hanson konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Wie sollte es auch sonst sein? Natürlich stand ihr jede Kleidung wie eine zweite Haut – dies war eine brünette Seven of Nine.
Und gerade, als er diesen Gedanken gedacht hatte, erfassten seine Augen an einem der Gästetische eine Bewegung, erhob sich dort eine Frau, die tatsächlich Seven of Nine sein könnte. Es traf alles zu, die Größe, die Augen, die Haare – und sie kam auf ihn zu.
Die Bewegungen präzise, knapp, beinahe schon militärisch, erreichte sie ihn, umarmte ihn und flüsterte ein: „Verletz meine Schwester und du wirst große Schmerzen erleiden dürfen.“
Überrascht machte sich McGee los, sah in die blauen Augen von Seven und bemerkte, wie der Schalk in ihnen funkelte. Ihre steinerne Miene verzog sich zu einem Lächeln, erneut umarmte sie ihn und sagte lauter: „Willkommen in der Familie, Timmy.“

Offenbar musste er genau so verwirrt ausgesehen haben, wie er sich fühlte, denn plötzlich stand Jessica neben ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter und blickte kurz zu Seven herüber, ehe sie sich Tim widmete: „Das ist meine Zwillingsschwester.“
Diese machte einen formvollendeten Knicks – wieso eigentlich, man war doch nicht bei Königins – neigte ihren Kopf leicht nach vorne und sagte dann: „Annika Hansen.“
„Annika?“, fragte Tim und er konnte sehen, wie sie mit den Augen rollte: „Ja – genau. Und nein, du brauchst dich nicht zu genieren, dass Dir der Gedanke durch den Kopf gegangen ist – ich kenn die Witze. Ja, ich weiß, ich sehe aus und heiße wie Seven of Nine. Widerstand ist zwecklos.“
Ein humorloses Lächeln erschien auf ihren vollen Lippen, als sie ein trockenes „Ha ha ha“ von sich gab.
Dann ließ sie sich auf den Stuhl nieder, von dem sie sich gerade eben erst erhoben hatte und nahm einen Schluck Wein, ehe sie sich wieder an Tim und Jessica wandte und dem Bräutigam ihrer Schwester ins Gesicht blickte.
„Hey“, sagte sie, mit einem diesmal-ehrlichen Lächeln auf den Lippen, „Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich nehm dir das nicht übel, es ist nur – ich hab diesen Satz seit meinen Uni-Zeiten gehört. Irgendwann ist es einfach nicht mehr witzig.“
„Dabei hat sie sich zur Comic-Con immer gerne als Seven verkleidet.“, grinste nun Jessica, was ihr ein „Jetzt fang nicht damit an“ von Annika bescherte.
„Jaja.“, machte die brünette Seven und hob entschuldigend, wenn auch mit einem leicht-ironischen Grinsen die Hände:  „Ich sag ja schon nichts mehr.“
Beide Hansen-Zwillinge zwinkerten einander zu, die gute Laune deutlich sichtbar, als Tim plötzlich von etwas angesprungen wurde.
Mit einem „UFF!“ stellte er fest, dass er geschätzte 50 Kilo weißgekleideter Laborgoth in den Händen hielt.
50 Kilo lächelnde Laborgoth, die einen Ring vor seinen Augen hin und her schwenkte.
„Hier, schau dir das an.“, grinste sie, „er hat mir heute einen Neuen gekauft.“
Irgendwie konnte sich Tim ein Lächeln nicht verkneifen. Das war so typisch Abby – das hier jemand gerade seine Hochzeit feierte? Egal. Dass der Bräutigam selbst von der Sache extrem überrascht war? Auch egal.
Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er sie anlächelte und dann den Ring genauer betrachtete.
„Hey, der ist wirklich schick.“, stellte er fest und reichte den zierlichen Goldring, der mit einem blauen Stein – Tim musste gar nicht groß überlegen, es war sicherlich Zirkon – bestückt war, an Jessica weiter: „Schick, nicht wahr?“
Seine bessere Hälfte strahlte: „Ja – aber der hier ist auch schön.“
Damit hielt sie ihm ihre ringbesetzte Hand hin, die er betrachtete und für sich feststellte, dass er sich so einen Geschmack gar nicht zugetraut hatte.
„Ich muss dir noch danken“, meinte Abby neben ihm und wandte sich nun Jessica zu: „Dass Du mit Rudi gesprochen hast.“
Tim warf ihr einen Blick zu: „Wer ist Rudi?“
„Eigentlich heißt der Rudiger“, sagte die hübsche Laborgoth mit einem ihrer häufigen, strahlenden Lächeln und begann immer schneller zu sprechen, wie eigentlich immer, wenn sie sich für etwas interessierte. Es war für den Romancier immer wieder ein Faszinosum, dass diese Frau es schaffte, Fakten in einer Geschwindigkeit abzuspuhlen, die selbst Scott Speed – der us-amerikanische NASCAR-Fahrer nicht mehr einholen konnte und bei denen Sebastian Vettel aus dem Formel-1-Rennzirkus ebenfalls nur noch die Flagge streichen konnte.
„Noch eigentlicher heißt Rudiger Rudiger“, sagte sie, stockte und schüttelte den Kopf, ehe sie versuchte, sich der Tücken des Objektes anzunehmen. „Rüdiger“, korrigierte sie sich, pausierte und grinste: „Das Ü ist ein Umlaut. Auf jeden Fall ist er ein deutscher Beamter und hat gleich mal seine ganzen Freunde aus seiner Wirkungsstätte eingeladen. Wenn Du willst, stell ich sie dir vor.“

„Was?“, schoss es Tim durch den Kopf, „Aber… ich weiß nicht, wann ich aus diesem Traum aufwache. Ich möchte mich jetzt noch mit Jessica glücklich fühlen.“
Seine Frau schien das zu bemerken, küsste ihn auf die Wange und nickte Abby zu: „Natürlich möchte er die Freunde deines Mannes kennenlernen.“
Und ehe er eine Möglichkeit hatte, sich großartig Gehör zu verschaffen, dass er genau das eigentlich gar nicht wollte, hatte ihn Abby schon mitgezogen und stand dann vor einem Tisch, an dem vier Personen saßen und sich die Umgebung besahen.

Nicht sonderlich ungewohnt war es, dass Tim, kaum, dass er in den Wahrnehmungsbereich der Vier gekommen war, unterschiedliche Reaktionen erntete. Ein Mann, der knapp 35 sein mochte, richtete sich auf, trat cool – fast schon zu cool – auf den Romancier zu, sagte ein knappes „Hi“ und hielt die Hand hoch, als warte er darauf, dass Tim ihn „abklatschte“. Und da er keine Anstalten machte, die Hand herunter zu nehmen, oder aufzuhören, den Mund sperrangelweit offen zu halten und sich das vermutlich erst dann ändern würde, wenn Tim ihm den Gefallen tat, ergab er sich seufzend in sein Schicksal und schlug mit seiner Handinnenfläche gegen die des 35-Jährigen.
„Ich bin Rüdiger.“, sagte sein Gegenüber und kaute auf etwas herum, was Tim erst jetzt als Kaugummi identifizieren konnte.
Der Romancier konnte sich ein inneres Augenrollen nicht verkneifen – naja, jede Hochzeit hatte ihren Vollprimaten, der darauf bestand, sich zu genau selbigem zu machen, das war anscheinend ihrer.
Irgendwie schienen das auch die drei Anderen zu finden, die mit ihm zu sprechen begannen – auf Deutsch – ehe sie sich an ihn, Tim, wendeten.
Der Älteste der deutschen Runde – er mochte um die 50 sein – erhob sich und der Romancier konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass dieser Typ wohl einen Stock derart tief im Allerwertesten stecken hatte, dass dieser zu einem zweiten Rückgrat mutiert war.
„Hallo“, sagte er in unbeholfenem Englisch: „Ich bin Hagen Krause, der Leiter des – des…“
Er blickte zu einer der beiden Frauen herüber, die ihn ansah, als würde sie am liebsten im Boden versinken: „Ulla, was heißt Bauamt auf englisch?“
„Planning department and building control center.“, warf die Frau links neben der “Ulla” genannten ein, was den Mann, der sich selbst Hagen nannte, zu einem Augenrollen und zu einem Blick hinreißen lies, den Tim nur allzugut vom Empfängerende her kannte.
Der Gedanke „Klugscheißer“ erschien sicherlich gerade in Hagens Hirn, ehe er ein „Ist ja gut, Fräulein Schäfer!“ von sich gab, was diese mit einem genervt klingenden „Frau Schäfer!“ kommentierte.
Und interessanterweise war es gerade der kaugummikauende Mann, dem Tim aus irgendeinem Grund instinktiv gewillt war, nicht allzuviel IQ zu attestieren, der zu seinen Kollegen blickte und einen Satz von sich gab, dessen Wortwahl Hansen – so langsam aber sicher gewöhnte er sich daran, von sich als „Timothy Hansen“ zu denken – nicht ganz verstand, wohl aber dessen Intention:  „Hey, Hagen, Nadja, streitet euch nicht. Wir sind hier bei Tims Hochzeit! “
Die Frau, die Hagen „Fraulein Schafer“ genannt hatte – ja, Tim hatte selbst gedanklich Probleme mit dem Umlaut und fragte sich was erstens ein Schafer oder Schaefer sein sollte und zweitens wie Abby damit zurecht kam – richtete sich auf und lächelte. „Ich bin Nadja Schäfer“, stellte sie sich in einem Englisch vor, das beinahe perfekt und akzentfrei war, ehe sie auf ihre Kollegin deutete, die ihm, Tim, kurz zuwinkte: „Das ist Ulla Herbst – Herbst wie in „Autumn“ oder „Fall.“
„Was hast Du da gerade gesagt?“
Offenbar begehrte die Frau, die Nadja Schaefer gerade Ulla Autumn genannt hatte, zu wissen, was ihre Kollegin gerade gesagt hatte und …

Dann tippte jemand auf seine Schulter.
Tim drehte sich um und erstarrte.
Was tat er denn hier?
Was tat dieser Mann hier? Von allen, die er hier jemals zu sehen gedacht hatte, war es ausgerechnet sein Onkel, der ihn hier überraschen wollte.
„Ausgerechnet sein Onkel“ war gut. Der Mann, der das schwarze Schaf der Familie war – und der Mann, der offenbar irgendwie dafür verantwortlich war, dass er – Tim -  mit dem Schreiben anfing. Er erinnerte sich daran, wie er ihn besucht hatte, damals, in den Achtzigern. Sein Onkel war damals schon als „komischer Kauz“ verschrien, der seine journalistische Karriere in den Orkus gegeben hatte, nachdem er – wie er selbst sagte – etwas gesehen hatte, was nicht wahr sein durfte.
Tim hatte ihn damals, als er sechs Jahre alt war, die Geschichte erzählen lassen und erinnerte sich nicht ohne eine gewisse Gänsehaut daran. Aber die Sache war so abgefahren – kein Wunder, dass man ihm nicht glaubte.
Ein Monster in einem Labor hatte ein Feuer entfacht und war dann mit einem Doktor entflohen – oder so.
Jahre später hatte auch Tim den Ausführungen seines Onkel Jack nicht mehr Gehör geschenkt – und jetzt stand er vor ihm.
„Glückwunsch zur Hochzeit.“, sagte er knapp und reichte ihm die Hand.
Tim stockte und fragte sich selbst gerade, wieso soviele widersprüchliche Emotionen in ihm emporkrochen. Eigentlich sollte er sich freuen, dass seine Familie da war – in der Ferne sah er seinen Vater und Sarah – seine Schwester – auf sich zukommen und hoffte, dass Jack McGee nicht auf dumme Gedanken kam, hoffte, dass es keinen Eklat geben würde und griff nach der Hand seiner Frau, die gerade auf ihn zukam und zog sie zu sich. Hier konnte sie ihm rettenden Halt bieten.
„Jessica, darf ich Dir meinen Onkel vorstellen?“, sagte er daher, als sie ihn verblüfft ansah, deutete dann auf den ehemaligen Journalisten und lächelte: „Jack McGee – damals National Register.“
„Jack McGee?“, erklang die Stimme Hagen Krauses hinter ihm und dann ein Schwall von Worten, die der Romancier nicht verstand – aber auch nicht verstehen brauchte. Die abwertende Haltung, die der deutsche Beamte seinem Onkel gegenüber einnahm, sagte schon alles. Und dann fiel dieses eine Wort.
Dieses eine Wort, dass Jacks Karriere ein für alle mal zerstört hatte.
„Hulk.“
Tim atmete durch. Das konnte noch was werden.
Ja, Jack McGee war damals bekannt geworden, weil er eine Kreatur namens „Hulk“ durch die Staaten gejagt hatte, was für jeden Comic-Fan besonders lustig war, dar es die Geschichten über einen Doktor Robert Bruce Banner als Comicbücher zu kaufen gab. Das man daher davon ausgegangen war, dass Jack – als er diese Gestalt gesehen haben mochte – einfach nur zu tief ins Glas geschaut hatte, war verständlich. Aber dennoch – sein Onkel glaubte an die Geschichte.
Und Tim hatte inzwischen viel zu viel Verrücktes gesehen, sogar herausgefunden, dass die Sternenflotte existierte, dass er inzwischen gewillt war, auch die Existenz des Hulk in Betracht zu ziehen.
Oder?
Vielleicht müsste er das ganze einfach mal mit Sternenflottenoffizieren besprechen – allerdings gab es dabei ein Problem. Die DRAGONFLY war – zumindest nach seinem Kenntnissstand irgendwo auf dem Meeresgrund vor Dubai und…
„Entschuldigung, kann ich mal durch?“, fragte in diesem Moment ein Kellner. Tim Hansen hob den Blick, sah in ihm bekannte, braune Augen, sah ein Lächeln und dann war der Mann wieder verschwunden.
Nun legte sich ein Lächeln auf seine Lippen und er drehte sich um, dem Cal-ner nachschauend.
Es gab also immer Möglichkeiten?
Vielleicht – Botschafter Spock, der vulkanischste der vulkanischen Vulkanier, wies immer wieder darauf hin.

Der Löffel klirrte laut gegen den feinen Kristall, aus dem das Glas, das der Mann in der Hand hielt, bestand.
„Wenn ich kurz um ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte?“, fragte eine italienisch-angehauchte Stimme und die Hochzeitsgemeinde kam ins Stocken und schwieg.
„Danke.“, lächelte Anthony D. DiNozzo Junior gewinnend in die Runde, ehe er sich an Tim widmete.
„Als Chef des Teams…“, setzte er an und gab einen kurzen Schmerzenslaut von sich. Der Romancier brauchte gar nicht groß zu überlegen, wusste eigentlich, dass dies die bezaubernde Brünette gewesen sein musste, die in einem blauen, rückenfreien Traum von einem Kleid saß und Tony gerade auf den Fuß getreten hatte.
Der Halbitaliener verzog kurz das Gesicht, seufzte dann und korrigierte sich: „Als stellvertretender Chef des Teams möchte ich ein paar Worte verlieren.“
Dann verlagerte er seine Haltung, stellte sich so hin, dass sein Rücken kerzengerade war, begann, zu erzählen – wobei er von Nadja ins Deutsche übersetzt wurde.
„Mein Vater hat sich erboten, diese Hochzeit hier auszurichten.“, sagte er und blickte zu dem Senior herüber, der kurz den Kopf schüttelte, abwehrend die Hände hob und sagte: „Das habe ich gern getan. Ihr könnt es brauchen.“
„In der Tat.“, fuhr Tony fort, blickte zu Tim – der erschrak.
Und zwar nicht in einem „Horror-Jump-Scare“-Moment, wie er in jedem guten Psychoschocker gegeben würde, sah nicht etwa dass Tonys Gesicht nun einem Totenschädel glich, was ihn dazu bringen würde, mal wieder die Realität anzuzweifeln, in der er sich befand – sondern auf tiefe, emotionale Art und Weise.
In den Augen des Halbitalieners glitzerten kleine Tränen.
„Das letzte Jahr war schwer – für so ziemlich alle von uns.“, erläuterte er, „Gibbs, Jackson… die Zerstörung des Flugzeugträgers, deine Verletzung in Dubai.“
Tim merkte, wie sein Herz schneller pumpte. „Flugzeugträger“ fungierte in der Öffentlichkeit als Codewort für die DRAGONFLY , so hatte es Gibbs, bevor sie losgeflogen waren, festgelegt – damals, als sein Gedächtnis noch in Ordnung war.
Die DRAGONFLY war zerstört worden? Aber wer war dann der Cal-ner?
Eventuell Traceless?
Hatte er vor, sich für die letzte Niederlage zu rächen?
Er wusste es nicht, zuckte zusammen, als Jessica ihn anstubste und ihm zunickte und alle in Synchronklatschen verfielen. Schade – er hatte nicht mitbekommen, wie Tony dem jungen Glück alles selbige wünschte und vielleicht war es auch besser so – schließlich war er sich immer noch nicht sicher, ob das alles real war. Und selbst wenn – er kannte Tony. Vielleicht würde er die Story aufgewärmt haben, wie er damals in die Kloake gesprungen war, um die Waffe zu bergen. Das musste man sich wirklich nicht anhören.
Aber die Sache mit der DRAGONFLY irritierte ihn dann doch.
Ob…
Weiter kam er nicht.
Er spürte einen Blick auf sich liegen, wandte seinen Kopf von Jessica ab, versuchte dem Starren quasi mit seinen eigenen Augen zu folgen und erstarrte.
Hinter der Glastür, die zum Foyer führte, stand Leroy Jethro Gibbs und schaute ihn warnend an.

Die Bestattung des Captains und des ersten Offizieres  wurde mit dem üblichen militärischen Pathos inszeniert, Jill verlor in ihrer Eigenschaft als ‚acting captain’ ein paar Worte und man konnte gerade der Seniorcrew ansehen – allen voran Sebastian ‚Scotty’ Middlegate, Gina Christine Intrupper und eben Jillian Abigail „Jill“ Menacer – wie sehr sie der Verlust tatsächlich mitnahm. Und auch Daniel konnte sich ein leichtes Schlucken nicht verkneifen.
Erinnerungen an 1998 kamen in ihm hoch, als der Kommandant der USS DRAGONFLY das erste Mal – durch einen Stabwaffentreffer in die Brust – getötet wurde. Damals wurde er allerdings durch die Tatsache gerettet, dass sie in einer Jaffa-Basis waren und dort ein Sarkophag vorhanden war, der ihn wiederbelebte.

Beim Leichenschmaus wurde es dann ein wenig lockerer, man unterhielt sich über die Geschichten, die man mit Captain und XO erlebt hatte – unter anderem darüber, wie Cal im bolivischen Dschungel ein Shuttle bruchlandete, daraufhin mit seiner Crew von einem wahnsinnigen Terroristen als Geisel gehalten worden war und SG-1 zusammen mit zwei Agenten des CIA anrücken musste, um die Sternenflottenoffiziere dort herauszuholen. Das war übrigens das zweite Mal, das Daniel miterlebte in dem der Captain für tot gehalten wurde, weil der Terrorist dem Sternenflottenoffizier mit einer Baretta in die Brust schoss. Überhaupt war dann, wenn Cal beteiligt war, der Schnitter, Freund Hein genannt, offenbar geneigt, Überstunden um Überstunden zu schieben.
Da war die Sache mit der Fahrt nach Lyon gewesen – eine Klassenfahrt, die Cals Nemesis Traceless dazu nutzen wollte, eine Seite aus dem „Skynet-Handbuch für angewandte Eliminiertung von Widerstandszellenanführern“ herzunehmen und zu versuchen, den Urahn des Captains zu liquidieren. Dieser fuhr gerade mit seiner Klasse nach Lyon, was dazu führte, dass sowohl Captain, XO, CMO, als auch SG-1 in Gestalt von Klassenneuzugängen und Vertretungslehrern an der Fahrt teilnahmen. Traceless nutzte an einem Tag die Gunst der Stunde, beraubte Captain, XO und CMO des Bewusstseins, steckte sie in einen Schrank und koppelte ferner zu einem späteren Zeitpunkt den Speisewagen ab, in dem gerade des Captains Ahn mit großem Genuss ein Schnitzel mit Pommes verzehrte. Dass Traceless – in Gestalt des Kellners – dem Ahn keine Kugel in den Kopf jagte, war den schnellen Reaktionen Sams und Jacks zu verdanken, von denen sich „Miss Carter“ vor den verblüfften Augen des Ahns eine Kugel in die Schulter einfing und „Mister O’Neill“ in die Brust geschossen wurde. Doch, wie wir schon aus den „Schweinehunden“ wissen, ist ein Brustschuss mit einem Föderationsschiff, das im Orbit schwebt, nur noch ein kleines Problem. Und da war natürlich Daniels eigener Tod, den er einer Naquadria-Strahlungs-Vergiftung zu verdanken hatte.

Ein paar Stunden später, als Sam und Daniel nebeneinander im Bett des ihnen zugewiesenen Quartieres lagen und sie die Ereignisse des Tages Revue passieren ließen, konnte der Anthropologie spüren, wie Sam neben ihm den Kampf gegen etwas verlor, gegen das sie die ganze Zeit anfocht. Tränen.
Sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter und – als sie sich an ihn kuschelte – nahm sie dann in den Arm. Er platzierte einen Kuss auf ihren blonden Schopf, schaute ihr dann in die unglaublichen blauen Augen und wischte ihr eine Träne von der Wange.
Und er wusste – verdammt noch mal – nicht, was er sagen sollte. Irgendwie fehlten ihm die Worte. Ihm, dem Anthropologen und Gelehrten – der eigentlich mit Wörtern umgehen können sollte, wie andere mit Jonglierbällen oder mit P-90 Maschinenpistolen aus der Fabrique Nationale in Belgien -  fehlten die Worte, zu sagen, was er sagen wollte.
Colonel Sam Carter schniefte neben ihm – „zog die Nase hoch“, wie Cal sagen würde – und schaute ihn an. In ihren Augen standen immer noch Tränen und eine Verwundbarkeit, die er schon lange nicht mehr gesehen hatte.
„Es tut mir so leid.“, brachte der Anthropologe jetzt hervor und er fragte sich, ob dieser Satz aus seinem Wirbelwind der Gedanken, der gerade durch seinen Kopf tobte, der Richtige gewesen war. Schließlich hatten sie genügend Beileidsbekundungen sowohl gegeben als auch empfangen.
Sam schloss kurz die Augen, nickte dann und stellte den Blickkontakt wieder her.
Und er konnte sehen, dass sie diesen einen Satz immer wieder innerlich wiederholte: „Wir sind Soldaten – der Tod gehört zum Geschäft und wird irgendwann auch die treffen, die wir mögen.“
Aber war das fair?
War das einem knapp 25-Jährigen gegenüber fair?
Und wenn man schon einmal dabei war – war es eigentlich einer Person –gleich welchen Alters – gegenüber fair?
Daniel wusste es nicht und als er sich erneut Sams Augen vergegenwärtigte, die ihn nun nicht mehr ansahen, sondern hinter Augenlidern verschwunden waren, weil sie mit ihrem Kopf auf seiner Brust eingeschlafen war, bemerkte der Anthropologe, dass auch sein Bewusstsein langsam zu schwinden begann. Es war ein harter Tag gewesen und er würde…



Daniel Jackson rannte um sein Leben. Um ihn herum explodierte die Welt, Jaffa rissen Stabwaffen hoch und gaben gezielt Schüsse auf ihn und die Leute um ihn herum ab. Dreck spritzte hoch, der Anthropologe riss seine Waffe in die Höhe, feuerte, brachte Tod und Verderben über die, die diese Behandlung ansonsten ihm angedeihen würden, sah, wie Jaffarüstungen Funken sprühten – Querschläger, die aus seiner Waffe oder aus anderen P-90ern, M 16ern oder Barettas auf sie abgegeben wruden – und dennoch zu Boden fielen. Binnen Sekunden, seit sie aus dem getarnten Jumper gekommen waren, waren sie mit Dreck besudelt. Direkt neben ihm kam Airman Matthies auf, starrte mit leblosen Augen in die Ferne und an ihm vorbei.
Eines der ersten Opfer in diesem sinnlosen Krieg.
Neben ihm landete Sam auf ihrem Hosenboden, betrachtete kurz den Zustand ihrer Kleidung und schüttelte den Kopf. „Tanzen fällt damit flach.“, stellte sie flapsig fest, klopfte Daniel auf die Schulter und deutete in Richtung der Tempelruinen.
Der Anthropologe nickte seiner technisch-gesehen-vorgesetzten-Offizierin zu, hörte dann das Auffauchen einer Stabwaffe und stieß sie zur Seite. Direkt neben seinem Ohr ging die P-90 Carters los, spuckte Kugeln auf den Jaffa, ließ ihn zu Boden gehen und Daniel kurzzeitig taub werden. Aber es war nicht notwendig, zu hören, was sie sagte, denn ihr Blick verriet ihm, wie der Befehl lautete. „Auseinanderstürmen und neu gruppieren.“

Und Daniel gehorchte dem Befehl. Er rannte, rannte so schnell, wie es seine Beine hergaben.
In seinen Ohren pochte der Puls, er hörte seinen Atem, nahm war, wie es um ihn herum rauschte, Explosionen donnerten, spürte sengendheiße Erde neben sich aufspritzen und rannte weiter. Die Tempelruinen waren nicht mehr weit entfernt. Es musste zu schaffen sein.

„Meine Damen und Herren“ – er glaubte, sich das einzubilden, aber in seine Ohren drang die Stimme General Hank Landrys, „Ich bedauere, Ihnen allen mitteilen zu müssen, dass General Jonathan „Jack“ O’Neill, Colonel Samantha Carter, Teal’C, Colonel Cameron Mitchell und Vala, heute gefallen sind. Sie waren die Ersten, die dieses Tor in regelmäßigen Missionen durchschritten, sie waren die Wegbereiter und sie waren das große Aushängeschild dieses Kommandos. Ich möchte Sie nun bitten, eine Schweigeminute einzulegen.“

Der Anthropologe wusste nicht, welch Narretei sein Geist da wieder ausbrütete, er wusste nur, dass er Sam gerade eben noch gesehen hatte und…
Verdammt, er musste zu diesen Tempelruinen. Es war nicht mehr weit, es war nur noch…
Ein grelles, blendendes Licht schoss aus den Ruinen, auf ihn zu, traf ihn frontal und er spürte, wie er sich auflöste…


Es ist übrigens eine Lüge, dass der Mythos des „Aufschreckens nach einem Albtraum“ nur ein Mythos ist. Dies stellte Daniel in dem Moment fest, als er sich schwer atmend und aufrecht sitzend im Bett wiederfand. Sein Brustkorb hob und senkte sich, er merkte, wie ihm vom Hyperventilieren schwindlig wurde und er versuchte, seine Atmung zu regulieren – aber das Gefühl, gestorben zu sein, ließ ihm keine Möglichkeit.
Neben sich hörte er ein schläfriges Murmeln, blickte in die müden Augen Sam Carters, die ihn aus Augenlidern, die auf Halbmast hingen, anschauten und eine Mischung aus Sorge und Verständnislosigkeit signalisierten.
„Was ist denn los?“
Auch die Stimme Sams zeugte von Schläfrigkeit und davon, dass sie sich am Liebsten sofort umdrehen würde und weiterschlafen.
Verdammt, ihm ging es auch nicht anders.
Seine Augenlider wurden auch immer schwerer, fielen immer wieder zu und schließlich ließ er seinen Körper auf die weiche Matraze des Sternenflottenbettes sinken.
„Nichts, schlaf weiter.“, nuschelte schläfrig, nahm ihren Oberkörper wieder in seine Arme und ließ den Kopf langsam gegen ihre Halsbeuge sinken.

Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung war, registrierte eine weiße Sternenflottenuniform, die sich am Fußende des Bettes postierte, ehe er sich der Müdigkeit hingab, in die Dunkelheit fiel, hinab in das Vergessen sackte …

Und nach ein paar Sekunden die Augen wieder aufriss.
Eine weiße Sternenflottenuniform?
Kurz hob der Anthropologe den Kopf, merkte, wie dieser schmerzte und meldete „Bist Du bescheuert? Ich will pennen!“ und ließ einen kurzen Blick durch den Raum schweifen. Nein, da war nichts.
Daniels Stirn nahm Kontakt mit Sams Halsbeuge auf und er fiel in einen von nun an traumlosen Schlaf.

Das Aufwachen war immer etwas, das er eigentlich verabscheute. Eigentlich. Zwar konnte man ihn durchaus als „Morning Person“ ansehen, jedoch brauchte auch er einige Minuten, ehe er in den neuen Tag fand. Sam war dagegen – meistens – noch mehr „Morning Person“ als er.
Meistens war sie, wenn er noch schlief, schon wach und gerade dabei, zu duschen, so dass sie ihn, wenn er dann – meistens um 7.30 Uhr – aufwachte, schon mit einem breiten Lächeln und einem großen Angebot an Leckereien zum Frühstück begrüßte. Ja, zwischendurch war auch Colonel Samantha Carter eine Hausfrau. Wenn sie dann von ihrem Einsatz heimkam, wartete er allerdings schon mit dem Abendessen auf sie, sodass man sagen kann, dass sich beide wirklich ihre Hausarbeiten teilten. Morgens war sie die Hausfrau, abends war er der Hausmann – das war clever durchdacht und nutzte die Zeitpunkte, wenn jemand zu Mehrleistungen in der Lage war auf effiziente Art und Weise.

Auf einem Starfleetschiff war die Sache ein wenig anders gelagert, hier gab es keine Wasserdusche, in der man es sich romantisch machen konnte, sondern Schall, der die Körperporen reinigte. Das war schnell, effizient, konnte auch seine Vorteile haben, aber auch bei weitem weniger romantisch, als der Anblick, wenn Wassertropfen einen athletischen Körper herabperlten.  Und heute merkte Daniel, als er die Augen aufschlug, dass kein Geräusch einer sonischen Dusche ihn weckte. Stattdessen lag Sam neben ihm, immer nich in tiefen Träumen gefangen.

Es gab wenige Momente, in denen sich Daniel eines solchen Anblickes erfreuen konnte: einer schlafenden Samantha Carter, die nicht mitbekam, was um sie herum passierte, die einfach nur den Schlaf der Gerechten schlief. Und es war ein viel zu seltener, viel zu kostbarer Anblick, um ihn gleich wieder zu ruinieren. Nach einigen Minuten richtete sich Jackson dann doch auf, entledigte sich seiner Hose und seinem Shirt und trat den Gang zur sonischen Dusche an – heute war er der Erste.

Auch das Frühstück war heute einfach gehalten, aber dafür hatte es Charme. Gut, stellt sich die Frage, wie ein Frühstück Charme haben kann, aber das war Daniel spätestens in dem Moment egal, als Sam ihm gegenüber saß und sich daran machte, ihr Spiegelei zu verzehren.
„Geht es dir gut?“, fragte er, während auch er sich dem Kampf mit den Nahrungsmitteln zu stellen suchte. Sie blickte ihn an, nickte, aber in ihren Augen konnte er erkennen, dass sie immer noch verletzt war. Es wunderte ihn nicht, vermutlich ging es ihm nicht anders – schließlich waren beide mit Cal befreundet gewesen.

Nach dem Essen gingen sie auf die Brücke. Sam hatte kommissarisch den Posten der XO eingenommen, Jack den des taktischen Offiziers, da Jill das Schiff momentan kommandierte. Er selbst bevorzugte es, sich in der Schiffsbibliothek zu vergraben und ein paar Blicke in die Vergangenheit zu werfen.

Es war interessant, zu lesen, was die Bibliothek so herzugeben hatte und fast hätte sich Daniel in diesen ganzen PADDs verloren, wenn – ja, wenn nicht plötzlich eine Art Windhauch durch die Bibliothek geweht wäre.
Daniel hob den Blick.
Ein Windhauch? Hier?
„Das bildest Du dir ein, Jackson.“, murmelte er und streckte seine Hand nach dem PADD, das mit „Die Religion in Mesopotamien“ beschriftet war aus, nur um im selben Moment wieder zurückzuzucken. Ihm wurde kalt und er hatte das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte.
Irgendwie spührte er einen fremden Blick auf sich, der sich in seinen Rücken brannte, wie ein Phaser. Herumwirbelnd ließ er seine Augen den ganzen Ort wahrnehmen und erstarrte.
An einem der Regale lehnte, in eine weiße Sternenflottenuniform gekleidet und bläulich leuchtend Captain Calvin Cat.
Und er grinste.

TBC

CaptainCalvinCat:
  Kapitel 20 – Enthüllungen Part 1
 
Director Leon Vance saß in seinem Sessel und schüttelte einmal mehr den Kopf.
„Seien Sie ja diplomatisch.“, hatte er dem Mann mit den eisblauen Augen gesagt, der ihm ein leicht-ironisches Lächeln geworfen und den Raum verlassen hatte, ohne ihn einer Antwort zu würdigen. So war Leroy Jethro Gibbs gewesen, so hatte man ihn gekannt. Und irgendwie hatte er sich an die Art des Marines gewöhnt – dieses Freche, dieses Unverschämte, das ihm vermutlich, wenn er an Bord eines Föderationsschiffes gewesen wäre, mindestens ein Disziplinarverfahren eingebracht hätte, hier war es geduldet worden, weil Gibbs der Mann war, der Ergebnisse brachte.

„Seien Sie ja diplomatisch“, wiederholte er jetzt für sich, in die Stille hinein und wünschte sich, die Zeit zurückdrehen zu können, wünschte sich, Gibbs den Einsatz in Dubai zu verbieten. Warum musste es ausgerechnet der NCIS sein, der dort tätig wurde? Hätte nicht auch das Stargate-Center gereicht? Schließlich war das Aufspüren verschwundener Raumschiffe deren Ressort. Oder vielleicht sollte er der Sternenflotte bescheid sagen? Aber die würden vermutlich ihm die Aufgabe übertragen, sagen „Ja, das Schiff is im Wasser – Wasser ist gleich Navy, Navy ist gleich Ihre Aufgabe“ – oder so.

Konnte dieser Tag eigentlich noch schlimmer werden? Abgesehen davon, dass sein Computer mal wieder spann und die Tastatur beschloss, ihm das große „T“ als Buchstaben beim Schreiben im Zehn-Finger-Blind-System zu verweigern und ihm erst immer ein kleines „T“ vorzusetzen? Abgesehen davon, dass er sich fragte, wie die Welthistorie weitergehen würde, ohne Gibbs, der 2045 sein Leben im heldenhaften Kampf gegen die Bösen ließ?
Abgesehen davon, dass sie jetzt vermutlich in einer parallelen Zeitlinie waren, so wie er es vor knapp zwei Jahren im Kino gesehen hatte?
Oh, er erinnerte sich daran, wie er zum ersten Mal davon erfahren hatte, dass die Abenteuer von Captain Kirk als Fernsehserie liefen, dass es um die Sternenflotte selbst ein riesiges, sogenanntes „Fandom“ gab. Es hatte ihn komplett überrascht und…

Ein Klopfen störte seine Gedanken.
„Ja!“, rief er, ein kurzes, befehlendes Bellen und fragte sich in dem Moment, ob er nicht vielleicht ein wenig zu harsch gewesen war.
„Director Vance?“
Die Stimme der Person, die da gerade in der Tür erschienen war, schien gar nicht großartig beeindruckt zu sein, hörte sich stattdessen so an, als habe sie selbst  schon viele Befehle gegeben und würde sich von niemandem „anpinkeln“ lassen.
Leon Vance schaute hoch und blickte den Mann an, der im Türrahmen stand.
„Ja, bitte?“, fragte er dann und legte den Kopf in die Andere Richtung schief, als er sah, dass dieser Mann von der Air Force stammte.
„General Hank Landry“, stellte er sich vor.
Vance nickte: „Kommen Sie rein.“

Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
Sie wollte gerade niemanden hören, niemanden sehen und sich mit niemandem beschäftigen. Es war ihr eigentlich egal, wieviele CafPOWs sie heute würde trinken müssen um wach und konzentriert zu bleiben – sie würde heute einfach nicht schlafen gehen. Nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen und über-übermorgen schon gleich zwei mal nicht. Gut, es mochte sein, dass ihre Freunde tot waren, aber wer war sie, dass sie ihnen nicht zumindest eine Beerdigung auf heimischem Grund und Boden ermöglichen würde? Abigail Sciuto ließ ihre Freunde niemals im Stich.
Schnell fuhr sie Major Massenspektrometer hoch, den sie eigentlich heute schlafen lassen wollte und der ihr die Behandlung vermutlich übel nähme. Auch den Computer und die AFIS-Datenbank nahm sie sich vor, den Gesichtsscanner und was auch immer noch in ihrem Büro hochgefahren werden musste. Ihre Freunde waren im fernen Dubai gefallen und sie würde sie wieder zurückholen.
Dazu war es nur wichtig, die…
Abbys Gedanken stockten.
„Komm schon“, schoss es ihr durch den Kopf, „Das ist nicht all zu schwer. Du hast sowas schon tausende von Malen gemacht, du kommst damit klar. Du musst nur die…“
Ja, die „was“ eigentlich?

Irgendeinen Schritt musste sie machen – irgendetwas… aber was?
Ihr Kopf meldete sich.
„Abby, Du solltest wirklich schlafen gehen.“, hörte er ihre Gedanken, formuliert in der sonoren Stimme von Leroy Jethro Gibbs und schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre Zöpfe ins Fliegen gerieten.
„Nein, nein, nein.“, sagte sie zu sich selbst und sie wusste, dass sie alleine war und dass es ihr nichts ausmachte, mit der Luft zu reden. Normalerweise bildete sich gerne ein, dass sie, wenn sie mit jemandem sprach, dieser jemand auch vorhanden war. Dieses mal war es ihr egal. Es hätte genau so gut ein kleiner Grey im Labor sein können und sagen „Ich will deinen Körper.“ – sie hätte sich ihn gepackt und ihm erzählt, was ihr gerade durch den Kopf ging.
„Ich werde euch heimholen, Gibbs, dass verspreche ich.“
Sprachs und begab sich daran, die notwendigen Erledigungen zu machen.
HA! Sie wusste wieder, was zu tun war.
Schnell begab sich die hübsche Laborgoth an ihren Computer, ihre Finger berührten die Tastatur…
Verdammt, was wollte sie noch machen?
„Du solltest schlafen.“
Erneut die Stimme von Gibbs und sie merkte, wie ihre Augen diesem Wunsch nachkamen. Schwer, bleischwer sanken sie zu und sie spürte, wie ihr Kopf dem Gewicht folgte, sich weiter nach unten neigte, ihr Kinn – ebenfalls mit Steinen gefüllt – den Rest nach unten zog, bis es fast das Tal zwischen ihren Brüsten berüh…
„WACHBLEIBEN!“
Die Stimme – ihre Eigene – hallte durch den Raum, klingelte in ihren Ohren, ihr Kopf ruckte hoch, meldete sich mit kleinen, fiesen Schmerzimpulsen und für einen Moment fühlte sie sich, als habe sie eine eiskalte Dusche genommen.
Aber eben nur einen Moment lang.
„Ich muss nur die…“, begann sie und erneut entwichen ihrem Geist die nötigen Schritte. Sie war wirklich viel zu müde – das merkte sie erst jetzt.
Vermutlich müsste sie sich doch den ersten CafPOW des Tages gönnen.

„Darf ich erfahren, was mein Anthropologe bei einer ihrer inoffiziellen Missionen im arabischen Raum zu suchen hat?“, fragte General Hank Landry und schaute den dunkelhäutigen Director des NCIS an. Dieser zuckte mit den Schultern: „Mir wurde hinterbracht, dass Sie über diesen Einsatz informiert und mit ihm einverstanden seien.“
„Mir wurde gesagt, dass Doctor Jacksons Aufgabenbereich in der Übersetzung zwischen arabischer und englischer Sprache liegt. Weswegen er sich dann allerdings mit Leroy Jethro Gibbs ein Duell liefert, das kann ich mir nicht erklären.“
Vance runzelte die Stirn. Sie hatten sich gerade die Aufzeichnungen von diesem Überwachungssatelliten angesehen, hatten gesehen, wie Gibbs und Daniel aufeinander schossen, wie der Special Agent getroffen gegen den Wagen krachte und wie Daniel von einer anderen Entladung niedergestreckt wurde – und den Director überraschte die eindeutige Kaltschnäuzigkeit seines Gegenübers.
Beinahe unwillkürlich fiel ihm dabei Luther Sloane ein, mit dem er auf der Gibbs Richtung Ewigkeitsplanet geflogen war.
„Darf ich Sie bitten, dass Sie sich respektvoll gegenüber der Verblichenen äußern?“
„Verblichene?“
Vance hob überrascht eine Augenbraue, denn Landry schien tatsächlich ein wenig verwundert, als der Director von „Verblichenen“ sprach.
„Sie wurden von Schusswaffen niedergestreckt.“, erklärte Vance, was nun zu seiner großen Überraschung einen großen Heiterkeitsausbruch bei Landry hervorrief.
„Bis gerade eben habe ich tatsächlich gedacht, dass einer meiner Leute in Dubai gefallen wäre“, erläuterte er dann und deutete auf den Bildschirm, ehe er Vance anblickte: „Ich meine, sie haben es doch gesehen, oder?“
„Was?“
„Die rötliche Energiekugel, die sowohl die Waffe ihres Special Agents und meines Anthropologen verlassen hat?“
Erneut konnte Vance fühlen, wie man ihm den Boden unter den Füßen hinwegzog.


Es war eine lange Reise von der Erde zum Ewigkeitsplaneten, aber eine, die sich lohnte. Nach einigen Tagen konnte sich Leon Vance sogar vorstellen, diesen Posten, den man ihm gerade angeboten hatte, anzunehmen und – wenn er die Theorie in Betracht zog, dass alles, was geschieht aus Vergangenheitsbezogener Sicht auch geschehen wird, weil es geschehen muss, stellte er fest, dass ihm keine andere Wahl blieb. Er war der Leon Vance, der Mann, der den NCIS in eine goldene Zeit führen sollte, der Leon Vance, der als Visionär und Vordenker in die Geschichte eingehen würde. Andererseits hielt er sich da mehr an die unsterblichen Worte von Helmut Schmidt – oder war es Harald Schmidt gewesen? – der sagte „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“
Nein, es gab keine andere Möglichkeit, Zeit blieb zwar eine Variable, aber auch eine Konstante. Was geschehen war , wird geschehen, weil es geschehen musste . Oder?



Wieso ihm gerade diese Überlegung durch den Kopf ging, wusste er nicht – er hörte nur wie beinahe betäubt zu, als Landry ihm erklärte, dass ein Intar eine kristalline Waffe war, die sämtliche gängigen Pistolen, Gewehre und wie sie alle hießen, immitieren und nachahmen konnte – dafür allerdings nur betäubten.
So wie ein Phaser. , schoss es ihm durch den Kopf.
Aber wenn das stimmte…
Vance erhob sich. Wenn das zutraf, wenn Gibbs nicht gestorben war, wenn weiterhin die Chance bestand, dass alle Gefallenen nur mit Intars beschossen worden waren, dann war die Chance groß, dass niemand von seinem Team tatsächlich gestorben war. Kurz stoppte der Direktor des NCIS und wiederholte seinen Gedankengang langsam.
Den Kopf schüttelnd stellte er fest: „Verdammt, ich habe viel zu wenig geschlafen.“
Aber dafür gab es nun auch keine Gelegenheit. Er griff nach seinem Telefon, wählte sein Vorzimmer an: „Cynthia? Buchen Sie mir bitte einen Flug nach Dubai. Muss nicht Erste Klasse sein.“
Er würde nach Dubai fliegen und er würde sein Team suchen.
Die Vergangenheit hatte gute Aussichten darauf, die Zukunft zu werden.


„Schlaf endlich.“, hörte sie innerlich die Stimme Gibbs und schüttelte erneut wild den Kopf: „Nein, ich werde nicht zulassen, dass Ihr mich… ich meine, das ich…“
Ja, was meinte sie eigentlich?
Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass ihre Sinne gerade vorhatten, ihr einen Streich zu spielen oder sie sonst wie zu foppen.
Sie spürte die kräftigen Hände Direktor Vances, die sie packten, starrte in seine braunen Augen, hörte wie er ein „gute Nachrichten, Miss Sciuto“ sagte – und hörte dann eine Weile nichts mehr.

Leroy Jethro Gibbs war mit seinem Leben eigentlich relativ zufrieden. Er hatte Rache für den Tod seiner Frau und seiner Tochter genommen, die Sache war inzwischen verjährt und man stand hinter ihm. Wenn man das ganze so schreibt, könnte man fast meinen, dass Gibbs der Bösewicht der Story wäre, aber – wir wissen, es macht ihn nur zu einem dunkleren Charakter, nicht gleich zu einem Bad Guy.

Er war ein Mann, der des Rätsels Lösung schon wusste, wenn andere noch rätselten, aber er würde niemals sein Team mit der Nase auf die Lösung stoßen. Was für einen pädagogischen Effekt hätte dies denn?
Alles in allem kann man aber sagen, dass er mit seinem Lebensstil momentan relativ zufrieden war. Sein Job machte ihm Spaß, füllte in aus, ließ ihn die Dinge so erledigen, wie er es für richtig hielt – was konnte man daran nicht mögen?

Momentan jedoch wünschte er sich, jemand anderes zu sein.
Eventuell Remington Steele, der diese ganze Situation, in der er sich befand, mit einer Menge Filmzitaten aufpeppen und auffüllen konnte. Da würde er dann jetzt sagen…
Ja, was würde er sagen?
Er war zwar nicht mehr gefesselt, befand sich aber zusammen mit einem vollkommen Bekloppten in einem Raum, der ihn zwang, sich durch diese Akten zu wühlen – und dieser rettungslos-Bescheuerte war noch nicht mal der Autor der ganzen Chose, sondern Robert Makepeace der – wie er jetzt gerade durch das Lesen der Akten erfuhr – eben nicht deshalb im Gefängnis gelandet war, geschmuggelt hatte, sondern weil er eine Reihe von Diebstählen beging, die beinahe die intergalaktische Allianz, in der sich die Erde befand (auch das war neu für Gibbs) beendete.

Robert Makepeace – nicht mehr und nicht weniger als ein einfacher Dieb?
Das mochte Gibbs gerade nicht glauben. Er erinnerte sich daran, wie er ihn kennengelernt hatte und wie er ihn noch vor ein paar Stunden bezeichnet hatte – als Mann voller Ambitionen, voller Initiative, Energie – bereit Risiken einzugehen. Und so ein Mann verstieg sich aufs Stehlen?
Der NCIS-Chefermittler, die Ermittlerlegende, der Altmeister, schüttelte den Kopf:  „Ich kann das nicht glauben – noch weniger verstehen.“
Sein Gegenüber, der Mann, der Robert Makepeace war und an der Wand gelehnt hatte, kam auf ihn zu, nahm den Klappstuhl, stellte ihn vor Gibbs – so gründlich und nachhaltig, dass der Knall von Metallstreben des Klappstuhles auf Betonboden deutlich hörbar waren und es Gibbs überraschte, dass nicht noch ein paar Funken flogen, was Pech wäre, für die Kuh Elsa – und setzte sich rittlings auf die Sitzgelegenheit. Blitze zuckten aus seinen Augen.
„Sie haben ja keine Ahnung.“, begann Makepeace leise und erhob sich dann wieder, was Gibbs dazu brachte, sich zu fragen, warum der Mann den Stuhl überhaupt geholt hatte, „Keine Ahnung, wie es da draußen, im Weltall aussieht.“
Oh, wenn Du wüsstest. , schoss es dem Chefermittler durch den Kopf, der sich allerdings hüten würde, sich zu äußern.
Stattdessen ließ er Makepeace erst einmal reden, um darüber nachzudenken, wie er aus der Situation herauskam.

„Keine Ahnung, von den Gefahren, die dort draußen lauern.“, fuhr der Colonel – oder ehemalige Colonel – fort und deutete nun auf die Decke über ihnen und damit, per Erweiterung des Fingers ins Unendliche – natürlich nur gedanklicher Erweiterung, reale Erweiterung wäre relativ schmerzhaft -  in die gestirnte Unendlichkeit des Weltenalls.
„Ich“, setzte Makepeace fort und zuckte dabei auf Gibbs zu, wobei er einen Zischlaut von sich gab, „Ich habe das alles gesehen. Goa’Uld, Re’etu-Rebellen, Pflanzen, Viren denen wir alle nichts entgegenzusetzen haben und gegen die nur fortgeschrittene Technik helfen kann. Aber – die Überlebenden der vier großen Arten – also die Asgard, Furlinger und die Nox, - sowie die Re’etu-Imperative,  die Tok’Ra und die Tollaner, waren nicht gewillt uns irgendwelche fortschrittlichen Technologien zu verkaufen. Sie berufen sich dabei darauf, dass sie sich nicht in die Belange „weniger-entwickelter“ Kulturen einmischen. Währenddessen sterben da draußen unsere Soldaten – Jack – in einem sinn- und endlosen Kampf gegen die Goa’uld oder die Ori, weil diese da keine Skrupel kennen, ihre überlegene Technologie gegen uns einzusetzen und uns damit in den Arsch zu treten.“
„Jack?“
Innerlich hob Gibbs eine Augenbraue. Wieso redete er ihn mit Jack an? Makepeace hatte eindeutig in seine Richtung geblickt und eindeutig mit dem Finger auf ihn gezeigt – er meinte ihn. Aber wieso sprach er ihn mit Jack an?
„Robert?“, setzte er an und zuckte beinahe zurück, als er sah, wie Makepeace ihn anblickte: „Komm mir nicht mit deinem ‚Wir sollten besser als das sein’-Mist, Jack. Das ist Bullshit und das weißt du auch!“
Okay, gerade wünschte er sich wirklich der wortgewandte Remington Steele zu sein, der sich jeder Situation, gleich wie kompliziert sie war, nach einer kurzen Angewöhnungsphase anpassen konnte und der sogar verkaufen könnte, dass man gegen etwas war, wobei man sich gerade noch dafür ausgesprochen hatte.
Aber andererseits – er hatte einen festen Standpunkt und er würde sich dessen nicht entledigen. So weit kam es noch.
Kurz räusperte er sich: „Fahren Sie fort, Makepeace.“
Ja, da war ein leicht-irrsinniges Funkeln in den Augen des Angesprochenen und nach dem, was er sich gerade so anhören durfte, wunderte es ihn nicht.
„Sie wissen, dass wir überlegene Technologie brauchen – und sie haben sich dem in den Weg gestellt, als wir das getan haben, was getan werden musste.“
‚ Junge, geht es vielleicht noch ein bischen kryptischer? , schoss es dem NCIS-Agenten durch den Kopf, ehe er 1 und 1 zusammenzählte. Er hatte die Diebstähle nicht im Alleingang begangen – und auch nicht aus Spaß an der Freude – sondern weil er das tat, was andere nicht tun konnten.
Gibbs schüttelte innerlich den Kopf.
Es stimmte – einerseits hatte Makepeace das getan, was er für richtig gehalten hatte, hatte seine Überzeugungen vertreten, war ihnen gefolgt und hatte – aus seiner Sicht – seinem Land, seinem ganzen, verdammten Planeten , einen riesigen Gefallen getan, während die, die sich dagegen aussprachen, nicht nur dafür gesorgt hatten, dass die Erde immer noch relativ unverteidigt darstand, sondern gleich dafür gesorgt, dass das, was Makepeace als gut und anständig erachtete, mit Füßen getreten wurde.
Allerdings – das muss man auch sagen: Wenn das, was in den Akten stand, wirklich zutraf, dann hatte er gestohlen, beinahe eine Allianz verhindert oder gestört – das heißt er war der Böse. Das alles waren zu viele Graustufen, als das man sie überblicken konnte.
Graustufen – Shades of Grey, vielleicht sogar fünfzig davon… ach was dachte er sich da wieder?

Dann öffnete sich die Tür.
Makepeace, der abgehärtete Militär, drehte sich um, nahm Haltung an und Gibbs wusste, dass jetzt die Person den Raum betreten würde, die für all dies verantwortlich war.
Und tatsächlich – sie trat langsam ein,  , mit schwingenden Hüften, betrat langsam den Raum, sodass die Lampe, die auf der anderen Seite der nun geöffneten Tür stand, nur langsam aber sicher dafür sorgte, dass ihr Körper erhellt wurde. Kurz blieb sie stehen, Füße, durchtrainierte Beine, die in einem paar kurzer Hosen steckten, bis hin zum Busen im Licht, von der Brust an bis zur Nase im Schatten und dann – ein nahezu unglaubliches Licht, das quer über die Augensektion ihres Gesichtes fiel, sodass quasi ein Schlaglicht auf die Augen gerichtet war, während der Rest im Dunkel steckte. Sie schaute ihn aus gefärhlich-funkelnden, grünen Augen an und lächelte dann zu Makepeace herüber, ehe sie anfing, mit einem gewissen Akzent, zu sprechen:  „Rooobert… wat machst Du hier?“
Der Kopf des Senior Special Agents ruckte hoch.
„Wat?“
Kurz verdammte er sich dafür, damals, als er zum Militär gegangen war, nicht auch noch einen Kurs in Sprachwissenschaften belegt zu haben, aber dieses „Wat“ klang merkwürdig. Er hatte es vor allem schon einmal gehört – und zwar immer dann, wenn er dann doch mal, entgegen aller Gewohnheiten, fern sah und irgend ein alter Kriegsfilm lief. Dieses „Wat“ erinnerte ihn sehr an einen schlecht immitierten, deutschen Akzent.

Gibbs blickte zur Drahtzieherin und erkannte das Gesicht in dem Moment, in dem sie komplett ins Licht trat. Der Senior Special Agent richtete sich auf und legte den Kopf schief.
„Sie sind auch hier?“
Sein Gegenüber lächelte, blickte dann zu Robert Makepeace und legte den Kopf schief: „Hättest Du was dagegen, uns alleine zu lassen? Ich möchte mit Special Agent Gibbs ein paar Worte plaudern.“
„Aber“, stetzte Makepeace an, „ich…“
„Rooooooooobert … gemma inne Karibbik.“
Die Worte mochte sie eventuell sogar mit einer Spur von Humor in der Stimme gesprochen haben, doch ihr Blick sagte alles andere, sodass Makepeace erbleichte und sich schleunig empfahl. Mit einem „Sie bringen meinen Fall doch noch vor, oder?“ in der Tür verschwand er und Gibbs schüttelte sachte den Kopf, ehe er sich der Frau zuwandte, die gerade eingetreten war.
„Also, wer genau sind sie?“, fragte er und sein Gegenüber lachte: „Oh, ich bin sicher, man hat schon einiges über mich herausgefunden, hm?“
„Einiges schon, aber noch nicht den Grund, warum eine Grundschullehrerin aus Minnesota einen Air Force Soldaten herumscheuchen kann, Miss Felicity Jones.“

„Jones, ja?“, fragte in diesem Moment jemand hustend vom Eingang her. Die Stimme klang alt und doch für Jethro sehr vertraut – und tatsächlich. In der Tür stand jemand. Langsam, leise hustend, und auf einen Krückstock gestützt, trat dieser Jemand ein, blickte ihn aus braunen Augen an, während sein schlohweißes, schulterlanges Haar seinen Kopf einrahmte  - wahlweise wie ein Halo oder eine Löwenmähne.
„Hallo, Jethro.“, lächelte er und setzte sich auf den Makepeace’schen Klappstuhl, „hätte nicht gedacht, dass wir uns nochmal sehen. Aber es ist schön, dass wir es tun.“
Leroy Jethro Gibbs legte den Kopf schief, hob eine Augenbraue und zuckte dann mit den Schultern: „Wenn Ihr mich so nett einladet, kann ich doch schlecht nein sagen, oder?“
„Das ist wahr, das ist wahr.“, hustete sein Gegenüber, ehe er auf Felicity deutete: „Hab ich dir schon meine Ur… Ur… frag mich nich wat Enkelin vorgestellt?“
Die hübsche Frau, deren Ähnlichkeit er jetzt tatsächlich erkannte, lächelte erst zu ihm, verbeugte sich mit einer Hand auf der Brust so tief wie es ging und es gelang ihr dabei, sogar maximalst-erhaben zu wirken, ehe der Mann mit den weißen Haaren und den Falten im Gesicht sie auf eine derart bekannte, beinahe schon jungenhafte Art angrinste, dass Gibbs gar nicht umherkam, festzustellen, dass er tatsächlich der Mann war, der er vorgab zu sein.
„Nur der Name Jones stimmt nicht so ganz.“, grinste Gibbs dann und erhob sich, „Aber eines müssen Sie mir erklären. Wieso sind Sie hier? Nein – nochbesser: Wieso sind Sie so alt, Captain Cat?“

„Mund zu, Herz wird kalt.“, grinste Ziva, als sie zu ihrem halbitalienischen Arbeitspartner herüberblickte, der gerade damit beschäftigt war „slackjawed“ zu „gawken“, wie der eine oder auch andere anglophile Mensch sagen würde – zu Deutsch, er starrte mit beinahe schon cartoonig-lächerlich herausspringenden Augen und einem Kinn, dass damit beschäftigt war, nach Erdöl zu graben, die beiden Frauen an, die ihnen da gerade zu Hilfe geeilt waren.

Tony riss seinen Blick zu ihr herum, schaute sie an und schüttelte den Kopf: „Ja, natürlich. Entschuldigung.“
Und plötzlich war es ihm wirklich peinlich, die beiden Archäologinnen so angestarrt zu haben – andererseits, wenn er bedachte, wer da vor ihm stand…
Lara Croft und Sydney Fox, die beiden Frauen, die auch schon für diverse Mode- und Männermagazine abgelichtet wurden, meistens mit der Bildunterzeile „Jetzt wird Archäologie wieder richtig scharf“ versehen, standen ihm gegenüber und zumindest die Britin aus Wimbeldon – oder war es Wembley? Tony warf die beiden Städte immer durcheinander – war mit seinem Dad bekannt. Und er hatte es nicht für nötig befunden, sie ihm vorzustellen? Natürlich nicht – warum auch. Auf seinen Siegelring, den er zum 21 Weihnachtsfest erhalten sollte, wartete er bis heute noch. Und er hörte in seinem Geiste immer wieder die wohl fadenscheinigste Entschuldigung aller Zeiten: „Man hat mir den Ring gestohlen.“

Das dezente Räuspern der hawaiianischen Schönheit – Sydney Fox, wie sich Tony erinnerte – riss ihn wieder in die Gegenwart zurück. Dann schaute er die beiden Frauen an und verschränkte die Arme vor der Brust: „Und… darf ich fragen wie Sie hergekommen sind?“
„Getaucht?“, fragte Lara lächelnd und deutete auf ihren Zopf, von dem Tony erst jetzt feststellte, dass er tropfnass war und genau das tat – nämlich tropfen.
Gleichzeitig bemerkte der Halbitaliener, dass der atemberaubende Körper der Britin in einem Taucheranzug steckte und warf einen Blick zu Sydney Fox herüber, die ebenfalls das neueste Modell aus der Reihe „Tieftauchermode für abenteuerlustige Archäologinnen“ trug , ein silbernes Neoprenimmitat, dass sich an ihren Körper schmiegte wie eine zweite Haut.
Der einzige Mann in der Runde unter Wasser lächelte. Hahn im Korb. Na das hatte doch Vorteile, oder?
Allerdings merkte er den Blick von Ziva, der sich erst in seine Seele bohrte und dann zu den anderen beiden Frauen herüberglitt.
„DiNozzo, wo denkst Du ausserdem wieder hin?“ , schalt er sich im Geist.

„Ich nehme an, ihr habt auch den Seeweg genommen?“
Die Stimme Lara Crofts wies einen starken, britischen Akzent aus und verriet darüber hinaus Neugierde. Ziva lächelte, fuhr sich durch ihre, ebenfalls feuchte Haarpracht und schob sich eine der normalerweise existenten Locken hinter ihr rechtes Ohr.
„Ja – wir… wir wollten dieses Schiff finden.“, erklärte sie und schaute die beiden Frauen an, die nun verblüfft die Augenbrauen hoben.
„Ihr kennt die Dragonfly ?“, fragte nun Sydney Fox und Ziva spürte, wie ihr Herz begann, schneller zu schlagen. Woher wussten diese beiden Archäologinnen von diesem Schiff?
„Und ihr?“
Zivas Frage war mit einem leicht-ironischen Lächeln ausgesprochen worden, „Seid ihr ebenfalls mit diesem Raumschiff vertraut?“
„Mit ihm“, beantwortete Lara nun die Frage, die ebenfalls wie ein Elefant im Raum stand, „Und mit dem ihn kommandierenden Captain.“
Und Lara begann, zu erzählen.


„Ladies, seit ihr dann mal fertig?“
Die Stimme des Mannes in der merkwürdigen Uniform, die Lara Croft zwar schon einige Male gesehen hatte, allerdings nur hinter einer Fernsehscheibe, verriet eine gewisse innere Unruhe. Die britische Archäologenlady spürte, wie die Unruhe auf sie abfärbte und gerade das konnte sie zu genau diesem Zeitpunkt nicht gebrauchen. Sie atmete tief durch,  ihr Odem passierte ihre vollen Lippen, während sie ihre braunen Augen kurz schloss, ehe sie sie wieder öffnete und weiter mit dem Pinsel die Erde bearbeitete, die sie vor sich hatte.  Neben ihr, in einem Top und Hotpants, Sydney Fox, die sich mit einem Archäologensieb daran machte, den Sand durch die Maschen rinnen zu lassen, auf dass irgendwas von Wert sichtbar wurde.
„Cal.“, hörte sie sich selbst sagen, legte den Pinsel zur Seite und wandte sich dem Captain der Sternenflotte zu, „Ich weiß, Du willst hier schnellstens wieder weg, aber – wir haben hier gerade den Durchbruch erzielt. Wir brauchen noch ein Weilchen.“
Diesem Satz setzte sie ein charmantes Lächeln zu und wandte sich wieder ihrer Arbeit entgegen. Das blaue Augenpaar Daniel Jacksons fixierte sie, sie hob den Kopf und zwinkerte ihm zu. Dieser nickte: „Militärs. Ich weiß genau was Du meinst, Lara.“

Damit versank die Angesprochene wieder in ihrer Arbeit, von der sie immer wieder fand, dass sie etwas zutiefst meditatives hatte. Sand sieben, Fundstücke mit dem Pinsel bearbeiten, zur Seite legen, ein Foto machen, Sand sieben, Fundstücke mit dem Pinsel bearbeiten, zur Seite legen, ein Foto machen, Sand sieben… irgendwann wurde die Arbeit monoton und Lara lief auf Autopilot. Diese Zeit nutzte sie, um ihre Gedanken schweifen zu lassen, über Aufbau und Struktur von den Vorträgen nachzudenken, die sie am Trinity-College halten wollte oder welchen Auftrag sie nach dieser Expedition annehmen sollte.

„Captain?“, riss sie das Knacken aus dem Funkgerät aus ihren Gedanken und sie hörte, wie der junge Mann neben ihr sich räusperte: „Ja, Colonel?“
„Erinnern Sie sich noch daran, dass ich Ihnen sagte, sie sollen sich bei diesem Tempel beeilen, wir wollten dort weg sein, ehe die ankommen, die dort angebetet werden?“
Lara gefiel die Richtung, die das Gespräch nahm, gar nicht und als sie den Sternenflottenoffizier neben sich unbehaglich schlucken hörte, wusste sie auch gleich, wieso.
„Lassen Sie mich raten“, murmelte der Captain in seinen nicht vorhandenen Bart, „Die Worshippees sind auf dem Weg?“
Kurz wart es Stille im Funk. Dann hörten sie das leise, geraunte Flüstern des Mannes mit dem Minnesota-Akzent: „Bestätigt. Wir sehen hier Bewegungen an der Baumlinie.“
Die braunen Augen Laras fanden sich von den Augen Cals angeblickt: „Packt zusammen – die Goa’uld kommen.“


Ziva hob den Kopf.
„Die Goa’uld?“
Sydney nickte: „Ja – wir waren mitten in ihrem Feindesgebiet, auf P5C-629 und…“

Feuer loderte um sie herum auf.
Sydney Fox duckte sich unter dem energetischen Rotationsellipsoiden, der deutlich ihrer Brust gegolten hatte, hinfort und warf sich im nächsten Moment in Deckung. Kurz hob sie den Kopf, um einen Blick auf ihren Gegner zu werfen, der ihr gerade wie eine kranke Mischung aus mittelalterlichem Ritter, etwa dem „dollen Jobst von Schloss Strünkede“ und einem Falken vorkam, nach dem Helm zu urteilen. Und dieser Falke sah sich gerade mit einem wild nach vorn preschenden Starfleetcaptain konfrontiert, der mit einem Kampfschrei losstürzte und mit einem gezielten Schlag den Bauch des Gegners bearbeitete – nur um seine Faust mit schmerzverzerrtem Gesicht von der Stelle zu nehmen, gegen die er gerade geschlagen hatte, angehoben zu werden und neben ihr, Sydney, zu landen.
Er rappelte sich auf, blickte sie an – sie konnte in seinen braunen Augen deutlich Schmerz funkeln sehen, als er seine Hand probehalber bewegte.
„Sind Sie in Ordnung?“, fragte Syndey, musste gegen das Gefauche der Waffen anschreien, die ihre Gegner da abfeuerten.
Ihr Gegenüber nickte – immer noch brannte Schmerz in seinen Augen – ehe er seinen Phaser hob: „Nichts, was Janet Fraiser nicht heilen könnte.“
Damit rollte er sich auf den Bauch, warf einen Blick über die zerstörte Mauer, die ihnen als Deckung galt und versuchte – so glaubte sie – die Entfernung abzuschätzen.
Kurz warf er noch einen Blick auf den reglos daliegenden Archäologen, neben dem sich gerade Lara aufrichtete: „Wie geht’s Daniel?“
„Von dieser Laserwaffe betäubt.“, rief Croft ihm entgegen, der nickte und ein „Die heißen Zat!“ von sich gab, ehe er sich wieder dem Soldaten, einem „Jaffa“, wie sie in der Missionsbesprechung gehört hatte, zuwandte.
„Und?“, grinste er dann, stellte an seiner Waffe etwas ein und blickte dann zu ihr herüber: „Haben Sie sich ihre erste Ausgrabung auf einem anderen Planeten so vorgestellt?“
Ein Lächeln schlich über ihre vollen Lippen: „Wenn ich ehrlich bin – es überrascht mich wenig.“

„Lass mich mal machen.“
Lara Croft zog ihre beiden Pistolen, begann, dem Gegner ein paar feurige Grüße entgegen zu schicken und duckte sich dann, als dieser das Feuer erwiderte. Der orangene Widerschein des Waffenfeuers erhellte ihr Gesicht und zeigte, dass sie – trotz ihrer oberflächlichen Selbstsicherheit – arge Zweifel daran hatte, ob sie aus dieser Situation herauskämen.
„Lara!“
Sydney sah, wie der Captain sich neben ihr aus seiner Deckung erhob, den Phaser auf den Gegner richtete und ihn unter Feuer nahm, währenddessen er versuchte, in die Nähe der Lady zu kommen.
Der Soldat, gegen den sie kämpften, schien dem Phaserstrahl zwar relativ wenig entgegenzusetzen zu haben, allerdings wurde er gleich durch einen weiteren Ritter-Falken-Typen ersetzt, der in irgendeiner fremdartigen Sprache etwas sagte. Entweder gab er Befehle von sich oder versuchte, zu verhandeln.
Dem gegenüber stand jedoch die gezückte Waffe, die Sydney Fox an einen der Stäbe erinnerte, die sie im tiefsten Ägypten während einer ihrer Expeditionen gefunden hatte.
Cal war inzwischen bei Lady Croft angekommen, warf sich in Deckung, rappelte sich dann hoch und begann in kurzen Intervallen Phaserschüsse auf den Soldaten abzugeben.
„MISS FOX!“, brüllte er, „Kommen Sie her!“
Irgendwie war das ein sehr verführerischer Gedanke.
Dann begann das Konzert.

Stabwaffensalven erklangen wuchtig und mit großem Getöse, während über ihnen – über der Wolkendecke des Planeten ein lautes Fauchen verriet, dass etwas – Sydney wusste nicht so ganz was – sich ihrer Position näherte. Phasersalven sangen in einem hohen Ton, zischten über sie hinweg, während ihre Füße rhythmisch auf den Boden hämmerten und sie weitertrugen.
Und wenn sie in die braunen Augen des Sternenflottenoffiziers blickte, wusste er, was dieses Geräusch verursachte und schien panisch zu sein. Dann stieß es durch die Wolkendecke.
„TODESGLEITER!“, schrie Cal, warf sich herum, riss seinen Phaser hoch und feuerte. Die Energie zerbarst an dem Gefährt, ohne nennenswerten Schaden zu hinterlassen.


„Und wie habt Ihr euch kennen gelernt?“, fragte sie attraktive Israeli
Die „Tomb Raider“in lächelte Ziva zu, klopfte ihr kameradschaftlich auf die Schulter: „Das erzähl ich euch gleich. Erstmal müssen…“
„Lara, bitte melden.“, unterbrach eine Stimme die attraktive Britin, die mit den Augen rollte und nach ihrem Funkgerät griff: „Ja, Zip, wir sind sicher angekommen und machen uns gleich auf den Weg. Aber wir haben jemanden gefunden.“
Damit reichte sie das Funkgerät an Ziva weiter, die grinste: „Hey, Zip. Schön mal wieder von dir zu hören.“
„Z… Ziva?“, erklang die britische Stimme eines Mannes und Tony hob verwundert den Kopf. Die hübsche Israeli wandte sich him zu, schenkte ihm ein Zwinkern und ein Lächeln und sagte dann: „Lara und Zip haben mal in Israel gegraben, so wie Sydney und Nigel.“
Dann aktivierte sie das Funkgerät: „Ist eigentlich auch Nigel bei dir?“
Eine weitere britische Stimme begann, zu sprechen: „Hey, schön dich zu hören, Ziva.“
Das Grinsen Zivas wurde breiter: „Wenn wir hier rauskommen, lade…“
Weiter kam sie nicht, denn plötzlich war Tony bei ihr, presste ihr die Hand auf den Mund und schaute sie mit einem scharfen, eindringlichen SHHHT-Laut an.
„Niemals sagen, was du machen würdest, wenn du hier rauskommst. Das ist doch die erste Regel des Filmes.“, zischte er ihr zu und sah dann, dass Lara ihre beiden Pistolen auf ihn gerichtet hatte.
Über die Mündung zu ihm blickend, lächelte sie: „Tony DiNozzo – kann es sein, dass Sie mit Captain Cat verwandt sind?“

„Wieso?“
Irgendwie hatte Tony das Gefühl, gerade etwas ziemlich unintelligentes gesagt zu haben, aber – er und Cal verwandt? Nein, das konnte er sich so nicht vorstellen. Und überhaupt – Ziva und die Männer von Sydney und Lara… wo kam er denn da hin?
Irgendwie spürte er gerade eine leichte Eifersucht in sich aufsteigen, wenngleich der rationale Teil von ihm sagte, dass es dazu keinen Grund gab. Ziva liebte ihn – dessen war er sich sicher.
Sydney hob den Blick, legte den Kopf schief und lächelte.
„Könnte aber auch Verwandtschaft von Nigel sein – aber Cal und Nigel sind sich ja streckenweise auch sehr ähnlich.“, sagte sie, ehe Ziva die hübsche Hawaiianerin wieder anblickte: „Ihr wolltet uns erzählen, wie ihr euch kennengelernt habt.“
Erneut quäkte das Funkgerät, das offenbar das Drehbuch gelesen hatte, auf: „Lara, Sydney, Ziva? Wir haben die Koordinaten eures Schatzes herausgearbeitet und schicken es auf dein Navigationsgerät, Lara.“
„Danke, Zip.“, lächelte die hübsche Tomb-Raiderin und schaute dann zu ihrer Kollegin, der Relic Hunterin: „Möchtest Du es erzählen?“
„Gerne.“


Sie hätte nicht gedacht, dass dieser Tag, dieser 15. März, so interessant werden würde. Betrachtete man allerdings das Datum – 15. März, die Iden des März, der Tag, an dem Brutus zusammen mit anderen Mitverschwörern Gaius Julius Cäsar auflauerten und ihn mit 42 Messerstichen eliminierten -  hätte man allerdings drauf kommen können, dass es kein allzu gewöhnlicher Tag werden würde.
Noch lief allerdings alles seinen normalen Gang. Sie hatte sich in ihrem Büro einen Kaffee gegönnt, las noch einmal im Plan nach, was sie ihren wissbegierigen, jungen Studenten heute beizubringen hatte, als es plötzlich in der Tür klopfte und Nigel sie aus braunen Augen anblickte: „Syd? Du sollst zum Dekan kommen.“
Verblüfft runzelte sie die Augenbrauen. Was konnte Dekan Meyers von ihr wollen? Lag es etwa an ihrer letzten Expedition, die sie ins tiefe Ägypten geführt und von der sie mit einer Vase wiedergekehrt war, die alles, was es bisher zu glauben galt, auf den Kopf stellte?
Sie wusste es nicht, folgte aber der Bitte ihres Vorgesetzten.

Nachdem sie an der Tür geklopft hatte, betrat sie das Büro und sah sich – zu ihrer Überraschung – nicht nur mit dem Dekan konfrontiert, sondern auch mit ihrem Doktorvater, der sie aus lebenslustig-funkelnden Augen anblickte, ihr zuzwinkerte und mit einer kehlig-klingenden Stimme ein „Setz Dich doch“ sprach, wobei er auf den gepolsterten Sessel deutete, der vor ihm stand.
Wieso war ihr Doktorvater hier? Es war ja nun nicht so, als habe sie unsauber zitiert oder abgeschrieben und man würde ihr ihre Dissertation aberkennen. Sie konnte sich die Augenbrauen heben fühlen, trat auf den Sessel zu und ließ sich nieder.
Professor Henry ‚Indiana’ Jones Junior lächelte ihr zu.
„Schön, dich zu sehen, Syd.“, sagte er. Da sie nicht wusste, wie sie auf den alten Fuchs reagieren sollte, zuckte sie mit den Schultern, lächelte – wie sie hoffte – so ehrlich, wie es ihr gerade möglich war, zurück, stand dann auf und nahm ihn in den Arm.
Sich lösend, ließ sie sich wieder in den Sessel fallen: „Professor Jones?“
„Indy. Bitte, ich bestehe drauf.“
„Gut“, zuckte Sydney mit den Schultern, „Indy – wie kann ich Dir helfen?“
Das Professor Jones nicht mehr der jüngste war, war allgemein bekannt. Doch jetzt ergriffen ungeahnte Lebensgeister Besitz von ihm. Er stand auf – tatsächlich, ohne sich auf irgendwas zu stützen – und ging langsam, aber sicher, einen Schritt vor den nächsten setzend, auf den Schreibtisch des Dekans zu, der ihn verblüfft anblickte: „Professor, hätten Sie doch was gesagt. Ich hätte ihnen den…“
„Ich bin kein Krüppel, Phil!“
Dieser Satz wurde mit einer solchen Schärfe gesprochen, dass Dekan Meyer es nicht wagte, ihm zu widersprechen.
Sydney kannte diesen Tonfall sehr, sehr gut. Obwohl Indiana Jones durch die ganze Welt gereist war, Artefakte um Artefakte heimgebracht hatte, war er – was die Mitarbeit in seinem Studienfach anging – geradezu erschreckend konservativ. Oder besser: Man durfte schon seine Meinung sagen – wenn sie allerdings nicht zu der des Professors passte, konnte es passieren, dass man angeblafft wurde. So war es ihr und ihrer besten Freundin und „Dormmate“ Lady Lara Croft hin und wieder ergangen und es leuchtete ihr ein, dass sich Lara diesem Druck nicht unterwerfen wollte. Dazu war sie viel zu sehr Freigeist und da kam ihr der Deutsche Werner von Croy gerade recht, der sie unter seine Fittiche nahm.
Sydney Fox blieb am College, promovierte unter den strengen Augen Henry Jones Junior und übernahm später seinen Posten und – mehr oder weniger symbolisch – sogar die Peitsche.

Als Indy zurückkam, hielt er einen Kristalltotenschädel in der Hand.
Sydney betrachtete das Ding, zuckte mit den Schultern und sagte: „Einer der zwölf Kristalltotenschädel der Mayas?“
Kaum, dass sie dies gesagt hatte, konnte sie in Indys Gesichtsausdrücken eine Veränderung erkennen, ein nuanciertes Mimenspiel, als würde er in Gedanken etwas durchleben, das er am Liebsten niemandem erzählen wollte.
„Mehr oder weniger. Gefunden in Belize von einem engen Freund von mir.“
Sydneys Kopf ruckte hoch.
„Doktor Nicolas Ballard?“, fragte sie und Jones nickte. Sie kannte die Geschichte, wusste, dass Ballard nach dem Fund des Schädels als Verrückt abgestempelt wurden war und, dass er vor einigen Tagen aus dem Sanatorium, in dem er sich befunden hatte, entlassen worden war.
Verblüffenderweise auf Geheiß seines Enkelsohnes – der, genau wie sein Großvater, in der Welt der Archäologen über Nacht zur Persona non grata wurde.
Als Syd hinter sich ein Räuspern hörte, drehte sie sich um und sah in die babyblauen Augen des Mannes, der Doktor Ballard aus dem Sanatorium geholt hatte. Doktor Daniel Jackson – der gerade den Raum zusammen mit Lara Croft betreten hatte.
Kurz blickten die beiden Archäologinnen einander an, Syd nickte ihrer besten Freundin zu, was diese mit einem kaum wahrnehmbaren Zwinkern quittierte.
Dann wandte sich Sydney an Daniel, schaute ihn kurz von oben bis unten an, streckte dann die Hand aus und sagte „Doktor Jackson – ihr Ruf eilt Ihnen voraus.“
„Ja, was das angeht…“, setzte Daniel an und schien etwas sagen zu wollen, schwieg jedoch, als er aus dem Büro der Dekanssekretärin eine empörte Frauenstimme hörte, die ein „Ohne Termin kann ich sie nicht durchlassen!“ von sich gab, ehe sich die Tür erneut öffnete und eine wunderschöne Blonde, ein grauhaariger, beinahe schon gelangweilt dreinblickender Kerl, ein hochgewachsener Afroamerikaner mit einer Fedora auf dem Kopf, sowie ein freundlich, aber nicht wirklich intelligent wirkender Mann mit militärischem Bürstenschnitt im Raum standen.
Der junge Mann blickte zu ihr herüber, nickte kurz, ehe er sich an Daniel widmete: „Haben wir es dann?“



„SG-1 ist echt in kompletter Kompaniestärke bei Dir aufgetaucht?“
Ziva wusste nicht so ganz, ob das nun Verblüffung war, die sie empfand oder der Gedanke „Das war mir irgendwie so klar“ durch ihr Denkstübchen spukte. Sie waren auf dem Weg zu – was auch immer – und die Israeli kam nicht umher, festzustellen, dass die Dragonfly irgendwie ramponiert wirkte.
„Ich sag dir, so war das.“, grinste Sydney und warf einen Blick zu Lara, die auf ihr Navigationsgerät sah und dann ebenfalls lächelte: „Am Anfang hielt ich ihn ja für einen verrückten Cosplayer. Für einen totalen Spinner – wie er auf mich zukam, mir zunickte, seine klar-als-solche-erkennbare Spielzeugpistole hob und mit diesem optimistischen Grinsen sagte ‚Keine Sorge, Lady Croft. Kommen auch bessere Zeiten.’“
„Ein Cosplayer?“
Die Stimme des Halbitalieners verriet eine gewisse Ratlosigkeit und er blickte zu Ziva herüber, die ihn anlächelte.
„Ein Cosplayer, mein kleiner Pelzarsch“, setzte sie zur Erklärung an, „ist jemand, der sich auf einer Convention verkleidet und für die Dauer dieser Convention oder auch nur die Dauer eines Auftrittes eine bestimmte Rolle spielt.“, ehe sie sich dann an Sydney und Lara wandte: „Weswegen seid Ihr nun eigentlich hier?“
Lara lachte: „Oh – wir suchen nur nach dem Captain oder der XO – nach irgendwas, das uns helfen kann, die Dragonfly zu heben.“

So langsam aber sicher fragte sich der nicht-mehr-Special-Agent-Timothy-Mc-Gee-der-eigentlich-Timothy-Hansen-hieß, ob er durchdrehte. Eigentlich war für ihn alles klar – er hatte genug schlechte Star Trek Episoden gesehen und wusste , dass er sich nur in einem Holodeck befinden konnte . Dabei musste es sich aber um ein sehr fortschrittliches Holodeck-System handeln, wenn es ihm eine so detaillierte und vor allem so persönliche Situation vorspiegeln konnte.
Kurz hielt er inne.
Das Geplapper um ihn herum, der falsche Hochzeitsempfang der vom falschen Tony Senior falsch finanziert und vom falschen Tony Junior falsch zelebriert wurde, den er im falschen Adams House mit seiner falschen Frau abhielt – wenn er so darüber nachdachte, klang das fast ein wenig paranoid – trat in den Hintergrund und er begann, eine Faktensammlung anzulegen.
Was wusste er?

Eigentlich nicht viel – um ihn herum reagierte jeder so, wie man es in einem schlechten Psychothriller erwartete. Man gab sich ausgesprochen ausgelassen – wie es der Situation wohl auch in der Realität geschuldet wäre – aber er hatte das Gefühl, dass, wenn er nach den Ereignissen die zu dieser Situation führten, fragen würde, keine zufriedenstellende Antwort bekäme.
Es war für McGee eigentlich sowieso klar, dass er in dieser Traumwelt, die ihm wer-auch-immer anbot nicht all zu lange verweilen würde können und der im Türrahmen stehende, ihn warnend anblickende Leroy Jethro Gibbs war ein mehr als nur deutliches Zeichen.  Er musste aufwachen, so sehr ihn das auch schmerzte. Wenn er ehrlich war gefiel ihm diese Traumwelt, die ihn zusammen mit Jessica Hanson als Bräutigam und Braut platzierte. Das hatte doch wirklich was Schönes, aber -  leider, leider – war das alles nur ein Traum.
Und Träume sind Schäume und mussten enden, platzen wie Seifenblasen, die auf Schaumkronen tanzten. Es gab keinen anderen Ausweg.
Also holte er tief Luft, wandte sich an seine ihm-doch-nicht-angetraute-weil-nicht-reale-Ehefrau, küsste sie auf die vollen Lippen, was von anderen genau-so-wenig-realen Zuschauern mit einem großen Gejohle und einem Riesen-Hallo kommentiert wurde, erhob und verneigte sich formvollendet, ehe er in die falschen, hübschen blauen Augen Jessicas blickte.
„Schatz“, sagte er und lächelte sie an, „Ich muss dich jetzt verlassen.“

Wer auch immer für die Programmierung des Holodecks zuständig war – er wusste, wie man mit Frauen sprach, wie Frauen reagierten, was man von McGee nicht behaupten konnte.
Für einen Mann, der sein Brot mit Fallermittlungen verdingte, war das eigentlich kein Problem. Für einen Mann, der seinen Brotaufstrich jedoch damit verdiente, als Autor die richtigen Worte zu finden, ist dies schon peinlich. Andererseits ist es ja nicht gegeben, dass derjenige, der von Berufswegen Worte verwendet um sie in gut klingende Satzkonstrukte (möglicherweise gar noch mit Inhalt gefüllt) zu metamorphieren, in spontanen ad hoc Unterhaltungen ein ebensolches Musterbeispiel an Eloquenz und Esprit ist. McGee war jetzt wortfindungstechnisch kein Stümper, den genialen Formulierungskonstrukten eines Thom E. Gemcity hatte er jedoch wenig entgegenzusetzen.
Dass Timothy Hansen-oder-Nicht-Hansen nun mit Anlauf und Füße voraus in das größte Fettnäpfchen gesprungen war, dass da so rumstand, dürfte klar sein und auch, wie die Ehefrau, die Verwandtschaft und die Bekanntschaft auf diesen Satz reagierte.
Erst legte sich Stille über den Saal wie ein Leichentuch, dessen Bleiche mit der Haut der guten Jessica konkurieren konnte,  Tim spürte die Blicke des gesamten Saales – ach was -  von ganz D.C. auf sich ruhen, ehe er schluckte und ein „Ich muss auf… ich muss wohin.“ stammelte, dass seine Wirkung, ein erleichtertes, lauthalses Lachen nicht verfehlte.
Jessicas Haut, die in ihrem Kleid mehr als deutlich zu sehen war, gewann merklich an Farbe zurück, in ihren Augen funkelte eine leise, nicht ganz ernst gemeinte, Drohung aus der Schiene „Komm Du mir erst mal nach Hause“, dann entließ sie ihn mit einem ebenso gütigen, wie erhabenen, Nicken.
Und gerade, als er die Tür zur Eingangshalle erreicht hatte, von wo aus er eigentlich in „sein Zimmer“ gehen wollte und sich nach eventuellen Hinweisen, dass hier gerade ein Betrug in ganz großem Stil vor sich ging, dass er in einem Holodeck war und nur noch keine Möglichkeit gefunden hatte, es abzuschalten, sah er, wie sich Tony DiNozzo Junior erhob und auf ihn zukam.
Großartig.

Das Einzige, was er jetzt nicht gebrauchen konnte, war eine Unterhaltung mit einem Tony DiNozzo Junior, der sich so verhielt wie der echte, von dem er – McGee -  aber sicher war, dass er eine Kopie, ein Hologramm war, dafür aber nicht bereit war, sein komplettes 13. Jahresgehalt zu verwetten und das Bedürfnis zu befriedigen, das er schon seit Jahren spürte, wenn er Tony sah – den Wunsch, etwas mit ihm zu tun, das komplett abseits jeglicher Regeln war und – bevor die Tony/McGee-Shipper hier jubeln – ich spreche von dem Wunsch, dem Halbitaliener eine reinzuhauen.
Aber  - DiNozzo Junior hielt Kurs auf ihn, nickte unterschiedlichen Personen, die sie beide kannten, freundlich zu, sagte Gemeinplätze wie „Wir müssen uns gleich weiter unterhalten, aber ich muss mich jetzt mal um den Bräutigam kümmern“ und war schließlich bei ihm angekommen.
Toll – jetzt stand halt wirklich nur noch der Gang zur Toilette an.

Tony stand am Urinal, er selbst hatte sich in eine der Kabinen verzogen. Bald würde es kommen – bald würde dieses Gespräch…
„Du scheinst nicht begeistert von deiner Hochzeit zu sein.“
Japp, da war der Gesprächsanfang. McGee fluchte in Gedanken. Er hätte in dieser Traumwelt lieber Lotto spielen sollen.
„Das ist es nicht.“, sagte er und hoffte – betete – dass der falsche Tony ihn in Ruhe lassen würde, obschon er wusste, dass genau das nicht eintreten würde.
Und es trat nicht ein.
„Deine Gattin-Gemahlin ist eine wunderschöne Frau.“, hörte er die Stimme DiNozzo Juniors und rollte mit den Augen. Gattin-Gemahlin? Verwendet diese Worte heute überhaupt noch jemand? Und wenn er als Autor das nicht wusste…
„Ich weiß.“, erwiderte er und es war ihm eigentlich egal, ob Tony nun real oder irreal war – eigentlich wollte er weg und fragte sich, ob es einen Weg gab, sich aus dieser Nummer herauszustehlen. Und wenn er ganz ehrlich war, fragte er sich, wo genau diese Einstellung herkam? Brauchte er tatsächlich nur das Bild eines mürrisch-warnend dreinblickenden Leroy Jethro Gibbs, der eigentlich schon tot sein sollte, damit er das, was er vor sich sah, als irreal abstempelte? War er so versessen darauf, tatsächlich unglücklich zu sein?
Hier – wenn diese Welt real war – hatte er Freunde, die für ihn ein großartiges, gigantisches Hochzeitsfest ausgerichtet hatten. In dieser anderen Welt hatte man ihm gerade in den Kopf geschossen und das konnte er eigentlich nicht überlebt haben. Vielleicht ging es ihm auch wie DCI Alex „Schampusschlüpfer“ Drake aus der britischen Serie „Ashes to Ashes – Zurück in die 80er“? Vielleicht war die Kugel in seinen Kopf eingedrungen und er war zwischen Leben und Tod gefangen? Vielleicht war dies auch seine Belohnung, sein Himmel dafür, dass er immer sein Bestes gegeben und Recht und Ordnung verteidigt hatte?
Wer war er, dass er sich gegen eine so übermächtige Realitätsimmitation auflehnte, die eventuell sogar realer war, als die Realität?

„Machen wir doch mal eine Faktensammlung.“, murmelte er, was von Tony mit einem verblüfften „Was?“ quittiert wurde.
„Nicht wichtig.“, rief der Informatikfachmann zurück, „Wenn Du mich bitte jetzt allein lassen würdest? Ich bin gleich fertig.“
Ein paar Schritte, die verstummten, später, legte McGee den Kopf schief.
Machen wir den Überschlag.
Was steht auf der Pro-Seite, was ist in der Contra-Abteilung vorzufinden?
Dafür, dass dies die Realität war, sprach eigentlich recht wenig – um genau zu sein: Fast gar nichts.
Was bedeutete dies im Umkehrschluss? Die Beweislast, dass sich McGee in einer Umgebung befand, die mit der Realität, wie er sie kannte, nicht viel gemein hatte, war überwiegend und erdrückend.
Hier war er mit dieser wunderschönen Frau verheiratet, wieder zurück in Washington und hatte die, die er schon lange nicht mehr gesehen hatte, getroffen – hauptsächlich seinen Onkel Jack McGee, den alle als Spinner abgetan hatten.
Das war doch eigentlich typisch für solche Geschichten, die davon handeln, dass jemand aus der rosa-roten Fantasiewelt wieder in die harsche und grimme Realität zurückkehren sollte.
McGee seufzte und zuckte zusammen, als es an die Toilettentür klopfte.
„Ich bin gleich fertig!“, rief er und dachte im selben Moment, dass dies wohl die blödesten letzten Worte gewesen wären, wenn ihn jemand auf dem Gewissen zu haben plante.
Dafür gab es aber keinen Hinweis.
Seufzend betätigte er die Spülung, öffnete die Tür und blickte in die eisblauen Augen Gibbs.
„Wach auf, Tim.“, sagte er nur, berührte seine Stirn und…

Timothy McGee schreckte hoch.
In was er sich befand, konnte er gar nicht beschreiben, es erinnerte ihn an eine Art Mischund aus „Sessel“ und „im 45 Grad Winkel stehende Trage“, aus der – und hier klang es fast wie in einem dieser sehr merkwürdigen Animes – eine Art Tentakel herauswucherten, ihn festgeschnallt hatten und sich nun zurückzogen. Seine Schläfen pochten und er setzte all seine Kraft ein, um von diesem Ding wegzukommen. Er sprang, taumelte, strauchelte, schlug hart auf und blinzelte. Desorientierung machte sich in ihm breit, als er sich aufrichtete und versuchte, herauszufinden wo er war. Er merkte wie ihm übel wurde und konnte nicht verhindern, dass die Natur ihr Recht forderte. Ein Mülleimer wurde ihm hingehalten, den er dankbar verwendete, ehe er die Person anblickte, die ihm den Eimer hingehalten hatte.
Gibbs legte den Kopf schief, hielt ihm die Hand hin und sagte: „Dann komm mal hoch, McGee.“

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln