(ich poste hier meinen Kommentar von TN auch nochmal, ich hoffe, das ist okay)
Den Rest habe ich jetzt leider doch am Stück und ohne Notizen gelesen, daher bin ich mir sicher, dass ich das eine oder andere, was mir beim Lesen erwähnenswert gewesen war, vergesse. Ich versuche das Ganze wieder spoilerfrei zu halten, daher entschuldige ich mich schon einmal für eventuell seltsame Formulierungen

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Alleine der Umstand, dass ich ein 500-Seiten-Werk in etwa 3 Tagen gelesen habe, sagt wahrscheinlich schon etwas darüber aus, wie ich mich unterhalten habe

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Kurz vorweg der eine Punkt, der mir nicht so gut gefallen hat, dann geht es ans Schwärmen. Es gibt eine Stelle, die in klassischer Böser-Schurke-erzählt-dem-Tode-geweihten-Opfern-haarklein-den-Plan-zur-Weltherrschaft-Manier geschrieben ist. Da legte sich bei mir die Stirn ein wenig in Falten, denn ich bekomme das Gefühl nicht los, dass man das auf spannendere Weise und in kleineren Häppchen hätte an den Leser bringen können.
Davon abgesehen hat mir der Roman in Aufbau, Handlung und Charakterhandhabung sehr gut gefallen.
Dass in Star Trek immer auch Platz für das Mystische ist, hat DS9 mit der Einführung der bajoranischen Religion eindrucksvoll gezeigt. MFB nutzt hier ebenfalls die Verquickung von harter SF und mystischer Grenzerfahrung, indem er sich der klingonischen Kahless-Legende und der Sto'Vo'Kor Vorstellung annimmt. Diese Kombination ist in meinen Augen sehr gut gelungen und hat es sogar geschafft, dass ich klingonische Passagen mit Interesse gelesen habe, obwohl mich alles Klingonische normalerweise zum Vorscrollen reizt.
Damit jeder der Hauptcharaktere aus ENT seine Auftritte bekommt, hat der Autor die Handlung in mehrere Stränge geteilt, die parallel laufen und sich am Ende in ein großes Ganzes verweben. T'Pol und Phlox kommen bei einer Reise über mehrere Welten einem medizinischen Komplott auf die Spur, Tucker und Reed müssen sich, auf einem Planeten alleine zurückgelassen, auf höchst unkonventionelle Weise nach Kronos durchschlagen. Und Archer versucht mit der Hilfe von Sato, Mayweather und einer mitgenommenen NX-01 die Koalitionswelten vor der nächsten Katastrophe zu retten.
Diese Aufteilung der Hauptcharaktere ist ausgezeichnet gelungen. Besonders Tucker und Reed haben sehr schöne Momente, die auch das Innenleben der beiden beleuchten, während Reed versucht, seinem Freund in einer Entscheidung beizustehen, die nicht weniger als Leben oder Tod für den Chefingenieur bedeutet.
Sehr gut getroffen ist für mich auch Phlox, den es ein paar Mal aus seiner ärztlichen Komfort-Zone reißt, wenn er sowohl auf ethischer als auch auf rein physischer Ebene Dinge tun muss, die er sonst nie getan hätte. Bei T'Pol betont der Autor vor allem den Umstand, dass die Vulkanierin nicht mehr so gut mit der Unterdrückung ihrer Emotionen umgehen kann. Das ist in der Serie angeklungen und wird hier weiter ausgeführt, als sie sich mit einem Kapitel ihrer Vergangenheit konfrontiert sieht, das sie lieber vergessen hätte. An manchen Stellen sind mir T'Pols Gefühlsausbrüche ein wenig zu heftig, aber das macht nur eine verschwindend geringe Zahl an Szenen aus. Insgesamt finde ich es schön, dass sich der Autor für den Weg entschieden hat, dass T'Pol und Tucker nicht einen Schnitt in ihrer Beziehung setzen, sondern es gewagt haben, dazu zu stehen. Es gibt zwar ganz wenige Szenen mit den beiden Charakteren zusammen, aber die Verbundenheit wird demonstriert (und so etwas brauch ich für's Herz

).
Sato bekommt ebenfalls ihren großen Moment, wenn sie sich als stellvertretender Captain einer Enterung der Enterprise gegenübersieht und ihre Frau stehen muss (was sie schmerzhafter Weise drei Zähne kostet, bei denen ich ganz schön mitgelitten habe).
Auch auf der klingonischen Seite laufen Handlungsstränge parallel. Es geht um eine Neuordnung des klingonischen Reichs, die nach außen hin eine positive Entwicklung sowohl für die Klingonen selbst als auch für das Verhältnis des Reiches zu den Koalitionswelten darstellt. Ein Nachfahre Kahless besteigt den Thron, von den Tränenhütern als rechtmäßiger Erbe identifiziert, und eint die "reinen" Klingonen sowie diejenigen, die durch die Augment-DNA vermenschlicht wurden. Ebenso beginnt das klingonische Reich friedlich mit den Nachbarsystemen zu interagieren und Hilfe zu leisten. Aber natürlich klingt das alles zu schön, um wahr zu sein.
Diese Anpassung des klingonischen Aussehens an die TOS-Klingonen - eine Idee, die ich in der Serie ENT ehrlich gesagt für komplett schwachsinnig halte - passt bei MFB sehr gut in die Handlung und ermöglicht einen tiefgreifenden Coup.
Da MFB gerne die Plotlöcher stopft, die sich in den Serien auftun, wird hier nebenbei auch erklärt, wie es zu den anderen Klingonenuniformen in TOS kommt, und was es mit dem im ENT-Finale erwähnten Schicksal auf sich hat.
"Sailing on Forbidden Seas" ist ein ausgesprochen gelungener Roman, der sich zu meiner großen Freude ganz auf die Canon-Charaktere stützt, und mit einer spannenden und vielschichtigen Handlung aufweisen kann.