Das „darauf herausreden“ ist eine zweischneidige Sache und bei Game of Thrones besonders ausgeprägt. Da achten die Fans auf jedes Detail... auf Betonung von Worten, vermeintlich gesichteten Figuren im Schatten, Dinge die sie als Andeutungen sehen... sehr viel davon stellt sich am Ende natürlich als unbeabsichtigt, Zufall oder völlig überinterpretiert und am Ende unwichtig heraus. Trotzdem haben die Fans ungeheuren Spass zu spekulieren und zu beobachten – sie schenken Details viel mehr Aufmerksamkeit. Ist das nun so schlecht?
Gar nicht...
...solange man sich bei manchen Dingen, die nicht aufgehen, nicht an der Nase herumgeführt fühlt. Die echte Auflösung sollte immer noch zu besten denkbaren Lösungen gehören.
Das Monster aus „Context is for kings“ ist ein nettes Beispiel.
Die echte Auflösung sollte immer noch zu besten denkbaren Lösungen gehören.
Spielen wir das mal ein bisschen durch.
Eine Variante: Das Monster ist für Discovery also sozusagen ein Äquivalent zu Nibbler und "produziert Treibstoff". Lorca könnte das wissen und es deswegen wollen. Es ist die Frage, ob DSC gut beraten wäre, die Antriebstechnologie immer weiter zu biologisieren, aber sei's drum. Aber erklärt das, warum sich aus dem Außenteam niemand (und sei es nur Burnham, die Neue, die von dieser Antriebstechnik noch kaum was weiß) wundert, auf der "Glenn" einfach mal einem Monster begegnet zu sein?
Weitere Variante: Das Monster ist einfach ein Monster und Lorca will es einfach besitzen, weil er es cool findet, so was im Schrank zu haben. Joah, man soll sich dann wohl gezwungen sehen, das als besonders spannende Charakterfacette zu verbuchen, wenngleich ich nicht weiß, ob das so zwingend ist (immerhin hat das Monster verschiedene Crewmen, auch jemand aus seiner Mannschaft getötet). Nur leider erklärt das immer noch nicht, warum sich aus dem Außenteam niemand wundert, auf der "Glenn" einfach mal einem Monster begegnet zu sein?
Wahrscheinlich gibt es noch weitere Varianten, aber welche erklärt uns die so selbstverständliche Gegenwart des Monsters? Zum Beispiel die: in guter alter Half-Life-Manier teleportieren sich aus dem Nichts immer wieder Monster auf Sternenflottenschiffe. Aber warum?
Wir begegnen also Ungereimtheiten und man kann immer weitere Erklärungsebenen einbauen und noch fehlt uns ein Maßstab, um einschätzen zu können, wie weit DSC zu gehen bereit ist - und auch wie unglaubwürdig der Bodensatz der Erklärungen dann gerät - und welche (eventuell dümmlichen) Plotelemente sie dann einfach unter den Tisch fallen lassen.
Das ist aber nichts, was direkt damit zusammenhängt, ob eine Folgengeschichte in sich geschlossen ist oder nicht.
Ich finde das hängt ganz stark davon ab.
Ja, es hängt davon ab, und zwar ob die Verantwortlichen den Willen haben, einen Charaktermoment als Entwicklung der Figur weiter zu tragen. So sie das wollen, geht das wunderbar, ohne dass es einen Storybogen gibt, der die ganze Staffel umgreift und die abgeschlossenen Geschichten innerhalb der einzelnen Folgen in Länge und Bedeutung verzwergen lässt.
Ich weiß übrigens nicht was alle gegen den "Psst!"-Klingonen haben... selbst wenn es der grösste Krieger des klingonischen Reiches ist und er die Bestie gerade jagt, würde er sich leise anschleichen (und andere auffordern leise zu sein) um sich nicht unnötig der Gefahr eines Angriffs auszusetzen und seine eigenen Chancen zu erhöhen. Ob er jetzt besonders feige ist oder nicht, sagt nichts davon. Das er noch lebt macht ihn schlicht erstmal zweierlei; schnell und clever.
Wäre er schnell und clever, würde er noch leben

Hmm, wahrscheinlich muss man den Klingonen auch zu einem neuen Rätsel erklären, auf das wir unsere Hoffnung setzen dürfen. War er im Grunde der beste Krieger, weil er so lange ausgehalten hat; war er ein Beweis für T'Kuvmas These, dass die Klingonen ihr ursprüngliches Wesen eingebüßt haben, indem sie sich eher verstecken, als in einem stolzen Kampf unterzugehen; war er feige, weil die "Glenn"-Crew genetische Experimente an ihm durchgeführt hat; war er in Wahrheit ein chirurgisch veränderter Agent der Sektion 31, was erklären würde, warum er die doch so irdisch anmutende "Psst"-Geste machte; oder war er nur eine simple comic-relief-Einlage?
Ich meine man kann über GoT sagen was man will, man wird aber wohl einräumen müssen das mit den Charakteren darin nur extrem wenige Star Trek Charaktäre mithalten könnten... würde man sogar noch unterscheiden zwischen Archetyp und echtem Charakter, würde Star Trek noch schlechter abschneiden.
Du musst zudem bedenken; GoT und seine Fans sind nicht nur Millenials. Da sind durchaus sehr viele Leute wie wir dabei – also welche die mit den Star Trek Serien aufgewachsen sind. Dennoch haben die Star Trek Serien nie eine derart emotionale Wucht oder Ressonanz wie GoT entfaltet. Warum?
Das kann ich nicht sagen, weil ich GoT zu wenig kenne, weil es mich nicht interessiert, unter anderem auch, da ich es zu brutal finde.
Deswegen kann ich auch nicht sagen, ob es wirklich überzeugende Charaktere sind. Was ich mit diesem Punkt meine, versuche ich anzureißen, indem ich einen Blick auf Lorca werfe: Macht ihn der Ausblick zu einem "echtem" Charakter, dass sich bei seinem Wesen womöglich noch Abgründe auftun werden?
Star Trek hat das als Universum schon immer geschafft Leute da „reinzuziehen“... und diese Universum wurde konsistent über einige Querverbindungen, vor allem aber über wiederkehrende Elemente in Serien und Episoden ausgebaut.
Das halte ich für eine sehr spannende, aufschlussreiche Analyse!


Und es erklärt mMn auch interessant und gut, warum so viele Fans den Canon so verteidigen und so viel wert darauf legen würden, ihn in neuen ST-Inkarnationen wiederzufinden.
Und je komplexer, tiefer und folgerichtiger diese Welt ist, desto befriedigender ist der Rückzug dahin (ironischerweise obwohl man sich vermutlich wegen der Komplexität der realen globalisierten Gesellschaft dahin zurückzieht).
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Der Schritt heutiger Serien dieses Bedürfnis zu befriedigen und von den Querverbindungen zu einer fortlaufenen Erzählung zu gelangen, ist nicht so weit her. Die Medien (insbesondere DVD oder Streaming) verstärken das, weil man Serien darüber oft am Stück konsumiert. Warum sollte ich mir zB nur den Pilotfilm von Luke Cage ansehen, wenn ich die restlichen 11 Folgen gleich ranhängen kann? [/size]
Ich habe ja gar nichts gegen Komplexität. Ich frage mich nur, wohin das führt, wenn ein Bogen eine ganze Staffel oder Serie durchzieht. Mehrere Gedankenansätze dazu:
- Wiederum von GoT habe ich gehört, dass da ziemlich viel (vielleicht nur in den ersten Staffeln - oder nur in den Büchern? Ich kann nur sagen, was ich aufgeschnappt habe) hinausgezögert wurde. Mögliche Ursachen könnten dann doch Planlosigkeit sein, die Notwendigkeit neue, überraschende Wendungen einzubauen oder die Unsicherheit, wie lange man einen Bogen strecken muss, um die Franchise-Kuh noch länger melken zu können. Denkbar - aber! Ich will nicht ungerecht sein: Genauso wie ein 45-Minuten-Geschichten-Konzept round character hervorbringen könnte, sind auch ewige Storybögen kein Teufelswerk - denkbar also auch, dass Figuren zu viele Wendungen durchlaufen müssen und dadurch Schaden nehmen.
- GoT kenne ich nicht, aber ich habe gesehen, wie "South Park" grandios an den neuen Bedürfnissen auf eine fortlaufende Geschichte gescheitert ist. Die letzte Staffel war die schlechteste, seitdem ich die Serie verfolge und das ging so weit, dass ich sie bis heute nicht zuende gesehen habe. Parker und Stone sind eigentlich Meister darin, das, was sie erzählen wollen, pointiert zu präsentieren. Genau daran sind sie letzte Staffel gescheitert, weil die einzelnen Geschichten für sich kaum noch Relevanz besaßen (und es damit auch eher maue Gags als gezielte Satire zu sehen gab) und der übergreifende Storybogen merkwürdig mäanderte und dabei nie echte Kraft zu entfalten vermochte. Ich will darauf hinaus, dass es nicht immer hilft, einem Zeitgeist hinterherzulaufen. Das bedeutet nicht, dass ST sich nicht an einem übergreifenden Bogen versuchen darf. Nur befürchte ich erstens, dass es auf Kosten der Geschichten der einzelnen Folgen geht (schließlich kommt nach einer Dreiviertelstunde selbst bei der heutigen Serienlandschaft immer noch der Abspann und ganz ohne Inhalte, die die Folgen voneinander scheiden, will man die Zuschauer dann doch nicht entlassen). Und zweitens frage ich mich, warum dieser übergreifende Bogen ein Krieg sein muss.
Die derzeitige Serienlandschaft ist definitiv sehr Figuren-zentriert.
Falls man DSC nun da dazuzählen will, weiß ich nicht, ob das gleichbedeutend damit sein soll, dass man sich für die Figuren mehr Mühe gibt.
Sechs Monate, in denen Burnham im Gefängnis eventuell mit sich und der Welt hadert und - um es gelinde auszudrücken - einige neue Erfahrungen macht, werden einfach übersprungen, obwohl man doch annehmen darf, dass sich dieser zentrale Charakter in dieser Zeit auch entwickelt haben wird. Damit wird klar, dass wir natürlich einen Kompromiss erleben, was ja auch okay ist, solange man nicht vergisst, dass schwache Einzelgeschichten auch den Figuren schaden können.
Und gleichzeitig erleben wir dann Figuren wie die Sicherheitschefin Landry, die einen nun wirklich äußerst ungünstigen Start hinlegt. Ich denke, die wenigsten werden sie als Galionsfigur für den neuen Umgang mit Figuren präsentieren. Soll das die Zeit lösen? Ich weiß nicht, ob ich mich mit dem Argument anfreuden soll, dass eine Figur dadurch gut wird, dass alle erdenklichen Eigenschaften (Ep.3: hart, Ep.4: smart, Ep.5 einem Soldaten gegenüber im Suff einfühlsam...) mal aufflammen und ab einem gewissen Zeitpunkt oder auch erst am Ende (angeblich) amalgamiert sein sollen.
Schwierig... ich habe meine Wahrnehmung versucht mal an „Ecounter at Farpoint“ zu testen. Also mal direkt beides nebeneinander zu halten... ich bin dann irgendwann rausgesprungen au EaF. Ich will ihn nicht schlechter machen als er ist... (einige Dialoge und Kulissen sind allerdings echt meh) … aber angesehen von nostalgischen Gründen finde ich ihn nicht so dolle. Er war seiner Zeit damals voraus, aber das ist vorbei. Und ich werde das Gefühl nicht ganz los, dass dies einer der Punkte ist den man Discovery ankreidet... das es nicht der grosse neue visionäre Serien(ent)wurf ist. Etwas was Star Trek allerdings auch sonst nur einmal, mit TNG, gelungen ist.
Ich glaube, ich habe es in einem anderen DSC-Thread mal so ausgedrückt, dass man heute beim Anschauen von "Encounter at Farpoint" manchmal den Eindruck gewinnt, gleich werde die Zeit anfangen, rückwärts zu laufen, so langsam, so träge wird da manchmal erzählt.
Der neue große Serienentwurf würde zunächst natürlich die "ST-Orthodoxen" verschrecken

Und das allgemeine Risiko wäre wahrscheinlich auch zu hoch.
Aber was man 2047 von "Discovery" halten wird, ist heute auch nur schwer einzuschätzbar.
Ich persönlich denke da aber eben auch mal wieder an die Geschichte. Ich mochte die "EoF"-Geschichte und mag sie eigentlich immer noch
