Jedenfalls nimmt die Spannung bisher kaum ab und man wird nahezu genötigt dran zu bleiben. 
Dem kann ich mich nur anschließen. Nachdem ich anfangs der Woche (äh … gestern …) noch überlegt habe, wie bescheuert wohl „lesesüchtig“ auf einer Krankschreibung als Begründung aussieht, hatte ich dank der Hustenreiz-Phase meiner derzeitigen Erkältung eh eine durchwachte Nacht, und die habe ich genutzt. Ich bin durch mit allem, was Du uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt hast.
Als ersten Gesamteindruck muss ich sagen: Dein neuer Roman muss verdammt gut werden, wenn er das hier schlagen soll! Ich bin hin und weg! Die Charaktere sind (mit Ausnahme von Shannyn, dazu gleich mehr) nicht nur einfach glaubwürdig, nein, Du schaffst es mit Deinem POV-Stil, dass ich sie nicht von außen betrachte, sondern bei fast jedem ganz nah dran bin und mitlebe. Wenn das eine Geschichte schafft, dann hat sie mich eigentlich in der Tasche.
Ich meine … mir ist sogar
Nechayev irgendwie … nicht unbedingt sympathisch, aber ich kann ihre Beweggründe nachvollziehen. Ich seh sie nicht von außen mit dem überheblichen Gedanken „hach, intriganter, egoistischer Eisklotz“, sondern sitze bei manchen Szenen davor und überlege mir, ob ich mit diesem Hintergrund und in dieser Situation nicht genauso handeln würde. Die Gefühle, die ich bei ihr habe, ähneln sehr denjenigen, die ich Winn Adami entgegengebracht habe. Und Winn empfand ich als einen ausgesprochen genialen Charakter.
Am grandiosesten ist für mich Deine Geschichte an den Stellen, an denen es psychologisch, philosphisch, thrillermäßig wird. Klar, Du kannst Action toll schreiben, aber diese Szenen nehmen mich nicht so gefangen (allgemein nicht) wie andere. Aber diese Momente, in denen Smith und Hawk, im Delirium, philosophieren, als Smith mit Nechayev im Gangsystem herumläuft, als beim Konvoi immer mehr schief geht, oder die Überraschungen, welche ihnen im Raumschiff begegnen – das ist einfach großartig. Auch die lange unsichere Bedeutung der Gegenwart der Grendor erzeugt ein schönes Gänsehaut-Feeling.
Hawk und
Smith sind ein so wunderbar melancholisch-dramatisches Paar. Jede Szene mit den beiden (alleine oder zusammen) habe ich genossen. Dieser eine Fehler, den man begeht, der einem das gesamte Leben ruiniert. Und im Fall von Hawk war es beim letzten vermeintlichen Fehler nicht mal nötig. Gänsehaut!
Dorak als undursichtiger Cardassianer ist auch gelungen. Ich gehe mal davon aus, dass es Deine Absicht war, dass er sehr wie Garak wirkt, der Name lässt ja schon darauf schließen, ebenso das Coverbild von ihm. Diese ewig lächelnden, nie mit der ganzen Wahrheit herausrückenden Charaktere liebe ich im Allgemeinen und Du hast hier einen sehr guten Vertreter dieser Art gezeichnet.
Raminas Charakter wirkt auch sehr nachvollziehbar. Ihre völlig kalte Abstumpfung und ihre Vorgehen im Sinne von Survival of the Fittest setzt einen krassen Kontrast zu der eigentlichen Maxime der Sternenflotte. Andere Überlebende kehren zwar auch in dieser Extremsituation ihre schlechte Seite heraus, aber da ist es meist eher aus spontaner Feigheit, während Ramina ihre Härte mit einer gewissen Systematik einsetzt. Die Rückblenden erklären glaubwürdig, wie sie zu dieser Person wurde. Im 6. Band fehlen ihre Rückblenden, aber ich kann mir einigermaßen vorstellen, was da wohl gestanden hätte. (und ich denke immer noch, dass ihre erste Intention tatsächlich war, die anderen in der Festung im Stich zu lassen)
Penkala war für mich die große Überraschung. Mit ihm konnte ich anfangs wenig anfangen, aber er hat sich so richtig prima als Identifikationsfigur entwickelt: mit Ängsten, jedoch guten Absichten und dem Willen, nicht die Sternenflottenwerte in den Wind zu schießen. Er repräsentiert den Normalo, den man sich für sich selbst am ehesten vorstellen kann (wenn man sich nicht eingestehen möchte, dass man aus Panik paralysiert in der Ecke hocken würde …)
Roe auch ganz klasse! Diese ruhige Fassade, bei der sich langsam herausstellt, dass sie eher dazu gedacht ist, Gefühle zu unterdrücken. Und dann gerät der Moment, in welchem man denkt, dass er bricht (also zumindest ich dachte das), zu dem Moment, in welchem er zu sich selbst findet. Das hat mich berührt.
D’Agosta, der Weichling, der weder die Härte des Dominion-Kriegs miterlebt hat, noch in dieser Situation sich auch nur irgendwie zu dem Anführer eignet, den nur seine Kragenpins aus ihm machen, hingegen ist nur Gefühl und vor allem Vater. Ein sehr sympathischer, wenn auch in dieser Lage reichlich unbrauchbarer Kerl. Sehr interessant fand ich den Moment, als er weiß, dass die Verantwortung der Führerschaft nicht mehr auf seinen Schultern liegt. Die Befehle, die er da den anderen erteilt, klingen plötzlich wesentlich selbstsicherer, wesentlich mehr wie der Führer, der er die ganze Zeit hätte sein sollen.
Und dann
Shannyn. Aus ihr werde ich nicht ganz schlau (klar, das ist ja auch beabsichtigt

). Gegen die anderen teilweise bis an die Schmerzgrenze realistisch dargestellten Charaktere wirkt sie in ihrer Heldenhaftigkeit … unecht. Es gibt ein paar Bemerkungen von ihr, bei denen ich davon ausgehe, dass da noch eine Erklärung kommt, warum sie todesmutig im Alleingang alles kurz und klein schlägt. Ich denke, die wird dann noch mein Bild der „Superwoman“ etwas abmildern. Ich kenne sie bisher ja nur aus der Academy-Reihe. Die vielen Vorkommnisse, auf die sie immer wieder anspielt, sagen mir nichts.
Am realistischsten und sympathischsten war sie mir auf jeden Fall in den Szenen, in denen sie zu zweifeln beginnt. Da kommt sie mir ein wenig näher. Ganz toll war natürlich die Szene mit dem Schwert am Grab!
Und dann hast Du ja nicht nur eine Reihe unglaublich toller Charaktere, sondern auch noch eine mysteriöse Umwelt, die nirgends so ist wie sie scheint. Die vielen Gefahren, die ganz unerwartet lauern, erscheinen mir um einiges wahrscheinlicher als der nächste 0815 Klasse M Planet, der aussieht wie im Wald um die Ecke. Wie Nechayevs Entdeckung, die Fauna des Mondes, die Prophezeiungen der Amphion und Judys Rolle in dem Ganzen zusammen hängen, darauf bin ich sehr gespannt in Deiner Erklärung.
Wie versprochen werde ich mich hinsetzen und mir überlegen, wo ich die Charaktere hinschlittern sehe … aber ich sag’s gleich, ich habe bei den meisten keinen blassen Schimmer. Dadurch, dass Du so trickreich immer wieder einen neuen Knalleffekt setzt, wird das ein vages Gerate. Ich schick’s Dir in den nächsten Tagen per PN.
Ein Fazit braucht das hier eigentlich gar nicht mehr

. Du hast es nicht nur geschafft eine dermaßen spannende Geschichte zu schreiben, bei der man auf über 1000 Seiten nicht zum Durchatmen kommt. Du schaffst das auch noch mit einer Charakterdarstellung zu kombinieren, bei der nahezu fünfzehn Darsteller (ich habe sie nicht gezählt) mit völlig unterschiedlichen Charakteren und Motiven ihre großen Szenen haben, absolut glaubwürdig dargestellt sind und mir sehr nahe gehen.
Ich bin schlicht und ergreifend begeistert (obwohl es Deine Unvollendete ist)
